Nr. 56, September - DS-InfoCenter
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Trotz Handführung beim Umstecken<br />
versucht Annette, den Trichter wieder<br />
herauszuziehen. 06:01.17<br />
Als ihre Schütthand fest umfasst wird,<br />
blickt sie mit stoischem Gesichtsausdruck<br />
zum Trichter. 06:08.22<br />
Als der Grieß in der Flasche nach<br />
unten rutscht, erscheint ein Lächeln auf<br />
ihrem Gesicht. 06:14.08<br />
Zur nochmaligen Demonstration der<br />
leeren Flasche neigt sie deren Öffnung<br />
über den Trichter. 06:21.11<br />
Achtes Schütten<br />
05:58.16 – 06:30.19<br />
Nach ihrem selbstständigen, fröhlich<br />
beendeten siebten Schütten wollte Annette<br />
das Trichterumstecken nicht von<br />
sich aus wiederholen. Sie erhielt Handführung,<br />
wodurch weitere Störmanöver<br />
verhindert wurden. So konnte sie die<br />
gefüllte Flasche nicht heben, bevor der<br />
Zum Heben der gefüllten Flasche freigelassen<br />
hält sie diese fest und neigt stattdessen<br />
die leere Flasche. 06:04.04<br />
Mit apathischem Gesicht lässt sie sich die<br />
Hand zum Schütten führen, ohne selbst<br />
initiativ zu werden. 06:10.11<br />
Als die Flasche leer ist und der Grieß<br />
durch den Trichter rinnt, blickt sie lachend<br />
zu den Eltern. 06:15.24<br />
Blickend und handelnd demonstriert sie,<br />
dass die Flasche leer ist, bevor der Grieß<br />
durchgelaufen ist. 06:27.17<br />
Bildtafel 11:<br />
Als ihre Schütthand locker umfasst wird,<br />
blickt sie abwartend auf die Flasche, ohne<br />
sie zu heben. 06:07.07<br />
Sie neigt die Flasche und blickt verträumt<br />
auf den Grieß. Ihre Schütthand wird freigelassen.<br />
06:11.05<br />
Sie zieht die leere Flasche aus dem<br />
Trichter und präsentiert sie ihnen<br />
übermütig. 06:18.09<br />
Zum Schluss wirft sie die leere Flasche<br />
auf das Tablett. Ihr Aufprall wird unter<br />
Handführung abgebremst. 06:29.00<br />
Annette benötigt erneut Handführung beim Trichterumstecken. Anstatt die Flasche zum Schütten zu heben,<br />
provoziert sie und täuscht Unfähigkeit vor. Vom rinnenden Grieß fasziniert arbeitet sie danach selbständig und kommuniziert<br />
mit den Eltern. Nach erneuter Provokation antwortet sie auf die geführte Schlusszeremonie mit einer weiteren didaktischen<br />
Demonstration der leeren Flasche.<br />
Trichter auf der leeren Flasche steckte,<br />
und ihn danach nicht wieder herausziehen,<br />
obwohl sie dies versuchte (Bildtafel<br />
11). Als sie die gefüllte Flasche spontan<br />
ergriff, wurde ihre Hand freigelassen.<br />
Sie schien jedoch keine Lust dazu zu<br />
haben, sie alleine hochzuheben, provozierte<br />
mit oppositionellem Unsinn,<br />
täuschte Unfähigkeit vor und musste<br />
FÖRDERUNG<br />
erneut geführt werden.<br />
– Sie hielt die Flasche mit dem Grieß<br />
auf dem Tablett fest und neigte stattdessen<br />
die leere Flasche mit dem Trichter.<br />
Unter Handführung wurde sie wieder<br />
gerade gestellt.<br />
– Passiv und mit stoischem Gesichtsausdruck<br />
tat sie so, als könne sie die<br />
gefüllte Flasche nicht heben (Bildtafel<br />
11/3), obwohl sie 22 Sekunden zuvor<br />
das Gegenteil bewiesen hatte (Bildtafel<br />
10/7). Scheinbar teilnahmslos ließ sie<br />
sich die Hand zum Schütten führen.<br />
Erneut vom rinnenden Grieß fasziniert,<br />
konzentrierte sie sich, arbeitete<br />
selbstständig und kommunizierte lachend<br />
mit den Eltern. Beim Abstellen<br />
provozierte sie die Therapeutin gezielt.<br />
Die Schlusszeremonie beantwortete sie<br />
mit einer weiteren didaktischen Demonstration:<br />
– Als die Flaschenöffnung im Trichter<br />
steckte, neigte sie die Flasche. Ihre<br />
Schütthand wurde freigelassen. Sie<br />
blickte verträumt auf den Grieß und lächelte,<br />
als er nach unten rutschte.<br />
– Als die Flasche leer war, blickte sie<br />
lachend zu den Eltern. Nachdem der<br />
Grieß durch den Trichter gelaufen war,<br />
zog sie die Flasche scherzend heraus,<br />
präsentierte sie übermütig den Eltern<br />
und stellte sie leise auf das Tablett. Sie<br />
hob sie noch einmal hoch, feuerte sie<br />
lachend auf das Tablett, dass es krachte,<br />
und warf den Eltern einen prüfenden<br />
Blick zu.<br />
– Nach der geführten Wiederaufnahme<br />
der Flasche und deren zeremonieller<br />
Kontrolle weigerte sie sich, sie abzustellen,<br />
und veranstaltete eine weitere<br />
didaktische Demonstration ihrer Fähigkeit,<br />
während der Arbeit genau zu erkennen,<br />
wann und dass sie leer ist.<br />
– Zum Zeichen ihrer Power warf sie<br />
die Flasche danach auf das Tablett. Der<br />
Aufprall wurde unter Handführung abgemildert<br />
und die Flasche korrekt abgestellt.<br />
Annette entzog der Therapeutin<br />
ihre Hand und schob deren Arm lautierend<br />
zur Seite.<br />
Annette positioniert sich hier als selbstbewusste<br />
Dialogpartnerin, deren erst<br />
im Nachhinein erkennbares Anliegen<br />
während der Interaktion nicht verstanden<br />
wird. Ihre oppositionellen Provokationen<br />
sind ein unerwartetes und<br />
womöglich irreführendes Kommunikationsmittel.<br />
Leben mit Down-Syndrom <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>, Sept. 2007 49