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Vorlesung NT Tl.1

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Prof. Dr. Joachim Wiebe Datenübertragungsnetze/Übertragungstechnik<br />

FH OOW / Fachb. Technik / Studiengang Elektrotechnik u. Automatisierungstechnik Seite 1-1<br />

Datenübertragungsnetze / Übertragungstechnik<br />

1. Einführung und Grundbegriffe<br />

Inhalt<br />

1.1 Historische Entwicklung<br />

1.2 Abgrenzung der Übertragungstechnik innerhalb der Nachrichtentechnik<br />

1.3 Übertragungssysteme<br />

1.4 PCM-Technik: Pulse-Code-Modulation<br />

1.5 Multiplexbildung<br />

1.6 Beispiel zur Nachrichtenübertragung: Rundfunk<br />

1.7 Ausführliches Beispiel: Fernsprechnetz<br />

1.8 Ausführliches Beispiel: Mobilfunknetze ( GSM-Standard )<br />

1.9 Wichtige Standardisierungsgremien<br />

2. Eigenschaften digitaler Nachrichtensignale<br />

2.1 Abgrenzung zu analogen Signalen<br />

2.2 Nachrichtensignale sind Zufallsfunktionen<br />

2.3 Autokorrelationsfunktion ( = AKF ) und Leistungsdichtespektrum<br />

2.4 Amplitudendichtespektren digitaler Signale<br />

2.5 Vor- und Nachteile digitaler Signale gegenüber analogen<br />

3. Systeme und ihr Übertragungsverhalten<br />

3.1 Systemtheorie<br />

3.2 Übertragungswege<br />

4. Störungen und Signal-Rausch-Abstand<br />

5. Modulationsverfahren


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1. Einführung und Grundbegriffe<br />

1.1 Historische Entwicklung<br />

Die elektrische Nachrichtentechnik begann mit der Telegrafie um 1870.<br />

Seitdem haben die Anwendungen immer schneller zugenommen:<br />

Telegafie<br />

Telefonie<br />

Fernschreiben<br />

Faksimile<br />

Telegrafie Datenübertragung<br />

Telefonie Rundfunk<br />

Telegrafie Fernschreiben Fernsehen<br />

Telegrafie Telefonie Faksimile UKW-Funk<br />

Telegrafie Telefonie Fernschreiben Datenübertragung Funkruf<br />

Faksimile Rundfunk Bildfernsprechen<br />

Fernsehen Teletex<br />

UKW-Funk Videotext<br />

Kabelfernsehen<br />

Konferenzfernsprechen<br />

Videokonferenz<br />

1870 1900 1925 1960 1980<br />

1.2 Abgrenzung der Übertragungstechnik innerhalb der Nachrichtentechnik<br />

Die Objekte der Nachrichtentechnik sind Informationen.<br />

Information = Nachricht = Bedeutung<br />

In der (elektrischen) Nachrichtentechnik werden Informationen durch Signale dargestellt.<br />

Ein Signal ist die physikalische Darstellung der Information durch eine geeignete physikalische<br />

Größe, z.Bsp. elektrische Spannung, elektrischer Strom, elektrische Ladung, elektrische Feldstär<br />

ke, magnetische Feldstärke, Amplitude/Phase/Frequenz einer elektromagnetischen Welle oder einer<br />

Schallwelle.<br />

Aufgabenbereiche der Nachrichtentechnik:<br />

1) Darstellung von Information durch Signale<br />

(a) für die Speicherung<br />

d.h. räumliche Anordnung von Information ( Halbleiterspeicher, Festplatte, DVD )


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(b) für die Übertragung<br />

d.h. zeitliche und räumliche Anordnung von Information<br />

( Zweidraht-Leitung, Flachbandleitg. usw.)<br />

2) Transport von Information durch Signalübertragung<br />

3) Vermittlung<br />

Ein Verbund von (meist) vielen Nutzern ( Teilnehmern ) kann durch ein Nachrichtennetz hergestellt<br />

werden. Über das Netz besteht für einen Nutzer die Möglichkeit, mit einem frei gewählten<br />

anderen Nutzer in Verbindungzu treten.<br />

Bild 1-1 Telekommunikationsnetz mit Nachrichtenübertragung zwischen A und B / Wer, Netze /<br />

Bestandteile eines Netzes sind<br />

- Zugangspunkte<br />

- Netzknoten<br />

- Übertragungswege<br />

Das Netz vermittelt Verbindungswege zwischen zwei (oder mehr ) Nutzern. Die Verbindungswege<br />

sind den Nutzern für begrenzte Zeit zugeteilt; sie werden auf- und wieder abgebaut. Dadurch ergibt<br />

sich eine effektive Nutzung der Übertragungswege.<br />

Die Aufgabengebiete Übertragung und Vermittlung werden häufig zusammengefaßt<br />

zu Übermittlung.


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4) Verarbeitung von Information<br />

(a) Analoge Signalverarbeitung auf dem Übertragungsweg:<br />

Verstärkung, Dämpfung, Filterung, Entzerren, Verzögern,<br />

Modulieren, Mischen = Frequenzverschiebung, Mischen = Addition von Signalen<br />

(b) Digitale Verarbeitung von übertragenen oder gespeicherten Signalen:<br />

· alle Operationen, die auch mit analoger Signalverarbeitung ausgeführt werden,<br />

mit den Vorteilen: keine Beeinflussung durch Alterung, Temperatur, Betriebsspannung;<br />

einfache Möglichkeit, die Parameter einer Verarbeitungsstufe (z.B. Filter) zu ändern.<br />

· Reduzieren von Störungen auf Signalen<br />

( z.Bsp. Knacken und Knistern von alten Schallplattenaufnahmen )<br />

· Mustererkennung<br />

- Sprach- und Schrifterkennungssysteme<br />

- Bildverarbeitung in der Fertigung/Qualitätskontrolle, Medizintechnik<br />

- Alarmanlagen<br />

1.3 Übertragungssysteme<br />

Bild 1-2 Beispiel einer Nachrichtenübertragung / M. Werner, <strong>NT</strong> /<br />

Das Mikrofon wandelt das Schalldrucksignal in ein elektrisches Signal um und der Lautsprecher<br />

wandelt das elektrische Signal wieder zurück in ein Schalldrucksignal.<br />

Der Block „Nachrichtenübertragung“ zwischen dem Mikrofon und dem Lautsprecher stellt den<br />

elektrischen Übertragungsweg, den Kanal dar.


