Aufrufe
vor 2 Jahren

Taxi Times München - 2. Quartal 2021

PBEFG-NOVELLE GLEICHE

PBEFG-NOVELLE GLEICHE CHANCEN BEI DER FAHRERSUCHE Ab 2. August entfällt im PBefG die Pflicht für Taxifahrer, eine Fachkunde nachweisen zu müssen. Das wird von einigen betrauert, stoppt aber die bisherige Wettbewerbsverzerrung. Das neue Personenbeförderungsgesetz (PBefG) wird in zahlreichen Punkten verändert, unter anderem bei den Voraussetzungen zur Erlangung des Personenbeförderungsscheins (P-Schein). Künftig sollen Neubewerber nur dann einen Personenbeförderungsschein für Taxis, Mietwagen oder Gebündelten Bedarfsverkehr (GBV = Pooling) von der Behörde ausgestellt bekommen, wenn sie eine Fachkunde nachweisen. Im Gegenzug entfällt der Nachweis einer Ortskundeprüfung. Sie galt sowieso nur noch für Taxifahrer, nachdem man die Ortskunde für Mietwagen- und Krankenwagenfahrer 2016 aufgehoben hatte. Die neue Regelung tritt am 2. August 2021 in Kraft. Bis dahin gelten noch die „alten“ Bedingungen. ES GILT EIN ÜBERGANGSRECHT Wer eine Erlaubnis zum Taxifahren beantragen möchte, muss unter anderem den Nachweis einer erfolgreich absolvierten Ortskundeprüfung erbringen. Für die aktiven Taxi- und Mietwagenfahrer greift das sogenannte Übergangsrecht. Bisher erteilte Erlaubnisse bleiben gültig. Auch bei einer turnusmäßigen Verlängerung wird kein Fachkundenachweis verlangt. Ein bisheriger Mietwagenfahrer kann dann allerdings nicht automatisch Taxi fahren. Der Fahrer oder die Fahrerin müssen bei der Behörde eine Erweiterung der bisherigen Erlaubnis auf Taxi beantragen. Dagegen dürfen Taxiund Mietwagenfahrer auch als Fahrer*in im neu geschaffenen gebündelten Bedarfsverkehr (GBV) und im Linienbedarfsverkehr mit Pkw eingesetzt werden. Eine Vorbereitung auf die Fachkundeprüfung ist aktuell nicht möglich, denn im Moment steht noch nicht einmal fest, ob überhaupt eine Prüfung vorgeschrieben wird und wenn ja, ob diese dann von der Kommune, der IHK, dem TÜV oder einer anderen Institution durchgeführt wird. DAS AUS FÜR INSIKA 2 Während die PBefG-Novelle unter großer medialer Aufmerksamkeit verabschiedet wurde, hat im Mai 8,20 ein weiteres Gesetz eher still und leise den Bundestag passiert. Novelliert wurde die seit 2017 gültige Kassensicherungs- Verordnung (KassenSichV). Sie definiert die technischen Anforderungen an elektronische Aufzeichnungs- und Sicherungssysteme im Geschäftsverkehr und stellt sicher, dass die von elektronischen Kassen erzeugten digitalen Grundaufzeichnungen durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung geschützt werden müssen. Bisher waren Taxameter und Wegstreckenzähler von der KassenSichV ausdrücklich ausgenommen, jetzt werden in den neu aufgenommenen Paragrafen 6a und 6b die Anforderungen genau definiert. Diese müssen Taxameter und Wegstreckenzähler spätestens bis 1. Januar 2024 erfüllen. Eine um zwei Jahre längere Übergangsfrist wird allen Taxametern gewährt, die mit dem INSIKA-System ausgestattet sind. Damit ist klar, dass INSIKA zum Auslaufmodell wird. Taxi Times hat in mehreren Beiträgen über die Novelle berichtet, ebenso über die Kritik der Taxiverbände an der Ausarbeitung. jh Bundestag beschließt KassenSichV nachts um 0.50 Uhr. FOTOS: Adobe Stock / tournee (2), Adobe Stock / Cello Armstrong 12 2. QUARTAL 2021 TAXI

