Die Ärmsten
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<strong>Die</strong><br />
<strong>Ärmsten</strong><br />
der deutschen<br />
Klassen-<br />
Gesellschaft
Zeilen, die zum<br />
nachdenken anregen<br />
sollen<br />
niedergeschrieben von<br />
R e i n h a r d H i l l e r
1<br />
V o r w o r t<br />
Was möchte ich mit meinen Zeilen bewirken?<br />
Bewegen wird sich wohl gar nichts, da müssten schon<br />
Millionen von Lesern sich anschließen und man kann dann<br />
evtl. wegen den einzelnen Beeinträchtigungen der Rentner<br />
eine Petition einbringen. Doch wird sich wohl auch dann<br />
bei unseren „Politikern“ nichts bewegen. Warum<br />
„Politiker“? Weil es keine wirklichen Politiker mehr gibt,<br />
alles Selbstdarsteller, mehr möchte ich nicht sagen, sonst<br />
droht mir ein Prozess. Aber diese Menschen in Berlin<br />
haben doch alle ihren Auftrag vergessen. Ein<br />
Volksvertreter“ soll die Meinung des Volkes, welches ihn<br />
gewählt hat, vertreten. Aber diese Damen und Herren sieht<br />
man doch immer nur unmittelbar vor Wahlen in ihren<br />
Wahlkreisen. Da versprechen sie dann, was sie alles für ihre<br />
Wähler in der folgenden Legislaturperiode tun wollen. Sind<br />
sie dann gewählt, sieht man sie kaum noch in ihren<br />
Wahlkreisen, sie kämen ja dann alle in Erklärungsnot,<br />
warum die ersten Versprechen schon gebrochen sind. Auch<br />
wird in den nächsten vier Jahren nach der Wahl nicht mehr<br />
nachgefragt, was habt ihr, meine Wähler, denn noch für<br />
Anliegen. Nein, sie fragen nur noch in den eigenen Reihen,<br />
was können wir noch alles beschließen, dass unser Leben<br />
noch leichter wird, die da draußen haben doch noch<br />
Kapazitäten, die wir für uns nutzen können. Es beschwert<br />
sich ja niemand wirklich, nur so leichte Strohfeuer kommen<br />
an.<br />
Hier möchte ich mich einmal um die Rentner<br />
kümmern, ich glaube, nach den armen Kinder in<br />
Deutschland die zweitärmste Bevölkerungsschicht, zu der<br />
ich auch zähle.
3<br />
A L T E R S A R M U T<br />
In allen Medien wird darüber gesprochen,<br />
die Rentner in Deutschland werden immer ärmer.<br />
Bereits heute müssen viele Rentner noch<br />
arbeiten, damit sie mit ihrem Einkommen durch<br />
den Monat kommen. Immer mehr Ältere arbeiten<br />
auch jenseits des gesetzlichen Rentenalters weiter. So<br />
gab es Ende Juni 2013 bundesweit 829.173 Minijobber<br />
über 65 Jahre, knapp 137.000 Minijobber waren sogar<br />
älter als 74. Auch die Zahl der Menschen ab 65 mit einer<br />
regulären, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung<br />
steigt. <strong>Die</strong> Statistik zeigte im Jahr 2013 183.435<br />
Beschäftigte und damit knapp 19.000 mehr als 2012 auf.<br />
Damit besetzt die Altersgruppe ab 65 - inklusive<br />
Minijobs - erstmals mehr als eine Million Arbeitsplätze.<br />
Sabine Zimmermann von den Linken gab zu bedenken,<br />
dass die meisten Alten aber "nicht zum Spaß und<br />
Zeitvertreib weiter arbeiten, sondern aus purer<br />
finanzieller Not".<br />
Bereits zahlreiche Rentner leben nahe der<br />
Armutsgrenze, auch schon zu viele unter der<br />
Armutsgrenze. Doch diese Generationen, denen der<br />
Weg zum Sozialamt und das Beantragen der<br />
Grundsicherung nicht zu Gedanken kommt, waren auch<br />
an dem Aufbau unseres Landes mehr oder weniger
4<br />
beteiligt.Doch jetzt werden sie vom Staat übergangen<br />
und zum Teil auch ausgenutzt und zur Kasse gebeten.<br />
Gerade heute wieder ein Leserbrief in einer der<br />
