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vigilius mountain stories 2020_Selbstbild_Conoscersi_Self-perception

Erkenne dich selbst! Diese Kernfrage der Philosophie, inwieweit wir Menschen der Kunst der Selbsterkenntnis mächtig sind und wie sie – gerade in der heutigen Zeit – unseren Weg zu Freiheit, Selbstbestimmung und Resilienz bestimmt, findet im vigilius mountain resort einen idealen Denkort. Dieser Rückzugsort in die Stille inmitten einer unberührten Natur auf 1.500 m Meereshöhe wird regelmäßig zum Podium philosophischer Gespräche, die sich mit großen Themen des Heute befassen und den Anstoß für die Wahl des Themas des Literaturwettbewerbs der mountain stories liefern. Weit mehr als 200 AutorInnen aus nahezu aller Welt haben die Herausforderung angenommen, sich mit dem anspruchsvollen Thema „Selbstbild“ auseinanderzusetzen und die Jury aus Kultur- und Literaturschaffenden mit humorvollen oder selbstkritischen, rührenden und poetischen Geschichten überzeugt. Auf den folgenden Seiten finden Sie eine repräsentative Auswahl der gelungensten Einsendungen. Die Siegerbeiträge sind in den Sprachen Deutsch, Italienisch und Englisch auch unter mountainstories.it nachzulesen. ______________________________________________________

Erkenne dich selbst! Diese Kernfrage der Philosophie, inwieweit wir Menschen der Kunst der Selbsterkenntnis mächtig sind und wie sie – gerade in der heutigen Zeit – unseren Weg zu Freiheit, Selbstbestimmung und Resilienz bestimmt, findet im vigilius mountain resort einen idealen Denkort. Dieser Rückzugsort in die Stille inmitten einer unberührten Natur auf 1.500 m Meereshöhe wird regelmäßig zum Podium philosophischer Gespräche, die sich mit großen Themen des Heute befassen und den Anstoß für die Wahl des Themas des Literaturwettbewerbs der mountain stories liefern. Weit mehr als 200 AutorInnen aus nahezu aller Welt haben die Herausforderung angenommen, sich mit dem anspruchsvollen Thema „Selbstbild“ auseinanderzusetzen und die Jury aus Kultur- und Literaturschaffenden mit humorvollen oder selbstkritischen, rührenden und poetischen Geschichten überzeugt. Auf den folgenden Seiten finden Sie eine repräsentative Auswahl der gelungensten Einsendungen. Die Siegerbeiträge sind in den Sprachen Deutsch, Italienisch und Englisch auch unter mountainstories.it nachzulesen.
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Selbstbild

Conoscersi

Self-perception

mountain stories 2020


Vorwort Prefazione Preface

Erkenne dich selbst! Diese Kernfrage der Philosophie, inwieweit

wir Menschen der Kunst der Selbsterkenntnis

mächtig sind und wie sie – gerade in der heutigen Zeit –

unseren Weg zu Freiheit, Selbstbestimmung und Resilienz

bestimmt, findet im vigilius mountain resort einen idealen

Denkort. Dieser Rückzugsort in die Stille inmitten einer unberührten

Natur auf 1.500 m Meereshöhe wird regelmäßig

zum Podium philosophischer Gespräche, die sich mit großen

Themen des Heute befassen und den Anstoß für die

Wahl des Themas des Literaturwettbewerbs der mountain

stories liefern.

Weit mehr als 200 AutorInnen aus nahezu aller Welt haben

die Herausforderung angenommen, sich mit dem anspruchsvollen

Thema „Selbstbild“ auseinanderzusetzen

und die Jury aus Kultur- und Literaturschaffenden mit humorvollen

oder selbstkritischen, rührenden und poetischen

Geschichten überzeugt. Auf den folgenden Seiten finden Sie

eine repräsentative Auswahl der gelungensten Einsendungen.

Die Siegerbeiträge sind in den Sprachen Deutsch, Italienisch

und Englisch auch unter mountainstories.it nachzulesen.


Conosci te stesso! Questo imperativo fondamentale della

filosofia, l’interrogarsi su quanto l’essere umano sia versato

nell’arte di conoscersi e su come ciò determini il nostro

cammino verso la libertà, l’autodeterminazione e la resilienza,

ancor più nella nostra epoca, trova nel vigilius mountain

resort un luogo ideale di riflessione. Questo ritiro di pace in

una natura incontaminata, a 1.500 metri d’altitudine, ospita

regolarmente colloqui filosofici che si occupano dei grandi

temi dell’oggi e danno lo spunto per la scelta del tema del

nostro concorso letterario.

Più di duecento autrici e autori di tutto il mondo hanno accolto

la sfida e si sono confrontati con il tema “Conoscersi”,

convincendo in molti casi la nostra giuria di letterati e operatori

culturali con racconti ricchi d’humour o autocritici,

commoventi e poetici. Nelle pagine che seguono trovate una

selezione rappresentativa delle storie più riuscite. I contributi

vincitori si possono anche leggere in tedesco, italiano e

inglese alla pagina internet mountainstories.it.

Know thyself! This core question of philosophy concerning

the extent to which we humans are capable of the art of

self-knowledge and how this determines - especially in

today’s world - our path to freedom, self-determination

and resilience, finds an ideal place for contemplation at

the vigilius mountain resort. This retreat into silence in

the midst of untouched nature at 1,500 m above sea level

regularly becomes a podium for philosophical discussions

that deal with major contemporary issues and provide the

impetus for choosing the theme of the mountain stories

literature competition.

Well over 200 writers from almost all over the world

accepted the challenge of addressing the demanding topic

of “Self-perception” and impressed a jury of cultural and

literary professionals with their humorous or self-critical,

touching and poetic stories. On the following pages you

will find a representative selection of the most successful

entries. The winning entries can also be read in German,

Italian and English at mountainstories.it.


Inhalt Contenuto Content

Selfie .............................................................................. 5

Il ritorno ........................................................................ 9

When You Know ........................................................... 12

Neblige Aussicht ........................................................... 16

Seitenwechsel ............................................................... 20

Ilde ................................................................................ 22

Tigertag ......................................................................... 25

Be-Amtet ...................................................................... 29

In cammino ................................................................... 65

Gleichzeitig ich ............................................................. 68

Fearless Girl .................................................................. 71

Me and Marie ................................................................ 74

Fragen und Antworten ................................................. 78

C’era una volta nove ..................................................... 81

Eine dicke alte Frau ..................................................... 85

Klirren .......................................................................... 88

Assenze. Presenze ........................................................ 92

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Selfie

Mila Mutzbach

Erinnern Sie sich an die Thaler? Die Ärztin? Fast jeder am Vigiljoch kennt sie. Weil: So

gesund die Luft hier oben ist - irgendwann muss man mal runter zum Arzt. Sie lebt jetzt

schon länger in Meran, seit der Sache mit ihrem Mann. Nora, die Tochter, ist Grufti. Immer

schwarz gekleidet, immer mit Grusel-Plingpling. Knochenlutscher nennt man solche

Gestalten. Aber lieb ist sie. Trotz Totenkopf-Gebaumel.

Neulich an der Seilbahn habe ich den Jüngsten vom Ederhof getroffen, den Luca. Wie es

der Nora in Meran ergangen ist, hab ich ihn gefragt. Luca sagt, in der neuen Schule fanden

sie alle strange. Aber zur Party der Klassenzicke wurde sie trotzdem eingeladen. Sie

wollte absagen, hatte kein gutes Gefühl dabei. Aber die Mutter hat gesagt: Am Ende ist es

oft da am lustigsten, wo man am Anfang nicht hinwill.

Als Partyspiel gab es Flaschendrehen, mit Wahrheit oder Pflicht. Nora bekam diese Aufgabe:

Auf dem Waldfriedhof, vor dem immer die „Schwarze Witwe“ sitzt, sollte sie bei Vollmond

knochenlutschen. Mit Selfie. Wenn nicht: dann Ärger.

Nora hat die Geschichte dem Luca erzählt und der Luca hat sie mir erzählt und ich habe

sie für Sie aufgeschrieben. Bitteschön:

Knochenlutscher

Am Montag nach der Party radelte Nora in aller Frühe zur Schule. Die Wiesen dösten unter

ihrer Frühnebeldecke, einige Raben picknickten auf dem Acker. Nora nahm den Weg durch

den Wald. Sie hatte einen Plan:

Den Waldfriedhof auskundschaften.

Probefotos machen.

Weiterfahren zu Schule.

Bei Vollmond zum Kochenlutschen und Knipsen kommen.

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Auf der Bank vor dem Friedhof saß eine schwarz gekleideten Alte, die einen Raben fütterte.

„Willst mehr?“, fragte sie.

„Mehr“, krächzte der Rabe.

Nora stellte ihr Rad ab und schlich auf den Friedhof. Grobe Steinkreuze. Düstere Engelsstatuen.

Moos, Farn, Efeu. Eine totenkopfverzierte Gruft. Ob das Friedhofstor nachts verschlossen

sein würde?

Ganz in Gedanken verließ sie den Friedhof, als sie die Alte kichern hörte.

„Sie nennen mich ‚die schwarze Witwe‘, aber so schwarz wie du bin ich nicht. Bist neu hier?

Simone von Vogt ist mein Name.“

„Nora“, sagte Nora.

„Hast wen besucht?“, fragte die Alte.

„Nein. Ja. Nicht direkt.“

Sollte sie fragen, ob das Tor offenblieb? Nein. Zu auffällig.

„Hast keine Schule?“, fragte die Alte.

„Doch.“ Nora sah auf ihre Uhr. „Oh, ich muss los. Wiederschaun.“

„Pfiat-di.“

Zweiter Plan:

Abends warten, bis die Mutter zur Nachtschicht geht.

Zum Friedhof radeln.

Das Tor prüfen.

Als die Abenddämmerung das Tageslicht zur Seite schob, fuhr Nora wieder zum Friedhof.

Am Tor angekommen, griff sie nach dem Knauf – als sich ihr eine knorrige Hand auf die

Schulter legte.

Die schwarze Witwe.

„Kommst zur Nachtwache?“

„Ich ... wollte nur wissen, ob das Tor abgeschlossen wird.“

„Wird es. Warum?“

„Ich muss auf den Friedhof. Bei Vollmond. Mutprobe.“

„Hast keine Angst?“

„Nö“, sagte Nora. „Die Hölle sind nicht die Toten. Die Hölle sind die anderen.“

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„Apropos“, sagte die Alte schmunzelnd, „ich muss nach Hause. Sonst schickt man den Leichenwagen

nach mir aus. Kommst mit? Ich erzähl dir vom Friedhof.“

Und sie erzählte. Vom Tag, als die weiße Engelsstatue schwarze Tränen weinte. Vom Steinkreuz,

auf dem ein Moospolster wuchs, was auch immer man dagegen tat. Und von ihrem

Mann, Hans von Vogt, der in der Gruft begraben lag und auf dessen Grabplatte die Vollmondstrahlen

das Familienwappen beleuchteten.

„Cool“, sagte Nora.

Die Alte zuckte mit den Schultern.

„Ich hab Hans‘ Grab nie gesehen.“

„Was? Sie sitzen immer vor dem Friedhof, aber Sie waren nie an seinem Grab?“

„Das ist eine lange Geschichte. Weißt, ich hatte zwei Lieben. Einen geliebten Mann und eine

geliebte Frau. Und ich hatte das Glück, dass beide mir die Freiheit gaben, beide zu lieben.

Meine Ilse liegt auch auf dem Friedhof. Ihr Grabstein ist ein Engel. Sagt man.“

„Da waren Sie auch noch nie?“

„Nein. Als Hans starb, lag ich im Krankenhaus. Krebstherapie. Er wurde beerdigt, ohne dass

ich bei ihm sein konnte. Ilse starb kurz darauf. Ich konnt‘ mein Leben lang beide gleichzeitig

lieben, aber“, sie blieb stehen, „ich kann mich nicht gleichzeitig von ihnen verabschieden.

Besuche ich erst das Grab meines Mannes, tue ich Ilse unrecht. Gehe ich erst zu Ilse,

verletze ich Hans‘ Andenken. Also setze ich mich vor den Friedhof, um ihnen nahe zu sein.“

Sie ging weiter und kicherte.

„Ich schrumpel auf der Friedhofsbank vor mich hin wie bestellt und vom Tod nicht abgeholt,

während meine beiden Lieben für immer jung bleiben.“

Sie schwiegen, bis sie Frau von Vogts Haus erreichten. Zum Abschied flüsterte sie:

„Ich kenne den Friedhofsgärtner. Ich besorg dir den Schlüssel. Dann kannst wenigstens du

deine Aufgabe erfüllen.“

Nora bedankte sich und ging.

Sie hatte einen neuen Plan:

Kekse in Knochenform backen und auf Lolli-Sticks stecken.

In der nächsten Vollmondnacht gruseligst stylen.

Smartphone, Kamera, Stativ und den Akku-LED-Strahler einpacken.

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Das Smartphone der Mutter ausleihen.

Frau von Vogt zum Friedhof begleiten.

Zur Gruft gehen, während Frau von Vogt auf der Bank wartet.

In der Gruft Strahler, Stativ und Kamera aufbauen.

Knochenlolli auspacken und Knochenlutscherfotos knipsen.

Danach:

LED-Strahler vor Ilses Grab positionieren.

Vom Smartphone der Mutter einen Face-Time-Videoanruf auf ihr eigenes Handy starten.

Die Smartphonekamera dabei auf das angeleuchtete Grab von Ilse richten und das Smartphone

videotechnisch günstig ablegen.

Frau von Vogt zur Familiengruft bringen.

Beim Eintritt in die Gruft auf dem eigenen Smartphone die Live-Schaltung zu Ilses Grab

zeigen, so dass Frau von Vogt gleichzeitig mit Hans (in der Gruft) und Ilse (per Smartphone)

sprechen kann.

Der Plan ging auf. Punkt Mitternacht hatte Nora ihr Knochenlutscherfoto geschossen. Wenig

später nahm Frau von Vogt Abschied, nein, feierte sie Wiedersehen mit ihren Lieben.

Dann bat die schwarze Witwe Nora, die Gruft mit dem LED-Strahler auszuleuchten, setzte

sich mit ihr auf Hans‘ Grabplatte und knabberte schaurig schön an den Knochenlutscherkeksen,

während der Selbstauslöser der Kamera fleißig klickte.

Das war der Moment, in dem Nora beschloss, diese Fotos niemandem zu zeigen.

„Ich spiele das Spiel der anderen nicht mit“, sagte sie. „Mutprobe bestanden, aber ich mache

was Eigenes daraus. Die Hölle sind die anderen. Aber das Glück ist man selbst.“

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Ende

So war das damals. Frau von Vogt, Nora und den Raben sah man noch oft auf dem Friedhof.

Und irgendwann, nach einem beerdigungsreichen Winter, saß nur noch Nora auf der

Bank und fütterte den Raben. Heute studiert sie in Bozen. Aber immer zur Sommer- und

zur Wintersonnenwende kommt sie zurück zum Friedhof, sagt Luca. Übrigens: Wissen

Sie, wie Nora ihr Studium finanziert? Sie hat einen Gothic-Internet-Shop und verkauft

Knochenlutscherkekse. Fragen Sie mal an der Rezeption, manchmal gibt es da welche.

Mooohlzeit!


Il ritorno

Elena Tognoli

18 maggio

Mollo tutto e me ne vado. Le palme, il mare tropicale e la spazzatura salmastra. Mi è insopportabile

la vita all’equatore, senza stagioni e cambi d’ora, non riconosco la mia pelle sudata,

mi specchio e vedo una persona dai lineamenti familiari, l’espressione ferina di chi vuole

distruggere tutto. Durante le traversate in barca per raggiungere la missione fisso le onde

da vicino, si increspano in piccole vette, mi ricordano le montagne, mi fanno sentire bene.

Mollo tutto, questa sera glielo dico.

17 giugno

Negli aeroporti ci si abbandona ai nastri trasportatori, si esibisce la propria identità con il

passaporto, quando si chiude il passaporto l’identità rimane lì dentro, si torna ad essere

consumatori di prodotti duty-free, individui in transito che, per qualche ora, nel ventre di

un aereo condividono un destino comune. Dodici ore il volo. Una volta ci sarebbero volute

settimane per lo stesso tragitto, forse era meglio. Forse dodici ore non sono sufficienti per

passare dall’equatore a 1400 metri sul livello del mare.

7 luglio

Dei cugini di mio padre è rimasta solo Maria Dora. La piccola valle, trasversale rispetto

a quelle più turistiche e più importanti, negli anni si è svuotata. Rimango qui per un po’,

finché sarò più in carne e potrò rispondere a chi chiede di me. Adesso non so cosa dire

al riguardo, posso descrivere cose che ho fatto, allinearle una dopo l’altra come diligenti

palline di un abaco, comunque mentire. Mi sembra che la mia vita degli ultimi anni non

mi riguardi, ho accumulato qualifiche e destinazioni di lavoro esotiche come si raccolgono

i punti del supermercato.

18 agosto

Voglio aspettare l’autunno per vedere le betulle diventare foglia d’oro. Da bambina pelavo

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il loro tronco bianco, mi chiedevo se sentissero qualcosa, se provassero dolore come quando

mi toglievo le pellicine delle mani. Maria Dora ogni tanto mi viene a trovare, non parla

molto, è in pensione ed è sempre impegnata con la casa e con il bosco subito dietro, come

intenta a negoziare un patto segreto con gli alberi. Se fossi cresciuta qui forse avrei saputo

anch’io parlare quella lingua, o quantomeno capirla. Invece parlo lingue che da queste parti

nessuno capisce.