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Allgemeines Schema der Nachrichtenübertragung<br />

Bild 1-3 Schema der Nachrichtenübertragung nach Shannon (1948)<br />

Information Source = Informationsquelle<br />

analoge Quelle: menschliche Sprache, Frequenzbereich 300Hz ... 3400Hz<br />

Musiksignale guter Qualität, Frequenzbereich 30Hz ... 12000Hz<br />

Messsignale, Frequenzbereich 1mHz ... 10Hz<br />

Testsignale ...<br />

digitale Quelle: digitalisiertes analoges Quellensignal; Datensignal (Kommunikation zwi-<br />

schen Rechnern), digitales Steuersignal ...<br />

Message = Nachricht, Information, Bedeutung<br />

Transmitter = Sendeeinrichtung, codiert die Nachricht, erzeugt Sendesignal<br />

Signal = Sendesignal; das Nutzsignal, das übertragen werden soll<br />

Received Signal = Empfangssignal, das beim Empfänger eintrifft<br />

Noise Source = Störquelle; steht für Störsignalanteile, die auf dem Übertragungsweg zum<br />

Nutzsignal hinzukommen ( Leitungsverkopplung, Einstrahlung, Eigenrauschen,<br />

lineare und nichtlineare Verzerrungen )<br />

Receiver = Empfangseinrichtung, entzerrt und verstärkt das Empfangssignal, reduziert Störanteile,<br />

decodiert die Nachricht<br />

Destination = Ziel der übertragenen Information, Informationsaufnehmer, Nachrichtensenke<br />

Zwischen Transmitter und Receiver liegt der Übertragungsweg.<br />

Der Übertragungsweg kann sehr verschieden lang und aus sehr verschiedenen Abschnitten zusammen<br />

gesetzt sein:<br />

* stromführende elektrische Leitungen von 1cm bis zu mehreren km Länge<br />

( Streifenleitung auf Platine, 2-Draht-Leitung, Koaxialkabel ...)<br />

* Wellenleiter ( Lichtwellenleiter, Hohlleiter )<br />

* Funkstrecken ( Rundfunk, Richtfunk, Satellitenfunk, Mobilfunk ...)


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* Antennen<br />

* Signalverstärker<br />

* Bandfilter<br />

* Frequenzumsetzer bzw. Modulatoren und Demodulatoren<br />

* Entzerrer<br />

* Regeneratoren<br />

* Multiplexer und Demultiplexer<br />

* Vermittlungsbaugruppen<br />

Wichtige Eigenschaften des Übertragungsweges sind:<br />

* einfache Nutzung durch einen Kanal ( für nur ein Signal ) oder<br />

mehrfache Nutzung durch mehrere Kanäle ( Multiplextechnik für mehrere Signale )<br />

* Bandbreite<br />

* Dynamikbereich (Abstand vom kleinsten zum größten Pegel)<br />

* Verzerrungen ( Klirrfaktor bei Tonsignalen )<br />

* Störungen ( Signal-Rausch-Abstand)<br />

* Intermodulation ( Übersprechen )<br />

Diese Eigenschaften bestimmen schließlich bei Datensignalen<br />

* die maximale Übertragungsgeschwindigkeit ( in bps ) und<br />

* die Bitfehlerrate ( BER )<br />

Allgemein lässt sich sagen:<br />

* Jeder Übertragungsweg ist irgendwie in der Bandbreite begrenzt, teils mit einer sehr scharfen<br />

Grenze durch Filter, teils mit einem sehr allmählichen Übergang zwischen nutzbarem und<br />

nicht mehr nutzbarem Frequenzbereich<br />

* Für jeden Übertragungsweg gibt es einen minimalen Signalpegel am Empfängereingang<br />

* Für jeden Übertragungsweg gibt es einen minimalen Signal-Rausch-Abstand am Empfängereingang<br />

* Für jeden Übertragungsweg gibt es einen maximalen Signalpegel am Empfängereingang, der<br />

entweder durch aktive Baugruppen auf dem Übertragungsweg oder durch den Empfänger<br />

selbst oder durch passive Abschnitte, z.B. Lichtwellenleiter, bestimmt ist. Bei Kabeln liegt<br />

dieser Wert gewöhnlich so hoch, dass er praktisch keine Bedeutung hat.


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1.4 PCM-Technik: Pulse-Code-Modulation<br />

Zum Prinzip der Puls-Code-Modulation<br />

als grundlegendes Verfahren zur digitalen Darstellung von Signalen nach Analog/Digital-Wandlung


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1.5 Multiplexbildung<br />

Multiplexbildung bedeutet Mehrfachausnutzung. Die meisten Übertragungswege können nämlich<br />

aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften für die Übertragung von Signalen mehrerer Quellen<br />

genutzt werden. Zum Beispiel ist ein Kupferkabel mit der Übertragung eines einzigen Ferngesprächs<br />

nur zu einem kleinen Bruchteil ausgenutzt. Die Multiplexbildung ermöglicht eine viel<br />

effektivere und damit wirtschaftlichere Nutzung von Übertragungswegen.<br />

Neben dem einfachen, aber teuren Vervielfachen von Leitungen, dem sog. Raumvielfach, sind heute<br />

drei Multiplexprinzipien von Bedeutung: Frequenz- , Zeit- und Codemultiplex.<br />

