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Beschaffung aktuell 12.2018

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BETRIEB Aktuelle Trends

BETRIEB Aktuelle Trends beim Einkauf von Werbemitteln „Die richtige Herangehensweise wäre ein Fünfjahresplan“ In großen Unternehmen sind Werbemittel inzwischen tägliches Geschäft. Doch was kann bei der Beschaffung optimiert werden und wo gehen die Trends hin? Darüber haben wir mit Constantin Renz, Geschäftsführer bei Werbepartner Renz, gesprochen. Beschaffung aktuell: Können Sie dafür ein Beispiel bringen? Renz: Nach dem ersten Fehleinkauf folgt die Erkenntnis, und das Produkt wird wieder angefragt und gekauft. Dadurch haben wir in einem Jahr Umsatzeinbußen, die sich aber normalerweise im darauffolgenden Jahr wieder ausgleichen, wenn der Kunde zurückkehrt. Einige Firmen kaufen lieber Ware doppelt, weil sie beim ersten Mal hoffen zu sparen. Diese Preispolitik klappt vielleicht bei zehn Prozent und dann scheitert es im Nachgang oft am Service. Das heißt zum Beispiel, Reklamationen können nur schleppend oder gar nicht abgewickelt werden, weil bei Dumping-Kalkulationen der Service leidet. Man hat keine Liquidität mehr und die Margen gehen weit zurück. Ohne Ertrag und Margen kann man keinen guten Service bieten. „Service ist in unserer Branche extrem wichtig. Viele Anbieter können das wegen Dumping - Kalkulationen nicht bieten.“ Constantin Renz hat die Expertise in Sachen Werbemitteln in die Wiege gelegt bekommen . Bilder: Werbepartner Renz Beschaffung aktuell: Kauft eher der Einkauf oder das Marketing bei Ihnen ein? Wer ist als Kunde beliebter? Constantin Renz: Die Verteilung ist 50:50. Das Marketing ist bei der Beschaffung von Werbemitteln deutlich kreativer. Das macht uns natürlich auch mehr Spaß. Der Einkauf ist eher preisorientiert und verfolgt die Tendenz „Billigste Ware zur Topqualität“. Das geht meistens nicht und führt dazu, dass Unternehmen die Werbeartikel mittlerweile eher zweimal einkaufen müssen. Beschaffung aktuell: Spüren Sie Uneinigkeiten zwischen Marketing und Einkauf? Renz: Auf jeden Fall. Das Marketing ruft oft im Vorfeld an. So erhalten wir die Anfrage, bei der teilweise schon über den Preis verhandelt wird. Die Bestellung wird ausgelöst. Erst dann kommt der Einkauf. Das heißt, ich habe mittlerweile eine doppelte Verhandlung – und das mit Abteilungen, die ganz unterschiedliche Ansichten vertreten. Der Einkauf sieht dabei oft nur die Artikelnummer. Diese zeigt aber nicht die Beschaffenheit und Qualität des Artikels. Dem Einkäufer geht es meistens darum, dem Chef Prozente vorzulegen. Beschaffung aktuell: Wie gehen die meisten Bestellungen bei Ihnen ein? Renz: In der heutigen Zeit sollte man denken, dass die Kommunikation nur digital ist. Das ist nicht der Fall. Ein Beispiel: Bei einem unserer größten Kunden habe ich inzwischen fünf Bestellportale plus Mail plus Telefon – alles sollen wir bedienen und nutzen. Das macht es für uns kompliziert, wobei das meiste doch persönlich via Anruf oder Mail passiert. Auch 46 Beschaffung aktuell 2018 12

