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Taxi Times DACH - 3. Quartal 2023

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TAXIDEMO Ländern zu der

TAXIDEMO Ländern zu der Zeit tagten. Ob sie von der ohrenbetäubenden Begrüßung mit Hunderten Trillerpfeifen etwas mitbekamen, ist nicht bekannt. Die Passanten waren zumindest beeindruckt. Auf dem Heumarkt war durch den TAXI RUF Köln unter Mitwirkung von BVTM-Geschäftsführer Michael Oppermann und Referentin Svenja Lange-Wilde die Bühne quasi unter dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal aufgebaut worden. Organisator Aleksandar Dragicevic hielt eine eindringliche und temperamentvolle Ansprache über Grund und Zweck der Demo. Er wandte sich nicht nur an die Verkehrsminister, sondern auch an Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Ein Jahr lang, so Dragicevic, habe man jetzt mit „diesen Leuten“ vergeblich verhandelt, und das gehe so nun nicht mehr weiter. Sollte sich nicht „schnellstmöglich“ etwas bewegen, sei es das letzte Mal, dass man sich beim Protest bemühe, „die Abläufe“ nicht zu stören. Man selbst zahle Steuern und handele gesetzeskonform, werde aber von der Politik einem „völlig unfairen Wettbewerb mit Dumping-Preisen“ ausgesetzt. Dabei sei es laut Bundesrecht nicht die Aufgabe des Taxigewerbes, sondern die der Politik, eine Existenzgefährdung der Branche zu verhindern. Dazu habe man sogar Anleitungen und Rechtsgutachten geliefert. Oppermann stellte in seiner ausführlichen Rede fest, dass Uber seit nunmehr sieben Jahren am deutschen Markt ist – „sieben harte Jahre, Jahre des Kampfes für das Taxigewerbe“, der auch in Köln hart ausgefochten werde. Die Manager im Silicon Valley hätten bei ihrer Kalkulation das Rückgrat der ehrlichen Unternehmer nicht eingerechnet. Nach wie vor stehe viel auf dem Spiel: Das Taxigewerbe sei Teil der Daseinsvorsorge und Mobilitätsgarantie für jedermann. Es sei der Job des Taxis, den Geschäftsmann zum Flughafen, die „Oma zum Arzt“, die schwangere Frau zur Entbindung und hinterher die Familie nach Hause zu fahren – Selbstverständlichkeiten, auf die man vor dem Markteinfall von Uber gar nicht hinweisen musste. Mit Blick auf die Mobilitätswende und den modernen Stadtumbau sagte Oppermann: „Wenn wir das Taxi nicht hätten, wir würden es heute erfinden – für die Herausforderungen der Mobilitätswende. […] Wahrscheinlich würde irgendein grüner Politiker sagen: ‚Warum haben wir das noch nicht alles?‘ Wir brauchen das Taxi für die Herausforderungen der Zukunft. Wir brauchen es auch morgen noch.“ Er kam noch einmal zurück auf Uber, „stellvertretend für alle Plattformen, die taxiähnlichen Verkehr machen wollen ohne diese lästigen Pflichten“ der Taxifahrer und -unternehmer“. Seit 2016 sei Uber am Markt, breche seitdem permanent das Gesetz, werde verurteilt – auch der TAXI RUF Köln habe mehrmals gewonnen – und verbrenne Geld, doch all das sei Uber völlig egal, und das müsse enden. Die Aussage auf den Mietwagentüren, Uber sei kein Beförderer, sondern nur Fahrtenvermittler sei – durch Gerichtsurteile bestätigt – eine Lüge. Uber wolle nur für nichts Verantwortung übernehmen, und die Aussage könne ebenso gut lauten: „Wir waren’s nicht und ihr könnt uns alle mal.“ PREKÄRE ARBEITSVERHÄLTNISSE Das Erfolgsgeheimnis von Uber & Co. sei Sozialdumping, und mit dem Kampf dagegen verteidige man zum einen das Taxi, zum anderen auch die guten Arbeitsbedingungen der Fahrer, denn Uber verwandele sozialversicherungspflichtige Jobs in prekäre Beschäftigungsverhältnisse am Rande oder außerhalb der Legalität. Er zitierte einen Vertreter des Zolls: Zu einem Drittel werde legal gearbeitet, zu einem Drittel würden Leistungen vom Jobcenter bezogen und zu einem Drittel werde völlig schwarzgearbeitet. „Zumindest die zwei letzten Punkte kann ich bestätigen.“ In Kombination mit der Umgehung von Steuern, Sozialabgaben und Ver- FOTOS: Taxi Times Aleksandar Dragicevic, Vorstand TAXI RUF Köln eG, Michael Oppermann, Geschäftsführer Bundesverband Taxi und Mietwagen (BVTM), Denis Radtke, CDU-Europaabgeordeter 6 OKTOBER 2023 TAXI

