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Beschaffung aktuell 11-12.2023

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» MANAGEMENT Vaillant Group – ISM-Award-Gewinner 2023, Kategorie: Operational Excellence Strategische Neugestaltung für den Wandel in der VUCA-Welt 2018 startete die Vaillant Group im Bereich Beschaffung ein mehrjähriges, groß angelegtes Transformationsprojekt mit dem Ziel, die Source-to-Pay-Geschäftsprozesse Ende- zu-Ende zu digitalisieren und gruppenweit zu standardisieren. Sven Thum, Manuela Heinisch und Dr. Stefan Teckenbrock berichteten im Interview über ihre Vorgehensweise und die Hintergründe. Beschaffung aktuell: Herzlichen Glückwunsch zu dem Gewinn des ISM Award 2023 in der Kategorie Operational Excellence. Wie ist Ihr Projekt gestartet? Sven Thum: Unsere Ausgangssituation im Jahr 2018/2019 war geprägt von einer Vielzahl heterogener Prozesse und IT-Lösungen im Bereich der Beschaffung, von vielen manuellen Schritten, wie die klassische E-Mail-Kommunikation bei Ausschreibungen, Preisanfragen und der Bestellung von Produktionsmaterialien und Dienstleistungen. Die Prozesse waren weder IT-seitig noch im Tagesgeschäft Ende-zu-Ende integriert. Im Rahmen unserer Wachstumsstrategie wollten wir die Prozesse schlanker, effizienter und digitaler gestalten. Das Ziel war es, diese Vielfalt zu homogenisieren und den Lieferanten ein einheitliches, integriertes Portal anzubieten. Dadurch würden wir in der Lage sein, im Team mehr zu bewältigen und die Wachstumspläne erfolgreich umzusetzen. »In unserer Lösung können wir die Integration der Lieferanten nahezu in unbegrenztem Maße realisieren.« Dr. Stefan Teckenbrock Wie sahen die ersten Schritte aus? Thum: Am Anfang stand die Entwicklung unserer Vision und Zukunftsstrategie „Einkauf 4.0“, welche wir gemeinsam in engem Schulterschluss aus Einkauf, Supply Chain Management und IT hergeleitet haben. Unter diesem Leitbild sollten alle neuen Prozesse, die die Effizienz unserer Arbeitsabläufe steigern, und moderne Tools zusammengeführt werden. Diese Strategie präsentierten wir unserem Einkaufsleiter, dem Leiter der Supply Chain, dem IT-Direktor und der Geschäftsführung. Aufgrund der äußerst positiven Resonanz erhielten wir rasch grünes Licht und konnten in den folgenden Jahren systematisch daran arbeiten. Dieser gemeinsame Schulterschluss war von großer Bedeutung, weil wir als Team auf gleicher Augenhöhe an diesem gemeinsamen Ziel arbeiteten. Lief das Projekt parallel zu dem normalen Alltagsgeschäft oder haben Sie dazu eine Projektgruppe gegründet, die sich auf dieses Projekt konzentriert hat? Manuela Heinisch: Es gab mehrere Projekte, die zum Teil parallel und zum Teil nacheinander durchgeführt wurden. Supply Chain selbst war nicht in allen Projekten involviert, sondern vor allem in der Beschaffung von Direktmaterialien sowie Handelswaren. Für diese Aufgaben gab es ein spezialisiertes Projektteam. Thum: Für einige Teilprojekte hatten wir dedizierte Vollzeit- Projektleiter, zum Beispiel bei der Einführung von Guided Buying. Dieses äußerst umfangreiche Projekt erstreckte sich auf den indirekten Einkauf in 18 Ländern. Es war so umfassend, dass wir während der Projektdauer von anderthalb bis zwei Jahren jemanden aus dem Einkauf abgestellt haben. Bei anderen Themen haben wir mit mehreren Abteilungen zusammengearbeitet und dies neben unseren regulären Aufgaben erledigt. Wir sprachen mit den Mitgliedern des erfolgreichen Vaillant-Teams: Sven Thum, Director Group Purchasing Strategy Manuela Heinisch, Head of Group Industrial Supply Chain Processes Dr. Stefan Teckenbrock, Teamlead Purchase-to-Pay/QM Vaillant baut seit 2006 Wärmepumpen. Damit hat sich auch das Einkaufsvolumen erhöht? Thum: Ja, das Einkaufsvolumen ist im Einklang mit dem Wachstum im Wärmepumpen-Geschäft angestiegen. Doch es geht nicht nur um das Gesamtvolumen 14 Beschaffung aktuell » 11-12 | 2023