Raummultiplex<br />

Mehrere Einzelleitungen werden zu<br />

einem Kabelbündel zusammengefasst.<br />

Diese Möglichkeit wird auch auf<br />

Lichtwellenleiter angewendet.<br />

Anwendung: Weitverkehrsbereich in<br />

Fernsprech- und Datennetzen<br />

Frequenzmultiplex<br />

engl.: FDMA = Frequency Division Multiple Access<br />

Es gibt nur einen gemeinsamen räumlichen<br />

Übertragungsweg. Die einzelnen Signale<br />

werden im Frequenzbereich versetzt angeordnet<br />

durch Mischen und Filtern. Alle Signale<br />

werden kontinuierlich gleichzeitig übertragen.<br />

Anwendung: Rundfunk, Fernsehen, Mobilfunknetze


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Zeitmultiplex<br />

engl.: TDMA = Time Division Multiple Access<br />

Es gibt nur einen gemeinsamen räumlichen<br />

Übertragungsweg und alle Signale bleiben in<br />

ihrem ursprünglichen Frequenzbereich (Basisband).<br />

Die Übertragung erfolgt nicht mehr<br />

kontinuierlich gleichzeitig, sondern zeitlich<br />

nacheinander so, dass jedes Signal einem eigenen<br />

„Zeitschlitz“ zugeordnet ist. Dieses Prinzip<br />

wird nur auf digitale Signale angewendet.<br />

Anwendung: Weitverkehrsbereich in<br />

Fernsprech- und Datennetzen<br />

Codemultiplex<br />

engl.: Code Division Multiple Access<br />

Es gibt nur einen gemeinsamen räumlichen<br />

Übertragungsweg und die Übertragung erfolgt<br />

kontinuierlich gleichzeitig und im gleichen<br />

Frequenzband. Jede Quelle erzeugt zunächst<br />

ein digitales periodisches pseudozufälliges<br />

Signal großer Bandbreite, das dann mit dem<br />

Nutzsignal der Quelle moduliert wird.<br />

Der Empfänger muss das pseudozufällige<br />

Signal kennen, um das Nutzsignal<br />

demodulieren zu können.<br />

Vorteile des Verfahrens:<br />

geringe Störanfälligkeit, Abhörsicherheit,<br />

Verschleiern des Übertragungsvorgangs<br />

Anwendung: Global Positioning System (GPS),<br />

Mobilfunknetz 3G (UMTS), militärische Nachrichtenverbindungen


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1.6 Beispiel zur Nachrichtenübertragung: Rundfunk<br />

Bild 1.6-1 Rundfunkübertragungsweg / HeLö92 /<br />

Das obige Bild zeigt unten links das allgemeine Schema der Nachrichtenübertragung, siehe<br />

Kap. 1.3. Die Funktionsblöcke des allgemeinen Schemas bestehen zum Teil aus mehreren<br />

Bausteinen (Unterblöcken).<br />

So besteht die Quelle im Fall (a) allein aus dem Sprecher. Der Sender besteht aus Mikrofon und<br />

Verstärker. Der Übertragungskanal (oder einfach Kanal) setzt sich aus vielen Blöcken zusammen:<br />

Leitung + Aufsprechverstärker + Tonbandgerät + Wiedergabeverstärker + Leitung + Modulator +<br />

Sendeverstärker + Sendeantenne + Funkstrecke + Empfangsantenne + Empfangsverstärker +<br />

Demodulator. Als Empfänger funktioniert ein Verstärker mit Lautsprecher und die Senke ist der<br />

Zuhörer.<br />

Im Fall (b) ist die Zuordnung der Einzelblöcke des Runkfunkübertragungsweges zu den Blöcken<br />

des allgemeinen Schemas deutlich anders: als Quelle wird alles zusammengefasst, was vor dem<br />

Sendeverstärker liegt usw. Die Schnittstellen für die Zuordnung zum allgemeinen Schema sind frei<br />

wählbar.


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1.7 Ausführliches Beispiel: Fernsprechnetz<br />

1.7.1) Strukturen von Netzen<br />

Sternnetz, Beispiel mit acht an den zentralen Knoten angeschlossenen Knoten /Haaß/<br />

Knoten<br />

Maschennetz Beispiel mit acht Knoten /Haaß/<br />

Liniennetz, Busnetz /Haaß/<br />

Endgerät<br />

Vermittlungsstelle<br />

Verbindung = zentraler Knoten<br />

Anwendung in der unteren Ebene<br />

hierarchischer Netze,<br />

z.Bsp. Fernsprechnetz<br />

Maximale Anzahl der Verbindungen:<br />

n (n-1)<br />

2<br />

Anwendung in höheren Ebenen hierarchischer<br />

Netze, nicht immer vollständig<br />

( )<br />

a) mit zentraler Bussteuerung, hier der Knoten 0, z.Bsp. IEC-Bus<br />

b) ohne zentrale Steuerung, Buszugriff im Wettbewerb, z.Bsp. LANs


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Baumstruktur /Haaß/<br />

Ringnetz /Haaß/<br />

Knoten 0 = Wurzel<br />

hat Sendefunktion, alle anderen Knote haben<br />

Empfangs- oder Regenratorfunktion<br />

Anwendung in Verteilnetzen,<br />

z.Bsp. Kabelfernsehen, Rundfunk, Ansagedienste<br />

Bussteuerung erfolgt<br />

a) zentral gesteuert mit gemeinsamer Zeitbasis,<br />

die Informationen werden im vorgegebenen Zeitraster<br />

über den Bus versendet<br />

b) dezentral ohne gemeinsame Zeitbasis, der<br />

Buszugriff wird durch ein festgelegtes Zeichen,<br />

das Token, von einem Knoten zum nächsten<br />

weitergereicht


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1.7.2) Hierarchische Struktur des Fernsprechnetzes<br />

