RECHT UND POLITIK § AUS DEN VERBÄNDEN bvse Kein Platz für das chemische Recycling In der Anhörung des Umwelt- und des Wirtschaftsausschusses im Landtag von Nordrhein-Westfalen machte bvse-Experte Dr. Thomas Probst deutlich, dass im Bereich der Kunststoffleichtverpackungen kaum Platz sei für das chemische Recycling. Er verwies darauf, dass die von der Verpackungsverordnung für 2023 vorgeschriebene Recyclingquote von 63 Prozent inzwischen übertroffen wurde und im Jahr 2021 schon bei fast 66 Prozent lag. „Das werkstoffliche Recycling ist also ein Riesenerfolg“, betonte Probst vor den Abgeordneten. In seiner schriftlichen Stellungnahme hebt Probst zudem hervor, dass die großen Erfolge des werkstofflichen Recyclings belastbar und dokumentierbar sind. Der Recyclateinsatz aus Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfällen betrug in 2021 rund 1,65 Mio. Tonnen. Daneben wurden rund 0,64 Mio. Tonnen an Nebenprodukten wiederverwendet. Im Gegensatz zum werkstofflichen Recycling beruhen die Aussagen zum chemischen Recycling auf Annahmen, Vorstudien und Studien. Inzwischen sind allerdings auch einige technische Anlagen sowie Kleinanlagen in (Probe-)Betrieb, die relativ geringe Produktmengen erzeugen. Dr. Thomas Probst führt in seiner Stellungnahme aus, dass das chemische Recycling die zuvor über mehrere Prozessschritte aufwendig hergestellten Neukunststoffe zerstöre. Dabei entstehen unterschiedliche Bruchstücke, die vor der weiteren Verwendung erst aufgetrennt und in weiteren Schritten verarbeitet werden. Diese Prozesse sind sehr energieaufwendig und setzen große Mengen an CO 2 frei. Erschwerend kommt jedoch hinzu, dass nur ein Teil der erhaltenen Bruchstücke als Synthesebausteine für die Kunststoffneuproduktion eingesetzt werden. Im Gegensatz hierzu erhält das werkstoffliche Recycling sowohl die Polymerstruktur wie auch die zugesetzten Additive und, soweit zugesetzt, ebenso die Füllstoffe und die Verstärkungsstoffe. Und genau dadurch ist das werkstoffliche Recycling ökologisch so vorteilhaft, weil dies die Mehrfachnutzung des Rohstoffs ermöglicht. Darüber hinaus verbrauchen die notwendigen Schritte zum thermischen Umformen der recycelten Kunststoffmassen nur etwa ein Drittel der Energie, die für die Kunststoffsynthese notwendig ist. Nach wie vor wird von Befürwortern des chemischen Recyclings auch argumentiert, dass dieses eventuell für die Kunststoffabfälle eingesetzt werden könne, die sich nicht werkstofflich recyceln lassen. Tatsächlich ist es aber so, dass das chemische Recycling gut bis sehr gut aufbereitete PO-reiche Abfallströme benötigt, die störstoffentfrachtet sind. „Das ist genau der LVP-Abfallstrom, der auch für das werkstoffliche Recycling gebraucht werde“, so bvse-Experte Thomas Probst. Damit entkräftete Thomas Probst in der Landtags-Anhörung auch die Überlegung, dass die LVP-Kunststoffabfälle, die in Müllverbrennungsanlagen verwertet werden, für das chemische Recycling genutzt werden können. Probst: „Das, was in die Müllverbrennung geht, würde ein chemischer Recycler nicht nehmen. Niemals!“ www.bvse.de 62 recycling aktiv 1/2023
RECHT UND POLITIK BDSV, BDE, bvse, VDM Nachbesserungen beim Gesetzentwurf zur Strompreisbremse In einer gemeinsamen Presseerklärung Mitte Dezember 2022 fordern BDSV, BDE, bvse und VDM erhebliche Nachbesserungen beim Gesetzentwurf zur Einführung einer Strompreisbremse. Die geplanten, völlig neuen Prüfverfahren mit absoluten und relativen Preis-Deckeln, kurzen Antragsfristen, Mitteilungspflichten, der Einführung neuer Begrifflichkeiten und anderer komplexen Regelungen sind vor allem neue bürokratische Hindernisse und gerade daher keine kurzfristige Hilfe für die betroffenen Unternehmen. Außerdem wird die Entlastung in vielen Gruppen von einer vorherigen behördlichen Genehmigung abhängig gemacht und die Liquidität dieser Unternehmen so erheblich belastet. Viele Unternehmen werden den bürokratischen Aufwand nur mit Unterstützung externer Berater meistern können. Insbesondere für mittelständische Unternehmen, und