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Taxi Times München - 2. Quartal 2021

TAXI-DEMO PROTEST AUF

TAXI-DEMO PROTEST AUF DER STRASSE Im März platzte den Taxi-Verantwortlichen der Kragen. Weil alle politischen Gespräche nichts brachten, organisierte man eine Taxi-Sternfahrt aus vier Himmelsrichtungen zur Theresienwiese. Rund 600 Taxis aus München und Bayern waren am frühen Nachmittag des 24. März auf der Theresienwiese zusammengekommen. Es war der Abschluss einer Sternfahrt aus vier Himmelsrichtungen. Ihre Hauptforderung: politische Solidarität mit einer Branche, die ihre gesellschaftliche Aufgabe der Daseinsvorsorge täglich erfüllt, aufgrund des Lockdowns in Dauerschleife allerdings seit Monaten existenzielle Umsatzeinbußen hinnehmen muss. „Rund 900 Taxikonzessionen wurden alleine seitens der Münchener Taxiunternehmen in den vergangenen Monaten gezwungenermaßen stillgestellt oder zurückgegeben“, hatten die Vertreter des Landesverbands Bayern, des Taxiverbands München sowie der beiden Taxizentralen IsarFunk und Taxi-München eG in einer gemeinsamen virtuellen Pressekonferenz wenige Stunden vor der Demo berichtet. 900 Taxis sind rund ein Drittel aller Münchner Taxis. Die noch verbleibenden Fahrer und Unternehmen sprechen von einem Umsatzeinbruch von annähernd 85 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren. „Das Taxi stirbt in der Pandemie“, sagte Florian Bachmann, Vorstand des Taxiverbands München e. V. Er kritisierte die Politik, der es am konkreten Willen zur »Das Taxi stirbt in der Pandemie.« Florian Bachmann, Vorstand des Taxiverbands München e. V. Unterstützung mangele. Für ausbleibende Fahrgäste erhalten Taxiunternehmen keinerlei Ausgleich, obwohl die Inhaber einer Taxikonzession zu einem funktionierenden Service rund um die Uhr verpflichtet sind. Auch wenn Businessfahrten oder Restaurantgäste ausbleiben, beanspruchen Betagte oder Behinderte den Service Taxi, müssen Krankenfahrten und Schülerfahrten stattfinden. „Der Service ist einerseits gesellschaftlich gewollt, andererseits fehlt jeglicher Ausgleich“, bemängelte Bachmann. Für die Taxivertreter ist nur schwer nachvollziehbar, warum manche Branchen massive finanzielle Unterstützung erhalten und andere nahezu leer ausgehen. „Überbrückungshilfen, vergleichbar mit Ladenmieten für geschlossene Geschäfte, Hotels oder Gastronomie, gibt es fürs Taxi nicht.“ Eine staatlich verordnete geschlossene oder reduzierte Gastronomie und Hotellerie sowie geschlossene Messehallen nehmen dem Taxigewerbe ohne jegliche Ausgleichszahlungen einen Großteil seines notwendigen Einkommens. „Der Taxiservice verschwindet leise, einfach als Kollateralschaden in der Pandemie. Wir alle verlieren scheinbar selbstverständliche Services, die wir als Daseinsfürsorge gewohnt sind“, verdeutlichte Thomas Kroker, Vorstand der Taxi-München eG. Kaum eine Branche vereinbart Tradition und Moderne so gut wie das Taxigewerbe. Das wurde auch bei der Sternfahrt sichtbar. Die Veranstalter Christian Hess, Thomas Kroker und Gregor Beiner (v. l.). Während also Lufthansa und andere Großkonzerne finanzielle Hilfen in Milliardenhöhe erhalten, die Gastro- und Hotelbranche zumindest größtenteils ihre Umsatzeinbußen erstattet bekommt, rutschen Taxiunternehmer durch das Hilfe- Raster. In der Pressekonferenz erläuterten die Taxi-Verantwortlichen, warum das so ist: „Taxifahrer sind häufig Kleinstunternehmer, der Betriebspflicht folgend oft mit ein oder zwei Angestellten. Zwar können Teile der Betriebe vorübergehend stillge- FOTOS: IsarFunk, Taxi Times, 22 2. QUARTAL 2021 TAXI