(A) Die ehemalige Struktur des Netzes der Deutschen Telekom AG, wie sie in der Zeit des rein<br />

analogen Betriebes entstand, war eine hierarchische Baumstruktur. Die Verkehrslenkung erfolgte<br />

auf dem Kennzahlweg von der Ortsvermittlungsstelle des rufendenden Teilnehmers über Knotenund<br />

Hauptvermittlungsebene bis hoch in die Zentralvermittlungsebene und wieder hinab in die<br />

Ortsvermittlungsebene des gerufenen Teilnehmers. Bei hohem Bedarf wurden verkürzende Querverbindungen<br />

dauerhaft eingerichtet.<br />

Bild 1.7-1 Hierarchische Struktur von Fernsprechnetzen mit Kennzahlwegen nach /Wer, Netze/<br />

Die Zentralvermittlungsstellen in der obersten Ebene waren in einem Maschennetz verbunden.<br />

Acht davon waren für Auslandsverbindungen eingerichtet.<br />

Die erste Wählziffer führte direkt in die zugeordnete Zentralvermittlung ( soweit keine Querverbindung<br />

genutzt wurde ).<br />

Ehemalige Zentralvermittlungsbereiche (ZVSt) der DTAG


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(B) Entwicklung des Fernsprechnetzes nach Einführung der Digitalisierung und der Verbindung<br />

mit dem Netz der Neuen Bundesländer.<br />

Das Netz wurde erweitert und die beiden oberen Ebenen wurden zusammengeführt. Dies war erst<br />

möglich durch eine veränderte Verkehrslenkung ohne direkte Steuerung durch die Wählziffern.<br />

ADM: Optischer Multiplexer, um einen Einzelkanal abzunehmen oder hinzuzufügen<br />

Bild 1.7-2 Hierarchische Struktur des digitalen Fernsprechnetzes der DTAG<br />

Orte mit Vermittlungsstellen<br />

für den Weitverkehr


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1.7.3) Funktionsblöcke eines Übertragungsweges<br />

Dieser Abschnitt behandelt einen Übertragungsweg von einem rufenden Teilnehmer A über das<br />

Fernsprechnetz bis zum gerufenen Teilnehmer B. Dabei wird die historische Entwicklung vom rein<br />

analogen Betrieb zum fast vollständig digitalen Betrieb betrachtet.<br />

Bild 1.7-3 Funktionsblockschaltbild einer Fernsprechübertragung bei rein analogem Betrieb<br />

Kennzeichen:<br />

• NF-Verbindung ( Basisband ) vom Teilnehmer zur OVSt und zwischen OVStn<br />

• raumgeteilte, i. Allg. elektromechanische Vermittlung mit Edelmetall-Motor-Drehwählern<br />

(EMD) oder Relais<br />

• NF-Durchschaltung in allen Vermittlungsstellen<br />

• TF-Übertragung ( Trägerfrequenz ) im Fernnetz = Frequenzvielfach zur mehrfachen Nutzung<br />

eines Kabels ( FDMA ) ; hoher Aufwand für Modulation/Demodulation und Filterung<br />

Etappen der Digitalisierung im Netz der Deutschen Telekom:<br />

__________________________________________________________________________<br />

Jahr Digitales System<br />

1968 PCM30 für Ortsverbindungsleitungen<br />

1974 PCM120 und PCM480 TF- oder Spezialkabel regional<br />

1977 Lichtwellenleitersysteme (LWL) mit PCM-Übertragung im Nahverkehr<br />

1978 Lichtwellenleitersysteme regional<br />

1978 PCM30 bis PCM480 in der Fernebene<br />

1981 Digitales regionales Fernnetz<br />

1982 Digitale Fernvermittlung<br />

1984 Digitale Ortsvermittlung<br />

1984 Digitales überregionales Fernnetz<br />

1987 Landesweites LWL-Netz mit Monomoden-LWL<br />

1989 Beginn des ISDN ( Hannover-Messe mit 8000 Teilnehmern


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PCM: Grundlegendes Verfahren zur digitalen Darstellung eines analogen Signals<br />

Beginn der Digitalisierung: Einsatz der PCM-Technik in einem analogen Netz<br />

Bild 1.7-4 Einsatz der PCM-Technik in einem analogen Netz<br />

Kennzeichen:<br />

• weiterhin NF-Übertragung vom Teilnehmer zur Vermittlungsstelle<br />

• raumgeteilte NF-Vermittlung, also weiterhin NF-Durchschaltung in den VSTn<br />

• PCM-Übertragung zwischen den VStn in größeren Ortsnetzen mit Mehrfachnutzung (TDMA)<br />

vorhandener NF-Kabel und zunehmend im Fernnetz ® PCM-Übertragung verdrängt TF-<br />

Übertragung<br />

• weiterhin TF-Übertragung in den oberen Ebenen des Fernnetzes<br />

Vollständig digitalisiertes Netz mit analogen Anschlußleitungen zu den Teilnehmern:<br />

Bild 1.7-5 Einsatz der PCM-Technik in einem digitalen Netz


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Kennzeichen:<br />

• Alle Übertragungswege innerhalb des Netzes sind digital.<br />

• Analoge NF-Übertragung nur noch zu den Teilnehmern, A/D-Umsetzung in den OVStn<br />

• Durchschaltung des digitalen PCM-Signals in allen Vermittlungsstellen<br />

Das zuletzt dargestellte System ist eine Übergangslösung zu einem europaweiten ISDN unter Einbeziehung<br />

des Mobilfunks.<br />

Die Realisierung der digitalen Übertragung vom Teilnehmer zur Ortsvermittlungsstelle ist nicht trivial,<br />

wenn sie wirtschaftlich, allgemein anwendbar und kompatibel sein soll: in den Ortsnetzen einschließlich<br />

