Grußwort Erna de Vries/Ich wollte noch einmal - Samtgemeinde ...
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<strong>Grußwort</strong> <strong>Erna</strong> <strong>de</strong> <strong>Vries</strong>/<strong>Ich</strong> <strong>wollte</strong> <strong>noch</strong> <strong>einmal</strong> die<br />
Sonne sehen<br />
am 04.12.2007<br />
„Du wirst überleben und erzählen, was mit uns geschehen<br />
ist,“ diese Worte Ihrer Mutter, gesprochen in<br />
<strong>de</strong>n finsteren Stun<strong>de</strong>n Ihrer Vitae, haben Sie viele Jahre<br />
begleitet und waren Ihnen Auftrag zu berichten.<br />
Das, was Sie berichten, erschüttert, beklemmt und<br />
lässt sich auf drei Säulen stellen:<br />
• Mahnung, nicht Rache und Vergeltung<br />
• Hoffnung, nicht Resignation<br />
• Zukunft, nicht Abrechnung mit <strong>de</strong>r Vergangenheit.<br />
Wir sind froh und stolz, dass Sie hier und mit uns in<br />
Lathen leben.“<br />
Mit diesen Worten begann die Laudatio, die Bürgermeister<br />
Wolfgang Berger anlässlich <strong>de</strong>r Verleihung <strong>de</strong>r<br />
Ehrenbürgerrechte an Frau <strong>Erna</strong> <strong>de</strong> <strong>Vries</strong> gehalten hat.<br />
Sehr verehrte Frau <strong>de</strong> <strong>Vries</strong>, liebe Ehrenbürgerin <strong>de</strong>r<br />
Gemein<strong>de</strong> Lathen, Herr Landrat Bröring, meine sehr<br />
verehrten Damen und Herren,<br />
innerhalb kurzer Zeit, nämlich 2004 Verleihung <strong>de</strong>r Ehrenbürgerrechte,<br />
2006 Verleihung <strong>de</strong>r Verdienstmedaille<br />
<strong>de</strong>s Verdienstor<strong>de</strong>ns <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik<br />
Deutschland durch Landrat Hermann Bröring sind Sie<br />
auch heute wie<strong>de</strong>r die Person, die uns hier im Haus<br />
<strong>de</strong>s Gastes zusammenführt. Das Projekt Zeitlupe hat<br />
anhand Ihres Lebens die finstere Zeit <strong>de</strong>s Nationalsozialismus<br />
in Deutschland mit ihren menschenverachten<strong>de</strong>n<br />
verbrecherischen Ausprägungen aufgearbeitet<br />
und sie neben <strong>de</strong>m Dokumentarfilm, <strong>de</strong>n wir gleich<br />
sehen wer<strong>de</strong>n, auch im Internet nachlesbar und für<br />
Unterrichtszwecke einsetzbar aufgearbeitet. <strong>Ich</strong> bin<br />
<strong>de</strong>m Team dafür sehr dankbar und darf es daher hier<br />
namentlich sehr herzlich willkommen heißen, und zwar<br />
in alphabetischer Reihenfolge<br />
• Ann-Mirja Böhm<br />
• Alexandra Hebbelmann<br />
• Hannah Lüttig<br />
• Sven Kleinert<br />
• Oliver Marke<br />
• Claudia Robbers<br />
• Jessica Strotmann<br />
• Jan Telgkamp<br />
• Jens Wiesner und<br />
• Andree Wilhelm
Meine Kontaktperson in <strong>de</strong>r Abwicklung war in erster<br />
Linie Claudia Robbers. Liebe Frau Robbers, ich möchte<br />
mich bei Ihnen für <strong>de</strong>n unkomplizierten Kontakt über<br />
