SB V - Fla sh - Schweizerischer Baumeisterverband
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<strong>SB</strong>V-<strong>Fla</strong><strong>sh</strong><br />
<strong>Schweizerischer</strong> <strong>Baumeisterverband</strong><br />
Société Suisse des Entrepreneurs<br />
Società Svizzera degli Impresari-Costruttori<br />
Societad Svizra dals Impressaris-Constructurs Nr. 25 / März 2009<br />
<strong>SB</strong>V<br />
SSE<br />
SSIC<br />
Werkvertrag und Teuerung<br />
Möglichkeiten zur erfolgreichen Überwälzung<br />
Die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Zeit hat zu teilweise enorm<br />
starken Schwankungen bei den Materialpreisen geführt. Baukostenkalkulationen<br />
sind de<strong>sh</strong>alb ausserordentlich schwierig geworden, und der<br />
Unternehmer muss mit Verlusten rechnen, falls eine ausserordentliche<br />
Teuerung nicht überwälzt werden kann.<br />
Der <strong>SB</strong>V hat sich mit der Frage der Bauteuerung intensiv auseinandergesetzt.<br />
Es gelang ihm, die KBOB (Koordination der Bau- und Liegenschaftsorgane<br />
des Bundes) zu veranlassen, ihre bi<strong>sh</strong>erige Haltung zu überdenken<br />
und flexible Lösungen vorzusehen. Die KBOB hat in der Schweiz grossen<br />
Einfluss auf die Bauherrschaften, insbesondere auf die öffentlichen Bauherren.<br />
Der <strong>SB</strong>V will mit dem vorliegenden Argumentarium unseren Mitgliedern<br />
Tipps geben für die zweckmässige Vertragsgestaltung und für die Diskussion<br />
mit den Bauherrschaften.<br />
Teuerung als «ausserordentlicher Umstand»<br />
Rechtsgrundlage für eine Vergütung von Mehrkosten<br />
durch Teuerung (Preisänderungen) sind Bestimmungen<br />
im Werkvertrag. Fehlt eine besondere Regelung<br />
und ist die Norm SIA 118 nicht Vertragsbestandteil,<br />
ist Art. 373 OR anzuwenden. Dieser<br />
Artikel erlaubt es, eine ausserordentliche Teuerung<br />
angemessen geltend zu machen.<br />
Eine ausserordentliche Teuerung (Preisänderung)<br />
ist ein «ausserordentlicher Umstand» im Sinne<br />
von Art. 59 Abs. 2 SIA-Norm 118 und von Art. 373<br />
Werkvertrag mit Pauschalpreis<br />
Laufender Vertrag – Was kann ich tun?<br />
1. Teuerungen von 70 % und mehr, wie sie z. B. von<br />
Beginn 2008 bis Herbst 2008 im Bereich Stahl<br />
und Erdöl zu verzeichnen waren, stellen einen<br />
«ausserordentlichen Umstand» im Sinne des<br />
Gesetzes dar.<br />
2. Ein «ausserordentlicher Umstand» ist der Bauherrschaft<br />
unverzüglich anzuzeigen (Art. 25 SIA-<br />
Norm 118).<br />
Art.-Nr. 600 011<br />
Abs. 2 OR. Ein solcher liegt nach der gängigen Praxis<br />
dann vor, wenn er die Fertigstellung des Objekts<br />
behin dert oder übermässig erschwert. «Übermässig»<br />
heisst, dass ein offensichtliches Missverhältnis zwischen<br />
der Leistung und der vereinbarten Vergütung<br />
besteht.<br />
Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben haben<br />
die Vertragspartner bei einem «ausserordentlichen<br />
Umstand» eine faire Lösung zu suchen.<br />
3. Die Nachforderungen sind nach dem Belegverfahren<br />
zu beweisen und zu substanziieren, d. h.<br />
betragsmässig festzulegen.<br />
4. Falls die Bauherrschaft berechtigte Forderungen<br />
zurückweist, steht Ihnen der <strong>SB</strong>V (Ansprechpersonen<br />
am Schluss dieses <strong>Fla</strong><strong>sh</strong>s) zur Verfügung<br />
und unterstützt Sie bei der Durchsetzung der<br />
