Das KZ-Außenkommando Mühldorf: Der Todestransport beginnt Die ...
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<strong>Das</strong> <strong>KZ</strong>-<strong>Außenkommando</strong> <strong>Mühldorf</strong>:<br />
<strong>Der</strong> <strong>Todestransport</strong> <strong>beginnt</strong><br />
<strong>Die</strong> deutsche Luftrüstungsindustrie beschließt 1944,<br />
das Düsenstrahlflugzeug Me 262 in Serie zu fertigen.<br />
Dafür werden in <strong>Mühldorf</strong> (Weingut I) und Landsberg<br />
(Weingut II, Walnuß II, Diana II) eigene Bunkeranlagen<br />
als teilweise unterirdische Fabriken errichtet.<br />
In <strong>Mühldorf</strong> wird zur Beschaffung von Arbeitskräften<br />
unter der Aufsicht der Zentrale des Dachauer<br />
Konzentrationslagers am 24. Juli 1944 ein <strong>KZ</strong><strong>Außenkommando</strong><br />
mit vier Lagern eingerichtet. In der Nähe<br />
der Hauptbaustelle entsteht das Lager M I / Mettenheim,<br />
dann das Waldlager V/VI. <strong>Die</strong> Häftlinge werden<br />
im Sommer zunächst in „Finnenhütten“, dann<br />
in Erdhütten untergebracht. Weitere kleinere Lager<br />
befinden sich in Mittergars und Obertaufkirchen.<br />
Im <strong>Mühldorf</strong>er Hart werden 3000 bis 5000 <strong>KZ</strong><br />
Häftlinge beim Bau des 400 Meter langen Großbunkers<br />
als Zwangsarbeiter eingesetzt. In den Lagern<br />
des <strong>KZ</strong><strong>Außenkommando</strong>s sind bis zum Tag ihrer<br />
Befreiung ungefähr 8300, überwiegend jüdische <strong>KZ</strong><br />
Häftlinge aus Ungarn, davon 800 Frauen, inhaftiert.<br />
Etwa 2200 werden „durch Arbeit“ getötet. Sie sterben<br />
an den Folgen von Unterernährung, an mangelnder<br />
medizinischer Versorgung und an Krankheiten<br />
wie Typhus. 1700 Häftlinge werden erschossen oder<br />
zur Ermordung wieder nach Auschwitz zurückgebracht.<br />
Auch nach der Befreiung sterben noch viele<br />
an den Folgen von Zwangsarbeit und Lagerhaft.<br />
<strong>Die</strong> ursprünglichen Pläne der SS, das <strong>KZ</strong> Dachau<br />
mit seinen beiden <strong>Außenkommando</strong>s <strong>Mühldorf</strong><br />
und Kaufering „im Auftrag des Führers“ zu bombardieren<br />
und die Lagerinsassen zu ermorden, scheiterten.<br />
Stattdessen sollen die <strong>KZ</strong>Häftlinge auf den<br />
„Todeszug“ Richtung Ötztal, Tirol, getrieben oder<br />
Richtung Schweiz transportiert werden. Keiner dieser<br />
Märsche oder Transporte erreicht sein Ziel.<br />
In den Lagern <strong>Mühldorf</strong> „M I“ und im Waldlager<br />
V, VI befinden sich kurz vor Kriegsende<br />
5284 Häftlinge. <strong>Der</strong> <strong>Mühldorf</strong>er Bahnhof wird am 20.<br />
April 1945 durch einen alliierten Bombenangriff völlig<br />
zerstört. 3600 <strong>KZ</strong>Häftlinge werden daher im nahegelegenen<br />
Mettenheim in 60 bis 80 Waggons verladen.<br />
Am Abend des 25. April setzt sich der „Todeszug“ in<br />
Bewegung. Etwa 300 nicht jüdische und 550 kranke<br />
Häftlinge bleiben zurück. Er wird unterwegs mehrmals<br />
von amerikanischen Tieffliegerangriffen aufgehalten<br />
und erreicht erst am frühen Morgen des 26.<br />
April das nur wenige Kilometer entfernte Ampfing.<br />
Nach einem kurzen Aufenthalt setzt der Zug im Laufe<br />
des Tages seine Fahrt in Richtung Poing fort.<br />
Verladestelle für den Todes transport bei Mettenheim, 2008<br />
<strong>Das</strong> Lager Mettenheim, Luftaufnahme 1944<br />
„Ich bin sehr abgemagert und muss direkt auf die<br />
Krankenbaracke in den Wagen geführt werden. Fünf<br />
Wochen Typhus haben mich sehr geschwächt. Auf<br />
meinen Bruder gestützt, erreiche ich den Wagen.<br />
Ich fühle mich in Sicherheit – geborgen. Nach einigen<br />
Stunden fährt der Transport los. <strong>Die</strong> Begleitmannschaft<br />
besteht nicht nur aus SS, sondern<br />
auch aus Wehrmachtsangehörigen. <strong>Das</strong> beruhigt uns<br />
ein wenig. In jeder kleinen Station bleiben wir<br />
stehen. Wir merken, dass wir nach Westen fahren.<br />
In Poing, unweit von München, bleiben wir länger<br />
stehen.“<br />
aus: Max Mannheimer: Spätes Tagbuch. Theresienstadt<br />
AuschwitzWarschauDachau, Erinnerungen 2001<br />
Zeugenaussage des ehemaligen <strong>KZ</strong>Häftlings Dare Spitzer<br />
im Lazarett Feldafing, 17. Juli 1945<br />
„<strong>Die</strong> Waggons kamen bis jenseits des Zaunes, zwischen<br />
dem Flugplatz und den Baracken. Den Draht<br />
zerschnitt man und die Einsaßen des Blocks stiegen<br />
in den Zug – alle in der selben Zeit ein. <strong>Die</strong><br />