Teilnehmeranschlußleitungen stecken 47% des Wertes des Fernsprechnetzes. Problem:<br />

Nutzung der Zweidrahtleitungen für Vollduplexverkehr.<br />

1.7.4 Vermittlungstechnik<br />

Die Vermittlungsstellen bilden die Netzknoten in einem Nachrichtenvermittlungsnetz. An ihnen<br />

sind die Endeinrichtungen und/oder die Verbindungsleitungen zu anderen Netzknoten angeschlossen.<br />

Eine Vermittlungsstelle tauscht mit den Endeinrichtungen und anderen Vermittlungsstellen Signalisierungsinformationen<br />

aus, um Verbindungen zwischen den Teilnehmern oder zwischen Vermittlungsstellen<br />

zu steuern.<br />

Bild 1.7-6 Grundsätzlicher Aufbau einer Teilnehmer-Vermittlungsstelle /Siegmund/


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FH OOW / Fachb. Technik / Studiengang Elektrotechnik u. Automatisierungstechnik Seite 1-19<br />

In Bild 1.7-6 ist als Beispiel eine Teilnehmer-Vermittlungsstelle dargestellt, an der die Endeinrichtungen<br />

angeschlossen sind ( links ). Teilnehmer-Vermittlungsstelle hat zusätzlich Verbindungsleitungen<br />

(auf der rechten Seite) für den Anschluß an andere Vermittlungsstellen in der Ortsebene und<br />

in höheren Netzebenen. Gesteuert durch die Signalisierungsinformationen muß die Vermittlungsstelle<br />

die Nutzkanäle zusammenschalten ( = vermitteln ).<br />

Die technische Realisierung der Zusammenschaltung hängt von der Art der Nutzkanäle ab:<br />

einfache NF-Leitung oder mehrfach genutzte Leitung mit Frequenz- oder Zeitmultiplex (PCM-<br />

Kanal).<br />

Eine weitere Unterscheidung der Vermittlungsart ergibt sich nach der Art und Weise des<br />

Datentransportes: Leitungsvermittlung mit einer ständig durchgeschalteten Verbindung oder Paketvermittlung<br />

mit einem virtuellen Kanal, der nur dann in Anspruch genommen wird, wenn Daten tatsächlich<br />

transportiert werden sollen, siehe Abschn. Vermittlungsprinzipien.<br />

Die digitale Vermittlung erfordert einen gemeinsamen Takt. Von einer Taktzentrale werden die<br />

Taktsignale an alle Baugruppen der Vermittlungsstelle verteilt. Die Taktzentrale wird extern<br />

synchronisiert durch Bezugstaktgeber des nationalen Netzes, Frequenzabweichung < 10 -11 .<br />

Die eigentliche Hauptaufgabe einer Vermittlungsstelle erfüllt das Koppelnetz .<br />

Bild 1.7-7 Funktionsblöcke des Koppelnetzes


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Durch das Koppelnetz werden die Anschlüsse der Endeinrichtungen oder der Verbindungsleitungen<br />

für die Dauer der Nachrichtenübertragung miteinander verbunden. Das Koppelnetz wird durch<br />

eine Steuerung in der Vermittlungsstelle eingestellt . Die Steuerung reagiert ihrerseits auf die Signalisierung,<br />

d.h. auf die Angabe des Zieles oder Teilzieles einer Verbindung.<br />

Art der Steuerung<br />

a) Direkte Wahl<br />

1.) Der Einstellvorgang beginnt, bevor das Ziel endgültig bekannt ist, z.Bsp. durch<br />

synchrones Einstellen mit der einlaufenden Zielinformation (Ziffern der Rufnummer).<br />

2.) Die Zielinformation wird in der ursprünglichen (elektrischen) Form verarbeitet (z.Bsp.<br />

die Stromschleifenunterbrechungen der Impulswahl steuern direkt den Wähler).<br />

b) Indirekte Steuerung<br />

1.) Die Einstellung beginnt erst dann, wenn die Zielinformation ganz oder teilweise bekannt<br />

ist.<br />

2.) Die Zielinformation wird ganz oder teilweise zwischengespeichert und evtl. umgewertet<br />

(Verarbeitungsvorgang im Steuerrechner).<br />

Verbindungsaufbau und -abbau mit Signalisierungsvorgängen<br />

Belegung = Verbindungswunsch wird dem Netz mitgeteilt<br />

Akzeptieren (Wählton) = Das Netz akzeptiert den Belegungswunsch, wenn es dazu in der<br />

Lage ist, und sendet als Belegungsquittung den Wählton<br />

Bild 1.7-8 Zeitlicher Ablauf einer Verbindung über das Fernsprechnetz


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Vermittlungsprinzipien<br />

Grundsätzlich können zwei Vermittlungsprinzipien unterschieden werden:<br />

• die Durchschalte- oder Leitungsvermittlung = Circuit Switching<br />

• die Speicher- oder Paketvermittlung = Store And Forward Switching oder Packet Switching<br />

a) Durchschalte- oder Leitungsvermittlung<br />

Bild 1.7-9 Netz mit Durchschalte- oder Leitungsvermittlung<br />

Der A-Teilnehmer gibt Vermittlungswunsch und Ziel (B-Teiln.) an, die Anschlußleitungen des Aund<br />

des B-Telnehmers und die Verbindungsleitungen eines Bündels, die jeweils von den Steuerungen<br />

der Vermittlungsstellen festgelegt werden, werden durch das Durchschalten der Koppelnetze zu<br />

einer physikalischen Nachrichtenverbindung zusammengeschaltet. Das Netz verbindet die Nutzkanäle<br />

beider Teilnehmer fest miteinander, d.h. der Übertragungsweg steht den beiden Kommunikationspartnern<br />

für die Dauer der zur exklusiven Nutzung zur Verfügung.<br />

Durchschaltung im Raum- oder Wegemultiplex:<br />

Schließen von Schaltern zwischen ankommender und abgehender Leitung<br />

Durchschaltung im Zeitmultiplex:<br />

Ein Abschnitt des ankommenden Signals wird in der Koppeleinrichtung eingespeichert und auf den<br />

abgehenden Kanal zu einem dem Ziel entsprechenden ausgewählten Zeitpunkt ausgelesen. Der<br />

Ablauf ist für die Dauer der Verbindung fest eingestellt.