3 settembre

Le giornate sono più corte, il sole scappa dietro la montagna dall’altra parte della valle e la

sua ombra mi afferra le spalle nel tardo pomeriggio. Una mia collega cresciuta in una città

di mare mi diceva che le montagne la soffocano per la mancanza di un orizzonte aperto. Per

me è sempre stato il contrario, scivolo in valle come in una culla, il massiccio granitico mi fa

la guardia e mi protegge, è un gigante buono. Ho sempre fatto di questa nostalgia il cardine

della mia identità da espatriata. Potevo definirmi solo contrapponendo al caldo polveroso

dei luoghi in cui lavoravo il freddo candido di queste vette. Raccontavo di come qui tutto

fosse terso e pulito, da lontano si vedono le cose con un’evidenza schiacciante e schematica.

Tuttavia, adesso che ci sono dentro e che i pochi turisti della stagione estiva se ne sono andati,

ho l’impressione di essere l’unica estranea.

15 ottobre

Maria Dora viene a prendere il tè quasi tutti i pomeriggi. Mi guarda come se sapesse qualcosa,

come se intuisse il mio senso di colpa. Ho disatteso il mito fondante della mia famiglia

di emigranti che non recidono il tronco, io qui non so reinnestarmi. Dalla valle se ne erano

tutti partiti a fine Ottocento, in qualche modo erano arrivati in Francia, da Le Havre erano

salpati per gli Stati Uniti, prima New York e poi la California. Dopo anni erano tutti tornati,

con i soldi fatti in miniera avevano costruito un hotel e impiantato qualche altro commercio.

Non erano più ripartiti, almeno fino all’ondata migratoria del secondo dopoguerra. Tornare

al paese mi ha estirpato le radici nodose dell’albero genealogico che, da lontano, ho assunto

e narrato come una favola e come un destino. Non mi sento più parte dello stesso ceppo.

16 novembre

È stato facile trovare una nuova missione, hanno subito accettato il mio curriculum. Fissato

il biglietto aereo rimango a contare i giorni, a provare fitte di nostalgia per quello che c’è

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ancora. Comincio ad ammucchiare cose in valigia come a nascondere ogni traccia del mio

transito. Penso che i ragni si siano accorti che me ne sto andando, li lascio in pace, è più

casa loro che mia. Ho invitato Maria Dora a cena, le dico che la ammiro perché è restata, che

ammiro il suo stile di vita e tutti i suoi riti. Vorrei anch’io avere dei riti che cambiano con le

stagioni. “Ci si organizza”, mi dice.

20 dicembre

Non ha ancora nevicato, mi dispiace non aver visto la neve, a certe latitudini è difficile immaginarla.

Parto domani, il giorno prima è sempre così: tutto diventa più remoto e irreale,

in realtà si è già partiti. Mi sento più leggera, mi dico che forse questa volta non sentirò il

bisogno di tornare, non racconterò ai nuovi colleghi dei luoghi a cui appartengo, sarebbe

una truffa. Spogliata di tutto sarò solo io, conoscerò la mia essenza atopica. Maria Dora è

venuta a salutarmi e mi ha messo in mano una lettera, non l’ho ancora aperta.

21 dicembre

Dalla busta sono usciti due fogli, uno riporta una breve nota di Maria Dora. “Rotola come

una pigna”, c’è scritto. La leggo e sorrido, mi rendo conto di essere stata osservata e capita

duranti tutti questi mesi in cui ho faticato a piantumarmi. L’altro foglio è piccolo e fragile

come di carta velina, riporta la data 2 gennaio 1888, la firma è del trisavolo Piero detto Peter.

“Cari Padre e Madre, penso con affetto alla casa. Fra pochi mesi vedrò il paese e poi sarà

quel che sarà. Se per caso non potrò rimanere in Europa, verrò di ritorno all’America che

se ci vivono gli altri mi potrò adattare anch’io. Certo mi manca portar le vacche in alpeggio

e le montagne di Barbione.”

Sul treno verso l’aeroporto tengo in mano la lettera e ho l’impressione di vivere un momento

essenziale e allo stesso tempo ridicolo. Mi guardo nel finestrino, una pigna che cade da un

abete e rotola, come tante altre pigne prima di lei. Secondo le necessità del caso arriva da

qualche parte, si sforza di definire un’immagine solida di sé, un territorio circoscritto da anteporre

ad altri territori per limitare l’invasione. Eppure, mi dico, forse la mia essenza di pigna

non è stabile ma è in transito, è proprio questo impreciso rotolare fra transatlantici e aerei, conoscersi

attraverso un approssimativo specchiarsi nei finestrini, vedere la propria immagine

riflessa e, dietro di essa in trasparenza, il paesaggio che scorre lungo i binari e il cielo e tutti i

paesaggi che ci si porta dentro, vederli diventare tutt’uno, accettare di perdersi in dissolvenza.

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When You Know

Shannon Wardell

For years I have noticed that every few months a conflux of deadlines storms through with

multiple projects large and small due within weeks of each other. The weeks prior are

challengingly stressful, like trying to juggle a bowling ball, a running chainsaw, a live rabbit

and a cone of chocolate ice cream while riding a skateboard down a sidewalk littered with

piles of dog poop.

A week was left for me to polish the presentation. It was nearly finished, along with the visuals;

it had to be compelling since the potential audience included renowned professionals in our

field. Ostensibly promoted as international, the actual conference would be prominently

European-orientated, with German as the dominant spoken language followed by English.

The topic I found utterly relevant and worthy of attention. It had already consumed years

of my energy in terms of research and development; how to best distill my material into a

succinct presentation seemed a worthwhile challenge.

While brushing my teeth before collapsing in bed, I realized that I had yet again forgotten

the haircut that I had been planning for weeks. Some things are not high on my to-do list,

but my reflection assured me that I could wait no longer.

The next afternoon after arranging a later appointment at Zelka’s salon, I was riding my

bike on my way to the workshop mentally reviewing the presentation:

… For example: the cyanotype, while originally an utterly non-intuitive invention in

convenience by Sir John Herschel as a cheap way to copy his notes, this camera-less

photograph references botanical illustration, photographic portraiture, architectural

representation, image reproduction, and the original blueprint, which will also make

your English enthusiasts completely geek out. Moreover, the science behind the

cyanotype is even more mysteriously fascinating …

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Crossing the train tracks, the words turned into the first verse of a different project:

When you’re feeling all alone, no one’s thinking of you at home

When you’re questioning why you’re here and why no one seems to be near

When you’re waiting for someone to call but only silence sings and that is all

When you’re staring at the wall but the paint dried long ago back last fall

When you’re staring up in the sky but no one answers your question why

When you look into the mirror and all you see is your fear

That’s when you know, that’s when you know that you know what you know

That’s when you know that you’re still alive

So name that shadow, step into the light and you’ll be alright

Later at Zelka’s, it was clear that she would be busy for a while, so Monica agreed to give me

a low-maintenance trim. Taking off my glasses, the world shifted into an impressionistic

painting. Soon I zoned back to the presentation:

The cyanotype is utterly enriching – Why? Because its history demonstrates how Science

and Art can overlap in such a way that their complementary strengths are recognized,

promoted and encouraged in order to realize innate potential.

When Monica was done, I put my glasses back on and saw immediately that my left sideburn

was roughly 7 millimeters higher than the right. Part of me wanted to ask her if she could

fix it. Another part was curious to see if she would say anything. My curiosity won. She said

nothing, simply smiled, let me pay and walk out the door.

Back on my bike, I realized that it was unfair of me to be aware of her mistake, but not let

her know. That was my mistake. At least I could fix hers. Passing an older man ambling

stiffly down the street provoked verse two:

When you’re walking down the street but all you see is your shuffling feet

When you’re drifting through a crowd and catch yourself wanting to scream out loud

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When you’re sitting at your desk, no place to work ‘cuz it’s one big mess

When you’re eating at the table, dinner for one, watching cable

When you’re brushing your remaining teeth and see that month-old Christmas wreath

You never threw away, maybe you will someday

That’s when you know, that’s when you know that you know what you know

That’s when you know that you’re still alive

So name that shadow, step into the light and you’ll be alright

Turning by the hospital, I shifted back to the talk:

Human creativity is the most precious natural resource that still exists in the western

world on all political, economic and academic levels. It is inexhaustible and constrained

only by the limitations of our own imagination – as well as the immediate environment

that surrounds us.

Our Western society needs to nourish the creativity of individuals in each and every field

in order to allow our civilization to keep competing against authoritarian ideologies and

ensure a global sustainability that values democratic human rights.

Too pompous? I started to doubt my words and nearly missed the next turn:

Here we have reached the true core of what is at stake here. Creativity is found in all

vocations and professions; it is the spark that inspires innovation.

Should I go back to tell Monica? Had I simply wanted to avoid an embarrassing

confrontation?

This natural resource we can actively cultivate within environments in which you can feel

that lambent force of creative tension tingling in the air. We need creative environments

in which the convergent and divergent modes of thinking found within both Art and

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Science not only reference one another, but collaborate with one another with their full

potential complementing one another.

Who was I to talk so? Why do this anyway? Life would be so easy without all this juggling. I

could be enjoying a cocktail right now. All these works and words that I throw out into the

world will likely affect little if any change in the larger scheme of life. That realization was

almost as brutal as the one that followed: an external justification of activity smacks of deus

ex machina made of tinfoil and bubblegum. To sense the tingle of that lambent force and be

thankful that I can feel it at all: should this not be reason enough to work?

Yet why would an answer still be encouraging to hear?

Up the final steep hill home, the third verse kicked in:

When you’re singing in the shower and love that sound of echo power

When you’re walking through the woods, see leaves fall and it’s all good

When you’re reading late in bed and it feels good that you’re not dead

When you’re waking up alone and it feels ok to be on your own

When you’re brushing your remaining hair and realize that you still do care

About this gift running through your veins, about sunny days and autumn rains

That’s when you know, that’s when you know that you know what you know

That’s when you know that you’re still alive

So name that shadow, step into the light and you’ll be alright

Later, brushing my teeth, my reflection reminded me that I still had to trim my hair.

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Neblige Aussicht

Sabine Brandl

»Da fehlen 30 Cent.«

»Wie bitte?«

Ein leises Seufzen, ein kurzes Augenrollen. »Es fehlen 30 Cent. Der Cappuccino kostet 3

Euro, Sie haben mir nur 2 Euro 70 gegeben.«

»Mist. Ich dachte, ich hätte es passend. Da habe ich wohl eine Münze verwechselt.« Nervös

stöbere ich in meinem Geldbeutel, aber da ist nichts mehr zu holen. Sofort falle ich in mein

altes unterwürfiges Entschuldigungsmuster. »Tut mir leid, wirklich …« Doch schon ärgere

ich mich über mein Gestammel und knurre: »Dann halt nicht.«

Als ich mich umdrehe, höre ich eine Frauenstimme hinter mir. »Moment! Ich kann aushelfen.«

Ich blicke auf eine große schlanke Dame in einem hellgrauen Kostüm, dezent geschminkt,

mit vollen braunen Locken. Hübsch ist sie – tolle Aufmachung – tolle Aura, ihre Kleidung

und ihr Make-up zeigen, dass sie bestimmt nicht jede Münze einzeln umdrehen muss. Die

elegante Unbekannte reicht der Verkäuferin einen Euro. »Der Rest ist für Sie«, dann wendet

sie sich an mich. »Es ist Ihnen doch recht?«

Ich bin so verdattert, dass ich nur nicken kann. Die Verkäuferin bedankt sich und reicht mir

die Tasse. Ich sage ebenfalls »Danke«, allerdings nur in Richtung Spenderin. Diese lächelt

reizend. »Gerne.«

Mit dem Cappuccino gehe ich nach draußen und sehe mich nach einem freien Tisch um.

Es ist Freitagnachmittag, sonniges Maiwetter, kein Wunder, dass alle Plätze besetzt sind.

Moment – da hinten steht gerade ein älteres Paar auf … Ich bewege mich zum anvisierten

Tisch, warte, bis die beiden gegangen sind und setzte mich. Dann atme ich tief durch und

versuche mich zu entspannen (meine Hände zittern, das abwertende Verhalten der Verkäu-

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ferin hat mich doch ziemlich aufgeregt). Da sehe ich meine Spenderin aus der Tür treten

– mit einem Tablett in den Händen, auf dem eine Tasse und ein Wasserglas stehen. Sie sieht

sich suchend um – und muss natürlich erkennen, dass alle Tische belegt sind.

Ohne nachzudenken hebe ich die Hand. Da lächelt sie und kommt auf mich zu. Ich betrachte

sie fasziniert, während ich mich enorm über mich selbst wundere. Noch nie habe ich einer

fremden Person einen Platz an meinem Tisch angeboten. Manchmal werde ich danach

gefragt, na gut, da kann man nicht so aus, aber freiwillig die Hand heben?

»Vielen Dank«, sagt sie, stellt ihr Tablett ab und setzt sich. Ein Hauch ihres feinen Parfums

weht mir entgegen. Nun sitzt sie direkt vor mir, nur einen halben Meter entfernt, und ihre

hellblauen Augen sehen mich offen an.

»Kein Problem. Sie sind Besucherin, nicht?« Ich bin kein Meister des Smalltalks. Ich konversiere

lieber schnörkellos.

Sie schüttelt den Kopf. »Nein. Ich hatte heute einen Gesprächstermin. Und Sie?«

Einen Gesprächstermin. Aha. Vermutlich war es ein Vorstellungsgespräch als Ärztin. Oder

sie war wegen einem ärztlichen Konsil hier – oder irgendeinem anderen Weißkittel-Kram.

Für eine Krankenschwester sieht sie jedenfalls zu nobel aus. Gut. Dann soll diese Ärztin

gleich mal einen authentischen Einblick bekommen …

»Ich bin einer von den Gestörten. Wenn man bei mir eine Störung diagnostiziert hat, gelte

ich doch als gestört, nicht?«

Mein Gegenüber sieht mich ernst an. »Mir gefällt dieser Ausdruck nicht. Maschinen können

eine Störung haben, aber doch keine Menschen.«

»Ja aber, wie soll man das sonst nennen, wenn eine Person nicht normal funktioniert? Sehen

Sie, ich zum Beispiel bin bei der Beerdigung meines Stiefvaters ausgerastet. Alle haben

getrauert – so wie es sich gehört – nur ich habe laut geschrien und gelacht.«

»Dafür wird es doch einen Grund gegeben haben. Für Ihr Ausrasten, meine ich.«

Ich zucke mit den Schultern, denke kurz an die Trauerfeier, verdränge die schmerzhaften

Bilder schnell. »Klar. Tausend Gründe. Mein Verhalten war dennoch nicht normal.«

»Ich glaube eher, dass ihr Verhalten eine normale Reaktion auf eine abnorme Situation

war.«

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Okay, sie ist definitiv Ärztin. Solche Sprüche kenne ich.

»Wie auch immer. Ich hatte einen Nervenzusammenbruch. Und wenn Ihnen das nicht

reicht – depressiv bin ich auch. Schon lange.«

Sie schmunzelt sanft. »Wissen Sie, was Freud gesagt hat? Bevor du dir selbst Depression

oder einen Minderwertigkeitskomplex diagnostizierst, stelle sicher, dass du nicht einfach

nur von Arschlöchern umgeben bist.«

Da muss ich gleich wieder an meine Familie denken. »Das hieße ja … oh, der Gedanke ist

echt frech.«

»Nein, er ist legitim. Wissen Sie … ich will Ihnen ja nicht zu nahe treten … aber vielleicht

sollten Sie mal Ihr Selbstbild überprüfen?«

Ich blinzle verdutzt. »Mein Selbstbild? Wieso? Also ich hab wirklich viel über mich nachgedacht.

Ich denke, das Bild, das ich von mir habe, ist recht scharf und realistisch.«

Ihre Augen blicken warm und freundlich. »Ich erzähle Ihnen eine Geschichte. Mein Bruder

und ich waren als Kinder oft im Keller, wir hatten da eine Art Freizeitraum. Da hing eine

große Fotografie an der Wand. Von einer Herberge auf dem Berg, mit Aussicht auf die

Wälder. Überall war Nebel, es dämmerte schon, die Konturen verschwammen. Vor kurzem

habe ich mich mit meinem Bruder über das Bild unterhalten. Ich fand diesen dunklen Pfad

darauf scheußlich. Total deprimierend wirkte der auf mich, wie er einsam ins Nirgendwo

führte. Mein Bruder konnte sich an keinen Pfad erinnern. Er hat den Pfad immer für einen

Bach gehalten. Und dieser Bach war für ihn ein schönes Element, er mochte ihn. Was ich

damit sagen will: Selbst wenn man das Gleiche betrachtet, das Ergebnis kann ein anderes

sein. Es kommt auf die Perspektive an. Und manchmal, da verdeckt einem der Nebel die

Sicht.«

Ich denke still über ihre Geschichte nach.

»Also ich finde es stark von Ihnen, dass Sie sich ihren Problemen stellen. Aber ich glaube

nicht, dass Sie selbst das Problem sind.«

Ihre Worte, so irritierend und direkt sie sind, gefallen mir. Recht unkonventionell ist diese

Ärztin … ob sie hier eingestellt wird?

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»Sie hatten heute ein Vorstellungsgespräch, sagten Sie? Auf welcher Station werden Sie

arbeiten?«

Sie lacht. Es ist ein leises, süßes Lachen, mehr ein Kichern. »Was? Ich? Hier arbeiten?