SS war nervös und hatte es sehr eilig. So wurde<br />
ich nicht durchsucht und stieg in den Waggon<br />
wobei meine Taschen voller Aspirin und Akrichin<br />
waren, die mir Wolpert mitgegeben hat. <strong>Die</strong> Ärzte<br />
blieben im Revier und die Köche in der Küche –<br />
unerklärlich weshalb. Ich hatte den Armband des<br />
Sanitäters an und eine Gummiflasche mit Wasser<br />
unterm dem Hemd.<br />
Im Waggon gab es einige Bänke und die wurden sofort<br />
von Kapos und deren Helfer besetzt. Wann<br />
aber die Tür zulief und Innen keine Soldaten<br />
blieben, wurde der Plebs aufständisch und verdrängte<br />
die Prominenz von den Bänken. Es waren<br />
etwa 60 Mann drin, eine ernste Masse, und ein<br />
paar starke Jungs setzten auf die Bänke Kranke<br />
und Alte. Wie immer bei der SS, waren die Fenster<br />
des Waggons mit Stacheldraht bedeckt, so war es<br />
ziemlich dunkel, doch genug um Gesichter zu erkennen.<br />
Und ich sah meinen Freund Jaco. Er sah<br />
alt aus, aber wie stets Lebensfreude ausstrahlend.“<br />
Aufzeichnungen des ehemaligen <strong>KZ</strong>Häftlings<br />
Georg Mendel, Holon, Israel, 21. September 2005<br />
Übersichtskarte der Bunkerbaustelle Mettenheim/Ampfing<br />
Betonbogen der ehemaligen<br />
Bunkerbaustelle nach<br />
deren Sprengung, 1997<br />
Waldlager in <strong>Mühldorf</strong> mit<br />
Erdhütten, 1945<br />
Max Mannheimer, 1945<br />
<strong>KZ</strong>Häftlinge nach ihrer Befreiung im Lager <strong>Mühldorf</strong><br />
<strong>Mühldorf</strong>er Anzeiger, 27./28. März 1999<br />
Schüler der Arbeitsgruppe an einer noch vorhandenen Aushebung<br />
für eine Erdhütte auf dem Gelände des ehemaligen<br />
Waldlagers V/VI.<br />
Vergessener Widerstand Markt Schwaben III – Tafel 1
<strong>Das</strong> Massaker von Poing<br />
In der Nacht vom 25. auf den 26. April 1945 fährt<br />
der „Todeszug“ in <strong>Mühldorf</strong> / Mettenheim los. Nach<br />
einem erzwungenen Aufenthalt in Ampfing am 26.<br />
April erreicht er am Morgen des 27. April Poing. Da<br />
die Lokomotive defekt ist, bleibt er dort liegen.<br />
Am Nachmittag, vermutlich zwischen 16 und<br />
17 Uhr, verbreitet sich unter den Wachmannschaften<br />
des Zuges das Gerücht, der Krieg sei zu Ende.<br />
Daraufhin beginnen sie die Wagentüren zu öffnen<br />
und zu fliehen. Nach anfänglichem Zögern verlassen<br />
auch die <strong>KZ</strong>Häftlinge die Waggons, soweit sie dazu<br />
noch in der Lage sind. <strong>Der</strong> Lebensmittelwaggon wird<br />
aufgebrochen und restlos geleert. Manche <strong>KZ</strong>Häftlinge<br />
erhalten Lebensmittel von der einheimischen<br />
Bevölkerung oder organisieren sich in der Um gebung<br />
selbst etwas zu essen. Einige können fliehen und<br />
sich bis Kriegsende bei hilfsbereiten Bauern verstecken.<br />
Im Daxer Forst werden mehrere <strong>KZ</strong>Häftlinge<br />
auf ihrem Fluchtversuch von der SS erschossen.<br />
Als eine Gruppe von Häftlingen an der Poinger<br />
Grundschule vorbei läuft, informiert der Luftwaffenleutnant<br />
Windmüller eine in der Nähe befindliche<br />
SSEinheit. Er selbst macht sich mit seiner Luftwaffeneinheit<br />
und einzelnen Zivilisten auf den Weg zum<br />
Bahnhof. Dann fallen Schüsse. <strong>Die</strong> Situation eskaliert.<br />
Mit Bajonetten und Karabinern treiben Soldaten<br />
und Zivilisten die <strong>KZ</strong>Häftlinge zurück in die Waggons.<br />
Es gibt mindestens 50 Tote und mehr als 200<br />
Verletze.<br />
<strong>Die</strong> überlebenden <strong>KZ</strong>Häftlinge werden gezwungen,<br />
ihre toten Kameraden zurück in einen dafür vorgesehenen<br />
Waggon zu bringen. Aus Zeugenaussagen<br />
geht hervor, dass Tote zurückgelassen wurden.<br />
Nach ungefähr einer Stunde sind die meisten <strong>KZ</strong><br />
Häftlinge wieder in den Waggons. Nur wenigen ist<br />
die Flucht gelungen. Am Abend des 27. April 1945<br />
fährt der Zug weiter in Richtung München. Über einen<br />
zeitgleichen Fliegerangriff in Poing gibt es widersprüchliche<br />
Zeugenaussagen.<br />
<strong>Die</strong> Rettung von <strong>KZ</strong>Häftlingen durch einen Bauern aus<br />
Gelting, Entnazifizierungsakte<br />
Zeugenaussage von Johann Vodermeier aus dem Poing<br />
Prozess, 30. Juni 1960<br />
„Dann wurden wir zu je 90 in einen Wagen gepackt,<br />
die Türen wurden geschlossen und die schlimmste<br />
Reise meines Lebens begann.“<br />
Erinnerung von Moshe Sandberg aus: „My longest year“,<br />
Yad Vashem 1968. Sandberg war 1945 19 Jahre alt gewesen.<br />
