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NK 12_2016

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„E-MAIL MACHT

„E-MAIL MACHT KRANK UND AR 20 TRAINING Als Geschäftsführerin einer Internet- Agentur hat Anitra Eggler vier Jahre ihres Lebens mit Mailen und Surfen vergeudet, bevor sie die Fronten wechselte und dem E-Mail-Wahnsinn den Kampf ansagte. Heute erklärt sie in Vorträgen und Workshops, wie jeder von uns sich effektiv gegen sinnloses Surfen und zeitfressendes Nachrichtenschreiben schützen kann. Ihr Buch „E-Mail macht dumm, krank und arm: Digital-Therapie für mehr Lebenszeit“ handelt von dem Wunsch, immer erreichbar und informiert zu sein, der oft in Dauerstress und blindem Aktionismus endet. Doch es gibt Gegenmittel. Die Kommunikationsexpertin erklärt, welche fünf Fallen wir beim Mailen unbedingt vermeiden sollten und was zu tun ist, wenn wir doch hineingetappt sind. Der Kardinalfehler: Versklavt vom E-Mail-Programm Ja, es ist verführerisch. E-Mail sei Dank können Sie binnen Nanosekunden eine Nachricht von hier nach Honolulu senden. Und theoretisch kön- nen Sie auch binnen Nanosekunden Antwort erhalten. Vorsicht, Falle! Wenn Sie sich von den technischen Medienmöglichkeiten diktieren lassen, in welcher Geschwindigkeit Sie senden und Antwort erwarten, degradieren Sie sich und Ihre Kommunikationspartner zu Sklaven. Denn nur Skla ven sind ständig erreichbar, wahre Herren verfügen über ihre Zeit. Erste Hilfe: Alles, was wirklich wichtig und dringend ist, persönlich am Telefon oder per SMS kommunizieren. Den Notarzt rufen Sie ja auch nicht per E-Mail. Erwarten Sie deshalb auch nicht, dass Ihre Kommunikationspartner rund um die Uhr vor dem E-Mail-Programm sitzen und so lange auf „Empfangen“ drücken, bis Ihre E-Mail eintrifft und diese dann sofort beantworten. Ein paar Tage Antwortzeit sind im privaten Kontext völlig in Ordnung. Falls Sie das Gefühl haben, der Sender wartet sehnsüchtig, schreiben Sie kurz und knapp zurück, dass Sie in den nächsten Tagen aus- führlicher antworten. Profi-Tipp: Kommunizieren Sie Ihre persönlichen E- Mail-Öffnungszeiten in Ihrer Signatur. Der Zeitdieb: E-Mail ist kein Diskussionsmedium Theoretisch könnte es so einfach sein: E-Mail sei Dank können Sie mehrere Empfänger in Kopie setzen und zum Beispiel um ihre Meinung zu einem Thema bitten. Sehr beliebt: Drei Termine zur Auswahl und die Frage an 20 Leute, wer wann Zeit hat. Sehr schnell keiner mehr – weil das Ant- worten und Koordinieren von 20 verschiedenen Antworten alle Beteiligten zu viel Zeit kostet. Erste Hilfe: Wenn Sie Termine ausmachen wollen, nutzen Sie dafür besser kostenlose Internet-Terminassistenten wie www.doodle.com. Wenn Sie Themen diskutieren möchten, dann treffen Sie die Menschen lieber in der echten Welt oder im Rahmen einer Telefon- oder Video- Konferenz (zum Beispiel via Skype) – das bringt schneller bessere Ergebnisse. Jedes Smartphone ist n ❙ Wir sind ständig erreichbar und nir ❙ Wir verzichten lieber auf Sex als au ❙ Wir stalken unsere Ex-Partner onl nichts mehr bedeuten. ❙ Wir posten Essensfotos und giere der Hunger vergangen. ❙ Wir fotografieren Sonnenuntergän ❙ Wir verletzen die Privatsphäre un ohne ihr Einverständnis von ihnen ❙ Wir fotografieren unsere Kleinstki von leicht schielenden Selfies gep ❙ Wir empören uns über NSA, akzep digenden AGB von Google, Facebo ❙ Wir halten uns für smart, nutzen ab Smartphones. ❙ Wir wissen, dass wir eine Zahl in de sind, dennoch negieren wir, dass „ drängen die Folgen. ❙ Wir filmen Menschen und Tiere in einen Tweet. ❙ Wir sehen häufiger auf ein Display wir am meisten lieben. ❙ Wir sind dauerabgelenkt und verw ❙ Wir fürchten Hackerangriffe auf Hackerangriffe auf vermeintlich bö 12.2016