Forderung.<br />
1
Neuer Vertrag – Was beachte ich?<br />
1. Ein Werkvertrag mit einem Pauschalpreis ist<br />
dann vertretbar, wenn der Unternehmer die<br />
Preis- und Kostenentwicklung einigermassen<br />
beurteilen kann; gegenwärtig ist dies kaum der<br />
Fall. Es ist de<strong>sh</strong>alb von der Bauherrschaft unfair<br />
und kann unter Umständen rechtliche Folgen<br />
nach sich ziehen, wenn sie einen Pauschalpreisvertrag<br />
«aufzwingt». Denn das Ausnützen einer<br />
für den Unternehmer schwierigen Wirtschaftslage<br />
kann sogar einen Verstoss gegen den Grundsatz<br />
von Treu und Glauben bedeuten.<br />
2. Die Kosten sind besonders sorgfältig zu kalkulieren.<br />
Die Bestimmungen über die «Vorsorgliche<br />
Lagerhaltung» (Art. 79 SIA-Norm 118) sowie<br />
«Materialvorräte» (Art. 140 SIA-Norm 118) sind<br />
besonders zu beachten.<br />
3. Ein länger dauernder Werkvertrag ist somit<br />
grundsätzlich mit einer Preisänderungsklausel<br />
Werkvertrag mit Teuerungsvereinbarung<br />
Laufender Vertrag – Was kann ich tun?<br />
1. Der Werkvertrag wird auf einer bestimmten Kostengrundlage<br />
(Stichtag Art. 62 SIA-Norm 118) abgeschlossen<br />
und mit einem Teuerungsverfahren<br />
versehen (in der Regel Produktionskosten-Index<br />
PKI oder Objektindex-Verfahren OIV, gelegentlich<br />
auch Gleitpreisformel GPF oder Mengennachweisverfahren).<br />
2. Treten ausserordentliche Umstände auf, wie<br />
massive Preisänderungen in bestimmten Bereichen,<br />
liefern die Berechnungsmodelle der Teuerungsverfahren<br />
ungenaue und / oder unkorrekte<br />
Ergebnisse. In diesen Fällen bilden die bekannten<br />
Teuerungsberechnungsverfahren PKI und OIV die<br />
Wirklichkeit nur ungenau ab. Es liegt de<strong>sh</strong>alb ein<br />
Anwendungsfall von Abs. 2 OR 373 vor.<br />
3. Die Bauherrschaft ist über die ausserordentlichen<br />
Umstände unverzüglich zu informieren und darüber<br />
in Kenntnis zu setzen (Art. 25 SIA-Norm 118),<br />
Neuer Vertrag – Was beachte ich?<br />
1. Der Teuerungsproblematik ist grosse Beachtung<br />
zu schenken, d. h. die Kostengrundlagen müssen<br />
sorgfältig erarbeitet werden. Das Schema auf<br />
Seite 4 gibt einen Überblick über die verschiedenen<br />
Verfahren.<br />
2. Es ist zu prüfen, ob nach dem Mengennachweisverfahren<br />
abgerechnet werden kann (es<br />
handelt sich um das nach Art. 65 SIA-Norm 118<br />
vorgesehene normale Verfahren).<br />
zu versehen. Der <strong>SB</strong>V-Werkvertrag (Ausgabe<br />
06.2007) enthält in Art. 4 eine entsprechende<br />
Bestimmung. In Art. 13 ist unter «Besondere Vereinbarungen»<br />
eine Klausel für die ausserordentliche<br />
Teuerung aufzunehmen. Sie finden diesen<br />
Muster-Werkvertrag im Internet unter www.<br />
baumeister.ch/rechtsdienst/mustervertraege.<br />
4. Die Klausel kann wie folgt lauten:<br />
■ «Die Materialpreise sind fest bis …» und /<br />
oder «Die Lohnpreise sind fest bis …»<br />
■ «Die Teuerung bei einzelnen Materialien ist<br />
bis zu 5 % berücksichtigt; liegt die Teuerung<br />
darüber, wird mit dem Mengennachweisverfahren<br />
abgerechnet» oder «Für die nachfolgenden<br />
Elemente werden die Preisänderungen mit<br />
dem Mengennachweisverfahren abgerechnet:<br />
Löhne, Armierungsstahl, Treibstoffe, Beläge.»<br />
dass die Teuerung in anderer Form korrekt berechnet<br />
werden muss.<br />
Eine ausserordentliche Preisänderungssi<br />
tuation liegt gemäss KBOB dann vor, wenn<br />
sich der Materialpreisindex (BFS) während<br />
einer Periode von 6 Monaten um mehr als<br />
20 % verändert hat.<br />
4. Stimmen die Mengenangaben im Leistungsverzeichnis<br />
nicht (d. h. werden wesentlich grösse<br />
re Mengen verwendet), sind die O-Anteile (Formular<br />
SIA 1021/1) analog Art. 86 SIA-Norm 118<br />
neu zu de finieren und die Teuerungsberechnungen<br />
mit den korrigierten Werten nochmals durchzuführen.<br />
5. Falls die Bauherrschaft berechtigte Forderungen zurückweist,<br />
steht Ihnen der <strong>SB</strong>V (Ansprechper so nen<br />
am Schluss dieses <strong>Fla</strong><strong>sh</strong>s) zur Verfügung und unterstützt<br />
Sie bei der Durchsetzung Ihrer Forderung.<br />
3. Wird die Teuerungsberechnung mit dem Indexverfahren<br />
PKI gewählt, sind folgende Punkte zu<br />
beachten:<br />
■ sorgfältige Wahl der Bausparte (Modellobjekt).<br />
Innerhalb des Werkvertrags können auch verschiedene<br />
Bausparten zur Anwendung kommen<br />
(Bsp. Splitting von Stahlbeton Tiefbau und Belagsbau).<br />
Der <strong>SB</strong>V ist dabei, weitere Modellobjekte<br />
zur besseren Differenzierung zu erarbeiten;<br />
2
■ Zeichnen sich «Ausreisser» ab, d. h. Positionen,<br />
welche starken Preisänderungen unterworfen<br />
sind, stellt sich die Frage, ob diese Positionen<br />
gesondert nach der Gleitpreisformel GPF oder<br />
dem Mengennachweisverfahren abgerechnet<br />
werden sollen.<br />
4. Wird die Teuerungsberechnung nach dem In dexverfahren<br />
OIV gewählt, ist Folgendes wichtig:<br />
■ Der Spartenschlüssel ist sorgfältig zu kontrollieren<br />
und allenfalls zu bereinigen.<br />
Aktivitäten des <strong>SB</strong>V zugunsten seiner Mitglieder<br />
Auskünfte<br />
■ Stimmen die Mengenangaben im Leistungsverzeichnis<br />
nicht, sind die O-Anteile (Form. SIA<br />
1021/1) analog Art. 86 SIA-Norm 118 neu zu definieren<br />
und die Teuerungsberechnungen mit den<br />
korrigierten Werten nochmals durchzuführen.<br />
■ Sind Materialgruppen erkennbar, die einer<br />
be sonderen Teuerung ausgesetzt sein dürften,<br />
ist die Preisänderung mit einem separaten OIV<br />
oder mit der GPF zu ermitteln (Bsp. Leitplanken,<br />
Lager).<br />
■ Zustellung des vorliegenden Argumentariums an die Mitgliederbetriebe<br />
■ Abgabe der Broschüre «Teuerungsproblematik im Zusammenhang mit der Vertragsgestaltung»<br />
■ Einflussnahme auf die Vergabebehörden des Bundes (Kontakt zur KBOB = Koordination der Bau- und Liegenschaftsorgane<br />
des Bundes), der Kantone und Gemeinden sowie auf private Bauherrschaften, damit ausserordentliche<br />
Teuerungen nach Treu und Glauben akzeptiert werden<br />
■ Publikationen (z. B. Artikel in der Schweizer Bauwirtschaft <strong>SB</strong>W).<br />
Massnahmen der Trägerorganisationen der Teuerungskurse<br />
KBOB, Fachgruppe «Preisänderungen»<br />
Sie hat nach Prüfung der gesamten Situation folgende Massnahmen festgelegt (empfohlen):<br />
■ Anwendung des Leitfadens zur Berechnung von Preisänderungen im Bauwesen, Ausgabe 2008<br />
■ Abstützung auf die Empfehlung Verrechnung von Preisänderungen bei ausserordentlichen Preisentwicklungen:<br />
www.kbob.admin.ch ➞ Publikationen ➞ Preisänderungsfragen<br />
Sie hat die ausserordentliche Preissituation definiert und ein praxistaugliches Berechnungsmodell erarbeitet; entsprechende<br />
