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Motocross Enduro- 02/2015

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An erster Stelle wünscht euch das gesamte Redaktionsteam ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr! Das Jahr 2015 begann im doppelten Sinne mit einem wahren Kracher! Zum einen gewann Ken Roczen in Anaheim zum ersten Mal unter der Flagge von Suzuki, zum anderen gastierte hierzulande die MAXXIS-FIM-SuperEnduro-Weltmeisterschaft und die ADAC-SX-Cup-Piloten krönten den neuen Champion! Für Offroadfans dürften diese Ereignisse für gehörig Freude gesorgt haben. Und wenn es nach unserem Geschmack geht, kann es das gesamte Jahr so weitergehen!

ENDURO Die Simson-Jungs

ENDURO Die Simson-Jungs hinter der Silbervasen-Maschine von Ewald Schneidewind (2.v.l.), rechts neben ihm Lothar Schünemann, Gottfried Pohlan und Siegfried Rauhut. Eingerahmt sind sie von Dieter Salevsky links und Rudi Gilbert rechts (auch Simson-Werksfahrer, aber nicht im Silbervasenteam) 39. Internationale Sechstagefahrt 1964 in Erfurt/Deutsche Demokratische Republik Triumph der „Sechs Tage“ Ein Rückblick nach 50 Jahren Vor nun schon über 50 Jahren, am 7. September 1964, war es, dass der Start der 39. Internationalen Sechstagefahrt (International Six Days Trial) des Jahres 1964 in Erfurt/DDR erfolgte. Es war schon etwas ganz Besonderes, dass erstmals auf dem Staatsgebiet der DDR so eine Sechstagefahrt durchgeführt werden konnte. Dazu war es auch ein herausragendes Erlebnis für die vielen tausend Zuschauer, darunter viele Schulklassen, täglich entlang der Strecken und Sonderprüfungen. Bundesdeutsche Teilnehmer konnten aus politischen Gründen in Erfurt nicht teilnehmen. Hingegen zwei Silbervasenteams aus den USA. Die Internationale Sechstagefahrt, kurz ISDT, ist „der Mannschaftswettbewerb“ im Motorradgeländesport schlechthin, welcher seit 1913 von der Internationalen Motorsportbehörde (FIM) als Kampf um die Trophy ausgeschrieben wird. Ursprünglich nur gedacht für Nationen mit Motorrädern aus eigener Produktion. Für Nationen ohne eigene Motorradfertigung wurde ab 1924 dann mit der Silbervasen- Wertung ein zusätzlicher Wettbewerb hinzugefügt. Erst im Jahr 1980 wurde dieses Reglement grundlegend überarbeitet und modernisiert. Mit der Ausrichtung des Bewerbs für 1964 hatte die FIM den Motorsportverband der DDR (ADMV) beauftragt, nachdem die DDR-Nationalmannschaft 1963 im tschechoslowakischen Spindlermühle gegen starke Konkurrenz bravourös den Trophy-Sieg errungen hatte. Auf ihren MZ ETS/G Motorrädern hießen die Sieger 1963 Horst Lohr, Peter Uhlig, Hans Weber, Werner Salevsky, Günter Baumann und Bernd Uhlmann. Als Austragungsort entschied man sich für die Region Suhl und Oberhof im Thüringer Wald, mit der damaligen Bezirksstadt Erfurt als Start- und Zielort. Zweihundertsechsundzwanzig Fahrer aus 14 Nationen waren es, die in den frühen Morgenstunden des 7. September 1964 nach dem Fallen der Startflagge die mit 400 Kilometern doch sehr lange Etappe des ersten Fahrtages unter die Räder nahmen. Darunter auch zwei Teilnehmerinnen aus Großbritannien, die allerdings bereits am ersten Tag mit technischen Problemen die Segel streichen mussten. Auch an den folgenden fünf Tagen galt es täglich ab 5:30 Uhr im Minutentakt auf die Strecke zu gehen, um bei einer Fahrzeit von jeweils neun bis zehn Stunden die schwierigen Feld- und Waldwege durch den Thüringer Wald zu bewältigen. Natürlich war diese Sechstagefahrt für „DDR-Politik“ ein willkommener Anlass, um das politische System des Arbeiter- und Bauernstaates in den von Berlin gesteuerten Medien lobend hervorzuheben. Heute, mit 50 Jahren Abstand, schreibt der Verfasser einer Broschüre des Zweiradmuseums in Suhl hierzu: „… dass sich in der eingemauerten DDR sämtliche Spitzenfahrer der kapitalistischen Länder trafen!“ Dass eine reibungslose Organisation erwartet wurde, versteht sich aus diesem Blickwinkel natürlich von selbst. Die gesamte Motorradsportwelt blickte schließlich nach Erfurt. Alle Teilnehmer wurden im 72 MCE Februar '15