TAXIDEMO sicherung sei es nicht überraschend, Dumpingpreise anbieten zu können, um erst das Taxi zu „töten“ und dann, wenn es tot sei und man ein Monopol habe, abzukassieren. Dieses Prinzip müsse man durchbrechen. „Deswegen fordern wir: Stoppt das Sozial dumping von Uber & Co., wir wollen Mindestpreise jetzt und fairen Wettbewerb für unsere Kolleginnen und Kollegen!“ Oppermann erinnerte daran, dass die Politiker – darunter mehrere der Minister, die zeitgleich im Hotel Maritim tagten – beim Entwurf der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes einen faireren Wettbewerb ohne Dumping versprochen hätten. Passiert sei nichts. Er forderte, dass diese Versprechen endlich eingelöst werden. Ein einfaches Mittel dafür, sowohl in der Umsetzung als auch in der Kontrolle, seien Mindestpreise für Mietwagenfahrten. „Macht das jetzt! Morgen ist es vielleicht zu spät!“ Schließlich trat der CDU-Europaabgeordete Dennis Radtke auf die Bühne. Oppermann hatte ihn im Vorfeld als „wichtigen Fürsprecher einer konsequenten Plattformregulierung auf der EU- Ebene und zuständigen Berichterstatter“ angekündigt. Radtke knüpfte mit seiner volksnahen Art („Danke, dass ihr alle gekommen seid und diese Aktion auf die Beine stellt“) schnell einen Draht zu den Zuhörern. Es werde „allerhöchste Zeit, dass wir unsere Stimme erheben, um Ordnung in den ganzen Laden zu bringen“. Er unterstütze die Forderung nach Mindestpreisen für Mietwagen. Das Gesetz biete diese Möglichkeit, und jede Kommune könne sie umsetzen. Er habe keine Lust, zehn, zwanzig Jahre zu warten, bis auch die letzte Kommune in Deutschland dies endlich umgesetzt habe, „sondern wir müssen jetzt Ordnung in den Markt bringen“. Es war nur eine von vielen Aussagen, für die Radtke lautstarken Beifall erhielt. Deshalb sei es ihm wichtig, auf europäischer Ebene zu Ergebnissen bei der Regulierung von Plattformarbeit zu kommen. Der „Kampf Taxi vs. Uber“ sei dabei nur ein Aspekt. Es gehe um Milliardenkonzerne und 28 Millionen Plattformarbeiter, von denen nach EU-Schätzungen fünf Millionen „als Scheinselbstständige unterwegs sind, und das ist eine Riesen-Sauerei, die einfach aufhören muss“. Das EU-Parlament habe im vorletzten Frühjahr mit einem Initiativbericht die Europäische Kommission aufgefordert, „endlich Regulierungsvorschläge für die Plattformarbeit zu unterbreiten“. Dieser Vorschlag liege auf dem Tisch und die Parlamentarier verhandelten nun mit dem Europäischen Rat und der Kommission darüber. Eines der Kernelemente sei eine Beweislastumkehr bei der Einstufung von Plattformarbeitern als Selbstständige, da Uber mit den besten und teuersten Anwälten nahezu jeden Rechtsstreit bis in die letzte Instanz aussitzen könne. Wettbewerb dürfe aber nicht über die Frage stattfinden, wer seine Arbeiter am klügsten ausbeute und Gesetzeslücken am schlauesten nutze, sondern über Qualität und Innovation. Der Lobbyeinfluss von Uber zur Zerstörung einer Marktregulierung habe in den letzten Monaten geradezu grenzüberschreitende Maße angenommen. Er habe nichts gegen legitime Lobbyarbeit einzuwenden, auch Oppermann sei ein bezahlter Vertreter einer Interessengemeinschaft, aber Lobbyarbeit müsse auch Grenzen haben. Ubers Vorgehen charakterisierte er mit Attributen wie abenteuerlich und teuflisch. Es seien „die irrsten Geschichten“ und Untergangsszenarien in die Welt gesetzt worden, auch um andere Parlamentarier gegen Leute wie Radtke aufzuhetzen. Er sprach von „widerlichen Argumenten“, die ihm geradezu die Schuhe ausgezogen hätten: Die Zerstörung des Geschäftsmodells von Uber vernichte doch unzählige Arbeitsplätze, die man dringend für Flüchtlinge bräuchte. Dem widersprach Radtke mit unversöhnlichen Worten: „Geschäftsmodelle, die am Ende nur funktionieren, weil man die Beschäftigten […] um den Zugang zu Mindestlohn und den Zugang zur Sozialversicherung bescheißt, solche Geschäftsmodelle braucht niemand – weder für Flüchtlinge, noch für andere Migranten, noch für Biodeutsche.“ Radtke beklagte sich auch über fehlende Unterstützung durch die Bundesregierung. Die Koalition in Berlin sei sich nicht einig; die FDP blockiere. Von einem Bundeskanzler, der seinen Wahlkampf auf dem Wort Respekt aufgebaut habe, erwarte er Klartext gegenüber seinen Koalitionspartnern und auch Respekt für diejenigen, die Taxi fahren. ABSCHLUSS MIT PFEIFFKONZERT Anschließend ging der Fußmarsch auf gleichem Wege zurück zu den Taxis, wobei am Hotel Maritim erneut eine Begrüßung der Verkehrsminister in Form eines lautstarken Pfeifkonzerts erfolgte. Abgesehen von einigen Unstimmigkeiten mit der Polizei war Aleksandar Dragicevic mit der Demonstration und dem anschließenden Taxikorso voll zufrieden und bezeichnete die Veranstaltung gegenüber Taxi Times als Erfolg. Ausdrücklich lobte er nicht nur die gute Lobbyarbeit von Oppermann und den Verbandskollegen, sondern auch das Engagement Radtkes. ar TAXI OKTOBER 2023 7

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