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SURINAME DIE REPORTAGE

SURINAME DIE REPORTAGE Die meisten wissen nicht einmal, auf welchem Das kleinste Land Südamerikas fasziniert und die Kultur ehemaliger Sklaven. Ein Stück AFRIKA in SÜDAMERIKA Fotos: iStock.com/BartCo Frauen bei Botopasi: Ein großer Teil der Surinamer stammt von früheren afrikanischen Sklaven ab (links) 52 REISE & PREISE 1-2016

Kontinent Suriname liegt. durch Regenwald, Kolonialerbe VON ANJA MARTIN Blätter, Baumstämme, Lianen – das ist es, was wir sehen. Besonders aufregend ist das nicht. Um ehrlich zu sein: ganz schön eintönig. Erfrischungsgetränke, Snacks, Kerzen, Medizin und Badezusätze – das sieht unser Guide Simon auf dem Weg durch den Regenwald. »Eine Art Shopping Mall der Natur, für die man keine Kreditkarte braucht, nur das Wissen von Generationen«. Wie gut, dass uns der Einheimische auf die Sprünge hilft. Das hier Romantische Abendstimmung am Suriname River. Der Fluss dient dem kleinen Land als Haupt verkehrsweg, Trinkwasserquelle und Stromlieferant ist sein erweiterter Vorgarten – er lebt im Dorf nebenan, stammt von entflohenen Sklaven ab, die sich seit Anfang des 18. Jh. in den Wäldern Surinames vor den Plantagenbesitzern versteckten. Ihre Nachfahren leben bis heute hier. Gehalten hat sich die Bezeichnung Maroons, hergeleitet vom spanischen Wort für entlaufendes Vieh, cimmarón. Die niederländischen Kolonialherren nannten sie »Buschneger«. Was uns Simon zeigt, ist eine Art Lehrpfad im Dschungel. Nicht angelegt, aber einmal im Kopf zurechtgelegt. Für Unwissende aus der Hauptstadt oder eben Touristen. Oft wird der Weg nicht genutzt, nur wenige Besucher finden hierher an den Oberlauf des Suriname River, zu den Dörfern der Saramaccaner, einem von sechs Maroon-Stämmen im Land. Das Staatsgebiet von Suriname ist halb so groß wie Deutschland und besteht zu 90 Prozent aus Regenwald. Straßen gibt es vor allem an der Küste, wo auch die Hauptstadt Paramaribo liegt, in der die Hälfte der Bevölkerung lebt. Eine Handvoll Straßen reicht noch ein Stück weiter gen Süden, doch die eigentlichen Verkehrswege ins Innere des Landes sind Flüsse. Auch wir kamen vom Ende der Straße per Boot hierher – genauer in Korjaals, den schmalen, rund 14 Meter langen Einbäumen, die die Maroons noch traditionell selbst bauen. Einziges Zugeständ - nis an die Moderne: Außenbordmotor und Schwimmwesten, dazu Kissen für die Holzbänke, denn ein paar Stunden kommen schnell zusammen, wenn man auch nur einen kleinen Teil von Surinames grüner Welt erkunden will. Überhaupt: Suriname? Wo ist das denn? Viele Reiseerfahrende wissen nicht mal, auf welchem Kontinent das Land liegt, das früher einmal Holländisch-Guyana hieß. Nur 732 Deutsche sind 2013 nach Suriname gefahren. Im Vergleich zu 88.000 Niederländern, deren Kolonie Suriname bis in die Siebziger war und von denen die meisten auf Familienbesuch sind. Lebensader ist der Suriname River Der Oberlauf des Suriname River schiebt sich hinein ins tiefe Grün des Landes, gesäumt von Dörfern und Lodges, die fast ausschließlich in der Hand von Einheimischen sind und von sehr basic bis durchaus luxuriös reichen. Mittendrin mächtige runde Felsen, wie riesenhafte Kieselsteine. Wir passieren Stromschnellen und seichte Stellen, an denen alle aussteigen müssen. Der Fluss ist Verkehrsweg, Freibad, Dusche, Waschmaschine und Trinkquelle zugleich. Bei jedem Dorf schrubben Frauen im Gewässer das Geschirr. Kinder spielen daneben, man betreibt Haarpflege. 17.000 Maroons leben hier am Fluss, 40.000 bis 70.000 sind es im ganzen Land. In Goejaba erwartet uns eine Gruppe Frauen an der Anlegestelle. Gemusterte Tücher um die Hüften, über dem Po leuchtende Stoffdreiecke mit gestickten Motiven. Die Frauen stimmen einen A-Capella-Gesang an, klatschen und schwingen dazu nach rechts und links. Es ist ein Sakati, der an die Sklavenarbeit auf den Plantagen erinnert. Als sich die Arbeiter nur singend unterhalten konnten, weil sprechen nicht erlaubt war. Die Frauen lachen, umarmen uns, wir sollen folgen. Erst unterm Azan Pau durch, das ist eine Barriere aus Palmblättern, eine Art Böse-Geister-Abstreifer. Dann über Pfade, zwischen Holzhütten. Schnell ist vergessen, dass wir in Südamerika sind. Es fühlt sich an wie Afrika. Die Gerichte, die Kleider, die Häuser, die Götter, die Hautfarbe – alles afrikanisch. Vieles wurde hier im Schutz des Waldes bewahrt. Was wir hier sehen ist authentisch, keine Folklore. Die Frauen haben Eintopf gekocht, ‘ REISE & PREISE 1-2016 53

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