aber wie? - Welt der Physik
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Energie – <strong>aber</strong> <strong>wie</strong>?<br />
Was tun<br />
gegen den Klimawandel?<br />
Fast 80 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs werden heutzutage<br />
aus <strong>der</strong> Verbrennung fossiler Brennstoffe gedeckt. Dadurch<br />
gelangten im Laufe <strong>der</strong> Zeit immer größere Mengen des<br />
Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in die Luft: Nach dem aktuellen<br />
Klimareport <strong>der</strong> Vereinten Nationen ist <strong>der</strong> CO2-Gehalt<br />
<strong>der</strong> Atmosphäre zwischen den Jahren 1750 und 2005 um 35 Prozent<br />
gestiegen. Außerdem ist es in den vergangenen 100 Jahren um<br />
0,74 °C wärmer geworden. Tendenz steigend. Für Wissenschaftler<br />
belegen diese und weitere Erkenntnisse, <strong>wie</strong> das Abschmelzen<br />
<strong>der</strong> Gletscher, dass <strong>der</strong> mit unserem Lebenswandel verbundene<br />
CO2-Ausstoß die Atmosphäre aufheizt. Natürliche Phänomene<br />
können die Fülle <strong>der</strong> Beobachtungen nämlich nicht erklären.<br />
Der Temperaturzunahme von 0,74 °C ist nur scheinbar gering,<br />
denn unser Klima reagiert auch auf kleine Än<strong>der</strong>ungen äußerst<br />
sensibel. Wie sich die „globale Erwärmung“ weiter entwickelt,<br />
hängt allerdings davon ab, <strong>wie</strong> die Menschheit ihren Energiekonsum<br />
von nun an gestaltet. Nach Ansicht von Experten muss<br />
<strong>der</strong> Anstieg bis zum Jahr 2100 auf 2 °C begrenzt werden. Ansonsten<br />
müssten sich Menschen, Tiere und Pflanzen auf einschneidende<br />
Verän<strong>der</strong>ungen des Klimas einstellen. Was tun? Drei Meinungen:<br />
Der menschlich verursachte Klimawandel ist die größte Bedrohung und zugleich<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung, vor <strong>der</strong> die Menschheit je gestanden hat. Die größten<br />
Gefahren gehen von extremen Klimaereignissen aus, <strong>wie</strong> sehr starke Nie<strong>der</strong>schläge,<br />
häufige und intensive Hurrikane und Tornados und von extrem heißen<br />
Sommern aus. Welche desaströse Auswirkungen ein intensiver Hurrikan haben<br />
kann, hat uns im Jahre 2005 die Katastrophe von New Orleans gezeigt. Aber<br />
auch Überflutungen, ausgelöst durch Nie<strong>der</strong>schläge o<strong>der</strong> einem Meeresspiegelanstieg<br />
führen zu volkswirtschaftlichen Schäden. Ein nahezu ungebremster<br />
Klimawandel führt zu enormen volkswirtschaftlichen Schäden, welche eine weltweite<br />
Rezession auslösen können.<br />
Daher ist es notwendig, die Treibhausgase zu vermin<strong>der</strong>n. Dies muss sowohl<br />
durch den verstärkten Einsatz CO2 freier Energietechniken geschehen als auch<br />
durch die Vermin<strong>der</strong>ung an<strong>der</strong>er Treibhausgase, <strong>wie</strong> Methan und Lachgas. Letzteres<br />
kann in erster Linie durch verän<strong>der</strong>te landwirtschaftliche Anbaumethoden<br />
– zum Beispiel Reisanbau und Viehzucht – geschehen. Die künftigen Energietechniken<br />
müssen vor allem CO2 frei<br />
Prof. Dr. Claudia Kemfert leitet die Abteilung sein. Es ist notwendig, dass wir künftig<br />
eine möglichst breite Palette an<br />
„Energie, Verkehr, Umwelt“ am Deutschen<br />
CO2 freien Energietechniken einset-<br />
Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin zen – <strong>wie</strong> erneuerbare Energien, Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Energieeffizienz, alternative<br />
Antriebsstoffe <strong>wie</strong> zum Beispiel Wasserstoff, CO2 arme Kohlekraftwerke<br />
und, als Übergangstechnik, Atomenergie. Zudem können in <strong>der</strong> Zukunft weitere,<br />
heute noch unbekannte Techniken, eine Rolle spielen, <strong>wie</strong> zum Beispiel<br />
