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medizin&technik 01.2020

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■ [ TECHNIK ]

■ [ TECHNIK ] Aussparungen im Kunststoff halten Bauteile im Gerät an ihrem Platz Konstruktionssystem E-Pac für Medizingeräte | Komponenten eines elektronischen Gerätes müssen im Gehäuse nicht verschraubt oder verklebt werden: Wie in einer Verpackung schmiegen sie sich in maßgeschneiderte Mulden des E-Pac-Systems. Das bringt Vorteile bei Montage, Gewicht und Wärmeableitung, auch in Medizingeräten. Ein Beispiel ist ein Atemgasanalysator für den Point-of-Care-Bereich. Schlichtes Design ist der Stil des Atemgasanalysegerätes Revelar. Der Reagenzienbehälter ist für den einfachen Austausch im Zentrum angeordnet Versetzen Sie sich in ein Medizingerät: Es entspricht allen Anforderungen der FDA, ist bald auf dem US-amerikanischen Markt verfügbar. Aber im Inneren des Gehäuses sind die verschiedenen Bauteile nicht mit Schrauben oder Klebstoff angebracht, sondern stecken in jeweils für dieses Bauteil vorgesehenen und passgenau geformten Nischen einer Kunststoffmatrix. Das beschleunigt die Montage, schafft Möglichkeiten für die Wärmeabfuhr und verkürzt die Stückliste. IHR STICHWORT ■ ■ ■ (Bild: DMT) E-Pac-System als Alternative zur Montage mit Schrauben und Klebstoff Komplettsystem auf der Basis von EPP-Schaum Bewährt bei Medizinprodukten Umsetzen lässt sich dieser Gedanke mit einem System, das vor rund 25 Jahren bei Hewlett Packard entstand: das Electronic Packaging Assembly Concept, kurz E-Pac. Damals an der Entwicklung beteiligt war Jürgen Haeberle, Mitgründer und noch heute einer von drei Geschäftsführern der DMT Produktentwicklung GmbH aus Nufringen. Das E-Pac-System wurde zunächst für den einfachen Zusammenbau von Computern erdacht, doch mittels eines Management-Buy-Outs gründeten die Erfinder um Haeberle das Unternehmen DMT und machten sich im Jahr 1994 selbstständig. In Projekten aus der Medizintechnik und den Life-Sciences hat sich E-Pac bereits bewährt. Es ermöglicht, Bauteile und Baugruppen durch Formschluss in einem geschäumten Kunststoffkörper aus Polypropylen in das Gerät zu integrieren und ersetzt den Gehäuseaufbau aus Blech. Eines der jüngsten Projekte von DMT, in dem E-Pac eingesetzt wird, ist ein Atemgasanalysegerät, das von den Nufringer Fachleuten gemeinsam mit dem usamerikanischen Startup Revelar aus Portland/Oregon seit 2017 entwickelt wird. Revelar hat ein patentiertes Atemgasanalyseverfahren entwickelt, das auf der Chromatographie basiert (High Performance Liquid Chromatography, HPLC). Damit lassen sich schnell mit dem Atem ausgestoßene Substanzen nachweisen, die als Biomarker Informationen über den Gesundheitszustand eines Patienten liefern. Haupt augenmerk liegt darauf, mit dem Gerät kritische Datenpunkte zu erkennen und eine besonders effiziente, personalisierte Medizin zu ermöglichen. Mobiles Analysegerät für Tests am Point of Care Die schnelle und labortaugliche Messung findet am Point of Care, direkt beim Patienten, statt. Bislang konnten Veränderungen im Atemgas nur mit Hilfe teurer Laborgeräte und einer Blutanalyse gemessen werden. Revelar bietet ein nicht invasives und kostengünstiges Verfahren zur Beurteilung des Gesundheitszustandes. Geplant war, passend zum Einsatzort am Patientenbett, ein mobiles Gerät. Am meisten Platz braucht darin der Reagenzien-Container – der gemäß Vorgabe des Industrial Designs mittig im Gerät platziert werden sollte. Zwei Hochdruckpumpen, der Detektor sowie verschiedene Schaltventile wurden ebenfalls gemäß der Design-Vorgaben integriert. Die Ge- 34 medizin&technik 01/2020

