KANADA DIE REPORTAGE Vancouver ist eine der attraktivsten Städte der Welt. Wer der quirligen Großstadt den Rücken kehrt, erreicht in nur einer Stunde das Naturparadies Vancouver Island. In der Provinz British Columbia leben mehr als 200 Indianerstämme – Touren mit indianischen Guides sind ein besonderes Erlebnis. VON OLIVER GERHARD Indianische Totempfähle im Stadtpark von Vancouver (links). Vancouver gilt weltweit als eine der Städte mit der höchsten Lebensqualität (rechts) Mit den Lachsen schwimmen gehen Seelöwen ruhen gern auf von der Sonne angewärmten Felsen. Nachkommen der Indianer bieten auf Vancouver Island Einbaumtouren an (rechts) 8 REISE & PREISE 1-2017
Der Campbell River ist ein beliebtes Angelrevier. Beute ist gewiss: Im Hochsommer kommen die Lachse, um am Oberlauf des Flusses zu laichen Die Lachse springen! Alle paar Sekunden schnellt ein Körper aus dem Fluss und fällt mit einem lautstarken Platschen wieder ins Wasser. Seit Mitte Juli kehren die Fische zurück, um am Oberlauf des Campbell River auf Vancouver Island zu laichen: zuerst der Pink Salmon, die kleinste der fünf Arten im Fluss, später die bis zu über einen Meter langen Chinooks, im Winter folgt als Nachzügler der Chum. Die Lachse wissen noch nicht, dass sie gleich neugierigen Besuch bekommen: Zu fünft machen wir uns in einem Schlauchboot fertig zum Schnorcheln: Neoprenanzüge, Taucherbrille, Unterwasserkamera. »Ihr müsst euch nur aufs Wasser legen und treiben lassen«, erklärt Guide Jane, die das Schlauchboot mit zwei langen Rudern durch die Stromschnellen navigiert. »Über kleine Steine lasst ihr euch wie Robben drüberflutschen, den großen müsst ihr ausweichen.« Ihre Erklärungen klingen nicht gerade beruhigend: Body Rafting in einem reißenden kanadischen Fluss? Steine? Riesige Lachse? Unsicher tasten wir uns über die glitschigen Steine ins Wasser, neugierig beobachtet von den Kajakfahrern, die hier gerade das Wenden inmitten der Stromschnellen trainieren. Als ich mich abstoße, hat mich die Strömung sofort im Griff, ich höre nur noch meinen Atem und das gluckernde Wasser. Die Schwimmweste, die Jane besonders eng festgezurrt hatte, hält mich wie ein Holzbrett flach auf dem Wasser. Ein riesiger Fisch saust vorbei, später folgt Schwarm auf Schwarm. Zuerst stehen sie wie festgemeißelt im Wasser, dann schießen sie erschrocken davon. Da winkt Jane am Ufer. Weil es so schön war, dürfen wir den gleichen Abschnitt noch einmal schnorcheln. Wie geklonte Batmans tapern wir tropfend durch den Wald zurück zur Einstiegsstelle. Beim zweiten Tauchgang geht alles routinierter. Nach einer halben Stunde setzt Tiefenentspannung ein – ein Gefühl, als würde man schwerelos dahingleiten. Multikulti mit asiatischem Touch Der Campbell River mündet in die Strait of Georgia, die Meerenge, an der auch Vancouver liegt. Die drittgrößte Metropole des Landes rangiert in weltweiten Rankings regelmäßig unter den Städten mit der höchsten Lebensqualität. Das liegt unter anderem an der wilden Natur: vorne der Pazifik, hinten die Berge, und im Norden ein verwunschener Küstenurwald. Wer mag, kann hier morgens Skilaufen gehen und abends den Sonnenuntergang am Strand beobachten. Es liegt aber auch an der Weltoffenheit der 600.000-Einwohner-Stadt, in der mehr als die Hälfte der Bewohner ihre Wurzeln außerhalb Kanadas hat: in Großbritannien und Deutschland, Skandinavien und Osteuropa, vor allem aber in Asien. Nicht umsonst gibt es hier die zweitgrößte Chinatown auf dem Kontinent – mit einem wuselnden Straßenleben, kleinen Teestuben, exotischen Garküchen und sogar einem chinesischen Garten. Wer durch die Stadt spaziert, erlebt Kontraste: auf der einen Seite historische Backsteinbauten wie im hübsch aufpolierten Viertel Gastown, auf der anderen moderne Wolkenkratzer. Hier der Canada Place mit seinen futuristischen Segelkonstruktionen, dort beschauliche Plätze mit kleinstädtischem Charme. Und immer wieder Buchten und Wasserarme, auf denen Kreuzfahrt- und Containerschiffe, Fähren und Jachten unterwegs sind. Multikulti hat auch in der Küche Spuren hinterlassen, ein beliebter Snack ist zum Beispiel der Japa Dog, eine Wurst, die mit Röstzwiebeln, Wasabi und Seetang serviert wird. Auch indianisch kann man essen gehen: Das »Salmon n’ Bannock Bistro« serviert traditionelle Gerichte der Ureinwohner wie Bisonrippchen, Wildlachs – und ganz selten auch Karibu. ‘ REISE & PREISE 1-2017 9
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