Nein!«

»Ja aber … Sie sagten doch ...«

Da wird ihr blasses Gesicht wieder ernster. Schade.

»Ja, ich hatte heute einen Termin. Aber nicht wegen einer Bewerbung oder so ... Es war das

Vorgespräch für meine Therapie.«

»Aber so wie Sie reden …«

»Ich lese gerne.«

Sie schiebt ihren Ärmel nach oben. Zwei nicht ganz verheilte Narben ziehen sich über ihr

Handgelenk. »In einer Woche geht es los. Vielleicht werden wir uns hier wiedersehen? Ich

heiße übrigens Nele.«

Ich reiche Nele die Hand. »Michael«, erwidere ich. Mein Puls wird schneller, als sich unsere

Handflächen berühren.

Das ist also Nele. Ich wundere mich über die Wärme in meiner Brust, über die positive,

prickelnde Energie. Ein Gedanke, den ich bei einer neuen Bekanntschaft schon ewig nicht

mehr hatte, schießt mir durch den Kopf: Ein Wiedersehen wäre tatsächlich ziemlich schön.

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Seitenwechsel

Jochen Mariss

Jablonsky sieht ihm in die Augen. Sie sind beinahe schwarz und schauen ihn eindringlich

an. Oder mustern sie Frau Blum, die neben ihm steht? Es ist der Blick eines alten Mannes.

Wissend und klug. Ein bisschen traurig vielleicht. Die ledrigen, schwarzen Hände umfassen

die Eisenstäbe. Eine Art Lächeln huscht durch sein Gesicht, er bleckt die gelben Zähne,

kratzt sich am Nacken. Nun fängt er an, sein Fell zu untersuchen. Er pult mit seinen langen

Fingern in seinem Bauchfell, steckt sich etwas in den Mund und kaut darauf herum. Dann

sieht er wieder Jablonsky an. Oder Frau Blum. Das ist schwer zu sagen.

„Er wirkt so … menschlich“, sagt Jablonsky. „Was wohl in ihm vorgeht?“

Juliana Blum wirft einen prüfenden Blick durch die Gitterstäbe, dann sagt sie: „Er stellt

sich genau die gleiche Frage. Er fragt sich, was wohl in uns beiden vorgeht.“

„Schon möglich.“ Jablonsky verspürt den Wunsch, Frau Blums Hand zu nehmen.

Frau Blum kneift ihre Augen zusammen. „Ich schätze, er denkt, dass der Mensch ziemlich

affig ist. Er findet es albern, wie wir dastehen und ihn begaffen.“

„Menschenaffe“, sagt Jablonsky. „Affenmensch. Er sieht aus, als ob er uns bedauert. Als ob

ihm die Menschen leidtun.“ Jablonsky fragt sich, was er an den Menschen bedauernswert

finden könnte. Dann sagt er: „Vielleicht, weil wir nackt zur Welt kommen und unsere Körper

mit künstlichen Fellen bedecken müssen.“

„Oder wegen der kümmerlichen Hände.“ Frau Blum betrachtet ihre Hände, als würde sie sie

zum ersten Mal sehen. „Diese Arme, mit denen man nicht klettern kann. Der Mensch ist

dazu verdammt, sich zeitlebens auf dem Boden fortzubewegen.“

„Immerhin beherrscht der Mensch den aufrechten Gang“, sagt Jablonsky.

„Der aufrechte Gang wird von den meisten Menschen überbewertet“, hält Frau Blum dagegen.

„Er ist Kraft raubend, instabil und macht uns schutzlos. Ein kleines Stolpern, eine

kräftige Böe, ein Faustschlag, und schon fällt der Mensch um.“ Frau Blum schüttelt den

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Kopf. „Und dann diese empfindlichen Füße.“ Sie schaut auf ihre Schuhe. „Um halbwegs

damit laufen zu können, müssen die Menschen sie in lederne Fußschoner einzwängen.“

Eine junge Frau mit einem Mädchen an der Hand bleibt neben Juliana Blum und Jablonsky

vor dem Käfig stehen. Die beiden sehen sich die Affen an.

„Mama, ich finde es nicht gut, dass die Affen eingesperrt sind“, sagt das Mädchen.

„Na ja, immerhin haben sie ein schönes großes Gehege“, erwidert die Frau. Sie liest die Hinweistafel

am Gitter. „Lebensraum Sumatra“, sagt sie. „Vom Aussterben bedroht.“

Das Mädchen fragt: „Mama, was ist Aussterben?“

Die Mutter geht nicht darauf ein. Sie sagt: „Komm, wir sehen uns die Wölfe an.“

Ein Affenjunges nähert sich. Es nimmt die Hand des großen Affen und lugt neugierig durch

die Gitterstäbe zu Jablonsky und Frau Blum herüber. Jetzt beugt sich der große Affe ein

wenig vor und betrachtet die Rückseite der Hinweistafel, die am Gitter angebracht ist.

„Was macht er denn da?“, sagt Jablonsky. „Warum starrt er auf das Schild?“

„Es sieht aus, als ob er liest.“ Juliana nickt, als wollte sie ihre eigenen Worte bestätigen. „Vielleicht

steht da etwas auf der Rückseite der Hinweistafel. Und der Affe liest es sich durch.“

„Haben Sie das gehört?“ Jablonsky wirft Frau Blum einen kurzen Seitenblick zu. „Er hat sich

geräuspert. So als ob er etwas sagen wollte.“

„Sehen Sie doch, er bewegt die Lippen.“ Frau Blum nimmt Jablonskys Hand.

„Was sagt er denn?“ Jablonsky wundert sich, wie kräftig ihre Hand ist.

„Pst!“, macht sie und lauscht. „Ich fasse es nicht, er liest den Text der Hinweistafel vor. Hören

Sie das? Lebensraum: Europa und Nordamerika. Vom Aussterben bedroht.“

„Wie er uns ansieht“, sagt Jablonsky. „Hat er gerade ‚kein Wunder‘ gesagt?“

Der Affe kratzt sich an der Brust. Das Affenjunge schaut zu ihm auf.

„Hören Sie das?“ Frau Blum schüttelt ungläubig den Kopf. „Der kleine Affe spricht auch.

‚Papa, was heißt Aussterben?‘, hat er gerade gesagt:“

„Ja, ich habe es gehört.“ Jablonsky kratzt sich übertrieben am Kopf. Der kleine Affe zieht

an der Hand des großen, als wollte er ihn zum Weitergehen bewegen. „Hören Sie, wie der

Kleine quengelt? Er hat gesagt: ‚Komm jetzt, Papa, wir sehen uns die Chinesen an.‘“

Die Affen verschwinden durch eine Klapptür. Frau Blum beugt sich zu Jablonsky herüber,

ganz nah, Ihr Duft steigt ihm in die Nase. Dann flüstert sie: „Im Weggehen hat der Alte

gemurmelt: ‚Na, wenigstens haben sie ein Gehege mit viel Auslauf.‘“

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Ilde

Camilla Marrese

Casa di Ilde è una casa con i muri bianchi. La luce del tramonto, che la colpisce di taglio,

crea un rettangolo arancione brillante, quasi un dipinto. Anche i capelli di Ilde, bianchi se

possibile più della casa, brillano: sono le sei di sera di un giorno di fine inverno e lei, con due

sacchetti della spesa tra le mani, torna verso casa.

Casa di Ilde è in quella parte della terra appena dopo il paese, appena prima dei boschi.

Dieci minuti a piedi dall’alimentari: una passeggiata che, negli anni, ha preso la forma di un

rituale (si chiede che cosa in effetti non abbia fatto la stessa fine, nella sua vita di settantenne,

e forse rituale è solo un modo per dire quotidianità sempre uguale?). I pensieri di Ilde

vengono interrotti da uno sbalzo improvviso. Non anche oggi, pensa. Sono quattro sere di

fila che all’ingresso del vialetto si imbatte in un gatto. I movimenti troppo imprevedibili,

troppo a scatti fanno sì che Ilde, con il suo passo lento, ne sia terrorizzata. Come i giorni precedenti,

Ilde si ferma. Il gatto, immobile, la guarda in posizione da gatto. Fisso nelle pupille,

come una statua. Si solleva sulle zampe posteriori e inizia a miagolare. Ilde fa dietro front

e prende un vialetto secondario, più lungo e faticoso, cosa che certo non può far bene alle

gambe – ma almeno non c’è traccia del felino. Quando arriva a casa è completamente buio.

Appoggiati i sacchetti a terra per girare le chiavi nella toppa, alle sue spalle Ilde sente l’erba

muoversi. Volta la testa di qualche grado e subito, più veloce che può, entra in casa e sbatte

la porta con forza un attimo prima che l’animale possa entrare. Ilde si guarda le mani, tremano:

è impercettibile, ma tremano. Prende in mano la spesa e comincia a riempire il frigo.

Più tardi, sul divano, un libro sulle ginocchia e la sua tisana in mano, Ilde si chiede se non

possa aver ferito la bestiola chiudendo la porta. Lo scatto era stato talmente istintivo e fuori

dal suo controllo, e in più Ilde non aveva mai avuto il dono della coordinazione. Il dubbio di

averlo schiacciato, o comunque colpito, continua a crescere, poteva averlo ucciso? Poteva di

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sicuro avergli fatto del male. Quella sera non riesce ad andare a letto tranquilla. Pensa alla

delicatezza che le manca e che aveva invece Arturo. A lui quello strano animale sarebbe piaciuto.

Il pensiero del marito la porta, mentre prova ad addormentarsi, a stringere il cuscino

un po’ più forte del solito.

La mattina dopo fa colazione rapidamente e quando apre la porta della cucina tutto è come

ogni giorno: la luce chiara, un po’ di brina sull’erba e nessuna scena del crimine, né sangue

né pezzi di animale. Quando Ilde ritrova il gatto la sera, sempre sulla solita strada, prova un

briciolo di sollievo: seppure latente, non l’aveva abbandonata il pensiero che, anche senza

sanguinamento, l’animale avrebbe comunque potuto restare contuso. La scena del giorno

precedente si ripete: dopo averlo evitato sul percorso, Ilde se lo ritrova vicino alla porta di

casa, questa volta distante una dozzina di metri, fermo. Guardando poi qualche decina di

minuti più tardi fuori dalla finestra, lo scorge lì, in posizione di palla felina, a dormire nel

fresco della sera. La sensazione di essere come braccata lascia spazio a una sorta di strano,

nuovo dispiacere quando poco dopo, sbirciando ancora tra le tende, non lo vede più. Le cose

si ripetono, uguali, per giorni. La presenza distante del gatto rimane una costante e Ilde si

ritrova a pensare, lei che mai e poi mai avrebbe dato da mangiare ad un animale per poi

trovarselo sempre tra i piedi, forse potrei dargli un po’ del tonno avanzato dalla cena? Tanto

è sempre in mezzo lo stesso. In una busta di plastica, porta il cibo appena fuori dalla porta.

Vorrebbe poggiarlo su un piattino, ma in realtà una volta lì fuori non può fare altro che

lanciarlo in maniera scomposta sul prato e tornare, più veloce che può, in casa a guardare,

protetta dal vetro della finestra. Il gatto immobile osserva, poi lentamente e con circospezione

si avvicina. Ilde è felice di scoprire, nei suoi movimenti, una nuova delicatezza.

Due mesi dopo tutto è stazionario, invariato. Senza sapere dove trascorra le giornate, Ilde la

sera lo trova sempre lì. Il primo contatto fisico non sarebbe mai avvenuto se un pomeriggio,

stendendo le lenzuola, Ilde non se lo fosse visto improvvisamente di fianco. Nell’attesa di

rimanere mortalmente spaventata, Ilde in realtà scopre di non esserlo più di tanto, solo il

solito leggero tremore alle mani. Il gatto la guarda in posizione di gatto a palla. È evidente

che lui è stato in grado di assorbire la presenza di Ilde più di quanto lei abbia potuto fare, e

il pensiero di questa inferiorità la infastidisce. Ilde si china. La paura dei felini era sua sin da

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quando potesse ricordare, profonda e radicata tanto quanto il suo amore per i libri e l’arte,

il suo disinteresse per la politica, il suo odio verso i cibi speziati e lo sport. La madre di Ilde

era terrorizzata dai gatti e lo stesso era stato per lei: un timore al quale si era affidata in

modo istintivo e animalesco. Frena l’impulso atavico della fuga. Il gatto le dà il fianco e per

la prima volta in vita sua Ilde può sentire il rumore delle fusa. Quando, dopo vari tentativi di

avvicinamento, riesce ad accarezzarlo, sente il pelo morbido tra le dita, le ossa subito sotto,

le vibrazioni. Si alza e senza voltarsi indietro torna verso casa.

Perché il gatto possa entrare in casa deve passare altro tempo, e poi altro ancora perché

venga accettato sulla poltrona e infine in braccio (e non senza che per questo Ilde rompa,

nello spavento, almeno un paio di tazze di tè). Con il gatto sulle ginocchia a darle la schiena,

Ilde si ritrova a pensarsi felice di non essere l’ultima vivente ad avere nel proprio campo

visivo i quadri della casa, a poter sentire la morbidezza del tappeto, il freddo del marmo

sotto i piedi.

Adesso Ilde aspetta il gatto ogni giorno rientrando dalla passeggiata, cucinando si chiede

se gli ipotetici avanzi possano o meno piacergli, lo chiama sulle gambe quando si siede per

leggere: una mano sul libro e l’altra a scorrere veloce e un po’ sconnessa sul pelo. Non aveva

mai conosciuto in settant’anni, Ilde, un rapporto che come questo stesse in piedi sulla reciproca

indipendenza, semplicemente per un fatto di incastri spontanei. Chissà, si domanda

una notte prima di addormentarsi, quante altre cose di me non conosco, quante altre cose

mi perdo. All’improvviso s’immagina pianista, o maestra elementare, o esploratrice di terre

lontane, e nel farlo stringe il cuscino, un po’ di più. Si trova spesso a dire, alle amiche che

le telefonano alle volte la sera: “Se me lo avessero raccontato anche solo un anno fa, dico

davvero, non ci avrei creduto”.

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Tigertag

Klaus Papula

Wenn Mutter freitags weg geht, verkleidet sie sich als Tiger. Sie zieht eine kleine Kappe mit

spitzen Ohren über lange, schwarze Handschuhe, ein enges weißes Kostüm mit schwarzen

Streifen. Sie hat auch einen Schwanz, aber den lässt sie meist zuhause. Ihre Lippen

schminkt sie weiß. Über die Beine zieht sie ein schwarzes Netz, sie trägt schwarze Schuhe

mit sehr hohen, spitzen Absätzen.

„Schlaf gut, mein Schatz“, sagt sie und deutet einen Kuss auf meine Wangen an, dann geht

sie. Morgen früh wird sie wieder da sein und mein Butterbrot schmieren.

Wenn Mutter abends weggeht, passt Onkel Theo auf mich auf. Er putzt mir die Zähne, er

legt mich ins Bett, er liest mir eine Geschichte vor, bevor er das Licht abdreht. Er ist ein kluger

Mann, und ich kann ihm viele Fragen stellen über Worte, die ich aufgeschnappt habe,

aber nicht verstehe, Worte wie Bankrott oder Gerichtsvollzieher oder Anschaffen Gehen.

Ein Gerichtsvollzieher zum Beispiel ist ein Mann, der das Gericht auf seinem Teller immer

aufisst, „... so, wie Du es auch machen solltest“, wie Onkel Theo meint. Onkel Theo wohnt in

der Wohnung unter uns. Früher verließ meine Mutter erst die Wohnung, wenn ich schlief.

Jetzt gehe ich erst schlafen, wenn sie die Wohnung verlässt. Das haben wir vereinbart.

„Ich will nicht, dass Du gehst. Ich bin unglücklich, wenn Du gehst“, hatte ich gesagt.

„Wir haben alles verloren und brauchen das Geld“, hatte Mutter gesagt, „morgen haben

wir den ganzen Tag für uns beide. “

Seither ist Freitagnacht Tigernacht. Jede Woche. Freitag ist sie Tiger, und ich gehe spät

schlafen. Wir handeln solche Sachen aus.

„Alles ist ein Geschäft“, sagt Mutter, „auch das Glück“.

Einmal saß Mutter am Morgen nach der Tigernacht neben mir in der Küche und trank

schwarzen Kaffee. Ihre Lippen waren noch weiß. Die Tigerohren waren abgeworfen, die

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Handschuhe lagen im Vorzimmer auf dem Boden.

„Mama, heute Nachmittag ist Faschingsfeier“, sagte ich.

Der Pfarrer wird eine Rede halten, dachte ich. Die Lehrerinnen werden Getränke ausschenken.

Der Bürgermeister wird Krapfen verteilen.

„Möchtest Du wieder als Indianer gehen?“, fragte Mutter und schmierte mein Butterbrot,

„oder als Superman?“

„Heute gehe ich als Tiger“, sagte ich.

„Nein, nicht als Tiger“, sagte Mutter bestimmt und warf das Messer in die Spüle, „iss dein

Butterbrot!“

Ich rührte das Butterbrot nicht an.

„Das war deine Tigernacht. Jetzt kommt mein Tigertag. Alles ist ein Geschäft“, sagte ich.

Mutter zündete sich eine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug. Rot leuchtete die Zigarettenspitze

auf. Sie rollte die Spitze ihrer Zigarette am Aschenbecher, sodass sich ein

schwarzer Kegel formte.

