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medizin&technik 05.2022

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■ [ MEDIZIN IM DIALOG

■ [ MEDIZIN IM DIALOG ] Notfall verfügbar sein – das ist für die Arbeit auf der Intensivstation wichtig. ■ Welche Möglichkeiten würde ein Einsatz der Lösung in Bayern bringen? Wenn wir das Projekt erfolgreich fortsetzen, wäre es denkbar, dass dann alle Über Teleintensivmedizin Über das, was Telemedizin für die Intensivmedizin bieten kann, wird seit einigen Jahren geforscht. Abgesehen von den hier genannten Beispielen gibt es weitere Aktivitäten in den Bundesländern und an Universitätskliniken. ■ Die S1 Leitlinie der DGAI (001–034) „Telemedizin in der Intensivmedizin“ fasst die Möglichkeiten und Voraussetzungen zusammen, die für den Einsatz der IT- und Telekommunikation in diesem Bereich erforderlich sind. Sie wurde im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und der Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin (DG Telemed) 2015 erstellt und 2020 überarbeitet. http://hier.pro/JO1Dp ■ Wie sich Telemedizin in der Intensivmedizin anwenden lässt, sollte auch das sektorenübergreifende, digitale Gesundheitsnetzwerk Telnet@NRW zeigen. Unter Leitung der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care des Universitätsklinikums Aachen standen dort wie auch an den Universitätskliniken Aachen und Münster Teams aus Fachärzten und Oberärzten sowie Intensivpflegekräften kontinuierlich bereit, um bei Fragen aus anderen Krankenhäusern zu unterstützen. Das Projekt wurde im Rahmen des Innovationsfonds durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) von Januar 2017 bis März 2020 gefördert. www.telnet.nrw Universitätskliniken darüber mit anderen Krankenhäusern kommunizieren können. Der Gedanke lässt sich sogar dahin weiterentwickeln, dass ein bayernweites Netzwerk entsteht, in dem zu jeder Zeit ein Facharzt für eine telemedizinische Visite ansprechbar ist. In ■ Der Gemeinsame Bundesausschuss G-BA hat im März 2022 beschlossen, dass das in bestimmten Zentren vorhandene Expertenwissen mit den Mitteln der Telemedizin auch anderen Krankenhäusern bei der Behandlung zur Verfügung stehen soll. Der Beschluss geht auf positive Erfahrungen zurück, die mit diesem Vorgehen während der Pandemie gemacht wurden, bezieht sich aber auch auf die Ergebnisse aus Telnet@NRW. Mit dem Beschluss sind Mindeststandards definiert worden, die Zentren generell bei telemedizinischen Leistungen erfüllen müssen. http://hier.pro/I6VwC Die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie haben die Entwicklung telemedizinischer Lösungen beschleunigt ■ In Baden-Württemberg entstand in einem 2020 ausgelaufenen Projekt die Teleintensivmedizin-Plattform Baden- Württemberg (TIP-BW). Sie soll ein standortübergreifendes und damit wohnortnahes Angebot intensivmedizinischer Kompetenzen ermöglichen. Mehr dazu im Video: http://hier.pro/iqAJq ■ Das teleintensivmedizinische Netzwerk in Mecklenburg-Vorpommern (Twin-Move) entsteht in einem Projekt, das das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit MV, über den Zeitraum von drei Jahren fördert. Die Projektgruppe der Universitätsmedizin Rostock führt in Kooperation mit Partnerkrankenhäusern tele - intensivmedizinsche Visiten durch. www.teleintensivmedizin-mv.de (Bild: Yurii Maslak/stock.adobe.com) welchem Uniklinikum dieser sitzt, wäre dann unerheblich, so dass wir den Dienst rotierend organisieren könnten. Bis dahin ist aber noch einiges zu tun, und wir bräuchten dafür eine gemeinsame Plattform. ■ Ist ein Einsatz auch in anderen Bundesländern denkbar? Für Anfragen dieser Art sind wir auf jeden Fall offen. ■ Ist geplant, auch Medizingeräte an Ihre Lösung anzubinden? Nein. Wir wollen das System so einfach wie möglich halten, so wenige Schnittstellen wie möglich einsetzen. Daten aus den Medizingeräten müssen daher nur bis ins Krankenhausinformationssystem oder in die elektronische Patientenakte der Einrichtung gelangen, in der der Patient behandelt wird. Dann können wir damit arbeiten. Da es so viele unterschiedliche IT-Lösungen gibt, wäre eine direkte Anbindung zu komplex und würde auch neue Fragen zum Datenschutz aufwerfen, da dann Daten das Krankenhaus verlassen würden. ■ Entspricht Ihr System den Telemedizin-Vorgaben des G-BA? Laut G-BA kann eine Zertifizierung als Teleintensivmedizinzentrum nur bei gleichzeitiger Anerkennung als Herzoder Lungenzentrum erfolgen. So ein Zentrum gibt es in Würzburg nicht. Wir sind aber der Meinung, dass gute Telemedizin in vielen Kliniken funktionieren kann, auch wenn diese nicht Herz-Lungenzentrum sind. Um Telemedizin zu finanzieren, ist die G-BA-Zertifizierung aber erforderlich. Es gibt daher eine politische Diskussion darüber, ob die Vorgaben angepasst werden können, um die Telemedizin auszubauen. ■ Würden Sie es empfehlen, technische Lösungen in der Klinik zu entwickeln? Rückblickend kann ich nur sagen, dass es für uns sehr gut funktioniert und Spaß gemacht hat. Das wird auch an den beteiligten Personen liegen: Die Jungs in unserer IT sind wirklich gut, das muss ich sagen, und daher würde ich so ein Projekt auf jeden Fall nochmal angehen. Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de 16 medizin&technik 05/2022