Auflagen stärksten Tageszeitung zu dem Bericht:<br />
„AUFSTAND GEGEN MÜTTERRENTE FÜR BEAMTE“<br />
<strong>Die</strong> Forderung von Herrn Dauderstädt<br />
ist unverschämt. Dann kann im Gegenzug<br />
gefordert werden, das die Beamten/<br />
Pensionäre auf das gleiche Rentenniveau<br />
wie die gesetzliche Rente herabgesetzt<br />
werden. Das sind schon unverschämte<br />
Forderungen.<br />
H. K. Aus W (Bad.-Würt.)<br />
Das meinte ich u. A. , dass die Rentner gestraft werden<br />
vom Staat. Ein Rentner erhält eine Rentenanpassung im<br />
Jahre 2014 von 1,67% in den alten und 2,53% in den<br />
neuen Bundesländern. In welchen Bundesländern wurde<br />
die Bundesrepublik aufgebaut? Dann hat „DIE WELT“<br />
am 31.03. diesen Jahres darauf hingewiesen, dass die<br />
Pensionen 22mal so stark steigen wie die Renten. Wenn<br />
man dann auch noch die Durchschnittsrente und die<br />
Durchschnittspension vergleicht, danke. Durchschnittsrente<br />
2012 = 985 €, Durchschnittspension 2012 = 2.750<br />
bis 2.940 €
5<br />
Tabelle: Brutto Altersversorgung in Deutschland<br />
Quelle: Alterssicherungsbericht des Bundessozialministeriums
6<br />
Natürlich kostet als Folge die Existenzsicherung für<br />
arme Rentner den Staat immer mehr Geld. Das<br />
Bundesarbeitsministerium rechnet damit, dass die<br />
Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei<br />
Erwerbsminderung von voraussichtlich 5,5 Milliarden<br />
Euro im Jahr 2013 bis zum Jahr 2018 auf 7,2 Milliarden<br />
Euro steigen.<br />
Ein älterer Herr fährt in seinem Rollstuhl mit der<br />
Aufschrift "Flasche leer? Danke sehr!" durch die<br />
Fußgängerzone von Potsdam. Er will als
7<br />
Flaschensammler etwas Geld dazu verdienen. <strong>Die</strong> OECD<br />
befürchtet, dass Deutschland in den kommenden Jahren<br />
ein erhebliches Problem mit Altersarmut bekommen<br />
wird.<br />
Dann gehen jetzt manche Städte hin und stellen<br />
Behälter zum Einbringen leerer Flaschen zur Verfügung,<br />
wo man die Flasche nicht mehr raus nehmen kann.<br />
Somit nehmen diese Städte auch noch diese kleine<br />
Einnahmequelle den Rentnern, um sich selbst mit dem<br />
Flaschenpfand zu bereichern. Lasst doch die Rentner<br />
sammeln. Sie sind dann beschäftigt und tragen auch<br />
noch zur Sauberkeit der Städte bei.
8<br />
E I G E N A N T E I L B E I V E R O R D N U N G E N<br />
Aber nicht nur Pensionäre sind besser gestellt und<br />
werden besser behandelt als die Rentner in<br />
Deutschland, auch Hartz IV Empfänger werden<br />
gegenüber dem Rentner von unserem Staat besser<br />
gestellt.<br />
Ein kranker Mensch muss für seine vom Arzt<br />
verordneten Medikamente und Heil- und Hilfsmittel<br />
einen Eigenanteil zahlen. <strong>Die</strong> Bestimmungen über die<br />
Höhe der Eigenanteile lasse ich hier mal<br />
unberücksichtigt. Jeder selbst versicherte Kranke muss<br />
im Laufe eines Jahres bis maximal 2% seines<br />
Bruttoeinkommens (=Belastungsgrenze) für den<br />
Eigenanteil aufbringen, ist eine chronische Krankheit<br />
durch den Arzt bescheinigt, verringert sich dieser Betrag<br />
auf 1% des Bruttoeinkommens. Warum wird hier das<br />
Bruttoeinkommen zur Berechnung herangezogen, wo<br />
doch dem Arbeitnehmer, dem Rentner und auch den<br />
Selbständigen nur der Nettobetrag für Ausgaben zur<br />
Verfügung steht.<br />
Bei einem Hartz IV–Empfänger wird für die<br />
Berechnung der Belastungsgrenze nur der tatsächliche<br />
Zahlbetrag für einen Haushaltsvorstand von 391 €<br />
herangezogen. Etwa geleisteter Mietzuschuss,<br />