„Ist eine gefährliche Welt, die Tigerwelt. Krokodile. Pythons. Männer mit Gewehren. Der

Dschungel ist wie Geisterbahn.“

„Egal“, sagte ich und dachte, dass ich nicht vergessen dürfe, Onkel Theo zu fragen, was ein

Python sei.

Mutter dämpfte die Zigarette im Aschenbecher aus und sagte: „Ich leg mich hin, Tiger,

später kaufen wir ein, was Du brauchst.“

Mutter schlief bis eins. Dann gingen wir in den Laden wegen des Kostüms. Der Verkäufer

zog mir einen wuscheligen, braun und weiß gestreiften Sack mit Tigerschnauze über.

„Ein Tiger ist kein Kuscheltier“, sagte ich und zog das Kostüm aus.

„Haben Sie nichts anderes?“, fragte Mutter den Verkäufer. Er ging in einen der hinteren

Räume, kam mit einem Bärenkostüm wieder, dann mit einem Kostüm für einen rosafarbenen

Panther.

„So kommen wir nicht ins Geschäft“, sagte Mutter und nahm mich an der Hand.

Zu Hause holte sie einen weißen Pyjama aus meiner Kommode. Sie stieg auf einen Sessel,

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holte ihre Schachtel mit den Fäden und den Nadeln vom Kleiderschrank.

„Bring mir die Schere aus der Küche“, sagte sie.

Dann zerschnitt sie ein schwarzes Leibchen und nähte die schwarzen Streifen auf den Pyjama.

„Sind Tiger nicht gelb mit schwarzen Streifen?“, fragte ich.

„Es ist Winter. Du bist ein sibirischer Schneetiger“, sagte sie und zog mir den Pyjama über.

„Sibirische Schneetiger sind weiß mit schwarzen Streifen. Es sind die gefährlichsten Tiger

überhaupt. Das sind Menschenfresser.“

Dann bemalte sie mein Gesicht, die Lippen weiß, um die Augen schwarz. Mutter duftete

sehr gut, wie sie sich über mich beugte. Ich steckte mir Vampirzähne in den Mund, die ich

zu Halloween getragen hatte, und fauchte. Mutter zündete sich zufrieden eine Zigarette an.

Ich verschwand im Schlafzimmer und kam mit dem Tigerkostüm meiner Mutter zurück.

„Soll ich das anziehen?“, lachte Mutter.

„Bitte, Mama, wir sind Schneetiger. Wir sind Menschenfresser.“

Sie fauchte und weißer Zigarettenrauch kam aus ihrem Mund wie heißer Tigeratem in einer

mondbeschienenen sibirischen Winternacht.

Als wir den Pfarrsaal betraten, ging es schon hoch her. Girlanden und Lampions hingen von

der Decke. Die Musikkapelle spielte einen Tusch, und der Pfarrer als Sträfling verkleidet

mit Kette und Eisenkugel am Bein hielt eine Rede auf der Tribüne. Neben ihm stand der

Bürgermeister als Huhn. Von seiner Nase hing ein senfgelber Schnabel. In seinen Hühnerkrallen

hielt er den Karton mit den Krapfen. Die Lehrerinnen gingen heuer als Schlümpfe.

Die weißen Mützen hingen schlapp und traurig von ihren Köpfen.

Ich griff nach Mutters Hand. In der Mitte des Saales war ein Gang zwischen den Stühlen

freigelassen, und hier gingen wir nach vorne. Mutter trug ihr Tigerkostüm mit den Netzstrümpfen,

die schwarzen, sehr langen Handschuhe, das Käppchen mit den spitzen Ohren,

die Schuhe mit den Absätzen. Von ihrem Po schlängelte sich ihr Tigerschwanz zu den Handschuhen

hoch. Das Ende des Schwanzes kreiste wie ein Lasso locker um das Handgelenk.

Ich sah zu ihr hoch. Sie war ein prachtvoller Tiger. Sie war ein echter Menschenfresser. Ich

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führte Mutter in die erste Reihe, wo in der Mitte zwei Plätze frei waren.

„Mama, Dschungel ist besser als Geisterbahn!“, sagte ich begeistert.

Der Pfarrer riss an seiner Kette, die Kugel purzelte um seine Füße. Die Schlümpfe steckten

die Mützen zusammen und tuschelten. Das Huhn wackelte mit dem Schnabel, dann ergriff

es das Mikrofon und sagte: „Gut, dann teilen wir jetzt die Krapfen aus.“

„Hol dir deinen Krapfen, Tiger!“, meinte Mutter und gab mir einen Stoß. Ich sprang vor das

Bürgermeisterhuhn hin und griff in die Schachtel.

„Jeder nur einen!“, zischte das Huhn.

Ich biss mit den Vampirzähnen in die Hühnerkrallen, schnappte mir zwei Krapfen und

fauchte: „Für Mutter auch!“

Als mich Mutter an diesem Abend schlafen legte, durfte ich mein Tigerkostüm anbehalten.

Sie strich mir mit ihren Fingern über die Wangen und erzählte mir ein Märchen, an das ich

mich nicht mehr erinnern kann. Woran ich mich erinnere, ist die Zärtlichkeit ihrer Hände

und der ernste Klang ihrer Stimme, als sie mich fragte: „Bist Du heute glücklich? “

„Sehr glücklich“, sagte ich und drückte mich fest an sie, und sie sagte: „Dann ist es gut.“

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Be-Amtet

Susan Tumbrel

Mit einem erschöpften «Dinnng!» sprang die Anzeige über dem Schalter auf 37. Niemand

reagierte.

«Siebenunddreißig!», bellte der Beamte.

Alice blickte schläfrig auf den Fetzen in ihrer Hand, auf den eine 36 gedruckt war. Sie

sprang auf und hastete an den Schalter: «Entschuldigung! Sie haben die 36 übersprungen!»

Der Beamte starrte sie mit leerem Blick an.

«Gerade Nummern sind im Dritten», schnarrte der Mann.

«Wie bitte?»

«Gerade. Nummern. Werden. Im. Dritten. Bearbeitet.»

«Im dritten was?!», fragte Alice verständnislos.

«Im dritten Stock natürlich!»

«Was…? Wieso?»

Verwirrt wandte Alice sich ab. Sie holte ihre Handtasche und ihre Jacke, woraufhin sich

sofort zwei Wartende auf ihren Stuhl stürzten, dann ging sie mutlos in den dritten Stock.

40 stand auf der leuchtenden Anzeige über dem Schalter.

«Entschuldigung?», versuchte sie den Mitarbeiter auf sich aufmerksam zu machen. «Ich

war im falschen Stockwerk, da ich nicht wusste, dass die geraden Zahlen …»

«Neue Nummer!», herrschte der Beamte sie an.

«Aber …»

Doch der Mann blickte sie derart finster an, dass sie aufgab und eine neue Nummer zog. 112.

Alle Stühle waren besetzt. Also liess sich Alice zu Boden gleiten und lehnte mit dem Rücken

an der Wand. Sie war furchtbar hungrig und unfassbar müde.

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«Nicht auf dem Boden sitzen!», befahl eine harsche Stimme. Alice erblickte einen mürrischen

Sicherheitsmann, stand schwerfällig auf und fragte: «Gibt es woanders noch Sitzgelegenheiten?»

«Nein.»

Die anderen Stehenden blickten entweder mitfühlend oder hämisch zu Alice. Sie seufzte

leise, wobei sie fast erwartete, dass gleich ein weiterer Uniformierter auftauchte und bellte:

«Nicht seufzen!»

Stunden später sprang die Anzeige endlich auf 112 und Alice trat an den Schalter.

«Guten Abend. Ich habe heute dieses Schreiben …»

«Nummer?»

«Wie bitte?»

«Ich muss den Zettel mit der Nummer sehen. Könnte ja sein, dass hier vorgedrängelt wird!»

Alice blinzelte hektisch. Dann kramte sie die Nummer aus der Hosentasche und schob sie

durch den Schlitz in der Glasscheibe. Der Beamte musterte den zerknüllten und von ihren

Händen feuchten Papierfetzen missbilligend.

Alice holte Luft, schloss den Mund wieder und wartete verwirrt.

«Also? Es warten noch andere Leute, falls das nichts Wichtiges betrifft …», sagte der Mann,

ohne sie anzusehen. Alice fiel auf, dass er sie noch kein einziges Mal persönlich angesprochen

hatte.

«Neinnein! Es ist wichtig! Ich habe dieses Schreiben bekommen, in dem steht, dass ich

verstorben bin …»

Alice schob den Brief zum Beamten hinüber. Der reagierte nicht auf das unheimliche Dokument.

«Ja, und?»

«Wie Sie einwandfrei erkennen können, bin ich nicht tot», sagte Alice patzig.

«Gibt es dafür Beweise?»

«Beweise?! Ich stehe hier vor Ihnen! Welchen Beweis brauchen Sie denn noch?»

«Können Sie belegen, dass Sie die Person sind, die in diesem Dokument für tot erklärt

wird?»

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Immerhin sprach er sie nun direkt an, dachte Alice, und kramte in ihrer Handtasche nach

ihrem Pass. Der Beamte nahm ihn, blickte Alice prüfend wie ein Hundeshow-Juror an,

schloss das Dokument wieder und schob den Pass zurück.

«Der könnte gefälscht sein.»

Alice warf verzweifelt die Hände in die Luft.

«Soll ich vielleicht meine Mutter herholen, damit sie bestätigt, wer ich bin?»

Der Mann zuckte unbeeindruckt die Schultern.

«Das würde nichts bringen. Könnte ja eine Schauspielerin sein, die Sie engagiert haben.»

«Ist das Ihr Ernst?! Wer bin ich denn, wenn nicht die Person in all meinen Ausweisen?»

«Woher soll ich das wissen? Ich sage nur, Sie könnten jemand anderes sein.»

«Das ist doch vollkommen unlogisch! Wer würde sich die Mühe machen, einen solchen

Betrug aufzubauen? Und wozu?!»

Alice hatte das Gefühl, in eine Geschichte von Kafka geraten zu sein.

«Es muss doch eine Möglichkeit geben, dieses Missverständnis aufzuklären», versuchte sie

es versöhnlich.

«Tja, da kann ich nichts machen», sagte der Mann.

«Wie meinen Sie das?»

«Das müssen Sie mit dem Bürgerbüro klären. Die haben das Schreiben verschickt.»

Alice seufzte tief.

«Aber auf dem Bürgerbüro sagte man mir, sie verschicken das Schreiben nur. Zuständig sei

das Meldeamt. Ich müsse das hier klären.»

«Ich wüsste nicht, was ich da tun kann. Für solche Fälle ist das Bürgerbüro zuständig»,

wiederholte der Mann unbeeindruckt.

«Hören Sie, ich habe mit dem Bürgerbüro telefoniert. Die haben mir versichert, dass das

Meldeamt den Totenschein annullieren muss. Ausserdem verstehe ich nicht, wie man einen

Totenschein an die angeblich tote Person verschicken kann. Das ergibt doch keinen Sinn!»

Der Mann warf noch einen gelangweilten Blick auf das Dokument und sagte lakonisch:

«Dieses Dokument ist rechtskräftig.»

«Ich weiß selbst, dass dieser Totenschein rechtskräftig ist. Aber ich bin am Leben und möch-

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te, dass er annulliert wird. Wenn ich offiziell verstorben bin, habe ich keinen Anspruch auf

Sozialleistungen. Und was ist, wenn ich eine neue Wohnung suche?», regte sich Alice auf.

Der Mann spitzte nachdenklich die Lippen, doch Alice konnte erkennen, dass ihm ihre

Probleme egal waren. Also holte sie ihr Ass aus dem Ärmel.

«Wenn ich – wie Sie sagen – tot bin, dann werde ich auch keine Steuern zahlen …»

«Sie müssen Steuern zahlen!», antwortete der Mann erbost.

«Muss ich nicht! Da steht es: Ich bin tot. Tote zahlen keine Steuern.»

«Dann kommen wir eben persönlich bei Ihnen vorbei!»

«Dann sage ich, ich bin jemand anderes.»

«Dann lassen wir eben Ihre Mutter Ihre Identität bestätigen!», sagte der Beamte mit gerötetem

Gesicht.

«Dann behaupte ich, dass die Frau eine Schauspielerin ist, die Sie engagiert haben.»

Der Mann schien nicht zu merken, dass Alice sein eigenes Argument gegen ihn verwendete.

«Dann machen wir eben einen Bluttest, der bestätigen wird, dass Sie ihre Tochter sind!»

«Und das wäre dann der eindeutige Beweis, dass ich die Frau in meinem Pass bin?»

«Ja! Daraus können Sie sich nicht mehr herauswinden!», sagte der Mann triumphierend.

Ein leises Lächeln breitete sich auf Alices Gesicht aus, das den Mann stutzen liess.

«Fein», sagte sie zufrieden und sammelte ihre Unterlagen ein. Sie hatte gar nicht gewusst,

dass sie so kaltschnäuzig sein konnte. Diese neue Seite an sich gefiel Alice, und sie fuhr gelassen

fort: «Dann sehen wir uns also nächsten Herbst, wenn die Steuern fällig sind. Schönen

Tag noch!»

«He! HEEE! Warten Sie! Das können Sie nicht machen! Das ist illegal!!», krähte der Mann

ihr hinterher. Doch Alice drehte sich nicht um, während sie flötete: «Tut mir leid, ich kann

Sie nicht hören! Muss daran liegen, dass ich tot bin …»

Dann schloss sich die Aufzugtür hinter ihr.

Über dem Schalter sprang die Anzeige mit einem unbeeindruckten «Ding!» auf 113.

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In cammino

Marco Romano

Era luglio, la luna piena dei lamponi. In un pascolo avevano piantato le tende e il totem.

Ardevano due fuochi e le prime visioni. Sull’erba le coperte, negli occhi lampi rossi, e le

caraffe di vino già vuote. Intorno, cerchi di abeti e corone di faggi, cime con lingue innevate.

Nell’accampamento ora c’è silenzio, ma corpi e tamburi hanno sussultato tutta la notte, fino

all’aurora. Eccitati, hanno squartato una tenda in fiamme, e lui ha dormito sotto le stelle e

le vette. Ora è l’aurora ed è sveglio, pronto a perdersi su sentieri mai percorsi, come sempre.

Nello zaino il maglione dei vent’anni e via, un passo dopo l’altro nell’aria che gli punge il

viso e le mani. In pancia gli pulsano ancora i tamburi e l’energia delle danze notturne. Respira

gli echi del diluvio, espande i sensi, e nel primo raggio di sole si squaglia.

Si infila nel bosco come un cervo nero. Risale gradinate di radici avvinghiate a rocce scagliate

dal ventre della montagna. Il volo d’ombra di un gufo reale. Occhi di fuoco sui mirtilli,

l’ultima preda tra gli artigli della notte. Presto lo scudo di Mitra farà assopire il gufo e tripudiare

i piccoli uccelli della foresta, poi il mattino divampa su foglie marcite. E lui ansima.

Ascolta il cuore che pulsa, i respiri lunghi e profondi, e si arrampica sul sentiero che non

gli dà tregua. Il petto e la pancia vibrano come i tam tam che la notte gli hanno percosso e

spento i pensieri.

Guglie pietrificate arse di vento e di sole, sfasciumi di roccia e sabbia. Baratri invitanti e

montagne incatenate da ondulazioni e valichi, da canaloni e forre, da anfiteatri e detriti

corrosi. Cascate che grondano larici.

Uno spettro nero scompare in uno sbuffo di nebbia esalato da una palude. Un gracchio di

corallo taglia il vento. Ecco gli elmi viola dell’aconito che alterano la vista e paralizzano

cuore e respiro, ecco bacche di Dafne e deliri. Non mangia da ore, e scopre forze del corpo

sepolte. Cammina scavando nel granito che ha dentro. Attraversa le viscere di un monte

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spaccato dove si aggrappano arbusti grigi e ritorti, feriti dal prurito delle rupi. È un albero

in un deserto di sabbia. È una fessura di serpi e vespe affamate. Contempla vette spoglie,

conche amare screpolate di desolazione.

Chiude gli occhi in una radura di muschio e fronde di larici. Medita come fiore di loto. Respira.

Respira. Li riapre, un capriolo lo guarda. Si sentono, si annusano il muschio, forse

si pensano. Un essere umano che non brandisce canne mozze e trappole che sferragliano

sangue. Due viventi che si nutrono di erba e rugiada.

Lapilli e massi erratici intarsiati di licheni e ghirigori così piccoli e grigi che sembrano polvere.

Una torbiera acida dove ragni e salamandre nere e gialle fanno cadaveri.

Distese di rododendri come coperte in fiamme. Nell’incendio di fiori vorrebbe che la terra

lo avviluppasse, lo assorbisse, infine lo decomponesse. Sparire, rinascere bocciolo di cespuglio.

Tra i monti e le guglie c’è una valle di luna che lo avvolge e lo nasconde al mondo. Tutto

evapora e si dissolve. Silenzio. Il monte incombe altissimo, il ghiaccio cola nero da una spelonca

remota. Lui ci arriva, e resta nella fessura dove nuvole di piombo vorticano tra guglie

e spettri, lame di roccia sferzate dall’urlo degli uragani.

In una valle lunare dimora Parvati, Signora della Montagna sposa di Shiva. Prorompe, dissesta,

scorteccia e squarta. Distrugge e ricrea. Vorrebbe che un crepitio celeste o un rombo

giurassico lo seppellissero di terra e massi, e che sul tumulo di dolomia nascesse un giorno

un semprevivo rosso e carnoso.

