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Frauen und Wein - Eroberung auf zarten Sohlen ... - Paula Bosch

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<strong>Wein</strong>- <strong>und</strong> andere Feste im Unterland 2010/2011<br />

10. - 19. September <strong>Wein</strong>dorf Heilbronn<br />

19. September K<strong>und</strong>en-<strong>Wein</strong>probe,<br />

Genossenschaftskellerei<br />

25. September <strong>Wein</strong>lese<strong>auf</strong>takt Heilbronn<br />

24. - 27. September Weibertreuherbst, <strong>Wein</strong>sberg<br />

9. - 10. Oktober Verk<strong>auf</strong>soffenes Wochenende,<br />

Genossenschaftskellerei<br />

29. Oktober „Kulinarischer <strong>Wein</strong>lese“ im<br />

Restaurant Nuvolari, Neckarsulm<br />

20. November Kammermusik <strong>und</strong> <strong>Wein</strong>,<br />

Genossenschaftskellerei<br />

20. - 21. November Gipfeltreffen, Heilbronn<br />

26. - 28. Februar Pferdemarkt in Heilbronn<br />

20. März Württemberger <strong>Wein</strong>frühling<br />

Auf diesen Messen finden Sie uns:<br />

23.- 24. Oktober BW-Classics München<br />

13. - 14. November BW-Classics Berlin<br />

12. - 13. März BW-Classics Duisburg<br />

27. - 29. März Pro <strong>Wein</strong> in Düsseldorf<br />

2/2010<br />

2/2010<br />

AusLese<br />

Das K<strong>und</strong>enjournal der Genossenschaftskellerei<br />

Heilbronn-Erlenbach-<strong>Wein</strong>sberg eG<br />

<strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> <strong>Wein</strong> - <strong>Eroberung</strong> <strong>auf</strong> <strong>zarten</strong> <strong>Sohlen</strong><br />

Heilbronner <strong>Wein</strong>studenten: Jung, weiblich, talentiert<br />

Sommelière-Pionierin <strong>Paula</strong> <strong>Bosch</strong> im Gespräch<br />

„Alb-Leisa“- die winzigen Früchtchen sind zurück


H<br />

V<br />

Heilbronner<br />

Va ria tio n e n<br />

Variationen<br />

„Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört.“<br />

Sie erinnern sich sicher<br />

an Willy Brandts berühmten Satz nach<br />

dem Mauerfall 1989. Er passt ganz gut<br />

auch <strong>auf</strong> unsere Winzergenossenschaft<br />

<strong>und</strong> ihre <strong>Wein</strong>e. Drei Jahre ist es jetzt<br />

her, dass sich die Heilbronner mit den<br />

<strong>Wein</strong>gärtnern der Genossenschaft<br />

Neckarsulm-G<strong>und</strong>elsheim vereinten,<br />

Kollegen mit großer Tradition <strong>und</strong><br />

erstklassigen Rebflächen: Schon 1855<br />

war in Neckarsulm Deutschlands erste<br />

Wengerter-Kooperative gegründet<br />

worden, sie gehört zu den ältesten<br />

weltweit. Seit 2007 ist die Produktion<br />

der hochwertigen Klassiker unter<br />

unseren Markenweinen leidenschaftlich<br />

betriebene Gemeinschaftssache. Unsere<br />

organisatorische Einheit können Sie<br />

ab sofort auch am neuen Erscheinungsbild<br />

unserer Gewächse vom Neckarsulmer<br />

St<strong>auf</strong>enberg erkennen. Wenn<br />

Sie künftig also am duftigen, zartrosa<br />

Weißherbst nippen, mit dem kernigsäurebetonten<br />

Riesling Trocken anstoßen<br />

oder über einem Glas Lemberger<br />

Kabinett mit seinem Wachholder-<br />

Wildkirschen-Bukett schwelgen: Schon<br />

ein Blick <strong>auf</strong> die Flasche verrät jetzt,<br />

aus welcher „Großfamilie“ er stammt.<br />

Telefon 0 71 31/15 79-0 • Fax 0 71 31/15 79 39 • info@wg-heilbronn.de • www.wg-heilbronn.de<br />

EDitoRial<br />

sind wir noch kreativ, noch leistungsfähig<br />

genug, um mit unserem Betrieb <strong>auf</strong> dem<br />

umkämpften <strong>Wein</strong>-Markt zu bestehen? Als<br />

größte Einzelgenossenschaft in Württemberg<br />

müssen wir unsere Geschäftspolitik immer<br />

wieder kritisch überprüfen. Denn die Lage ist<br />

schwierig: Unsere traditionellen Absatzgebiete<br />

in Süddeutschland sind nahezu ausgeschöpft.<br />

Zudem drängt hier, wie im ganzen B<strong>und</strong>esgebiet,<br />

die internationale Konkurrenz mit<br />

ihren Flaschen in die Regale. Unser Unternehmen<br />

aber ist stetig weiter gewachsen, um gut<br />

150 Hektar Rebfläche mit teilweise hervorragenden<br />

Lagen allein im letzten Jahrzehnt.<br />

Deshalb suchen auch wir heute selbstbewusst<br />

neue Märkte <strong>und</strong> Vertriebswege.<br />

Zusammen mit den Kollegen der <strong>Wein</strong>gärtner Flein-Talheim eG,<br />

haben wir da schon gute Erfahrungen gesammelt: Seit sechs Jahren<br />

verk<strong>auf</strong>en wir in Niedersachsen unsere <strong>Wein</strong>e gemeinsam. Eine enge<br />

nachbarschaftliche Beziehung ist daraus entstanden, die nun in eine<br />

echte „Ehe“ münden soll: 2011 werden wir fusionieren <strong>und</strong> unsere<br />

exzellenten Gewächse als ein Anbieter in ganz Deutschland ver-<br />

markten. Wenn man Logistik, <strong>Wein</strong>abfüllung, Verwaltung, aber<br />

auch das Know-how von Management <strong>und</strong> Önologen bündelt, dann<br />

werden, wie in anderen Branchen, Synergien entstehen: Sie sollen<br />

helfen, Kosten zu sparen, unsere Schlagkraft zu erhöhen – <strong>und</strong><br />

am Ende allen Beteiligten eine ges<strong>und</strong>e Zukunft zu sichern. Ohne<br />

jeden Abstrich an der Qualität unserer <strong>Wein</strong>e, versteht sich.<br />

Wir freuen uns <strong>auf</strong> diese Herausforderung<br />

<strong>und</strong> Ihre Unterstützung.<br />

Ihr Karl Seiter<br />

Liebe Leser,<br />

verehrte K<strong>und</strong>en,<br />

iNHalt<br />

4 Feuilleton<br />

<strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> <strong>Wein</strong><br />

6 Spezialitäten<br />

Schönheiten - neu gekleidet<br />

8 Preisrätsel<br />

Was war´s?<br />

9 Reportage<br />

Der Campus wird weiblich<br />

Heilbronn • Erlenbach • <strong>Wein</strong>sberg eG • Binswanger Straße • 74076 Heilbronn<br />