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FH OOW / Fachb. Technik / Studiengang Elektrotechnik u. Automatisierungstechnik Seite 1-22<br />

b) Speicher- oder Paketvermittlung<br />

Bild 1.7-10 Prinzip der Speicher-Vermittlung<br />

Eigentliche Paketvermittlung ( Packet Switching )<br />

------------------------------------------------------------<br />

Die zu übertragende Nachricht wird in der Nachrichtenquelle in Blöcke mit einer festgelegten maximalen<br />

Länge von 128kByte aufgeteilt. Jedem Block wird eine zusätzliche Steuerinformation vorangestellt;<br />

die Nutzinformation und die Steuerinformation bilden ein „Paket“. Jedes Paket beginnt<br />

mit dem Paketkopf, der die Steuerinformation enthält. Die Steuerinformation besteht aus:<br />

• einer Paketnummer<br />

• der logischen Kanalnummer = Kennzeichnung der zugehörigen Verbindung<br />

Bild 1.7-11 Aufteilung der Nachricht in Blöcke zu 128kByte bei der Paketvermittlung<br />

Ein physikalischer Übertragungsweg kann bei diesem Vermittlungsprinzip mehrfach genutzt werden:<br />

in den Pausen zwischen den Paketübertragungen einer Verbindung können Pakete anderer<br />

Verbindungen über den gleichen Weg übertragen werden. Hierfür ist die Kennzeichnung der Verbindung<br />

durch die logische Kanalnummer notwendig.<br />

Ein Verbindungsweg wird nur dann für die Übertragung genutzt, wenn auch Nachrichtenpakete vorhanden<br />

sind. Für den Benutzer existiert die Verbindung scheinbar immer, in Wirklichkeit wird sie<br />

aber n i c h t durchgeschaltet, sondern sie existiert nur während der Laufzeit der Pakete. Man<br />

spricht daher von einer virtuellen Verbindung.


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FH OOW / Fachb. Technik / Studiengang Elektrotechnik u. Automatisierungstechnik Seite 1-23<br />

Sendungsvermittlung ( Message Switching )<br />

------------------------------------------------------<br />

Bei dieser Variante der Paketvermittlung wird nur e i n Paket übertragen, das die gesamte<br />

Nachricht enthält. Der Paketkopf enthält auch die Verbindungsaufbau- und -abbauinformation.<br />

Werden nach diesem Verfahren mehrere Pakete ausgetauscht, so wird für jedes Paket der Weg durch<br />

Netz neu festgelegt. Die korrekte Reihenfolge muß dabei durch die Endgeräte sichergestellt werden.<br />

Bild 1.7-12 Sendungsvermittlung mit variablen Übertragungswegen<br />

In Paketvermittlungsnetzen wird dieser spezielle Dienst als „Datagramm“-Dienst bezeichnet.<br />

Cell-Switching<br />

------------------<br />

Cell-Switching arbeitet ähnlich wie die Paketvermittlung, außer daß die übertragene Blocklänge<br />

nicht mit der Paketlänge übereinstimmt, es können kleinere Zellen (Paketteile) gebildet werden.<br />

Dies ist ideal für eine integrierte Umgebung wie ISDN und man findet es in Zellen basierten Netzen<br />

wie das ATM-Netz. Cell-Switching kann sowohl mit digitalen Sprachsignalen (VoIP) als auch mit<br />

Datensignalen umgehen.


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1.8 Ausführliches Beispiel: Mobilfunknetze ( GSM-Standard )<br />

Dieser Abschnitt soll eine kurze Einführung in Mobilfunknetze für den allgemeinen privaten<br />

Anwender geben. Sie werden in der Verwaltungssprache auch als „öffentlicher beweglicher Landfunk“<br />

(öbL) bezeichnet. Mit öffentlich ist gemeint, dass jedermann ein entsprechendes Gerät benutzen<br />

darf, ohne dafür einen Bedarf nachweisen zu müssen, beweglich steht für Mobilfunk, und die<br />

Bezeichnung Landfunk unterscheidet diese Netze vom See- und Flugfunk sowie von Satelliten-<br />

Diensten.<br />

Ein Mobilfunknetz kann man als Erweiterung des digitalen Festnetzes betrachten durch die Fähigkeit,<br />

nicht ortsfeste, also mobile Endgeräte einzubinden. Die mobilen Endgeräte können nur durch<br />

eine drahtlose Verbindung eingebunden werden und das ist für Entfernungen bis zu einigen Kilometern<br />

nur über eine Funkverbindung möglich. Die Funkverbindung hat bestimmte technische Eigenschaften<br />

und Probleme, deren Erklärung Grundkenntnisse über Signale, Antennen und Wellenausbreitung<br />

erfordern, die hier noch nicht vorausgesetzt werden können. Daher beschränkt sich die folgende<br />

Darstellung auch auf eine sehr allgemeine Darstellung eines Mobilfunknetzes mit Hinweisen<br />

auf die erwähnten speziellen Eigenschaften und Probleme, ohne auf technische Lösungen einzugehen.<br />

