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Taxi Times Berlin - Februar 2018

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TARIF VOM WEG ABGEKOMMEN

TARIF VOM WEG ABGEKOMMEN Die jetzt angedachte Tariferhöhung ist wirtschaftlich notwendig, aber gesellschaftspolitisch kaum noch tragbar. Es wird Zeit für eine Grundsatzdebatte. Wer ist schuld an den steigenden Taxi-Preisen? Bekommen Taxiunternehmer den Hals nicht voll? Ist der Mindestlohn schuld? Oder soll das Taxi mehr und mehr zum Luxusgut werden? Und was haben die zuständigen Behörden damit zu tun, dass Taxifahren wieder teurer werden soll? Letztere Frage soll nicht etwa klären, wer die Preise festsetzt, sondern hinterfragt die von Politik und Behörden zu verantwortenden Rahmenbedingungen, unter denen sich kaum noch ein anderer Ausweg finden lässt. Durch ein kürzlich in Kraft getretenes Verbot (siehe Seite 5) darf der Kreditkarten-Zuschlag von 1,50 Euro nicht länger erhoben werden. Deshalb muss die Fahrpreisverordnung geändert und dieser Zuschlag gestrichen werden. Die Kosten für bargeldlose Zahlungen sollen künftig die Unternehmer tragen. Da seit der letzten Fahrpreiserhöhung auch der Mindestlohn erhöht wurde und im nächsten Jahr erneut steigen soll, scheint es schlüssige Argumente für die jetzt geplante Tariferhöhung zu geben. Trotzdem wurde eine Tariferhöhung unter Unternehmern und Fahrern selten so kontrovers diskutiert wie diesmal. Die wenigsten scheinen höhere Preise zu wollen, stehen aber unter enormem Druck, den Umsatz zu steigern. Die Ursache liegt bei Politik und Behörden. Wenigstens der Mindestlohn muss bezahlt werden können, ohne dass die Unternehmer drauflegen müssen. Aber warum ist die Situation so, wie sie ist? Die Ursache der Misere liegt in einem anhaltenden Politik- und Behördenversagen. Der Spar-Wahn des Senats hat die Berliner Behörden nahezu arbeitsunfähig gemacht. So konnte sich im Taxigewerbe eine Mafia entwickeln, in der im großen Stil Schwarzarbeit etabliert wurde und wo von Steuerhinterziehung über Sozialbetrug bis hin zur Geldwäsche alles sorglos machbar war und ist. Die große Mehrheit der Betriebe, die steuerehrlich arbeiten, ist dadurch zunehmend unter Druck geraten. Sie können kein Fahrpersonal mehr finden, da einerseits die „Anderen“ durch das „Einsparen“ von Steuern und Sozialabgaben höhere „Schwarz“- Löhne zahlen, andererseits kaum noch ein Gutgewillter Taxifahrer werden will, da die gesamte Branche durch die Machenschaften einer kleinen, kriminellen Clique in Verruf geraten ist. Hinzu kommt, dass sich die kriminellen Betriebe massiv vermehrt haben bzw. immer mehr Taxis betreiben. Ihre Autos sind gut besetzt und ihre Fahrer sind pro Schicht oft zwölf Stunden und mehr unterwegs. Die FOTO: Adobe Stock, MONTAGE: Stanislav Statsenko / Axel Rühle, Taxi Times 6 FEBRUAR/MÄRZ 2018 TAXI

TARIF Fahrer der ordentlichen Betriebe, die sich an die Arbeitszeitgesetze halten, können angesichts dieser Konkurrenz kaum noch den für den Mindestlohn notwendigen Stundenumsatz erzielen. Nach jahrelangen, vergeblichen Versuchen der Gewerbevertreter, Politik und Behörden für die Situation zu sensibilisieren, wurden vor etwa zehn Jahren durch die Einführung des „Hamburger Modells“ erste Hoffnungen geweckt, es könne sich etwas bessern. Doch es kam nur noch schlimmer. FOTOS: Taxi Times EIN ZAHNLOSER TIGER Ein im September 2008 von Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und der Senatsverwaltung für Finanzen gemeinsam verfasstes Schreiben an alle Taxiunternehmer wurde, ganz entgegen der eigentlichen Absicht, regelrecht zum Freibrief für Betrug. Von da an mussten nur noch die Summen der Total- und Besetzt-Kilometer, nur noch die Anzahl der Touren und die Summe der Einnahmen nachgewiesen werden, nicht mehr die Abfahrts- und Rückkehrstände des Taxameters. Das Betrügen war noch einfacher gemacht worden. Letztlich setzten die Ehrlichen ihre ganze Hoffnung in die Einführung des sogenannten Immer mehr fragwürdige Taxi- und Mietwagenbetreiber machen es den Ehrlichen schwer. Fiskaltaxameters ab 1.1.2017. Unverfälschbar erfasste Umsatz- und Fahrdaten sollten für alle Unternehmen Chancengleichheit schaffen, wodurch der Abbau von ca. 2.000 Genehmigungen erwartet wurde. Doch wieder fehlt dem Gesetzgeber und den Behörden jede Konsequenz. Bis heute sind längst noch nicht alle Taxis mit dem vorgeschriebenen Fiskaltaxameter ausgerüstet. Bis Juli 2017 wurden Genehmigungen noch ohne den Nachweis eines Fiskaltaxameters verlängert. Und bei den Einbauten wurden die unterschiedlichsten technischen Lösungen akzeptiert, was das Überprüfen der Daten, insbesondere der Sicherheit der Daten vor nicht nachvollziehbaren, nach der Datenaufzeichnung vorgenommenen Manipulationen, wieder deutlich schwieriger macht (siehe Beitrag auf Seite 9). Jeder Einbau eines Fiskaltaxameters wird direkt von der Werkstatt an das LABO gemeldet. Dort ist also jedes Taxi ohne Fiskaltaxameter eindeutig identifiziert. Warum wurden deren Genehmigungen nicht längst FOTO: Stanislav Statsenko / Taxi Times TAXI FEBRUAR/MÄRZ 2018 7

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