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Die Lehre der Wiedergeburt und das 5. Konzil von 553 in ...

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<strong>Die</strong> <strong>Lehre</strong> <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>geburt<br />

<strong>und</strong> <strong>das</strong><br />

<strong>5.</strong> <strong>Konzil</strong> <strong>von</strong> <strong>553</strong><br />

<strong>in</strong> Konstant<strong>in</strong>opel


Vorwort<br />

- 2 -<br />

Re<strong>in</strong>karnation (wie<strong>der</strong> geboren werden) bedeutet Hoffnung für den Menschen.<br />

<strong>Die</strong> ewige Verdammnis o<strong>der</strong> die Hölle bzw. <strong>das</strong> Fegefeuer, wie es im<br />

christlichen Glauben verstanden wird, gibt es nicht. <strong>Die</strong> Hölle ist unser Leben,<br />

wenn es zur Qual wird, <strong>und</strong> <strong>das</strong> Fegefeuer, <strong>das</strong> Purgatorium ist <strong>der</strong><br />

Umwandlungsprozess, den wir durchschreiten, - <strong>in</strong> je<strong>der</strong> neuen Inkarnation –<br />

wenn wir dazu bereit s<strong>in</strong>d. Das H<strong>in</strong>aufsteigen zur Göttlichkeit geht über den<br />

Weg des Wie<strong>der</strong>geborenwerdens. Denn <strong>das</strong> Universale Se<strong>in</strong> des Menschen<br />

ist Göttlich <strong>und</strong> Menschlich.<br />

In den christlich-orthodoxen Glaubensrichtungen ist dieses Wissen bedauerlicherweise<br />

verloren gegangen.<br />

Möge Ihnen, geehrter Leser, geehrte Leser<strong>in</strong>, dieses kle<strong>in</strong>e Schrifttum e<strong>in</strong>en<br />

E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> e<strong>in</strong> uraltes Wissen geben, <strong>das</strong> seit jeher für die Menschheit<br />

gegolten hat.<br />

Wie die Re<strong>in</strong>karnation (Wie<strong>der</strong>geburt) aus dem christlichen Glauben verbannt<br />

wurde.<br />

--------------------------------------------------------------------------------------------------------<br />

---------------------<br />

Ausgangslage<br />

Gnostische 1 Gruppen kannten die <strong>Lehre</strong> <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>karnation, welche <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

orphisch 2 -pythagoreischen Tradition Griechenlands geläufig war. <strong>Die</strong><br />

Re<strong>in</strong>karnationslehre war <strong>in</strong> <strong>der</strong> Antike stark verbreitet. Herodot fand sie bei<br />

den Ägyptern <strong>und</strong> Vergil zitiert sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Äneis. Auch im antiken Nordafrika,<br />

Vor<strong>der</strong>- <strong>und</strong> Mittelasien, <strong>von</strong> Anatolien (Türkei) <strong>und</strong> Ägypten bis nach Persien<br />

war die Seelenwan<strong>der</strong>ung allgeme<strong>in</strong>es Gedankengut. <strong>Die</strong> Katharer im<br />

Hochmittelalter kannten sie ebenfalls <strong>und</strong> esoterische Kreise halten noch<br />

heute daran fest 3 4 5 .<br />

1 Griechisch: Erkenntnis, Wissen, über <strong>das</strong> Wissen, die Genesis, f<strong>in</strong>det <strong>der</strong> Mensch zu se<strong>in</strong>em Wesen, Ursprung<br />

<strong>und</strong> Ziel. Gnostische Gruppen <strong>der</strong> frühchristlichen Zeit waren u. a. im Osten des röm. Reiches verbreitet.<br />

22 Orphik: aus Trakien stammende religiös-philosophische Geheimlehre <strong>der</strong> Antike, bes. im alten Griechenland,<br />

die Erbsünde <strong>und</strong> Seelenwan<strong>der</strong>ung lehrte (Duden, Fremdwörterbuch).<br />

3 Jochaim F<strong>in</strong>ger, Jesus – Essener, Guru, Esoteriker, Neue Evangelien <strong>und</strong> Apokryhen auf den Buchstaben<br />

gefühlt, <strong>in</strong> Matthias-Grünewald-Verlag , Ma<strong>in</strong>z, Quell Verlag Stuttgart 1993, S.29f. Apokryph bedeutet verborgen.<br />

Als Apokryph werden jene Schriften bezeichnet, die nicht <strong>in</strong> den Kanon aufgenommen wurden, aber den<br />

anerkannten biblischen Schriften formal <strong>und</strong> <strong>in</strong>haltlich sehr ähnlich s<strong>in</strong>d.<br />

4 Kersten Holger, Jesus lebte <strong>in</strong> Indien, Se<strong>in</strong> geheimes Leben vor <strong>und</strong> nach <strong>der</strong> Kreuzigung, Ullste<strong>in</strong>, 2. Auflage<br />

1996, S. 144f.


- 3 -<br />

<strong>Die</strong> Re<strong>in</strong>karnationslehre geht aber auch auf die strittigen <strong>Lehre</strong>n des Origenes<br />

zurück, die <strong>das</strong> <strong>5.</strong> <strong>und</strong> <strong>das</strong> 6. Jahrhun<strong>der</strong>t stark beschäftigten 6 . <strong>Die</strong> strittige<br />

Frage nach <strong>Die</strong>kamp lautet: Wurde (Herakles) Origenes <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Irrlehren<br />

am fünften ökumenischen <strong>Konzil</strong> <strong>von</strong> <strong>553</strong> <strong>von</strong> Konstant<strong>in</strong>opel aufgr<strong>und</strong><br />

ausreichen<strong>der</strong> Beratungen verurteilt o<strong>der</strong> nicht. <strong>Die</strong>kamp spricht da<strong>von</strong>, <strong>das</strong>s<br />

es e<strong>in</strong>e schwierige <strong>und</strong> verwickelte Frage sei, die er wagt <strong>in</strong> Angriff zu<br />

nehmen. Er bedient sich dabei e<strong>in</strong>es bereits bestehenden Dokumentes, <strong>das</strong><br />

bis dah<strong>in</strong> für diesen Zweck nicht benutzt wurde 7 8 .<br />

<strong>Die</strong> Protokolle – so <strong>Die</strong>kamp – <strong>der</strong> acht Sitzungen des <strong>Konzil</strong>s <strong>von</strong><br />

Konstant<strong>in</strong>opel <strong>von</strong> <strong>553</strong> enthielten nichts darüber. In <strong>der</strong> fünften Sitzung werde<br />

zwar erwähnt, <strong>das</strong>s Origenes <strong>von</strong> den anwesenden Bischöfen verurteilt<br />

wurde 9 . Der Schluss wäre deshalb naheliegend, <strong>das</strong>s es sich bei diesen<br />

Beratungen um <strong>das</strong> kaiserliche Edikt <strong>von</strong> Just<strong>in</strong>ian I. gegen Origenes <strong>von</strong> 543<br />

drehte. In <strong>der</strong> achten Sitzung werde er mit an<strong>der</strong>en Häretikern erwähnt <strong>und</strong> mit<br />

dem Anathem (Kirchenbann) belegt, über die aber am <strong>5.</strong> <strong>Konzil</strong> nicht<br />

verhandelt worden war. Daraus zu schliessen, es seien gründliche Beratungen<br />

vorausgegangen, g<strong>in</strong>ge zu weit.<br />

<strong>Die</strong> Akten des <strong>Konzil</strong>s <strong>von</strong> <strong>553</strong> s<strong>in</strong>d erstmals im Jahre 1567 durch Laurentius<br />

Surius veröffentlicht worden. <strong>Die</strong> mittelalterlichen Gelehrten zweifelten nicht an<br />

<strong>der</strong> Verurteilung des Origenes <strong>von</strong> Antiochien am <strong>5.</strong> <strong>Konzil</strong>. Da aber die neu<br />

veröffentlichten Protokolle nichts <strong>der</strong>gleichen enthielten, begann e<strong>in</strong><br />

Me<strong>in</strong>ungsstreit.<br />

Vere<strong>in</strong>zelte Richtungen vertreten <strong>in</strong>dessen die Me<strong>in</strong>ung, <strong>das</strong>s die<br />

Re<strong>in</strong>karnationslehre als Folge des ersten ökumenischen <strong>Konzil</strong>s <strong>von</strong> 325 <strong>in</strong><br />

Konstant<strong>in</strong>opel unter Kaiser Konstant<strong>in</strong>, an welchem <strong>das</strong> Glaubensbekenntnis<br />

festgeschrieben wurde, <strong>von</strong> den „ Korrektoren“ aus dem Kanon gestrichen<br />

wurde 10 , <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e vertreten den Standpunkt, <strong>das</strong>s die Re<strong>in</strong>karnationslehre<br />

5<br />

Arno Borst, <strong>Die</strong> Katharer, Her<strong>der</strong> Verlag 7. Auflage, Kap. III. <strong>5.</strong> Der katharische Glaube, <strong>5.</strong> Erlösung <strong>und</strong> Ende<br />

S. 127f.<br />

6<br />

Dr. Franz <strong>Die</strong>kamp, Privatdozent <strong>der</strong> Theologie <strong>in</strong> Münster, <strong>Die</strong> origenistischen Streitigkeiten im sechsten<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>und</strong> <strong>das</strong> fünfte allgeme<strong>in</strong>e <strong>Konzil</strong>, 1899, Druck <strong>und</strong> Verlag <strong>der</strong> Aschendorff’schen Buchhandlung,<br />

gedruckt am 28. Juli 1899<br />

7<br />

<strong>Die</strong>kamp stellt die Chronologie <strong>der</strong> Gegebenheiten richtig <strong>und</strong> ergänzt sie. Er benutzt e<strong>in</strong> längst gedrucktes<br />