BETRIEB Faxbestellungen kommen noch, weshalb wir die Nummer nicht abändern dürfen (lacht). Beschaffung aktuell: Wird bei der Beschaffung Beratung angefragt? Renz: Der Großteil ist noch alte Schule mit Vorgaben. Zum Beispiel kriegen wir für ein Event folgende Infos: Anlass, Altersgruppe, Geschlecht/unisex, akadamischer Grad. Für die Findungsphase erhalten wir ein Budget. Entsprechend suchen wir fünf bis zehn Produktvorschläge raus, die dann mit einem Angebot präsentiert werden. Beschaffung aktuell: Macht das die Konkurrenz auch so? Renz: Die größte Konkurrenz ist die digitale, wo der Kunde selber alles online eingeben kann. Der Nachteil: Niemand prüft die Daten. Falsch hochgeladene Daten werden auch fehlerhaft gedruckt. Darauf wird in den AGB hingewiesen. Bei uns ist eine Prüfung impliziert. Einer unserer Mitarbeiter kommt zum Kunden und bespricht, ob die Idee machbar ist und was eventuell geändert werden muss. Diese Prüfung kostet bei digitalen Anbietern meist einen Aufpreis, sodass man sich wieder im gleichen Preisgefüge befindet wie bei uns. Das vergessen viele beim Preisvergleich. Service ist in unserer Branche extrem wichtig, denn nur durch guten Service können wir uns klar vom Wettbewerb abheben. Der Endkunde muss das Produkt toll finden. Wenn er es behält und gefragt wird, woher er es hat, dann ist es gutes Marketing. Beschaffung aktuell: Gibt es bei Ihnen 1-zu-1-Kontrakte mit Unternehmen? Renz: Ob man als fester Lieferant gelistet wird, hängt von der Unternehmensgröße ab. Kleinere Unternehmen listen nicht. Bei großen Unternehmen ist die Begrenzung auf drei bis fünf Partner gang und gäbe. Diese Partner werden immer angefragt und stehen in stetiger Konkurrenz. Ich würde sogar sagen, dass man als Neueinsteiger keine Chance mehr hat, bei namenhaften Unternehmen gelistet zu werden. Meist sind die Listenplätze besetzt, außer eine Firma schließt etc. Hat es ein Produkt in die Produkte des Kunden geschafft, ist es als Produkt gelistet und nicht als Werbemittel. Das ist schwierig bei Preisschwankungen, aber fällt natürlich auch wieder in den Servicebereich. Durch gesundes Wirtschaften versuchen wir, dem Kunden über Jahre den gleichen Preis zu bieten. Andererseits gibt es Fullservice. Das heißt, wenn der Bereich an uns ausgelagert ist, vertreiben wir den kompletten Bereich Werbemittel für Unternehmen. Wir bedienen auch unternehmenseigene Mitarbeiter- oder Endkundenshops mit Textil- oder Officeartikeln. Diese Artikel lagern in unserem Logistikzentrum und werden auf Bestellung verschickt. Beschaffung aktuell: Bieten Sie Ihre Produkte über einen Marktplatz an? Renz: Marktplatz ist bei uns der eigene Auftritt. Unser Shop ist letztlich kein Shop, sondern eine Anfrageseite mit Preisorientierungen. Der Kunde bekommt immer eine komplette Beratung, wie vielfarbig der Druck sein soll und wie wertig die Qualität auf welchem Constantin Renz Der Mann Schon von klein an wurde das Leben von Constantin Renz durch das Familienunter - nehmen geprägt. Daher war es nur eine Frage der Zeit, bis er nach seiner Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann die ersten Schritte im Unternehmen ging. Nach fünf Jahren und der Sicherheit, dass er das Familien - unternehmen weiterleiten wird, wurde Renz im Jahr 2016 in die Geschäftsleitung berufen und 2017 einer der Geschäftsführer. Dadurch wird die schon über 30 Jahre alte Firmen geschichte auch in Zukunft weitergeschrieben. Produkt aussehen kann. Daher möchten wir unsere Produkte gar nicht zum direkten Verkauf anbieten, weil die Dienstleitung immer inklusive ist. Wir möchten uns abgrenzen von den umfangreichen Katalogen der Konkurrenz. Diese haben 3000 Seiten − man findet alles oder nichts. Wir möchten eher, dass unsere Präsenz wahrgenommen wird und bevorzugen den direkten Kontakt mit Beratung. Beschaffung aktuell: Was bedeutet der Marktplatztrend für Sie? Renz: Der Zalando-Effekt, den viele aus dem Privatleben kennen, ist für uns schwierig. Er bedeutet für Fullservicepartner: Ein Mitarbeiter bestellt ein Polohemd. Wenn es nicht passt, geht er davon aus, er kann es so oft zurückschicken, bis es passt. Das ist größenordnungstechnisch aber nicht möglich. Allgemein sind unsere Waren nicht für den Privatkunden, daher kann ich solche Marktplätze nicht bedienen. Beschaffung aktuell: Was sollten Firmen bei Preis-Leistung und Qualität beachten? Renz: Wenn ich nur auf den Preis achte, leidet zwangsläufig die Qualität. Inzwischen entstehen sogar Plagiate. So wird ein sehr günstiger Kugelschreiber als noch günstigeres Plagiat hergestellt. Da ist es kein Wunder, dass er nicht lange schreibt oder der Clip abfliegt. Unternehmen sollten sich fragen, was sie auf Dauer mit dieser Preispolitik unterstützen. Kostet ein Stift 10 Cent und ich möchte Qualität für 1 Euro haben, sollte man überlegen, wie die produzierende Firma aussieht. In der heutigen Zeit wird europaweit so viel Wert auf CE-Konformität, Produktkennzeichnungsgesetz, Zertifikate gelegt. Da wird es ironisch, wenn ich das Produkt möglichst billig, aber mit Richtlinien und ohne Schadstoffe will. Der Großteil unserer Kunden ist mit einem Mittelding zufrieden und vertraut auf unsere Erfahrung. Sie zahlen vielleicht fünf bis zehn Prozent mehr, aber wenn das Produkt super ist, ist auch der Kunde vom Kunden glücklich. Beschaffung aktuell: Gibt es erkennbare Produkttendenzen? Renz: Es gibt keinen Unterschied mehr zwischen firmentechnischen Werbemitteln und der realen Welt. Früher konnte man klar sagen, welche Artikel den Kunden hinterhergeworfen werden. Heute sind es eher Produkte, die man auch beim Discounter oder normalen Firmen kaufen kann, wie die Icewatch. Die Silikonuhr gab es 2017 in diversen Varianten, auch im Discounter. Das tangiert natürlich mein Geschäft, wenn der Kunde fragt, warum die Uhr im Supermarkt weniger kostet. Zum Glück sind Marken inzwischen wieder wichtiger. Es wird lieber qualitativ Hochwertiges geschenkt, um die Wertschätzung auszudrücken. Darüber freuen sich Kunden und Mitarbeiter deutlich mehr. Das hat auch den Effekt, dass der Kunde das Produkt eventuell im Laden mitsamt Preisschild entdeckt und dann zufrieden ist, weil er das Produkt vom Unternehmen xy geschenkt bekommen hat. Beschaffung aktuell: Was könnte der Trend 2019 sein? Renz: Eigentlich würde ich auf die Digitalisierung hinweisen, aber die Branche macht sich kaputt mit ständigen Neuentwicklungen von Steckern. Zubehör können wir nicht in der Fülle anbieten, wie es sich jährlich ändert. Aber hier liegt die Zukunft und der größte Anteil. Dicht dahinter: hochwertiges Textil, also interne und externe Arbeitskleidung mit CI. Beschaffung aktuell 2018 12 47

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