nGenossenschaftskellerei<br />

10 Menschen im Gespräch<br />

<strong>Paula</strong> <strong>Bosch</strong> - Deutschlands<br />

dienstälteste Sommelière<br />

12 Wiederentdeckt<br />

Der Siegeszug der „Alb-Leisa“<br />

13 Kurznachrichten<br />

Hochmodern in Edelstahl -<br />

unsere neuen Gärtanks<br />

14 Schlemmerreise<br />

Kulinarisches aus der Kaiserpfalz<br />

16 Feste <strong>und</strong> Messen<br />

im Unterland<br />

3<br />

Abschied mit stolzer Bilanz<br />

EXPERTENMEINUNG<br />

Martin Haag hat fast drei Jahrzehnte die<br />

Geschicke der Genossenschaftskellerei<br />

Heilbronn entscheidend mitbestimmt.<br />

1983 wurde er in den Aufsichtsrat<br />

gewählt <strong>und</strong> war von 1988 bis 1998 dessen<br />

Vorsitzender. Seither amtierte er als<br />

erster Mann im Vorstand. Jetzt hat der<br />

64-Jährige die Aufgabe in jüngere Hände<br />

übergeben. Zeit für eine Bilanz.<br />

Der <strong>Wein</strong>markt hat sich radikal verändert, seit<br />

Wengerter Martin Haag an die Betriebsspitze <strong>auf</strong>stieg.<br />

Einst kamen die K<strong>und</strong>en zum Anbieter, heute<br />

muss er ihnen „regelrecht hinterherl<strong>auf</strong>en“,<br />

sagt der scheidende Vorsitzende, denn: „Markentreue<br />

gilt nicht mehr viel“. Die starke Konzentration<br />

im Lebensmittelhandel <strong>und</strong> der Auftritt der<br />

Discounter haben auch die <strong>Wein</strong>baubetriebe<br />

zum Strukturwandel gezwungen. So verbündeten<br />

sich die Württembergischen Genossenschaften<br />

zur Vertriebsgemeinschaft, um mit den Markt-<br />

giganten <strong>auf</strong> Augenhöhe verhandeln zu können.<br />

Stolz macht Haag, dass es in seiner Amtszeit<br />

gelungen ist, den Mitgliedern mit 15.000 Euro je<br />

Hektar ein so stattliches Traubengeld zu zahlen<br />

wie wenige andere – „obwohl die Großabnehmer<br />

uns mitunter bis zur Schmerzgrenze herunterfeilschen“.<br />

Beharrlich setzte er <strong>auf</strong> Wachstum, förderte<br />

die Zusammenschlüsse mit den Kollegen<br />

von Neckarsulm <strong>und</strong> – demnächst – Flein. Um<br />

ein Viertel hat sich die Rebfläche unter Haags<br />

Ägide vergrößert: Mit ihren 758 Hektar sind die<br />

Heilbronner heute die Spitzenreiter in Württemberg,<br />

759 Winzer <strong>und</strong> ihre Familien hängen am<br />

Wohl des Betriebs. Für sie hat Martin Haag stets<br />

besondere Verantwortung empf<strong>und</strong>en. Die Freude<br />

an seiner Aufgabe aber hat nie gefehlt, darüber,<br />

„dass es in 30 Jahren immer berg<strong>auf</strong> gegangen ist“.<br />

In Zukunft wird er sich wieder mehr der Familie<br />

<strong>und</strong> dem eigenen Wengert widmen.<br />

Was er sich wünscht von den Kollegen? „Sie sollen<br />

sich kümmern um den Betrieb, Ämter übernehmen,<br />

mitreden, bevor von außen andere<br />

kommen <strong>und</strong> ihnen sagen, was zu tun ist.“<br />

n


FEuillEtoN<br />

�rauen un� �ein � eine lustvolle <strong>Eroberung</strong><br />

V<br />

on einer Zeitenwende ist zu reden.<br />

Einer Revolution <strong>auf</strong> <strong>zarten</strong><br />

<strong>Sohlen</strong>. Erinnern Sie sich noch? Man<br />

besuchte als Paar ein Restaurant,<br />

<strong>und</strong> der Kellner überreichte die<br />

<strong>Wein</strong>karte ungefragt dem Herrn.<br />

Selbstverständlich orderte er den<br />

Tropfen zum Mahl – für beide,<br />

diskussionslos. Was hatten <strong>Frauen</strong><br />

denn auch für eine Ahnung vom<br />

Rebentrunk, waren sie nicht gebongt<br />

<strong>auf</strong> süße Plörren der Marke Liebfrauenmilch?<br />

Beim Bacchus! Da hat sich viel<br />

geändert! Schon der <strong>Wein</strong>kellner ist<br />

heute oft eine Sommelière, gewandt<br />

in önologischen Fachbegriffen, sicher<br />

in ihren charmant zelebrierten<br />

Empfehlungen. Die Dame bei Tisch<br />

bekommt nicht nur automatisch die<br />

<strong>Wein</strong>karte, sie studiert, fragt, wägt<br />

ab, probiert <strong>und</strong> ordert. Debatten mit<br />

dem Partner um die geeignete Flasche<br />

sind eher Geplänkel: Sie weiß, was<br />

ihr schmeckt – <strong>und</strong> das will sie.<br />

Eine lustvolle <strong>Eroberung</strong> der einst<br />

männerdominierten <strong>Wein</strong>welt durch<br />

die <strong>Frauen</strong> ist zu beobachten, <strong>auf</strong><br />

allen Ebenen. Ein gleichberechtigtes<br />

Nebeneinander von weiblichen <strong>und</strong><br />

männlichen <strong>Wein</strong>nasen hat<br />

sich da vollzogen – man<br />

kann es oft beobachten:<br />

Kerzenlicht, funkelnde Gläser,<br />

gemeinsames Schwelgen – er mit<br />

der Nase, sagen wir, über seinem<br />

körperreichen Spätburg<strong>und</strong>er, sie<br />

über ihrem eleganten Samtrot. Denn<br />

auch wenn es mit der Emanzipation<br />

in relevanteren Bereichen der Gesellschaft<br />

schneller ging: Genüsslicher<br />

verlief sie nirgendwo.<br />

Das fängt bei den Konsumentinnen<br />

an. <strong>Wein</strong>k<strong>auf</strong> ist nach einer aktuellen<br />

Rothschild-Studie heute <strong>Frauen</strong>sache:<br />

Nahezu zwei Drittel der<br />

deutschen <strong>Frauen</strong> k<strong>auf</strong>en demnach<br />

den <strong>Wein</strong> für Zuhause allein <strong>und</strong><br />

ohne ihre Männer. Bei gut 20<br />

Millionen Hektolitern <strong>Wein</strong>absatz im<br />

Jahr sind sie zur mächtigen Käuferzielgruppe<br />

<strong>auf</strong>gestiegen. Jede Zweite<br />

setzt dabei <strong>auf</strong> persönliche Beratung<br />

im Fachhandel. Wilhelm Keicher,<br />

Verk<strong>auf</strong>sleiter unserer Winzergenossenschaft,<br />