Sonderzahlungen wegen besonderen Belastungen und
andere Zusatzzahlungen werden nicht berücksichtigt.<br />
Somit wird bei einem Hartz IV-Empfänger nur das<br />
Nettoeinkommen, bereinigt von Miete und<br />
Sonderzahlungen, berücksichtigt. Im Jahre 2014 zahlt<br />
also ein Hartz IV-Empfänger maximal 93,84 €, chronisch<br />
Kranke 46,92 €. Bei Rentnern, Arbeitnehmern und<br />
Selbständigen wird aber das Bruttoeinkommen für die<br />
Berechnung herangezogen. Miete und sonstige<br />
Sonderausgaben werden nicht abgezogen. Dabei hat<br />
mancher Rentner nach Abzug der Ausgaben für Miete<br />
und anderen notwendigen Ausgaben von seiner<br />
Nettorente keine 391 € zur Verfügung. Noch schlimmer<br />
sind die Rentner, welche sich für eine Heimbetreuung<br />
entschieden haben, dran. <strong>Die</strong> haben im Monat nur noch<br />
ein Taschengeld von z. Zt. knapp unter 100 € zur<br />
Verfügung, müssen aber die Zuzahlung nach der<br />
allgemein gültigen Berechnung leisten. Auch manchem<br />
allein verdienenden Familienoberhaupt fällt es schwer,<br />
nach Abzug aller Kosten die erforderliche Zuzahlungen<br />
zu den Medikamenten zu leisten.<br />
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1 0<br />
R E N T N E R B E N A C H T E I L I G U N G<br />
Auf die Benachteiligung der Rentner bei der<br />
Berechnung ihrer Bezüge gegenüber den Pensionären<br />
gehe ich hier gar nicht ein. Man kann zwar nicht sagen,<br />
dass man gar nichts mehr gegen die<br />
Ungleichbehandlung machen kann. Doch gehören die<br />
Generationen, für die bis jetzt die Renten berechnet<br />
wurden, noch zum alten Schlag der Bundesbürger. <strong>Die</strong><br />
denken immer noch, dass alles was unsere „Politiker“<br />
machen und beschließen richtig ist, dagegen kann und<br />
darf man sich nicht wehren. Aber genau dieses ist eine<br />
falsche Denkweise. Ein Politiker ist ein vom Volke<br />
gewählter Volksvertreter, der die Meinung seiner<br />
Wähler gegenüber der Regierung vertreten und<br />
durchsetzen soll. Erst recht die Volksvertreter, die in die<br />
höchsten Ämter aufsteigen, sollten die Meinung des<br />
Volkes, ihrer Wähler widerspiegeln. Aber wie zeigt sich<br />
der Istzustand? Vor der Wahl wird, vor allem den<br />
Rentnern, heile Welt versprochen. Was wollen sie nicht<br />
alles für die Rentner, die ja einen sehr großen Anteil der<br />
Wähler stellt, tun. Nach der Wahl haben sich ein<br />
Großteil der Versprechen bereits von selbst erledigt, sie<br />
werden einfach unter den Teppich gekehrt. Es wird sich<br />
ja leider viel zu wenig beschwert. In anderen<br />
europäischen Ländern geht man aus weitaus
geringerem Anlass zum Boykott und zu<br />
Demonstrationen auf die Straßen. Warum findet man in<br />
unserer deutschen Bevölkerung so wenig<br />
Zusammengehörigkeitsgefühl? Leider kocht bei uns<br />
jeder sein eigenes Süppchen. Es wäre schon<br />
wünschenswert, würde man auch in Deutschland so eng<br />
beieinander stehen, und unsere vermeintlichen<br />
Volksvertreter auf ihre Fehler hinweisen und sie dann<br />
bei groben Verfehlungen austauschen. Auch dieses<br />
Ansinnen sollte man den Vertretern des Volkes mit auf<br />
den Weg nach Berlin geben. Sie sollten doch endlich ein<br />
Gesetz beschließen, welches dem Volk mehr<br />
Mitspracherecht zugesteht. Dann hat das wirkliche Volk<br />
etwas in der Hand, unfähige Politiker durch bestimmte<br />
Verfahren wieder in die richtige Spur zu lenken.<br />
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