1.8.1 Allgemeines über GSM = Global Standard For Mobile Communication<br />

In Deutschland wurden GSM-Mobilfunknetze ab 1992 als Nachfolger des am 31.12.2000 nach 15<br />

Jahren Betrieb abgeschalteten C-Netzes eingeführt. Sie sind seit 1995 halbwegs flächendeckend<br />

verfügbar. Im Gegensatz zu früheren nationalen analogen Netzen sind GSM-Geräte auch in vielen<br />

anderen Ländern benutzbar.<br />

Bild 1.8-1 Zellenstruktur eines Funknetzes


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Das Mobilfunknetz besteht aus zwei Teilnetzen:<br />

- dem eigentlichen Funknetz und<br />

- dem Funkvermittlungsnetz<br />

Das eigentliche Funknetz bilden<br />

- die mobilen Telefone (engl.: MS = Mobile Station) und<br />

- die FuFSt = Funkfeststationen (engl.: BTS = Base Transceiver Station)<br />

Zu den FuFSt gehört jeweils eine Basissteuerungszentrale (engl.: BSC = Base Station Controller).<br />

Zum Funkvermittlungsnetz zählen<br />

- die Funkvermittlungsstelle (FuVE, engl.: MSC = Mobil Switching Centre)<br />

mit den zuordneten Datenbanken<br />

- HLR = Heimatregister (Home LocationRegister) mit Informationen über den Kunden<br />

- VLR = Besucherregister (Visiting Location Register) für den aktuellen Aufenthaltsort eines<br />

Kunden innerhalb einer Funkzelle<br />

- AuC = Autorisierungszentrale (Authentication Centre)<br />

- EIR = Geräteidentitätsregister (Equipment Identity Register)<br />

Nur zwischen dem Mobiltelefon (MS) und der Basisstation (FuFSt) existiert die Funkverbindung.<br />

GSM-Telefone benutzen den Frequenzbereich um 900 MHz (D1, D2) oder 1800 MHz (E+, E2) mit<br />

einem Kanalabstand von 200 kHz, um Sprache und Daten digital in GMSK-Modulation (Gaussian<br />

Minimum Shift Keying) mit der nächsten Basisstation auszutauschen.<br />

Wegen der relativ geringen Reichweite von nur wenigen km bis zu max. 35km sind für jedes einzelne<br />

Netz in Deutschland mehrere tausend Basisstationen erforderlich. Obwohl eine gemeinsame<br />

Nutzung technisch möglich ist, arbeiten die deutschen Netzbetreiber meist getrennt ausschließlich<br />

mit ihren eigenen Basisstationen. Die folgende Tabelle nennt die benutzten Frequenzbereiche von<br />

GSM-Netzen in Deutschland:<br />

Uplink (MHz) Downlink (MHz) Netz<br />

876-880 921-925 GSM-R (Eisenbahn-Betriebsfunk)<br />

890,1-914,9 935,1-959,9 D1 (T-Mobil), D2 (Vodafone)<br />

1730-1752,5 1825-1847,5 E2-Netz (O2)<br />

1758-1780,5 1853-1875,5 E1-Netz (E-Plus)<br />

Zur Versorgung schwieriger Gebiete benutzt man sogenannte Repeater, beispielsweise für Alpentäler,<br />

in S-Bahn-Tunneln oder in ICE-Zügen. Repeater verstärken lediglich die Funksignale und leiten<br />

sie von oder zur nächsten Basisstation weiter. Eine Kabelanbindung erfolgt nur zur Stromversorgung,<br />

falls diese nicht über Solarzellen realisiert ist.


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Basisstation und Handy (ein deutsches Kunstwort; englisch cellular phone, cellphone oder handset)<br />

benutzen jeweils zwei Kanäle im Abstand von 45MHz (um 900MHz) oder 95 MHz (um<br />

1800MHz); das Handy sendet auf dem tieferen (Uplink) und empfängt auf dem höheren (Downlink).<br />

Jeweils ein Funkkanal-Paar kann im Zeitmultiplex-Verfahren, d.h. durch zeitliche Verschachtelung,<br />

für bis zu acht Sprach- oder Datenverbindungen gleichzeitig genutzt werden. Die Gesamt-<br />

Rohdatenrate auf einem Funkkanal beträgt 270,83 kBit/s, wovon ein erheblicher Teil allerdings der<br />

Fehlererkennung und -korrektur dient.<br />

890 ... 915MHz: von Mobiltelefon zu FuFSt, 935 ... 960MHz: von FuFSt zu Mobiltelefon<br />

Bild 1.8-2 Up- und Down-Link mit Duplex-Abstand in Zeit und Frequenz /Du-Pern/<br />

Die GSM-Rufnummern beginnen in Deutschland mit 016 oder 017 und sind 11- oder 12stellig; zusätzlich<br />

können von GSM-Netzbetreibern, die über eine UMTS-Lizenz verfügen, auch 12stellige<br />

Nummern des 015-Blocks benutzt werden..


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1.8.2 Anforderungen und Probleme<br />

Die Nutzer des Mobiltelefons verlangen eine möglichst einfache Handhabung und geringe Kosten.<br />

Daraus ergeben sich folgende Anforderungen an die Technik:<br />

• Kleine Abmessungen und geringes Gewicht des Handgerätes ( Handy )<br />

• Geringer Stromverbrauch, d.h. möglichst lange Betriebsdauer. Geringe Kosten für Akkus oder<br />

Batterien.<br />

• Gute Übertragungsqualität<br />

• Hohe Verfügbarkeit des Netzes<br />

• Betriebssicherheit ® kein Ausfall der Verbindung, auch wenn der Teilnehmer sich schnell<br />

bewegt und während der Verbindung größere Strecken zurücklegt<br />

• Abhören nicht möglich<br />

• Kompatibilität mit dem vorhandenen Fernsprechnetz<br />

• Keine Gefährdung durch Funkwellen<br />

Auf der Grundlage dieser Forderungen wurde bei der Entwicklung der Funknetze versucht, ein optimales<br />

