Teodor Rotrekl: Mementa 60.let - Galerie Brno
Teodor Rotrekl: Mementa 60.let - Galerie Brno
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über der Welt und der Gesellschaft schwebten, zum Ausdruck<br />
bringt. Den Helden widmet der Autor geräumige Votivbilder, zu<br />
Ehren von Jurij Gagarin, der Doktoren Alexander Fleming und<br />
Jan Navrátil. Kriegsdrohungen verkörpern hier Kriegspiloten<br />
und Bomber. Eine andere Bedrohung war ihm die Konsumngesellschaft.<br />
In der Installation „Täglich frische Ware“, rekonstruiert<br />
in der <strong>Galerie</strong> <strong>Brno</strong>, sind auf Fleischerhaken Kriegsfotografien,<br />
Parodien auf die Ikonen des damaligen tschechischen<br />
Modernismus – dem englischen Maler Francis Bacon und dem<br />
tschechischen Maler Mikuláš Medek – aufgehängt. Mit diesel<br />
Darstellung hat sich <strong>Teodor</strong> <strong>Rotrekl</strong> nicht nur aus der zahmen<br />
Art der Gruppe „Radar“ ausgeschlossen, er provozierte sogar<br />
in der damaligen Avantgardeszene. Die radikale Nutzung<br />
des Filmdrucks, der Assamblage, der Ausstellungspaneelen<br />
standen soweit außerhalb des tschechischen Milieu, daß der<br />
bedeutende Teoretiker Miroslav Lamač die Ausstellung – im<br />
bösen Sinne – als unser „popartigsten Pop Art“ bezeichnet<br />
hat. Der Künstler ging aber noch weiter. Im Jahre 1965 schuf<br />
er (ohne sie vermutlich auszustellen) einige „Zeichen“, flache<br />
Symbole des tschechischen Charakters und „Fleischmühlen<br />
der Geschichte“ über dem Hradschin, ohne ahnen zu können,<br />
daß er zu diesem schmerzlichen Thema nach August 1968<br />
zurückkehren wird.<br />
Inzwischen hat <strong>Teodor</strong> <strong>Rotrekl</strong> die Drohungen reflektiert, die<br />
aus der Ideologie des Kommunismus („Krafthammer ist unbarmherzig“,<br />
1966), der Bewaffnung („Die Bedrohung des Kosmos“,<br />
1967) und der Genetik resultieren, in einer Reihe von Bildern,<br />
die mit der Pop-Art und der Psychedelic – Art mitklingen.<br />
Er hat mit der Technik der Collage, Assamblage gearbeitet oder<br />
– zum Mißfallen der tschechischen Teoretiker – die Bilder über<br />
eine Schablone gespritzt. Schöpfung ikonenartiger Bilder von<br />
Pop-Art Schönheiten beendete die Augustokkupation, die der<br />
Formalkommunist <strong>Rotrekl</strong> (unmittelbar danach aus der Partei<br />
wie dem Künstlerischen Leben ausgeschlossene) als Begräbnis<br />
des Kommunismus bezeichnete. Er äusert sich zum August<br />
in monumentalen Bildern, mit dem „Feuer im Bild“ kehrt er zum<br />
Informell in der Komposition Jan Palach zu Ehren zurück, wobei<br />
er sein Opfer als vergeblich betrachtet. Mit einem postmodern-ironischem<br />
Blick auf die nationalen Götzenbilder – „Hradschin<br />
und Bier“ beendet er im Jahre 1969 die sechziger Jahre.<br />
Er kehrt zu ihnen noch einmal zurück in einer Selbstreflexion<br />
aus den Jahren 1975–1980, wo er sich als aus der Kunst wie<br />
aus der Geschichte ausgestossener Maler darstellt in Nachbar-<br />
schaft der „Ideologiemühle“, die die Köpfe marxistischer Klassiker<br />
und Oberhäupter verschrottet.<br />
In einer erzwungener Klausur der 70 Jahre wurde der Maler<br />
wieder zum Illustrator, zum Mitarbeiter seiner Frau und zum<br />
Autor von nicht ausgestellten Bildern, die auf Grundlage von<br />
Assamblagen und chemischen Technologien realisiert wurden.<br />
Vom Anfang 70 Jahre bringt die Ausstellung strukturale Bilder<br />
vom Bau des Metro und ein balthusartiges Bildniss eines<br />
Mädchens. Schwerpunkt seines bildnerischen Schaffens hat<br />