Lo assale il ricordo di una bufera, di tante bufere. La strada notturna persa sull’orlo di un

burrone, i lampi neri, la neve che gli lambiva il cuore: mani viola di sangue sotto zero.

Due esseri umani lo guardano come un folle. Ha gli occhi dilatati e la pelle dipinta. E penne

d’aquila fra i capelli. Vola oltre, e vede Parvati partorire cinquanta camosci che danzano su

baratri e abissi. Sfidano il vuoto che uccide, sfrecciano su precipizi saltando tra rocce che

sfracellano e triturano. Conoscono la gravità del mondo. Il gregge umano ha speculato a

lungo: brancolando, ha escogitato infine l’asfalto. E di quello si pasce.

È ora di tornare, di ascoltare i richiami dei tamburi della notte e della fame. Ripercorre i

sentieri, scruta e ammira il non visto. Infine, oltre l’indicibile, intravede pascolo e tende.

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Altri novemila istanti di cammino lo annientano e gli espandono la coscienza. È un animale

dio creato, inghiottito e rinato dai gorghi della montagna. Si radica in un larice, si pietrifica

in un diedro. Sgorga dalla terra come polla d’acqua figlia dei ghiacci. Una marmotta fugge

alla tana terrorizzata da un’ombra.

È ora di lasciare quelle visioni vere. È ora di tornare alla tribù. Forse anche gli altri sono

andati oltre, scoprendo dentro e fuori di sé microcosmi inesplorati.

Tra selve e monti continuerà a volare per anni. Ma i mondi cozzavano, gli torcevano il cuore

e la pancia. Bisognava integrarli, pacificarli, provare a farli convivere. Gli ci vollero anni, e

una guida. Per scoprire che la luce è nel nero dei crepacci. Nel fluire delle stagioni. Nello

stare in equilibrio come i camosci. Nell’incontro con le proprie ombre, come il gufo. E con

gli altri.

Ma intanto è ancora lì, e dalla scheggia di un’altura scruta sbuffi di fumo nella prateria.

Ci arriva sfiancato dalle rupi e dal digiuno.

I grani d’oro della polenta danzano nel paiolo come cristalli di luce intrisi di funghi carne

degli dei, e il vino profuso è ambrosia vegetale.

Al crepuscolo, oltre i calici levati al pantheon delle Alpi, oltre le frecce degli abeti scagliate

tra nuvole viola, un grande cerchio d’addio, un’aquila d’oro.

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Gleichzeitig ich

Nadia Rungger

Ich schnäuze mich. Es gibt nichts Unangenehmeres als ein Treffen mit einer Person, die

man einmal gut kannte, aber lange nicht gesehen hat. Ich stecke das Taschentuch zurück in

die Hosentasche. Ein ungutes Gefühl. Schon eine Weile warte ich vor dem Café Frida und

erwarte und schaue mich um. Die Stühle auf der Terrasse sind aufgestapelt, die Tische zur

Seite gestellt, es regnet kaum mehr. Von den zusammengeklappten Sonnenschirmen tropft

es. Der Stoff ist von einem dunklen Rot, ich kann mir vorstellen, dass er heller ist, wenn

er trocken ist. Die Komparsen von diesem Mittwoch gehen an mir vorbei, Mütter und Kinderwägen,

Omas mit violetten Filzmützen, Menschen mit Hund und Menschen ohne Hund,

einige Radfahrer. Ich tappe mit meinen Füßen auf ein nasses Herbstblatt und schiebe es

zwischen die Pflastersteine. Noch während ich mich frage, ob ich die Person überhaupt

erkennen werde oder sie mich, nehme ich eine bekannte Figur auf der gegenüberliegenden

Straßenseite wahr. Wie lange schaut sie schon zu mir? Sie ist noch zu entfernt, um laut zu

grüßen, also winke ich und als sie zurückwinkt denke ich, schaut dämlich aus, das Winken.

Wir setzen uns an den Tisch Nummer fünf. Ich bestelle einen Kaffee. Sie nimmt eine heiße

Schokolade, einen Apfelkuchen wollen wir uns teilen.

Ich überlege, wie man ein Gespräch anfangen soll, nach fünf Jahren. „Fünf Jahre sind

schon eine lange Zeit“, sage ich dann.

Sie schlägt vor, dass wir uns erzählen könnten, was wir gerade so machen.

„Ich habe für die Schule gerade viel zu tun. Aber dieses Wochenende war schön, ich war mit

Elisabeth wandern“, sagt sie. Elisabeth? „Sie ist wirklich lustig“, sagt sie. Die Bedienung

bringt die Getränke. Ich rühre mit dem Löffel in meinem Kaffee. Sie zerreißt das Papiersäckchen

und schüttet den Zucker in ihre Tasse.

„Was ist sonst los?“, frage ich.

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„Daheim“, beginnt sie, daheim, denke ich. Wie war das nochmal. Ich schüttle den Kopf.

„Nein?“, fragt sie zögernd.

„Nein“, sage ich, „ich meine, was hast du gesagt?“

„Daheim“, fängt sie wieder an, hält diesmal meinen Blick fest, damit meine Gedanken nicht

abschweifen können. Und ich bemühe mich, den Geschichten von einem kaputten Staubsauger

und von einer Katzengeburt zu folgen, aber die Dinge verschwimmen. Sie hat Freunde,

mit denen ich nicht mehr rede. Sie weiß Dinge, die ich nicht mehr weiß und weiß Dinge

nicht, die ich weiß. Sie wohnt an einem Ort, an dem ich lange nicht mehr war. Sie hat andere

Gedanken. Ihr schmeckt kein Kaffee. Sie trinkt heiße Schokolade und ihre ganze Realität

schmeckt irgendwie anders als meine.

„Und dir“, sagt sie. „Wie geht es dir so?“

Ich erzähle. Vom Ausziehen und Studieren und Leben. Ich erzähle von einem Gemüsestrudel

mit süßem Blätterteig, vom Lernen, von sonnigen Nachmittagen im Stadtpark mit

Gitarre, und sie hört zu und nickt an den richtigen Stellen, aber ich weiß nicht, wie viel sie

von dem, was ich da sage, wirklich greifen kann.

„Du bist groß geworden“, stellt sie fest.

„Und du“, sage ich, „bist jung geblieben.“

Sie lacht, während meine Miene erstarrt. „Das zeichnet ja gerade das jüngere Ich aus.“

Wie ich da sitze, mit diesem karierten Schal um den Hals und diesem hellblauen Pullover.

Diesen Schal habe ich nicht mehr, und was ist wohl mit den Ohrringen passiert? Und was

ist mit mir passiert? Den Zusammenhang zwischen uns erkenne ich nicht. Er liegt wohl

zwischen uns, doch da sehe ich nichts, nur ein glatter Tisch und Apfelkuchenkrümel auf

einem leeren Teller. Mit einer Gabel schiebe ich die Krümel hin und her, um zwei etwas

entfernte Krümel mit einer Linie zu verbinden. Aber wie geht das? Linien bestehen doch

auch nur aus Punkten. Die Gabel rutscht mir aus der Hand. „Ich gehe kurz ins Bad.“

Da steht es vor mir: mein vertrautes Spiegelbild. Ich wasche mir erleichtert die Hände in

warmem Wasser und gleichzeitig habe ich Angst. Angst, dass ich zu viel von mir vergessen

habe. Dass ich mich vergessen habe. Ich verliere täglich so viele Dinge: Kugelschreiber,

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Haare, den Faden, die Motivation. Ohrringe. Nicht immer merke ich es gleich, wenn etwas

fehlt. Ständig verliere ich Erinnerungen und merke es gar nicht. Und dann so ein Tag wie

heute, und ich finde den Zusammenhang nicht. Ich streife mir die Hände an der Jeans trocken

und gehe zurück zum Tisch Nummer 5.

„Wie ist die heiße Schokolade?“, frage ich.

„Gut“, sagt sie und schiebt mir die Tasse zu. „Magst du kosten?“

Die heiße Schokolade ist mittlerweile lauwarm, aber das reicht ja. Ich schaue mein jüngeres

Ich an, mein fragender Blick wird ein zeitversetzter Spiegel. Etwas ist noch da. Manchmal

ist da ein Geruch, ein Geräusch, und ich erinnere mich. Heiße Schokolade und ich bin wieder

fünfzehn, sitze hier, wie früher in meiner Schulzeit. Den Zusammenhang zwischen uns

müssen wir gar nicht erkennen, der sind wir.

„Diese Elisabeth“, frage ich endlich. „Wer ist das nochmal?“

Sie beginnt zu erzählen, diesmal lachen wir gemeinsam. Und Stück für Stück finde ich Momente

wieder, nach denen ich eigentlich nie gesucht habe.

„Wir sollten uns öfter treffen“, sagt sie mir zum Abschied. „Wir könnten auch die anderen

einladen.“

Ich schließe die Augen und stelle mir vor, wie wir alle an einem großen Tisch sitzen. Ich 1,

Ich 2, Ich 3, Ich 4, 5, 8, 12. Und alle so verschieden und so gleich zeitig. Und dann öffne ich

die Augen wieder. Da sitze ich, am Tisch Nummer 5, trinke den letzten Schluck vom Kaffee,

dann von der heißen Schokolade, und esse die übrig gebliebenen Krümel mit den Fingern.

Ich zahle an der Theke und gehe nach draußen. Allein in ein Café gehen, das hätte ich mit

fünfzehn vermutlich nicht gemacht. Draußen weht ein kühler Wind, bald ist November.

Die Komparsen sind immer noch da, vermutlich sind es nicht die gleichen, aber wer kann

das schon sagen. Die Radfahrer fahren jetzt mit ihren Lichtern, es blinkt rot, wenn sie an

mir vorbeigefahren sind. Ich ziehe den Reißverschluss der Jacke bis ganz nach oben und

wünschte, ich hätte einen Schal mitgenommen. Du bist groß geworden, hat sie mir gesagt.

„Nein“, denke ich, „du.“

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Fearless Girl

Philippe Patra

Robert Harms stand an diesem dunklen Novembermorgen vor der letzten Ampel unweit

seines Büroturmes. Er wippte kurz von den Zehenspitzen auf die Hacken, was ihm, da es

ihm bewusst wurde, sogleich peinlich war. Es schien ihm wie eine Blöße, die er sich vor den

anderen Wartenden neben ihm gegeben hatte – Männer wie er mit blanken Schuhen auf

festem Grund, senkrecht im Lot gut sitzender Anzüge und dunkler Mäntel. Bevor er Gefahr

lief, ein zweites Mal zu wippen, hob er an zu gehen – und ging nicht.

Direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite stand ein kleines Mädchen, vielleicht sieben

Jahre alt. Im Gegensatz zu der uniformen Schar auf seiner Seite stand sie dort alleine. Um

diese Zeit ging der Strom der Menschen genau in die andere Richtung, hinein ins Westend.

Sie kam für ihn aus einer bemerkenswert falschen Richtung. In ihrem Rücken waren nur

Bürogebäude und das Messegelände. Sie trug eine rosa Daunenjacke, die Kapuze mit Fellkragen

hochgeschlagen; über der Jacke eine neongelbe Warnweste und auf dem Rücken einen

Tornister; die Beine steckten in weißen Leggins und die Füße in hellen Moonboots. Die

elterliche Fürsorge hatte sie allzu gut eingepackt. Die Fülle der Kleidungsschichten führte

allerdings dazu, dass ihre Arme mehr abstanden denn hingen. Eine Astronautin, die sich zu

weit von ihrem Mutterschiff entfernt hatte und nun als kleiner heller Fleck auf sich allein

gestellt durchs All trieb; die Augen überflüssigerweise auf ihn gerichtet.

Als er ihren Blick sah, ließ ihn das für einen Moment stutzen. Da waren all seine Routinen

und da war er und beides war plötzlich zweierlei. Mit einem Mal war er sich selber auf eine

ungewohnte Weise übrig. Ein Lieferwagen schlug Harms mit einem Luftsog den feuchten

Morgen ins Gesicht. „Weit draußen“ ging es ihm durch den Kopf. „Du bist weit draußen“.

Da stand er in einem Quartier ohne Gesicht, vor ihm rauschten blechbewehrte Karossen,

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hinter ihm kreischten die metallenen Räder der Tram; der nasse Asphalt und nicht weit unter

dem nassen Asphalt die Glasfaserkabel; in den Kabeln ein bunter Strom aus Derivaten,

Anleihen, Zertifikaten und Termingeschäften. Da unten lief das große Rad, an dem er gleich

mitdrehen würde. Just in diesem Augenblick huschten Waren aller Art aus Fernost unter

seinen Füßen hindurch; Tokio würde bald schließen. In einer Stunde kam Bewegung in die

europäischen Kurse und am Nachmittag stieß New York dazu. Die Ampel sprang auf grün.

Im Nachhinein konnte er nicht mehr wirklich sagen, warum es passierte. Er schob es auf

die Rührung, die das Kind in seiner eigenartigen Verlorenheit in ihm ausgelöst hatte. Er

hatte unvermittelt das Bedürfnis, sie zu warnen, vor was auch immer. Als sie auf gleicher

Höhe waren, die kleine Astronautin und er, hatte er sich aus jenem Reflex heraus, mit dem

sich das Große des Kleinen erbarmt, zu dem Mädchen hinuntergebeugt. Noch in der Bewegung

dämmerte es ihm, dass er gerade im Begriff war, die schützende Hülle des Üblichen

zu verlassen. Doch einmal angefangen, musste die Geste ja nun auch irgendwie zu Ende

gebracht werden. „Sieh dich vor“, hörte er sich sagen. Gemeint hatte er eigentlich „pass

auf dich auf, es ist dunkel und die Stadt ist kein Spielplatz“. Aus der Fellkapuze blickten

ihn zwei Augen argwöhnisch an, dann folgte ein schmerzvoller Tritt der Moonboots gegen

sein Schienbein und die Kleine rannte wortlos davon. Er rieb sich das Bein und blickte dem

wippenden Tornister entgeistert nach. Das Einhorn auf der Rückseite ihres Ranzens nickte,

als geschähe es ihm recht. An der Stelle, wo sie ihn getroffen hatte, zierte jetzt ein großer

Fleck seine Hose – matschbraun auf italienischblau. Das Hupen einer Geländelimousine

schreckte ihn auf und scheuchte ihn von der Straße. Der Puls ging ihm in einem dumpfen

Rauschen durch den Kopf. Immer noch verdutzt flüchtete er sich auf den Platz vor den

Messehallen etwas abseits der Straße.

Was wollte er bloß in dieser Stadt, in diesem Turm, ja, in diesem Anzug? Sein Leben war

seit Jahren ein einziges Missverständnis. Die Bank, bei der er seit seinem Weggang aus

Wilmersheim gearbeitet hatte, war nichts anderes als ein gigantisches Wettbüro, in dem er

munter Lose druckte und über die Theke reichte. Er nahm, was er fand, Rohstoffe, Währungen,

Erde, Luft und Wasser – klebte ein Etikett darauf und schickte alles auf die Reise.

Die Zeit tat ein Übriges. Sein Ertrag waren die verbrieften Hoffnungen auf die Gunst oder

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auch die Verheerungen des Schicksals.

Ein Teppich, kam es ihm unvermittelt in den Sinn. Es muss an dem Teppich gelegen haben,

dass er sich eines Tages als Wertpapierhändler wiederfinden sollte. Die Filiale der Sparkasse

war damals das einzige Geschäft in Wilmersheim gewesen, das mit einem schmeichelnden

Bodenbelag ausgelegt war. Jedes Mal, wenn er mit seiner Mutter in die Filiale

ging, empfand er den kühlen Raum, den gedämpften Tonfall der Gespräche und eben das

Schreiten auf dem textilen Flor angenehm beruhigend. Es war, als läge in diesem Flüstern

eine Erkenntnis verborgen, welche die Erwachsenen in diskretem Ernst zu würdigen suchten.

Hier musste er auf die Idee verfallen sein, es sei erstrebenswert, später mal in einer

ebensolchen Umgebung unterzukommen. Das hatte er nun davon. Jetzt arbeitete er in einer

kleinen, unzureichend schallgeschützten Parzelle in einem Großraumbüro und ließ sich

von einem kunterbunten Einhorn die Zunge rausstrecken.

Harms stand immer noch auf dem Platz. Obwohl er nun schon seit einigen Minuten ohne

jede Bewegung dastand, fiel er niemandem auf. Sein regloses Schauen verschmolz mit

seinem Hintergrund und lag wie angespültes Strandgut am Ufer eines großen Stroms, als

plötzlich erste Schneeflocken fielen. Vereinzelt zunächst, nahm das stumme Fallen rasch

an Dichte zu. Schon bald bedeckte ein weißer Flaum den Platz und dämpfte die Geräusche

der Stadt. In diesem Moment stieg eine gelinde Zuversicht in ihm auf. Es war einer jener

seltenen Augenblicke, in denen die Summe der Teile in einem plötzlichen Einklang von

Innen und Außen aufging. Harms lächelte. Er hatte seinen Teppich wieder. Sein Platz im

Büro würde an diesem und allen weiteren Tagen leer bleiben.

Am Nachmittag jenes Tages hüpfte ein Mädchen auf dem Nachhauseweg von der Schule

durch den unberührten Neuschnee vor den Messenhallen. Sie stempelte in großen Sätzen

die weiße, makellose Fläche mit dem Profil ihrer Moonboots, als täte sie die ersten Schritte

auf einem fremden Planeten. Für einen kurzen Moment wunderte sie sich über Fußspuren,

die dort wie aus dem Nichts zu beginnen schienen, um sich schließlich in Richtung der Ausfallstraße

zu verlieren. Doch dann ging es ihr auf. Mary Poppins, dachte das Mädchen, sie

musste an ihrem Schirm hinabgesegelt und mitten auf dem Platz gelandet sein.