Material, nämlich die Lebensbeschreibung des Hl. Sabas vom Hl. Kyrillos <strong>von</strong> Skythopolis, <strong>das</strong> für diesen Zweck<br />

bis heute nicht verwendet wurde.<br />

8<br />

Der Verfasser <strong>der</strong> Lebensbeschreibung des Hl. Sabas verfolgte die Ereignisse um die origenistischen<br />

Streitigkeiten bis zum 21. Febr. 555, während <strong>der</strong> Hl. Sabas, e<strong>in</strong> Mönchsfürst bereits am <strong>5.</strong> Dezember 532 starb.<br />

Das griechische Orig<strong>in</strong>al wurde <strong>in</strong>s Altslawische übersetzt. Kyrillos verfolgt die Ereignisse mit e<strong>in</strong>er Fülle <strong>von</strong><br />

Daten, um zu zeigen, <strong>das</strong>s e<strong>in</strong> prophetisches Wort <strong>der</strong> vollständigen Unterdrückung <strong>von</strong> Origenes <strong>in</strong> Erfüllung<br />

geht. Kyrillos wurde als echter Geschichtsschreiber geehrt <strong>und</strong> mit hoher Achtung ausgezeichnet.<br />

9<br />

<strong>Die</strong>kamp, <strong>Die</strong> origenistischen Streitigkeiten im sechsten Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>und</strong> <strong>das</strong> fünfte allgeme<strong>in</strong>e <strong>Konzil</strong>,<br />

E<strong>in</strong>leitung S. 1ff.<br />

10<br />

Jochaim F<strong>in</strong>ger, a.a.O. S. 89 ff, F<strong>in</strong>ger verweist dabei auf diverse esoterische Schriften, namentlich auf die<br />

Hare-Krishna – Bewegung (dort Raja Viday <strong>das</strong>a, <strong>Die</strong> Bibel <strong>in</strong> ihrem eigenen Licht, Zürich, Gov<strong>in</strong>da Kulturtreff<br />

1987, S. 3). Sodann bezieht er sich u.a. auch auf den Essäer – Brief, S. 11, welcher <strong>in</strong> <strong>der</strong> Antike <strong>von</strong> den


- 4 -<br />

am <strong>Konzil</strong> zu Chalcedon (451) bekräftigt wurde. Am <strong>Konzil</strong> <strong>von</strong> Chalcedon,<br />

dem vierten <strong>der</strong> früheren <strong>Konzil</strong>e waren ca. 520 Bischöfe o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Vertreter<br />

anwesend. Zu den wichtigsten Beschlüssen gehörten die Bestätigung des<br />

Glaubensbekenntnisses <strong>von</strong> Nizäa (325) <strong>und</strong> des Glaubensbekenntnisses <strong>von</strong><br />

Konstant<strong>in</strong>opel (381), die Verdammung des Monophysitismus (vgl. dazu FN<br />

30 h<strong>in</strong>ten) <strong>und</strong> die Bekräftigung, <strong>das</strong>s die christliche Kirche <strong>das</strong> natürliche<br />

Gesetz <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>verkörperung anerkennt.<br />

Platon<br />

Essenern versteckt wurde, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Neuzeit verfolgt <strong>und</strong> <strong>in</strong> den vatikanischen Archiven versenkt wurde. Auch<br />

verweist er auf <strong>das</strong> Wassermann – Evangelium S. 14 (Levi, Das Wassermann – Evangelium <strong>von</strong> Jesus, dem<br />

Christus, He<strong>in</strong>rich Hugendubel – Verlag, München 1997). In <strong>der</strong> Tat s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Kanonen die <strong>Lehre</strong>n diverser<br />

Häretiker verdammt worden, so auch die <strong>Lehre</strong>n <strong>der</strong> Katharer im Canon III <strong>und</strong> die gnostischen <strong>Lehre</strong>n<br />

zusammen mit an<strong>der</strong>en Häretikern im Canon VI. Origenes wird aber nicht namentlich erwähnt (vgl. Acta et<br />

Canones sacrosancti primi oecumenici concilii Nicaeni..., studio et labora, Alphonsi Pisani, codecta et<br />

cons<strong>in</strong>nata).


Wer war Origenes? Origenes (ca.<br />

185 – 254) 10 war e<strong>in</strong><br />

alexandr<strong>in</strong>ischer <strong>Lehre</strong>r <strong>und</strong> ist <strong>der</strong><br />

christlichen Kirche als umstrittener<br />

Kirchenlehrer <strong>und</strong> Kirchenvater<br />

bekannt. Er war e<strong>in</strong> Schüler des<br />

geheimnisvollen Philosophen<br />

Ammonius Saccas aus Indien, auch<br />

Ammonius <strong>der</strong> Saker 11 genannt,<br />

<strong>und</strong> des Clemens <strong>von</strong> Alexandrien<br />

(ca. 150 – 214). Mit Origenes soll zu<br />

Beg<strong>in</strong>n des zweiten Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

e<strong>in</strong>e neue Phase <strong>der</strong><br />

Hellenisierung 12 des Christentums<br />

begonnen haben, <strong>der</strong>en Hauptherd<br />

die Katechetenschule zu<br />

Alexandrien war 13 . Origenes lehrte<br />

die Präexistenz <strong>der</strong> Seele <strong>und</strong> die<br />

10 Origenes: um 185 253/254, griech.<br />

Kirchenschriftsteller, war <strong>der</strong> bedeutendste Gelehrte<br />

des christlichen Altertums. Alle griech. Theologen<br />

des 3. <strong>5.</strong> Jahrh. waren irgendwie durch ihn<br />

bestimmt, auch wenn sie gegen ihn ankämpften.<br />

Durch se<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>gehende philosophisch-platonische<br />

Bildung bestimmt, hatte O. mit Hilfe allegorischer<br />

Schriftauslegung <strong>das</strong> Christentum wi<strong>der</strong> Willen<br />

völlig umgedeutet <strong>und</strong> spiritualisiert. Er blieb im<br />

Jahre 250 <strong>der</strong> Verfolgung durch Decius trotz<br />

schwerer Folter standhaft. Der Streit um se<strong>in</strong>e<br />

Rechtgläubigkeit begann Ende des 4. Jahrh. <strong>und</strong><br />

führte <strong>553</strong> auf dem <strong>5.</strong> ökum. <strong>Konzil</strong> <strong>von</strong><br />

Konstant<strong>in</strong>opel zu se<strong>in</strong>er Verurteilung (Brockhaus-<br />

Lexikon).<br />

11 Holger Kersten, a.a.O. S. 151: <strong>Die</strong> Saker waren<br />

e<strong>in</strong> nord<strong>in</strong>discher Stamm. <strong>Die</strong> nord<strong>in</strong>dische Herkunft<br />

<strong>von</strong> Ammonius ist heute ausser Zweifel. Jedoch<br />

glaubt man, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> Be<strong>in</strong>ame Sakkas o<strong>der</strong> Saker<br />

eher Sakya o<strong>der</strong> Sakyamuni bedeute <strong>und</strong> e<strong>in</strong><br />

H<strong>in</strong>weis darauf sei, <strong>das</strong>s es sich um e<strong>in</strong>en<br />

buddhistischen Mönchen gehandelt habe.<br />

12 Hellenisierung des Christentums: <strong>Die</strong><br />

dogmatische <strong>und</strong> kultische Entwicklung <strong>der</strong> Kirche<br />

des 2. <strong>und</strong> 3. Jahrh. wird seit HARNACK oft als<br />

Überfremdung <strong>und</strong> wesenhafte Umgestaltung des<br />

urchristl. Glaubensgutes <strong>und</strong> Kultes durch<br />

hellenistische Begriffe <strong>und</strong> Ideen betrachtet.<br />

13 Dr. Walther Glawe, Privatdozent an <strong>der</strong><br />

Universität Rostock, <strong>Die</strong> Hellenisierung des<br />

Christentums <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Theologie <strong>von</strong><br />

Luther bis <strong>in</strong> die Gegenwart, 1912, <strong>in</strong> Neue Studien<br />

zur Geschichte <strong>der</strong> Theologie <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kirche, hrsg.<br />

<strong>von</strong> N. Bonnewitsch <strong>und</strong> R. Seeberg, S. 187ff.<br />

- 5 -<br />

Apokatastasis 14 , <strong>der</strong> Leugnung <strong>der</strong><br />

Ewigkeit <strong>der</strong> Höllenstrafen, womit er<br />

die Gleichwerdung des Menschen<br />

mit dem Christo nach dem Tode<br />

(durch die Apokatastasis) vertrat.<br />

Se<strong>in</strong>e <strong>Lehre</strong>n stützten sich auf die<br />

grossen griechischen Philosophen<br />

Pythagoras, Plato <strong>und</strong> Plot<strong>in</strong> ab 15 .<br />

Von Origenes Schriften ist lei<strong>der</strong> nur<br />

noch e<strong>in</strong> Bruchteil vorhanden, da<br />

e<strong>in</strong> Grossteil se<strong>in</strong>er Schriften<br />

zufolge <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>karnationslehre<br />

vernichtet wurden 16 17 .<br />

Der Kirchenhistoriker namens<br />

Sokrates hat Origenes mit überschwänglichen<br />

Worten gewürdigt.<br />

<strong>Die</strong>kamp spricht <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em grossen<br />

Meister. <strong>Die</strong> Kreise, die die<br />

origenistischen <strong>Lehre</strong>n im fünften<br />

<strong>und</strong> sechsten Jahrhun<strong>der</strong>t vertraten,<br />

waren gegen Schluss vorwiegend <strong>in</strong><br />

Paläst<strong>in</strong>a <strong>und</strong> Syrien beheimatet,<br />

vertreten durch vier Mönche,<br />

darunter Leontius <strong>von</strong> Byzanz, die<br />

<strong>in</strong>sgeheim Anhänger <strong>der</strong> <strong>Lehre</strong>n<br />