Handy und e-mail, auch mal zu nachtschlafen<strong>de</strong>n Zeiten,<br />
bedanken. Sie haben es verstan<strong>de</strong>n, mich sehr<br />
schnell für das Projekt zu begeistern, <strong>de</strong>nn für je<strong>de</strong><br />
<strong>noch</strong> so gute I<strong>de</strong>e muss auch immer wie<strong>de</strong>r das Geld<br />
für die Umsetzung beschafft wer<strong>de</strong>n. Und an dieser<br />
Stelle darf ich dann auch einen Fauxpas ausbügeln.<br />
Das Projekt Zeitlupe ist völlig frei und nicht <strong>de</strong>r Fachschaft<br />
Geschichte angeglie<strong>de</strong>rt, wie ich das irriger<br />
Weise angenommen und dann auch <strong>noch</strong> in unsere<br />
Einladung geschrieben habe. <strong>Ich</strong> hoffe, liebes Projektteam,<br />
Sie können mir diesen Fehler nachsehen.<br />
Liebe Frau <strong>de</strong> <strong>Vries</strong>, mein beson<strong>de</strong>res Willkommen gilt<br />
Ihnen, aber ebenso herzlich begrüße ich Ihre Kin<strong>de</strong>r<br />
mit <strong>de</strong>ren Familien sowie enge Freun<strong>de</strong> Ihres immer<br />
gastfreundlichen Hauses.<br />
Ohne die Unterstützung <strong>de</strong>s Landkreises geht im Emsland<br />
fast gar nichts. Deshalb freue ich mich, <strong>de</strong>n ersten<br />
Repräsentanten <strong>de</strong>s Emslan<strong>de</strong>s, Landrat Hermann<br />
Bröring hier heute begrüßen zu dürfen.<br />
Wenn es um finanzielle Unterstützungen geht, ist,<br />
wenn man <strong>de</strong>n Landkreis im Boot hat, die Sparkassenstiftung<br />
oftmals mit an Bord. So auch hier. Deshalb<br />
begrüße ich die Vertreter <strong>de</strong>r Sparkasse, Herr Peter<br />
Brüggemann und Frau Petra Abrams, sehr herzlich<br />
Bei <strong>de</strong>n wichtigen Terminen im Jahreskalen<strong>de</strong>r wissen<br />
sich die politische und die örtlichen Kirchengemein<strong>de</strong>n<br />
immer in enger Gemeinschaft. Wir haben das beson<strong>de</strong>rs<br />
<strong>de</strong>utlich vor kurzer Zeit schon bei <strong>de</strong>r Jahresge<strong>de</strong>nkfeier<br />
für die Opfer <strong>de</strong>s Transrapidunglücks gespürt.<br />
Ein wichtiger Termin ist auch heute und <strong>de</strong>shalb<br />
darf ich sehr herzlich begrüßen Herrn Pfarrer Gerhard<br />
Ortmann für die St. Vitus- und die St. Antonius - Gemein<strong>de</strong><br />
und Herrn Pastor Rainer Jenke für die Stephanus<br />
- Gemein<strong>de</strong>.<br />
Sehr herzlich willkommen ist uns Herr Buck vom Dokumentations-<br />
und Informationszentrum aus Papenburg.<br />
Lieber Herr Buck, aus vielen Veranstaltungen,<br />
beson<strong>de</strong>rs auch aus Begegnungen mit ehemaligen Lagerinsassen<br />
aus Oberlangen-Moor und Neusustrum,<br />
sind eindrucksvolle Erinnerungen geblieben. <strong>Ich</strong> hoffe,<br />
dass auch diese Arbeit einen Beitrag gegen das Vergessen<br />
leisten kann.