PBEFG-NOVELLE Ohne Prüfung würden wiederum nur die Kursbesuche derjenigen Schulungsorganisationen anerkannt, die über ein entsprechendes Zertifikat verfügen. Für viele der aktuell existierenden Taxischulen würde das bedeuten, dass sie sich zertifizieren lassen müssen. Das ist ein aufwendiges Verfahren. Der Bundesverband Taxi- und Mietwagen e. V. (BVTM) spricht sich unter anderem auch deshalb für eine elektronische Prüfung aus, die zum Beispiel von der IHK abgenommen werden könnte. Der TVM, der sein Engagement seit Neuestem auf ganz Bayern erstreckt, spricht sich aus regionaler Sicht gegen die IHK als Prüfinstanz aus (siehe Seite 14). Zu den geplanten Inhalten der Fachkunde (die dann wahrscheinlich auch bundeseinheitlich definiert werden) finden sich im Gesetz nur sehr wenige und spärliche Angaben. Abgedeckt werden sollen mit der Fachkunde vor allen Dingen Aspekte der Verkehrssicherheit, weshalb künftige Taxi-, Mietwagen- und GBV-Fahrer Kenntnisse über Unfallverhütungsvorschriften, besondere Kindersicherungspflichten und Überfallsicherheit haben sollen. Die Qualifikationsnachweise sollen zudem praxisorientierte Inhalte haben und keine allzu hohen Anforderungen aufweisen. Das ist auch im Interesse der Branche: „Das Taxi- und Mietwagengewerbe steht bei der Personalgewinnung in Konkurrenz zu anderen Branchen und wir sollten uns davor hüten, für den Berufszugang zu hohe Anforderungen zu stellen“, macht Präsident Herwig Kollar die Haltung des Bundesverbands Taxi- und Mietwagen e. V. (BVTM) deutlich. INHALT WIRD NOCH BERATEN Mit der Ausarbeitung eines entsprechenden Anforderungskatalogs beschäftigt sich zurzeit das Bundesverkehrsministerium. Der Taxi- und Mietwagenverband TMV, der vor Kurzem gegründet wurde, hat hier bereits Vorschläge unterbreitet. Der Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. hat seine Vorschläge mit Mitarbeitern des Verkehrsministeriums erörtert. Sie orientieren sich an den Ausführungen, welche der Verband schon vor vielen Jahren als sogenannte „Kleine Fachkunde“ der Politik vorgelegt hatte. Falls bis zum Stichtag 2. August die Inhalte der Fachkunde nicht festgelegt wurden, gibt es für die nach Landesrecht zuständigen Behörden die Möglichkeit, unter Anwendung des § 74 FeV Ausnahmen von den Vorschriften zu erlassen, indem sie beispielsweise festlegen, dass ab 2. August bis 31. Dezember 2021 ein P-Schein auch ohne Nachweis einer Fachkunde ausgestellt werden darf. Diese Möglichkeit haben die Behörden übrigens bereits jetzt, weshalb es durchaus sein kann, dass beispielsweise die Münchner Führerscheinstelle auf Anweisung schon vor dem 2. August auf den Nachweis einer Ortskundeprüfung bei Antragstellung eines P-Scheins für Taxi verzichtet. In jedem Fall darf die Behörde ab 2. August aber keinen Ortskundenachweis mehr verlangen, denn die jetzige Rechtsgrundlage verfällt am 2. August. Bleibt zum Schluss noch das Fazit, ob der Wegfall der Ortskundeprüfung gut oder schlecht für das Taxigewerbe ist. Fakt ist: Egal, ob jemand als Taxi-, Free Now-, Uberoder Moiafahrer arbeiten will, für alle gilt künftig die gleiche Voraussetzung: der Nachweis einer Fachkunde. Somit sind die Zugangsvoraussetzungen wieder auf einem einheitlichen Level und der Wettbewerbsnachteil ist ausgemerzt, der für Taxiunternehmen bei der Fahrersuche seit dem Wegfall der Ortskundepflicht für Mietwagen entstanden war. jh TAXI 2. QUARTAL 2021 13

TaxiTimes München