19.02.2013 Aufrufe

Beilage zum Jahresbericht 2008 - Stiftung Schloss Regensberg

Beilage zum Jahresbericht 2008 - Stiftung Schloss Regensberg

Beilage zum Jahresbericht 2008 - Stiftung Schloss Regensberg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

nicht nur wie eine Nymphe in ihrem Leben stehen<br />

wollte, diese aber sehr gerne spielte. Innerlich regte sich<br />

eine andere Energie, gewissermassen als Gegenpol zur<br />

Nymphe. Es gab für Agate plötzlich ganz konkret eine<br />

andere Seite, die sie spürte, die sie im Improvisationstheater<br />

auch ausprobieren wollte. Es war eine kräftige,<br />

befehlende, führende und laute Seite. Die zarte, feine<br />

Rolle hat Agate nach wie vor gefallen. Ihre Seele hat<br />

bei der künstlerischen Arbeit die andere Seite gesucht<br />

und gefunden. Diese Rolle wurde nicht in einem Stück,<br />

aber im Theaterkurs mehrfach gespielt von ihr. Mit<br />

dieser Seelenenergie und der Freude am Rollenausprobieren<br />

schaffte sie es, in einem Vorstellungsgespräch<br />

nach mehrfacher vorgängiger Enttäuschung überzeugend<br />

aufzutreten. Sie arbeitete in der Schule konzentrierter,<br />

beseelt davon, dass sie wertvoll ist in der Theatergruppe<br />

mit ihren neu entdeckten Seiten.<br />

EINE ZWEITE GESCHICHTE:<br />

Kevin war gerade acht geworden, als er im Schultheater<br />

mit seinen Klassenkameraden das Weihnachtsspiel<br />

aufführen durfte. Da er dermassen schlecht in Deutsch<br />

war und als Ausländerkind viel nachzuarbeiten hatte,<br />

beschlossen die Eltern, das Kind aus Zeitgründen für<br />

das Weihnachtsspiel zu dispensieren. Kevin hätte den<br />

König Balthasar mit einem Kollegen in der gleichen<br />

Rolle teilen sollen, so dass dieser Kollege nun alle Aufführungen<br />

als Balthasar bestreiten sollte. Der Regisseur<br />

fand dies keine gute Idee und setzte sich den Eltern<br />

gegenüber durch. Kevin blieb.<br />

Kevin lernte seine Texte auswendig, der fremdsprachige<br />

Akzent passte gut <strong>zum</strong> «ausländischen» König,<br />

der von weit her kam. Er spielte seine Rolle mit Würde<br />

und grosser Hingabe. In der deutschen Sprache und<br />

zwei anderen Fächern konnte er sich im darauf folgenden<br />

Zeugnis um eine ganze Note im Durchschnitt<br />

verbessern!<br />

5<br />

Was war hier geschehen? Kevin erlebte in seiner Rolle<br />

die Wichtigkeit der Sprache insgesamt. Zudem spürte<br />

er die Bewegung der Integration, indem er als Ausländer<br />

nicht nur einigermassen akzeptiert war, sondern<br />

einen wichtigen Mann, einen König, verkörperte, ohne<br />

den das Spiel nicht hätte gespielt werden können. Er<br />

erfuhr über das Zusammenspiel das Aufeinander-angewiesen-Sein<br />

und nahm damit eine Wertschätzung auf,<br />

die ihn innerlich stärkte und heilte. Seine Ressourcen<br />

wurden frei, es wurde durch diese emotionale Quelle<br />

ein genereller Nachreifungsprozess angestossen.<br />

Diese beiden einfachen Geschichten führen uns zu einigen<br />

zentralen Gedanken das Theater betreffend, die<br />

wir Sozialpädagogen und Psychologen uns gerade im<br />

Zusammenhang mit den Kindern und Jugendlichen in<br />

<strong>Regensberg</strong> machen können.<br />

1. THEATER ALS GRUNDERFAHRUNG<br />

Die Übernahme irgendeiner Rolle bedeutet, dass die<br />

seelischen Strebungen, Gefühle, Gedanken und Haltungen,<br />

die zu dieser Figur gehören, zuerst gründlich<br />

reflektiert werden. Wer ist diese Person, die gespielt<br />

wird? Welche Gefühle hat sie in welchen Situationen?<br />

Anschliessend wird die Rolle gelernt, gespielt, im Zusammenspiel<br />

einstudiert und vollumfänglich im Körper<br />

erlebt. Dieses Erlebnis wirkt auf den emotionalen<br />

Haushalt des Kindes über den Kanal des eigenen Körpers<br />

zurück und stösst wichtige Entwicklungsschritte<br />

an, die ihm meistens bis zu dem Zeitpunkt fremd gewesen<br />

waren.<br />

2. NEUE ENTWICKLUNGSSCHRITTE<br />

Der Jugendliche erlebt sich in einem Theaterensemble<br />

als positives, wichtiges und in jedem Fall erwünschtes<br />

(Rolle) Mitglied, von dem aber auch etwas erwartet<br />

wird. Der Jugendliche ist ein Teil des Projektes, verbindlich<br />

verknüpft und im Spiel vielfältig einbezogen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!