Wenn wir nachhaltig das Bewusstsein für die Vergangenheit<br />
schärfen wollen, können wir das nur über unsere<br />
Kin<strong>de</strong>r und Kin<strong>de</strong>skin<strong>de</strong>r erreichen. Junge Menschen,<br />
Schülerinnen und Schüler, die <strong>noch</strong> viel weniger<br />
Berührungspunkte mit dieser Zeit haben und auch<br />
über Elternhäuser nicht mehr vermittelt bekommen,<br />
müssen sensibilisiert wer<strong>de</strong>n. Deshalb darf ich sehr<br />
herzlich bei uns die Schülerinnen und Schüler <strong>de</strong>r<br />
Klasse 8 A <strong>de</strong>r Realschule mit ihrer Klassenlehrerin<br />
Frau Anne Messmann sowie die Rektoren <strong>de</strong>r Realschule,<br />
Hermann Fust, und <strong>de</strong>r Grund- und Hauptschule,<br />
Leonhard Moss, willkommen heißen.<br />
<strong>Ich</strong> begrüße weiterhin in unserer Mitte die Bürgermeister<br />
aus <strong>de</strong>r Samtgemein<strong>de</strong>, die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Kreistages,<br />
<strong>de</strong>s Samtgemein<strong>de</strong>ausschusses und <strong>de</strong>s Verwaltungsausschusses<br />
<strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Lathen und meine<br />
Vertreter aus <strong>de</strong>r Verwaltung.<br />
Unsere Feier wird heute umrahmt von <strong>de</strong>r Musik <strong>de</strong>r<br />
„Leier Singers“, das sind Engelbert Determann und<br />
seine Töchter aus Lehe. Leier, das ist in platt<strong>de</strong>utsch<br />
sowohl <strong>de</strong>r Wohnort als auch die Bezeichnung für Lie<strong>de</strong>r.<br />
Vielen Dank, dass Ihr so kurzfristig und zu für<br />
Lehrer und Erzieher schwieriger Zeit zu uns gekommen<br />
seid.<br />
Last but not least und beson<strong>de</strong>rs herzlich, weil in diesem<br />
Fall auch äußerst wichtig für die Verbreitung, begrüße<br />
ich die Vertreter <strong>de</strong>r Presse.<br />
Einen Namen habe ich bisher nicht genannt, nicht aus<br />
Böswilligkeit, son<strong>de</strong>rn weil im Filmabspann auch wichtige<br />
Namen zum Schluss kommen: <strong>Ich</strong> meine Ulrich<br />
Hanschke. Mein lieber Uli, über Dich habe auch ich<br />
<strong>de</strong>n Zugang zum Haus <strong>de</strong> <strong>Vries</strong> erhalten, <strong>de</strong>nn Du<br />
hast Dich schon sehr frühzeitig mit <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>r<br />
Ju<strong>de</strong>n in Lathen auseinan<strong>de</strong>rgesetzt. Als wir 1981/82,<br />
ich war gera<strong>de</strong> erst beruflich in Lathen gelan<strong>de</strong>t, uns<br />
mit <strong>de</strong>m 1.150 - jährigen Bestehen unserer Gemein<strong>de</strong><br />
beschäftigten, das dann 1984 gefeiert wer<strong>de</strong>n sollte,<br />
kam natürlich auch eine Chronik ins Gespräch. Unser<br />
gemeinsamer Freund, und <strong>de</strong>r erste Lathener Ehrenbürger,<br />
Dr. Hermann Frerker, hatte mit Akribie gesammelt<br />
und hat uns sehr gedrängt, ein solches Buch<br />
auf <strong>de</strong>n Markt zu bringen. Eine solche Chronik wäre<br />
ohne ein Kapitel über die Lathener Ju<strong>de</strong>n unvollständig<br />
gewesen. Und dieses Kapitel trägt die Handschrift
von Uli Hanschke. <strong>Ich</strong> freue mich sehr, auch Dich heute<br />
Morgen hier begrüßen zu können.<br />
„Du wirst überleben und erzählen, was mit uns geschehen<br />
ist,“ diesen Satz, liebe Frau <strong>de</strong> <strong>Vries</strong>, wer<strong>de</strong><br />
ich in meinem Leben nicht mehr vergessen. Als ich das<br />
erste Mal Ihre Lebensgeschichte gehört habe, war ich<br />
in erster Linie geschockt von <strong>de</strong>r Brutalität und Unmenschlichkeit,<br />
die ihr junges Leben so nachhaltig aus<br />
<strong>de</strong>r Bahn geworfen hatten.<br />
An<strong>de</strong>rerseits war ich aber fasziniert von Ihnen, einer,<br />
wie auch das Projektteam schreibt, außergewöhnlichen<br />
Frau, die trotz <strong>de</strong>s durchlebten Schicksals nicht<br />
nach Rache und Strafe verlangte, son<strong>de</strong>rn aus Liebe<br />