Bild: Vaillant Haben gemeinsam das ausgezeichnete Projekt ins Leben gerufen und beim ISM-Award präsentiert: (v.l.) Dr. Stefan Teckenbrock, Teamlead Purchase-to-Pay/ QM, Sven Thum, Director Group Purchasing Strategy, und Manuela Heinisch, Head of Group Industrial Supply Chain Processes, Vaillant Group. der Einkäufe, sondern auch um die Anzahl der Transaktionen. Es ist die hohe Anzahl von Bestellungen, die den Arbeitsaufwand ausmacht. Dabei handelt es sich beim Einkauf von Produktionsmaterialien nicht um einzelne Bestellungen, sondern zum Großteil um Lieferplanabrufe. Es beginnt mit einem Supply Plan, der sich aus den Kundenaufträgen, dem Forcast aus dem Vertrieb sowie Zielbeständen und Produktionskapazitäten ableitet. Von hier aus werden die Einkaufsbedarfe abgeleitet. Uns war wichtig, dass dieser Prozess Ende-zu-Ende integriert ist, sodass Bestellungen dann getätigt werden, wenn sie wirklich benötigt werden. Außerdem wollten wir im Rahmen von „Ariba Supply Chain Collaboration“ enger mit unseren Lieferanten zusammenarbeiten, um diesen Prozess zu verbessern. Heinisch: Neben der Automobilindustrie sind wir eines der wenigen Unternehmen, die zu knapp 90 Prozent mit Lieferplänen arbeiten, um unseren Lieferanten automatisch einen langfristigen Forcast liefern zu können. Im Dispositionslauf werden automatisiert Liefervorschläge oder Abrufe erzeugt und über SAP Ariba Supply Chain Collaboration an den Lieferanten übermittelt. Dr. Stefan Teckenbrock: In unserer Lösung können wir die Integration der Lieferanten nahezu in unbegrenztem Maße realisieren. Wir haben sogar die Möglichkeit, deren Systeme zu verknüpfen. Das bedeutet, dass unsere Nachrichten und Dokumente direkt in ihre Backend-Systeme übertragen werden, und die Nachrichten, die von ihnen ausgehen, landen ebenfalls direkt in unseren Backend-Systemen. Es sind tatsächlich 30 Lieferanten, deren Systeme direkt mit unserem eigenen SAP- System integriert sind. Wie haben Sie das umgesetzt? Thum: Wir haben uns bewusst für das SAP-Netzwerk entschieden, weil es sich um ein großes und weit verbreitetes Geschäftsnetzwerk handelt. Diesen Vorteil haben wir auch bei unseren Lieferanten bemerkt. Diese Umstellung haben unsere Mitarbeiter aus den Fachbereichen zusätzlich zu ihren normalen Aufgaben im Tagesgeschäft bewerkstelligt. Wir haben teilweise alte Arbeitsabläufe parallel zu den neuen beibehalten, bis die alten Systeme vollständig abgeschaltet wurden. Wie war die Reaktion der Lieferanten? Heinisch: Wir haben von Anfang an engen Kontakt zu unseren Lieferanten gehalten. Natürlich erforderte dies auch eine gewisse Überzeugungsarbeit. Dennoch überwiegen die Vorteile für beide Seiten. Die Lieferanten profitieren davon, dass sie nun nur noch einen Kommunikationsweg mit uns haben. Thum: Anfangs hatten wir Bedenken. Wir waren dann aber erstaunt darüber, wie reibungslos der Prozess letztendlich verlief, obwohl es natürlich auch Herausforderungen gab. Der schnellste Lieferant benötigte lediglich 28 Tage, von dem Zeitpunkt, an dem wir beschlossen haben, dies umzusetzen, bis zur vollständigen Anbindung. Der längste Prozess dauerte anderthalb Jahre für denselben Vorgang. Beschaffung aktuell » 11-12 | 2023 15

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