bestätigt das: „Viele<br />

K<strong>und</strong>innen haben klare Vorstellungen,<br />

entscheiden unabhängig:<br />

Lieblich ist vorbei, ihr Lieblingstropfen<br />

darf gerne auch staubtrocken sein.“<br />

Männer, die mit Gockelgehabe ihr<br />

<strong>Wein</strong>wissen dekretieren, sind<br />

abgemeldet. „<strong>Frauen</strong><br />

gehen das Thema<br />

<strong>Wein</strong> entspannter<br />

4<br />

<strong>und</strong> unvoreingenommener an“, hat<br />

Jancis Robinson beobachtet, eine der<br />

80 weiblichen „Master of Wine“, die<br />

es unter den weltweit 280 Titelträgern<br />

gibt <strong>und</strong> Autorin des renommierten<br />

„Oxford Wine Companion“: „Für sie<br />

ist die Wahl des <strong>Wein</strong>s kein Statussymbol,<br />

mit dem sie etwas beweisen<br />

wollen.“ <strong>Frauen</strong>, besonders die mit<br />

eigenem Einkommen, ticken demnach<br />

anders. Nicht das „Mein Auto – mein<br />

Haus – mein <strong>Wein</strong>“ zählt, eher das<br />

„meine Stimmung – meine Nase –<br />

mein Gaumen“. Denn auch wenn frau<br />

vermutlich keine einzige Geschmacksknospe<br />

mehr <strong>auf</strong> der Zunge trägt als<br />

die Herren der Schöpfung: Gestandene<br />

Winzer <strong>und</strong> Sommeliers attestieren<br />

ihr den besseren Riecher <strong>und</strong> den<br />

differenzierteren Geschmackssinn für<br />

Aromen <strong>und</strong> Fehlnoten – egal, was <strong>auf</strong><br />

dem Etikett steht.<br />

Das hat einzig bei den <strong>Wein</strong>führern<br />

noch wenig Wirkung gezeigt: Die<br />

Bibeln der Parkers <strong>und</strong> Pigotts sind<br />

letzter Hort männlicher Kritiker-<br />

Dominanz. Im <strong>Wein</strong>business hingegen<br />

sind die Folgen der weiblichen<br />

Sinnenfreude unübersehbar. 13 der<br />

besten 200 deutschen <strong>Wein</strong>güter, die<br />

der Gault Millau zuletzt prämierte,<br />

werden von Winzerinnen geführt:<br />

„Noch nie“, urteilt Chefredakteur<br />

Joel Payne beeindruckt, „haben so<br />

viele <strong>Frauen</strong> so guten <strong>Wein</strong> gemacht.“<br />

Vorbei die Zeiten, als sie in Gestalt<br />

werkelnder Winzergattinnen oder<br />

schmucker <strong>Wein</strong>königinnen eher als<br />

dekoratives Beiwerk wahrgenommen<br />

wurden. Dass nicht unbedingt die<br />

Söhne, sondern durchaus auch die<br />

Töchter den elterlichen <strong>Wein</strong>baubetrieb<br />

übernehmen, kommt gerade in<br />

der jüngeren Generation immer<br />

häufiger vor.<br />

Der Wandel ist in den Hörsälen zu<br />

beobachten: 60 Prozent der Immatrikulierten<br />

im Fach <strong>Wein</strong>betriebswirtschaft<br />

an der Hochschule Heilbronn<br />

sind <strong>Frauen</strong> (siehe Reportage Seite 9),<br />

auch an der <strong>Wein</strong>bau-Hochschule in<br />

Geisenheim sind inzwischen ein<br />

Viertel der angehenden Önologen<br />

Studentinnen. Die drei deutschen<br />

Sommelierschulen sind schon heute<br />

fest in weiblicher Hand.<br />

Es ist ihre Stärke<br />

im Verk<strong>auf</strong>en,<br />

die <strong>Frauen</strong> im <strong>Wein</strong>geschäft zugute<br />

kommt. Ob im <strong>Wein</strong>gut, in Gastronomie,<br />

Medien oder <strong>Wein</strong>handel:<br />

Männer interessieren eher Methoden,<br />

Statistiken, Absatzzahlen. Ihre<br />

Kolleginnen setzen dagegen <strong>auf</strong><br />

Intuition, ergründen die Vorlieben<br />

der K<strong>und</strong>schaft – durchaus Vorzüge<br />

für gutes Marketing, das heute so<br />

wichtig ist wie der <strong>Wein</strong> selbst.<br />

<strong>Frauen</strong>-Netzwerke wie der 1991<br />

gegründete Verband „Vinissima“<br />

haben Aufstieg <strong>und</strong> Sichtbarkeit<br />

weiblichen Personals im <strong>Wein</strong>business<br />

noch gefördert: Von einander<br />

lernen, zügig Informationen r<strong>und</strong> um<br />

Jobs <strong>und</strong> Metier austauschen, sich<br />

Gehör verschaffen im wirtschaftspolitischen<br />

Umfeld, „das“, so die Erfahrung<br />

von „Vinissima“-Präsidentin<br />

Ulrike Lenhardt, „ist unter <strong>Frauen</strong><br />

oft leichter möglich“.<br />

Feministisches Sektierertum freilich<br />

haben auch die Netzwerkerinnen<br />

nicht im Sinn. So verkosten Männlein<br />

<strong>und</strong> Weiblein heute in <strong>Wein</strong>-<br />

Jurys ganz unver-<br />

5<br />

krampft miteinander, um am Ende zu<br />

erkennen: <strong>Frauen</strong> machen genauso<br />

oft mittelmäßige oder charaktervolle<br />

<strong>Wein</strong>e wie ihre Kollegen. Und kaum<br />

eine Winzerin wird die traditionelle<br />

Rollenverteilung im <strong>Wein</strong>gut infrage<br />

stellen: Die harte Arbeit in <strong>Wein</strong>berg<br />

<strong>und</strong> Keller darf gern Männersache<br />

bleiben, zumal, wenn nebenher noch<br />

Kinder <strong>und</strong> Haushalt zu versorgen<br />

sind. Dafür steht sie manchmal schon<br />

früh um sieben oder noch um Mitternacht<br />

an Tanks <strong>und</strong> Fässern, um<br />

ungestört <strong>und</strong> penibel zu probieren.<br />

<strong>Wein</strong> ist ein Gemeinschaftsprodukt,<br />

an dem viele Hände beteiligt sind.<br />

Was wie eine Binsenweisheit klingt,<br />

wird langsam gelebte Winzerwirklichkeit,<br />

in der die Geschlechterfrage<br />

geklärt ist. Auch an den Esstischen<br />

dieser Republik ist gelassenes<br />

Miteinander eingekehrt: Sieben von<br />

zehn <strong>Frauen</strong> genießen einen guten<br />

Tropfen am liebsten beim Essen mit<br />

Fre<strong>und</strong>en. Haben Sie, meine Herren,<br />

heute wirklich etwas Besseres vor?