(Bild: DMT) (Bild: DMT ) Unter der Hülle des Analysators ist die Technik geschickt angeordnet und dicht gepackt. Das E-Pac-System aus expandiertem Polypropylen hält jedes Bauteil am Platz Die Verteilung von Aussparungen ist durchdacht und ermöglicht das Ableiten von erwärmter Luft. Auch den Kabeln und Leitungen ist ein fester Platz zugewiesen Über den E-Pac-Anbieter Seit 25 Jahren entwickelt die Nufringer DMT Produktentwicklung GmbH Produkte und Produktlösungen für Anwender in der Medizintechnik und aus dem Bereich Life Sciences. Das Produktportfolio des inhabergeführten und nach ISO 13485:2016 zertifizierten Unternehmens umfasst neben der klassischen – mechanischen und elektronischen Entwicklung auch – die Herstellung und Beschaffung von Prototypen, – die Industrialisierung und Serienprozessentwicklung sowie – eine Pilotserienfertigung. Das E-Pac-Konstruktionssystem ist ein Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens. www.dmtpe.com wichtsanforderungen ließen sich dabei einhalten, da das E-Pac-Konstruktionssystem ohne schwere Befestigungselemente auskommt. Auch für das Wärmemanagement war der Kunststoff von Vorteil. Die Wärme, die die Bauteile im kompakten Gerät abgeben, lässt sich mit E-Pac einfach in den Griff bekommen: Dreidimensionale Luftkanäle leiten heiße Luft effizient ab. Damit steigt auch die Lebensdauer aktiver, thermisch belasteter Komponenten – was nach den Erfahrungen der DMT-Fachleute auch bei Geräten mit hoher Verlustleistung, wie sie für die Elektrochirurgie typisch sind, gut funktioniert. Die Tübinger Erbe Elektromedizin GmbH beispielsweise nutzt das E-Pac-System erfolgreich in ihrem Produkt Vio 300 D. Ein weiterer Vorteil des E-Pac-Konstruktionssystems ist, dass rund 25 % weniger Norm- und Standardbauteile gebraucht werden als bei konventionellen Aufbauten. Das Revelar-Gehäuse wird von nur vier Schrauben gehalten und fixiert. Weniger Teile bedeuten auch kürzere Montage- und Servicezeiten, da die Assemblierung einfacher ist. Kosten für die Entwicklung amortisieren sich schnell Berücksichtigen muss ein Konstrukteur, der das E-Pac-System einführt, dass höhere Erstinvestitionskosten in Werkzeuge für die Erstellung der Formteile anfallen. Diese amortisieren sich aber schnell im Lebenszyklus. Bei Kleingeräten, wie zum Beispiel Handheld-Geräten stößt das System mitunter an seine Grenzen. Und es braucht Erfahrung in der Konstruktionsmechanik, um eine E-Pac-Lösung ohne größere Iterationsschleifen umzusetzen. Für das Atemgasanalysegerät von Revelar aber war E-Pac sogar die Voraussetzung, um es bauen zu können, und in weniger als zwei Jahren waren funktionale und zulassungsfähige Erstseriengeräte verfügbar. Die interdisziplinäre Kompetenz, die die DMT-Fachleute in Medizintechnik und Biotechnologie erworben haben, trug dazu bei. Aktuell wird beim Nufringer Entwicklungsdienstleister die Fertigung der ersten Kleinserie mit 300 Gräten geplant. Später wird DMT die Verlagerung der Fertigung zu einem Serienlieferanten be - gleiten. ■ Daniel Dolvig DMT Produktentwicklung, Nufringen be productive. 01/2020 medizin&tec be hn i k SW 35

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