„Wir waren etwa 10 km von Poing entfernt, als<br />
uns auf der Straße ein SS-Oberscharführer mit<br />
einer Gruppe SS und Luftwaffenmännern einholte<br />
und fragte, wo wir hingehen würden, da der Krieg<br />
vorbei sei. Einer von uns sagte, dass wir nirgendwo<br />
hingehen würden, da der Krieg vorbei sei.<br />
Er wurde dann erschossen. <strong>Der</strong> Oberscharführer<br />
befahl uns dann, mit zu kommen. Als wir zögerten,<br />
schossen die Soldaten mit Maschinengewehren<br />
und töteten drei von uns. Mich trafen sie am<br />
Fuß. Wir wurden dann in den Wald neben der Straße<br />
geführt, wo wir 18 Überlebenden in einer Linie<br />
aufgestellt wurden. Sechs von uns, darunter<br />
ich, wurden bestimmt, um die vier Leichen von der<br />
Straße zu holen. <strong>Die</strong> 12 anderen, die zurückblieben,<br />
wurden dann in Dreiergruppen erschossen.<br />
<strong>Der</strong> einzige, der von ihnen überlebte, war Senico.<br />
Als wir mit den Leichen zurückkamen, erschossen<br />
die SS-Leute drei von uns. Zu meinem Glück kam in<br />
diesem Moment ein Zivilist und fing mit dem Oberscharführer<br />
an zu streiten. Während die beiden<br />
stritten, kam eine Gruppe Häftlinge des selben<br />
Transportes mit SS-Bewachung vorbei, die weiter<br />
vorn auf der Straße angehalten wurde. <strong>Der</strong> Oberscharführer<br />
befahl uns drei Überlebenden dann<br />
mit dieser Gruppe mit zu gehen.“<br />
Zeugenaussage des ehemaligen <strong>KZ</strong>Häflings Tsaak Hazak,<br />
aus den Akten des <strong>Mühldorf</strong>er Prozesses, 5. Juni 1945<br />
Interview mit Rudolf Kastl in der Süddeutschen Zeitung,<br />
6./7. Mai 2000<br />
Luftaufnahme von Poing. ca. 1916, aufgenommen von der<br />
KöniglichBayerischen Flugbeobachtungsschule in Oberschleißheim<br />
bei München. Gut zu sehen, die Dampflok<br />
mit etlichen Waggons, die Richtung Markt Schwaben unterwegs<br />
ist. Links oben im Bild der „Festlweiher“ und der<br />
„Bahnweiher“. Poing ist ein typisches Straßendorf ohne<br />
einen eigentlichen Platz oder Ortskern gewesen.<br />
<strong>Die</strong> „alte“ Schule von 1909 bis 1965. Hier war eine Luftwaffeneinheit<br />
am Ende des Krieges stationiert.<br />
Rudolf Kastl, 2000. Im April 1945 wohnte er im zweiten<br />
Stock des Bahnhofsrestaurants. Er berichtete der damaligen<br />
Arbeitsgruppe des FranzMarcGymnasiums vor Ort.<br />
Vergessener Widerstand Markt Schwaben III – Tafel 2
<strong>Der</strong> Todeszug in Beuerberg<br />
Nach Aussage eines SSBewachers wird der <strong>Mühldorf</strong>er<br />
Zug in München am Südbahnhof wegen seiner<br />
Länge geteilt. Über ein Rangiergleis gelangt er<br />
auf die Bahnstrecke München/IsartalbahnhofKochel.<br />
<strong>Der</strong> vordere Zugteil fährt über Bichl, Seeshaupt<br />
und Bernried nach Tutzing. <strong>Der</strong> hintere Teil des Zuges<br />
kommt am 29. April 1945 in Beuerberg an. Wenig<br />
später trifft dort ein weiterer Häftlings transport aus<br />
Dachau ein.<br />
Ungefähr um 10 Uhr vormittags greifen amerikanische<br />
Tiefflieger aus südlicher Richtung den<br />
Bahnhof in Beuerberg und die beiden Züge an. Trotz<br />
des Fliegerbeschusses verlassen die Häftlinge die<br />
Waggons und stürzen sich auf die in der Nähe des<br />
Zuges bereitgestellten Essensrationen. Beuerberger<br />
Klosterschwestern und Personal einer im Kloster<br />
ausgelagerten Universitätsaugenklinik versuchen die<br />
Häftlinge zu versorgen.<br />
Als die Piloten bemerken, dass es sich um einen<br />
Häftlingstransport handelt, stellen sie den Beschuss<br />
des Zuges ein. Auf ihrem Fluchtversuch in den angrenzenden<br />
Wald werden viele <strong>KZ</strong>Häftlinge von der<br />
SS erschossen.<br />
Ungefähr 20 Tote werden in einem Massengrab<br />
in der Nähe des Bahnhofs beigesetzt. Medizinische<br />
Hilfe für Verwundete bleibt aus.<br />
Bei dem Fliegerangriff wird eine der beiden<br />
Lokomotiven zerstört. Daraufhin werden beide Züge<br />
aus <strong>Mühldorf</strong> und Dachau zusammengekoppelt.<br />
<strong>Die</strong>ser Zug fährt zunächst in Richtung Kochel weiter,<br />
wird dort vom Bahnhofsvorstand zur Rückkehr über<br />
Bichl nach Seeshaupt gezwungen.<br />
Am 30. April 1945 werden die <strong>KZ</strong>Häftlinge in<br />
Seeshaupt von amerikanischen Truppen befreit. <strong>Die</strong><br />
Kranken werden in das nahe gelegene Lazarett in<br />
Feldafing gebracht. Viele sterben unmittelbar nach<br />
der Befreiung. <strong>Die</strong> Überlebenden werden auf Befehl<br />