S P EzialitätEN<br />

Spieglein, Spieglein<br />

Das mit der inneren <strong>und</strong> der<br />

äußeren Schönheit ist so eine<br />

Sache. Natürlich wünschen wir uns<br />

bei Menschen ein reiches Innenleben,<br />

Ausdruckskraft <strong>und</strong> Charakter,<br />

ja: Seele. <strong>Wein</strong>liebhaber halten es<br />

bei der Wahl ihrer bevorzugten Tropfen<br />

ähnlich – <strong>und</strong> deshalb schätzen<br />

sie die Kreszenzen unserer hochwertigen<br />

<strong>Wein</strong>linie „Villa Sulmana“<br />

besonders. Unter diesem Namen<br />

wurde das von den Franken gegründete<br />

Neckarsulm im Jahr 771 erstmals<br />

urk<strong>und</strong>lich erwähnt, wir verbinden<br />

mit ihm die große Neckarsulmer<br />

<strong>Wein</strong>bautradition: Seit jeher<br />

reifen dort <strong>auf</strong> sorgfältig ausgewählten<br />

Einzellagen wie Himmelreich<br />

<strong>und</strong> Scheuerberg ungewöhnliche<br />

Gewächse. Die extraktreichen<br />

Trauben werden vom Kellermeister<br />

unserer Winzergenossenschaft<br />

behutsam <strong>und</strong> respektvoll zu markanten<br />

<strong>Wein</strong>en ausgebaut, die ausdrucksstark<br />

sind <strong>und</strong> in ihrer<br />

besonderen Schönheit auch <strong>auf</strong> ihr<br />

Herkunftsgebiet verweisen.<br />

Soweit zum Thema Innenleben.<br />

Doch sind wir mal ehrlich: Selbstverständlich<br />

fordert auch das Auge<br />

seinen Tribut. Kaum jemanden<br />

lässt äußere Schönheit unbeeindruckt.<br />

Und ist man nicht geneigt,<br />

Menschen mit feinen Gesichts-<br />

zügen, ausdrucksvollen Augen,<br />

sinnlichem M<strong>und</strong> <strong>und</strong> herrlichem<br />

Haar mehr Aufmerksamkeit zu<br />

schenken? Der Kult ums Aussehen,<br />

anders als selbstbestimmter <strong>Wein</strong>genuss<br />

lange eher <strong>Frauen</strong>sache, hat<br />

heute auch die Herren eingeholt.<br />

Und mit ihm der Wunsch nach<br />

jugendlicher Attraktivität – selbst<br />

wenn man gegebenenfalls ein bisschen<br />

nachhelfen muss.<br />

Wir finden, auch unsere schönen<br />

„Villa Sulmana“-<strong>Wein</strong>e haben einen<br />

angemessen edlen Auftritt verdient,<br />

<strong>und</strong> deshalb wollen wir sie Ihnen<br />

hier in ihrem neuen „Outfit“ vorstellen:<br />

Den graziösen Flaschen,<br />

den stilvollen Etiketten mit ihren<br />

eleganten Schriftzügen – <strong>und</strong> dem<br />

Abbild der klassizistischen Heilbronner<br />

„<strong>Wein</strong>-Villa“, das aussieht,<br />

als habe es Andrea Palladio,<br />

der begnadete italienische Renaissance-Architekt,<br />

höchstpersönlich<br />

gezeichnet. Sie dürfen die Schönheitsoperation<br />

ruhig Facelifting<br />

nennen. Wir finden: Die innere <strong>und</strong><br />

äußere Harmonie unserer „Villa<br />

Sulmana“-<strong>Wein</strong>e sind nun endlich<br />

in Balance. Probieren Sie selbst!<br />

Villa Sulmana Riesling<br />

Hier vereinigt sich hochwertiges<br />

Traubengut, das von Hand gelesen<br />

<strong>und</strong> danach sorgsam ausgebaut wird,<br />

zu einem ganz besonderen Gewächs:<br />

Feinduftig, rassig <strong>und</strong> kernig im<br />

Ausdruck, mit ausgeglichenem,<br />

herzhaften Körper. Passt w<strong>und</strong>erbar<br />

zu hellen Fleischgerichten, Käse<br />

<strong>und</strong> Fisch.<br />

Villa Sulmana Lemberger<br />

In ihm spürt man die Wärme des<br />

Sommers, der ihm Frucht <strong>und</strong><br />

eine tanninbetonte Struktur verleiht.<br />

Von klarem Kardinalsrot <strong>und</strong><br />

dem Duft nach Wildbeeren gilt er<br />

als Solist unter unseren Rotweinen.<br />

Am schönsten zu Rind- Lamm-<br />

<strong>und</strong> Wildgerichten zu genießen.<br />

Villa Sulmana Cuvée C<br />

Der „Newcomer“ unter unseren<br />

Spitzengewächsen, der aus drei<br />

Rebsortenzüchtungen der <strong>Wein</strong>sberger<br />

Lehr- <strong>und</strong> Versuchsanstalt komponiert<br />

wird: Cabernet Dorsa, Cabernet<br />

Mitos <strong>und</strong> Cabernet Sauvignon. Sie<br />

verleihen der Cuvée samtige Wucht<br />

<strong>und</strong> große Dichte, schenken ihr den<br />

verführerischen Duft nach schwarzen<br />

Johannisbeeren. Ideal zu Lamm,<br />

Wild, Gänsebrust <strong>und</strong> kräftigem Käse.<br />

illa Sulmana<br />

6<br />

an der Wand...<br />

7


PREiSRätSEl<br />

D<br />

ie Stimmung muss so fröhlich <strong>und</strong><br />

ausgelassen gewesen sein, dass man<br />

gerne mitgefeiert hätte bei dem<br />

Anlass, den es hier zu erraten gilt.<br />

Interessierte Herren freilich wären<br />

chancenlos gewesen. Denn zu dem<br />

Fest, das im 17. <strong>und</strong> 18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