14 Apokatastatis: bedeutet im weiteren S<strong>in</strong>ne die<br />

Möglichkeit, <strong>das</strong>s noch e<strong>in</strong>mal alle selig werden<br />

können, auch die <strong>in</strong> diesem Leben Gott beharrlich<br />

wi<strong>der</strong>strebt haben. Anhänger <strong>der</strong><br />

Allversöhnungslehre waren Origenes, Z<strong>in</strong>zendorf<br />

Oet<strong>in</strong>ger, Schleiermacher, Blumhardt, Vater <strong>und</strong><br />

Sohn (Brockhaus-Lexikon).<br />

15 Dr. Hamilcar S. Alivisatos, <strong>Die</strong> kirchliche<br />

Gesetzgebung des Kaisers Just<strong>in</strong>ian I. Berl<strong>in</strong>,<br />

Trowitsch & Sohn, 1913, <strong>in</strong> Neue Studien zur<br />

Geschichte <strong>der</strong> Theologie <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kirche, hrsg. <strong>von</strong><br />

N. Bonnewitsch <strong>und</strong> R. Seeberg, S. 9f.<br />

16 Zwei Schriften existieren noch: Origenes : De<br />

pr<strong>in</strong>cipiis <strong>und</strong> Origenes: Contra Celsum.<br />

17 Vgl. auch Harry Zweifel, Wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong><br />

auserwähltes Volk, <strong>Die</strong> Schweiz als Vorbild<br />

700jähriger Demokratie <strong>und</strong> friedvollen<br />

Zusammenlebens, Biograph Verlag Schweiz 1999<br />

S. 21, mit Verweis auf Christian Schütt: Chronik <strong>der</strong><br />

Schweiz, Chronik Verlag


Origenes‘ waren. <strong>Die</strong>se wurden<br />

deswegen aus ihrem Kloster<br />

vertrieben <strong>und</strong> 542 an e<strong>in</strong>er<br />

topischen 18 Synode um den<br />

Patriarchen Ephraim <strong>von</strong> Antiochien<br />

verurteilt.<br />

<strong>Die</strong> origenistischen Streitigkeiten<br />

Kaiser Just<strong>in</strong>ian hat mehrere<br />

theologische Schriften verfasst,<br />

darunter e<strong>in</strong> Liber adversus<br />

Orig<strong>in</strong>em, adressiert an den<br />

Patriarchen Menas <strong>von</strong><br />

Konstant<strong>in</strong>opel, <strong>und</strong> verfasst <strong>in</strong> den<br />

Jahren um 543. In dieser Schrift<br />

zählte Just<strong>in</strong>ian alle Häresien 19<br />

gegen Origenes auf <strong>und</strong> belegte sie<br />

<strong>in</strong> zehn Anathematismen mit dem<br />

Kirchenbann. <strong>Die</strong> zehn Jahre später<br />

verfassten 15 Anathematismen des<br />

<strong>5.</strong> ökumenischen <strong>Konzil</strong>s <strong>von</strong> <strong>553</strong><br />

passen nicht nur zu dem Brief des<br />

Kaiser Just<strong>in</strong>ians, den er an die<br />

Bischöfe des <strong>Konzil</strong>s richtete,<br />

son<strong>der</strong>n decken sich vielfach mit<br />

den Anathematismen Just<strong>in</strong>ians<br />

gegen Origenes 20 , welche dem Brief<br />

beigefügt waren. Weiter hat er<br />

e<strong>in</strong>en Brief an e<strong>in</strong>e Synode gegen<br />

Origenes gerichtet, <strong>der</strong>en Datum<br />

umstritten ist. Dr. Alivisatos neigt<br />

eher dazu zu glauben, <strong>das</strong>s es sich<br />

hier um e<strong>in</strong>en Anhang an den<br />

18 Topik: griech., <strong>Lehre</strong> <strong>von</strong> den Geme<strong>in</strong>plätzen, bei<br />

den griech. <strong>und</strong> röm. Rhetoren, die systematische<br />

Darstellung gewisser allgeme<strong>in</strong> anerkannter Begriffe<br />

<strong>und</strong> Sätze wie Freiheit, Gerechtigkeit; <strong>von</strong> den<br />

Griechen seit Aristoteles e<strong>in</strong>gehend bearbeitet,<br />

unter den Römern beson<strong>der</strong>s <strong>von</strong> Cicero <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Topica.<br />

19 Von <strong>der</strong> offiziellen Kirchenlehre abweichende<br />

<strong>Lehre</strong>, Ketzerei (Das Fremdwörterbuch, Duden).<br />

20 Dr. Franz <strong>Die</strong>kamp, a.a.O. S. 88 ff.<br />

- 6 -<br />

vorgenannten Libellus dreht 21 (vgl.<br />

aber h<strong>in</strong>ten, wo dargelegt wird, <strong>das</strong>s<br />

es sich um den gleichen Brief an die<br />

Bischöfe handelte, die am <strong>Konzil</strong><br />

teilnahmen).<br />

<strong>Die</strong> origenistischen Streitigkeiten<br />

dauerten bis zum Tode des Hl.<br />

Johannes Chrysostomos, Bischof<br />

<strong>von</strong> Konstant<strong>in</strong>opel, im Jahre 407.<br />

Origenes war hochgepriesen, aber<br />

auch geschmäht. <strong>Die</strong> christologischen<br />

Kontroversen<br />

beherrschten die<br />

Schauspielbühnen. Im allgeme<strong>in</strong>en<br />

führte <strong>der</strong> Origenismus im <strong>5.</strong><br />

Jahrhun<strong>der</strong>t aber e<strong>in</strong> sehr<br />

verborgenes Leben. Erst im 6.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t entfaltete sich <strong>der</strong><br />

Origenismus zu neuer Blüte.<br />

Das kaiserliche Edikt <strong>von</strong> 543<br />

Der Hl. Sabas, Abt e<strong>in</strong>er LAURA<br />

(Kloster) <strong>in</strong> Jerusalem 22 wurde vom<br />

Kaiser JUSTINIAN nach Rom<br />

berufen. Er nahm e<strong>in</strong>en <strong>der</strong> vier<br />

Mönche mit auf die Reise, namens<br />

LEONTIUS, <strong>der</strong> sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>von</strong><br />

Kaiser Just<strong>in</strong>ian <strong>in</strong>itiierten<br />

Diskussion zwischen den<br />

Orthodoxen <strong>und</strong> den<br />

Monophysiten 23 zu den <strong>Lehre</strong>n des<br />

Origenes bekannte. Sabas verstiess<br />

daraufh<strong>in</strong> Leontius <strong>und</strong> versprach<br />

dem Kaiser, <strong>das</strong>s er wie den<br />

21<br />

Dr. Hamilcar S. Alivisatos, a.a.O. S. 9ff.<br />

22<br />

vgl. FN 6.<br />

23<br />

altkirchliche <strong>Lehre</strong>, nach <strong>der</strong> die zwei Naturen –<br />

Gott <strong>und</strong> Mensch – Christi (Dyophisitismus) zu e<strong>in</strong>er<br />

neuen gottmenschlichen Natur verb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d.<br />

Dyophisitismus bedeutet die Zwe<strong>in</strong>aturenlehre, nach<br />

<strong>der</strong> Christus wahrer Gott <strong>und</strong> wahrer Mensch<br />

zugleich ist.


Arianismus (vertrat die <strong>Lehre</strong> <strong>der</strong><br />

Präexistenz <strong>der</strong> Seele nicht 24 ), auch<br />

die Häresien des Origenes<br />

vollkommen ausrotten werde. 531<br />

kehrte dann Sabas mit den<br />

erbetenen kaiserlichen Dekreten<br />

zurück. Im Auftrage des Bischofs<br />

<strong>und</strong> des Erzbischofs machte er<br />

dann e<strong>in</strong>e längere Reise durch<br />

Paläst<strong>in</strong>a, um die Dekrete bekannt<br />

zu machen. Nach kurzer Krankheit<br />

starb er dann am <strong>5.</strong> Dezember 532.<br />

Nach dessen Tode wurden alle<br />

Mönche <strong>der</strong> neuen Laura<br />

Origenisten.<br />

Unter dem wirksamen Schutze <strong>der</strong><br />

heimlichen Origenisten Domitian,<br />

Bischof <strong>von</strong> Ankyra <strong>und</strong> dem<br />

allmächtigen Theodoros Askidos,<br />

Bischof <strong>von</strong> Cäsaräa, die am Hofe<br />

des Kaiser Just<strong>in</strong>ians residierten,<br />

konnte sich die origenistische <strong>Lehre</strong><br />

24 Jochaim F<strong>in</strong>ger, a.a.o. S. 30, mit<br />

Quellennachweis <strong>in</strong> FN 30, Le livre V 6, (La<br />

Révélation d’Arès – <strong>in</strong>tégrale, Arès: Maison <strong>der</strong> la<br />

Révélation 1984, S.246). Schirmherr <strong>der</strong> Ariussekte<br />

des Christentums war <strong>der</strong> Hl. Juan Chrisostomos.<br />

Arius war e<strong>in</strong> Geistlicher, <strong>der</strong> die neue Sekte im<br />

Jahre 312 gründete <strong>und</strong> den Tr<strong>in</strong>itätsglauben sehr<br />

scharf verurteilte <strong>und</strong> lehrte, <strong>das</strong>s Christus erst<br />

durch se<strong>in</strong>e Erlösungstat zur Gottheit erhoben<br />

wurde. <strong>Die</strong> Erhebung zur Gottheit ist mit <strong>der</strong> im<br />

kath. Glauben gefeierten Christi Himmelfahrt<br />

vergleichbar. Konstant<strong>in</strong>, den <strong>der</strong> Kampf zwischen<br />

den Katholiken <strong>und</strong> den Arianern sehr beunruhigte,<br />

beschloss, sich mit den Christen<br />

zusammenzuschliessen. Das <strong>Konzil</strong> v. Nicäa <strong>in</strong> 325<br />

verwarf diese <strong>Lehre</strong> <strong>und</strong> exkommunizierte sie.<br />

