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IM BLICK 2020

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10 Interview Sebastian

10 Interview Sebastian Schmid: Wir haben die ZöR im Vorwort zu Heft 1/2020 mit einem Ozeanriesen verglichen. Über die Jahrzehnte hat sich die Zeitschrift in Inhalt und Form etabliert. Für schnelle Wendungen ist sie nicht geeignet. Das ist auch gut so. Insofern wollen wir erst einmal den Kurs halten. Die bereits vorgenommenen und noch geplanten Neuerungen zielen vor allem darauf ab, die ZöR als modernes, innovationskräftiges Medium zu präsentieren. Es geht hier um die Online-Verfügbarkeit älterer Ausgaben und gezielte Sonderhefte zu aktuellen Themen. Dies alles ist letztlich vom Gedanken getragen, dass die ZöR für die österreichische Rechtswissenschaft identitätsstiftend ist und, wenn man so will, ein gemeinsames Gut darstellt. Unsere Aufgabe ist, ihr Gedeihen eine Zeit lang zu begleiten und zu fördern. Was ist die spezifische Rolle der Zeitschrift für öffentliches Recht im internationalen und österreichischen Diskurs? Jakab: Anders als vor 100 Jahren muss man heute, wenn man am internationalen Diskurs teilnehmen möchte, Beiträge auf Englisch veröffentlichen. Dementsprechend möchten wir auch die Zweisprachigkeit (Deutsch-Englisch) beibehalten und in der Zukunft sogar noch mehr internationale Beiträge in der ZöR sehen. Um dies zu erreichen, haben wir den internationalen Beirat stark erweitert. Wir haben auch initiiert, dass die ZöR bis zu ihrer Gründung 1914 vollständig digitalisiert und in der internationalen Datenbank HeinOnline zugänglich gemacht wird. Den deutschen Titel behalten wir so, wie er bisher war; um allerdings Eindeutigkeit im internationalen Verkehr zu schaffen, haben wir den englischen Titel um das Wort „Austrian“ ergänzt, also „Zeitschrift für öffentliches Recht – Austrian Journal of Public Law“. Schmid: Aus Sicht der österreichischen Rechtswissenschaft hat die ZöR sicherlich eine Sonderstellung dahingehend, dass sie Raum für Diskussionen über die Grundlagen des Rechts bietet. Wir sehen das aber nicht als Theorielastigkeit, vielmehr braucht es dieses Wissen über die Grundlagen des Rechts, um die in der Praxis aufkommenden Detailfragen beantworten zu können. Wir sehen die ZöR als Medium für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Praktikerinnen und Praktiker. Was sind die Pläne, die Sie seit Beginn Ihrer Herausgeberschaft mit der Zeitschrift für öffentliches Recht verfolgen? Schmid: Einiges davon haben wir bereits genannt, etwa die weitere Digitalisierung älterer Jahrgänge oder die Stärkung der internationalen Ausrichtung. Weiters haben wir am Review-Prozess gefeilt. Der Fokus ist nun gezielter darauf gerichtet, dass durch die Begutachtung eines Beitrags dessen Qualität gesteigert wird. Der Review-Prozess soll ein positives Verfahren mit konstruktiven Verbesserungsvorschlägen und Anregungen sein und kein Richten über andere. Die Verantwortung für die Veröffentlichung eines Beitrags liegt allein bei den Herausgebern. Jakab: Wir planen in Zukunft eine Reihe an Sonderheften. Das jüngste Beispiel ist jenes zum Thema „Aktuelle Herausforderungen für die österreichische Verfassungsstaatlichkeit“, das als Heft 3/2020 erschienen ist. Im nächsten Jahr werden dann die Ergebnisse des österreichischen Völkerrechtstags erscheinen. Auch englischsprachige Sonderhefte sind in Planung, etwa zum Einfluss des B-VG in anderen Ländern oder zum Verhältnis der Rechtsdogmatik und Empirie im Bereich der richterlichen Unabhängigkeit. Ein auf einer Rundfrage basierendes Sonderheft zu den gelungensten und misslungensten Erkenntnissen des VfGH seit 1920 ist ebenfalls schon in Vorbereitung. Das erste Heft unter Ihrer Herausgeberschaft war dem Thema „100 Jahre B-VG“ gewidmet. Das war gewissermaßen der Startschuss für umfangreiche Feierlichkeiten in diesem Jubiläumsjahr. Kann man ein Resümee ziehen? Denken Sie, dass Österreich nach 100 Jahren eine neue Verfassung braucht? Schmid: Das Festheft war für uns ein überaus gelungener Start der Herausgeberschaft. Wir möchten uns an dieser Stelle nochmals sehr herzlich bei den Autorinnen und Autoren für ihre Mitwirkung bedanken! Ziel war es, das B-VG in einen Gesamtkontext zu setzen, es aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven zu betrachten. Es ging also bewusst darum, die Detailprobleme einmal in den Hintergrund zu stellen und stattdessen die großen Zusammenhänge aufzuzeigen. Bei der Lektüre der Beiträge zeigt sich sehr gut, worin die Stärken und Schwächen dieser Verfassungsurkunde liegen. Jakab: Ein konkretes Ergebnis ist aus meiner Sicht, dass das B-VG zwar keine perfekte, aber dennoch eine sorgfältig geplante und erfolgreiche Verfassung ist. Das Scheitern des B-VG zwischen den zwei Weltkriegen ändert nichts an diesem Befund, sondern war wohl, vereinfacht ausgedrückt, das Ergebnis einer mission impossible. Gerade der Österreich-Konvent bzw sein Scheitern im Hinblick auf seine ursprünglichen Ziele hat gezeigt, dass Österreich keine neue Verfassung braucht. Die Diskussion über eine neue Verfassung selbst finde ich schädlich, da sie die Autorität der Verfassung untergräbt.