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Me and Marie

Lucy Bauer

It was the first time I had exposed the new me in public and it was the comfort of strangers

I was seeking. At the spa hotel where I was treating myself to a short winter break, nobody

knew me, so nobody could compare the new me to the former me. The people here would

take me at face value. I could practise being the Anne I had become without fear of

judgement.

I settled on a lounger at the glass-fronted side of the pool facing out to tall pines, from

whose heavily laden branches the breeze was whisking wisps of snow. In the window I

could see my reflection superimposed on the backdrop of trees: a glittering blend of cream

and white, I seemed to be floating and shimmering like some Christmas decoration. From

my soft nest of towels, I studied the reflection. Even accounting for an inevitable degree of

exaggeration on the part of the sales lady, I felt she was right: I looked fine in the sparkly

cream swimsuit, one of the two I had purchased. I felt reassured.

And then Marie appeared. I hadn’t seen her in decades and yet she was instantly recognisable

as she glided towards me along the poolside. After all this time, she was still shapely and

beautiful in her well-cut, emerald green swimsuit. I could hardly believe it: honestly, what

were the chances? Instinctively I closed my eyes, like some creature under threat from a

predator. Here comes danger, play dead. There was a jingling of bangles as she fussed over

the lounger beside me, adjusting it, spreading a towel, snapping open a spectacle case. I

could picture the perfectly manicured nails fluttering as she did so. What were the chances

of meeting Marie at a luxury spa halfway up a mountain? Well, the luxury part would

increase the chances, of course. Lying there, I realised I was as trapped as any animal of

prey. I might as well give myself up right away; delaying the moment would only increase

the agony when she started to tear me apart.

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I took a sly peek. How could it be that thirty years on the sight of Marie still made me feel

inadequate, panicky? She sat daintily on the edge of the lounger, her back to me. Memories

surfaced of class trips to the pool when we were teenagers, all of us desperate to gain Marie’s

favour, all dreading her dismissive remarks about our unfashionable swimwear. Nowadays,

I noticed, Marie’s came well up her back. For one reason or another, we all end up in a onepiece

swimsuit, I reflected; even the gorgeous Marie.

“Hello,” I said. She swung round and stared. “Er, I’m sorry, I’m not sure…”

Trying to sound enthusiastic about this unnerving stroke of fate, I revealed my identity.

Marie reacted in an unexpectedly amicable manner. For the first few minutes, as she

arranged herself elegantly on her lounger, we exchanged the obligatory pleasantries: “Fancy

meeting you here!” and “You haven’t changed a bit!” That last one was a joke: we most

certainly had changed a bit. Truth to tell, though, I had always been jealous of Marie, her

natural good looks, her effortless style, her privileged lifestyle. We had been friends of a sort

at school but drifted apart when we got to university. She attached herself to the yachting

crowd; I joined the “Oh-God-I’ve-got-an-essay-to-write-sod-it-let’s-go-for-a-drink-first”

crowd.

There would be no escaping talk of old times. In for a penny, in for a pound, I thought. “So,

did you and Alan make a go of it?” I asked.

“Alan Carnie?” I wondered if there had actually been more than one Alan in her life.

“Sadly, no. He went the way of all my boyfriends,” she said. I myself hadn’t had any

relationships that had lasted long enough to even warrant the definition “boyfriend”.

“Mummy didn’t approve of him. You know what Mummy was like.”

I did: thin, immaculately dressed, well-spoken, confident – everything my own mother

wasn’t and I wished she was.

“Absolutely unbearable,” Marie murmured, closing her eyes with a sigh. Clearly there had

been more to that Mummy I so admired than met the eye. Marie changed the subject

smoothly. “So what do you do? Did you put that degree to good use?”

“Teacher,” I replied. “Tough at times, but fine on the whole. What about you?”

“Never graduated – seemed pointless at the time. My career was never up for discussion

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– the family business, you know - so it hardly seemed worth hanging on at university.

Regretted it later, actually.” She lay motionless, eyes closed.

I remembered end-of-term boxes of fine confectionery, delivered in person by that

glamorous mother, for classmates and teachers to gorge themselves on. Marie, slender and

aloof, would hang back looking bored as everybody devoured the goodies.

“Merton’s Quality Chocolates,” Marie continued, as though reading my thoughts. “A great

way to make a fortune, persuading people to spend their hard-earned money on something

to make them fat and ill.” She turned to look at me. “You know, Anne, I always wished I

could be more like you, talented and independent. You’ve done something meaningful with

your life. I hope those kids you teach appreciate you.”

She was being serious: Marie Merton, peak of perfection, envied me. It was bewildering.

Were we, this Marie, this me, the same people as those girls of yesteryear? Who were those

girls? Why didn’t we know ourselves and each other better back then? And who were we

now, really? There was something Marie was keeping quiet about and I was curious to see

whether she was going to open up. I decided to throw her a line. “Actually, I’ve been off

work for a while. Bit of an issue with my health, but back on track now.”

Did I discern a quick frown, the briefest clenching of the jaw? But she remarked lightly, “Oh

dear! Old age comes to us all, doesn’t it?” She waved her rather stylish reading glasses gaily

in the air. “We all need a little support eventually, eh?” Then she put the glasses on, leaned

over and picked up my book. “What are the literati reading these days anyway? Anything

you can recommend?”

At pool time the next afternoon I had a dilemma. I took out my other new swimsuit and

held it up for appraisal: emerald green and improbably, against all the odds, exactly the

same model as Marie’s. But would it look as good on me as it did on her? And would it be

horribly embarrassing for her if we turned up at the pool wearing the same thing? Surely we

could handle the situation as grown women? But that wasn’t all: the thing is, our swimsuit

held a secret.

“The cream and the emerald green both look stunning on you,” the sales lady had assured

me. “Nobody would ever know.”

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I’d never paid anywhere near as much for a swimsuit in my life. But now the time had come

for something out of the ordinary, something more exclusive, something not every second

woman was wearing. There’s nothing like a malignant growth gnawing at a sensitive part

of your anatomy as well as at your self-esteem to make you rethink your swimwear choices:

one-piece from now on, and not just any old thing from the chain store. No, only a very

special garment designed to conceal the damage done by the surgeon’s knife would do.

My mind was made up: Marie and I had something in common at last and I wanted her

to acknowledge it. When I got to the pool in my green swimsuit, feeling slightly nervous,

Marie was already there, and wearing hers again. She waved when she spotted me and

nodded towards the lounger beside her. “Kept it free for you,” she said, then lay back and

closed her eyes with a smile. Her composure astonished me. The cat was out of the bag: she

knew now that I knew her secret and she knew that her secret was also mine. Yet, typical

Marie, she was as cool as a cucumber. I placed my glasses and book beside hers on the little

table between the loungers, spread out my towel and lay down.

Minutes went by. I wanted to say something but felt tongue-tied, as so often with Marie in

the past. Suddenly I was ashamed of my behaviour. Why had I played this childish game?

Couldn’t I have been discreet enough just to stick to the cream swimsuit and let Marie keep

her secret? What was I trying to prove – that she was flawed too, no better than me after

all? All at once, Marie opened her eyes and glanced across. I hadn’t known she could smile

so warmly.

“By the way, you have excellent taste in swimwear, Anne. That one you had on yesterday

- believe it or not, I’ve got it too, in red. Nice to have a contrast, isn’t it? And they do work,

these swimsuits, don’t they? Nobody would ever know.”

So this was the new Marie: sensitive and kinder than me. I returned her smile. The stories

of how we came to be who we had become would be told, all in good time. For now we would

just relax in companionable silence. In the plate glass window our reflections hovered

against the gently bending pine trees outside. We were almost a mirror image of each other:

identical loungers, towels, swimsuits, linked by the little table with our books and glasses

in between.

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Fragen und Antworten

Daniel Klaus

Diese Geschichte habe ich eigentlich nur zur Hälfte geschrieben. Der Rest stammt von einem

zwölfjährigen Jungen, den ich die letzten Wochen mit Fragen gelöchert habe. Und von

ihm stammen die Antworten. Ich habe einfach immer nur Fragen gestellt, immer weiter

und weiter. Dieser Junge hat mir über einen Monat lang die Welt erklärt.

Du fragst, ich antworte steht auf seiner Seite, und so ähnlich lautet auch die Webadresse.

Ich bin beim Surfen durch Zufall darauf gestoßen, so wie man die wirklich wichtigen

und spannenden Dinge immer durch Zufall entdeckt. Ein bisschen was erfährt man auf

dieser Seite auch über ihn, aber viel ist es nicht: Er nennt sein Alter (12 Jahre), verrät, was

sein Lieblingsessen ist (Kartoffelbrei mit einem Schuss Sahne und dazu Hackfleischsoße),

schreibt, dass er in einer großen Stadt lebt (aber nicht in welcher) und verkündet abschließend,

dass sein Zimmer nicht aufgeräumt ist (als Beweis gibt es ein Photo – und ja: Auf dem

Bild sieht es wirklich unordentlich aus). Ein Photo von ihm selbst gibt es nicht, obwohl ich

sehr gerne wissen würde, wie er aussieht. Ich glaube, er trägt eine Brille, aber das ist nur

eine Vermutung.

Vielleicht ist er gelähmt und sitzt im Rollstuhl. Vielleicht verbringt er deshalb so viel Zeit

am PC und beantwortet meine Fragen so schnell. Vielleicht hat es aber auch andere Gründe.

Vielleicht hat er einfach eine Menge Zeit, weil er nie Hausaufgaben macht.

Hier sind ein paar der Fragen, die ich ihm gestellt habe: Was ist schöner – eine Tomate

oder eine Rose? Was ist deine Lieblingshimmelsrichtung? Was ist 3x7 und warum ist das

Ergebnis meine Lieblingszahl? Meinst du, es gibt Menschen, die Gott siezen, wenn sie zu

ihm beten? Sollte man im Sommer barfuß laufen? Kann man mit einem Rasenmäher auch

rasen oder nur mähen? Warum fühle ich mich manchmal wie ein Flamingo? Wie schnell

schlägt mein Herz und für wen? Warum können Nasen laufen und Füße riechen? Wann ist

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jetzt und wo beginnt die Zukunft? Wohin kommt man, wenn man nur seinem Gefühl folgt?

Das sind knifflige Fragen, natürlich, vor allem für einen zwölf Jahre alten Jungen, aber er

hat mir auf jede Frage eine Antwort gegeben. Aus manchen Fragen haben sich sogar richtige

Gespräche entwickelt, die sich dann mit Unterbrechungen über mehrere Tage hinzogen.

Irgendwann habe ich ihm auch Fragen gestellt, die direkt meinen Alltag betrafen. Gleich

nach dem Aufstehen setzte ich mich an den PC und gab ein: Soll ich zum Bäcker runter und

frische Brötchen holen oder esse ich das drei Tage alte Brot?

Essen Sie Müsli, bekam ich zur Antwort, das ist gesünder.

Ein paar Stunden später fragte ich: Was soll ich zu Mittag essen?

Spinat und Salat, war die Antwort.

Warum?, wollte ich wissen.

Weil es sich reimt.

Also kaufte ich genau diese Dinge im Supermarkt plus eine Flasche Zitronensprudel. Es war

eine interessante Erfahrung, eine Mahlzeit zu essen, die sich reimt. Spinat und Salat, Spinat

und Salat, ging es mir durch den Kopf, während ich aß. Spinat und Salat, Spinat und Salat,

und dazu trank ich zwei große Gläser süßen Zitronensprudel und freute mich.

Ein paar Tage später durfte ich mit den Füßen nicht über durchgezogene Linien treten, was

nicht gerade einfach war, da die Bürgersteige in meinem Viertel nicht aus Gehwegplatten

bestehen, sondern gepflastert sind. Die meiste Zeit balancierte ich deshalb auf dem Bordstein

entlang, und wenn es gar nicht anders ging, trippelte ich ein kleines Stück wie eine

Ballerina auf den Zehenspitzen über die Pflastersteine. Am Abend war ich völlig fertig, aber

ich war auch hochzufrieden. Ich hatte von ihm wissen wollen, wie es sich anfühlt, zwölf zu

sein.

Und nun ist es seit einer Woche still. Ich erhalte keine Antworten mehr, nicht das kleinste

Lebenszeichen. Was ist mit ihm? Diese Geschichte kann doch nicht einfach so aufhören, so

mittendrin und abrupt. Ob er verreist oder im Urlaub ist? Aber in keinem Bundesland sind

Ferien. Oder hat er von seinen Eltern ein Computerverbot bekommen, weil er seit Wochen

seine Hausaufgaben nicht gemacht hat?

Ich habe mir jetzt schon ein paar Mal sehr genau das Photo mit seinem Zimmer angeschaut,

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in der Hoffnung, darauf einen Hinweis zu entdecken. Doch so sehr ich mich auch anstrenge,

ich kann nichts Besonderes darauf sehen. Es scheint einfach ein unaufgeräumtes Zimmer

zu sein.

Aber ich will mich nicht damit abfinden. Ich muss professioneller an die Sache herangehen,

wie ein Detektiv, denke ich. Ich lade das Bild herunter, öffne es mit Photoshop und nehme

es unter die virtuelle Lupe. Ich beginne links oben und arbeite mich in Serpentinen nach

unten. Und tatsächlich: Im unteren Teil des Bildes entdecke ich auf dem Fußboden einen

weißen Zettel, den ich bisher übersehen hatte. Ich zoome heran. Es steht etwas darauf geschrieben.

Ich vergrößere den Ausschnitt solange, bis ich es lesen kann.

Ich lese es einmal, zweimal. Und noch einmal. Damit hätte ich nicht gerechnet.

Auf dem Zettel steht: Sie sollten jetzt besser wieder auf eigenen Beinen stehen.

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C’era una volta nove

Emanuele Quindici

È il mezzogiorno di venerdì santo e io sono in piazza a Monte S. Salvo, Appennino campano.

Qui la chirurgia urbanistica ha regalato anonime facce nuove agli edifici ristrutturati dopo

il terremoto del 1980, eppure rimangono in vista le carie dei ruderi ancora e per sempre

abbandonati. Quando ci eravamo trasferiti a Torino avevo cinque anni. Per qualche tempo

tornavamo al paese in estate e a Natale; poi una volta ogni tanto, infine mai più, da quando

papà e mamma se n’erano andati. D’altronde, io e mio fratello eravamo vissuti nella discontinuità

con la nostra vita pre-sisma: mamma e papà ci dicevano di non dare spiegazioni

sulla nostra origine, di non usare il dialetto, di non nominare il terremoto. Il lutto della

perdita, la vergogna dell’emigrazione, erano cose per i grandi. Ma all’inizio di questa storia

c’è un trasloco.

Traslocare ti porta a pareggiare piccoli conti aperti, di cui avevi perso le tracce, e ad aprirne

altri, di cui prenderai coscienza solo più avanti. Esistono oggetti scivolati dietro mobili

troppo grandi per essere mossi, altri semplicemente scomparsi oltre il territorio vago esplorabile

dai nostri ricordi, sopra gli scaffali alti degli armadi, dentro scatole il cui contenuto si

fa sempre più incerto con il passare del tempo. Traslocare comporta questo inventario biografico

forzato, nel bene e nel male, dentro il percorso che si muove tortuoso tra la dolcezza

di alcuni ritrovamenti e il distacco emotivo da altri; ovvero tra il valore sentimentale di ciò

che ha maturato l’etichetta di antico e l’indifferenza per ciò che è semplicemente scaduto

nella categoria di vecchio.

E così, tenendo fra le mani il mio “sussidiario” di terza elementare, era uscito un foglietto

con la mia calligrafia, su cui avevo ricopiato una filastrocca. Me la diceva nonna, metà nel

suo dialetto aspro della montagna, metà in italiano, perché noi bambini dovevamo crescere

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di lingua madre italiana, ora che ci eravamo trasferiti. Il biglietto era strappato, così che la

filastrocca iniziava con la seconda strofa:

“C’era una volta due

che correvan dietro a un bue.

Quando questo si voltò

uno fuggi e l’altro scappò.”

Il foglietto era uscito dalle pagine del libro come un genio dalla lampada abbandonata per

secoli, e la filastrocca un poco per volta usciva dal capitolo della mia memoria dove giaceva

la storia della mia infanzia e da lì, per lunghi anni ripiegata e nascosta, una strofa per volta,

la filastrocca si completava:

“C’era una volta sei

che si contavano i nei.

Chi ne aveva di più

Se li tingeva tutti di blu.”

Le strofe emergevano una per una dai miei ricordi, e io notavo come il nonsense si alternasse

a immagini più crude: il gatto che graffiava i quattro che gli tiravano la coda, la brutta

vecchia che bastonava i cinque che le mostravano le lingue. E il cane che si mangiava il

biscotto conteso tra gli otto non era un tenero cucciolo, era un brutto cane nero. Alle monellerie

di quegli screanzati, ad ogni strofa più numerosi, seguiva inesorabile il castigo. La

vecchiaia è brutta, il nero chiama la paura: perché la vita non è fatta solo di dolcezze e un

tempo questa verità non si negava nemmeno ai bambini.

Nel giro di tre giorni ero riuscito a ricostruire nove strofe su dieci. L’ultima, in particolare,

mi infondeva una strana inquietudine:

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“C’era una volta dieci

che contavano un sacco di ceci.

