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Taxi Times Berlin - Dezember 2018

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ANTRIEB Autos, die sie

ANTRIEB Autos, die sie gerade haben, auch auf den gesperrten Strecken fahren müssen? Von der Zwangsstilllegung aller Diesel-Taxen unter Euro 6 bis zur großzügigen Ausnahmegenehmigung ist alles denkbar. Theoretisch kann ein Taxi, das nicht jeden Fahrgast auf dem kürzesten Weg an jedes Ziel bringen kann, seiner Beförderungspflicht nicht nachkommen, also nicht betrieben werden – oder gibt es genügend andere Taxen, die überall hinfahren dürfen? Bevor das wieder auf juristische Spitzfindigkeiten hinausläuft, ist der Senat gefordert, in eigener Verantwortung praktikable Lösungen zu finden. Es stellt sich die Frage, welcher Autoverkehr notwendig ist und welcher nicht. Lieferanten, Handwerker, Notdienste, Mobilitätsanbieter für Autolose wird man wohl per Ausnahmegenehmigung fahren lassen müssen. Das hat sich bereits während der Gerichtsverhandlung angedeutet. Da würden neben der BVG auch Taxis dazu gehören. Was ist mit den Autofahrern, die in den Fahrverbotsstrecken wohnen oder arbeiten, was mit den vielen Pendlern, die mangels Alternative mit dem Auto zur Arbeit kommen? Die schriftliche Urteilsbegründung lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Das heißt, die Frist für eine vom Gericht zugelassene Berufung hat noch gar nicht angefangen. In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht für beide Parteien einleuchtend begründet, warum das Urteil so und nicht anders ausgefallen ist. Daher ist eine Berufung gegen das Urteil wenig wahrscheinlich. Für die DUH ist mehr nicht drin. Der Senat wollte sowieso in dieser oder ähnlicher Form tätig werden. Das Urteil (VG 10 K 207.16), für das wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Berufung zum Jürgen Resch kommentiert das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugelassen ist, wirft mehr Fragen auf, als es löst. Die Justiz löst juristische Probleme auf ihre Weise, also juristisch. Die Politik muss praktische Probleme lösen, und zwar so, dass sie für ihre Wähler akzeptabel sind, also politisch. wh DIESEL MIT EURO 6D-TEMP SIND SICHER Im Rahmen der Europäischen Taximesse hat ein ranghoher Mitarbeiter des Verkehrsministeriums den Euro-6d-Temp-Dieselmotor als Teil der Lösung zur Luftreinhaltung definiert. „Die Gerichtsurteile zur Luftreinhaltung fallen schärfer aus“, berichtete Dr. Norbert Salomon, Leiter der Grundsatzabteilung im Bundesverkehrsministerium, im Rahmen der Europäischen Taximesse Anfang November in Köln. Zu Anfang hätten die Gerichte noch zurückhaltend reagiert. Die richterlichen Aufforderungen an die Länder bestanden „nur“ darin, den Luftreinhalteplan zu bearbeiten und dabei auch Fahrverbote in Betracht zu ziehen. Dann aber kam vor kurzem das Urteil aus Frankfurt am Main, in dem das Gericht Fahrverbote unmittelbar einforderte. „Das löst natürlich Verunsicherung aus“, gesteht Salomon, „insbesondere auch im Taxigewerbe.“ Teilweise seien die Fahrzeuge, die mit einem solchen Fahrverbot belegt werden, noch relativ jung. Fahrverbote dürfen allerdings nicht so breit ausgesprochen werden, dass Berufsgruppen wie Taxifahrer nicht mehr unterwegs sein dürfen. „So weit wird es nicht kommen“, prophezeit Salomon. „Ich bin hundertprozentig sicher, dass wir bestimmte Ausnahmen von den Fahrverboten erlassen werden.“ Der Leiter der Grundsatzabteilung verweist darauf, dass es das bei anderen Umweltmaßnahmen auch bereits Ausnahmegenehmigungen gegeben habe, beispielsweise bei der Einführung von Partikelfiltern. Dazu komme, dass etliche Dieselmodelle bereits den neuesten Standards entsprechen, wovon sich Salomon bei seinem Rundgang über die Europäische Taximesse kurz zuvor ein Bild machen konnte. DIESEL-TAXEN SAUBER GENUG? „Solche Fahrzeuge werden nie und nimmer von einem Fahrverbot betroffen sein“, versprach er. „Euro 6d-Temp ist auf jeden Fall ein Teil der Lösung. All die kommenden Fahrzeuge werden einen Beitrag zur Luftreinhaltung leisten. Daher sehe ich gar keinen Grund, das Taxigewerbe in irgendeiner Art und Weise zu belasten. Die Sorgen muss man also relativieren.“ Zum Thema Umweltschutz im Verkehr ist sich Salomon sicher, dass das Taxigewerbe hier einen großen Beitrag leisten kann, weil ein sauberer Diesel bereits Teil der Lösung für saubere Luft ist. Im Bereich Dr. Norbert Salomon, Leiter der Grundsatzabteilung im Bundesverkehrsministerium des Klimaschutzes brauche man allerdings noch andere Lösungen. Hier geht es eindeutig, schon aus Kostengründen, in den Bereich der Elektromobilität. „Wenn wir im Bereich des Klimaschutzes vorankommen, kommen wir auch gleichzeitig im Bereich der Luftreinhaltung voran. Das hat eine hervorragende Synergie“. Die Fahrzeughersteller lobt und ermahnt Salomon in einem Satz: „Die sind schon ganz gut, aber das geht noch besser.“ Die Modellangebote müssten noch mehr in die Breite gehen und sie müssten vor allem Alternativen für das Taxi- und Mietwagengewerbe bereithalten. „Das erhöht die Sichtbarkeit und zeigt, dass es eine verlässliche Technologie ist. Man hat damit eine Vorreiterfunktion.“ jh FOTOS: Wilfried Hochfeld / Taxi Times 24 NOVEMBER/DEZEMBER/ 2018 TAXI