Hochhaus der Pädagogischen Hochschule, mitunter auch als Bezirksparteischule bezeichnet, untergebracht und verpflegt. Es waren dann auch die vielen freiwilligen Helfer, vor allem der örtlichen Motorsportclubs, die den Durchführungserfolg der Sechstagefahrt sicherstellten. Bereits Wochen vorher waren viele von ihren Arbeitgebern freigestellt worden, um alles perfekt vorzubereiten. Fahrer der Bundesrepublik Deutschland konnten nicht dabei sein. Die Sportdiplomatie hatte sich über den Status von Teilnehmern aus West-Berlin nicht einigen können. Monatelange Verhandlungen wurden schließlich ohne Ergebnis abgebrochen und wenige Wochen vor dem Ereignis sagte die OMK in Frankfurt/Main endgültig die Teilnahme von westdeutschen Sportlern ab. Die Vorbereitungen der Sportler und der Werke im Westen waren umsonst gewesen. Und dann war da auch noch die Sache mit den Vereinigten Staaten von Amerika. Die USA hatten zwei Silbervasenteams in die DDR entsandt. Team A mit dem Hollywoodstar Steve McQueen. Gerade jenem Schauspieler, dessen Kinofilm „Die glorreichen Sieben“ ein Jahr vorher aus den DDR-Kinos verbannt wurde. Natürlich konnte man nicht verhindern, dass sein Name im offiziellen Programmheft stand. In den Presseorganen des Landes wurde die Tatsache seiner Anwesenheit und Teilnahme jedoch so gut wie möglich verheimlicht. Steve McQueen schied am dritten Veranstaltungstag auf einer 750er Triumph TR 6 nach mehreren Stürzen aus. In den offiziellen DDR-Sportberichterstattungen fand auch dies anschließend nur eine ganz kurze Erwähnung. Bilder von ihm hat man so gut wie nicht veröffentlicht. Trotzdem richteten sich viele Augen auf ihn, zumindest die seiner weiblichen Fans, aber auch jene der Staatssicherheit. Ein Zeitzeuge: „... man darf sich nicht täuschen lassen. Die Stasi hatte schon immer ein Auge darauf, was da im Umfeld so passiert ist!“ Die eigentliche Sportgeschichte dieser Sechstagefahrt wurde hingegen von anderen Fahrern geschrieben. Einen lupenreinen Start-Ziel Sieg vollbrachte das Trophy-Team der DDR, das in der gleichen Besetzung wie im Jahr 1963 auf den Erfolgsmotorrädern des VEB Motorradwerk Zschopau antrat. Vom ersten Tag an übernahmen sie die Führung im Klassement der Trophy-Wertung. Der Vorsprung in der Gutpunktewertung wurde täglich ausgebaut. Nach sechs Tagen waren es nur noch die Fahrer aus Großbritannien, die ebenfalls frei von Streckenstrafpunkten blieben. In der Gutpunktewertung la- gen sie jedoch deutlich zurück. Schließlich lagen die DDR-Fahrer in den Klassen 175, 250 und 350 ccm mit ihren schnellen und leichten MZ-Maschinen jeweils in Führung. Die Mitfavoriten aus der CSSR waren schon früh mit technischen Problemen an den CZ-Motorrädern zurückgeworfen worden. Die Briten hingegen traten mit ihren schweren Viertaktern nur in den beiden ganz großen Hubraumklassen an. Dabei bekamen sie es mit dem DDR-Motocross-Meister Fred Willamowski auf einer aufgebohrten 350er MZ zu tun. In der Klasse bis 500 ccm fuhr er den Briten in den täglichen Sonderprüfungen kräftig um die Ohren. Am Ende errang er den Klassensieg. Damit hatte er den Mitfavoriten aus England ganz wichtige Punkte abgenommen. Nach fast 2000 Kilometern und fünf schweren Geländetagen mit Sonne, Regen und Nebel stand für den sechsten Tag noch eine kurze Geländeetappe auf dem Programm, ehe die 39. ISDT auf der Flugplatzpiste in Bindersleben mit einem Schlussrennen endete. Die Mitglieder des