Quando arrivarono a cento

si addormentarono sul pavimento.”

Vedevo la scena dei dieci ragazzi colti dal sonno, forse per la stanchezza, forse per l’epilogo

malvagio di un incantesimo, e questa immagine del letargo collettivo alla fine della

filastrocca suscitava in me il sentimento inesorabile della sconfitta, e persino un richiamo

implicito alla morte di ognuno, alla fine del conto dei propri giorni. Ma un vuoto totale mi

riempiva quando mi sforzavo di recuperare un appiglio minimo con la nona strofa: “C’era

una volta nove…” - cominciavo - e da lì non mi muovevo.

Ero ormai nella nuova casa e avevo quasi smesso di pensarci; eppure conservavo il mio bigliettino

nel portafoglio e ogni volta che qualcosa mi suggeriva un richiamo alla filastrocca,

o al numero nove, il pungolo della strofa mancante tornava, come il fastidio di una minuscola

scheggia che portiamo nel dito da giorni. Decisi di sentire qualcuno al paese dei miei

(mio fratello conservava solo un vago ricordo di nonna); non avevo che un paio di nomi.

Alla fine aveva risposto mia cugina Enza.

Ecco, ora la attendo al bar della piazza. Risento le voci del paese e riconosco in me gli effetti

del suono del dialetto. E sento che quelle parole calzano, risuonano familiari nell’architettura

della mia memoria acustica, avendole ascoltate per anni, prima da tutti, nel paese, poi da

nonna e dai miei genitori, poi solo tra mamma e papà. Infine, soltanto nella mia memoria

erano rimaste tracce, sempre più rade. Ora posso chiudere gli occhi e ascoltare, al tavolino

del bar di Monte S. Salvo, mentre attendo Enza, che arriva dalla sua lavanderia, oggi chiusa

in anticipo in mio onore.

Mentre mi accompagna a casa sua, Enza mi dice del paese, delle difficoltà iniziali dopo il

sisma, della ripresa lenta, di ciò che è andato perduto: case, strade, persone, storie. Ma ormai

il paese è un altro: guardo le vie e le piazzette, ne riconosco qualcuna, forse mi sbaglio,

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eppure sento che qualcosa mi ritorna indietro da lontano. Enza abita un po’ fuori, in una

villetta come tante altre. Prima di smontare dall’auto non resisto e di punto in bianco le

domando se anche lei ricorda la filastrocca di nonna. Lei rimane interdetta, certo non può

capire, ancora. A fatica ricorda alcune strofe, ma io ormai le conosco alla perfezione, tutte

tranne una, e la aiuto. Possibile che lei ricordi la nona, di cui io ho smarrito ogni traccia? E

infatti sì, le esce dalla bocca, precisa, immediata, e fa:

“C’era una volta nove

che dicevano nessuno ci muove!

Arrivò un terremoto

e li buttò tutti nel vuoto.”

Il viso di Enza smarrisce il sorriso per un attimo. Poi mi dice “Sai, quella parola qui fa ancora

paura…”.

Io finalmente capisco. Lasciato il paese, nonna aveva tolto il terremoto dalla filastrocca: noi

bambini dovevamo rimuovere dalla memoria quel giorno della storia della nostra famiglia

in cui la montagna aveva voluto scrollarci via da sé, buttandoci tutti nel vuoto, e quel giorno

doveva essere cancellato dalla nostra esistenza. Eppure, di quello che io ero ormai, ben

poco sarebbe stato senza quel terremoto.

Entro nella casa, che - a differenza della mia - è luminosa e impeccabile e piena di soprammobili

di ogni tipo. Suo marito Giovanni non l’ho ancora conosciuto, ma mi abbraccia a

lungo; è orgoglioso del mio ritorno al paese, dopo tanti anni. Anche loro hanno cambiato

casa da poco. Enza sorride ogni momento mentre me la mostra.

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Eine dicke alte Frau

Ryka Foerster

„Eine dicke alte Frau.“

Das ist das erste, was Robert denkt, als er sie sieht. Er denkt nicht „eine dicke alte weiße

Frau“, denn ihre Hautfarbe ist kein Merkmal, durch das sie sich von den Menschen in ihrer

Umgebung unterscheidet. Und genau genommen denkt er es auch nicht, er nimmt es einfach

wahr: Sie ist eine dicke alte Frau.

Am Samstagmorgen sind fast ausschließlich Männer im Baumarkt, daher ist die Tatsache,

dass sie eine Frau ist, das erste und auffälligste, was an ihr bemerkenswert ist. Ihren üppigen

Körper hat sie in ein T-Shirt und eine eng sitzende Latzhose gezwängt, darüber trägt

sie ein kariertes Hemd und an den Füßen Arbeitsschuhe mit Schutzkappe. Nicht gerade die

Garderobe, die man bei einer Frau um die sechzig erwarten würde.

„Sie sieht aus wie ein Holzfäller.“ Jetzt ist sie in Roberts Bewusstsein angekommen, und er

betrachtet sie genauer. Graue Haare, fast weiß. Lachfalten. Wache Augen. Ein freundliches

Gesicht. „Was sie wohl baut?“, fragt er sich. Und da er ein neugieriger Mensch ist und an

diesem Samstagvormittag nichts anderes vorhat, als einen Sack mit Blumenerde für seine

Balkonpflanzen zu kaufen, folgt er ihr unauffällig bis in die Abteilung mit den Holzzuschnitten.

„Lieber Gott, mach, dass dieser Kelch an mir vorübergeht“, betet Marvin, als die dicke alte

Frau auf ihn zukommt. Genau genommen betet er nicht, er ist kein gläubiger Mensch, aber

auf diese Kundin hat er definitiv keinen Bock. Wenn sie attraktiv wäre, oder sexy, dann würde

er sich vielleicht auch bei ihr ins Zeug legen und ein bisschen mit ihr flirten, er ist ja kein

Unmensch – aber eine Omi, die in ihrer Latzhose aussieht wie eine Bockwurst und einen auf

Profi macht in ihren Arbeitsschuhen: Nein danke, das muss doch nun wirklich nicht sein.

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Robert amüsiert sich. Seit fast zehn Minuten lungert er vor dem Regal mit den Holzimprägnierungen

herum, um kein Wort von dem Gespräch zwischen dem Verkäufer und der

Frau zu verpassen. Sie will ein Baumhaus bauen, braucht die entsprechend zugesägten Hölzer

und die passenden Winkel und sucht den Rat des Verkäufers, weil sie noch unsicher

ist, wie sie am besten die Überdachung konstruiert. Der junge Schnösel am Infoschalter

hat offensichtlich keine Ahnung, was sie von ihm will: Ihre Fragen scheinen ihm beinahe

körperliches Unbehagen zu bereiten. Robert könnte ihr weiterhelfen, er ist Tischler. Aber

noch gönnt er sich die Freude, ihre Stimme und ihre geduldige Beharrlichkeit zu genießen.

Er selbst hätte den pickeligen Brad-Pitt-Verschnitt schon längst auf den Pott gesetzt. Sie

bleibt gelassen und humorvoll. Sie gefällt ihm.

Marvin hat langsam die Schnauze voll. Er ist hier nur zur Aushilfe und hat keinen blassen

Schimmer, ob man Dachpappe besser nagelt oder schraubt. Aber das muss er seiner Kundin

ja nicht auf die Nase binden. Die Alte lässt sich nicht abwimmeln. Das nervt. Ganz ehrlich:

Die Vorstellung, wie sie ihr Fett eine Strickleiter hochhievt, ist doch absolut lächerlich.

Was soll das denn für ein Baum sein, der diese dicke Tonne aushält?

„Was wollen Sie eigentlich mit einem Baumhaus?“, platzt es schließlich aus ihm heraus. Ihm

ist klar, dass weder die Frage noch der Tonfall in Ordnung sind, aber er ist doch auch nur

ein Mensch. Er hofft, dass sie jetzt endlich Ruhe gibt und dass keiner von seinen Kollegen

mitbekommt, was hier läuft. Er braucht den Job.

„Touché“, denkt sich Robert, „Volltreffer unterhalb der Gürtellinie.“ Er gesellt sich zu den

beiden an den Infoschalter, um Schlimmeres zu verhindern. Marvin grinst ihn an, als habe

er gerade einen guten Witz gemacht, für den er jetzt den Beifall seines besten Kumpels

erwartet. Die Frau bemüht sich um ein Pokerface. Schwer zu sagen, was sie empfindet:

Fassungslosigkeit? Empörung? Scham? Belustigung? Wut? Ohnmacht?

„Lieber Gott, mach, dass sie sich nicht rechtfertigt“, betet Robert. Er betet wirklich. Er hat

schon lange keine Frau getroffen, die ihn so neugierig macht wie diese, und er wünscht

sich inständig, dass sie sich von dem aufgeblasenen Baumarktfuzzi nicht ins Bockshorn

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jagen lässt. Er lächelt ihr zu und hofft, dass die Aufmunterung bei ihr ankommt. Sie lächelt

zurück.

Dann wendet sie sich wieder dem Verkäufer zu. Wenn man nicht so genau hinsieht, könnte

man die Anordnung ihrer Gesichtsmuskulatur immer noch für ein Lächeln halten.

„Es gibt kein Verbot für alte Weiber, auf Bäume zu klettern“, erklärt sie dem jungen Mann,

„das gilt auch für dicke alte Frauen“.

Robert lacht los. „Sie mögen Astrid Lindgren?“, fragt er, als er wieder sprechen kann.

„Unbedingt!“ Die Frau, von der er gleich erfahren wird, dass sie Marion heißt, strahlt ihn an.

Marvin hat es die Sprache verschlagen. Er hat keine Ahnung, was da gerade abgeht.

Aber wen interessiert das schon?

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Klirren

Yvonne Hergane

Nicht immer biegen sich Lebenslinien, auf dass sich Kreise schließen. Nicht immer kommen

Dinge, ob gut oder schlecht, im Dreierpack daher. Manchmal sind es Paare, miteinander

geborene, miteinander verwobene, miteinander verstorbene Zweiergespanne, Zwillinge,

durch die Zeit verworfen, aber doch untrennbar zusammengehörig.

Hanne ist dreizehn, die Mutter nicht da. Hanne hat ihren Schlüssel vergessen, nicht aber,

dass Mama eigentlich da sein sollte. Sie ist sonst immer da um diese Zeit. Was ist ihr zugestoßen?

Hanne klingelt, klopft, hämmert, rennt in den nassgrünen Garten, stellt sich vor das Fenster

im Erdgeschoss, ruft durch die Scheibe, erst leise wegen der Nachbarn, dann laut wegen

der Mutter.

Liegt da nicht im dunklen Zimmer eine Gestalt am Boden? Schwarzer Schatten, unbewegt.

Mama! Mama! Geht’s dir gut?

Sie muss da rein. Ein Hammer, nein, ein Schuh, nein, ein Stein. Ein Stein. Als Hanne vor

Monaten in der Schule ein Fenster zerbrach, hat Mama nicht über den Bruch geschimpft,

nur darüber, dass sie die neue Scheibe selbst besorgen musste und der Glaser so furchtbar

schwer aufzutreiben war im mangelwirtschaftigen Land.

Und jetzt? Jetzt ist das egal, entscheidet Hanne, Scheibe und Glaser und Mangelwirtschaft

hin oder her, sie muss Mama retten.

Ein Wurf, seitlich, die steinfreie Hand schützend vors Gesicht gehoben. Die Scheibe widersteht.

Noch mal, fester.

Das Fenster erbebt und zersplittert, der Himmel regnet Scherben. Hanne wickelt sich den

Pullover um die Unterarme, zupft die untersten Glasstalagmiten aus dem Rahmen und

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klettert in die Wohnung. Mama! Mama!

Sie ist nicht da. Nicht. Da.

Hanne sinkt zu Boden, in ihrem Kopf klirrt alles kalt durcheinander, die wirbelnden Gedanken

jagen die Zeit unvermessen davon.

Sie hört die Mutter nicht hereinkommen, sie hört nur deren Schrei. Hanne! Hanne! Geht’s

dir gut?

Gestammelte Satzfetzen auf beiden Seiten. Ich dachte, du bist … Ich war doch nur … Beim

Gemüsehändler waren Tomaten reingekommen, da musste ich schnell … Und beim Bäcker

Ellie zupft Hanne zwei winzige Splitter aus dem Handballen, fegt die Scherben unter dem

Fenster zusammen, sucht seufzend den Zettel mit dem Namen des Glasers heraus, wenigstens

den kennt sie schon vom letzten Mal.

Sie atmen das Adrenalin beiseite, sie essen Tomatensalat mit Käse und frischem Brot, Ellie

streicht Hanne übers Haar. Aus dem Garten weht warmes Erdenschwarz herein. Hanne

schläft ein, wie immer mit Mamas Daumen in der Faust. Ellie tut kein Auge zu, sondern

starrt die ganze Nacht auf das Schattentheater hinter der Decke, die sie vors klaffende Glasloch

gespannt hat.

Hanne ist zweiundvierzig, die Mutter nicht da. Hanne hat ihren Schlüssel nicht vergessen,

aber ihr Handy, und Ellies Schlüssel steckt von innen. Mama kann nicht weg sein, sie

schafft es doch mit Mühe höchstens noch ins Bad.

Hanne klingelt, klopft, hämmert, ruft, erst leise wegen der Nachbarn, dann laut wegen

Mama. Mama! Geht’s dir gut?

War da nicht ein Wimmern? Der Schatten einer Stimme.

Es ist spät, die Nachbarn haben kleine Kinder, aber es geht nicht anders. Hanne klingelt nebenan,

erklärt der schlafzerzausten Nachbarin ihre Sorge. Meine Mutter geht seit Stunden

nicht ans Telefon, und da wollte ich …

Die Nachbarin führt sie auf den herbstdunkel duftenden Balkon, die an den der Mutter

grenzt, Sollen wir die Rettung rufen? Nein, nein, das regle ich allein, sagt Hanne.

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Sie klettert von einem Balkon auf den anderen, plättet sich die Nase am Fenster der Mutter.

Die liegt auf dem Bett, bewegt fast unmerklich die Lippen, eine Hand. Hanne hämmert an

die Scheibe, die Mutter hievt sich in Zeitlupe auf einen Ellbogen, fällt wieder aufs Kissen

zurück.

Hanne kennt keinen Glaser, und wird es nicht zu kalt, wenn die Mutter über Nacht mit

kaputtem Küchenfenster ausharren muss? Egal jetzt, sie muss Mama retten.

Ein Stein? Nein. Der Nachbar reicht ihr einen Hammer über die Brüstung.

Ein Schlag, seitlich, die freie Hand vors Gesicht gehoben. Hanne ist in der Angst wieder

dreizehn. Die Scheibe widersteht. Der zweite Schlag schießt das Echo des zersplitternden

Glases durch den Innenhof der Wohnanlage. Gegenüber reißt einer das Fenster auf und den

Mund zur Androhung von Polizei! Alles gut, es ist die Tochter, die ihre Mutter retten muss,

ruft der Nachbar zurück.

Hanne wickelt sich ihren Pullover um die Unterarme, merkt beim Reinklettern am knöchernen

Ächzen, dass sie nicht mehr dreizehn ist, stürzt ans Bett der Mutter.

Die röchelt Zucker! Kein Arzt! Vor dem hat sie mehr Angst als vor dem Sterben. Hanne

knirscht sich in der Küche über den Scherbenteppichboden zu den Apfelsafttüten hin,

sticht einen Strohhalm hinein, Trink, Mama, trink.

Der Nachbar klopft an die Tür, muss beruhigt werden, sie war nur unterzuckert, das wird

wieder, danke.

Hanne! Geht’s dir gut? Im Nachttisch liegt die Nummer vom Glaser. Hanne schaut in die

Schublade, es ist der Zettel mit dem Glaser von damals, zweitausend Kilometer und drei

Jahrzehnte entfernt.

Hanne atmet das Adrenalin beiseite, streicht Ellie lächelnd übers Haar. Dann fegt sie die

Scherben zusammen, schneidet frisches Brot und Käse und Tomaten auf, bevor sie die Küchentür

gegen die Oktoberkälte schließt, doch Ellie will bloß Krümel und Hannes Hand

halten, nur ein paar Augenblicke.

Hanne würde gern über Nacht bleiben, aber Ellie lässt sie nicht, geh heim, du hast ein Kind

zu versorgen, ich komm schon zurecht.

Zu Hause tut Hanne die ganze Nacht kein Auge zu, starrt auf das Schattentheater hinter

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dem klirrkalten Fenster und streicht Luis, der ihren Daumen mit der Faust umklammert

hält, übers Haar.

Manchmal kommen die Dinge im Leben wie Zwillinge daher, bei der Geburt getrennt, der

eine beschleunigt ins Weltall geschossen und jung zurückgekehrt zu seinem viel schneller

gealterten Zwilling. Stumm stehen sie einander gegenüber, was gäbe es schon zu sagen.

Oder wie ein Kind, das in den Spiegel schaut und sich erschrickt vor dem faltigen, grauhaarigen

Ahn, der ihm daraus entgegenblickt.

Jahre später, Ellie ist lange tot, schaut Hanne in den Spiegel und sieht ihre Mutter, erschrickt

zuerst, geht dann näher, dreht sich hin und her, um in sich selbst möglichst viel

von Ellie zu finden. Sie streicht ihr übers kalte Glasgesicht, wein nicht, Mama, ich komm

schon zurecht.