TAXI-DEMO Der Parkplatz am Münchner Messegelände war einer von vier Startpunkten der Sternfahrt. legt werden, wer aber an der Servicepflicht rund um die Uhr festhält, dem steht die Idee von Kurzarbeit entgegen. Dabei gilt grundsätzlich: Die Personalkosten werden nur zu 20 Prozent als Betriebsausgaben anerkannt.“ DER CORONA-TEUFELSKREIS Daraus ergibt sich dann ein Teufelskreis: „Sind die Mitarbeiter in Kurzarbeit, fährt nur noch der Chef selbst, um Behinderten-, Schüler- und Krankenfahrten aufrechtzuerhalten. Dabei ist das Fahrzeug der stärkste Kostenfaktor im Gewerbe. Da ein Taxi nur wirtschaftlich ist, wenn das Fahrzeug rund um die Uhr Erlöse einfährt, geben mehr und mehr Taxiunternehmer auf.“ All dies wurde der Politik in den zurückliegenden Monaten in zahlreichen Gesprächen verdeutlicht. Es wurden Vorschläge für direkte und indirekte Hilfen unterbreitet, Konzepte für die Durchführung und Abrechnung von Taxifahrten zu Impfzentren vorgelegt etc. Zu konkreten Maßnahmen führten diese Gespräche nicht. „Zwar befürworten alle politischen Die Botschaften der Sternfahrt. Gesprächspartner die vorgelegten Konzepte als gut und sinnvoll, doch für sozial solidarische Leistungen fehlt der politische Wille. In den Gesprächen skizziere stattdessen jeder die Verantwortung bei anderen: die Kommunen beim Bund, der Bund bei der Landesregierung und diese bei Kommunen“, so das traurige Fazit und der mit großem Kopfschütteln verbundene Vorwurf an die politisch Verantwortlichen. Konkret fordern die Verbände seit Monaten unter anderem einen Unternehmerlohn (finanzielle Hilfen für Unternehmer) für das Gewerbe in Form einer Ausgleichszahlung pro Konzession in Höhe von 3.000 Euro, die Übernahme der Fahrzeugfinanzierungskosten zu mehr als 50 Prozent, die Übernahme der Personalkosten, die durch die Betriebspflichten entstehen, sowie ein Gutscheinsystem für vulnerable Gruppen zur Nutzung des Taxis auf dem Weg zur Arbeit und für Fahrten auf dem Weg zu den Test- und Impfzentren. „Unser Gewerbe hat über Monate selbstlos gehandelt, als es galt, mit Freifahrten systemrelevante Berufsgruppen wie Ärzte und Ärztinnen, Krankenschwestern und Pfleger zu entlasten und zu unterstützen. Diese Solidarität würden wir uns seitens der Politik auch wünschen“, sagt Christian Hess, Geschäftsführer der IsarFunk Taxizentrale. Gregor Beiner vom Taxiverband München ergänzt: „Die Konzepte sind einfach: Wir erbringen eine bezahlte Leistung, die dem Allgemeinwohl zugutekommt und den Weg aus der Pandemie beschleunigt. Das spart sogar langfristig Kosten. Würde man solidarisch denken, könnte unser Gewerbe zum Nutzen vieler die Pandemie überstehen.“ jh WAS HAT DIE STERNFAHRT BEWIRKT? Gerne hätten wir an dieser Stelle über eine positive Reaktion seitens der Politik berichtet, doch auch nach der Sternfahrt war die Bayerische Staatsregierung nicht willens, dem Taxigewerbe zu helfen. Keine der Forderungen wurde erfüllt. Deshalb muss diese Spalte leider leer bleiben … Dr. J. Cichon Dr. Cichon & Partner* Rechtsanwaltskanzlei in München Neuhausen seit 1962 M. Werther* Fachanwältin: Verkehrsrecht Zivilrecht / Unfallschadenregulierung Tätigkeitsschwerpunkte S. v. Kummer* Fachanwalt: Familienrecht Sozialrecht / Erbrecht Dr. B. Schwerdt* Fachanwältin: Strafrecht Bußgeldsachen N. Nöker* Fachanwältin: Arbeitsrecht Verwaltungsrecht / Fahrerlaubnisrecht M. Wunderlich-Serban Fachanwältin: Mietrecht Privatinsolvenzen A. Friedmann Gewährleistungsrecht Reiserecht Johann-von-Werth-Straße 1, 80639 München, Tel.: 089 / 13 99 46-0, Fax: 089 /16 59 51 TAXI 2. QUARTAL 2021 23

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