Der Beziehungskiller: Herzensangelegenheiten per E-Mail Sie sind verliebt oder verärgert? Vielleicht haben Sie auch gerade ein Gläschen Prosecco zu viel getrunken. Denn plötzlich tippen Ihre Tasten wie von selbst. Sie schreiben einen Liebesro- DUMM, M“ man oder eine Streitschrift, denn ja, die E-Mail ist geduldig, der Platz für Ihre Gedanken unbegrenzt. Noch bevor Sie wieder bei klarem Verstand sind, klicken Sie auf „Senden“. Vielleicht waren Sie auch weder liebes- noch sonst wie trunken und haben einfach geschrieben, was Ihnen gerade durch den Kopf ging. Unüberlegt, aber geht ebenso schnell per E-Mail … Dennoch erhalten Sie eine bitterböse Antwort, weil der Empfänger Ihre Zeilen in den falschen Hals bekommen hat. Woran das liegt? kommt, Sprache ist die Quelle aller Missver- markieren ständnisse. E-Mails fördern Miss- Sie als „Spam“ verständnisse auf der Beziehungs- oder „Werbung“, so ebene, schreiben Sie bedacht! lernt Ihr Programm die Erste Hilfe: Machen Sie den Mimo- Spreu vom Weizen zu tren- sen-Test! Schreiben und senden Sie nen. Falls es in Ihrem Freundes- gebracht nur, was Sie selbst empfangen möch- kreis Menschen gibt, die der Mei- hat. ten: Freuen Sie sich über Kritik, über nung sind, sie müssten Ihnen das Erste Hilfe: Ersetzen Sie das seitenlange Beziehungsdiskussionen Wachsen jedes Gartengrashalms leitungen auf YouTube an, die Ihnen Wort „Betreffzeile“ durch Betreff- in Schriftform, über Antworten ohne per E-Mail mitteilen oder Ihre Mail- helfen z. B. Regeln zu aktivieren, ZIELE. Formulieren Sie fortan jede Interpunktion und Anrede? Nein? box mit „lustigen“ Fotos und Film- Nachrichten automatisch zu archi- Betreffzeile mit der Präzision eines Dann schreiben Sie auch keine E- chen verstopfen, seien Sie ebenso vieren, Werbung zu verhindern und Nachrichten-Redakteurs: Warum soll Mails dieser Art! Herzensangelegen- rigoros und antworten Sie freund- vieles mehr. Das kostet einmal Zeit, der Empfänger diese E-Mail lesen? heiten kommunizieren Sie lieber per- lich, dass Ihnen Ihre Lebenszeit zu spart dann aber jede Menge! Und Das muss in maximal sechs Worten sönlich. Denn: E-Mails lösen keine kurz für Informationen ohne Mehr- noch ein einfacher Trick: Wer E- in der Betreffzeile stehen. Und dann: Beziehungsprobleme, sie schaffen wert ist. Mails sät, wird E-Mails ernten: Sen- Das Wichtigste zuerst, alle W-Fragen neue. Erste Hilfe: Lesen Sie die Ge brauchs- den Sie 30 Prozent weniger E-Mails, beantworten (wer, was, wie, warum anleitung! Ihr Mail-Programm ist dann erhalten Sie 30 Prozent weni- und vor allem: bis wann), schnell zum Flutwarnung: Hier lauert die schlau er als Sie denken! Warum nut- ger. So einfach ist das. Anfang, flott zum Schluss. Tipp: So- E-Mail-Flut zen Sie nur die Hälfte dessen, was bald Sie eine E-Mail weiterleiten, än- Auch wenn Sie Ihr E-Mail-Postfach die Software eigentlich kann, um Betreffzeile? Betreffziele! dern sich die Betreffziele. Deshalb: „nur“ privat nutzen. Tun Sie alles da- stress- und werbefreie Kommunika- Ein Großteil von E-Mail-Flut und E-Mail- Ändern Sie den Text! Hilfreich für den für, dass unerwünschte Werbung tion zu ermöglichen? Weil