der Amerikaner zunächst in Wohnhäusern der einheimischen<br />
Bevölkerung untergebracht.<br />
Bahnverlauf der Isartalbahn<br />
Auszug aus der Beuerberger Pfarrchronik<br />
„Bis zum 29. April 1945 sind in der hiesigen<br />
Pfarrei keinerlei Schäden bei Fliegerangriffen zu<br />
verzeichnen. An diesem Tage wurde ein Eisenbahnzug<br />
mit Dachauer Häftlingen am hiesigen Bahnhof<br />
von amerikanischen Tieffliegern beschossen, wobei<br />
eine Anzahl Häftlinge, man spricht von über 100,<br />
einige von den Wachmannschaften, ein ukrainischer<br />
landwirtschaftlicher Arbeiter von Beuerberg und<br />
ein Volkssturmmann von Boschhof (Pfarrei Königsdorf)<br />
getötet wurden. <strong>Die</strong> meisten Leichen wurden<br />
im Zug mitgenommen und erst, wie man hörte, in<br />
Staltach und Seeshaupt von den Amerikanern ausgeladen.<br />
Hier wurden vier Leichen von den bei<br />
obigem Fliegerangriffe Gefallenen im Friedhof,<br />
etwa 17 Leichen von <strong>KZ</strong>lern neben dem Bahngleise<br />
begraben. Im Zusammenhang mit dem Einmarsch der<br />
Amerikaner ist ein anderes Ereignis zu erwähnen.<br />
Am 30. April 1945 kam gegen 4 Uhr nachmittags<br />
ein Zug von ca. 5000 Dachauer Häftlingen von<br />
Herrnhausen her nach Beuerberg. <strong>Die</strong>se hatten bei<br />
Eurasburg gelagert und sollten über Herrnhausen-<br />
Hofstätt nach Königsdorf zum Hochlandlager. <strong>Die</strong><br />
ersten Hundertschaften, hauptsächlich Deutsche,<br />
nahmen den richtigen Weg von Herrnhausen nach<br />
Königsdorf, die folgenden gingen irrtümlich zuerst<br />
nach Beuerberg und wollten von da nach Königsdorf<br />
gehen. Als aber die Wachmannschaften<br />
das nahe Schießen der Amerikaner in Beuerberg<br />
hörten, liefen sie davon und Beuerberg hatte 5000<br />
<strong>KZ</strong>ler da. Es waren durchweg Russen. Sie waren<br />
anfangs ganz harmlos, bettelten und wurden reichlich<br />
verpflegt. Anders wurde die Sache, als am<br />
Abend die Amerikaner, ihre Verbündeten, kamen.“<br />
Aus dem Bericht des Pfarrers Johann Baptist Held,<br />
5. Juli 1945<br />
„Am Vormittag des 29.04.1945 gegen 10.00 Uhr befand<br />
ich mich am südlichen Ortsrand von Beuerberg,<br />
mit Sicht zum Bahnhof. Dort standen zwei<br />
Güterzüge mit Fahrtrichtung Kochel, die bezüglich<br />
der Länge über den Bahnübergang (Straße rechts<br />
nach St. Heinrich) hinausreichten.<br />
Aus südöstlicher Richtung kamen plötzlich drei<br />
Tiefflieger und beschossen diese Züge. Erst als<br />
die Flugzeuge, nach mehreren Anflügen abdrehten,<br />
begab ich mich in Zugnähe, wo die Zuginsassen<br />
(Häftlinge) zu Essen erhielten.<br />
Herumliegende Tote wurden dann in einen offenen<br />
Waggon gelegt, bzw. da hinein geschlichtet.<br />
Nur 10 Tote hat man südlich des Bahnhofes, gegenüber<br />
dem heutigen Feuerwehrhaus begraben. Später<br />
war dort ein Birkenkreuz aufgestellt worden.<br />
Den bei einem hiesigen Bauern beschäftigten Arbeiter,<br />
namens Keinz, hatte ich tot auf der<br />
Strasse liegen gesehen.<br />
<strong>Die</strong> Lokomotive eines Zuges war bei dem Luftangriff<br />
defekt geschossen worden und musste ausrangiert<br />
werden. Beide Züge waren deshalb zusammengekoppelt<br />
worden und hatten gegen Mittag<br />
Beuerberg in Richtung Bichl/Kochel verlassen. <strong>Die</strong><br />
nicht mehr brauchbare Lokomotive ist noch Jahre<br />
auf einem Abstellgleis gestanden.<br />
<strong>Die</strong> von einem Transportzug mitgeführte Flugabwehr<br />
(Vierlingsflak) war nicht eingesetzt worden.“<br />
Erinnerungen von Andreas Grünwald, 1945.<br />
1945 war er 17 Jahre alt gewesen.<br />
Straße vom Bahnhof zum Kloster, 2008<br />
Entfernung zum Bahnhof ca. 500 m<br />
<strong>Die</strong> Bahnhofstraße in Beuerberg mit ehemaliger Bahnhofsgaststätte,<br />
2008<br />
Amerikanische Soldaten vor toten <strong>KZ</strong>Häftlingen in Seeshaupt,<br />
30. April 1945<br />
Vergessener Widerstand Markt Schwaben III – Tafel 3
<strong>Die</strong> Befreiung des vorderen Teils des Zuges in<br />
Tutzing<br />
<strong>Der</strong> vordere Teil des Zuges kommt mit 1200 – 1600<br />
<strong>KZ</strong>Häftlingen am 28. April 1945 in Seeshaupt an.<br />
Dort werden die <strong>KZ</strong>Häftlinge vom Deutschen Roten<br />
Kreuz mit Nahrung und medizinischer Hilfe versorgt.<br />
<strong>Die</strong> Toten werden aus dem Zug geborgen.<br />
Am 29. April muss die Versorgung wegen eines alliierten<br />
Tieffliegerangriffs vorzeitig abgebrochen werden.<br />
Bei dem Angriff wird eine unbestimmte Anzahl<br />
