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Taxi Times Berlin - Oktober 2015

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MESSE MESSE MIT PFEIFE

MESSE MESSE MIT PFEIFE UND TASCHEN- LAMPE Trotz eindeutigem Hinweisschild biegt dieser Kollege über den durchgezogenen Strich nach links ab. Boto Töpfer, Verantwortlicher des Taxi-Leit stellendienstes. Es ist Sonntag, 17.00 Uhr am Messedamm in Berlin. Vor der Halle 9 steht seit zwei Stunden Boto Töpfer. Boto ist Taxiunternehmer und Vorstandsmitglied des Taxi Verbands Berlin Brandenburg. Heute allerdings übt er eine andere Funktion aus. Er fungiert als Verantwortlicher des Messe- Leitstellendienstes. Er und seine Kollegen sorgen dafür, dass während großer Messen an fünf von sechs Taxiplätzen beim Ein- und Ausstieg der Fahrgäste alles reibungslos verläuft. Heute ist Tag drei der Internationalen Funkausstellung (IFA). Diese Ausstellung lockt jedes Jahr 1 650 Aussteller und knapp 250 000 Besucher an. 17.10 Uhr Boto trägt eine auffällige gelbe Warnweste, um seinen Hals hängt eine Pfeife, in die er so kräftig reinpfeift, als würde er ein Spiel der Hertha leiten. Doch mit Fußball hat Boto heute nichts am Hut, sein Pfiff gilt dem Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma, der etwa 50 Meter entfernt an der Einfahrt zur Halle 9 steht und nun am Messedamm auf die Straße tritt, um die dort vorbeifahrenden Taxis abzuwinken. Vier Taxis, wie von Boto angezeigt, werden in die Vorfahrtsspur zum Ausgang der Halle 9 geschleust. Viele wundern sich, dass hier ein Taxihalteplatz ist. „Es war der ausdrückliche Wunsch der Messe, dass während der IFA auch an der Halle 9 ein Taxistand eingerichtet wird“, erzählt uns Boto, während er per Pfiff die nächsten Fahrzeuge anfordert. 17.20 Uhr Die Taxihalte lohnt sich an dieser Stelle, permanent kommen Besucher aus der Halle 9 und steigen bei den wartenden Kollegen ein. Ein großes Stopp-Plakat zeigt an, wo das erste Taxi warten soll, etwa 30 Meter rechts vom Ausgang. Das Gelände hat »Warum holst du uns hier herein, wenn es keine Fahrgäste gibt?« Die innere Unruhe erscheint einem Kollegen endlos Bei der Internationalen Funkausstellung gab es erstmals auch an der Halle 9 eine Taxihalte. Ein Bericht über die Arbeit des Taxi-Leitstellendienstes am Messe damm. an dieser Stelle zwei Spuren, eine davon gehört nun ausschließlich den wartenden Taxis. Auf der zweiten Spur fahren Messe- Shuttlebusse oder auch mal der Rettungswagen. Das Problem: Diese etwa 80 Meter lange Spur muss in beide Richtungen befahrbar sein. Sieben Mitarbeiter eines Sicherheitsunternehmens sorgen dafür, dass keine Fahrzeuge gleichzeitig aus verschiedenen Richtungen einfahren. Sie kümmern sich darum, dass Messebesucher den Zebrastreifen ungehindert passieren können. Und sie helfen Boto bei seiner Arbeit, indem einer von ihnen von der Straße die Taxis hereinwinkt. Ein Pfiff, Boto reckt beide Hände in die Höhe und nur zwei Minuten später stehen zehn Taxis in der Schlange. 17.25 Uhr Beim Kollegen sind eben zwei Fahrgäste wieder ausgestiegen. Sie wollten mit Kreditkarte bezahlen, der Kollege hat das abgelehnt. Boto weist den Fahrer freundlich auf die mittlerweile geltende gesetzliche Pflicht zur Annahme von Kreditkarten hin. Wer das nicht kann, darf sich auf keinem Halteplatz bereitstellen, sagt die Siebente Verordnung, die seit dem 8. Mai gültig ist. Folgerichtig muss der Kollege den Halteplatz vor Halle 9 ohne Fahrgäste verlassen. „Das setzen wir an allen Messeplätzen konsequent durch“, berichtet Boto. 17.32 Uhr Das ist Pech für die eben eingefahrenen Kollegen. Seit vier Minuten ist kein Fahrgast mehr erschienen. Jetzt ist Boto in Erklärungsnot: „Warum holst du uns hier herein, wenn es keine Fahrgäste gibt?