Konstant<strong>in</strong> begnadigte sie aber <strong>in</strong> <strong>der</strong> unter dem<br />

Namen „Edikt <strong>und</strong> Mailand„ bekannten Verordnung<br />

<strong>und</strong> gab se<strong>in</strong>em Land damit die Glaubensfreiheit.<br />

Mit <strong>der</strong> Tr<strong>in</strong>itätslehre, wonach die drei göttlichen<br />

Wesen, Vater, Sohn <strong>und</strong> <strong>der</strong> heilige Geist e<strong>in</strong>e<br />

E<strong>in</strong>heit manifestieren, wird e<strong>in</strong> neues<br />

Glaubenssystem anerkannt. Der Glaubensfreiheit<br />

setzte Kaiser Konstant<strong>in</strong> selbst e<strong>in</strong> Ende, als er se<strong>in</strong><br />

Land unter se<strong>in</strong>e Söhne aufteilte <strong>und</strong> damit <strong>der</strong><br />

religiösen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung Vorschub leistete.<br />

Am <strong>Konzil</strong> <strong>von</strong> Ephesus wurde wie<strong>der</strong> beschlossen<br />

<strong>und</strong> proklamiert, <strong>das</strong>s die Jungfrau Maria ihren<br />

Sohn Jesus als Gottessohn gebar.<br />

- 7 -<br />

<strong>in</strong> Paläst<strong>in</strong>a verbreiten. An e<strong>in</strong>er<br />

Synode <strong>in</strong> Gaza (Ostern 542)<br />

kamen auch Mönche <strong>von</strong> Jerusalem<br />

mit Excerpten (Auszügen) aus<br />

Origenes‘ Schriften, welche e<strong>in</strong>e<br />

Verurteilung Origenes‘ durch den<br />

Kaiser wollten. Der Diakon Pelagius<br />

nahm sich dieser Sache vor dem<br />

Kaiser an, ebenso <strong>der</strong> Patriarch<br />

Menas <strong>von</strong> Konstant<strong>in</strong>opel, beide<br />

aus dem gleichen Motiv, nämlich<br />

aus Eifersucht gegen den<br />

allmächtigen Theodoros <strong>von</strong><br />

Askidos. Kaiser Just<strong>in</strong>ian erliess<br />

daraufh<strong>in</strong> im Jahre 543 auf <strong>der</strong><br />

Synode <strong>der</strong> Ostkirche <strong>das</strong> Edikt<br />

gegen Origenes <strong>und</strong> belegte jene<br />

Kapitel mit dem Anathem<br />

(Kirchenbann). <strong>Die</strong> Bischöfe <strong>von</strong><br />

Paläst<strong>in</strong>a mussten gemäss <strong>der</strong><br />

Weisung Just<strong>in</strong>ians ihren Beitritt<br />

erklären <strong>und</strong> es ist anzunehmen,<br />

<strong>das</strong>s alle an<strong>der</strong>en Episkopate <strong>der</strong><br />

übrigen Patriarchate, die vom<br />

Origenismus nicht „ <strong>in</strong>fiziert“ waren,<br />

bereitwillig unterschrieben. Es kam<br />

e<strong>in</strong>e Verdammung Origenes‘ <strong>und</strong><br />

se<strong>in</strong>er Irrlehren durch die<br />

Gesamtkirche zustande. Auch<br />

Theodoros Askidos <strong>und</strong> Domitian<br />

unterschrieben <strong>das</strong> Edikt. Im<br />

Februar 543 wurde <strong>das</strong> Edikt <strong>in</strong><br />

Jerusalem publiziert.<br />

<strong>Die</strong>ses kaiserliche Edikt ist e<strong>in</strong>es<br />

<strong>der</strong> wichtigsten Dokumente <strong>der</strong><br />

Politik Just<strong>in</strong>ians. Der Erlass enthält<br />

e<strong>in</strong>en didaktischen Teil <strong>und</strong><br />

anschliessend die Verfügung 25 . Im<br />

didaktischen Teil wi<strong>der</strong>legt Just<strong>in</strong>ian<br />

die <strong>Lehre</strong> <strong>der</strong> Präexistenz <strong>der</strong> Seele<br />

unter Beizug verschiedener Stellen<br />

25 Dr. Franz <strong>Die</strong>kamp, a.a.O. S. 48ff.


aus <strong>der</strong> Hl. Schrift. Kürzer ist die<br />

Leugnung, <strong>das</strong>s die Himmel,<br />

Sonne, Mond <strong>und</strong> Sterne <strong>und</strong> die<br />

Wasser über den Himmeln <strong>von</strong><br />

gewissen „ vernünftigen Kräften“<br />

belebt seien. <strong>Die</strong> origenistische<br />

Leugnung <strong>der</strong> Ewigkeit <strong>der</strong><br />

Höllenstrafen f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e scharfe<br />

Zurückweisung.<br />

Wörtlich lauten <strong>das</strong> 1. <strong>das</strong> 2. <strong>das</strong> 3.<br />

<strong>das</strong> 9. <strong>und</strong> <strong>das</strong> 10. Anathema wie<br />

folgt:<br />

1. Wenn jemand sagt o<strong>der</strong> me<strong>in</strong>t,<br />

die Seelen <strong>der</strong> Menschen<br />

präexistieren, sie seien zuvor<br />

nämlich Geister <strong>und</strong> heilige<br />

Kräfte gewesen, haben dann<br />

aber <strong>der</strong> göttlichen Anschauung<br />

überdrüssig, sich zum<br />

Schlimmeren gewendet, <strong>und</strong><br />

seien, weil dadurch die göttliche<br />

Liebe erkaltet sei, Seelen<br />

genannt <strong>und</strong> zur Strafe <strong>in</strong> Leiber<br />

h<strong>in</strong>untergeschickt worden, so sei<br />

er Anathema.<br />

2. Wenn jemand sagt o<strong>der</strong> me<strong>in</strong>t,<br />

<strong>das</strong>s die Seele des Herrn<br />

präexistiert habe, <strong>und</strong> vor <strong>der</strong><br />

Menschwerdung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Geburt<br />

aus <strong>der</strong> Jungfrau mit dem Gott<br />

Logos vere<strong>in</strong>igt gewesen sei, so<br />

sei er Anathema.<br />

3. Wenn jemand sagt o<strong>der</strong> me<strong>in</strong>t,<br />

zuerst sei <strong>der</strong> Leib unseres<br />

Herrn Jesus Christus <strong>in</strong> dem<br />

Mutterleibe <strong>der</strong> heiligen Jungfrau<br />

gebildet worden, <strong>und</strong> hernach<br />

habe sich <strong>der</strong> Gott Logos <strong>und</strong><br />

die präexistierende Seele mit<br />

ihm vere<strong>in</strong>igt, so sei er<br />

Anathema.<br />

- 8 -<br />

9. Wenn jemand sagt o<strong>der</strong> me<strong>in</strong>t,<br />

die Strafe <strong>der</strong> Dämonen <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

gottlosen Menschen sei e<strong>in</strong>e<br />

zeitliche <strong>und</strong> werde e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong><br />

Ende haben, m. a. W. es werde<br />

e<strong>in</strong>e Apokatastasis <strong>der</strong><br />

Dämonen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> gottlosen<br />

Menschen e<strong>in</strong>treten, so sei er<br />

Anathema.<br />

10.Anathema auch dem Origenes,<br />

<strong>der</strong> auch Adamantios heisst, <strong>der</strong><br />

dieses gelehrt hat, samt se<strong>in</strong>en<br />

abscheulichen, verfluchten <strong>und</strong><br />

lasterhaften Dogmen, <strong>und</strong> je<strong>der</strong><br />

Person, die dieses denkt o<strong>der</strong><br />

verteidigt o<strong>der</strong> überhaupt auf<br />

irgend e<strong>in</strong>e Art zu irgendwelcher<br />

Zeit hiefür e<strong>in</strong>zutreten wagt!<br />

Aufgr<strong>und</strong> beson<strong>der</strong>er Umstände<br />

<strong>und</strong> beson<strong>der</strong>er Machenschaften<br />

des Theodoros Askidos gelang es<br />

den origenistischen Mönchen trotz<br />

des kaiserlichen Ediktes <strong>und</strong> ihrer<br />

Verbannung aus den Klöstern - da<br />

sie sich dem Edikt nicht beugten -<br />

sich <strong>in</strong> Paläst<strong>in</strong>a <strong>in</strong> <strong>der</strong> neuen Laura<br />

zu etablieren <strong>und</strong> praktisch <strong>in</strong> alle<br />

Klöster wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zuziehen.<br />

Dadurch, <strong>das</strong>s Theodoros nun die<br />

Gegnerschaft <strong>der</strong> Origenisten<br />

kannte, schaffte er es, diese lahm<br />

zu legen.<br />

Es gab aber auch Bestrebungen,<br />

die Verdammung des Origenes <strong>und</strong><br />

se<strong>in</strong>er selbst ungeschehen zu<br />

machen, <strong>in</strong>dem man versuchte<br />

gegen Theodoros <strong>von</strong> Mopsuestias,<br />

<strong>der</strong> u.a. auch e<strong>in</strong>e Schrift gegen<br />

Origenes verfasste <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

ebenfalls an dieser Synode


verurteilt wurde, e<strong>in</strong>e Bewegung <strong>in</strong>s<br />

Leben zu rufen.<br />

Just<strong>in</strong>ian I.<br />

Das <strong>5.</strong> Oekumenische <strong>Konzil</strong> <strong>von</strong><br />