Sie nicht Missverständnissen wird dadurch ver- Empfänger: Stellen Sie ein Stichwort draußen bleibt. Das heißt: Installie- wissen, wie die andere Hälfte geht. ursacht, dass die Absender alles Mög- vor die Betreffzeile, z. B. „Lesens- ren Sie einen Spam-Filter und akti- Das sollten Sie ändern! Investieren liche in die Betreffzeile reinschrei- wert: E-Mail macht dumm, krank und vieren Sie den Spam-Schutz Ihres Sie einmal eine Stunde und sehen ben, nur nicht den Grund, der diese arm“ – dann weiß der Adressat so- Programmes. Was dennoch rein- Sie sich im Internet Gebrauchsan- E-Mail auf den Kommunikationsweg fort, worum es geht. ur so smart wie sein Besitzer: gends richtig präsent. f unser Smartphone. ine und sind uns sicher, dass sie uns n nach Likes. Kommen keine, ist uns ge, anstatt sie zu erleben. serer Kinder mit jedem Foto, das wir veröffentlichen. nder so oft, das ihr erstes Selbstbild rägt wird. tieren jedoch ungelesen die entmünok, Apple & Co. er nur die Idiotenfunktionen unseres r Rechnung profitorientierter Firmen gratis“ unsere Daten kostet und ver- Not und versenden als Erste Hilfe als in die Augen der Menschen, die echseln Kontrollverlust mit Karriere. unser Bankkonto, befürworten aber se Mächte. ❙ Wir sind freiwillig ständig erreichbar und fühlen uns unfreiwillig versklavt. ❙ Wir lesen nicht mehr, wir scannen nur noch und wundern uns, wenn wir verblöden. ❙ Wir akzeptieren Datenschutzbedingungen ungelesen und fordern gleichzeitig mehr Datenschutz. ❙ Wir sind in Zeitnot, müssen aber 88-mal am Tag checken, ob unser Handy noch Strom hat und ob Facebook noch steht. ❙ Wir sorgen dafür, dass unsere Kinder lieber mit Smartphones spielen als mit uns. ❙ Wir lenken unsere Aufmerksamkeit so lange auf das Banale, bis wir blind sind für das Wesentliche. ❙ Wir verschenken unsere Privatsphäre und veröffentlichen Inhalte, die Hausfrieden, Sicherheit und Job kosten können. ❙ Wir verwechseln Google-Ergebnisse mit Wahrheit und halten das für Fortschritt. ❙ Wir lassen uns von E-Mails sagen, was wir als Nächstes priorisieren, und wundern uns über Überstunden. ❙ Wir defragmentieren unsere Festplatten, aber niemals unser informationsüberflutetes Hirn. ❙ Wir möchten nicht, dass unsere Selfies so aussehen wie wir, wir möchten so gefiltert aussehen wie unsere Selfies. ❙ Wir versenden täglich Heerscharen von Bildschriftzeichen (Emojis), fühlen uns aber selbst nicht mehr. ❙ Wir fotografieren uns selbst, damit wir wissen, dass wir noch da sind. VITA Anitra Eggler Die Autorin, Verlegerin und Rednerin wurde am 9. Juni 1973 in Karlsruhe geboren. Sie selbst bezeichnet sich gerne als Europäerin und lebt in ihrer Wahlheimat Wien. Dort schreibt sie ihre Bücher und widmet sich anderen spannenden Ideen. Anitra Eggler begann ihre Schriftstellerkarriere nach dem Abitur als Todesanzeigentexterin in Buenos Aires. Drei Jahre später folgte das Journalismus-Stipendium und der Kulturwirt. Bis 2010 arbeitete sie als eine der Ersten im E-Commerce mit diversen Firmen zusammen. Die von der Zeitschrift „Woman“ ausgezeichnete Powerfrau änderte ihr Leben, als die Internetflut sie zu erdrücken drohte und setzte sich fortan in Büchern und auf der Bühne für einen selbstbestimmten Umgang mit den digitalen Medien und der Technik ein. Ihr letztes Buch „Mail halten!“ erschien Anfang des Jahres – auch als DVD. www.anitra-eggler.com Bild: © Andreas Jakwerth

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