in vielen <strong>Wein</strong>dörfern des schwäbischen<br />

Unterlands begangen wurde,<br />

waren ausschließlich <strong>Frauen</strong> zugelassen<br />

– nur ortsansässig mussten sie<br />

sein <strong>und</strong> verheiratet oder verwitwet.<br />

Ob im Zabergäu oder den Orten r<strong>und</strong><br />

um Strom- <strong>und</strong> Heuchelberg: Die<br />

Dorf-Damen feierten wahlweise an<br />

Fasnacht, am Aschermittwoch oder<br />

dem dar<strong>auf</strong>folgenden Weißen<br />

Sonntag, also an der Schwelle zur<br />

Fastenzeit, in der Alkohol tabu war.<br />

In Gestalt heimischen Rebensafts floss<br />

davon nämlich reichlich bei unserem<br />

ungenannten <strong>Frauen</strong>treff – <strong>und</strong> das<br />

umsonst: Die Bürgerinnen waren<br />

Gäste von Schultheiß <strong>und</strong> Ratsherren,<br />

der ausgeschenkte <strong>Wein</strong> die Belohnung<br />

für die geleistete Fron in Haus,<br />

Hof <strong>und</strong> Wengert – wie etwa „das<br />

Einbringen von zwei Tragkörben<br />

Dung“. So saßen die <strong>Frauen</strong> an ihrem<br />

Festtag an langen Tischen im Rathaus<br />

beisammen, <strong>und</strong> es wurde gebechert<br />

<strong>und</strong> gelacht, gegessen <strong>und</strong> gelästert,<br />

was Stadtsäckel <strong>und</strong> Stimmung<br />

hergaben. „An diesem Tag“, sagt die<br />

WAS WAR’S?<br />

Heimatk<strong>und</strong>lerin Isolde Döbele-<br />

Carlesso, „wurde ihnen in einer von<br />

Männern bestimmten Gesellschaft<br />

eine öffentliche Aufmerksamkeit<br />

entgegengebracht, die sie sonst übers<br />

Jahr oft entbehren mussten.“<br />

Nicht überall wurde den <strong>Frauen</strong><br />

gleichviel spendiert: So gab es vielerorts<br />

ein „halbes Maß“, etwa 0,9 Liter,<br />

anderswo nur einen „Schoppen“,<br />

also einen knappen halben Liter <strong>Wein</strong>.<br />

Mancher Bürgermeister offerierte dazu<br />

ein richtiges Mahl, andere nur Brot<br />

oder Kuchen. In einigen Dörfern ließen<br />

sich die Honoratioren als generöse<br />

Sponsoren gleich mitfeiern, dort<br />

hockten Schultes, Schulmeister <strong>und</strong><br />

Pfarrer samt Gattinnen mit am Tisch –<br />

<strong>und</strong> bezogen pro Nase gleich die<br />

doppelte <strong>Wein</strong>ration.<br />

Dabei hätten Kirche <strong>und</strong> Gottesdiener<br />

dem feuchtfröhlichen Brauch am<br />

liebsten den Garaus gemacht. So<br />

beschwerten sich die klerikalen<br />

Sittenrichter über „Unbotmäßigkeiten“<br />

während der Feste, prangerten<br />

„allerhand Narrentheidungen, grobe<br />

Zotten <strong>und</strong> unzüchtige Reden“ an,<br />

führten Klage, dass – Himmel hilf! –<br />

„auch schon Männer dazu eingeladen<br />

<strong>und</strong> als von den Weibern traktiert<br />

worden sein sollen“.<br />

Illustration: J. Mertz<br />

8<br />

Was den Pfaffen nicht gelang,<br />

schafften Kriege <strong>und</strong> wirtschaftliche<br />

Krisen: Dann wurde die <strong>Frauen</strong>-Fete<br />

auch mal für Jahre gestrichen. Nicht<br />

immer ohne Widerstand: Legendär<br />

ist die Racheaktion von vier<br />

Rebellinnen, die am 13. März 1798<br />

aus Protest gegen die Absage ihrer<br />

Ortsfeier mit schweren Äxten <strong>und</strong><br />

entfesselten Kräften die mächtigste<br />

Eiche im „Commun-Eichenwäldle“<br />

fällten. Die Sünderinnen wurden zu<br />

Geldstrafen von je drei Gulden <strong>und</strong><br />

15 Kreutzern verdonnert – aber die<br />

„Eichbaum-Affäre“ zeigte Wirkung:<br />

Am 28. April hockte die weibliche<br />

Dorfgemeinschaft schon wieder<br />

fröhlich vor ihren Schoppen – die<br />

vier „Übeltäterinnen“ mittendrin.<br />

Wie heißt der alte Württemberger<br />

Brauch? Und wo spielte sich die<br />

„Eichbaum-Affäre“ ab?<br />

Schreiben Sie uns Ihre Vorschläge<br />

bis zum 15. Oktober an die<br />

Genossenschaftskellerei Heilbronn,<br />

Binswanger Straße, 74076 Heilbronn.<br />

Unter den richtigen Einsendungen<br />

werden ein paar gute<br />

Heilbronner Tropfen verlost.<br />

REPoRtaGE<br />

chselschweiß“, „Gurkenglaswasser“,<br />

„Leder“. Konzentriertes<br />

Schmatzen erfüllt den Hörsaal D 122.<br />

Frances Kalfa (unten links) <strong>und</strong> Marlin<br />

Holzapfel (unten rechts) diskutieren<br />

auch dezentere Aromen, etwa<br />

„Trockenfrüchte“, „Holz“, „Minze“. Die<br />

<strong>Frauen</strong> sind Studentinnen des Fachbereichs<br />

<strong>Wein</strong>betriebswirtschaft an der<br />

Hochschule Heilbronn <strong>und</strong> verkosten<br />

<strong>Wein</strong>e aus der Neuen Welt beim<br />

„Internationalen <strong>Wein</strong>seminar“. Vier<br />

St<strong>und</strong>en Schlürfen <strong>und</strong> Kauen sind<br />

angesagt, wenig Schlucken: An acht<br />

verschiedenen Tropfen aus Übersee<br />

sollen die Studenten ihre Sensorik <strong>und</strong><br />

<strong>Wein</strong>kenntnisse schulen.<br />

Bis vor einigen Jahren war <strong>Wein</strong>bau<br />

<strong>und</strong> <strong>Wein</strong>wirtschaft eher ein Männerberuf.<br />

Das hat sich geändert. „Über 60<br />

Prozent unserer Studenten sind heute<br />

<strong>Frauen</strong>“, sagt Ruth Fleuchaus, Professorin<br />

für <strong>Wein</strong>betriebswirtschaft: „Das<br />

tut der Branche gut. Denn unsere<br />

weiblichen Absolventen bringen neben<br />

Sachverstand auch Empathie mit.“ So<br />

könnten sich <strong>Frauen</strong>, ob im <strong>Wein</strong>gut<br />

oder der Vermarktung, leichter in den<br />

K<strong>und</strong>engeschmack einfühlen.<br />

„Bei deinem Studium trinkt man wohl<br />

nur den ganzen Tag.“ Solche Sprüche<br />

Besuch bei den<br />

Heilbronner <strong>Wein</strong>baustudenten<br />

Jung, weiblich, hochtalentiert<br />

A<br />

hat Marlin Holzapfel oft gehört <strong>und</strong><br />

dazu bloß gelächelt. Die 26-Jährige<br />

stammt aus einem kleinen <strong>Wein</strong>baubetrieb<br />

in Baden-Württemberg, kennt die<br />

Branche von klein <strong>auf</strong>. Zunächst hatte<br />

sie es erst mit einer Banklehre probiert<br />

– aber am Ende hat sie der <strong>Wein</strong> nicht<br />

losgelassen. „Man kann nicht genug<br />

über ihn lernen, ob im eigenen<br />

Anbaugebiet oder dem Rest der Welt.“<br />

Im Mai war sie bei einer Studienexkursion<br />

in Südafrika, um sich über<br />

Anbaumethoden, Vertriebsstrukturen<br />

<strong>und</strong> die Vermarktung dortiger Güter<br />

zu informieren. „Geschick beim<br />

Vermarkten des <strong>Wein</strong>s ist heute fast<br />

so wichtig wie die Flasche selbst“, so<br />

Ruth Fleuchaus. „Denn die Konkurrenz<br />

ist riesig – <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> schlagen<br />

sich da besser.“<br />

In Heilbronn lernen die Studenten<br />

neben Gr<strong>und</strong>kenntnissen in Önologie<br />

<strong>und</strong> <strong>Wein</strong>bau vor allem Betriebswirtschaft<br />

<strong>und</strong> <strong>Wein</strong>-Marketing. Hinzu<br />

kommen Praxissemester in Kellereien<br />

<strong>und</strong> Handelsunternehmen. Sogar einen<br />

eigenen Hochschulwein (unten Mitte)<br />

kreieren die angehenden <strong>Wein</strong>wirtschafler.<br />

Ihre Karrierechancen sind gut:<br />

„Unsere <strong>Frauen</strong>“, so Fleuchaus,<br />

9<br />

„steigen als Produktmanagerinnen oder<br />

Marketingchefinnen bis in große<br />

Vorzeigeunternehmen <strong>auf</strong>.“<br />

Nicht alle Studenten sind mit Rebstöcken<br />

<strong>auf</strong>gewachsen. Frances Kalfa aus<br />

Sachsen begann nach dem Abitur in<br />

einer Sektkellerei zu arbeiten – <strong>und</strong><br />

entdeckte dort ihre Leidenschaft für<br />

gute Tropfen: „Wenn man einen <strong>Wein</strong><br />

<strong>auf</strong>macht, weiß man nie, was einen<br />

erwartet: Man lernt ihn kennen wie<br />

einen Menschen“, sagt die 23-Jährige.<br />

„Das Studium hilft uns zu begreifen,<br />

wieviel Arbeit in einer einzigen Flasche<br />

steckt. Aber auch, hinter das Produkt<br />

zu sehen: Auf seine Macher, seine<br />

Marktchancen, sein Design.“ Um ihr<br />

Wissen zu vertiefen, will Frances nach<br />

dem Studium ins Ausland, später am<br />

liebsten bei einer Kellerei im <strong>auf</strong>strebenden<br />

Osten anheuern.<br />

Zukunftsangst kennen die Studentinnen<br />

nicht: „Überall wo es <strong>Wein</strong> gibt,<br />

sind Leute wie wir gefragt.“ Aber sie<br />

wollen auch etwas bewegen in der<br />

Branche, frische, durchaus weibliche<br />

Akzente setzen. Und sie sind sich<br />

einig: „Im <strong>Wein</strong>geschmack sind wir<br />

alle Patriotinnen.“


MENSCHEN MENSCHEN iM GESPRäCH<br />

GESPRäCH<br />

„Genuss ist keine<br />

Geschlechterfrage!“<br />

<strong>Paula</strong> <strong>Bosch</strong>, 54, gilt als die Mutter aller weiblichen Sommeliers in Deutschland. 1978 begann sie,<br />

Restaurantgästen die passenden <strong>Wein</strong>e zum Menü zu empfehlen. Seit fast 20 Jahren tut sie das als<br />

hochprämierte Chefsommelière im Münchner Sterne-Tempel Tantris. Dort gebietet sie über<br />

einen <strong>Wein</strong>keller mit über 50 000 Flaschen im Wert von gut 2,5 Millionen Euro. Berühmtheit<br />

erlangte die resolute Oberschwäbin durch ihre witzig-brillanten <strong>Wein</strong>kolumnen im Magazin der<br />

„Süddeutschen“. Kreszenzen, die sie für gut befand, waren oft St<strong>und</strong>en später restlos ausverk<strong>auf</strong>t.<br />

