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Automationspraxis 02.2024

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_Macher der Automation

_Macher der Automation „Offene Plattformen in der Automatisierung ermöglichen eine höhere Flexibilität, Interoperabilität und Skalierbarkeit.“ Christian Gabriel, VP General Automation, Keba Industrial Automation GmbH der proprietären Roboterprogrammierung oder der SPS-Programmierung nach IEC 61131 hinabsteigen zu müssen. Wenn Maschinenprogramme zukünftig nicht mehr nur in der IEC 61131 Welt programmiert werden können, sondern auch in modernen Sprachen wie Go oder Rust bringe das gerade für Maschinenbauer „mehr Flexibilität und Freiheit“, ergänzt Werner Paulin von Lenze. „Insbesondere für Nicht-Echtzeit-Anforderungen stehen praktisch alle Sprachen zur Verfügung.“ Und natürlich öffnet das die Tür für Entwickler, die bisher wenig oder gar keinen Kontakt zur Automatisierungsindustrie hatten, ergänzt Wandelbots-CPO Stephan Hotz. „Das erweitert den Markt und beschleunigt Innovationen durch kreative Impulse.“ Vorteil: Co-Creation Dass das partnerschaftliche Miteinander in Ökosystemen Kreativität und Innovation fördert, bestätigt Kuka-Mann Björn Märtens: „Am Beispiel unserer Robotic Republic erleben wir täglich, dass es zu einer gegenseitigen Befruchtung zwischen unserer Creator-Community und uns als Roboterhersteller kommt. Die gegenseitige Unterstützung bei der Entwicklung neuer Produkte und Lösungen fördert Innovationen auf beiden Seiten.“ Auch Thomas Maag lobt die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und Co-Creation. „Offene Plattformen wie ctrlX Automation schaffen eine gemeinsame Welt, in der Partnerunternehmen ihre Stärken und Lösungen einbringen können, was zu einer breiten Palette an Apps im ständig wachsenden Ökosystem führt.“ Vorteil: Flexibel und zukunftsfähig Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die größere Flexibilität. „Offene Plattformen in der Automatisierung ermöglichen eine höhere Flexibilität, Interoperabilität und Skalierbarkeit der Systeme“, sagt Bild: Keba Christian Gabriel, Vice President General Automation bei Keba Industrial Automation. Das bestätigt Benjamin Homuth von Phoenix Contact: „Proprietäre Systeme sind immer nur so veränderbar und erweiterbar, wie es der jeweilige Hersteller zulässt. Offene Systeme dagegen lassen sich besser auf die Anwendung anpassen, erweitern und mit neuen Technologien auf dem neusten Stand halten.“ Das sorge letztlich auch für Zukunftsfähigkeit, ergänzt Martin Flöer, Strategic Program Manager bei Weidmüller, „da man im Gegensatz zum geschlossenen System nicht auf einen Hersteller angewiesen ist.“ Soweit also die Vorteile. Aber wie soll das Ganze konkret in der Praxis aussehen? Um die Offene- Plattform-Idee in die Fabriken zu tragen, sind zwei grundsätzliche Herangehensweisen am Markt erkennbar, die sich aber nicht wirklich fundamental widersprechen, weil sie letztlich auf ähnlichen Technologien basieren. Zwei Ansätze erkennbar · Einige Anbieter wie Bosch Rexroth (ctrlX), Keba (Kemro X), Phoenix Contact (PLCnext) oder Weidmüller (u-OS) bauen ein neues möglichst offenes Automatisierungssystem (etwas vereinfacht gesagt eine Art „SPS der nächsten Generation“). Dieses Automatisierungssystem ist meist Linuxbasiert, nutzt offene Standards und APIs und hat moderne technische Ansätze (Data Layer, Container) integriert, damit IT-Anwendungen parallel zu Maschinensteuerung direkt auf der SPS-Hardware laufen können. · Andere Anbieter wie Lenze (Nupano), Siemens (Industrial Edge) nutzen ähnliche technische Ansätze (etwa Linux und Container), platzieren ihre Plattform-Software eher ergänzend zur Maschinensteuerung – meist auf einem zusätzlichen Edge-Gerät oder parallel zur Maschinensteuerung auf einem Industrie-PC. Das bietet auch die Möglichkeit, bestehende Maschinen fit für die digitale Bild: Kuka „Das Rennen werden am Ende diejenigen machen, die einfacher zu bedienen sind und das umfangreichste Ecosystem anbieten.“ Björn Märtens, Head of Ecosystem, Kuka Deutschland GmbH 52 April 2024