Konstant<strong>in</strong>opel <strong>von</strong> <strong>553</strong><br />

Wie kam es zur erneuten<br />

Verurteilung <strong>der</strong> <strong>Lehre</strong>n des<br />

Origenes am <strong>5.</strong> ökumenischen<br />

<strong>Konzil</strong> <strong>von</strong> Konstant<strong>in</strong>opel?<br />

Inzwischen starb Nonnos (547), <strong>der</strong><br />

Hauptführer <strong>der</strong> Origenisten <strong>in</strong><br />

Jerusalem. Danach trennten sich<br />

die Origenisten <strong>in</strong> die<br />

ISOCHRISTEN <strong>und</strong> die<br />

PROTOKTISTEN. <strong>Die</strong><br />

dogmatischen Anschauungen, die<br />

die beiden Lager trennten, s<strong>in</strong>d<br />

allerd<strong>in</strong>gs nicht h<strong>in</strong>reichend<br />

bekannt. <strong>Die</strong> Protoktisten kehrten<br />

sich <strong>von</strong> <strong>der</strong> <strong>Lehre</strong> <strong>der</strong> Präexistenz<br />

<strong>der</strong> Seele ab <strong>und</strong> verbündeten sich<br />

mit den Orthodoxen, während die<br />

Isochristen daran festhielten. <strong>Die</strong><br />

<strong>Lehre</strong> <strong>der</strong> Apokatastasis blieb beim<br />

Abschwur <strong>der</strong> Protoktisten <strong>in</strong>dessen<br />

unerwähnt, es sche<strong>in</strong>t aber, <strong>das</strong>s<br />

sie auch dieser <strong>Lehre</strong><br />

wi<strong>der</strong>sprachen, da sie dem Christus<br />

- 9 -<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Schöpfungsgeschichte e<strong>in</strong>e<br />

exzeptionelle Stelle gewährten.<br />

Der allmächtige Bischof Theodoros<br />

Askidos unterstützte die Isochristen<br />

<strong>und</strong> verlieh ihnen zahlreiche<br />

Bischofssitze <strong>und</strong> Abteien <strong>in</strong><br />

Paläst<strong>in</strong>a, wodurch sie <strong>das</strong><br />

Übergewicht <strong>in</strong> Paläst<strong>in</strong>a erhielten.<br />

<strong>Die</strong> origenistischen Mönche hatten<br />

freie Hand <strong>und</strong> predigten ihre<br />

<strong>Lehre</strong>n wo auch immer sie waren,<br />

so <strong>das</strong>s orthodoxe Anhänger<br />

mitunter als Sabaisten verteufelt<br />

wurden, was bis zu handgreiflichen<br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen führte, ja bis<br />

zu Todesfällen.<br />

In dieser Bedrängnis wendeten sich<br />

die Orthodoxen an den Kaiser. Als<br />

ihr Vertreter begab sich <strong>der</strong> Abt<br />

Gelasius im Jahre 546 nach Rom,<br />

<strong>der</strong> aber nicht bis nach Rom kam.<br />

Theodoros Askidos verh<strong>in</strong><strong>der</strong>te,<br />

<strong>das</strong>s er <strong>in</strong> Rom empfangen wurde.<br />

Gelasius starb auf <strong>der</strong> Rückkehr<br />

nach Jerusalem. <strong>Die</strong> Ereignisse<br />

überstürzten sich dadurch e<strong>in</strong>mal<br />

mehr <strong>und</strong> an die Stelle des Abtes<br />

Melitas trat im Februar 547 e<strong>in</strong><br />

Origenist namens Georgius, <strong>der</strong><br />

sich aber nicht bewährte. Der neue<br />

Nachfolger Kassians wurde vom<br />

Patriarchen ernannt, starb jedoch<br />

bereits am 20. Juli 548. Durch diese<br />

Ereignisse erhielt <strong>der</strong> Lyriker <strong>und</strong><br />

Abt Konon, weltberühmt geworden<br />

durch se<strong>in</strong>e orthodoxen <strong>Lehre</strong>n,<br />

Aufschwung <strong>und</strong> es gelang ihm die<br />

zerstreute Herde des Sabas wie<strong>der</strong><br />

zu vere<strong>in</strong>en. Schliesslich<br />

überreichten er <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Gefährten<br />

dem Kaiser im September 552 e<strong>in</strong>


Libellus (kle<strong>in</strong>e Schrift; Büchle<strong>in</strong>),<br />

e<strong>in</strong>e Klageschrift, wor<strong>in</strong> sie die<br />

gesamte Gottlosigkeit <strong>der</strong><br />

Origenisten aufgezeigt hatten. Das<br />

<strong>5.</strong> <strong>Konzil</strong> war zu diesem Zeitpunkt<br />

bereits e<strong>in</strong>berufen. Nach Schluss<br />

des <strong>Konzil</strong>s schickte <strong>der</strong> Kaiser die<br />

Akten nach Jerusalem, da sich <strong>der</strong><br />

dort verantwortliche Patriarch<br />

Eustochios nicht an <strong>der</strong> Synode<br />

befand. <strong>Die</strong>ser kehrte vor Beg<strong>in</strong>n<br />

des <strong>Konzil</strong>s zurück, da se<strong>in</strong>e<br />

Anwesenheit zur Behandlung <strong>der</strong><br />

Streitigkeiten <strong>der</strong> Orgenisten<br />

erfor<strong>der</strong>lich war. Eustochios war<br />

übrigens auf Vorschlag <strong>von</strong> Konon<br />

<strong>und</strong> se<strong>in</strong>en Gefährten <strong>von</strong> Kaiser<br />

Just<strong>in</strong>ian als Patriarch genehmigt<br />

worden, vermutlich im Dezember<br />

552. Eustochios versammelte<br />

alsdann <strong>in</strong> Jerusalem die Bischöfe.<br />

Es haben alle bis auf e<strong>in</strong>en (<strong>der</strong><br />

später verdammt wurde <strong>und</strong> <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Erdbeben ums Leben kam),<br />

mit ‘ Hand <strong>und</strong> M<strong>und</strong>‘ die<br />

Beschlüsse bestätigt. <strong>Die</strong> Mönche<br />

<strong>der</strong> neuen Laura wi<strong>der</strong>setzten sich<br />

<strong>in</strong>dessen den Beschlüssen. Acht<br />

Monate kämpfte Eustochios<br />

vergebens um die Anerkennung<br />

durch die Mönche bis er sie dann<br />

kraft kaiserlichen Edikts im März<br />

554 vertrieb. Damit war den<br />

klösterlichen Genossenschaften<br />

Paläst<strong>in</strong>as <strong>der</strong> langentbehrte<br />

Frieden wie<strong>der</strong> gegeben <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Origenismus hat sich seither nicht<br />

mehr zu grösserer Bedeutung<br />

aufzuschw<strong>in</strong>gen vermocht.<br />

- 10 -<br />

<strong>Die</strong> Synodalsentenz gegen die<br />

Origenisten<br />

<strong>Die</strong> Echtheit <strong>der</strong> Handschriften<br />

<strong>Die</strong> <strong>Lehre</strong>n des Origenes s<strong>in</strong>d an<br />

<strong>der</strong> 7. Sitzung im 11. Anathem<br />

(Kirchenbannfluch) verurteilt<br />

worden. Das <strong>Konzil</strong> tagte vom <strong>5.</strong><br />

Mai bis zum 8. Juni an 8 Sitzungen.<br />

Ob die Sitzungen protokolliert<br />

wurden, ist ungewiss.<br />

Es wurde auf verschiedene Weise<br />

versucht, die Verurteilung des<br />

Origenes <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er <strong>Lehre</strong>n als<br />

Fälschung h<strong>in</strong>zustellen. <strong>Die</strong>kamp<br />

bedient sich m. E. e<strong>in</strong>er guten<br />

Beweisführung, um darzulegen,<br />

<strong>das</strong>s die Wie<strong>der</strong>geburtslehre erneut<br />

am <strong>5.</strong> ökumenischen <strong>Konzil</strong> <strong>von</strong><br />

Konstant<strong>in</strong>opel verurteilt worden ist.<br />

So verweist er auf die allg. Synode<br />

zu Konstant<strong>in</strong>opel <strong>von</strong> 681, die e<strong>in</strong>e<br />

Lesung <strong>der</strong> Akten des <strong>5.</strong> <strong>Konzil</strong>s<br />

<strong>von</strong> Konstant<strong>in</strong>opel veranlasste.<br />

<strong>Die</strong>ses Ergebnis wurde an <strong>der</strong><br />

14. Sitzung vom <strong>5.</strong> April 681<br />

festgehalten. Hauptgegenstand <strong>der</strong><br />

Untersuchung war, ob die Briefe<br />

des Papstes Vigilius <strong>von</strong> ROM, die<br />

er Just<strong>in</strong>ian <strong>und</strong> <strong>der</strong> Theodora<br />

überreichte, echt wären. <strong>Die</strong>se<br />

Frage kommt auf, weil Papst<br />

Vigilius sich weigerte am <strong>Konzil</strong><br />

teilzunehmen, weil es nach se<strong>in</strong>em<br />

Dafürhalten e<strong>in</strong>e ureigene Sache<br />

des Kaiser Just<strong>in</strong>ian war. Das<br />

Untersuchungsergebnis stellte<br />

aufgr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>es Vergleiches<br />

mehrerer Exemplare die Echtheit<br />

<strong>der</strong> Handschriften fest.