11 Ausgewählte unions- und verfassungsrechtliche Fragen der österreichischen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Covid-19-Virus Reinhard Klaushofer · Benjamin Kneihs · Rainer Palmstorfer* · Hannes Winner** Leseprobe Von Mitte März bis Ende April 2020 galten in Österreich zur Eindämmung der Covid- 19-Pandemie weit reichende Beschränkungen. Der vorliegende Aufsatz untersucht die empirische Datenlage, die diesen Maßnahmen zu Grunde liegt, und prüft die Maßnahmen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Unions- und Verfassungsrecht. Dabei spielen zahlreiche Grundrechte, aber auch das rechtsstaatliche Determinierungsgebot eine Rolle. Manche der von der Bundesregierung gesetzten Maßnahmen waren von Anfang an unions- und verfassungs- bzw gesetzwidrig, andere wurden es mit abnehmender Bedrohung oder durch Ungleichheiten bei der Lockerung. Insbesondere überschritten einige der Beschränkungen den vom Gesetz vorgegebenen Rahmen, das insbesondere Betretungsverbote nur gestattet, soweit dies zur Eindämmung der Pandemie erforderlich ist. Die damit schon im Gesetz angelegte Verhältnismäßigkeit haben einige der Beschränkungen von Anfang an, andere erst dadurch verfehlt, dass sie bei Abnahme der Gefahr nicht (rechtzeitig) zurückgenommen wurden. Der Beitrag wurde verfasst, bevor der VfGH im Juli 2020 erste inhaltliche Erkenntnisse zu den auch hier interessierenden Fragen vorgelegt hat. Er versteht sich nicht primär als Besprechung oder Auseinandersetzung mit diesen Entscheidungen, wenngleich sie (nachträglich) in die vorliegenden Betrachtungen einbezogen wurden. To combat the Covid-19 pandemic, Austria applied far-reaching restrictions from mid- March to the end of April 2020. This paper analyzes the empirical data underlying the adopted restrictions and assesses the compatibility of central measures with European Union law and Austrian constitutional law. As regards European Union law, the paper focuses on an analysis of border controls and entry restrictions for persons against the background of the Schengen Borders Code and the Free Movement Directive. As regards Austrian constitutional law, it is, in the fi rst place, a series of fundamental rights as well as the requirement of legal clarity (rule of law) that are relevant for the assessment of the examined restrictions. Some of these measures violated EU-law and Austrian constitutional law from the outset, while others only did so later on because of decreasing threat or unequal treatments in the process of the relaxation of the respective measures. In particular, some of the restrictions exceeded the legal framework, which, in particular, only allows for restraining orders insofar as this is necessary for the containment of the pandemic. While some measures missed the proportionality requirement enshrined in the law from the start, others failed to do so, because they were not taken back timely although the danger was decreasing. The paper was drafted before July 2020, when the Austrian Constitutional Court delivered its fi rst substantial rulings on the legal issues analyzed herein. The paper is not to be understood as a comment or treatise on these rulings in the fi rst place, although the latter have been included in the present study. Lesen Sie den gesamten Artikel in der Verlag Österreich eLibrary