von <strong>KZ</strong>Häftlingen getötet.<br />
Noch am selben Abend fährt der Zug weiter<br />
nach Bernried. Dort wird der Zug ein zweites Mal<br />
von alliierten Tieffliegern angegriffen. <strong>Die</strong> Häftlinge<br />
werden daran gehindert, den liegen gebliebenen Zug<br />
zu verlassen.<br />
Auf Veranlassung des auf Schloss Höhenried<br />
befindlichen Schweizer Konsulats fährt der Zug<br />
schließlich Richtung Tutzing weiter. <strong>Die</strong> „lästigen<br />
Hungerleider“ sollen nach Meinung des Konsuls<br />
Bernried verlassen.<br />
Am Morgen des 30. April wird der Zug in Tutzing<br />
von amerikanischen Truppen befreit. <strong>Die</strong> <strong>KZ</strong><br />
Häftlinge werden im Krankenhaus medizinisch versorgt.<br />
<strong>Das</strong> ursprüngliche Ziel des Zuges kann nicht<br />
mehr geklärt werden. Möglicherweise sollte er auf<br />
die Strecke MünchenGarmisch geleitet werden.<br />
Liste der toten <strong>KZ</strong>Häftlinge in Tutzing, 30. April 1945<br />
„Feldhütter: Was ist das Nächste, an das Sie sich<br />
wieder genau erinnern können?<br />
Mannheimer: <strong>Die</strong> Befreiung aus dem Waggon durch<br />
die Amerikaner.<br />
Feldhütter: Wo wurden Sie von den Amerikanern<br />
befreit und wie lief die Befreiung vonstatten?<br />
Mannheimer: <strong>Das</strong> war vielleicht 300-400 m vor dem<br />
Tutzinger Bahnhof auf offener Strecke von Seeshaupt<br />
kommend. <strong>Die</strong> Türen wurden geöffnet, während<br />
die SS schon weggelaufen war und wir sahen<br />
auf der Straße von Tutzing nach Seeshaupt einige<br />
Militärfahrzeuge rollen. Sie kamen über einen<br />
Feldweg herauf zu den Schienen, die etwas erhöht<br />
lagen und bauten ein Zelt neben dem Zug auf, in<br />
dem die einzelnen Leute registriert und gewogen<br />
wurden.<br />
Feldhütter: Und wie reagierten zufällig anwesende<br />
Bewohner von Tutzing?<br />
Mannheimer: Ich kann mich nicht erinnern, dass<br />
welche da gewesen wären. Aber sie hätten sich<br />
auch gehütet dorthin zu gehen, sie hatten ja auch<br />
Angst sowohl vor den Amerikanern als auch vor<br />
uns. Wir sahen ja schrecklich aus, nur noch Haut<br />
und Knochen...“<br />
Erinnerungen von Max Mannheimer in einem Interview mit<br />
Anna Feldhütter, 2007<br />
Auszug aus der Zeugenaussage des <strong>KZ</strong>Häftlings Hermann<br />
Ellert, 3. Juli 1945<br />
„<strong>Der</strong> Zug mit den Kz. Leuten stammt aus Ampfing<br />
bei <strong>Mühldorf</strong> am Inn. <strong>Der</strong> Kz. Zug wurde zunächst<br />
von der Isar-Tal-Bahn nach Bichl dirigiert, er<br />
sollte über Bichl - Tutzing - Garmisch nach<br />
Innsbruck gehen. <strong>Der</strong> Gauleiter von Tirol lehnte<br />
die Übernahme des Zuges ab. Bichl sollte den Zug<br />
nach Garmisch weiterleiten. Es wurde aber von der<br />
Station Tutzing bedeutet, daß die Weiterleitung<br />
nach Garmisch deshalb nicht möglich ist, weil<br />
die Bahnlinie nach Garmisch total verstopft war.<br />
Trotz dieser Ablehnung wurde der Zug nach Bernried<br />
weitergeleitet. In Bernried sollte die Leitung<br />
des schweizer roten Kreuzes die Versorgung<br />
der Kz. Leute übernehmen. <strong>Der</strong> Zug wirde darauf<br />
hin ohne weitere Nachfrage nach Tutzing weitergeleitet<br />
und in Tutzing hinterstellt. <strong>Der</strong> Lokomotivführer<br />
verließ mit der Maschine Tutzing und<br />
kehrte nicht mehr zurück.“<br />
Bericht des Reichtsbahnrats Dr. Ferdinand F(r)ey aus<br />
Tutzing, 1945<br />
Liste der <strong>KZ</strong>Häftlinge, die nach der Befreiung des Zuges<br />
starben, 4. Juli 1945<br />
Max Mannheimer, um 2000<br />
Bahnhofsgebäude in Bernried und Tutzing, 2009<br />
Auszug aus der Zeugenaussage des Hausarztes<br />
Dr. Greschl, Akte des <strong>Mühldorf</strong>er Prozesses, 17. Juli 1945<br />
Auszug aus der Zeugenaussage des Dr. Richard Zarnitz,<br />
Akte des <strong>Mühldorf</strong>er Prozesses, 2. Juli 1945<br />
Vergessener Widerstand Markt Schwaben III – Tafel 4
<strong>Die</strong> Befreiung des hinteren Teils des Zuges in<br />
Seeshaupt<br />
Am 30. April 1945 kommt der hintere Teil des Zuges<br />
um 4 Uhr nachts am Bahnhof in Seeshaupt an. Fünf<br />
Stunden später wird er von der 36. InfanterieDivision<br />
der 7. USArmee befreit. In den Waggons befinden<br />
sich ca. 2000 Häftlinge, darunter mindestens<br />
63 Tote. Weitere 27 sterben im dortigen Krankenhaus.<br />
Um die Bevölkerung in Seeshaupt mit den<br />
Verbrechen der Nationalsozialisten zu konfrontieren,<br />
zwingen die amerikanischen Soldaten die Einwohner<br />