10<br />

AusLese: Frau <strong>Bosch</strong>, schmecken<br />

<strong>Frauen</strong> <strong>Wein</strong>e anders als Männer?<br />

<strong>Bosch</strong>: Fahren <strong>Frauen</strong> anders? Da gibt<br />

es Parallelen. Man kann sagen, <strong>Frauen</strong><br />

sind konzentrierter <strong>und</strong> sensibler beim<br />

Probieren des <strong>Wein</strong>s, erkennen<br />

schneller als Männer, wenn er korkt<br />

oder sonstwie fehlerhaft ist. Auch wenn<br />

es wissenschaftlich nicht bewiesen ist,<br />

dass wir bessere sensorische Fähigkeiten<br />

besitzen als die Herren der Schöpfung.<br />

AusLese: Männer lieben tannin- <strong>und</strong><br />

prestige-strotzende Tropfen, heißt es,<br />

<strong>Frauen</strong> eher blumig-leichte.<br />

Bevorzugen sie tatsächlich andere<br />

<strong>Wein</strong>e als Männer?<br />

<strong>Bosch</strong>: Da kursieren jede Menge<br />

Klischees. Das Interessante ist, dass<br />

nicht <strong>Frauen</strong>, sondern Männer lieber<br />

etwas Süßes trinken, etwa zur Gänseleber<br />

oder zum Dessert. Sie lieben reife<br />

<strong>Wein</strong>e, das schon, aber eher wegen<br />

Fülle <strong>und</strong> Charakter, nicht wegen der<br />

Tannine. Umgekehrt schätzen <strong>Frauen</strong><br />

eher das Kernig-Rustikale an <strong>Wein</strong>en<br />

– <strong>und</strong>: Sie fangen anders als ihre<br />

Begleiter gerne auch mal mit einem<br />

Roten an. Die Zeiten lieblicher Damen-<br />

Weißweine jedenfalls sind längst vorbei.<br />

AusLese: Machen <strong>Frauen</strong> denn auch<br />

andere <strong>Wein</strong>e als ihre Winzerkollegen?<br />

<strong>Bosch</strong>: Ich glaube ja. Nehmen Sie „les<br />

grandes dames de vin“ wie Lalou<br />

Bize-Leroy im Burg<strong>und</strong> oder Ellie<br />

Lencaisten vom Château Pichon<br />

Longueville Lalande im Bordeaux: Das<br />

sind <strong>Frauen</strong> mit großer Persönlichkeit,<br />

die <strong>Wein</strong>e schaffen, da bekommt man<br />

vor Ehrfurcht Gänsehaut: Mit eigenem<br />

Stil <strong>und</strong> Charakter – <strong>und</strong> weiß Gott<br />

nicht blumiger oder duftiger als die der<br />

Kollegen, aber von höherer Intensität<br />

<strong>und</strong> Spannkraft.<br />

AusLese: Die großen <strong>Wein</strong>bibeln<br />

werden von männlichen Gurus wie<br />

Robert Parker oder Stuart Pigott<br />

verfasst. Wissen Männer denn, was<br />

<strong>Frauen</strong> schmeckt?<br />

<strong>Bosch</strong>: Ich glaube, wer über <strong>Wein</strong><br />

schreibt, den interessiert zunächst nur<br />

das Gewächs, nicht das Geschlecht des<br />

Konsumenten. Ich jedenfalls schreibe<br />

nicht für Männer oder <strong>Frauen</strong>, sondern<br />

für weininteressierte Menschen. Und<br />

noch gar nie habe ich bei meinen<br />

Einkäufen im Kopf gehabt: K<strong>auf</strong> ich die<br />

Flasche nun für einen Mann oder eine<br />

Frau? Denn Genuss ist keine Geschlechterfrage,<br />

sondern eine Frage unterschiedlicher<br />

Wahrnehmung.<br />

AusLese: Als Sie 1978 begannen, waren<br />

Sie Pionierin, die erste Sommelière im<br />

Land. Heute haben viele Häuser<br />

weibliche <strong>Wein</strong>kellner, die Medien sind<br />

voller hübscher Vorzeige-Sommelièren.<br />

Worin liegt ihr Erfolg?<br />

<strong>Bosch</strong>: Ich denke, wir können besser<br />

<strong>auf</strong> die K<strong>und</strong>schaft eingehen. Wir sind<br />

mehr an ihren Wünschen interessiert.<br />

„Wonach ist Ihnen denn heute?“, das<br />

will ich wirklich wissen von meinen<br />

Gästen. Männliche Kollegen gehen bei<br />

der Beratung „technischer“, rationaler<br />

vor.<br />

AusLese: Was hat sich denn seit Ihrem<br />

Start getan im Metier?<br />

<strong>Bosch</strong>: Als ich anfangen wollte, hieß es<br />

noch: „Frollein, von Ihnen lass ich mir<br />

vielleicht den Kaffee zum Frühstück<br />

bringen, aber doch nicht den <strong>Wein</strong> zum<br />

Essen.“ Heute droht der Pegel zur<br />

anderen Seite auszuschlagen. Da ist viel<br />

Oberflächlichkeit im Spiel – <strong>und</strong> Kalkül:<br />

Weiblich, blond <strong>und</strong> jung zu sein<br />

genügt nicht, um fachk<strong>und</strong>ig zu<br />

beraten. Aber es fördert den Verk<strong>auf</strong>,<br />

vor allem beim männlichen Publikum<br />

– <strong>und</strong> es reizt die Neugier der Medien.<br />

<strong>Frauen</strong> können Sie mit Dilettantismus<br />

weniger blenden: Sie sind meine <strong>auf</strong>merksamsten,<br />

aber auch kritischsten Gäste.<br />

11<br />

AusLese: <strong>Frauen</strong> verdienen heute eigenes<br />

Geld, sind selbstständiger – auch bei<br />

Tisch, an der Seite ihrer Männer?<br />

<strong>Bosch</strong>: Es wird mehr diskutiert. Aber<br />

meist entscheidet noch immer er. Und es<br />

gibt die Herren, die bis heute unbeirrt<br />

verfügen: „Meine Frau trinkt, was ich<br />

aussuche.“ Eher selten passiert, dass ein<br />

K<strong>und</strong>e sagt: „Ich hab wenig Ahnung,<br />

meine Frau entscheidet.“ Aber wenn erst<br />

eingeschenkt ist, dann kommt oft der<br />

Satz: „Lassen Sie meine Frau probieren,<br />

die hat den besseren Geschmack!“<br />

AusLese: Längst gibt es <strong>Frauen</strong>-Netzwerke<br />

wie „Vinissima“, in denen Winzerinnen,<br />

<strong>Wein</strong>-Händlerinnen <strong>und</strong> -Journalistinnen<br />

wie Sommelièren zusammenarbeiten. Hilft<br />

derlei „<strong>Frauen</strong>power“ weiter?<br />

<strong>Bosch</strong>: Ich halte mich aus den Weiberclubs<br />

raus. Mir kommt das erniedrigend<br />

vor, so, als würden wir uns die direkte<br />

Auseinandersetzung mit den Kollegen<br />

nicht zutrauen. Mich interessieren<br />

kompetente Ansprechpartner – egal ob<br />

Männlein oder Weiblein. Alles andere ist<br />

verlorene Zeit.<br />

AusLese: Haben Sie denn Hoffnung, dass<br />

Männer <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> bald gleichermaßen<br />

genussvoll wie selbstbestimmt miteinander<br />

das Glas heben?<br />

<strong>Bosch</strong>: Oh ja. Das Verhältnis wird ja<br />

letztlich immer intimer. Ich kenne keine<br />

Winzer, die einen <strong>Wein</strong> nur fürs eigene<br />

Geschlecht machen. Für Erfolg muss man<br />

ebenso seinen Mann wie seine Frau<br />

stehen. Also: <strong>Wein</strong> <strong>und</strong> Weib – das<br />

Thema ist für mich durch.


