Jahresbericht 2005 - Swisscontact
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Senior Expert Corps<br />
Die Idee ist einfach, der Nutzen gross, die Kosten sind gering: Über 600 pensionierte Fachkräfte<br />
des <strong>Swisscontact</strong> Senior Expert Corps stellen ihr Wissen und Können Kleinunternehmen in<br />
Entwicklungsländern und Osteuropa als Berater zur Verfügung. Zum Beispiel Frau Marie-Therese<br />
Herwig, diplomierte Hotelière.<br />
Fachkräfte<br />
im Unruhestand<br />
Weshalb haben Sie sich beim Senior Expert Corps gemeldet?<br />
Mit meinem Mann habe ich während 28 Jahren Hotelund<br />
Restaurationsbetriebe der Mittelklasse geführt und in<br />
dieser Zeit 54 Lehrlinge in Hauswirtschaft (Hofa) & Servicefach<br />
ausgebildet. Unseren letzten Betrieb verkauften<br />
wir, als mein Mann 69 war. Ich bin wesentlich jünger und<br />
möchte nicht untätig sein, sondern mein Wissen und meine<br />
Erfahrung nutzbringend einsetzen.<br />
Wie dürfen wir uns Ihre Einsätze vorstellen?<br />
In El Salvador war ich im ländlichen Gasthof La Bermuda<br />
und in einem etablierten Stadthotel tätig. Der Gasthof La<br />
Bermuda existierte bereits als erste Niederlassung der Spanier<br />
im Jahre 1525. An diesem historischen Ort ging es um<br />
Grundsätzliches: die Verbesserung der neu eingeführten<br />
Küche, die hygienische Aufbewahrung der Lebensmittel<br />
unter einfachsten Bedingungen sowie die Ausbildung des<br />
ländlichen Personals, das meist kaum eine Schule besucht<br />
hat. Gemeinsam erstellten wir Verkaufsangebote, fanden<br />
heraus, was der Gast wünscht und zu zahlen bereit ist und<br />
was der Betrieb anzubieten in der Lage ist. Die Direktion<br />
des Stadthotels wollte von mir wissen, wie es mehr Gäste<br />
bekommt. Meine Empfehlungen reichten von der besseren<br />
Beschilderung des Hotels, der Verbesserung der Homepage<br />
und der besseren Vermarktung auch als Tagungszentrum bei<br />
den lokalen Unternehmen bis hin zur Hygiene und Sauberkeit<br />
in Küche und Gästezimmern. Bei den Arbeitsabläufen<br />
besteht ein unglaubliches Rationalisierungspotenzial, z.B.<br />
sparsam mit Wasser und Strom umgehen.<br />
Ihr Tipp für erfolgreiche Einsätze?<br />
Durch mein aktives Mitarbeiten in den verschiedenen<br />
Abteilungen der Betriebe gewann ich die Achtung und Sym-<br />
<strong>Swisscontact</strong>-<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2005</strong> | Senior Expert Corps | 20<br />
Marie-Therese Herwig hat<br />
als diplomierte Hotelière<br />
über 50 Lehrlinge ausgebildet.<br />
pathie des einheimischen Personals, das sonst nicht leicht<br />
für Neues zu begeistern ist. Denn viele unter ihnen sind<br />
Analphabeten. Sie brauchen mehr Anlernzeit.<br />
Gab es auch Schwierigkeiten?<br />
Im tropischen El Salvador fiel es mir nicht leicht, mich<br />
ans dort übliche Tempo zu gewöhnen, obwohl das Klima<br />
einem dies nahelegt. Und das Personal wechselte häufig.<br />
Was hat Ihnen Freude bereitet?<br />
Die Latinos sind hilfsbereit und bedanken sich mit<br />
einem liebenswürdigen Lächeln. Bei meiner Abreise waren<br />
die Betriebe neu organisiert, freundlicher, sauberer und neu<br />
dekoriert.<br />
Inwiefern profitierte der Kunde von Ihrem Einsatz?<br />
Mit dem Management arbeitete ich Organigramme,<br />
Pflichtenhefte und Arbeitsbeschriebe aus. Das war der<br />
Grundstein für eine offene Kommunikation und ermöglichte<br />
es, Ordnung hinter den Kulissen zu schaffen. Das Personal<br />
wird heute besser eingesetzt, die Arbeitsabläufe sind<br />
vereinfacht, Energie und Wasser werden gespart. Und ich erreichte<br />
dies unter dem dort unüblichen Einbezug der Mitarbeitenden<br />
– was die Motivation enorm gefördert hat. Vielleicht<br />
konnte ein Grundstein für das Interesse an Fortbildung<br />
bei einzelnen Mitarbeitern gelegt werden. Die beste<br />
Hilfe ist immer die, welche beiden Seiten – der gebenden<br />
wie der nehmenden – zu gute kommt. Für unser Fachwissen<br />
dürfen wir Anerkennung und Dankbarkeit entgegennehmen.<br />
Daraus erwächst eine Befriedigung, die auf Gegenseitigkeit<br />
beruht und damit wesentlich zum Gelingen der Beratungseinsätze<br />
beiträgt.