Verhältnis von Nutzungskapazität, Versorgungsbereich und Frequenzbedarf zu erzielen.<br />

Diese drei Parameter sind miteinander verknüpft, sie lassen sich nicht unabhängig optimieren.<br />

Am Ende der Entwicklung stand das zellulare Funksystem. Im folgenden sollen einige Probleme<br />

im Zusammenhang mit diesen drei Parametern besprochen werden.<br />

Frequenzbedarf<br />

Die Frage nach dem in Frage kommenden Frequenzbereich läßt sich sehr schnell beantworten.<br />

Hohe Frequenzen haben die Vorteile:<br />

- Nur bei Frequenzen oberhalb von UHF ab ca. 800MHz waren noch Bereiche mit ausreichender<br />

Bandbreite vorhanden.<br />

- Will man kleine Antennen verwenden, kommen nur höhere Frequenzen, d.h. kleine Wellenlängen<br />

in Frage, Antennen müssen für ein effektives Arbeiten an die Wellenlänge angepaßt sein.<br />

- Die Wellenausbreitung bei hohen Frequenzen ist quasi optisch, es gibt keine Bodenwelle, hinter<br />

dem (Radio-)Horizont ist sehr schnell kein Empfang mehr möglich. Durch diese Eigenschaft<br />

der räumlich begrenzten Ausbreitung kann eine bestimmte Betriebsfrequenz in einem<br />

Abstand von 60 bis 70km wieder verwendet werden. Wählt man eine entsprechend geringe<br />

Sendeleistung, so kann dieser Abstand noch deutlich geringer sein.<br />

Die Anzahl der Funkkanäle, die eingerichtet werden können, ist technisch begrenzt durch die Bandbreite,<br />

die im Empfänger realisiert werden kann. Für die D-Netze mit einer Kanalbandbreite von<br />

0,2MHz ergaben sich innerhalb der Gesamtbandbreite für Up- oder Downlink von 25MHz gerade<br />

124 Funkkanäle. Da die Bandbreite von 0,2MHz für eine Sprechverbindung viel zu groß ist, können<br />

mittels des Zeitvielfachverfahrens (TDMA = Time Division Multiple Access) acht Sprechverbindungen<br />

( = Nutzkanäle ) auf einem Funkkanal untergebracht werden, siehe Bild 2-19. Die maximale<br />

Anzahl der Sprechkanäle in einer Funkzelle ist damit 992.


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Zellengröße<br />

Wenn eine wabenförmige Zelle sechs Nachbarzellen hat und in den Nachbarzellen nicht die gleichen<br />

Funkfrequenzen wieder benutzt werden dürfen, so sind pro Zelle 992:3 => 330 Nutzkanäle<br />

möglich.<br />

Diese Anzahl kann in dicht besiedeltem Gebiet<br />

aber leicht erreicht werden, wenn der Radius<br />

z.Bsp. 10km beträgt. Daher darf die Zelle nicht<br />

zu groß sein. Eventuell muß bei zu hoher<br />

Nutzerdichte eine Zelle in kleinere Teilzellen<br />

zerlegt werden.<br />

Die Zahl der Mobiltelefone in Deutschland<br />

liegt z.Zt. (2006) bei über 40Millionen; sie<br />

ist damit höher als die der Festnetzanschlüsse.<br />

Handover ( Wechsel der Funkzelle )<br />

Aufgrund der Mobilität innerhalb der<br />

zellularen Struktur des Funknetzes muß das Mobiltelefon häufig die Funkfeststation (FuFSt) wechseln.<br />

Die reibungslose Gesprächsweitergabe von einer Funkfeststation zu einer benachbarten ist mit<br />

einem beträchtlichen Signalisierungsaufwand verbunden. Deshalb muß sichergestellt werden, daß<br />

die Anzahl der Handover nicht zu hoch wird, aber immer erfolgen kann, wenn es für die Fortführung<br />

eines Gespräches notwendig ist.<br />

Störungen durch Mehrwegeausbreitung<br />

Durch die Überlagerung des direkten<br />

Funkweges mit Umwegen infolge von<br />

Reflexionen kommt es leicht zu Verzerrungen<br />

der empfangenen Signale.<br />

Damit die Gesprächsqualität nicht<br />

leidet, müssen besondere Maßnahmen<br />

vorgesehen werden:<br />

Adaptive Entzerrer und Schutzintervalle<br />

im Empfänger,<br />

spezielle Kanalcodierung zur<br />

Fehlererkennung und Frequenzsprungverfahren<br />

beim Sender.


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1.9 Wichtige Standardisierungsgremien<br />

Deutschland<br />

BAPT = Bundesamt für Post und Telekommunikation, Mainz<br />

DIN = Deutsches Institut für Normung, Berlin<br />

DKE = Deutsche elektrotechnische Kommission in DIN und VDE, Frankfurt/M. und Berlin<br />

VDE = Technisch-Wissenschaftlicher Verband der Elektrotechnik, Elektronik u. Informationstechnik<br />

e.V., Frankfurt/M.<br />

Europa<br />

CEPT = Conférence Européenne des Administrations des Postes et des Télécommunications, Bern<br />

ETSI = European Telecommunication Standards Institute, Sophia Antipolis /Frankreich<br />

Welt<br />

IEC = International Electrotechnical Commission, Genf<br />

ISO = International Organization for Standardization, Genf<br />

ITU = International Telecommunication Union, Genf<br />

mit den drei Bereichen<br />

- ITU-R (Radiocommunication, vormals CCIR)<br />

- ITU-T (Telecommunication, vormals CCITT)<br />

- ITU-D (Development, Förderung der Entwicklungsländer)

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