Bezüglich <strong>der</strong> Verurteilung des<br />

Origenes versuchte man zu<br />

behaupten, <strong>der</strong> Name Origenes sei<br />

h<strong>in</strong>zugefügt worden, da er im 11.<br />

Anathem als letzter erwähnt wurde.<br />

Weiter führte man <strong>in</strong>s Feld, <strong>das</strong>s<br />

<strong>das</strong> Anathem gegen Origenes den<br />

ureigensten Wünschen des<br />

Theodoros Askidos wi<strong>der</strong>sprach<br />

<strong>und</strong> gegen den Willen dieses<br />

Mannes nicht durchgesetzt werden<br />

konnte. Und schliesslich wollte man<br />

e<strong>in</strong>wenden, <strong>das</strong>s e<strong>in</strong> Brief, <strong>der</strong><br />

vermutlich schon um 551<br />

geschrieben wurde, bei <strong>der</strong><br />

Auflistung <strong>der</strong> zu verdammenden<br />

Häretikern den Namen des<br />

Origenes nicht enthält. Dem ersten<br />

E<strong>in</strong>wand ist zu entgegnen, <strong>das</strong>s es<br />

folgerichtig ist, <strong>das</strong>s zuerst die<br />

an<strong>der</strong>en Häretiker genannt wurden,<br />

welche noch nicht verurteilt waren,<br />

weil Origenes bereits <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

kaiserlichen Edikt des Jahres 543<br />

verurteilt worden ist. Zum zweiten<br />

E<strong>in</strong>wand ist festzuhalten, <strong>das</strong>s<br />

Theodoros‘ Position <strong>der</strong> Ereignisse<br />

wegen nämlich <strong>der</strong> eigenmächtigen<br />

Inthronisierung des Bischofs<br />

Makarios <strong>in</strong> Jerusalem durch die<br />

Origenisten <strong>und</strong> die<br />

anschliessenden Unruhen<br />

geschwächt war, so <strong>das</strong>s se<strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>fluss <strong>in</strong> dieser Zeit nicht stark<br />

genug war. Zum letzten E<strong>in</strong>wand<br />

sei erwähnt, <strong>das</strong>s e<strong>in</strong>e erneute Verurteilung<br />

<strong>von</strong> Origenes durch die<br />

Klagen <strong>der</strong> paläst<strong>in</strong>ensischen<br />

Mönche aufgr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>es separaten<br />

Briefes Kaiser Just<strong>in</strong>ians an die<br />

Synode folgerichtig auch auf<br />

Origenes ausgedehnt wurde.<br />

- 11 -<br />

Des weiteren führt <strong>Die</strong>kamp an,<br />

<strong>das</strong>s bereits am Laterankonzil <strong>von</strong><br />

649 die vierzehn Anathematismen<br />

<strong>der</strong> <strong>5.</strong> Synode zitiert wurden. Er<br />

stellt ausserdem fest, <strong>das</strong>s<br />

sämtliche verglichenen<br />

Handschriften die angefochtenen<br />

Stellen enthielten.<br />

Zeugnisse e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>gehenden<br />

Behandlung <strong>der</strong> origenistischen<br />

Angelegenheit auf <strong>der</strong> fünften<br />

Synode selbst<br />

Bei dem e<strong>in</strong>gangs erwähnten<br />

zweiten Brief gegen Origenes<br />

handelt es sich um den Brief an<br />

e<strong>in</strong>e Synode gegen Origenes. <strong>Die</strong><br />

Verteidiger, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> <strong>5.</strong> <strong>Konzil</strong> die<br />

Wie<strong>der</strong>geburtslehre nicht verdammt<br />

hat, versuchten darzulegen, <strong>das</strong>s<br />

dieser Brief e<strong>in</strong>en Anhang an <strong>das</strong><br />

Edikt Just<strong>in</strong>ians des Jahres 543<br />

darstellt. <strong>Die</strong>kamp wi<strong>der</strong>spricht dem<br />

<strong>und</strong> zeigt aufgr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Gegenüberstellung des Briefes <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> 15 Anathematismen des <strong>Konzil</strong>s<br />

<strong>und</strong> unter Berücksichtigung des<br />

Ediktes vom Jahre 543 auf, <strong>das</strong>s es<br />

sich beim genannten Brief um jenen<br />

an die Synode selbst <strong>von</strong><br />

Konstant<strong>in</strong>opel drehen muss. Dr.<br />

Alivisatos neigt eher dazu, diesen<br />

Brief als Anhang zum Liber aus<br />

dem Jahre 543 zu sehen 26 . <strong>Die</strong>ser<br />

These kann nicht gefolgt werden,<br />

da <strong>Die</strong>kamps Gegenüberstellung<br />

dem überzeugend wi<strong>der</strong>spricht.<br />

26 Dr. Hamilcar S. Alivisatos a.a.O. S. 9 ff.


Unter Verweis auf Knecht 27 sei <strong>der</strong><br />

Brief – so <strong>Die</strong>kamp – fast se<strong>in</strong>em<br />

gesamten Inhalte nach verschieden<br />

vom kaiserlichen Edikte <strong>und</strong> ziele <strong>in</strong><br />

erster L<strong>in</strong>ie auf die Verurteilung <strong>der</strong><br />

Anschauungen gewisser Mönche <strong>in</strong><br />

Jerusalem, die ihre <strong>Lehre</strong>n auf die<br />

Philosophen Pythagoras, Plato <strong>und</strong><br />

Plot<strong>in</strong> <strong>und</strong> auf die <strong>Lehre</strong>r <strong>von</strong><br />

Origenes abstützten, während <strong>das</strong><br />

Edikt <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie Origenes<br />

verurteile. E<strong>in</strong> Grossteil <strong>der</strong><br />

erlassenen Anathematismen ist<br />

deckungsgleich mit dem Briefe. Nur<br />

gerade bei vier Anathematismen<br />

konnte e<strong>in</strong>e Übere<strong>in</strong>stimmung mit<br />

dem Edikte festgestellt werden. <strong>Die</strong><br />

zusätzlichen Anathematismen s<strong>in</strong>d<br />

mit ziemlicher Sicherheit auf den<br />

Libellus <strong>der</strong> orthodoxen resp.<br />

protoktistischen Mönche Paläst<strong>in</strong>as<br />

zurückzuführen, die 552 beim<br />

Kaiser vorstellig wurden. <strong>Die</strong><br />

Zusammengehörigkeit ergibt sich<br />

auch daraus, <strong>das</strong>s sich die<br />

Anathematismen gegen die<br />

Parteidogmen <strong>der</strong> isochristischen<br />

Mönche Paläst<strong>in</strong>as, die ihre<br />

Dogmen erst ab 547 entwickelten,<br />

richteten. Schon <strong>das</strong> alle<strong>in</strong> deutet<br />

darauf h<strong>in</strong>, <strong>das</strong>s zwischen dem Brief<br />

<strong>und</strong> dem Edikte e<strong>in</strong> Zeitablauf<br />

e<strong>in</strong>zufügen ist. <strong>Die</strong> auf diese Weise<br />

erfolgte Wie<strong>der</strong>belebung gab<br />

genügend Anlass, Origenes <strong>und</strong><br />

se<strong>in</strong>e Anhänger erneut zu<br />

verurteilen. Origenes wird bei <strong>der</strong><br />

Auffor<strong>der</strong>ung zur Verurteilung an<br />

die Bischöfe <strong>von</strong> Just<strong>in</strong>ian<br />

namentlich erwähnt <strong>und</strong> als gottlos<br />

bezeichnet. Damit s<strong>in</strong>d er <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e<br />

27 A. Knecht, <strong>Die</strong> Religionspolitik Kaiser Just<strong>in</strong>ians I.<br />

(Diss) Würzburg 1896. S. 16 zitiert <strong>in</strong> <strong>Die</strong>kamp<br />

a.a.O. S. 83 FN2.<br />

- 12 -<br />

authentischen Irrlehren noch e<strong>in</strong>mal<br />

mitverurteilt worden.<br />

Folgende Zusammenfassung des<br />

Briefes <strong>von</strong> Just<strong>in</strong>ian zeigt die<br />

wesentlichen Unterschiede zum<br />

Edikte <strong>von</strong> 543 auf, weist aber<br />

ausdrücklich noch e<strong>in</strong>mal auf die<br />

<strong>Lehre</strong> <strong>der</strong> Präexistenz <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Apokatastasis h<strong>in</strong>.<br />

„ <strong>Die</strong> origenistischen Mönche<br />

behaupten, geistige Wesen ohne<br />

Zahl <strong>und</strong> Namen haben<br />

ursprünglich durch die Identität <strong>der</strong><br />

Substanz, Kraft <strong>und</strong> Wirksamkeit,<br />

durch die Vere<strong>in</strong>igung mit dem Gott<br />

Logos <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Erkenntnis e<strong>in</strong>e<br />

E<strong>in</strong>heit gebildet. Als sie <strong>der</strong><br />

göttlichen Liebe <strong>und</strong> Anschauung<br />

überdrüssig wurden <strong>und</strong> sich zum<br />

Schlimmeren wandten, wurden sie<br />

nach dem Grade des Falles mit<br />

fe<strong>in</strong>eren o<strong>der</strong> gröberen Leibern<br />

umkleidet, wodurch die<br />

Unterschiede zwischen Engeln,<br />

Sonne, Mond, Gestirnen,<br />

Menschen <strong>und</strong> Dämonen<br />

entstanden. Nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger .... aus<br />

<strong>der</strong> ganzen .... <strong>der</strong> Vernunftwesen<br />

verharrte unerschüttert <strong>und</strong><br />

unentwegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Liebe <strong>und</strong><br />

Anschauung Gottes; er ist Christus,<br />

König, Gott <strong>und</strong> Mensch geworden.<br />

– E<strong>in</strong>e völlige Vernichtung <strong>der</strong><br />

Leiber wird e<strong>in</strong>treten. Der Herr<br />

selbst legt zuerst se<strong>in</strong>en Leib ab,<br />

gleich ihm alle übrigen. Alle kehren<br />

wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> dieselbe .... zurück <strong>und</strong><br />

werden .... , wie sie es <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Präexistenz waren. Selbst <strong>der</strong><br />