“ Die Kollegen waren auf dem Weg Richtung Ausgang Süd und sind natürlich überzeugt, dass ihnen dort Fahrgäste ohne Wartezeit zugestiegen wären. „Meine Aufgabe ist es, es allen recht zu machen“, erzählt Boto, „dem Fahrgast, der – müde nach FOTO: Taxi Times FOTOS: Taxi Times Am Messedamm werden die Taxis vor die Halle 9 gelotst. einem langen Messetag – schnell ein Taxi bekommen soll, und dem Fahrer, der für diesen Fall schon parat stehen muss – aber möglichst nicht allzu lange.“ 17.36 Uhr Der motzende Kollege ist nun der Erste und bekommt einen Fahrgast. „Alles gut?“, fragt Boto. „Alles gut.“ Der Kollege ist schon wieder versöhnt. Wie so oft ist die innere Unruhe, die einen während einer Wartezeit beschleicht, in dem Moment verflogen, sobald ein Fahrgast einsteigt. Erst recht, wenn es dann auch noch eine lukrative Fahrt wird. 17.44 Uhr Kaum ein Taxi, das hereingewinkt wird, muss mittlerweile länger als drei Minuten warten. Die meisten Fahrten gehen in Richtung Mitte. Doch bei der Ausfahrt aus Halle 9 kann man nur rechts fahren, der sechsspurige Messedamm hat in der Mitte eine – kurz vor der IFA frisch nachgemalte – durchgezogene Linie. Die Zentrale Taxi Berlin, die seit Beginn des Jahres für den Leitstellendienst verantwortlich ist und diese Aufgabe gemeinsam mit allen Berliner Verbänden und Zentralen erledigt, hat dafür extra an der Ausfahrt ein großes Schild anbringen lassen. Dort steht: „Zufahrt Kaiserdamm, Neue Kantstraße und Kurfürstendamm über Avus- Nordkurve“. Dazu ein Pfeil, der unübersehbar nach rechts deutet. 17.49 Uhr Nicht alle scheinen den Hinweis gelesen zu haben. Von zehn Taxis, die das Gelände verlassen, biegen sieben sofort nach links ab und sorgen damit für teils massive Behinderungen. Zum einen, indem die Kollegen hinter ihnen auch nicht weiterkommen, weil es lange dauert, bis endlich alle sechs Spuren frei sind für das gewagte Linksabbiegemanöver. Zum anderen, weil manche zunächst einmal rausfahren und zwei von drei Spuren in Richtung Messe Süd blockieren, bis sie sich endlich auf der richtigen Fahrspur einordnen können. Gut, dass die Polizei an dieser Stelle nichts aufgeschrieben hat. 18.01 Uhr Vor einer Minute ertönte aus den Lautsprechern der Messehalle, dass die IFA nun für heute beendet ist. Plötzlich warten 20 bis 25 Personen vor Halle 9 auf ein Taxi. Boto wechselt seinen Arbeitsplatz und sein Arbeitsmaterial. Er steht jetzt gemeinsam mit dem Sicherheitskollegen an der Straße und winkt die Taxis in die Einfahrt. In der rechten Hand blinkt er mit einer Taschenlampe, dadurch sehen ihn die Kollegen noch besser. 18.05 Uhr Ununterbrochen fahren nun Taxis vor die Halle 9. Der Einstieg wurde mittlerweile unmittelbar vor den Hallenausgang vorverlegt, damit die wartenden Fahrgäste nicht im Nieselregen stehen müssen. 18.07 Uhr Wieder bekommt Boto tatkräftige Unterstützung von den Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes. Vor allem Ümit Bakir zeigt sein wahres Organisationstalent. Er sorgt dafür, dass die wartenden Messebesucher korrekt in einer Schlange anstehen und hält sie mit markigen Sprüchen bei Laune. Ein Job, den auch Boto immer wieder übernimmt, vor allem dann, wenn er am Messe eingang Süd eingeteilt ist. Dort warten zum Ende einer großen Messe auch mal 200 bis 500 Fahrgäste auf ein Taxi. Und sie warten sehr lange, denn die Kollegen verlieren bei der Anfahrt wertvolle Zeit, weil sie am Messedamm und in allen anderen Zufahrtsstraßen im Stau stecken. 18.10 Uhr Boto hat wieder sechs Taxis vor die Halle 9 gelotst, darunter auch zwei Großraumtaxis. Ümit macht seinen Job wirklich hervorragend. Er schickt nicht einfach die Gäste in der Reihenfolge der Schlange zu den Taxis, sondern fragt ab, ob denn 10 TAXI OKTOBER / 2015 11

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