die Kernfusion. Daher ist es aus heutiger Sicht beson<strong>der</strong>s wichtig, möglichst<br />
viele klimaschonende Energietechniken zu erforschen und zum Einsatz zu bringen<br />
– wir benötigen nichts weniger als eine Energierevolution.<br />
26 27<br />
Der globale Klimawandel ist eine Realität. Die Erde erwärmt sich, das Eis<br />
schmilzt, <strong>der</strong> Meeresspiegel steigt und die Wetterextreme nehmen zu. Diese<br />
Tendenzen werden sich wegen <strong>der</strong> Trägheit des Klimas in den kommenden<br />
Jahrzehnten fortsetzen. Falls keine Klimaschutz-Maßnahmen ergriffen werden,<br />
kann die Temperatur bis 2100 um weitere vier Grad ansteigen, eine in<br />
<strong>der</strong> Menschheitsgeschichte einmalig rasante Klimaän<strong>der</strong>ung. Neben den<br />
klimatischen Problemen besteht auch die Gefahr <strong>der</strong> Versauerung <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>meere,<br />
da ungefähr 30 - 40 Prozent des von uns Menschen in die Atmosphäre<br />
entlassenen Treibhausgases Kohlendioxid von den Meeren aufgenommen<br />
werden. Dies dämpft zwar einer-<br />
Prof. Dr. Mojib Latif leitet den Forschungsbereich<br />
„Ozeanzirkulation und Klimadynamik“<br />
am Leibniz-Institut für Meereswissenschaften<br />
an <strong>der</strong> Universität Kiel<br />
seits die globale Erwärmung, kann<br />
<strong>aber</strong> an<strong>der</strong>erseits zu unabsehbaren<br />
Folgen für das Leben im Meer<br />
führen, bis hin zu einem Kollaps<br />
ganzer Ökosysteme. Um die gravierenden<br />
klimatischen und ökologischen<br />
Auswirkungen des globalen Klimawandels auf einem „ungefährlichen“<br />
Niveau zu stabilisieren, müsste <strong>der</strong> Ausstoß <strong>der</strong> Treibhausgase,<br />
insbeson<strong>der</strong>e des Kohlendioxid, um etwa 80 Prozent bis 2100 gesenkt werden.<br />
Dies ist nur durch einen strukturellen Umbau <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>wirtschaft in Richtung<br />
<strong>der</strong> erneuerbaren Energien (Sonnenenergie, Erdwärme, Wasser- und Windkraft,<br />
etc.) möglich.<br />
Der Klimawandel kommt langsam und sicher auf die <strong>Welt</strong> zugewandelt und wird<br />
sie sehr verän<strong>der</strong>n. Schon heute gibt es mehr heiße Sommer und schlimmere<br />
Wirbelstürme als früher. Die Pflanzen und die Tiere haben begonnen, sich anzupassen,<br />
früher im Jahr zu kommen o<strong>der</strong><br />
Prof. Dr. Walter Blum ist Vorsitzen<strong>der</strong><br />
des „Arbeitskreises Energie“ <strong>der</strong><br />
Deutschen <strong>Physik</strong>alischen Gesellschaft<br />
auch auszuwan<strong>der</strong>n.<br />
Wenn <strong>aber</strong> die Klimaverän<strong>der</strong>ungen zu<br />
schnell gehen, so dass die Pflanzen und<br />
Tiere ihre neuen Lebensbedingungen nicht<br />
finden können, werden sie großen Schaden nehmen, denn die belebte Natur<br />
braucht für die Anpassung an neue Lebensbedingungen Zeit. Schaden für die<br />
belebte Natur ist auch Schaden für den Menschen, abhängig <strong>wie</strong> er ist für seine<br />
Nahrung und sein Wohlergehen. Der Temperaturanstieg darf bis zum Ende<br />
des Jahrhun<strong>der</strong>ts nicht über zwei Grad Celsius hinausgehen.<br />
Für die Energieversorgung müssen wir weltweit alle Mittel einsetzen, das jährliche<br />
Kohlendioxid aus <strong>der</strong> Verbrennung bis zur Mitte des Jahrhun<strong>der</strong>ts zu halbieren.<br />
Wind, Sonne und Uran sind geeignete Energiequellen, das zu schaffen.<br />
Wir können auch mit weniger Energie auskommen, wenn genügend in die Spartechniken<br />
investiert wird. Außerdem müssen wir auf gute Ideen und neue Erfindungen<br />
hofffen, um das Zwei-Grad-Ziel bis zum Ende des Jahrhun<strong>der</strong>ts nicht zu<br />
verfehlen.<br />
Fotos: privat, Hintergrund: EUMETSAT