Teufel <strong>und</strong> die Dämonen treten <strong>in</strong><br />

dieselbe ... zurück, die schlechten


<strong>und</strong> gottlosen Menschen nicht<br />

m<strong>in</strong><strong>der</strong> wie die göttlichen <strong>und</strong><br />

gotterfüllten Männer <strong>und</strong> die<br />

himmlischen Mächte. Sie werden<br />

dieselbe Vere<strong>in</strong>igung mit Gott<br />

erlangen, die Christus hat, ebenso<br />

wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Präexistenz, so <strong>das</strong>s<br />

ganz <strong>und</strong> gar ke<strong>in</strong> Unterschied<br />

zwischen Christus <strong>und</strong> den übrigen<br />

Vernunftwesen bestehen wird,<br />

we<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Substanz, noch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Erkenntnis, noch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Macht, noch<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Wirksamkeit“ .<br />

Auch hier versuchten die Gegner,<br />

den Brief nicht Just<strong>in</strong>ian<br />

zuzuordnen, was <strong>Die</strong>kamp<br />

wi<strong>der</strong>legt, <strong>in</strong>dem er den praktisch<br />

deckungsgleichen Ingress zwischen<br />

dem Edikte <strong>und</strong> dem Brief an die<br />

Synode nachweist.<br />

Zahlreiche spätere Schriftsteller <strong>und</strong><br />

Gelehrten sprechen da<strong>von</strong>, <strong>das</strong>s<br />

am <strong>5.</strong> <strong>Konzil</strong> die <strong>Lehre</strong> <strong>der</strong><br />

Präexistenz verdammt wurde.<br />

Schon 557 meldete Kyrillos v.<br />

Skythopolis <strong>von</strong> Jerusalem, <strong>das</strong>s<br />

die <strong>5.</strong> Synode den Theodoros <strong>von</strong><br />

Mopsuestia, wie auch den Origenes<br />

<strong>und</strong> die <strong>Lehre</strong>n des Evagrios v.<br />

Didymos über die Präexistenz <strong>und</strong><br />

die Apokatastsis mit dem Anthem<br />

getroffen habe. E<strong>in</strong> ausserordentlich<br />

wichtiger Bericht e<strong>in</strong>es<br />

Zusammenfassung<br />

- 13 -<br />

Zusammenfassend kann festgehalten werden,<br />

Kirchenhistorikers <strong>und</strong> Advokaten <strong>in</strong><br />

Antiiochien namens Evagrios, 17<br />

jährig, also e<strong>in</strong> Zeitgenosse, <strong>und</strong><br />

streng orthodoxer Ges<strong>in</strong>nung (!),<br />

<strong>der</strong> mit hoher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

die Akten vor sich hatte, berichtet<br />

entsprechendes. Zufolge se<strong>in</strong>er<br />

orthodoxen Ges<strong>in</strong>nung ist kaum<br />

anzunehmen, <strong>das</strong>s er an<strong>der</strong>es<br />

berichtet als er gelesen hat. Auch<br />

ihm wollte man e<strong>in</strong>e Verwechslung<br />

mit dem Edikt 543 andichten.<br />

Weiter: Der Patriarch Elogios aus<br />

Alexandrien (580 - 680) schreibt<br />

wörtlich: ... „ <strong>und</strong> es ward die selige<br />

fünfte Synode gehalten unter dem<br />

Kaiser Just<strong>in</strong>ian gegen Origenes,<br />

Dydimos <strong>und</strong> Evagrios, die Thoren,<br />

die da schwätzen, unsere Seelen<br />

existierten früher, als die Leiber <strong>in</strong><br />

den Himmeln <strong>und</strong> die Strafe, die<br />

ewig ist, habe e<strong>in</strong> Ende. Alles dies<br />

verwarf die <strong>von</strong> Gott <strong>in</strong>spirierte<br />

Synode“ . <strong>Die</strong>kamp untersucht<br />

weitere Zeugnisse des 7. <strong>und</strong> des 8.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>und</strong> <strong>der</strong> folgenden<br />

Jahrhun<strong>der</strong>te, die zeigen, <strong>das</strong>s sich<br />

die Verbannung <strong>der</strong><br />

REINKARNATIONSLEHRE am <strong>5.</strong><br />

oek. <strong>Konzil</strong> <strong>in</strong> Konstant<strong>in</strong>opel überliefert<br />

hat. Er weist aber auch nach,<br />

<strong>das</strong>s tatsächlich bei alten Schriftstellern<br />

die Synoden <strong>von</strong> 543 <strong>und</strong><br />

<strong>553</strong> verwechselt wurden.


- 14 -<br />

1. <strong>das</strong>s <strong>das</strong> kaiserliche Edikt gegen Origenes <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Irrtümer im Januar<br />

543 zur Verdammung des Origenes unter dem Patriarchen Menas <strong>von</strong><br />

Konstant<strong>in</strong>opel führte. Sämtliche Patriarchen <strong>und</strong> auch <strong>der</strong> Papst Vigilius <strong>in</strong><br />

Rom stimmten dem EDIKTE zu, <strong>und</strong> unterzeichneten es. Es ist deshalb zu<br />

schlussfolgern, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Gesamtepiskopat die vom Kaiser bezeichneten<br />

Irrtümer des Origenes verworfen <strong>und</strong> ihn selbst mit dem Banne belegt hat.<br />

<strong>Die</strong>kamp führt dazu aus, <strong>das</strong>s diese E<strong>in</strong>mütigkeit, soweit es die<br />

Glaubenslehre betrifft, als e<strong>in</strong> def<strong>in</strong>itives, unfehlbares allgeme<strong>in</strong><br />

verb<strong>in</strong>dliches Urteil gelten muss.<br />

2. <strong>das</strong>s trotz des Ediktes die Streitigkeiten jedoch <strong>in</strong> Paläst<strong>in</strong>a andauerten;<br />

nach dem Tode des Nonnos im Jahre 547 spalteten sich die Origenisten <strong>in</strong><br />

die ISOCHRISTEN <strong>und</strong> die PROTOKTISTEN. Letztere verbündeten sich<br />

mit den Orthodoxen, da die Isochristen die Überhand erreichten <strong>und</strong> durch<br />

die eigenmächtige Erhebung des Makarios auf den dortigen Bischofsstuhl<br />

die Aufmerksamkeit Just<strong>in</strong>ians wie<strong>der</strong> auf sich zogen. <strong>Die</strong> Isochristen<br />

verbreiteten die <strong>Lehre</strong> des Origenes weltweit. Das war im November o<strong>der</strong><br />

Dezember 552. E<strong>in</strong> halbes Jahr zuvor hatte <strong>der</strong> Kaiser die ökumenische<br />

Synode e<strong>in</strong>berufen, zu e<strong>in</strong>em Zeitpunkt als die Origenistenfrage noch nicht<br />

aktuell war. Der Brief an die Bischöfe, <strong>in</strong> dem er diese auffor<strong>der</strong>te, die<br />

Irrlehren <strong>der</strong> paläst<strong>in</strong>ensischen Mönche zu verdammen <strong>und</strong> den<br />

beigefügten Anathematismen zuzustimmen, erfolgte demnach erst später.<br />

In diesem Brief verlangt er <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie die Verdammung <strong>der</strong> <strong>Lehre</strong>n <strong>der</strong><br />

damaligen Origenisten <strong>in</strong> Paläst<strong>in</strong>a. Origenes wird kaum erwähnt, obschon<br />

auch über ihn <strong>der</strong> Kaiser <strong>das</strong> Anathem for<strong>der</strong>t.<br />

3. <strong>Die</strong> Bischöfe, die zum <strong>Konzil</strong> geladen wurden, haben den kaiserlichen<br />

Auftrag ausgeführt. Über die Verhandlungen ist nicht viel bekannt. Nach<br />

<strong>der</strong> Erzählung des Kirchenhistorikers Evagrios ist anzunehmen, <strong>das</strong>s den<br />

Bischöfen <strong>der</strong> Brief des Just<strong>in</strong>ian <strong>und</strong> <strong>der</strong> Libellus (Büchle<strong>in</strong>, kle<strong>in</strong>e Schrift)<br />

<strong>der</strong> Isochristen <strong>und</strong> die 15 Anathematismen vorlagen.<br />

4. Papst Vigilius war an den Sitzungen nicht persönlich anwesend, da er sich<br />

gegen die Verwerfung <strong>der</strong> Dreikapitelslehre 28 29 wehrte <strong>und</strong> die Synode als<br />

28 Dreikapitelstreit: die teilweise bis <strong>in</strong>s 7. Jahrh. dauernden Streitigkeiten <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> lat. Kirche um die<br />

nachträgliche kirch. Verurteilung <strong>der</strong> zum Nestorianismus neigenden Theologen Theodor v. Mopsuestia,<br />

Theodoret v. Cyrus <strong>und</strong> Ibas v. Edessa (+457), <strong>und</strong> <strong>der</strong>en verurteilte Schriften s<strong>in</strong>d als die "drei Kapitel" (Kapitel =<br />

Verdammungsurteil) bezeichnet worden. <strong>Die</strong> Verurteilung erfolgte auf Bestreben Just<strong>in</strong>ians I. durch <strong>das</strong> <strong>5.</strong> allg.<br />

<strong>Konzil</strong>; Papst Vigilius stimmte nach langem Wi<strong>der</strong>stand zu (Brockhaus-Lexikon).<br />

29 Der Dreikapitelstreit wurde <strong>von</strong> Theodoros Askidos, e<strong>in</strong>em Origenisten <strong>der</strong> nea Laura des heiligen Sabbas <strong>und</strong><br />