sich in freie Zeichnungen und Grafik mit Sci-fi und Fantasy<br />
Themen verlagert.<br />
<strong>Teodor</strong> <strong>Rotrekl</strong> hat sich in den 60 Jahren als komplexe Persönlichzkeit<br />
offenbart, als Maler, der über seine Zeit in der Gegensätzlichkeit<br />
von Gut und Böse und von Bedrohungen wie Ehrungen<br />
von positiven Helden nachdenkt. Seine Ansichten äußerte<br />
er in einer Reihe endgültiger Bilder, die in tschechischen Bedingungen<br />
und in seiner Zeit schwer ein Vergleich finden. Viele von<br />
ihnen sind in der <strong>Galerie</strong> <strong>Brno</strong> 2008 zum erstenmal ausgestellt.<br />
Ebenfalls schwierig ist ein Vergleich im Rahmen der Weltszene<br />
zu finden, da der Künstler die amerikanische Pop-Art, der er<br />
sehr nahe steht, nur von Abbildungen kannte.<br />
Im Streben die Thematik am präzisestem zum Ausdruck zu<br />
bringen, entzog sich <strong>Teodor</strong> <strong>Rotrekl</strong> schon im Jahre 1963 der<br />
traditionellen Malerei. Dadaistischer Humor der Assamblagen<br />
und die po-artige Leichtigkeit der Collagen stoßt oft in der Bearbeitung<br />
der Bilder auf eine tragische Note die Apokalypse erinnernd,<br />
die von den Ideologien, der geografischen Lage seiner<br />
Heimat, aber auch vom Weltall her droht. Selbstständig nutze<br />
er in den den Bilder das Feuer (wie Yves Klein), Installationen,<br />
Fotomontagen, Filmdrucke, Assamblagen auf seinen Paneelen<br />
(wie Robert Rauschenberg), einfache flächige Zeichen (wie<br />
Robert Indiana) und flache Bildnisse Pop-Art Schönheiten,<br />
die er mit mechanischen Technologien durchgeführt hat (wie<br />
in USA James Rosenquist oder Ladislav Sutnar, und in der<br />
damaligen Tschechoslowakei Jiří Balcar, Rudolf Němec, später<br />
Josef Mžyk). Auch wenn der Höhepunkt des Bilderwerkes<br />
von <strong>Teodor</strong> <strong>Rotrekl</strong> der Kürze sienes Aufschwungs zum Trotz<br />
(1963–1970) reich an gestalterische Mittel und Technologien<br />
ist, überwiegt in ihm der Inhalt, Memento, humanistische Geste<br />
des Widerstandes gegen Gewalt, welche Ehrungen der Helden<br />
seiner Zeit ausgleichen.<br />
In der erzwungenen Klausur der 70 Jahre mit dem Ausstellungsverbot<br />
widmet sich <strong>Rotrekl</strong> der Illustration und der Zusam-<br />
menarbeit mit seiner Frau Tamara. Für sich selbst schafft er<br />
Bilder mit neuen Technologien und plastischen Stoffen. Es folgt<br />
eine Reihe von nationalen Symbolen, wie weibliche Akte.<br />
Das Mädchenbildnis ist in seiner zauberhaften Art Balthus verwandt.<br />
Den Schlußpunkt der sechziger Jahre bildet das Bild<br />
„Ideologienmühle“ (1975–1980). Der Künstler bildet sich unter<br />
einer Fleischmühle ab, in der Köpfe marxistischer Klassiker verschrottet<br />
werden.. Seine wirkliche schöpferische Welt befindet<br />
sich in dieser Zeit irgendwo in der Welt Sci-fi, dessen Entdeckung<br />
in der Zeichnung er sein weiteres Leben widmet.<br />
Die Ausstellung konzentriert sich auf den höchsten Aufschwung<br />
<strong>Rotrekl</strong>s in der Malerei der 60 Jahre, in der Präsentation<br />
und im Katalog werden Zusammenhänge mit Illustration und<br />
grafischer Gestaltung gezeigt. Meterlange Kompositionen, die<br />
bei dieser Gelegenheit ausgestellt sind, wurden früher oft in<br />
einer Zeit präsentiert, die auf sie nicht vorbereitet war oder man<br />
hat sie überhaupt nicht ausgestellt.<br />
Pavel 0ndračka<br />
Januar 2008<br />
Aus dem Tschechischen von Petr Spielmann übersetzt.<br />
Vocode, odrazový materiál, nitrolak na sololitu, 85 × 85, 1965