Hydrogel-Pflaster hält besser mit Ultraschall Wundversorgung | Implodierende Bläschen sorgen dafür, dass ein Hydrogelpflaster besonders gut auf der Haut hält. Solche Bläschen entstehen durch Ultraschallbehandlung. (Bild: Victor/stock.adobe.com) Aus Hydrogel hergestellte Pflaster eignen sich gut für die Wundversorgung. Allerdings halten sie nicht lange, insbesondere nicht auf nassem Untergrund Für die Wundpflege oder das Anbringen tragbarer Elektronik auf der Haut werden heutzutage oft Hydrogelpflaster verwendet. Allerdings haften diese Pflaster nicht besonders stark auf der Haut, vor allem dann nicht, wenn sie nass ist. Kanadische Forscher um Jianyu Li von der McGill-Universität haben aber entdeckt, dass mit Ultraschall solche Pflaster sehr stark und lang haltend auf der Haut aufgeklebt werden können. Zudem lässt sich mittels unterschiedlicher Ultraschall - intensität präzise einstellen, wie stark die Hydrogelpflaster kleben. Der Effekt ist erheblich: Bei Tests auf Schweinehaut hafteten mit Ultraschall aufgeklebte Pflaster bis zu 100-mal stärker als ohne Ultraschallbehandlung. Auch auf der Haut von lebenden Ratten war eine zehnmal stärkere Haftung zu beobachten. Outi Supponen, Professorin für Mehrphasen-Fluiddynamik der ETH Zürich und ihre Postdoktorandin Claire Bourquard haben die Ursachen dieser starken Haftung untersucht. Die Ergebnisse der beiden Forschungsgruppen wurden in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht. Der Grund für die starke Anhaftung der Gelpflaster ist: Ultraschall erzeugt im Klebstoff auf der Unterseite des Hydrogels spezielle Bläschen, so genannte Kavita - tionsbläschen. Je höher die Ultraschall - intensität ist, desto mehr und desto größere Bläschen entstehen. Diese fallen jedoch sogleich wieder in sich zusammen. Dabei verformen sich die Bläschen innerhalb von Millisekunden zu jeweils einem Mini-Strahl, der in Richtung Hautoberfläche zeigt und wie ein Presslufthammer molekulare Bestandteile des Klebstoffs in die Oberhaut rammt. So wird das Pflaster stark verankert. „Das Prinzip dieser starken Haftung ist Kavitation, also ein rein mechanischer Vorgang“, sagt Supponen. Wo Kavitation schadet und wie sie der Medizin nützt Unter Kavitation verstehen Wissenschaftler die Bildung und den Kollaps von dampfgefüllten Blasen in Flüssigkeiten. Wenn die Blasen implodieren, werden große Mengen Energie freigesetzt. Kavitation tritt zum Beispiel an Gegenständen auf, die sich sehr schnell in Flüssigkeiten bewegen, wie etwa Schiffspropeller oder Turbinen von Wasserkraftwerken. Die beim Kollaps der Bläschen freigesetzte Energie kann diese Gegenstände stark beschädigen. Das Auftreten von Kavitation in solchen Anwendungen gilt es deshalb tunlichst zu vermeiden. „Lernen wir die Kavitationsenergie kontrolliert einzusetzen, können wir diese nutzen“, sagt Supponen. Hydrogel-Pflaster mit Ultraschall festzukleben, sei harmlos, wie die Versuche mit den Ratten gezeigt hätten. „Die durch die Schallwellen ausgelöste Kavitation im Klebstoff hat den Tieren keine Hautschäden zugefügt.“ Angewendet werden könnte die Ultraschall- Klebetechnik unter anderem bei Pflastern, die Wirkstoffe wie Impfstoffe, Krebsmedikamente oder Insulin über die Haut abgeben. 05/2022 medizin&technik 17

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