SPANIEN JAKOBSWEG Jakobsweg – auf die bequeme Tour Das »Ich bin dann mal weg« als Roadtrip, nicht als Pilger mit Rucksack – eine Entdeckungstour auf dem Jakobsweg im jetzigen »Heiligen Jahr«, coronabedingt frei von Massen. Unser Autor hat in Nordspanien den Überblick: Er lebt direkt an der berühmtesten Pilgerstrecke der Welt. vON ANDREAS DROUVE Die Landschaft ertrinkt in Grün. Es riecht nach Kräutern. Wiesen, Wälder und Viehweiden fallen tief in ein Tal ab. Der Blick steigt zu Bergmassen auf. Blökende Schafe durchbrechen die Stille. Dann plötzlich: Klack, klack, klack. Ein einsamer Jakobspilger taucht auf, einer der wenigen, die sich trotz Corona-Pandemie auf den Weg gemacht haben. Gleichmäßig stößt er seine Teleskopstöcke in den steinigen Grund, bis er erschöpft vor ein Mäuerchen sinkt. Geschafft. So wie Abermillionen vor ihm, die seit dem Mittelalter den Pyrenäenpass Ibañeta bewältigt haben. Hier liegt einer der unzähligen Schnittpunkte zwischen Pilgerstrecke und Straße. 94 REISE-PREISE.de 2-2021
Glücklich am Ziel angekommen: Pilger vor der Kathedrale von Santiago de Compostela Ein Gesamtkunstwerk ist die gewaltige gotische Kathedrale von Burgos. In ihr beigesetzt wurde der berühmte spanische Ritter und Nationalheld El Cid, der von 1043 bis 1099 lebte Wegstationen sind per Fahrzeug erreichbar. Überall verzahnen sich Natur und Kulturerbe. Der Jakobsweg ist ein echtes Freilichtmuseum. Kapellen und Kirchen reihen sich wie an einer Perlenschnur auf, Klöster und Kathedralen öffnen sich als Schatzkammern, Burgen und Wehrmauern zeugen von einst umkämpften Zeiten zwischen Christen und Mauren. Begeistern wird man sich auch an Altstädten, ob in Logroño oder León, samt ihren Kneipenszenen mit reichlich Weinfluss und Häppchenkultur. Wer den Jakobsweg angeht, muss nicht zwangsläufig die Wanderschuhe schnüren, den Rucksack schleppen, in Herbergen nächtigen, den blaugelben Zeichen folgen, gläubig sein. Die berühmteste Pilgerroute der Welt ist ebenso gut als Roadtrip planbar: rund 800 km vom französisch-spanischen Grenzraum bis nach Santiago de Compostela, wo der Überlieferung nach der Apostel Jakobus begraben sein soll. Fällt dessen Gedenktag auf einen 25. Juli, so wie zuletzt 2010 und nun 2021, steht ein »Heiliges Jahr« an – seit dem 12. Jh. ein geschickter PR-Schachzug, um Pilger zu mobilisieren. Aktuell kommt das »Heilige Jahr« sogar als Doppelpack daher; durch Corona hat Papst Franziskus eine Verlängerung bis Ende 2022 abgesegnet. Derartiges hat es nie gegeben. Virusbedingt ging es im Vorjahr ruhig zu auf dem Jakobsweg; daran dürfte sich in naher Zukunft nichts ändern. Der vormalige Andrang der Massen ist ausgebremst. Zumindest vorerst. Die Leere könnte ein besonderer Anreiz sein. Die Reise führt durch die Pyrenäen, die Weinbaugebiete der Rioja, die Hochebene in Kastilien-León, das wellige Galicien. Alle wichtigen VON FRANKREICH ÜBER DIE PYRENÄEN Zum Auftakt ein Stück Frankreich. Strategisch günstiger Einstiegspunkt am Jakobsweg ist das Städtchen Saint-Jean-Pied-de-Port, wo die kurvenreiche Straße hinauf zum Pyrenäenpass Ibañeta führt und unterwegs die Grenze nach Spanien passiert. Kurz hinter dem 1.057-m-Pass duckt sich der Dorfzwerg Roncesvalles ins Grün, bestimmt durch sein Kloster (€ 5,50 Führung mit Kreuzgang und Museumsschätzen; Stiftskirche Eintritt frei). Als nette Unterkunft empfiehlt sich das »Hotel Roncesvalles« (EZ/DZ ab € 67/77, 0034-948760105, www.hotelroncesvalles.com). Die Grünkulissen begleiten bis Pamplona, Hauptstadt der Region Navarra. Hier taucht man ein ins historische Viertel mit Stadtmauern, kopfsteingepflasterten Gassen, der gotischen Kathedrale (€ 5 mit Schatzkammer), dem Rathaus mit seiner Barockfront. Herzstück ist der Plaza del Castillo, einer der größten Stadtplätze Spaniens; US-Literat Ernest Hemingway kehrte gern im »Café Iruña« ein, das an die Arkaden stößt (Fischsuppe € 8, Käseteller € 11, Tagesmenü € 23, http://cafeiruna.com). Eine gute, zentrale Unterkunft ist das »Hotel Pamplona Catedral« (ab € 75/79; Calle Dos de Mayo 4, 0034- 948226688, www.pamplonacatedralhotel.com). Puente la Reina setzt Glanzpunkte mit der Pilgergasse durch historische Fassadenkulissen Derzeit sind auf dem Jakobsweg bedeutend weniger Pilger unterwegs als sonst und der schönsten Brücke des Jakobswegs (romanisch, 11. Jh.). Über die alte Kirchenstadt Estella und Viana geht es ins Ebro-Becken nach Logroño, die Hauptstadt der weltbekannten Weinregion La Rioja. WEINLANDSCHAFTEN IN DER RIOJA Rebgärten geben den Vorgeschmack auf die Rioja, doch in Logroño heißt es: Nur nicht abschrecken lassen durch gesichtslose Wohnsilos. In der Altstadt ist alles vergessen: um die Fußgängerzone, den Kathedralplatz, die Grünanlage Espolón, die Kneipengasse Laurel (Häppchen und Wein ab je € 1,20). Das Regionalmuseum ist in einem Barockpalais untergebracht, der Eintritt frei. Modern und komfortabel ist das »AC Hotel La Rioja« (EZ/DZ ab € 88 ÜF; Calle Madre de Dios 21, 0034-941272350, www.marriott.com). Knapp 70 km Jakobsweg entfallen auf die Rioja. Highlights sind die Weinlandschaften 2-2021REISE-PREISE.de 95