Bischof <strong>von</strong> Caesarea <strong>in</strong> Kappadochien <strong>in</strong>itiiert, <strong>der</strong> die Orthodoxen, die die Verurteilung <strong>der</strong> Origenisten<br />

verursachten, dadurch erniedrigen wollte. Mit <strong>der</strong> Verurteilung <strong>der</strong> Drei Kapitel hat Just<strong>in</strong>ian den (‚se<strong>in</strong>en‘)<br />

e<strong>in</strong>heitlichen Glauben durchgesetzt <strong>und</strong> den Streitigkeiten zwischen Origenisten <strong>und</strong> Orthodoxen e<strong>in</strong> Ende<br />

gesetzt (vgl. Dr. Alivisatos, a.a.O. S. 28ff).<br />

Nestorianismus: aus <strong>der</strong> christl. Kirche Persiens hervorgegangene Glaubensgeme<strong>in</strong>schaft (3. Jahrh. nach<br />

Christus), den Monophysitismus ablehnend <strong>und</strong> im Gegensatz zur dogmatischen Stellung <strong>der</strong> byzant<strong>in</strong>ischen<br />

Reichskirche. Erzbischof <strong>von</strong> Istanbul Nestorius vertrat die Auffassung, <strong>das</strong>s die göttliche <strong>und</strong> menschliche Natur<br />

<strong>in</strong> Christus zu f<strong>in</strong>den sei. Mutter Maria wäre nicht die Mutter des göttlichen Christus, son<strong>der</strong>n die Mutter des<br />

menschlichen Christus. Auf dem <strong>Konzil</strong> <strong>von</strong> Ephesus (431), dem Räuberkonzil, wurde Nestorius zum Ketzer<br />

verurteilt, da er Jesus (lediglich!) als erleuchteten Menschen verstand. Damit erhielt die <strong>Lehre</strong> des<br />

Monophysitismus wie<strong>der</strong> überhand, die die göttliche Natur Jesus überbetonte. Am <strong>Konzil</strong> <strong>von</strong> Chalcedon (451)


- 15 -<br />

e<strong>in</strong>e ureigene Sache des Just<strong>in</strong>ian betrachtete. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Aussagen<br />

<strong>von</strong> Theodoros Askidos, des Kirchenhistorikers <strong>und</strong> Advokaten Evagrios ist<br />

da<strong>von</strong> auszugehen, <strong>das</strong>s er vorab zu <strong>der</strong> Verdammung <strong>der</strong> Irrlehren <strong>der</strong><br />

paläst<strong>in</strong>ensischen Mönche se<strong>in</strong>e Zustimmung erteilte 30 .<br />

<strong>5.</strong> <strong>Die</strong>kamp stellt die These auf, <strong>das</strong>s die Beratungen betr. <strong>der</strong> Verdammung<br />

<strong>der</strong> <strong>Lehre</strong>n des Origenes <strong>der</strong> Eröffnung <strong>der</strong> eigentlichen Synode betr. des<br />

Dreikapitelstreites am <strong>5.</strong> Mai <strong>553</strong> vorausgegangen s<strong>in</strong>d, aber nicht früher<br />

als im März <strong>553</strong> anzusiedeln seien. Dass im 11. Anathem Origenes<br />

zusätzlich zu den bereits 551 verdammten Häretikern erwähnt wird, weist<br />

darauf h<strong>in</strong>, <strong>das</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zwischenzeit Beratungen stattgef<strong>und</strong>en haben.<br />

6. <strong>Die</strong>kamp vertritt die These, <strong>das</strong>s selbst Just<strong>in</strong>ian nicht da<strong>von</strong> ausg<strong>in</strong>g, <strong>das</strong>s<br />

er den Brief betr. <strong>der</strong> Verurteilung <strong>der</strong> origenistischen <strong>Lehre</strong>n als Teil <strong>der</strong><br />

oek. Synode betrachtete. In se<strong>in</strong>em Brief spricht er ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Mal <strong>von</strong><br />

e<strong>in</strong>er Synode. Es sei deshalb nur folgerichtig, <strong>das</strong>s viele (spätere)<br />

Schriftsteller die Verurteilung <strong>der</strong> Origenisten mit Stillschweigen<br />

überg<strong>in</strong>gen, zumal als erste Sitzung erst jene vom <strong>5.</strong> Mai <strong>553</strong> bekannt ist.<br />

Auch <strong>der</strong> Umstand, <strong>das</strong>s sich Papst Vigilius die Akten betr. des Dreikapitelstreits<br />

zukommen liess, mag auch dazu beigetragen haben, <strong>das</strong>s im<br />

Abendlande zunächst <strong>von</strong> <strong>der</strong> Verurteilung <strong>der</strong> paläst<strong>in</strong>ensischen Mönche<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Erneuerung des Anathems über Origenes nichts bekannt wurde.<br />

7. <strong>Die</strong> allg. Verurteilung <strong>der</strong> Häretiker e<strong>in</strong>schliesslich des Origenes im 11.<br />

Anathem würde – so <strong>Die</strong>kamp – zufolge <strong>der</strong> Unbestimmtheit nicht<br />

genügen, um <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em unfehlbaren Urteil zu sprechen, obwohl er<br />

e<strong>in</strong>räumt, <strong>das</strong>s die gleichen Bischöfe an <strong>der</strong> Synode anwesend waren wie<br />

an <strong>der</strong> vorausgehenden Sitzung. <strong>Die</strong>se allgeme<strong>in</strong> gehaltene<br />

Anathematisierung genüge <strong>in</strong>dessen nicht, um sie den 15 Anathematismen<br />

gleichzusetzen. 31<br />

wurden die göttliche <strong>und</strong> menschliche Natur Jesus wie<strong>der</strong> bestätigt. <strong>Die</strong> Tatsache, <strong>das</strong>s <strong>in</strong> jedem Menschen e<strong>in</strong><br />

göttlicher Funke wirkt, <strong>der</strong> dazu bestimmt ist, über <strong>das</strong> Menschse<strong>in</strong> zur Gottheit h<strong>in</strong>aufzuwachsen, g<strong>in</strong>g im<br />

Me<strong>in</strong>ungsstreit völlig unter, obwohl am <strong>Konzil</strong> <strong>von</strong> Chalcedon (451) beide Naturen Jesu bestätigt wurden. Im Kern<br />

wurde die Aussage <strong>der</strong> zwei Naturen Jesu nicht verstanden. Denn <strong>das</strong> Universale Se<strong>in</strong> des Menschen (<strong>und</strong> nicht<br />

nur <strong>von</strong> Jesus) ist göttlich <strong>und</strong> menschlich. Mit <strong>der</strong> Streichung <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>karnationslehre aus dem christlichen<br />

Glaubensbekenntnis wird es dem christlichen Menschen – nach <strong>der</strong> christlichen <strong>Lehre</strong> – vorenthalten, <strong>das</strong><br />

Gottse<strong>in</strong> über den Weg <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>geburt (als Sieg über <strong>das</strong> Menschliche <strong>und</strong> auch Materielle) zu erwerben.<br />

30 Dr. Franz <strong>Die</strong>kamp, a.a O. S. 114 <strong>und</strong> 132, <strong>Die</strong>kamp räumt aber e<strong>in</strong>, <strong>das</strong>s es sich hier nur um e<strong>in</strong>e Zustimmung<br />

zu e<strong>in</strong>em Entwurfe Just<strong>in</strong>ians drehte. Es sei sodann nicht möglich, zu zeigen, <strong>das</strong>s Papst Vigilius‘ Zustimmung<br />

als e<strong>in</strong> endgültiges <strong>und</strong> die ganze Kirche b<strong>in</strong>dendes Urteil anzusehen gewesen wäre. Da aber nachträglich alle<br />

Bischöfe zustimmten, hätten die 15 Anathematismen e<strong>in</strong>e b<strong>in</strong>dende Bedeutung erlangt. Immerh<strong>in</strong> müsse<br />

e<strong>in</strong>geräumt werden, <strong>das</strong>s nur die paläst<strong>in</strong>ensischen Bischöfe ihre Zustimmung erteilten <strong>und</strong> dazu aufgefor<strong>der</strong>t<br />

wurden. Es besteht ke<strong>in</strong>e entschiedene Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, <strong>das</strong>s auch die übrigen Patriarchate zum Beitritte<br />

aufgefor<strong>der</strong>t wurden.<br />

31 Aehnlich: Holger Kersten, a.a.O. S. 152 ff. vertritt gar den Standpunkt, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> verme<strong>in</strong>tliche Verbot <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>verkörperungslehre nichts weiter als e<strong>in</strong> historischer Irrtum sei, da die offiziell dem Papst vorgelegten<br />

Protokolle nur die Sitzungen betr. des Dreikapitelstreits enthielten. Entscheidend sei, <strong>das</strong>s die Beschlüsse vom<br />

Papst hätten ratifiziert werden müssen, ohne dies sie nicht zu <strong>Konzil</strong>sbeschlüssen erhoben werden können.<br />

Holger führt auch an, <strong>das</strong>s <strong>von</strong> den 165 Bischöfen gerade e<strong>in</strong> Dutzend aus Westrom stammten. Nach ihm handelt<br />

es sich um e<strong>in</strong>en persönlichen Bannfluch des Kaisers <strong>und</strong> <strong>das</strong> verme<strong>in</strong>tliche Verbot des <strong>5.</strong> <strong>Konzil</strong>s würde e<strong>in</strong>en<br />

historischen Irrtum darstellen. Es wäre se<strong>in</strong>e Frau Theodora gewesen, die ihre Vergangenheit als Kurtisane<br />

auslöschen wollte <strong>und</strong> deswegen ihren gesamtem E<strong>in</strong>fluss auf den Regenten geltend machte, da sie <strong>der</strong> festen<br />

Ueberzeugung <strong>von</strong> <strong>der</strong> Wirksamkeit e<strong>in</strong>es solchen Verbannung war. