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Vortrag "175 Jahre Regierung von Mittelfranken in Ansbach" am ...

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<strong>Vortrag</strong> "<strong>175</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong> <strong>in</strong> Ansbach" <strong>am</strong> 19.11.2012<br />

(Herbert Schott)<br />

Me<strong>in</strong>e sehr geehrten D<strong>am</strong>en und Herren,<br />

"<strong>175</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong> <strong>in</strong> Ansbach": Diese Formulierung verb<strong>in</strong>det drei<br />

Aspekte, die nur zus<strong>am</strong>men e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit ergeben und den Grund, warum wir heute hier im<br />

Ansbacher Schloss zus<strong>am</strong>mengekommen s<strong>in</strong>d. Geschichte verläuft nicht immer geradl<strong>in</strong>ig<br />

und folgerichtig, manche Entwicklungen brauchen Zeit, andere uns selbstverständlich<br />

ersche<strong>in</strong>enden Ergebnisse historischen Wirkens, Planens und Entscheidens hätten auch ganz<br />

anders kommen können. Lassen Sie uns deshalb e<strong>in</strong>en kurzen Blick auf drei Stränge werfen:<br />

die Entstehung und Geschichte der Bezirksregierungen, die Genese des heutigen<br />

<strong>Mittelfranken</strong> e<strong>in</strong>schließlich der N<strong>am</strong>ensgebung und last but not least die Frage, warum<br />

Ansbach und nicht Nürnberg der <strong>Regierung</strong>ssitz dieses <strong>Regierung</strong>sbezirkes ist.<br />

Wenden wir den Blick etwa 220 <strong>Jahre</strong> zurück, d.h. <strong>in</strong>s Jahr 1792. D<strong>am</strong>als gab es hier <strong>in</strong><br />

unserem Raum ke<strong>in</strong>e <strong>Regierung</strong> im heutigen S<strong>in</strong>ne, der N<strong>am</strong>e <strong>Mittelfranken</strong> war noch<br />

unbekannt und Ansbach hatte gerade se<strong>in</strong>en Status als Residenzstadt des Fürsten <strong>von</strong><br />

Brandenburg-Ansbach verloren. Wenn man dazu noch bedenkt, <strong>in</strong> welch schlechtem<br />

Zustand die Reichsstadt Nürnberg stand, <strong>in</strong> ihrem Besitzstand bedrängt <strong>von</strong> Preußen und<br />

Bayern, das Stadtregiment umstritten und die Stadt quasi pleite, dann kann man ermessen,<br />

dass unsere Region eher e<strong>in</strong> Krisengebiet war.<br />

Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation und hier v.a. Franken war <strong>am</strong> Ende des 18.<br />

Jahrhunderts e<strong>in</strong> Fleckerlteppich <strong>von</strong> relativ unabhängigen Territorien. Im heutigen<br />

<strong>Mittelfranken</strong> waren dies v.a. die Reichsstadt Nürnberg mit ihrem Landgebiet, die<br />

Reichsstädte W<strong>in</strong>dsheim, Weißenburg, Rothenburg o.d.T. und D<strong>in</strong>kelsbühl, außerdem die<br />

Fürstentümer Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Bayreuth, das Hochstift Eichstätt, die<br />

Herrschaft Pappenheim, die gefürstete Grafschaft Schwarzenberg und der Deutsche Orden.<br />

Die Aufzählung ließe sich noch um e<strong>in</strong>iges fortsetzen. 1792 war das revolutionäre<br />

Frankreich im Krieg mit den alten Mächten, es propagierte nicht nur Freiheit, Gleichheit und<br />

Brüderlichkeit, sondern erließ auch e<strong>in</strong>e Verfassung und schuf e<strong>in</strong>e moderne Verwaltung.<br />

Das Königreich Preußen, <strong>in</strong> Franken vertreten durch se<strong>in</strong>en M<strong>in</strong>ister Hardenberg,<br />

reformierte und modernisierte die Verwaltung se<strong>in</strong>er fränkischen Gebiete. Seit 1797/98 gab<br />

es e<strong>in</strong>e Kriegs- und Domänenk<strong>am</strong>mer, diese war für die Verwaltung zuständig, die als<br />

"<strong>Regierung</strong>" bezeichnete Stelle war dagegen die oberste Justizstelle im Fürstentum. Bayern,<br />

seit dem Neujahrstag 1806 Königreich, brauchte e<strong>in</strong>e neue, moderne Verwaltung, um die<br />

vielen h<strong>in</strong>zugewonnenen Territorien mit ihren Sonderrechten und unterschiedlichsten<br />

Traditionen zu vere<strong>in</strong>heitlichen. Franken unterstand vorerst e<strong>in</strong>em Generallandeskommissär,<br />

dessen Sitz 1806 <strong>von</strong> B<strong>am</strong>berg nach Nürnberg verlegt wurde.<br />

Als Napoleon im Rhe<strong>in</strong>bund e<strong>in</strong>heitliche Strukturen schaffen wollte, erließ man <strong>in</strong> Bayern<br />

1808 e<strong>in</strong>e sog. Konstitution und sie begleitende Edikte, die etwa die E<strong>in</strong>teilung Bayerns <strong>in</strong><br />

sog. Kreise, die Vorläufer der heutigen <strong>Regierung</strong>sbezirke, vorsahen. Die Kriegs- und<br />

Domänenk<strong>am</strong>mer <strong>in</strong> Ansbach wurde aufgelöst, das Amt des Generallandeskommissärs<br />

aufgehoben, dafür wurden <strong>in</strong> jedem Kreis der Vorläufer e<strong>in</strong>er <strong>Regierung</strong> e<strong>in</strong>gesetzt, nämlich<br />

sogenannte Generalkreiskommissariate. Diese 1808 geschaffenen E<strong>in</strong>richtungen, aus denen<br />

sich die heutigen <strong>Regierung</strong>en entwickelten, waren Behörden der Inneren Verwaltung, nicht<br />

wie ihr Vorläufer die <strong>Regierung</strong> <strong>in</strong> Ansbach e<strong>in</strong> Justizorgan. Der Generalkreiskommissär<br />

und se<strong>in</strong>e Mitarbeiter waren für den Vollzug der Weisungen des Außen- und des


Innenm<strong>in</strong>isteriums zuständig. Außerdem sollte er die Tätigkeit der Außenämter überwachen.<br />

Für die F<strong>in</strong>anzverwaltung gab es e<strong>in</strong>e eigene Behörde, die F<strong>in</strong>anzdirektion des Kreises. Sie<br />

stand als eigene Behörde neben dem Generalkreiskommissariat.<br />

Nach dem Sturz des mächtigen M<strong>in</strong>isters Montgelas 1817 wurde die Verwaltung neu<br />

strukturiert: In der Verordnung "Die Formation, den Wirkungskreis, und den Geschäftsgang<br />

der obersten Verwaltungs-Stellen <strong>in</strong> den Kreisen betreffend" vom 27. März 1817 wurde<br />

festgelegt: "Die oberste VerwaltungsStelle <strong>in</strong> jedem Kreise theilt sich <strong>in</strong> zwei K<strong>am</strong>ern; die<br />

K<strong>am</strong>er des Innern, und die K<strong>am</strong>er der F<strong>in</strong>anzen, welche zus<strong>am</strong>men die <strong>Regierung</strong> des<br />

Kreises bilden." D.h. man sprach jetzt <strong>von</strong> der <strong>Regierung</strong> des Rezatkreises, K<strong>am</strong>mer des<br />

Innern, und der <strong>Regierung</strong> des Rezatkreises, K<strong>am</strong>mer der F<strong>in</strong>anzen. Weiter heißt es <strong>in</strong> der<br />

Verordnung: "Der erste Vorstand im Kreise ist der GeneralKommissär, zugleich Präsident<br />

der <strong>Regierung</strong>, welchem nach Umständen für dermal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Kreisen auch e<strong>in</strong><br />

Vicepräsident zugegeben wird." 1 Beide K<strong>am</strong>mern waren Kollegialbehörden, d.h. es gab<br />

ke<strong>in</strong>en alle<strong>in</strong>igen Behördenleiter. Diese Funktion übernahm der <strong>Regierung</strong>spräsident, der<br />

über beiden K<strong>am</strong>mern stand. Beide K<strong>am</strong>mern und der <strong>Regierung</strong>spräsident des Rezatkreises<br />

hatten ihren Sitz im Ansbacher Schloss.<br />

Doch was war die Aufgabe der <strong>Regierung</strong> des Rezatkreises, K<strong>am</strong>mer des Innern? In der<br />

Verordnung wird ihr Wirkungskreis so beschrieben: staatsrechtliche und militärische<br />

Angelegenheiten, soweit die Zivilbehörden zuständig s<strong>in</strong>d; Religion und Kultus; öffentliche<br />

Erziehung, Bildung, Unterricht und öffentliche Sitten, Mediz<strong>in</strong>alwesen, Landespolizei,<br />

Kommunal- und Stiftungswesen, allgeme<strong>in</strong>e Statistik. Die K<strong>am</strong>mer des Innern bestand aus<br />

e<strong>in</strong>em Direktor, sechs Räten, zwei Assessoren, e<strong>in</strong>em Kreisschulrat, e<strong>in</strong>em Kreismediz<strong>in</strong>alrat<br />

und e<strong>in</strong>em protestantischen Kirchenrat <strong>in</strong> den Kreisen, deren oberste Verwaltungsstellen auch<br />

protestantische Generaldekanate waren, u.a. <strong>in</strong> Ansbach. Mit so wenig Personal wären die<br />

vielfältigen Aufgaben der heutigen Bezirksregierung <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong> nicht im Ansatz zu<br />

bewältigen.<br />

Der preußische Gesandte <strong>in</strong> München schrieb se<strong>in</strong>em König im März 1817, der<br />

Generalkommissär sei "eigentlich nur e<strong>in</strong> Organ des Innenm<strong>in</strong>isteriums" gewesen, der über<br />

die Unterbehörden, die anderen M<strong>in</strong>isterien unterstanden, nur e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Aufsicht hatte.<br />

Durch die Zuordnung <strong>von</strong> zwei Kollegien, den K<strong>am</strong>mern des Innern und der F<strong>in</strong>anzen, trete -<br />

so der Gesandte - statt e<strong>in</strong>er Art französischem Präfekten "e<strong>in</strong>e mehr der preußischen<br />

nahekommende Prov<strong>in</strong>zial-Verwaltung". 2 Diese E<strong>in</strong>teilung blieb bis zum Beg<strong>in</strong>n des 20.<br />

Jahrhunderts. Die Forstverwaltung wurde 1818 nach Auflösung der<br />

Generalforstadm<strong>in</strong>istration, die noch für ganz Bayern zuständig gewesen war, an die K<strong>am</strong>mer<br />

der F<strong>in</strong>anzen verwiesen. 1885 wurde die Forstabteilung e<strong>in</strong>e quasi selbständige Abteilung<br />

<strong>in</strong>nerhalb der K<strong>am</strong>mer der F<strong>in</strong>anzen, 1908 schließlich wurde e<strong>in</strong>e eigene K<strong>am</strong>mer der Forsten<br />

gegründet, so dass die <strong>Regierung</strong> unter dem <strong>Regierung</strong>spräsidenten jetzt aus drei K<strong>am</strong>mern<br />

bestand.<br />

Sitz des Generalkreiskommissariats und des für die Justiz im Rezatkreis zuständigen<br />

Appellationsgerichts war Ansbach - das für den Pegnitzkreis um Nürnberg zuständige<br />

Appellationsgericht saß <strong>in</strong> Amberg. Nach Auflösung des Pegnitzkreises 1810 unterstand quasi<br />

1 Königlich-Baierisches <strong>Regierung</strong>sblatt 1817, Sp. 233 - 296, hier: Verordnung "Die Formation, den<br />

Wirkungskreis, und den Geschäftsgang der obersten Verwaltungs-Stellen <strong>in</strong> den Kreisen betreffend" vom<br />

27.3.1817; Zitate Sp. 233 und 234.<br />

2 Bericht des v. Küster d.Ä. an König Friedrich Wilhelm III., 21.3.1817, <strong>in</strong>: Chroust, Anton (bearb.):<br />

Gesandtschaftsberichte aus München 1814 - 1848. Abt. III: Die Berichte der preußischen Gesandten. Band I<br />

(1814 bis 1825). München 1959 (Schriftenreihe zur Bayerischen Landesgeschichte 39); hier S. 136.


ganz <strong>Mittelfranken</strong> dem Appellationsgericht <strong>in</strong> Ansbach. Das Gericht wurde, wie <strong>in</strong> anderen<br />

Kreisen üblich, schließlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere Stadt verlegt: 1838 nach Eichstätt, schließlich 1871<br />

nach Nürnberg. Aus dem Appellationsgericht des Rezatkreises wurde schließlich das<br />

Oberlandesgericht Nürnberg.<br />

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die <strong>Regierung</strong> nach und nach auf die <strong>in</strong>nere Verwaltung<br />

beschränkt. War im Wilhelm<strong>in</strong>ischen Reich das Reich noch Kostgänger der Länder, so drehte<br />

die Weimarer Republik quasi den Spieß um, die Länder wurden jetzt zu Kostgängern des<br />

Reichs. E<strong>in</strong>e K<strong>am</strong>mer der F<strong>in</strong>anzen war überflüssig geworden. In Bayern wurden 1920 drei<br />

Landesf<strong>in</strong>anzämter e<strong>in</strong>geführt, das <strong>in</strong> Nürnberg war für Ober- und <strong>Mittelfranken</strong> und die<br />

Oberpfalz zuständig. Wichtig ist, dass das Landesf<strong>in</strong>anz<strong>am</strong>t Nürnberg e<strong>in</strong>e Reichsbehörde<br />

war, die F<strong>in</strong>anzverwaltung war also aus der <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong> ausgegliedert<br />

worden. Es gab also nur noch e<strong>in</strong>e K<strong>am</strong>mer des Innern und e<strong>in</strong>e K<strong>am</strong>mer der Forsten.<br />

In der NS-Zeit wurden etliche Bereiche der Staatsverwaltung "verreichlicht", u.a. die Justiz.<br />

1935 wurde auch die Betreuung der Wälder verreichlicht, es wurden Oberforstdirektionen<br />

geschaffen. Auch als nach Kriegsende diese Verreichlichung rückgängig gemacht wurde, gab<br />

es ke<strong>in</strong> Zurück für die Forstverwaltung unter das Dach der <strong>Regierung</strong>en. Auch die <strong>Regierung</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong> blieb wie seit 1935 e<strong>in</strong>geführt alle<strong>in</strong> für die <strong>in</strong>nere Verwaltung zuständig.<br />

Auch wenn die <strong>Regierung</strong> heute auf die <strong>in</strong>nere Verwaltung im weitesten S<strong>in</strong>ne beschränkt ist,<br />

s<strong>in</strong>d ihre Aufgaben doch <strong>in</strong> den letzten 200 <strong>Jahre</strong>n <strong>in</strong> erheblichstem Umfang gewachsen.<br />

Auch wenn sie ke<strong>in</strong>e staatliche F<strong>in</strong>anzverwaltung der Mittelbehörde mehr umfasst, ist sie für<br />

die Verteilung <strong>von</strong> Geldern und <strong>in</strong>sbesondere Zuschüssen jeglicher Art e<strong>in</strong>e zentrale Stelle.<br />

Ohne die Bezirksregierungen hätte man das Konjunkturpaket II, das die Folgen der<br />

<strong>in</strong>ternationalen F<strong>in</strong>anzkrise mildern sollte, kaum so schnell umsetzen können.<br />

Lassen Sie uns jetzt zum zweiten Aspekt übergehen: wie k<strong>am</strong> es zu e<strong>in</strong>em <strong>Regierung</strong>sbezirk<br />

mit dem N<strong>am</strong>en <strong>Mittelfranken</strong>?<br />

Das Gebiet des heutigen <strong>Mittelfranken</strong> bestand aus diversen Territorien des Alten Reiches.<br />

Seit dem Reichsdeputationshauptschluss 1803 hatte Bayern immer neue Gebiete h<strong>in</strong>zu<br />

gewonnen. Zwischen Ende 1802, als bayerische Truppen Rothenburg o.d.T. besetzten, und<br />

1810, als das Fürstentum Bayreuth mit Erlangen und Neustadt a.d.Aisch an Bayern fielen,<br />

wurde das Gebiet des heutigen <strong>Mittelfranken</strong> bayerisch, auch wenn man 1810 Teile des<br />

Rothenburger Landgebiets und des Fürstentums Ansbach an Württemberg abtreten musste.<br />

Während Bayern anfangs noch eher traditionell se<strong>in</strong>e Gebiete nach Prov<strong>in</strong>zen gliederte, z.B.<br />

die Prov<strong>in</strong>z Franken mit e<strong>in</strong>em Generallandeskommissär an der Spitze, modernisierte es se<strong>in</strong>e<br />

Verwaltung nach dem Ende des Alten Reiches 1806 und der Konstitution 1808 völlig neu.<br />

E<strong>in</strong> wichtiger Aspekt war dabei, Bayern <strong>in</strong> möglichst gleich große E<strong>in</strong>heiten zu teilen und<br />

gleichförmig verwalten zu lassen, losgelöst <strong>von</strong> historischen Territorien und Prov<strong>in</strong>zen. Dies<br />

bedeutete nicht, dass Bayern e<strong>in</strong> Flächenstaat wurde, noch Jahrzehnte gab es Sonderrechte,<br />

die etwa auch hier <strong>in</strong> Franken galten. Zum<strong>in</strong>dest die alten historischen Stände wurden völlig<br />

ausgeschaltet, der Adel wurde weitgehend mediatisiert, die Kirche rechtlich e<strong>in</strong>gebunden. Auf<br />

der Ebene des Ges<strong>am</strong>tstaates wurden zentrale Behörden geschaffen, Fachm<strong>in</strong>isterien mit<br />

Fachbe<strong>am</strong>ten, das alte Sportelsystem oder gar der Verkauf <strong>von</strong> Stellungen und d<strong>am</strong>it<br />

verbunden v.a. <strong>von</strong> E<strong>in</strong>nahmen wurden abgeschafft. Die Kommunen wurden zwangsweise <strong>in</strong><br />

den neuen Staat <strong>in</strong>tegriert, auch e<strong>in</strong>e Stadt wie die altehrwürdige und früher mächtige<br />

Reichsstadt Nürnberg verlor jegliche Selbstverwaltung.


Bayern wurde durch das Edikt "die Territorial-E<strong>in</strong>theilung des Königreichs Baiern<br />

betreffend" 1808 <strong>in</strong> 15 sog. Kreise, die Vorläufer der heutigen <strong>Regierung</strong>sbezirke, geteilt. In<br />

der Vorrede der Verordnung heißt es, man wolle ohne Rücksicht auf die bisherige E<strong>in</strong>teilung<br />

<strong>in</strong> Prov<strong>in</strong>zen das Königreich <strong>in</strong> möglichst gleiche Kreise mit Rücksicht auf die natürlichen<br />

Grenzen e<strong>in</strong>teilen. Es sei Absicht, die Teile des Königreiches "mit dem wohlthätigen Bande<br />

e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>schaftlichen Vaterlandes zu umfassen", man habe "dah<strong>in</strong> getrachtet, ihnen die<br />

Vortheile näher gelegener unmittelbarer Adm<strong>in</strong>istrations-Behörden zu verschaffen, und<br />

diejenigen Bezirke, welche durch gleichere Sitten und die Gewohnheit langer <strong>Jahre</strong>, oder<br />

durch die <strong>von</strong> der Natur selbst bezeichnete Lage näher mit e<strong>in</strong>ander verbunden s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> ihrer<br />

engeren Vere<strong>in</strong>igung zu belassen". 3 Das Gebiet des heutigen <strong>Mittelfranken</strong> war weitgehend<br />

auf zwei Kreise verteilt: den Pegnitzkreis um Nürnberg und den Rezatkreis um Ansbach. Die<br />

N<strong>am</strong>en der Kreise wählte man <strong>in</strong> Anlehnung an die d<strong>am</strong>alige Weltmacht Frankreich, die <strong>in</strong><br />

allem das Vorbild auch für Bayern war, nach Flussn<strong>am</strong>en - die französischen Departements<br />

heißen heute noch nach Flüssen. Mit Verordnung vom 17. Juli 1808 wurde für jeden Kreis<br />

e<strong>in</strong>e Verwaltungsstelle mit der Benennung „General-Commissariat“ geschaffen. Der<br />

Pegnitzkreis war der kle<strong>in</strong>ste bayerische Kreis, er umfasste auch heute oberfränkische Gebiete<br />

wie Forchheim oder Pottenste<strong>in</strong>. Der Rezatkreis war zwar größer, aber doch ke<strong>in</strong> großer<br />

Kreis. E<strong>in</strong>e auch nur annähernde Vergleichbarkeit der e<strong>in</strong>zelnen Kreise <strong>in</strong> Bayern war trotz<br />

der Vorgaben nicht gegeben. Wenn man sich die Kreise ansieht, muss man konstatieren, dass<br />

sie relativ willkürlich zugeschnitten worden waren. E<strong>in</strong>erseits war dies angesichts der im<br />

Alten Reich herrschenden chaotischen Territorialverhältnisse nicht anders möglich, wenn man<br />

zus<strong>am</strong>menhängende Gebiete als e<strong>in</strong>en Kreis erreichen wollte. Andererseits wurde ke<strong>in</strong><br />

Gedanke daran verschwendet, historische Zus<strong>am</strong>menhänge erhalten zu wollen.<br />

Nach diversen Grenzveränderungen wollte die <strong>Regierung</strong> <strong>in</strong> München 1810 e<strong>in</strong>e<br />

Neue<strong>in</strong>teilung Bayerns bei gleichzeitiger Verr<strong>in</strong>gerung der Zahl der Kreise. Man diskutierte<br />

Varianten mit zwischen neun und fünfzehn Kreisen. Je nachdem sollte es weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />

Rezat- und e<strong>in</strong>en Pegnitzkreis geben oder nur e<strong>in</strong>en Rezatkreis mit der Hauptstadt Ansbach.<br />

In e<strong>in</strong>em Aktenstück heißt es bezüglich der Diskussionen um den Zuschnitt der Kreise dann<br />

lapidar, dass die Bestimmungen über B<strong>am</strong>berg, Ansbach, Nürnberg und Bayreuth „eigentlich<br />

die diffizilsten“ seien, zwei Kreise <strong>von</strong> diesen vieren könnten e<strong>in</strong>gezogen werden. 4 In der<br />

Verordnung des Königs vom 23. September 1810 wurden die jetzt lediglich neun Kreise<br />

beschrieben. Der Rezatkreis umfasste den bisherigen gleichn<strong>am</strong>igen Kreis mit Ausnahme der<br />

an das Königreich Württemberg bzw. das Großherzogtum Würzburg abgetretenen Gebiete, er<br />

hatte aber zusätzlich das Würzburger Amt Schlüsselfeld erhalten, vom Ma<strong>in</strong>kreis das<br />

Landgericht Höchstadt, außerdem das Fürstentum Bayreuth unterhalb Gebirgs und den<br />

ehemaligen Pegnitzkreis (ohne das Landgericht Pottenste<strong>in</strong>).<br />

Aber auch diese E<strong>in</strong>teilung musste schon nach wenigen <strong>Jahre</strong>n den neuen Grenzen angepasst<br />

werden. Während Bayern im Süden und Südosten Gebiete abtreten musste (v.a. Tirol und<br />

Salzburg), gewann es das heutige Unterfranken und die l<strong>in</strong>ksrhe<strong>in</strong>ische Pfalz h<strong>in</strong>zu. Aber<br />

auch <strong>in</strong> den anderen Teilen des Königreichs wurden die Grenzen der Kreise, also der heutigen<br />

<strong>Regierung</strong>sbezirke, verändert. Durch die Verordnung „die Bildung und E<strong>in</strong>richtung der<br />

obersten Stellen des Staats betreffend“ vom 2. Februar 1817 5 wurde das Königreich Bayern<br />

e<strong>in</strong>schließlich der l<strong>in</strong>ksrhe<strong>in</strong>ischen Gebiete (Pfalz) <strong>in</strong> acht Kreise e<strong>in</strong>geteilt, jedem Kreis sollte<br />

e<strong>in</strong> Generalkommissär vorstehen. Noch im gleichen Monat wurde e<strong>in</strong>e Verordnung erlassen,<br />

<strong>in</strong> der der Umfang der Kreise beschrieben wurde: es gab den Isarkreis (Sitz München),<br />

3<br />

Verordnung vom 21.6.1808; Königlich-Baierisches <strong>Regierung</strong>sblatt 1808, Sp. 1481 - 1502; Zitat Sp. 1481.<br />

4<br />

BayHStA (= Bayer. Hauptstaatsarchiv), MInn 65515, hier: "Votum über die neuen Kreise<strong>in</strong>theilungen", Zitat S.<br />

7.<br />

5<br />

<strong>Regierung</strong>sblatt 1817, Sp. 49 - 56.


Unterdonaukreis (Straub<strong>in</strong>g), Regenkreis (Amberg), Oberdonaukreis (Augsburg), Rezatkreis<br />

(Ansbach), Oberma<strong>in</strong>kreis (B<strong>am</strong>berg), Unterma<strong>in</strong>kreis (Würzburg) und Rhe<strong>in</strong>kreis (Speyer).<br />

Der Umfang des Rezatkreises wurde teils erheblich geändert. 1817 wurden die Gerichte<br />

Forchheim, Gräfenberg und Höchstadt an den Oberma<strong>in</strong>kreis, heute Oberfranken, abgetreten,<br />

dafür konnte sich der Rezatkreis nach Süden ausdehnen, u.a. k<strong>am</strong>en Nördl<strong>in</strong>gen, Weißenburg,<br />

Ell<strong>in</strong>gen, Pappenheim dazu. Der Rezatkreis blieb e<strong>in</strong> Konglomerat <strong>von</strong> Territorien, er reichte<br />

weit <strong>in</strong> das heute als Schwaben bezeichnete Gebiet h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>.<br />

Im Zuge der restauratorischen und <strong>in</strong>tegrativen Politik König Ludwigs I., Sohn und<br />

Nachfolger Max’ I., erfolgte mit Verordnung vom 29. November 1837 6 e<strong>in</strong>e vierte<br />

Kreisreform. In der Verordnung heißt es: "In der Absicht, die Er<strong>in</strong>nerung an diese erhebende<br />

Vergangenheit mit der Gegenwart durch fortlebende Bande enger zu verknüpfen, die alten,<br />

geschichtlich geheiligten Marken der U n s untergebenen Lande möglichst wieder<br />

herzustellen, die E<strong>in</strong>theilung U n s e r e s Reiches und die Benennung der e<strong>in</strong>zelnen Haupt-<br />

Landestheile auf die ehrwürdige Grundlage der Geschichte zurückzuführen," u.s.w. Die<br />

Anzahl der Kreise blieb gleich, aber es k<strong>am</strong> zu e<strong>in</strong>igen Gebietsveränderungen: mit Eichstätt,<br />

Beilngries und Kipfenberg wurden historisch e<strong>in</strong>deutig als fränkisch ausgewiesene Gebiete<br />

mittelfränkisch, die Gebiete im Ries um Nördl<strong>in</strong>gen, Wemd<strong>in</strong>g, Harburg und Oett<strong>in</strong>gen<br />

wurden nicht zu Unrecht an Schwaben abgetreten. Entscheidend war die Umbenennung der<br />

Kreise, die nicht mehr nach Flüssen benannt wurden, sondern "historische" N<strong>am</strong>en bek<strong>am</strong>en.<br />

Sie sollten die historischen N<strong>am</strong>en der <strong>in</strong> Bayern „vere<strong>in</strong>igten teutschen Volksstämme“<br />

erhalten: <strong>in</strong> Franken wurde der Rezatkreis zu <strong>Mittelfranken</strong> (Sitz Ansbach), der<br />

Oberma<strong>in</strong>kreis zu Oberfranken und der Unterma<strong>in</strong>kreis zu Unterfranken und Aschaffenburg.<br />

Während die Bezeichnungen "Unterfranken" und "Oberfranken" für die Gebiete um<br />

Würzburg bzw. B<strong>am</strong>berg bereits im 18. Jahrhundert ab und an verwendet wurden, ist der<br />

Begriff "<strong>Mittelfranken</strong>" e<strong>in</strong>e völlige Neuschöpfung des Königs bzw. se<strong>in</strong>er Berater und<br />

vermutlich e<strong>in</strong> Analogieschluss zu den N<strong>am</strong>en Ober- und Unterfranken. Wilhelm Volkert,<br />

lange <strong>Jahre</strong> <strong>in</strong> Regensburg Professor für Landesgeschichte, schrieb 1988: „Die Dreiteilung<br />

Frankens ist neu; Oberfranken und Unterfranken orientieren sich <strong>am</strong> Flußlauf des Ma<strong>in</strong>s. Die<br />

Bezeichnung <strong>Mittelfranken</strong> wirkt künstlich; denn es liegt mehr <strong>in</strong> der Mitte <strong>von</strong> Bayern, als<br />

zwischen den beiden anderen fränkischen Kreisen.“ 7 Die ganze Verordnung hatte der König<br />

an se<strong>in</strong>em Kab<strong>in</strong>ett vorbei erlassen, sie beruhte alle<strong>in</strong> auf se<strong>in</strong>en Vorstellungen. Leider s<strong>in</strong>d<br />

ke<strong>in</strong>e Aussagen bekannt, wie er zu diesen N<strong>am</strong>en k<strong>am</strong>, wobei eigentlich nur "<strong>Mittelfranken</strong>"<br />

e<strong>in</strong>e völlige Neuschöpfung war.<br />

Johann Andreas Schmeller, der das Bayerische Wörterbuch herausgab, schrieb <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Tagebuche<strong>in</strong>trag: „Statt lauter Bayern, wie seit 30 <strong>Jahre</strong>n, gibt es, wie wir heute nicht ohne<br />

Überraschung vernehmen, wieder Ober- und Niederbayern, Pfälzer, Oberpfälzer, Mittel- und<br />

Unterfranken und Schwaben.“ 8 König Ludwig I. wollte die relativ moderne E<strong>in</strong>teilung<br />

Bayerns beibehalten, aber er dachte historisch, er hatte ja auch die historischen Vere<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>itiiert, die Er<strong>in</strong>nerung an die Geschichte war ihm wichtig und sollte helfen, aus e<strong>in</strong>em<br />

Konglomerat <strong>von</strong> Territorien e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>iges Bayern zu schaffen. Die Stämme waren für König<br />

Ludwig I. "sprachlich-kulturell geformte Relikte der Territorienwelt des Alten Reiches und<br />

se<strong>in</strong>er Reichskreise vor deren E<strong>in</strong>gliederung <strong>in</strong> den modernen bayerischen Staat". Er wollte<br />

das Präfektursystem französischer Prägung, das er für "unteutsch" hielt, vergessen machen.<br />

E<strong>in</strong> Jahr später schrieb er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Verordnung, dass die Korrektur der Kreisgrenzen "die alten<br />

6 <strong>Regierung</strong>sblatt 1837, Sp. 793 - 800.<br />

7 Volkert, Wilhelm: "Die bayerischen Kreise. N<strong>am</strong>en und E<strong>in</strong>teilung zwischen 1808 und 1838". In: Seibt,<br />

Ferd<strong>in</strong>and (hrsg.): Gesellschaftsgeschichte. Festschrift für Karl Bosl zum 80. Geburtstag. Band II. München<br />

1988, 308 - 323; Zitat S. 320.<br />

8 Zitiert bei Volkert, "Kreise", S. 319.


geschichtlich geheiligten "Marken" der "Uns untergebenen Lande" möglichst wieder<br />

herstellen" wolle, die Landesteile sollten nach se<strong>in</strong>em Willen auf die ehrwürdigen Grundlagen<br />

der Geschichte zurückgeführt werden. 9 Im achten <strong>Jahre</strong>sbericht des historischen Vere<strong>in</strong>s <strong>in</strong><br />

<strong>Mittelfranken</strong>, der 1838 erschien - der Vere<strong>in</strong> hatte se<strong>in</strong>en N<strong>am</strong>en dem des Kreises gleich<br />

angepasst -, heißt es über die Neue<strong>in</strong>teilung der Kreise wörtlich: "Aus der neuen<br />

Landese<strong>in</strong>theilung leuchtet wieder der hohe S<strong>in</strong>n des Monarchen für die geschichtlichen<br />

Grundlagen, und für die Bewahrung des Andenkens an die Völkerstämme, aus welchen das<br />

Königreich sich gebildet hat, hervor, und die historischen Vere<strong>in</strong>e des Reichs können dar<strong>in</strong><br />

nur e<strong>in</strong>e erfreuliche Beförderung ihrer eigenen Interessen erkennen." 10 Die Bedeutung dieser<br />

Umbenennung kann man gar nicht hoch genug e<strong>in</strong>schätzen. Was wäre denn gewesen, wenn<br />

unser <strong>Regierung</strong>sbezirk heute noch "Rezatkreis" heißen würde? Die Umbenennung war für<br />

die Bildung e<strong>in</strong>es fränkischen Bewusstse<strong>in</strong>s <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Königreich, jetzt Freistaat Bayern,<br />

sicherlich <strong>von</strong> zentraler Bedeutung, es erleichterte den Franken, sich <strong>in</strong> Bayern e<strong>in</strong>zuleben.<br />

Wie sehr noch heute die Er<strong>in</strong>nerung an das Alte Reich präsent ist zeigt der jährlich zur<br />

Gründung des Fränkischen Reichskreises vor über 500 <strong>Jahre</strong>n abgehaltene "Tag der Franken"<br />

oder die Diskussion um das Hissen der fränkischen Fahne auf öffentlichen Gebäuden. Der<br />

frühere <strong>Regierung</strong>spräsident <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong>, He<strong>in</strong>rich v. Mosch, drückte das vor <strong>Jahre</strong>n<br />

wie folgt aus: "Ohne diese Änderung der N<strong>am</strong>en der Bezirke würde wie <strong>in</strong> Hessen und <strong>am</strong><br />

Rhe<strong>in</strong>, wo die meisten Franken sitzen, niemand mehr <strong>von</strong> Franken sprechen". 11 Durch die<br />

Abtretung eher schwäbischer Gebiete im Süden konnte man jetzt auch zu Recht <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em<br />

fränkischen <strong>Regierung</strong>sbezirk <strong>Mittelfranken</strong> sprechen. Erst durch die Gebietsreform 1972<br />

verlor der Bezirk se<strong>in</strong>en südlichen Teil an Oberbayern, was historisch gesehen nur schwer<br />

nachzuvollziehen ist. Das Jahr 1837 ist e<strong>in</strong> entscheidender E<strong>in</strong>schnitt, denn seit dieser Zeit,<br />

d.h. seit <strong>175</strong> <strong>Jahre</strong>n, gibt es also e<strong>in</strong>e "<strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong>" - und das <strong>in</strong> Ansbach,<br />

nicht Nürnberg.<br />

Ob die <strong>Regierung</strong> hier <strong>in</strong> Ansbach nur für <strong>Mittelfranken</strong> zuständig se<strong>in</strong> sollte, wurde im 20.<br />

Jahrhundert <strong>in</strong>tensiv diskutiert. Tendenzen, <strong>Regierung</strong>sbezirke zus<strong>am</strong>menzuschließen oder<br />

gar aufzuteilen, gab es immer wieder. Das bayerische Innenm<strong>in</strong>isterium stellte 1917, also<br />

noch während des Ersten Weltkrieges, fest, dass die Grenzen der <strong>Regierung</strong>s- und<br />

Amtsbezirke nicht mehr den Wünschen der Bevölkerung entsprächen, weshalb man u.a. die<br />

Änderung der Grenzen der Bezirksämter (seit 1939: Landratsämter) und der Kreise<br />

(<strong>Regierung</strong>sbezirke) andachte. Im Juni 1917 forderte das bayerische Innenm<strong>in</strong>isterium das<br />

<strong>Regierung</strong>spräsidium <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong> auf, sich über den Plan e<strong>in</strong>er Zuteilung des<br />

<strong>Regierung</strong>sbezirks Oberpfalz und Regensburg zu äußern und dabei zu ermitteln, was e<strong>in</strong><br />

Neubau e<strong>in</strong>es <strong>Regierung</strong>sgebäudes <strong>in</strong> Nürnberg kosten würde. E<strong>in</strong>en Zus<strong>am</strong>menschluss mit<br />

der Oberpfalz sah der <strong>Regierung</strong>spräsident <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong> eher kritisch. Er machte<br />

historische Gründe geltend, dann die Unterschiede <strong>in</strong> den Konfessionen und im<br />

Wirtschaftsleben. Als <strong>Regierung</strong>ssitz konnte er sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Fall nur Nürnberg<br />

vorstellen. 12 Nach dem Ersten Weltkrieg griff man solche Pläne wieder auf, und zwar nur,<br />

weil man sich die E<strong>in</strong>sparung <strong>von</strong> Behörden und d<strong>am</strong>it <strong>von</strong> Geld erhoffte. Die Staatsregierung<br />

<strong>in</strong> München prüfte unterschiedliche Pläne, <strong>am</strong> radikalsten wäre e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>teilung des<br />

rechtsrhe<strong>in</strong>ischen Bayern <strong>in</strong> nur noch zwei <strong>Regierung</strong>sbezirke, und zwar Nord- und<br />

9 Bosl, Karl: "König Ludwig I. und die Stämme. Bayern e<strong>in</strong> St<strong>am</strong>messtaat?" In: Erichsen, Johannes/Puschner,<br />

Uwe (hrsg.): "Vorwärts, vorwärts sollst du schauen ...". Geschichte, Politik und Kunst unter Ludwig I. München<br />

1986, S. 219 - 234; Zitate S. 225.<br />

10 Achter <strong>Jahre</strong>sbericht des historischen Vere<strong>in</strong>s <strong>in</strong> <strong>Mittelfranken</strong>. Für das Jahr 1837. Nürnberg 1838, Zitat S. 5.<br />

11 Mosch, He<strong>in</strong>rich <strong>von</strong>: "Das neue <strong>Mittelfranken</strong> nach der Gebietsreform". In: Jahrbuch des Historischen<br />

Vere<strong>in</strong>s für <strong>Mittelfranken</strong> 99(2009), 337 - 347; Zitat S. 346.<br />

12 Vgl. StAN (künftig für Staatsarchiv Nürnberg), <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong>, Abg. 1968, Tit. Ib Nr. 297. Im<br />

nächsten Jahrbuch des Historischen Vere<strong>in</strong>s <strong>in</strong> <strong>Mittelfranken</strong> wird e<strong>in</strong> ausführlicher Aufsatz des Verf. zum<br />

Thema der Vere<strong>in</strong>igung <strong>von</strong> Oberfranken und Unterfranken ersche<strong>in</strong>en.


Südbayern, gewesen, auch dies wurde diskutiert, aber etwa <strong>von</strong> der <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>Mittelfranken</strong> 1920 abgelehnt.<br />

1924 wurde wieder ernsthaft über e<strong>in</strong>e Verr<strong>in</strong>gerung der Kreisregierungen <strong>in</strong> Bayern<br />

diskutiert. Jetzt stand e<strong>in</strong>e Zus<strong>am</strong>menlegung <strong>von</strong> Oberfranken und <strong>Mittelfranken</strong> zur Debatte.<br />

Man diskutierte gleichzeitig, das Gebiet um B<strong>am</strong>berg an Unterfranken abzugeben, dafür sollte<br />

das vere<strong>in</strong>igte Mittel- und Oberfranken e<strong>in</strong>ige Landkreise der Oberpfalz erhalten. Da der<br />

wirtschaftliche Druck aber immer größer wurde, wurde im Rahmen der sog.<br />

Staatsvere<strong>in</strong>fachung e<strong>in</strong>e Behörde nach der anderen aufgelöst. Mehrere eigens e<strong>in</strong>gerichtete<br />

Kommissionen zur Staatsvere<strong>in</strong>fachung tagten. Innenm<strong>in</strong>ister Stützel fasste die Stimmung <strong>in</strong><br />

der Bevölkerung 1927 wie folgt zus<strong>am</strong>men: der „größte Teil der Bevölkerung [sei] für die<br />

weitgehende Aufhebung <strong>von</strong> Behörden mit Ausnahme der Behörden des eigenen Ortes, des<br />

eigenen Bezirkes und des eigenen Berufsstandes“. 13 Stützels Konzept aus dem <strong>Jahre</strong> 1928 sah<br />

vor die „Vere<strong>in</strong>igung der <strong>Regierung</strong>en <strong>von</strong> Niederbayern und der Oberpfalz <strong>in</strong> Regensburg<br />

und der <strong>Regierung</strong>en <strong>von</strong> Oberfranken und <strong>Mittelfranken</strong> <strong>in</strong> Nürnberg unter der<br />

Voraussetzung, dass Städte, <strong>von</strong> denen e<strong>in</strong>e <strong>Regierung</strong> wegverlegt wird, durch Verlegung<br />

anderer Behörden <strong>in</strong> diese Städte schadlos gehalten werden und dass die vere<strong>in</strong>igte <strong>Regierung</strong><br />

<strong>von</strong> Ober- und <strong>Mittelfranken</strong> ohne sehr erhebliche Belastung der Staatskasse <strong>in</strong> Nürnberg<br />

untergebracht werden kann.“ 14 Dr. Kollmann vom Innenm<strong>in</strong>isterium legte 1929 e<strong>in</strong>e<br />

umfangreiche Denkschrift vor, <strong>in</strong> der er sich auch ausführlich über die „Frage der Beseitigung<br />

der <strong>Regierung</strong>en“ äußerte. Er sprach sich gegen e<strong>in</strong>e Ballung des Verwaltungsapparates <strong>in</strong><br />

München aus, außerdem gegen e<strong>in</strong>e Verm<strong>in</strong>derung der <strong>Regierung</strong>en <strong>in</strong> Bayern rechts des<br />

Rhe<strong>in</strong>s auf zwei oder drei, „und zwar aus verwaltungstechnischen, f<strong>in</strong>anziellen und<br />

staatspolitischen Gründen“. Er schlug e<strong>in</strong>e Verm<strong>in</strong>derung auf vier <strong>Regierung</strong>en vor, u.a.<br />

wollte er <strong>Mittelfranken</strong>, Oberfranken und die Oberpfalz vere<strong>in</strong>igen, <strong>Regierung</strong>ssitz sollte<br />

Nürnberg se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e Alternative sah er dar<strong>in</strong>, fünf <strong>Regierung</strong>en zu behalten, <strong>Mittelfranken</strong><br />

wäre dann nur mit Oberfranken vere<strong>in</strong>igt worden. 15 Innenm<strong>in</strong>ister Dr. Stützel stellte im <strong>Jahre</strong><br />

1930 im Landtag klar, dass e<strong>in</strong>e „völlige Beseitigung der bayerischen<br />

Verwaltungsmittelstellen, d.h. der Kreisregierungen“, für ihn nicht <strong>in</strong> Frage komme, das<br />

würden auch andere Länder mit Mittelstellen, z.B. Preußen oder Sachsen, nicht tun. 16 Die<br />

Verordnung der Staatsregierung vom 30. Oktober 1931 sah e<strong>in</strong>e Staatsvere<strong>in</strong>fachung zur<br />

„Sicherung des Vollzugs des Staatshaushalts“ vor. § 46(1) legte fest, dass die <strong>Regierung</strong>en<br />

<strong>von</strong> Ober- und <strong>Mittelfranken</strong> zum 1.1.1933 vere<strong>in</strong>igt werden, und zwar mit Sitz <strong>in</strong> Ansbach. 17<br />

Nach der NS-Machtergreifung <strong>in</strong> Bayern wurde e<strong>in</strong> Dualismus deutlich, der den staatlichen<br />

Bereich überlagerte: die Gaue der NSDAP stimmten nicht mit dem <strong>Regierung</strong>sbezirk<br />

Oberfranken und <strong>Mittelfranken</strong> übere<strong>in</strong>. <strong>Mittelfranken</strong> unterstand als NS-Gau "Franken" dem<br />

berüchtigten Julius Streicher, dagegen Oberfranken zus<strong>am</strong>men mit der Oberpfalz und<br />

Niederbayern dem Gau "Bayerische Ostmark" unter Hans Schemm bzw. nach dessen Tod<br />

Fritz Wächtler. Im Gespräch war immer wieder, die Gaue und die <strong>Regierung</strong>sbezirke<br />

räumlich <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung zu br<strong>in</strong>gen. M<strong>in</strong>isterpräsident Siebert sprach sich etwa 1934 für<br />

e<strong>in</strong>e Aufteilung Bayerns <strong>in</strong> drei <strong>Regierung</strong>sbezirke (Nord-, Süd-, Ostbayern) aus, der mit ihm<br />

verfe<strong>in</strong>dete Innenm<strong>in</strong>ister Wagner wollte zum<strong>in</strong>dest die Bezeichnung "Franken" für<br />

13<br />

Stützel an den bayerischen M<strong>in</strong>isterpräsidenten, 8.9.1927; zitiert bei Fürst, Thomas: Karl Stützel. E<strong>in</strong><br />

Lebensweg im Umbruch. Vom königlichen Be<strong>am</strong>ten zum Bayerischen Innenm<strong>in</strong>ister der Weimarer Zeit (1924 -<br />

1933) (Ma<strong>in</strong>zer Studien zur Neueren Geschichte 19). Frankfurt a.M. 2007, Zitat S. 169.<br />

14<br />

Stützel an den M<strong>in</strong>isterpräsidenten, 13.3.1928; BayHStA, MInn 74029.<br />

15<br />

Die Denkschrift Kollmanns <strong>in</strong> BayHStA, MInn 74058; das Zitat auf S. 20 der Denkschrift.<br />

16<br />

Stützel <strong>in</strong> der Sitzung des Bayerischen Landtags vom 10.7.1930, S. 56 des Protokolls; zitiert wurde nach der<br />

Ausgabe <strong>in</strong> BayHStA, MInn 74029.<br />

17<br />

GVBl. 1931, S. 309 - 318.


Nordbayern - die Oberpfalz wäre ohneh<strong>in</strong> nur e<strong>in</strong> Spielball gewesen. 18 Im <strong>Jahre</strong> 1943 wurde<br />

im Innenm<strong>in</strong>isterium erneut der Gedanke aufgeworfen, Oberfranken aus dem vere<strong>in</strong>igten<br />

<strong>Regierung</strong>sbezirk zu lösen und es mit dem <strong>Regierung</strong>sbezirk Niederbayern und Oberpfalz zu<br />

vere<strong>in</strong>igen, also die Gliederung der Parteigaue und der staatlichen Verwaltung wieder <strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>klang zu br<strong>in</strong>gen. Der <strong>Regierung</strong>spräsident <strong>von</strong> Oberfranken und <strong>Mittelfranken</strong>, Dippold,<br />

k<strong>am</strong> <strong>am</strong> Ende e<strong>in</strong>es ausführlichen Schriftsatzes zu folgendem Ergebnis: „Für e<strong>in</strong>e Abtrennung<br />

sprechen ke<strong>in</strong>e Gründe.“ 19 Allen weiteren Versuchen, Oberfranken <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong> zu<br />

trennen, setzte die Reichskanzlei im September 1944 e<strong>in</strong> Ende, als sie Hitlers Anordnung<br />

weitergab, dass "jedenfalls während des Krieges, grundsätzlich die <strong>Regierung</strong>en nicht<br />

aufgehoben oder stillgelegt werden sollen". 20 Parallel dazu hatte der Gauleiter <strong>von</strong><br />

Ma<strong>in</strong>franken, Otto Hellmuth, mehrfach Ansprüche auf oberfränkische Gebiete, v.a. B<strong>am</strong>berg<br />

und Lichtenfels, aber auch auf das mittelfränkische Uffenheim erhoben. Die Grenzen<br />

<strong>Mittelfranken</strong>s waren also ke<strong>in</strong>esfalls sicher, es drohten Gebietsverluste, eventuell auch<br />

Gebietsgew<strong>in</strong>ne gegen Oberfranken und die Oberpfalz, aber auch e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>nahmung durch<br />

e<strong>in</strong>en großen <strong>Regierung</strong>sbezirk <strong>in</strong> Nordbayern. Wäre es dazu gekommen, hätten wir heute<br />

vermutlich ke<strong>in</strong>e <strong>Regierung</strong> <strong>in</strong> diesem wunderschönen Schloss.<br />

Auch der N<strong>am</strong>e "<strong>Mittelfranken</strong>" stand kurzzeitig zur Disposition. <strong>Regierung</strong>spräsident<br />

Hofmann schlug Mitte 1933 vor, den <strong>Regierung</strong>sbezirk Oberfranken und <strong>Mittelfranken</strong> <strong>in</strong><br />

„Ostfranken“ umzubenennen. D<strong>am</strong>it wollte er das „Zus<strong>am</strong>mengehörigkeitsgefühl der<br />

Ostfranken“ stärken, bei der Bezeichnung „Oberfranken und <strong>Mittelfranken</strong>“ könne man<br />

nämlich den E<strong>in</strong>druck gew<strong>in</strong>nen, „als ob es sich nur um e<strong>in</strong>e oberflächliche Zus<strong>am</strong>menfügung<br />

der früheren beiden Kreise handle“. Hofmann schrieb weiter an das Innenm<strong>in</strong>isterium: „Auf<br />

der L<strong>in</strong>ie Ansbach – Bayreuth wohnt <strong>von</strong> jeher der gleiche Volksst<strong>am</strong>m, weshalb die<br />

geme<strong>in</strong>s<strong>am</strong>e Bezeichnung „Ostfranken“ auch <strong>in</strong> volksstämmlicher H<strong>in</strong>sicht berechtigt<br />

ersche<strong>in</strong>t.“ 21 Nach Aussage Hofmanns hatte der Kreistag diese Anregung übernommen, ja er<br />

habe auf e<strong>in</strong>er Führertagung mit Hitler gesprochen, der ebenfalls zugestimmt habe. Nach der<br />

<strong>von</strong> Gauleiter Streicher erzwungenen Abberufung Hofmanns 1934 war dieser Traum e<strong>in</strong>er<br />

Benennung <strong>von</strong> Ober- und <strong>Mittelfranken</strong> als „Ostfranken“ ausgeträumt. Der N<strong>am</strong>e wäre<br />

ohneh<strong>in</strong> historisch gesehen falsch gewesen.<br />

In der Bayerischen Verfassung <strong>von</strong> 1946 wurde <strong>in</strong> Art. 185 festgelegt: "Die alten Kreise<br />

(<strong>Regierung</strong>sbezirke) mit ihren <strong>Regierung</strong>ssitzen werden ehestens wiederhergestellt." Erst jetzt<br />

wurde der Begriff "Kreis" durch den uns geläufigen N<strong>am</strong>en "<strong>Regierung</strong>sbezirk" ersetzt. Die<br />

konkrete Umsetzung der Rückgängigmachung der Vere<strong>in</strong>igung <strong>von</strong> <strong>Regierung</strong>sbezirken zog<br />

sich h<strong>in</strong>, aber schließlich wurde 1948 <strong>in</strong> Bayreuth wieder e<strong>in</strong>e <strong>Regierung</strong> für Oberfranken<br />

etabliert.<br />

Aber warum ist die <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong> hier <strong>in</strong> Ansbach und nicht <strong>in</strong> Nürnberg, der<br />

größten Stadt Nordbayerns? 22<br />

Bei der ersten E<strong>in</strong>teilung Bayerns <strong>in</strong> Kreise 1808 war Nürnberg Hauptstadt des<br />

Pegnitzkreises. Allerd<strong>in</strong>gs wurde dieser 1810 aufgelöst. Da es ke<strong>in</strong>en Stadtrat mehr <strong>in</strong><br />

18<br />

Vgl. BayHStA, RSt 179.<br />

19<br />

Dippold an das bayerische Innenm<strong>in</strong>isterium, z.Hd. M<strong>in</strong>isterialdirektor Mensens, 10.10.1943; StAN,<br />

<strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong>, Abg. 1978, Nr. 1912.<br />

20<br />

Schreiben der Reichskanzlei an die Reichsverteidigungskommissare, 4.9.1944; BayHStA, RSt 179.<br />

21<br />

Hofmann an das bayerische Innenm<strong>in</strong>isterium, 26.7.1933, <strong>in</strong> StAN, <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong>,. Abg. 1978<br />

Nr. 1912.<br />

22<br />

Zur Frage, warum Nürnberg nicht Hauptstadt des <strong>Regierung</strong>sbezirks wurde, wird der Verf. <strong>in</strong> den<br />

Mitteilungen des Geschichtsvere<strong>in</strong>s der Stadt Nürnberg Ende 2013 e<strong>in</strong>en umfangreichen Aufsatz, allerd<strong>in</strong>gs<br />

vornehmlich aus Nürnberger Sicht, vorlegen.


Nürnberg gab - das Königreich Bayern hatte die Kommunen weitgehend entmündigt, -<br />

schrieb der Vorsteher des Handelsstandes 1810 an den König, die Wegverlegung der<br />

Hauptstadt aus Nürnberg sei - so wörtlich - "beunruhigend", die "Herabsetzung" Nürnbergs<br />

"schmerzlich". 23 In der Verordnung des Königs vom 23. September 1810 24 bezüglich<br />

Kreise<strong>in</strong>teilung wurde Ansbach als Sitz des Generalkreiskommissariats und des<br />

Appellationsgerichts des Rezatkreises genannt. Nürnberg erhielt wie Augsburg immerh<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en Kommissär, der zum<strong>in</strong>dest formell die gleichen Rechte und Pflichten haben sollte wie<br />

der Generalkommissär <strong>in</strong> Ansbach - allerd<strong>in</strong>gs erhielt er deutlich weniger Gehalt. 25<br />

Aber warum verlor Nürnberg se<strong>in</strong>e Hauptstadtfunktion? In den Akten gibt es H<strong>in</strong>weise, dass<br />

es <strong>am</strong> schlechten Zustand des Nürnberger Schuldenwesens lag. 26 Außerdem hatten sich die<br />

Nürnberger im Krieg Österreichs gegen Napoleon und das mit ihm verbündete Bayern 1809<br />

sehr aufmüpfig erwiesen und se<strong>in</strong>e hohen bayerischen Be<strong>am</strong>ten gedemütigt, als<br />

österreichische Truppen kurzzeitig bis Nürnberg vorgestoßen waren. 27 Das hatte München der<br />

Stadt Nürnberg wohl auch nicht verziehen, auch wenn der letzte Beweis dafür fehlt. Das quasi<br />

als Trostpflaster e<strong>in</strong>gerichtete Lokalkommissariat wurde schon 1817 ersatzlos aufgehoben,<br />

Nürnberg wurde e<strong>in</strong>- für allemal der <strong>Regierung</strong> <strong>in</strong> Ansbach unterstellt.<br />

Als man <strong>in</strong> der Stadt Ansbach 1817 angesichts der bevorstehenden Neue<strong>in</strong>teilung Bayerns<br />

hörte, dass die Nürnberger e<strong>in</strong>e Deputation nach München schickten, wurde man nervös. Die<br />

Stadtverwaltung ließ der <strong>Regierung</strong> durch das Polizeikommissariat Ansbach unterbreiten,<br />

wenn die <strong>Regierung</strong> aus Ansbach wegverlegt werde, werde die Stadt nahrungslos, die<br />

Gebäude verlören massiv an Wert, ja Ansbach würde - so wörtlich - zu e<strong>in</strong>em der "aermsten<br />

Orte des Königreichs" werden. 28 Die Angst war wohl unbegründet, Nürnberg hatte ke<strong>in</strong>e<br />

realistische Chance, Kreishauptstadt zu werden.<br />

Die Stadt Nürnberg empfand die Nicht-Berücksichtigung als Hauptstadt e<strong>in</strong>es Kreises als e<strong>in</strong>e<br />

"eklatante Benachteiligung“, man sah sich „nicht entsprechend der wirtschaftlichen Zentralität<br />

behandelt“. 29 Ansbach wehrte sich vehement gegen Versuche Nürnbergs, ihm den Sitz der<br />

Kreisregierung streitig zu machen. Vertreter der Stadt Ansbach zeigten sich im Frühjahr 1823<br />

beunruhigt über e<strong>in</strong> Gerücht, das besagte, der König sei „entschlossen, den Sitz der hier<br />

bef<strong>in</strong>dlichen <strong>Regierung</strong> für den Rezatkreis <strong>von</strong> hier nach Nürnberg zu verlegen“, angeblich<br />

sei das der Wunsch der Bewohner Nürnbergs. Generalkommissär Graf v. Drechsel teilte e<strong>in</strong>er<br />

Delegation aus Ansbach mit, dass ihm nichts <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er geplanten Verlegung bekannt sei. Die<br />

Delegation war dadurch aber noch nicht beruhigt, man bat den König, ihnen zuzusichern, dass<br />

die <strong>Regierung</strong> <strong>in</strong> Ansbach bleibe, denn die Verlegung würde Ansbach <strong>in</strong> kurzer Zeit zu<br />

Grunde richten, den Nürnbergern aber nicht viel e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen, dem Staat viel Geld kosten und<br />

der Mehrheit der Bevölkerung nachteilig se<strong>in</strong>. Man argumentierte, Ansbach sei arm, ke<strong>in</strong>e<br />

Handelsstadt, man lebe vom Hof und den Be<strong>am</strong>ten. Nachdem schon die Fürstentümer<br />

23<br />

Schreiben des Vorstehers des Handelsstandes Nürnberg an den König, 3.9.1810; Stadtarchiv Nürnberg E 8 Nr.<br />

2655.<br />

24<br />

<strong>Regierung</strong>sblatt 1810, Sp. 809 - 816.<br />

25<br />

Der Kommissär erhielt 4.500 fl., der Generalkreiskommissär 7.000 fl. jährlich. Vgl. Königlich-Baierisches<br />

<strong>Regierung</strong>sblatt 1810, Sp. 899 - 904 (Verordnung, die Formation der General-Kreis-Kommissariate betreffend,<br />

7.10.1810).<br />

26<br />

Vgl. das "Votum über die neuen Kreise<strong>in</strong>theilungen", hier S. 7; BayHStA, MInn 65515.<br />

27<br />

Diese These wird <strong>in</strong> der Literatur allgeme<strong>in</strong> vertreten, ohne dass sie beweisbar wäre. Vgl. dazu z.B.<br />

Schultheiss, Werner: Kle<strong>in</strong>e Geschichte Nürnbergs. 3. Aufl. Nürnberg 1997, hier S. 112 f.<br />

28<br />

Schreiben des Polizeikommissariats Ansbach an das Generalkreiskommissariat des Rezatkreises, 18.2.1817, <strong>in</strong><br />

StAN, <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong>, Abg. 1932, Tit. Ib Nr. 152.<br />

29<br />

So schreibt Werner Bless<strong>in</strong>g. Vgl. Bless<strong>in</strong>g, Werner K. (unter Mitarbeit <strong>von</strong> Steven M. Zahlaus): "Der Sche<strong>in</strong><br />

der Prov<strong>in</strong>zialität. Nürnberg im 19. Jahrhundert". In: Neuhaus, Helmut (hrsg.): Nürnberg. E<strong>in</strong>e europäische Stadt<br />

<strong>in</strong> Mittelalter und Neuzeit (Nürnberger Forschungen 29). Nürnberg 2000, 69 - 103; Zitat S. 74.


Ansbach-Bayreuth bayerisch geworden seien, würde man ihnen jetzt „auch noch die zweite<br />

Nahrungsquelle“ oder zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>en Teil da<strong>von</strong> abgraben, die gänzliche Verarmung der<br />

Menschen <strong>in</strong> Ansbach wäre unabwendbar und so würde man „bald be<strong>in</strong>ahe nur Bettler <strong>in</strong><br />

unseren Mauern sehen“. 30 Nürnberg gehe es dagegen wirtschaftlich gut. Außerdem hätte<br />

Ansbach im Gegensatz zu Nürnberg die nötigen Gebäude, man spare sich die Umzugskosten,<br />

auch liege Ansbach <strong>in</strong> der Mitte des Kreises, Nürnberg <strong>am</strong> Rande. 31 Im späteren 19.<br />

Jahrhundert gab es nur wenige Stimmen <strong>in</strong> Nürnberg, die die Verlegung der Hauptstadt <strong>in</strong>s<br />

östliche <strong>Mittelfranken</strong> forderten.<br />

Als das Innenm<strong>in</strong>isterium 1917 vorschlug, die <strong>Regierung</strong>sbezirke <strong>Mittelfranken</strong> und<br />

Oberpfalz und Regensburg zu vere<strong>in</strong>igen, bezeichnete der <strong>Regierung</strong>spräsident <strong>von</strong><br />

<strong>Mittelfranken</strong> e<strong>in</strong>e „Vere<strong>in</strong>igung der beiden Kreise unter Belassung des <strong>Regierung</strong>ssitzes <strong>in</strong><br />

Ansbach“ schlicht als „unmöglich“, dies lehre schon e<strong>in</strong> Blick auf die Landkarte und die<br />

Tatsache, dass die schon länger diskutierte Frage e<strong>in</strong>er Verlegung des <strong>Regierung</strong>ssitzes nach<br />

Nürnberg dann endlich gelöst werden müsse. 32 Die Diskussion über e<strong>in</strong>en Zus<strong>am</strong>menschluss<br />

<strong>Mittelfranken</strong>s mit der Oberpfalz oder mit Oberfranken verängstigte die Stadtspitze <strong>in</strong><br />

Ansbach, aber auch die Wirtschaft und die Bürger. E<strong>in</strong>e Verlegung des <strong>Regierung</strong>ssitzes nach<br />

Nürnberg wäre bei e<strong>in</strong>er Vergrößerung des <strong>Regierung</strong>sbezirks für die meisten<br />

Sachverständigen logisch gewesen, Nürnberg hatte e<strong>in</strong>e bessere Verkehrsanb<strong>in</strong>dung und lag<br />

<strong>in</strong>sbesondere bei e<strong>in</strong>em Anschluss der Oberpfalz zentraler. In e<strong>in</strong>er offiziellen E<strong>in</strong>gabe im<br />

Februar 1920 warnte die Stadt Ansbach vor der „schwerste[n] Bee<strong>in</strong>trächtigung ihres<br />

geistigen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Lebens“, durch den „Bruch<br />

e<strong>in</strong>er historischen Ueberlieferung <strong>von</strong> mehr als e<strong>in</strong>em Jahrhundert würde sie gleichzeitig<br />

unverdienter Weise um Jahrzehnte <strong>in</strong> ihrer Entwicklung zurückgeworfen und e<strong>in</strong>e Erholung<br />

<strong>von</strong> e<strong>in</strong>em solchen Schlag wäre bei den sich noch auf ungemessene Zeit h<strong>in</strong>aus geltend<br />

machenden Nachwirkungen des Krieges überhaupt nicht abzusehen“. 33 Man befürchtete<br />

erhebliche wirtschaftliche Probleme, e<strong>in</strong>en Spareffekt für den Staat biete die<br />

Zus<strong>am</strong>menlegung <strong>von</strong> <strong>Regierung</strong>sbezirken nicht. Während Ansbach benachteiligt werde,<br />

würde Nürnberg, das ohneh<strong>in</strong> schon bevorzugt werde, weiter protegiert.<br />

Sollte die <strong>Regierung</strong> nach Nürnberg verlegt werden, dann dachte man an den ehem.<br />

Justizpalast. Dieser war aber zu kle<strong>in</strong> und wies große bauliche Mängel auf.<br />

<strong>Regierung</strong>spräsident Rohmer wandte sich massiv gegen Nürnberg als möglichen Sitz der<br />

<strong>Regierung</strong>. Die Nürnberger Stadtverwaltung war se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach „<strong>von</strong> e<strong>in</strong>em hohen<br />

Selbstgefühl durchdrungen“. 34 Wenn man die <strong>Regierung</strong> nach Nürnberg verlege, brauche man<br />

e<strong>in</strong> entsprechendes Domizil, dazu fehlte aber das Geld. Außerdem müsste man Wohnungen<br />

für Be<strong>am</strong>te bauen. Warum also Ansbach die <strong>Regierung</strong> wegnehmen, man hatte das Schloss<br />

zur Verfügung und auch Wohnungen. Der Stadtrat Ansbach hatte <strong>am</strong> 9. November 1926 an<br />

den Landtag appelliert, bei e<strong>in</strong>er Verlegung der <strong>Regierung</strong> nach Nürnberg gehe es „um Se<strong>in</strong><br />

oder Nichtse<strong>in</strong> unserer Stadt“, denn die Industrie <strong>in</strong> Ansbach sei zu schwach, <strong>in</strong>sbesondere<br />

er<strong>in</strong>nerte er an die problematische Lage der Automobil<strong>in</strong>dustrie. Wenn man den<br />

Be<strong>am</strong>tenkörper der <strong>Regierung</strong> aus Ansbach abziehe, bedeute dies e<strong>in</strong>e „wirtschaftliche<br />

30<br />

Schreiben an den König, unterzeichnet u.a. <strong>von</strong> etlichen Magistratsmitgliedern, 7.5.1823; StAN, <strong>Regierung</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong>, Abg. 1968, Tit. Ib Nr. 242.<br />

31<br />

Schreiben des Polizeikommissariats Ansbach an das Generalkreiskommissariat des Rezatkreises, 18.2.1817, <strong>in</strong><br />

StAN, <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong>, Abg. 1932, Tit. Ib Nr. 152.<br />

32<br />

Präsidium der <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong> an das Innenm<strong>in</strong>isterium, 25.7.1917, <strong>in</strong> StAN, <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>Mittelfranken</strong>, Abg. 1968, Tit. Ib Nr. 297.<br />

33<br />

E<strong>in</strong>gabe der Stadt Ansbach, 28.2.1920; StAN, <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong>, Abg. 1968, Tit. Ib Nr. 298.<br />

34<br />

<strong>Regierung</strong>spräsident Rohmer an den bayerischen Innenm<strong>in</strong>ister Stützel, 17.11.1928, <strong>in</strong> StAN, <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>Mittelfranken</strong>, Abg. 1968, Tit. Ib Nr. 1343.