WiEDERENtDECKt<br />

W<br />

„Alb-Leisa“<br />

Die winzigen Früchtchen sind zurück<br />

ären die Mammels nicht so<br />

begeisterte Linsen-Esser, die<br />

„Alb-Leisa“ wären womöglich für<br />

immer verschw<strong>und</strong>en. So aber<br />

begann die Bauernfamilie <strong>auf</strong> ihrem<br />

Bioland-Hof in Lauterach über dem<br />

Lautertal schon vor gut 20 Jahren<br />

mit dem Versuch, die eiweißhaltige<br />

Nahrungspflanze ihrer Vorväter<br />

wieder auszusäen. Die lange<br />

Tradition des Linsen-Anbaus <strong>auf</strong> der<br />

Schwäbischen Alb war in den 50er<br />

Jahren versiegt: Damals begann das<br />

Zeitalter billiger Import-Linsen, da<br />

konnten die heimischen Bauern<br />

schon wegen der niedrigen Erträge<br />

nicht mehr mithalten – <strong>und</strong> das,<br />

obwohl die mageren, steinigen<br />

Böden der Alb als ideales „terroir“<br />

für die heimische Linse gelten.<br />

Jahrelang fahndeten die Mammels<br />

nach dem Original-Saatgut der<br />

knackigen Früchtchen mit dem<br />

würzigen Aroma, recherchierten bei<br />

alteingesessenen Händlern, baten<br />

über Zeitungs<strong>auf</strong>rufe die heimischen<br />

Kollegen, doch ihre Dachböden nach<br />

vergessenen Samentütchen zu<br />

durchforsten. Währenddessen<br />

begannen sie <strong>auf</strong> der Basis einer eng<br />

verwandten Schwester-Linse der<br />

französischen „Du Puy“-Sorte mit<br />

eigener Saatgut-Produktion: Auf<br />

jährlich wechselnden Feldern werden<br />

die <strong>zarten</strong> Pflänzchen, deren Hülsen<br />

nur zwei Linsenkörner bergen, in<br />

Mischkultur mit Gerste oder Hafer<br />

herangezogen: An den stämmigen<br />

Cerealien können sich die fragilen<br />

Linsengewächse emporranken ohne<br />

umzufallen <strong>und</strong> am feuchten Boden<br />

zu verfaulen. Erntezeit ist von Ende<br />

Juli bis Anfang September, dann wird<br />

das gedroschene Gemenge getrocknet.<br />

Mit einer speziellen Reinigungsmaschine<br />

werden die Linsen später<br />

von Getreidehülsen, Ährenspelzen<br />

<strong>und</strong> Erdklümpchen getrennt <strong>und</strong><br />

dabei nach ihrem Gewicht aussortiert.<br />

Jedes Päckchen „Alb-Leisa“<br />

wird danach von Hand abgepackt.<br />

Der Erfolg der graugrünen Linse mit<br />

dem festen Biss war durchschlagend:<br />

Schon bald stapelten sich bei Mammels<br />

die Bestellungen von Gourmets<br />

<strong>und</strong> Bioläden. Befre<strong>und</strong>ete Bio-<br />

Bauern mit geeigneten Alb-Äckern<br />

12<br />

kamen mit ins Boot, dann wurde die<br />

Erzeugergemeinschaft „Alb-Leisa“<br />

gegründet, um der wachsenden<br />

Nachfrage gerecht zu werden.<br />

2006 war den Linsen-Rettern vom<br />

Lautertal schließlich das Glück hold:<br />

In der Sankt Petersburger Vavilov-<br />

Genbank wurden tatsächlich ein paar<br />

Proben der echten „Alb-Leisa“<br />

sichergestellt. Die wenigen h<strong>und</strong>ert,<br />

wie durch ein W<strong>und</strong>er bewahrten<br />

Exemplare werden zurzeit vermehrt<br />

<strong>und</strong> sorgfältig geschützt angebaut.<br />

Der Run <strong>auf</strong> die feinen Früchtchen<br />

aber steigt, erst recht, seit „SlowFood<br />

Deutschland“ sie zum schützenswerten<br />

„Arche“-Produkt adelte. Für<br />

die inzwischen 40 Anbaubetriebe aber<br />

gelten die strengen Qualitätsregeln der<br />

ersten St<strong>und</strong>e. Auch von der vorrangig<br />

regionalen Vermarktung wollen die<br />

Linsen-Bauern nicht lassen. Wer also<br />

von außerhalb kommt <strong>und</strong> sich mit<br />

„Alb-Leisa“ eindecken will, sollte<br />

einen Umweg übers Ländle einplanen.<br />

KuRz & BüNDiG<br />

WER HAT’S GEWUSST?<br />

40 Jahre <strong>Wein</strong>dorf in Heilbronn<br />

Das Heilbronner <strong>Wein</strong>dorf lädt ein zum Jubiläum. Erstmals an zehn Tagen – vom<br />

10. bis 19. September – sind r<strong>und</strong> ums Heilbronner Rathaus 300 verschiedene<br />

regionale <strong>Wein</strong>e <strong>und</strong> 19 hochwertige Jahrgangssekte im Angebot. Dazu gibt es<br />

traditionelle schwäbische Gerichte von Maultaschen bis hin zu Kutteln <strong>und</strong><br />

zahlreiche Spezialitäten aus der mediterranen Küche. Auf fünf verschiedenen<br />

Bühnen sorgt in den Abendst<strong>und</strong>en Live-Musik für gute Stimmung. Die Öffnungszeiten<br />

sind Mo.-Fr. von 15 bis 23 Uhr <strong>und</strong> am Wochenende von 11 bis 23 Uhr.<br />

Genussvolles Wochenende<br />

Im Goldenen Oktober öffnet die Genossenschaftskellerei Heilbronn traditionell ihre<br />

Pforten für ein verk<strong>auf</strong>soffenes Wochenende. Am 9. <strong>und</strong> 10. Oktober können die<br />

Besucher entspannt <strong>und</strong> genussvoll das umfangreiche Sortiment ausdrucksvoller<br />

<strong>Wein</strong>e, prickelnder Sekte <strong>und</strong> bukettreicher Digestifs verkosten. Darunter auch die<br />

neu <strong>auf</strong>gelegte Exklusiv-Serie VILLA SULMANA, mit sieben verschiedenen <strong>Wein</strong>kreationen<br />

aus den Trauben speziell ausgesuchter, alter Rebanlagen. Ein kulturelles<br />

Rahmenprogramm sorgt für Unterhaltung <strong>und</strong> ein großes Angebot schwäbischer<br />

Leckereien sorgen für das leibliche Wohl. Wir heißen Sie am Samstag von 8 bis 16<br />

Uhr <strong>und</strong> am Sonntag von 11 bis 23 Uhr herzlich willkommen.<br />

Edles in Stahl<br />

Es war an der Zeit! Im Frühjahr wurden in der Genossenschaftskellerei 44 alte,<br />

20.000 Liter fassende Stahltanks ersetzt. Die Innenverkleidung aus Email drohte<br />

sich nach über 45 Jahren abzulösen. Nun stehen unserem Kellermeister Arne Maier<br />

30 neue, hochmoderne 30.000 Liter-Tanks aus Edelstahl zur Verfügung. Teilweise<br />

ausgestattet mit einer doppelten Wandung für Kühleinrichtungen dienen sie der<br />

Vergärung von Weiß- <strong>und</strong> Roséweinen. Edelstahltanks eignen sich ideal für einen<br />

absolut geschmacksneutralen <strong>Wein</strong>ausbau <strong>und</strong> den Erhalt des ursprünglichen<br />

Fruchtgeschmacks der Traube.<br />

„Kulinarische <strong>Wein</strong>lese“ in Neckarsulm<br />

Die „Kulinarische <strong>Wein</strong>lese“ feiert am Freitag, den 29. Oktober ab 18.30 Uhr im<br />

schick gestylten Ambiente des AUDI FORUM Neckarsulm seine Premiere. Das<br />

erstklassige AUDI-Restaurant „Nuvolari“ bietet dort ein exklusives 5-Gänge-Menü,<br />

<strong>und</strong> die Genossenschaftskellerei Heilbronn serviert dazu die passenden <strong>Wein</strong>e. Die<br />

„Kulinarische <strong>Wein</strong>lese“ wird stilvoll musikalisch umrahmt <strong>und</strong> verspricht, zu<br />

einem unvergesslichen Erlebnis für jeden Gourmet zu werden. Sichern Sie sich<br />

rechtzeitig Ihre Plätze im Kartenvorverk<strong>auf</strong> unter<br />

Tel 07132 - 311880 oder 07131 - 157910.<br />

Jeweils eine Flasche Wartberg Trollinger <strong>und</strong> Riesling Spätlese<br />

erhielten Silke Plesken aus Castrop-Rauxel, Roland Schmidt aus<br />

Bebra, Peter Pechacek aus Fulda, Dr. Ulrich Schlenker aus Aachen<br />

<strong>und</strong> Marianne Seitz aus Sandesneben, für die richtige Anwort beim<br />

Rätsel „Wer war’s?“. Gefragt war „Franz Xaver Hohenleiter“, auch<br />

der „schwarze Veri“ genannt.<br />

Ein Gourmet-Menü für zwei Personen im Restaurant Eiscafé Huber gewann Bernhard Mörk aus<br />

Leonberg, für die richtige Antwort „Kliesche“ <strong>auf</strong> die Preisfrage bei der letzten Schlemmerreise.<br />