DDR-Trophy-Teams mussten nicht mehr alles geben. Sie mussten ihre MZ-Maschinen nur noch sicher ins Ziel bringen. Lediglich Bernd Uhlmann ließ es sich nicht nehmen, sich mit den schnellen britischen Fahrern anzulegen. Rundenlang jagte er zur Freude der Zuschauer mit der 350er MZ den Briten Peplow auf einer 750er Triumph um den Kurs, ehe er dann doch ein wenig Gas wegnahm und sicher über die Ziellinie fuhr. Eine kleine Randnotiz hierzu. Nach dem Schlussrennen tauschten Uhlmann und Peplow ihre Motorräder und jagten nochmals um die Rennstrecke in Bindersleben. Ein nachdenklicher Peplow meinte im Anschluss daran: „MZ fantasic, very good und very fast!” Das Kompliment eines Konkurrenten, dem man eigentlich nichts hinzufügen muss. Günter Baumann und Bernd Uhlmann auf den 350ern, Werner Salevsky und Hans Weber mit den 250ern sowie Horst Lohr und Peter Uhlig, jeweils ausgestattet mit einer 175er MZ, wiederholten ihren Erfolg von 1963 und gewannen zum zweiten Mal in Folge die Trophy-Wertung für die Deutsche Demokratische Republik. Und was damals noch keiner ahnen konnte: Es sollte noch Jahre dauern, bis diese Vorherrschaft der „Männer von MZ“ gebrochen werden konnte. Genauer gesagt erst 1968. Um den Erfolg der DDR-Motorradgeländefahrer zu komplettieren, wurde auch noch die Silbervasenwertung von der Mannschaft des VEB Simson Suhl gewonnen. Es hatte zuvor etliche Skeptiker gegeben, als ein Silbervasen-B-Team mit hubraumschwachen Simson-Motorrädern nominiert wurde. Steve McQueen und sein Freund Bud Erins im Hintergrund Doch Siegfried Rauhut mit der 50er und Gottfried Pohlan, Lothar Schünemann und Ewald Schneidewind auf den 75ern erledigten ihren Job genauso bravourös wie ihre Sportkameraden des Trophy- Teams. Zuverlässig und schnell brachten die vier „Simsöner“ aus Suhl bei ihrem Heimrennen direkt vor den Werkstoren die kleinen „Mopeds“ nach sechs harten Tagen siegreich ins Ziel. „Fahrzeuge von bewundernswerter Zuverlässigkeit. Meisterstücke unserer volkseigenen Industrie…!“ und ähnlich, lauteten hinterher Schlagzeilen zur Vermarktung der tollen sportlichen Erfolge. Leider haben nur ganz wenige Exemplare dieser ehemals sehr erfolgreichen Werksmotorräder bis heute überlebt. In der Sammlung von Schloss Augustusburg kann man noch zwei der Zschopauer Siegermaschinen aus jener Epoche bewundern und im Zweiradmuseum Suhl befindet sich ein schön restauriertes Stück der filigranen 50er Simson GS, in einer kleinen, aber feinen – ISDT Erfurt 1964 – Sonderausstellung. Zwei durchaus lohnenswerte Besuchsziele für interessierte Geländesportenthusiasten. Text: Bernd Loist, Fotos: Ottinger PS: Einen sehr umfangreichen Bericht zu dieser 39. ISDT gibt es im Jahrbuch von enduro-klassik.de Trophywertung: 1. DDR; 2. England; 3. UdSSR; 4. Schweden; 5. CSSR. Silbervasenwertung: 1. DDR-B; 2. DDR-A; 3. CSSR-A; 4. CSSR-B. Klassensieger: 50 ccm: Siegfried Rauhut, Simson (zugleich punktbester Teilnehmer) 75 ccm: Gottfried Pohlan, Simson 125 ccm: O.Chasak (CSSR), CZ 175 ccm: Peter Uhlig, MZ 250 ccm: Werner Salevsky, MZ 350 ccm: Bernd Uhlmann, MZ 500 ccm: Fred Willamowski, MZ 750 ccm: J.Giles (GB), Triumph Das MZ-Trophy-Team der DDR: Günter Baumann (230), Bernd Uhlmann (225), Hans Weber (150), Werner Salevsky (147), Peter Uhlig (75) – die überragende Mannschaft aus jenen Tagen 73 MCE Februar '15

Motocross Enduro / Ausgaben 2014-2022

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