_Macher der Automation „Es gibt nur mehr eine Welt und in dieser Welt bedienen sich IT und OT der gleichen Technologien.“ Werner Paulin, Head of New Automation Technologies, Lenze SE Zukunft zu machen. Natürlich sind die Grenzen fließend: Denn ctrlX OS von Rexroth beispielsweise läuft ebenfalls als Ergänzung zur bestehenden Maschinensteuerung auf Edge-Systemen. Damit solche Plattform-Ideen in der Fabrikautomation aber wirklich funktionieren, müssen sie aber die vielfältige IT-Welt und die harte Echtzeit-Welt unter einen Hut bekommen, ergänzt Jens Kotlarski. „Eine Plattform muss nicht nur die Entwicklung, sondern auch die Ausführung sicherstellen.“ Linux und Container-Technik Bild: Lenze Und natürlich müssen diese Plattformen auch wirklich offen sein, betont Lenze-Experte Werner Paulin: „Proprietäre Schichten würden den Fortschritt lähmen.“ Und gerade diese „echte Offenheit“ dürfte durchaus eine Umstellung sein für die Automatisierungswelt, die sich bislang eher durch proprietäre Abschottung ausgezeichnet hat (Stichwort „Feldbus-Kriege“). Diese Zeiten scheinen aber nun vorbei. So betont Phoenix-Contact- Mann Benjamin Homuth: „Proprietäre Ansätze haben es in der Plattform-Welt deutlich schwerer als solche, die auf Offenheit, Standards und bereits weit verbreiteten Technologien aufsetzen.“ Aber wie sorgt man nun für die geforderte Offenheit? Ein vielversprechender Ansatz basiere auf einem Echtzeit- Linux kombiniert mit einer Echtzeitfähigen Container-Technologie, erläutert Lenze-Experte Werner Paulin: „Dieser Ansatz ist absolut offen, basiert nativ auf IT-Standards und ermöglicht es, IT und OT nahtlos zu integrieren.“ Für Weidmüller-Manager Martin Flöer sind Container gemäß der OCI (Open Container Initiative) ebenfalls ein gutes Beispiel für den richtigen Weg in Richtung Offenheit. „Sie haben eine breite Akzeptanz und es ist ein Leichtes, einen einmal erstellten Container auf unterschiedlichen Container-Zielsystemen einzusetzen.“ Bei Siemens legt man Wert auf die Nutzung moderner IT-Technologie, die man für die Nutzung in der OT-Welt härte, wie Siemens-Mann Roland Melzer berichtet. „Zum Beispiel ist die Basis für unser Industrial Edge System ein von uns speziell gehärtetes Linux-System mit einer Standard-Container-Technologie.“ Aber kann Linux wirklich Echtzeit? Ja, sagt Benjamin Homuth: „Linux hat sich als Betriebssystem in der Automatisierung etabliert. Die in der Vergangenheit gehegten Zweifel an der Echtzeitfähigkeit des Systems sind schon seit Jahren widerlegt und nur die Flexibilität von Linux lässt eine Offenheit auf allen Ebenen zu.“ OPC UA und Open Source Für Christian Gabriel von Keba spricht für Linux nicht nur, dass damit viele Vorteile aus der IT-Welt übernommen werden können, sondern auch, dass eben die zugehörige Opensource Community entsprechend groß ist. „Dadurch wird die Time to Market optimiert.“ Und nicht nur Linux hat sich aus Sicht von Jens Kotlarski bewährt: „Bei OPC UA ist es ähnlich: Freie Implementierungen vereinfachen die Verwendung von OPC UA massiv und unterstützen die einfache und schnelle Kommunikation sowie Interaktion weiterführend.“ Das bedeute aber nicht, dass zukünftig jede Automatisierungs-Software auch quelloffen sein muss, ergänzt Marco Henkel, Vice President Technology Management bei Wago: „Die Offenheit einer Plattform muss nicht zwingend mit der Offenheit des Quellcodes einhergehen, auch Closed-Source-Software kann und wird einen wesentlichen Beitrag zu erfolgreichen offenen Plattformen leisten.“ Was bedeutet dieser Trend zu IT-Konzepten und IT-Sprachen nun für das Engineering und die Automatisierer? Jens Kotlarski geht davon aus, dass Bild:Phoenix Contact „Proprietäre Systeme sind immer nur so veränder- und erweiterbar, wie es der Hersteller zulässt.“ Benjamin Homuth, Leiter PLCnext Technology, Phoenix Contact Electronics GmbH April 2024 53

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