zum Bahnhof. Dort müssen sie mit ansehen, in welchem<br />
Zustand sich die aus den Waggons befreiten<br />
<strong>KZ</strong>Häftlinge befinden.<br />
Auf Befehl der Amerikaner werden die Überlebenden<br />
zunächst in Wohnhäusern der einheimischen<br />
Bevölkerung untergebracht. <strong>Die</strong> von befreiten <strong>KZ</strong><br />
Häftlingen durchgeführten Plünderungen im Ort werden<br />
von den amerikanischen Truppen geduldet. Bis<br />
kurz vor Kriegsende hatten SSTruppen in Seeshaupt<br />
mit Unterstützung der einheimischen Bevölkerung<br />
Widerstand geleistet.<br />
Nach der Kapitulation werden die <strong>KZ</strong>Häftlinge<br />
in Unterkünfte nach Feldafing und Freimann gebracht.<br />
Nur die Kranken und Schwerverletzten können<br />
in Seeshaupt bleiben.<br />
Im Dezember 1992 beschließt der Gemeinderat<br />
von Seeshaupt die Errichtung eines Mahnmals. Am<br />
8. Februar 1994 wird der Seeshaupter Künstler Jörg<br />
Kicherer mit der Ausführung beauftragt. Nach intensiver<br />
öffentlicher Debatte wird das Mahnmal nicht<br />
am Bahnhof, sondern auf dem Platz gegenüber der<br />
Villa Regina in der Bahnhofstraße aufgestellt. Durch<br />
diese Straße zogen die Häftlinge im April 1945 in die<br />
Freiheit. Zum 50. Jahrestag des Kriegsendes wird<br />
das Denkmal am 30. April 1995 feierlich enthüllt.<br />
Es mahnt den Betrachter mit den Worten Antigones:<br />
„Zum Hasse nicht, zur Liebe bin ich“.<br />
Wandzeitung im Bahnhof, 1995. Initiative für ein Denkmal in<br />
Seeshaupt<br />
„30. Mai 1945: Nach kurzer amerikanischer Gefangenschaft<br />
kehrte Pfarrer Simon aus dem Felde zurück.<br />
(...) <strong>Die</strong> erste Begrüßung mit einem Gemeindemitglied<br />
in Seeshaupt erreichte ihn im Hause<br />
Dr. Schroer und später auf dem Hof von Veitinger<br />
in Schechen. Dabei erfuhr er, in welch furchtbarer<br />
Bedrängnis die Seeshaupter Gemeinde durch<br />
die Plünderung des ganzes Ortes geraten war,<br />
nachdem dort zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs<br />
ein stehender Güterzug voller Konzentrationslagerhäftlinge<br />
sich über den Ort entleert hatte.<br />
<strong>Die</strong> Häuser waren weithin ausgeplündert und über<br />
die Bevölkerung eine bittere Not, vor allem an<br />
Bekleidung und Lebensmittel, hereingebrochen. <strong>Der</strong><br />
ausgestandene Schrecken zitterte noch in jedem<br />
Wort, das die Leute sprachen, nach.“<br />
Aus dem Tagebuch der Evangelischen Gemeinde Penzberg<br />
Seeshaupt, 1945<br />
Erinnerungen des ehemaligen <strong>KZ</strong>Häftlings Louis Sneh, der 1945<br />
in Seeshaupt befreit wurde. Los Angeles Times, 5. März 1995<br />
„Von dieser Bahnstation war keine Möglichkeit,<br />
weitere Verbindung zu haben, wo wir schon benachrichtigt<br />
wurden von dem Stationsvorstand,<br />
dass die Amerikaner vor der kleinen Stadt stehen.<br />
Viele SS fanden zum Ausreissen, und die gebliebenen<br />
Posten warteten bis zum Einmarsch der amerikanischen<br />
Panzerspitztruppen. Zum Glücke, nach<br />
ein paar Stunden erblickten wir von ferne den<br />
Einmarsch der amerikanischen Spitzentruppen. Sie<br />
wurden von uns mit grossem Jubel empfangen. Wir<br />
wollten auch gleich die Vergeltung an der SS machen,<br />
sie liessen uns aber nicht, weil sie gesagt<br />
haben, dass sie das alles selbst regeln wollen.<br />
Unzählige Kameraden konnten leider die Befreiung<br />
nicht mehr erleben, weil sie noch auf dem Wege<br />
das Leben lassen mussten. Unzählige von Kameraden<br />
lagen in den Waggons, da sie keine Kraft<br />
mehr hatten, zu Gehen. <strong>Die</strong> ganze Bevölkerung der<br />
Stadt Seeshaupt wurde zusammengerufen auf dem<br />
Bahnhof, um ihnen zu zeigen ein Bild, was die<br />
Deutschen taten und wie gross die deutsche Kultur<br />
ist. <strong>Die</strong> Aufnahme der Amerikaner gegenüber<br />
uns ist unbeschreiblich. Wir wurden mit Küssen<br />
empfangen, wir wurden sofort mit allerbesten Lebensmitteln,<br />
mit warmen Getränken verpflegt, sie<br />
gaben uns auch die eigenen Rationen. Auch die<br />
Deutschen legten sich ganz lahm, so als mochten<br />
sie gar nicht davon wissen, um den Hass nicht zum<br />
Ausbruch zu bringen, nahmen sie uns gut auf und<br />
gaben uns zu essen. In der Stadt Seeshaupt wurde<br />
eine Küche eröffnet, wo sie 2mal täglich mit warmem<br />
Essen, Fleisch, Suppen, Brot und allem Möglichen<br />
uns speisten, um den unschuldig leidenden<br />
Menschen wieder in das Leben zu bringen.“<br />