13<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber<br />

Genossenschaftskellerei<br />

Heilbronn-Erlenbach-<strong>Wein</strong>sberg<br />

Binswanger Straße<br />

74076 Heilbronn<br />

Konzeption/Redaktion<br />

Daniela Horvath<br />

Gestaltung<br />

Eva Schuster & Maike thielmann<br />

www.maschuthi.de<br />

Fotos<br />

angelika Emmerling<br />

Dokumentation<br />

Bernhard ubbenhorst<br />

Druck<br />

mediaGroup le Roux


SCHlEMMERREiSE<br />

Der Maultaschenkönig<br />

vom Neckartal<br />

14<br />

O<br />

tto Gläser ist ein Mann, den<br />

jeder kennt in der Pfalzstadt Bad<br />

Wimpfen – <strong>und</strong> das nicht nur wegen<br />

seiner knielangen „Krachledernen“.<br />

Sie sind das Markenzeichen des<br />

sympathischen Wirts – wie seine<br />

w<strong>und</strong>erbaren Maultaschen. Denn mag<br />

die Marotte mit den Lederhosen auch<br />

seiner Liebe für bayrisches Brauchtum<br />

geschuldet sein – in der Küche seines<br />

urigen Speiselokals „Hohenst<strong>auf</strong>enpfalz“<br />

im malerischen Herzen der 7000-<br />

Einwohnerstadt zählt ausschließlich<br />

schwäbische Tradition.<br />

Man kann sagen, der 58-jährige<br />

Bad-Wimpfener gehört zu den<br />

Vorreitern eines Megatrends. Als seine<br />

Kollegen nämlich noch mäßig<br />

erfolgreich an Versuchen laborierten,<br />

die „haute cuisine“ auch im Ländle zu<br />

kopieren – oder illusionslos nur <strong>auf</strong><br />

Schnitzel mit Pommes setzten, da<br />

hatte Gläser längst erkannt, wo die<br />

Zukunft liegt: „Pizza <strong>und</strong> Kebab gab<br />

es überall, aber Lokale mit heimischer<br />

Kost starben aus. Ich wollte einen Ort<br />

schaffen, wo man anständige, regionale<br />

Speisen bekommt.“<br />

Das ist ihm gelungen. Seine Wirtsl<strong>auf</strong>bahn<br />

begann der ehemalige Polizeibeamte<br />

1986 in einer kleinen Altstadtkneipe<br />

unweit der Mauern des antiken<br />

Römer-Kastells – mit Rindsrouladen,<br />

Kässpätzle <strong>und</strong> Maultaschen „wie<br />

dahoim“. Als ihm 2003 die Übernahme<br />

des historischen Traditionslokals<br />

„Hohenst<strong>auf</strong>enpfalz“ angeboten<br />

wurde, hat er nicht gezögert: Einen<br />

Steinwurf vom mächtigen Löwenbrunnen<br />

entfernt <strong>und</strong> vor traumhafter<br />

Fachwerk-Kulisse unter Wimpfens<br />

trutzigem Wahrzeichen, dem „Blauen<br />

Turm“, serviert er den Gästen heute<br />

die leckersten Maultaschen des ganzen<br />

Neckartals. Jede ist stolze 160 Gramm<br />

schwer, „von Täschle“, lacht Gläser,<br />

„kann bei mir keine Rede sein“.<br />

Zu Fleiß <strong>und</strong> Erfolg gesellte sich das<br />

Glück in Gestalt von Daiva Allehoff:<br />

Die 39-jährige Litauerin ist seit sieben<br />

Jahren der gute Geist in seiner Küche,<br />

lernte schnell <strong>und</strong> leidenschaftlich wie<br />

eine echte Schwäbin zu kochen – <strong>und</strong><br />

die kulinarischen Geheimnisse des<br />

Mythos Maultasche zu verstehen:<br />

Eingehüllt in hauchdünn ausgewalzten<br />

Nudelteig lockt da Meister<br />

Gläsers Spezialfüllung aus einem<br />

Drittel Brät von Jungrind <strong>und</strong><br />

Schwein, sowie zwei Dritteln delikatem<br />

Gemüsemix aus Spinat,<br />

Möhren, Brokkoli, Lauch, Paprika<br />

<strong>und</strong> Fenchel. Serviert werden die<br />

feinen Schwaben-Ravioli mal mit<br />

frischen Champignons, mal „rezent“<br />

mit Speck <strong>und</strong> geschmelzten Zwiebeln<br />

oder als Cordon Bleu-Variante<br />

mit Schinken-Käsefüllung goldbraun<br />

gebraten – <strong>und</strong> am besten in Begleitung<br />

eines guten Viertels Lemberger<br />

oder Riesling trocken aus der Heilbronner<br />

Genossenschaftskellerei.<br />

Jeden Montagmorgen um fünf Uhr<br />

steht Gläser im örtlichen Schlachthof,<br />

um die Wochenration seiner Nudelspezialität<br />

vorzubereiten <strong>und</strong> bei<br />

Bedarf selber Spanferkel zu schlachten:<br />

Die bei einem befre<strong>und</strong>eten<br />

Züchter artgerecht <strong>auf</strong>gewachsenen<br />

Jungtiere kommen später als zarter<br />

Rollbraten an würzigem Sauerkraut<br />

<strong>auf</strong> den Tisch – die andere Spezialität<br />

der „Hohenst<strong>auf</strong>enpfalz“.<br />

Kein W<strong>und</strong>er, dass nicht nur viele<br />

Einheimische sie zu ihrem Stammlokal<br />

erkoren haben. Auch Besucher<br />

von Bad Wimpfen, der schönsten<br />

deutschen Kaiserpfalz, machen gerne<br />

Rast in der ehemaligen „Hofraithe“<br />

aus dem 16. Jahrh<strong>und</strong>ert. Wo einst<br />

die Marktbeschicker mit ihren<br />

Kleintieren Unterkunft fanden, kann<br />

man an warmen Tagen im Freien mit<br />

Traumblick <strong>auf</strong> mittelalterliche<br />

Gässchen speisen. Im Winter drängen<br />

die Gäste nach einem R<strong>und</strong>gang über<br />

den prächtigen Wimpfener Weihnachtsmarkt<br />

in Gläsers gemütliche<br />

Gaststube – zur fröhlichen Hocketse<br />

beim ungekrönten „Maultaschen-<br />

König“ des Neckartals.<br />

Speiselokal Hohenst<strong>auf</strong>enpfalz,<br />

Hauptstraße 34<br />

74206 Bad Wimpfen,<br />

Tel 07063 - 303,<br />

Mail info@hohenst<strong>auf</strong>enpfalz.de,<br />

täglich geöffnet.<br />

15<br />

MAULTASCHEN CORDON BLEU<br />

Rezept für 4 Personen:<br />

Zutaten:<br />

1 Pf<strong>und</strong>packung feiner, hausgemachter<br />

Nudelteig.<br />

Je Maultasche von 160 g Größe (man rechnet<br />

zwei pro Person) benötigt man: Für die<br />

Füllung 40 g Schwein- <strong>und</strong> 20 g Rindfleisch,<br />

ca. 110 g gemischtes Gemüse, 1 Ei, je 50 g<br />

gekochter Schinken <strong>und</strong> Appenzeller in<br />

Scheiben. Für die Panade: 10 g Paniermehl,<br />

2 Eier. Für den Soßen-Dip: 200 ml Fleischbrühe<br />

je Portion, Majoran, Muskat, roter<br />

Heilbronner Landwein, Mondamin.<br />

Zubereitung:<br />

Rind- <strong>und</strong> Schweinefleisch im Fleischwolf zu<br />

Brät verarbeiten, das Gemüse roh kleinhäckseln<br />

<strong>und</strong> in die Fleischmasse zusammen mit<br />

einem Ei einarbeiten, salzen <strong>und</strong> pfeffern.<br />

Den Nudelteig in ca. 30 cm breite Bahnen<br />

dünn ausrollen, die Gemüse-Brät-Masse<br />

einstreichen. Die Längsseiten einschlagen<br />

<strong>und</strong> mit dem Messerrücken zum Portionieren<br />

eindrücken, danach die Teigtaschen einzeln<br />

abschneiden. Die rohen Maultaschen in<br />

simmerndem (nicht kochendem) Salzwasser<br />

r<strong>und</strong> 15 – 20 Minuten sieden lassen bis sie<br />

an die Oberfläche steigen: Wenn sich der<br />

Nudelteig wellt, sind sie gar. Der Länge nach<br />

<strong>auf</strong>schneiden <strong>und</strong> mit je einer Scheibe<br />

Schinken <strong>und</strong> Käse füllen. Anschließend in<br />

geschlagenen Eiern <strong>und</strong> Semmelbrösel<br />

wenden <strong>und</strong> in Rapsöl goldbraun braten. Die<br />

Fleischbrühe würzen, mit Rotwein angießen,<br />

mit dem Mondamin leicht eindicken <strong>und</strong><br />

über die Maultaschen geben.<br />

Preisrätsel:<br />

Bis zu welchem Gewicht nennt man ein<br />

artgerecht <strong>auf</strong>gezogenes Jungschwein<br />

Spanferkel?<br />

Wer die Antwort kennt, sollte sie bis<br />

spätestens 15. Oktober an die<br />

Genossenschaftskellerei Heilbronn,<br />

Binswanger Straße in 74076 Heilbronn<br />

senden.<br />

Dem Gewinner winkt ein Gourmet-<br />

Menü à la carte für zwei Personen vom<br />

„Maultaschenkönig“ in Bad Wimpfen.

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