KOLUMNE ZEHN JAHRE VOR ROTEN AMPELN Wenn diese Kolumne erscheint, hab’ ich mein zehntes Jahr im Taxi voll. Ein Jahrzehnt. Fast so lange wie eine Berliner Flughafeneröffnung oder eine Runde um den Stadtring im Berufsverkehr. FOTO: stock.adobe.com Zehn Jahre – Zeit, endlich mal was über Ampeln zu schreiben, denn das wollte ich das erste Mal bereits vor mehr als sieben Jahren tun. Als mir auffiel, dass Taxifahrer immer wieder Haltelinien an Ampeln missachten, und ich stellte schnell fest, dass ich das auch tat. Meine Erklärung damals: Es ist, weil ich mir als Fahrer mit fremden Leuten im Auto, als professioneller Personenbeförderer, einfach angewöhnt habe, möglichst wenig unangenehme Bremsmanöver zu machen und lieber so eine Linie Linie sein lasse – zumindest, wenn an der Stelle kein Blitzer steht oder Fußgänger geht. Ich weiß nicht, ob das auch die Begründung aller Kollegen wäre, aber ich glaube ja an das Gute im Menschen. Und da man ständig mit diesen Biestern zu tun hat, ist mir noch mehr eingefallen: Zum Beispiel, wie ich Ampelphasen kennengelernt habe. Wie man wo bei welcher Geschwindigkeit noch durchkommt, wo man sowieso halten muss. Man kommt sich manchmal wie ein Alien vor, wenn man gemütlich ausrollend dabei zusieht, wie andere Verkehrsteilnehmer so aufs Gas einhämmern, dass der Sprit, ohne überhaupt noch verbrannt zu werden, hinten rausgedrückt wird, und das, obwohl es nicht klappen kann, die Ampel vorne hinter der Kurve noch bei Grün zu kriegen, weil die bereits seit einer Sekunde rot ist. Weiß man doch! Klappt natürlich leider nicht für’s ganze Stadtgebiet. Im Schnitt liegt man doch so oft falsch, dass man nicht versuchen sollte, damit Eindruck zu schinden. Dann: dass Touristen aus dem Ausland fast immer Lampe statt Ampel sagen und sie damit trotz richtiger Buchstaben falsch und eigentlich dann doch wieder fast korrekt liegen. Ich wollte das unbedingt mal erwähnen. Und noch irgendwas mit der Wartezeitunterdrückung. Das müsste mal ein Kollege aus der Tagschicht erzählen. Was Persönliches: Obwohl die einzigen meiner Punkte während des Taxifahrens einem angeblichen Rotlichtverstoß vor Urzeiten entsprangen – gefühlt gibt es im Unterschied zu Fußgängern und Radlern kaum Leute, die das im Auto absichtlich machen. Und die, die's tun, sitzen dann hinten im Taxi und erklären, dass sie da „natürlich noch rübergefahren“ wären. So einen Spezialisten hatte ich dann letztens wieder. Hatte es eh ein wenig eilig, dafür dass es zwei Uhr nachts war und er eigentlich bereits alle Bier intus hatte, die er an diesem Abend hätte trinken sollen. Und wir stehen an einer vierspurigen Kreuzung, die Rotphase dauerte etwas länger, weil aus beiden Richtungen auch noch eine Straßenbahn durch musste. „Weeßte, ick wär da jetz' flink durchjewuselt.“ – „Schlechte Idee.“ – „Nee, jetz' nix Idee, is ja jut Platz jewesen.“ – „Warum fahren Sie eigentlich nicht selbst?“ – „Ick darf nimma. Wejen so'n Zwischenfall, vastehste?“ Verstehe. Am Ende wird man die Teile nie mögen, sie werden einfach zu oft rot. Wobei ich da noch eine interessante Idee seitens eines sehr kleinen Fahrgastes habe: Der mutmaßte nach langem, langem Blick auf die ratternde Uhr, das Taxameter zähle wohl immer 20 Cent dazu, wenn das Auto unter einer Ampel durchfahre. Zuzüglich zum bisherigen Tarif scheint mir das eine gute Idee zu sein. sash Der Autor Sascha Bors betreibt als Sash einen eigenen Taxiblog, hat sich aber vor kurzem in die Elternzeit verabschiedet. Wir wünschen eine tolle Zeit mit dem neuen Erdenbürger! TAXI NOVEMBER/ DEZEMBER/2018 25

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