damit auch für die überwiegend mittelständisch geprägte Entsorgungswirtschaft, wird es deshalb formell und materiell deutlich erschwert, in den Genuss der Entlastungen zu kommen. Es ist daher unbedingt erforderlich, die Nachweispflichten und den Antragsprozess so einfach wie möglich zu gestalten. Die Gefahr einer Rückforderung der Beihilfen nach § 4 (3) StromPBG sorgt für fehlende Rechts- und Planungssicherheit. Der Vorbehalt der Rückforderung bis zur Wertstellung des Ausgleichs der Jahresendabrechnung des Kalenderjahrs 2023 zwingt die Unternehmen zu Rückstellungen, womit die beabsichtigten Entlastungen konterkariert werden. Der Rückforderungsvorbehalt muss deshalb deutlich einfacher geregelt werden und ist auf die mögliche Überschreitung der Höchstgrenze zu begrenzen. Die geplante Definition zur Energieintensität nach § 11 (2) 2. a) StromPBG, die sich auf das Jahr 2021 und das erste Halbjahr 2022 bezieht, wird vielen Unternehmen nicht helfen, da die stärksten Kostensteigerungen erst danach, im Jahr 2023, noch anstehen. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die einzelnen Standorte verbundener Unternehmen, die autark Energie beziehen und den Letztverbraucher darstellen, anders zu behandeln sind als nicht verbundene Unternehmen. Dies führt zu grob unbilligen Ergebnissen und stellt eine Wettbewerbsverzerrung zulasten mittelständischer Unternehmen dar. Entscheidend sollte hier nicht die Art der Gesellschaft, sondern vielmehr die Frage sein, ob das Unternehmen Letztverbraucher ist oder nicht. Energieversorger drohen bei fehlendem Versorgungsvertrag bereits mit einer Trennung der Versorgungsanschlüsse ab 1. Januar 2023. Dies ist für den Industriestandort Deutschland untragbar und schreckt insbesondere zukünftige Investoren erheblich ab. Besonders kritisch sehen die Verbände der Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft die Anlage 2 zu § 9 StromPBG, die die Liste der Sektoren und Teilsektoren, die nach dem befristeten Krisenrahmen der Europäischen Kommission besonders von hohen Energiepreisen betroffen sind, übernimmt und hierbei den NACE-Code/WZ „Rückgewinnung sortierter Wertstoffe“ erneut ausschließt. Durch die seitens der EU geschaffenen zusätzlichen kriegsbedingten Förderprogramme (z. B. Temporary Crisis Framework) besteht die Möglichkeit, auch Wirtschaftszweige zu fördern, die nicht in den Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2022 (KUEBLL) enthalten sind. Dennoch wird auch in dem jetzigen Gesetzentwurf der NACE-Code 3832 („Rückgewinnung sortierter Wertstoffe“) nicht berücksichtigt. Bereits die Nichtberücksichtigung des NACE/WZ-Code 3832 in KUEBLL und bei anderen Energiebeihilfeprogrammen war und ist vor dem Hintergrund der stetig wachsenden Bedeutung der Kreislaufwirtschaft nicht nachvollziehbar und ein politisch unverständliches Signal für die Recyclingwirtschaft als entscheidende Säule einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft. Es sind die Unternehmen der Entsorgungs- und Recyclingbranche, die durch Sammlung, Sortierung und Aufbereitung dafür Sorge tragen, dass der verarbeitenden Industrie genügend energieschonende Recyclingrohstoffe zur Verfügung stehen. Diese Rohstoffe werden im Wesentlichen nicht händisch sortiert und aufbereitet, sondern bedürfen zum Teil energieintensiver Anlagen, wie Granulatoren, Scheren, Schredder, Compounder usw. Hier stehen die Unternehmen der Recyclingwirtschaft den Produktionsbetrieben in der Betroffenheit durch die Energiekrise gleich. www.bdsv.org Mit recycling aktiv plus bietet der Stein-Verlag Baden-Baden die Möglichkeit, sich online über neueste Branchen-Entwicklungen, Aufbereitungs-Techniken und vieles mehr in der Recycling-Welt zu informieren, und das natürlich kostenlos! http://anmeldung.ra.stein-verlaggmbh.de recycling aktiv 1/2023 63
Die Fachzeitschrift für Recycling-
Leitartikel Helmut Strauß, Chefred
Inhalt TITELSTORY: Mit dem neuen Se
MENSCHEN Der bisherige Vertriebsche
NEWS Das eAVALportal eignet sich f
Laden...
Laden...
Laden...