Katastrophe schlimmster Art“. 35 Neben der Arbeitslosigkeit würden auch der gewerbliche<br />

Mittelstand, Hausbesitz, Handel treibende Schichten schwer geschädigt. Der Ansbacher OB<br />

argumentierte, das Schicksal habe sich gegen Ansbach verschworen, er sprach <strong>von</strong> der<br />

„Abschnürung des Lebensnerves“, die Wegverlegung der <strong>Regierung</strong> „wäre e<strong>in</strong> vernichtender<br />

Hieb an die Wurzeln unserer kommenden Entwicklung“. 36 Der OB forderte e<strong>in</strong>e genaue<br />

Prüfung, ob e<strong>in</strong>e Verlegung Geld sparen könne - das war sehr unwahrsche<strong>in</strong>lich, wie alle<br />

wussten. Die <strong>in</strong> der Orangerie <strong>in</strong> Ansbach vers<strong>am</strong>melten Bürger und Geschäftsleute<br />

protestierten gegen die Verlegung.<br />

Auch politische Gründe wurden immer wieder angeführt, so galt Nürnberg als politisch nicht<br />

zuverlässig, während der revolutionären Unruhen nach dem Ersten Weltkrieg war es <strong>in</strong><br />

Ansbach friedlich geblieben, anders als <strong>in</strong> Nürnberg. H<strong>in</strong>zu k<strong>am</strong> e<strong>in</strong> konfessionelles Motiv.<br />

Um 1930 spielte die Konfessionszugehörigkeit e<strong>in</strong>e noch viel größere Rolle als heute.<br />

M<strong>in</strong>isterpräsident Held sagte Ende 1932 im Ausschuss für Verfassungsfragen des<br />

Bayerischen Landtages sehr deutlich, dass die Entscheidung bezüglich der Hauptstadtfrage für<br />

den <strong>Regierung</strong>sbezirk Oberfranken und <strong>Mittelfranken</strong> auch deshalb gegen Nürnberg gefallen<br />

sei, weil dort viele Katholiken wohnten, man könnte nicht zwei protestantischen Städten,<br />

nämlich Ansbach und Bayreuth, die <strong>Regierung</strong> wegnehmen und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Stadt mit so großem<br />

Katholikenanteil wie Nürnberg geben. 37 In Nürnberg lebten d<strong>am</strong>als nach München die<br />

meisten Katholiken.<br />

Die Stadt Nürnberg hatte <strong>in</strong> den 1920er <strong>Jahre</strong>n ke<strong>in</strong> Interesse daran gezeigt, Sitz der<br />

Kreisregierung zu werden, aber <strong>in</strong> den 1950er <strong>Jahre</strong>n wollte <strong>in</strong>sbesondere der Nürnberger OB<br />

Bärnreuther den <strong>Regierung</strong>ssitz nach Nürnberg holen. Er setzte sich bereits <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

„<strong>Jahre</strong>sschlußansprache“ 1953 für die Verlegung des <strong>Regierung</strong>ssitzes e<strong>in</strong>. Dies war, so<br />

Bärnreuther, e<strong>in</strong> Thema, „das nicht nur die Stadtverwaltung, sondern auch weiteste Kreise der<br />

Wirtschaft und der ges<strong>am</strong>ten E<strong>in</strong>wohner <strong>Mittelfranken</strong>s berührt. Es ist die <strong>in</strong> Deutschland<br />

wohl e<strong>in</strong>malige Tatsache, daß sich e<strong>in</strong>e Kreisregierung nicht <strong>in</strong> der bedeutendsten Stadt dieses<br />

Verwaltungsgebietes bef<strong>in</strong>det.“ Er sprach <strong>in</strong>sbesondere Verkehrsprobleme und Zeitprobleme<br />

bei der Tätigkeit <strong>in</strong> Ansbach an. Wörtlich schrieb er: „E<strong>in</strong>es b<strong>in</strong> ich jedenfalls gewiß: Es wird<br />

sich bei diesem berechtigten Wunsch Nürnbergs und <strong>Mittelfranken</strong>s ke<strong>in</strong> Gutachter f<strong>in</strong>den<br />

lassen, der etwa bestätigt, daß dem Herrn <strong>Regierung</strong>spräsidenten und der Kreisregierung das<br />

„Klima <strong>in</strong> Nürnberg schaden würde“.“ 38 Aber die Staatsregierung <strong>in</strong> München, v.a.<br />

M<strong>in</strong>isterpräsident Hoegner, war strikt dagegen. Auch nach Bärnreuthers frühem Tod<br />

versuchte es Nürnberg weiter, schließlich lehnte der neue <strong>Regierung</strong>spräsident Burkhardt e<strong>in</strong>e<br />

solche Verlegung ab, er me<strong>in</strong>te im Mai 1959, der "Glanz der Perle" und die Wirtschaftskraft<br />

Nürnbergs würden nicht viel gew<strong>in</strong>nen, wenn die <strong>Regierung</strong> nach Nürnberg verlegt werde. 39<br />

Burkhardt war gebürtiger Ansbacher und lange <strong>Jahre</strong> OB <strong>in</strong> Ansbach gewesen, er hätte sich<br />

also sicher gegen e<strong>in</strong>e Verlegung gewehrt. Die <strong>Regierung</strong> behielt sicherlich auch deshalb<br />

ihren Sitz <strong>in</strong> Ansbach, weil das westliche <strong>Mittelfranken</strong> zunehmend als strukturschwache<br />

Region erkannt wurde. Der <strong>Regierung</strong>spräsident <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong>, He<strong>in</strong>rich <strong>von</strong> Mosch,<br />

sagte dazu 1967 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Podiumsdiskussion, wenn man „im Zeichen der Entballung“ e<strong>in</strong>e so<br />

35<br />

Artikel "Ansbach und die Staatsvere<strong>in</strong>fachung" <strong>in</strong> der Fränkischen Zeitung - Ansbacher Morgenblatt,<br />

24.11.1926, S. 1.<br />

36<br />

Vgl. Fränkische Zeitung 7.12.1926, <strong>in</strong> StAN, <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong>, Abg. 1968 Tit. Ib Nr. 1343.<br />

37<br />

Sitzung des Ausschusses für Verfassungsfragen des Bayerischen Landtags vom 12.12.1932; BayHStA, MA<br />

102610.<br />

38<br />

Amtsblatt der Stadt Nürnberg vom 18.12.1953, S. 1.<br />

39<br />

Amtsblatt der Stadt Nürnberg vom 13.5.1959, S. 2.


„wichtige E<strong>in</strong>richtung aus dem projektierten Oberzentrum Ansbach abzöge, würde das für die<br />

Region e<strong>in</strong>en außerordentlich schweren Schaden bedeuten“. 40<br />

Wie sieht es aber mit der Zukunft der Bezirksregierungen aus? Ende 2010 konnte man <strong>in</strong> der<br />

Bayerischen Staatszeitung den Vorschlag des <strong>in</strong>nenpolitischen Sprechers der FDP-<br />

Landtagsfraktion, Andreas Fischer, lesen, dass man die drei fränkischen <strong>Regierung</strong>sbezirke zu<br />

e<strong>in</strong>em zus<strong>am</strong>menfasse könne. 41 Ob <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>Regierung</strong>sbezirk "Franken" Ansbach noch<br />

Hauptstadt und <strong>Regierung</strong>ssitz bleiben könnte, wäre sicher fraglich. Der fränkische<br />

Liedermacher Wolfgang Buck äußerte sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Konzert vor e<strong>in</strong>igen <strong>Jahre</strong>n, bei der<br />

Frage nach e<strong>in</strong>em <strong>von</strong> ihm abgelehnten Bundesland Franken gäbe es bezüglich der Frage der<br />

Hauptstadt "Krieg", da sich viele Städte dazu berufen sehen würden. 42 Ich darf h<strong>in</strong>zufügen:<br />

mit e<strong>in</strong>em <strong>Regierung</strong>sbezirk <strong>Mittelfranken</strong> und e<strong>in</strong>er Hauptstadt Ansbach hat es sich <strong>175</strong><br />

<strong>Jahre</strong> leben lassen, warum dies ändern. Die <strong>Regierung</strong> <strong>in</strong> Ansbach ist und bleibt wichtig für<br />

unsere Region, den <strong>Regierung</strong>sbezirk <strong>Mittelfranken</strong>, und selbstverständlich auch für diese<br />

wunderschöne Stadt.<br />

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerks<strong>am</strong>keit.<br />

40 Vgl. Evangelische Akademie Tutz<strong>in</strong>g (Hrsg.): Franken – Bayerns zweite Garnitur? (Tutz<strong>in</strong>ger Studien 3).<br />

Tutz<strong>in</strong>g 1967, hier: Abschlußdiskussion, S. 61 - 74; Zitat S. 62.<br />

41 Artikel <strong>von</strong> Tobias Lill: "Die Verwaltung muss bluten", <strong>in</strong>: Bayerische Staatszeitung 3.12.2010, S. 1.<br />

42 Es handelt sich um e<strong>in</strong>en Mitschnitt se<strong>in</strong>es Live-Progr<strong>am</strong>ms 2006 "wis wedder werd" <strong>in</strong> Helmbrechts. Die<br />

Bonus-DVD liegt der 2009 erschienenen CD "Asu werd des nix" bei.

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