Erinnerungen des ehemaligen <strong>KZ</strong>Häftlings Hutterer, Juni 1945<br />
Zeugenaussage von Franz Josef Konrad, dem ehemaligen<br />
Bürgermeister von Seeshaupt, 5. Juli 1945<br />
Liste der toten <strong>KZ</strong>Häftlinge in Seeshaupt, 3. Juli 1945<br />
Louis Sneh bei der Einweihung des Denkmals<br />
in Seeshaupt, 1995<br />
Bahnhofsgebäude in Seeshaupt, 2009<br />
Bilder der Befreiung des Häftlingszuges in Seeshaupt, 1945<br />
Akte aus dem<br />
Ermittlungsverfahren gegen Leonhard Meyer,<br />
Angehöriger der Wachmannschaft des <strong>KZ</strong> Dachau<strong>Mühldorf</strong><br />
Vergessener Widerstand Markt Schwaben III – Tafel 5
„Vergessener Widerstand“<br />
<strong>Der</strong> Todeszug <strong>Mühldorf</strong> – Seeshaupt – Tutzing.<br />
Stationen eines Eisenbahntransportes von<br />
jüdischen <strong>KZ</strong>-Häftlingen in den letzten Tagen<br />
des Zweiten Weltkriegs.<br />
Täter – Opfer – Zuschauer – Helfer.<br />
Ausstellungsprojekt der Weiße Rose Stiftung e.V.<br />
und des FranzMarcGymnasiums Markt<br />
Schwaben in Zusammenarbeit mit der Bayerischen<br />
Landeszentrale für Politische Bildungsarbeit<br />
Ziel des Projekts<br />
<strong>Das</strong> Projekt will vergessene und in der Öffentlichkeit<br />
wenig wahrgenommene Formen von Verweigerung<br />
und alltäglichem Widerstand gegen den<br />
Nationalsozialismus bekannt machen und den<br />
Dialog zwischen den Generationen ermöglichen.<br />
Impressum<br />
Text und Redaktion: Weiße Rose Stiftung e.V.<br />
Projektarbeitskreis FranzMarcGymnasium mit<br />
Schülern der Kollegstufe und des Arbeitskreises<br />
Politik und Zeitgeschichte unter der Leitung von<br />
Heinrich Mayer.<br />
Ausstellungsheft: Mattias Konrad<br />
Layout und Satz: ASTexte, München<br />
Druck und Herstellung:<br />
OrtmannTe@m GmbH, Ainring<br />
Danksagung<br />
Für Dokumente, Bilder, Gespräche und Informationen<br />
Zeitzeugen: Josef Blasi, Rudolf Kastl, Gabriel<br />
Meltzer, Erna Schimpf, Max Tau, Alfred Weinryb;<br />
Robert Bierschneider, Bayerisches Staatsarchiv;<br />
Edwin Hamberger, Stadtarchiv <strong>Mühldorf</strong>; Albert<br />
Hingerl, Bürgermeister von Poing; Albert Knoll,<br />
Archiv der <strong>KZ</strong> Gedenkstätte Dachau; Michaela<br />
Pischetsrieder, Gemeinde Tutzing; Stadtarchiv<br />
Ampfing; Klosterarchiv Beuerberg; Bayerisches<br />
Hauptstaatsarchiv; Initiative Denkmal Seeshaupt;<br />
Israelitische Kultusgemeinde; Gemeindearchiv<br />
Poing;<br />
Kollegen des FranzMarcGymnasiums: Gerhard<br />
Döhm, Reinhard F. Grill, Peter Rohmfeld, Gudrun<br />
Schäffner, Severin Zebhauser;<br />
sowie an Ruth Drolshagen und Ursula Kaufmann,<br />
Mitarbeiterinnen der Weiße Rose Stiftung e.V. und<br />
den Vorstand.<br />
Wir leben heutzutage in Orten, durch die<br />
früher Waggons voller <strong>KZ</strong>Häftlinge in ein<br />
ihnen unbekanntes Schicksal fuhren und die<br />
meisten Menschen wissen nichts darüber.<br />
Viele Häftlinge starben unterwegs, während<br />
in den Orten das alltägliche Leben unbeirrt weiterlief. An die<br />
fürchterliche Zeit für diese Häftlinge soll erinnert werden und<br />
es ist auch wichtig, die Geschichte seines Heimatortes aufzuarbeiten.<br />
Susanne Plabst, K13: Tafel ‚Seeshaupt‘<br />
Erst durch die Arbeit in Archiven, mit Zeitzeugen,<br />
durch die Betrachtung von Bildern wird<br />
einem bewusst, wie schlimm der Nationalsozialismus<br />
in Europa und der Welt gewütet<br />
hat. <strong>Das</strong> wichtigste ist für mich, dass die<br />
Vergangenheit nicht vergessen wird. Direkt an Orten wie<br />
Tutzing oder Mühdorf zu sein und später die Berichte der US<br />
Streitkräfte auf den Microfilmen zu lesen, war faszinierend.<br />
Fabian <strong>Die</strong>tz, K12: Tafel ‚Seeshaupt‘<br />
<strong>Die</strong> Auswertung der alten Dokumente und<br />
Mikrofilme im Münchner Staatsarchiv und<br />
im Archiv der Dachauer <strong>KZ</strong>s haben mich sehr<br />
beeindruckt. Dadurch wurde mir nochmals<br />
bewusst, wie grausam die meisten Menschen<br />
damals waren. <strong>Die</strong> Zeitzeugengespräche haben mich sehr<br />
fasziniert, weil diese Menschen grausame Dinge erlebt, aber<br />
trotzdem den Willen und den Mut nicht verloren haben.<br />
Constantin Popp, 11A: Tafel ‚Seeshaupt‘<br />
<strong>Die</strong> Arbeit am „TodeszugProjekt“ war manchmal<br />
anstrengend, aber auch sehr informativ<br />
und spannend. Geschockt hat mich die Grausamkeit<br />
der Nazis gegenüber den Häftlingen,<br />
die in den Zügen unter widrigsten Bedingungen<br />