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Assenze. Presenze

Maria Teresa Cusumano

Luce bianca di mezzogiorno, qua e là contesa dall’ombra degli abeti, e minuta lanugine

floreale sospinta a lenti vortici tra il verde.

Mare di pini nani a un metro dall’avamposto ligneo sullo strapiombo, e vette radunate in

circolo all’orizzonte, immote sotto la stasi bianca del sole a picco.

Fruscio impercettibile di pagine sfogliate, pensieri che indugiano sulle letture e misurano

identiche fragilità, sotto la presenza ovattata d’imponderabili vuoti e pieni architettonici

sospesi nell’aria.

- Fu in questo luogo che mi disse che sareste arrivate. Aveva organizzato tutto con cura,

con attenzione ai dettagli. Aveva detto che un lungo fine settimana montano era quello che

ci voleva prima del mio ritorno all’estero, per quell’ultima missione umanitaria.

Vi fisso mentre mi ascoltate sotto l’ombra della tenda bianca, i libri appoggiati sulle gambe,

piccole come piccoli sono i vostri quindici anni, grandi come grande - enorme - è stata la

nostra perdita.

A definire il vostro dolore basta il silenzio, qui, a pochi metri dall’acqua pensile della piscina

a sfioro. Mi guardate e mi sembra di non avere parole, ma sento di dover e voler raccontare.

- Manca sempre, manca troppo - mi dite, ed io annuisco, ma aggiungo che lei può mancare

così tanto solo perché la sua presenza è stata radice: un dono incessante di vita moltiplicata,

un amore inesauribile che resta, si perpetua in noi e non si perde.

- Lei diceva che fra queste montagne era cresciuta e fra queste montagne sarebbe rimasta

sempre. Diceva che le montagne trattengono il nostro spirito e lo mettono a contatto

con l’universo. Per questo ci teneva tanto a portarvi spesso quassù, a che voi assimilaste

i suoni e i colori della natura fra queste valli. E cresceste sentendovi parte di un tutto che

torna sempre.

Continuo a parlarvi per farvi sorridere, con i tanti aneddoti di quel lontano annuncio.

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Vi narro della caccia al tesoro iniziata tra i pini; degli indizi disseminati nella manciata di

bigliettini che a casa, ancora, conservo; della mia incredula felicità alla notizia che sareste

state due, ché due erano state le paia di scarpine bianche da neonato rinvenute, alla fine del

percorso, sul cuscino del letto della nostra camera con vista sulle vette.

Vi racconto di come la vacanza fosse proseguita sospesa e insieme concitata, e di come avessi

sentito l’urgente impulso di annullare ogni mio coinvolgimento in quell’ultima trasferta

all’estero, ma di come vostra madre fosse stata irremovibile: aveva detto che avrei dovuto

mantenere fermo il mio impegno, che non sarei dovuto venir meno alla disponibilità data.

- Perché vostra madre era così: una donna sensibile alle ingiustizie. Ferma nei suoi proponimenti

e pronta ad esigere che anche gli altri lo fossero nei propri. Disse testualmente

che non ci saremmo potuti meritare la felicità che ci sarebbe venuta da voi se non avessimo

adempiuto ai nostri impegni verso il prossimo; che il mio servizio adesso imponeva

quel viaggio: lei avrebbe fatto tutto il necessario nei due mesi successivi, e al mio rientro

avremmo avuto ancora tanto tempo per pensare alla stanza, al corredo e a tutto il resto.

Ridiamo nel ricordarne il piglio dolcemente autoritario: con se stessa, nel lavoro; con voi,

nello studio; in casa, con la miriade di cose da gestire. Riconosciamo come i ritmi da lei impressi

continuino a sostenerci, a farci da impalcatura in questo periodo così destrutturato.

Mentre vi alzate, richiamate dagli amici che vi invitano a pranzare, ho la netta sensazione

che questo nostro parlare vi abbia fatto bene, che vi abbia rinfrancato dopo le prime ore di

difficoltà seguite all’approdo quassù, in tre anziché in quattro, e non mi pesa rimanere qui

da solo a leggere e a pensare, quasi a cercarla nel silenzio.

Ricordo quelle che, nelle vacanze quassù, amavo definire parentesi di bellezza.

Come quando scrutavo il suo volto mentre il divano della suite l’accoglieva nel sonno: ne

percorrevo i tratti e insieme pregavo che non si risvegliasse, ché anche il distacco da lei era

geografia necessaria, e l’uno ha da tornare due, nello spazio, per durare nel tempo.

Come quando la luce chiara del mattino - aranciata sulle tende - invadeva presto la stanza

ed era un dono il buongiorno in due.

Il pensiero balza nuovamente all’estate dell’annuncio, e alle pagine del diario rinvenuto sul

fondo di un suo cassetto: “[…] Adoro l’oscurità senza riparo che ammanta di stelle il rifu-

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gio tra i monti, con te che ridi e rido anch’io, e diciamo di non poterci credere, e ancora ci

stupiamo di sentire a tratti una stessa voce nello stesso vento. Perché in tutti gli angoli del

mondo abbiamo cercato una voce che raccogliesse anche la nostra. Ed ora la promessa di

questa voce sta per farsi carne”.

Penso che un giorno vi consegnerò quel diario, e che esso sarà per voi una grande eredità.

Penso a me, alle tante persone che ho curato e guarito mentre nulla ho potuto fare per lei, e

sento che non so se questo lo accetterò mai fino in fondo.

Così come non so se, al di là di quello che potrò e dovrò dire in questi giorni, mi sarà davvero

di conforto pensare, con le sue parole, alle “mille metafore della vita di cui la montagna è

incarnazione, con l’aumentare e il diminuire dell’altitudine, che ci allontana e poi riavvicina

alle valli della nostra esistenza”.

Ripenso a voi, a quello che, nella vostra vita, sarà un continuo alternarsi di vittorie e di

sconfitte; di buoni e cattivi combattimenti. E prego perché queste radici, le sue radici, siano

davvero per voi una buona arma.

È sera inoltrata quando ci ritroviamo attorno al tavolo per cenare: guardo i vostri volti rosei

e abbronzati. Mi raccontate dei giochi pomeridiani e della camminata che avete deciso di

fare il giorno dopo: me ne spiegate percorso, dislivello e durata, ed affermate convinte che

sì, è proprio quello che adesso ci vuole: - Bisogna che conquistiamo una vetta.

Arrivano le pietanze, la sala si scalda e prende vita.

Fino al cielo sale la serena umanità dei colloqui ammantati di rilassatezza ed affetto, tra il

profumo dei cibi e il calore del legno, sotto il procedere lento di impercettibili riti di sala che

a tratti si fanno presenza.

Mi è difficile, adesso, pensare a come riprenderà la nostra vita a valle al rientro, verso cosa

ci sospingerà.

Quassù, dove il rintocco delle ore sui declivi è muto e sembra quasi che il tempo non scorra,

quello è un pensiero lontano.

Domani, conquistata la vetta, avrò un unico pensiero: cercare le voci.

Quelle sospinte dal vento di montagna sulle cime che l’uomo consacra al Signore, con il

ferro brunito delle croci inciso contro l’azzurro del cielo.

Tra quelle voci ci sarà anche la sua.

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Biographien Biografie Biographies

Mila Mutzbach

geboren 1972 in Oberklaafbach, lebt heute in Hürth. Nach einer Ausbildung im Frisörbetrieb machte sie sich

selbstständig mit „Mutzbachs mobilem Frisurendienst“. Durch die vielen Anekdoten, die diese Tätigkeit mit sich

bringt, ist sie zur Geschichtensammlerin geworden. Gerne schmuggelt sie ihre Anekdötchen in Lesungen und

Auftritte der Kölner Autorengruppe „FAUST“ hinein. (http://autorengruppe-faust.de/faust-autoren/mila-mutzbach/

Elena Tognoli

è nata a Milano nel 1982 e vive tra le Alpi e il mondo. È laureata in Illustrazione presso il Camberwell College of

Art di Londra; il suo lavoro artistico esplora il rapporto fra parola e immagine nel disegno e nel libro d’artista.

Ha esposto nell’ambito di mostre personali e collettive in Italia e all’estero. I suoi scritti sono pubblicati sul blog

letterario Nazione Indiana.

Shannon Wardell

Born in New York City, he currently is Resident Artist and educator at an international school in Austria.

Since 1994, he has exhibited artwork and performed lyric narratives in Australia, Europe and the USA.

Sabine Brandl

Geboren 1977 in München, Studium der Sozial- und Bildungswissenschaften (MA). 2004 gründete sie den

Künstlerverein REALTRAUM e.V., dessen 1. Vorsitzende sie seither ist. Veröffentlichung von bisher vier Romanen,

zahlreichen Kurzgeschichten und Gedichten, Herausgeberin von Anthologien.

Zuletzt erschien der Roman Sektflöte und Pommesgabel (Main Verlag, Februar 2020) www.sabinebrandl.net

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Jochen Mariss

1955 in Köln geboren, hat Grafik Design in Bielefeld studiert und gründete 1978 mit Reinhard Becker den Verlag

Grafik Werkstatt Bielefeld. Im Laufe der Jahre wurden dort mehrere tausend Gedichte und Aphorismen von Jochen

Mariss veröffentlicht. 2011 hat er seine Anteile am Verlag abgegeben, schreibt seitdem Kinder- und Jugendbücher

(z.B. Pommes im Urwald, auch als Hörbuch), Kurzgeschichten und Romane.

Camilla Marrese

è nata a Bologna. Dopo gli studi superiori, si è trasferita ad Urbino per frequentare il corso in Progettazione Grafica

e Comunicazione Visiva presso l’ISIA. Porta avanti al contempo il suo percorso come fotografa, iniziato per passione

e da poco avviatosi verso la professione. Il suo sito internet è www.camillamarrese.com

Klaus Papula

geboren 1967 in Linz, studierte in Salzburg Psychologie und was ihn sonst noch interessierte. Psychotherapeut,

Schuldenberater, Vater einer 9-jährigen Tochter. Veröffentlichungen in diversen Literaturzeitschriften und

Auftritte bei öffentlichen Lesungen.

Susan Tumbrel

geboren 1982, lebt und arbeitet in Zürich. Sie hat Germanistik studiert und war viele Jahre als Journalistin tätig.

Seit 2015 arbeitet sie in der Schweizerischen Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte. Sieben ihrer Bücher

sind im Eigenverlag erschienen, zahlreiche Kurzgeschichten haben es in Anthologien geschafft und Preise

gewonnen. Mehr unter: www.susantumbrel.com

Marco Romano

vive a Fondo (Alta Val di Non, Trentino). Ha ideato e pubblicato numerose ricerche etnografiche per enti di ricerca,

fondazioni e associazioni. Ha collaborato a realizzare i documentari Cheyenne, trent’anni e Piccola terra. Con la

sua attività di ricerca e scrittura studia e racconta le realtà di chi vive e lavora in montagna.

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Nadia Rungger

(1998) kommt aus Gröden und studiert derzeit Germanistik in Graz. Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften

und verschiedene Auszeichnungen, unter anderem der internationale Literaturpreis Merano-Europa 2017 und der

Ladinische Literaturpreis SCRIBO Junior 2018. Schreibt gerne über Apfelträume, gelbe Linien und – gerade lag es

ihr noch auf der Zunge. www.nadiarungger.jimdofree.com

Philippe Patra

*1970 in Eckernförde, studierte Online-Journalismus, Theologie und Content Management in Münster und Leipzig.

Er arbeitet als Wissenschaftsredakteur & Web-Konzepter. Als Nordlicht im Exil tendiert sein roter Faden ins Blaue,

flattert bei West bis Nordwest wahlweise mit 48 Kilohertz, 25 Bildern pro Sekunde oder auch in fünf Akten und mag

sich das Staunen einfach nicht abgewöhnen.

Lucy Bauer

has spent the last 37 years in Austria but is originally from Edinburgh, Scotland, a place very close to her heart. She

has always loved words in all forms, be it limericks, Scrabble or the Brontes. Newly retired from teaching, she’s

enjoying her old pastimes more than ever: reading, travel, music, walking, Netflix, running, sunbathing, Zumba,

words, words, words ...

Daniel Klaus

geb. 1972 in Wiesbaden. Lebt nach längeren Auslandsaufenthalten in Paris und Istanbul in Berlin. Walter-Serner-

Preisträger, Literaturförderpreis Ruhrgebiet, Alfred-Döblin-Stipendium. Kolumnen für die taz, derFreitag und die

Stuttgarter Zeitung. Zahlreiche Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften, Anthologien und im Radio. Mehr unter

www.danielklaus.com.

Emanuele Quindici

è nato e risiede a Trento con la sua famiglia. Si occupa di climatologia e divulgazione scientifica presso la

Fondazione Edmund Mach di S. Michele all‘Adige. Le sue storie brevi sono state spesso premiate in concorsi.

Assieme ad altri tre autori, ha pubblicato nel 2007 (con il suo nome anagrafico) una raccolta di racconti per

Fara Editore, “Storie di vita”.

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Ryka Foerster

wurde 1959 geboren und in chronologischer Reihenfolge Frau, Mutter, Psychologin, Theatertherapeutin,

systemische Therapeutin und Autorin. Sie ist selbstständig und lebt und arbeitet in eigener Praxis in Braunschweig.

Ihre Kurzgeschichten wurden in Anthologien und storyapps veröffentlicht, „Fünfzehn fast wahre Geschichten“ hat

sie 2017 im Selbstverlag bei epubli herausgegeben.

Yvonne Hergane

geb. 1968 in Reschitza/Rumänien. Magisterstudium Germanistik/Anglistik in Augsburg, Aufbaustudium

Buchwissenschaft in München. Lebt derzeit als Autorin und literarische Übersetzerin nahe der Nordsee. Schreibt

v.a. Kinderbücher (Peter Hammer, Magellan), z.B. „Borst vom Forst“, „Sorum und Anders“, „Die Fünferbande“.

Ihr Bilderbuch „Einer mehr“ war für den Dt. Jugendliteraturpreis nominiert.

Maria Teresa Cusumano

nata a Potenza, vive a Treviso, dove si è formata al Liceo Classico Antonio Canova. Conseguita a pieni voti e con lode

la laurea in Giurisprudenza presso l’Università degli studi di Padova, nel 2002 ha vinto il concorso in magistratura.

Dopo un primo incarico in Sicilia, presso il Tribunale di Sciacca, dal 2008 è giudice del Tribunale di Treviso.

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1. Edition Edizione 2008

Begegnungen | Incontri | Encounters

2. Edition Edizione 2009

Jahreszeiten | Stagioni | Seasons

3. Edition Edizione 2010/11

Fernsicht | Panorami | Distant Views

4. Edition Edizione 2012

Versuchung | Tentazione | Temptation

5. Edition Edizione 2012/2013

Erinnerungen | Ricordi | Memories

9. Edition Edizione 2016/2017

Zugehörigkeit | Appartenenza | Belonging

vierter Literaturwettbewerb der vigilius mountain stories

quarto concorso letterario delle vigilius mountain stories

fourth vigilius mountain stories literature competition

6. Edition Edizione 2013/2014

Sehnsucht | Desiderio | Yearning

erster Literaturwettbewerb der vigilius mountain stories

primo concorso letterario delle vigilius mountain stories

first vigilius mountain stories literature competition

10. Edition Edizione 2018

Grenzen | Confini | Boundaries

fünfter Literaturwettbewerb der vigilius mountain stories

quinto concorso letterario delle vigilius mountain stories

fifth vigilius mountain stories literature competition

7. Edition Edizione 2014/2015

Zeit | Tempo | Time

zweiter Literaturwettbewerb der vigilius mountain stories

secondo concorso letterario delle vigilius mountain stories

second vigilius mountain stories literature competition

11. Edition Edizione 2019

Einfachheit | Semplicità | Simplicity

sechster Literaturwettbewerb der vigilius mountain stories

sesto concorso letterario delle vigilius mountain stories

sixth vigilius mountain stories literature competition

8. Edition Edizione 2015/2016

Leichtigkeit | Leggerezza | Lightness

dritter Literaturwettbewerb der vigilius mountain stories

terzo concorso letterario delle vigilius mountain stories

third vigilius mountain stories literature competition

12. Edition Edizione 2020

Selbstbild | Conoscersi | Self-perception

siebter Literaturwettbewerb der vigilius mountain stories

settimo concorso letterario delle vigilius mountain stories

seventh vigilius mountain stories literature competition

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Alle Rechte vorbehalten | Tutti i diritti riservati | All Rights Reserved

Die Rechte für die einzelnen Geschichten liegen bei den jeweiligen Autoren.

I diritti delle storie appartengono ai rispettivi autori.

The story rights belong to each author.

© vigilius mountain resort 2020

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fon +39 0473 55 66 00 . fax +39 0473 55 66 99

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Projektleitung | Direzione progetto | Project Director Ulrike Dubis

Redaktion, Lektorat & Vorwort | Redazione, lettorato & prefazione | Editorial Consulting & foreword Ulrike Dubis

Lektorat | Lettorato | Editing

Deutsch Ulrike Dubis | Italiano Stefano Zangrando | English Shannon Wardell

Übersetzung | Traduzione | Translation

Italiano Stefano Zangrando | English Shannon Wardell

Fotos | Foto | Photos Archiv vigilius mountain resort, Florian Andergassen, Armin Huber, Georg Tappeiner,

Patricia Painejad, Anne Schütz

Gestaltung | Progetto grafico | Book design www.blauhaus.it

Druck | Stampa | Print Pötzelberger Druck, Meran

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