Beispiele für PKI und OIV sind auf der Homepage der KBOB aufgeschaltet.<br />
SIA, Kommission 121 OIV ...<br />
■ überprüft die Auswirkungen der ausserordentlichen Preisänderungen auf das Teuerungsberechnungsverfahren OIV<br />
und erteilt allenfalls diesbezüglich eine Weisung<br />
■ führt im 2. Semester 2009, u. a. zum Thema ausserordentliche Preisänderungen, Kurse durch.<br />
<strong>SB</strong>V ...<br />
■ berechnete für jeden Monat im Jahr 2008 den PKI. Dadurch können die Preisänderungen genauer berechnet<br />
werden, sofern sich die Vertragspartner auf dieses Vorgehen rückwirkend einigen können<br />
■ sieht vor, die Berechnung der Quartalswerte im PKI auf den mittleren Monat pro Quartal abzustellen<br />
(heute: erster Monat). Folge ist jedoch, dass der PKI jeweils einen Monat später erscheint<br />
■ klärt ab, ob eine Erhöhung des Überwälzungsgrades des PKI (heute 80 %) gerechtfertigt ist (dies bedarf jedoch<br />
der Zustimmung der KBOB)<br />
■ prüft, ob weitere Bausparten (Modellobjekte) im PKI sinnvoll sind. Dadurch könnte eine grössere Übereinstimmung<br />
zwischen den auszuführenden Objekten und den gewählten Bausparten erreicht werden.<br />
Deutschschweiz: Heinrich Bütikofer, Tel. 044 258 82 80, hbuetikofer@baumeister.ch<br />
Loris Bonaglia, Tel. 044 258 82 91, lbonaglia@baumeister.ch<br />
Französische Schweiz: Serge Oesch, SRL, Tel. 021 646 18 29, info@sse-srl.ch<br />
Blaise Clerc, SRL, Tel. 021 646 18 29, bclerc@sse-srl.ch<br />
Italienische Schweiz: Vittorino Anastasia, SSIC, Tel. 091 825 54 23, anastasia@ssic-ti.ch<br />
Herausgeber: <strong>Schweizerischer</strong> <strong>Baumeisterverband</strong>, Weinbergstrasse 49, Postfach, 8042 Zürich<br />
Tel. 044 258 81 11, Fax 044 258 83 35, www.baumeister.ch, verband@baumeister.ch<br />
3
Schema «Anwendung von Teuerungsverfahren (Preisänderungsverfahren)»<br />
Verwendung des Schemas<br />
■ Das Schema legt den Ablauf im Bauhauptgewerbe fest, ob und wenn ja welches Teuerungsverfahren zur Anwendung<br />
gelangen kann.<br />
■ Das Schema basiert auf der Darstellung der KBOB, wurde aber erweitert.<br />
Ja<br />
Festgelegtes Verfahren<br />
anwenden<br />
Teuerung<br />
vorgesehen<br />
Teuerungsverfahren<br />
festgelegt?<br />
Nein<br />
Evaluation<br />
Teuerungsverfahren<br />
nach Eignungskriterien<br />
Erfolgt die Ausführung<br />
über höchstens<br />
zwei Jahreswechsel?<br />
Nein<br />
Objektindexverfahren<br />
OIV<br />
Ja<br />
Ja<br />
Teuerung<br />
nicht vorgesehen<br />
SIA 118 ist<br />
Vertragsbestandteil?<br />
Ja<br />
Werkvertrag<br />
Anwendung Mengennachweisverfahren<br />
(Art. 65) oder anderes<br />
Verfahren verhandeln<br />
Existiert eine geeignete<br />
Sparte im PKI?<br />
Nein<br />
Ist die voraussichtliche<br />
Vertragssumme grösser<br />
als 5 Mio. CHF?<br />
Nein<br />
Existieren entsprechende<br />
anerkannte Material-<br />
und Lohnindizes?<br />
Nein<br />
Mengennachweisverfahren<br />
Nein<br />
Ja<br />
Ja<br />
Untersteht der Bauherr<br />
dem öffentlichen Recht?<br />
(Gemeinde,Kanton,<br />
Bahn usw.?<br />
Ja<br />
Teuerung<br />
ausgeschlossen<br />
Preise sind fest.<br />
Anfechtung des<br />
Festpreises aufgrund der<br />
ausserordentlichen<br />
Situation (Stahlteuerung)<br />
KBOB-Empfehlung* OR Art. 373 Abs. 2**<br />
Produktionskostenindex<br />
PKI<br />
Gleitpreisformel<br />
GPF<br />
Nein<br />
4