zu Ihrem Mann, <strong>de</strong>r Lathener durch und durch war, in<br />
die kleine Gemein<strong>de</strong> zog, hierhin, wo je<strong>de</strong>r je<strong>de</strong>n<br />
kannte und auch wusste, dass nicht je<strong>de</strong>r im Ort sich<br />
<strong>de</strong>utlich von <strong>de</strong>n Nazis distanziert hatte.<br />
In Lathen haben Sie durch Ihr Hiersein, aber auch<br />
durch das gastfreundliche Haus an <strong>de</strong>r Großen Straße,<br />
in <strong>de</strong>m auch immer wie<strong>de</strong>r z.B. Joe Franck, auch ein<br />
ehemaliger jüdischer Mitbürger aus Lathen, <strong>de</strong>m die<br />
Flucht nach Kanada gelungen war, mit seiner Frau Ettie<br />
zu Gast war, einen entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Beitrag zur<br />
Aussöhnung und Versöhnung geleistet. Immer wie<strong>de</strong>r<br />
ist es für mich begeisternd zu erleben, wie groß Ihr<br />
Verständnis für die Sorgen und Nöte sehr junger Menschen<br />
ist, und wie Sie <strong>de</strong>n Zugang gera<strong>de</strong> zur Jugend<br />
behalten. <strong>Ich</strong> glaube, es wird daran liegen, dass nach<br />
Ihrer Überzeugung nur die Jugend die Chance hat etwas<br />
zu verän<strong>de</strong>rn, wenn es die Älteren versuchen zu<br />
vermitteln und vorzuleben.<br />
Es hat eine geraume Zeit gedauert, bis Sie „erzählen“<br />
konnten. Dazu gehörte sicher die eigene Bewältigung<br />
<strong>de</strong>s Erlebten. Aber es gehörte auch dazu die Abgeklärtheit<br />
und die Weisheit. So gehen Sie mittlerweile<br />
seit Jahren in die Schulen, in Verbän<strong>de</strong>, Gruppen und<br />
und und. Für mich war es ein beson<strong>de</strong>res Erlebnis, als<br />
Sie unseren Wunsch, besser <strong>de</strong>n Wunsch meiner Frau,<br />
erfüllt haben und Ihr Leben <strong>de</strong>n Lathenern im Haus<br />
<strong>de</strong>s Gastes geschil<strong>de</strong>rt haben. Auch das gehört zum<br />
Leben in einer kleinen Gemeinschaft und es hat zum<br />
<strong>noch</strong> besseren Verstehen beigetragen.<br />
Je länger die unsägliche Zeit <strong>de</strong>r Nazi Verbrechen zurückliegt,<br />
umso häufiger und lauter kommen die Rufe<br />
nach <strong>de</strong>m Vergessen, <strong>de</strong>s auf sich beruhen lassen. Mit<br />
großer Entschie<strong>de</strong>nheit ist diesem Zeittrend entgegen<br />
zu treten, wie es z.B. <strong>de</strong>r Heimatverein Aschendorf-
Hümmling jüngst mit <strong>de</strong>m Theaterstück „Kegen dät<br />
Vergeten“ getan hat. Es geht um unsere Geschichte,<br />
um die Geschichte <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Volkes. Der 09. November<br />
1938 und <strong>de</strong>r Name Auschwitz wer<strong>de</strong>n immer<br />
damit verbun<strong>de</strong>n bleiben. Allerdings kann niemand für<br />
die Schuld und das Versagen von Vorgänger - Generationen<br />
verantwortlich gemacht wer<strong>de</strong>n. Gefor<strong>de</strong>rt ist<br />
aber, alles zu tun, damit sich das Geschehene nicht<br />
wie<strong>de</strong>rholt, dass wir die Ansteckungsgefahr erkennen<br />
und das Werk <strong>de</strong>r Aussöhnung fortsetzen. Das Geschehene<br />
darf nicht in <strong>de</strong>r Versenkung verschwin<strong>de</strong>n,<br />
es muss je<strong>de</strong>m, beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r jungen Generation,<br />
bewusst gemacht wer<strong>de</strong>n, auch in <strong>de</strong>m ehrlichen und<br />
offenen Umgang mit Ge<strong>de</strong>nkstätten. Auch in <strong>de</strong>n Emslandlagern,<br />
<strong>de</strong>n KZ´s in unserer Heimat, sind Menschen<br />
getötet und gefoltert wor<strong>de</strong>n. Als ständige<br />
Mahnung vor unseren Augen errichtet <strong>de</strong>r Landkreis<br />
Emsland ja bekanntlich <strong>de</strong>rzeit in Esterwegen eine Ge<strong>de</strong>nkstätte.<br />
Liebes Projektteam Zeitlupe, ich bin Ihnen unendlich<br />
dankbar für Ihre Arbeit und Ihren Beitrag gegen das<br />
Vergessen.<br />
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und <strong>noch</strong>mals<br />
herzlich willkommen.