mehrere Tage ausharren mussten und so gut wie nicht<br />
versorgt wurden.<br />
Felix Popp, 11C: Tafel ‚Seeshaupt‘<br />
<strong>Die</strong> für uns wichtigste Erkenntnis beim<br />
Bearbeiten dieses Projekts war die Zeit,<br />
die wir mit den Zeitzeugen verbracht<br />
haben. <strong>Die</strong> grausamen Bedingungen,<br />
unter denen die Gehetzten leiden mussten, sind zwar den<br />
meisten Leuten bekannt, jedoch ist vielen nicht bewusst, dass<br />
auch heute noch eben diese Überlebenden schwer mit den<br />
physischen, vor allem aber den psychischen Auswirkungen<br />
zu kämpfen haben. <strong>Die</strong>se Zusammenarbeit motivierte uns<br />
immer wieder, die „Tatsachen“ der bestehenden Berichte zu<br />
hinterfragen und eigene Recherchen zu betreiben. Nach dem<br />
Vergleich der Quellen, die nicht selten den Aussagen der Zeitzeugen<br />
widersprachen, konnten wir eine sehr genaue Rekonstruktion<br />
der im Jahr 1945 vorgefallenen Ereignisse in Tutzing<br />
erstellen.<br />
Martin Zaus und Dominik Knoblich, K12: Tafel ‚Tutzing‘<br />
Bisher kannten wir nur die geschichtliche<br />
Aufarbeitung aus dem Schulunterricht.<br />
Deshalb gefielen uns die Archivarbeiten<br />
und Zeitzeugengespräche<br />
besonders, da wir das Gefühl hatten, die Geschehnisse besser<br />
nachvollziehen zu können. <strong>Die</strong> Lebensgeschichten der Opfer<br />
haben uns sehr berührt.<br />
Daniel Sedlacek und Sven Weidner, K12: Tafel ‚<strong>Mühldorf</strong>‘<br />
Durch das Projekt bekamen wir einen<br />
Einblick in eine Zeit, die sich Gleichaltrige<br />
kaum mehr vorstellen können. Ziel<br />
unseres Projektes war es, die Informationen<br />
nicht nur selbst besser verarbeiten zu können, sondern<br />
auch anderen Schülern Auskunft über die grauenvolle deutsche<br />
Vergangenheit zu geben.<br />
Maxi Wieser und Maxi Hollerith, K12: Tafel ‚Beuerberg‘<br />
Heute ist Freiheit für viele ein selbstverständliches<br />
Gut. In der damaligen Zeit<br />
war das nicht so. Längst vergangen ist<br />
die Geschichte eines jungen Studenten,<br />
der in Auschwitz die Ermordung seiner Familie miterlebt hat.<br />
Frühmorgens kam er hungernd in einem vollgepferchten Zug<br />
in <strong>Mühldorf</strong> an. Er traf einen Mann, der ihn glücklich umarmte,<br />
ihn mit Läusen ansteckte, und er wusste nicht einmal, wer<br />
das war. Er sah aus wie ein Bündel aus Knochen, das nur noch<br />
von Sehnen und der Haut eines ehemals menschlichen Körpers<br />
zusammengehalten wurde. Im Laufe der nächsten Tage<br />
stellte sich heraus, dass dieses Bündel einst sein Hausarzt<br />
gewesen war. An dieser Geschichte lässt sich erahnen, was<br />
wahre Unfreiheit bedeuten muss. Unser Projekt hat mir eine<br />
solche Geschichte nach der anderen erzählt und veranschaulicht.<br />
So habe ich gelernt, wieviel die Freiheit wert ist, was<br />
durchlebt wurde, um sie zu erreichen, und wie schnell man sie<br />
verlieren kann.<br />
Tommi Dengl, K13: Tafel ‚Poing‘<br />
<strong>Das</strong> Projekt hat mir gezeigt, dass egal was man unternimmt,<br />
um sich mit den Schrecken dieser Welt zu befassen, man sein<br />
ganzes Herz hineinlegen kann, und das war mir sehr wichtig.<br />
Es sind nicht einfach verstaubte Akten und deprimierende<br />
Geschichten, es war eine Zeitreise, die wir mit blutendem Herzen<br />
und festem Blick unternahmen. <strong>Das</strong> Thema des Projektes<br />
hat mich seit jeher verfolgt und ich persönlich konnte damit<br />
abschließen, auch wenn ich nie aufhören werde, darüber zu<br />
trauern. Aber das Leben geht weiter, und wenn schon die<br />
Menschheit nicht aus den Fehlern der Geschichte lernt, muss<br />
ich wohl jedem so eine Art Projektarbeit ans Herz legen.<br />
Benjamin Hansen, SAE Institute, Medienschule München:<br />
Tafel ‚Poing‘<br />
Ich wohne schon mein ganzes Leben in Markt<br />
Schwaben und hatte dennoch bis vor etwa<br />
einem Jahr nie etwas von einem Massaker<br />
in Poing gehört. Auch, dass es in <strong>Mühldorf</strong><br />
ein <strong>KZ</strong> gab, war mir unbekannt. Ich finde es<br />
sehr wichtig, dass Ereignisse wie diese nicht in Vergessenheit<br />
geraten. Am Interessantesten war für mich die Arbeit mit den<br />
Zeitzeugen. Was diese heute alten Menschen damals über sich<br />
ergehen lassen mussten, wie die Erlebnisse ihr Leben geprägt<br />
haben, hat mich tief bewegt.<br />
Lisa Brandl, K12: Tafel ‚Poing‘<br />
Projektleiter Heinrich Mayer und<br />
Matthias Konrad, der Lehrer des Leistungskurses<br />
Vergessener Widerstand Markt Schwaben III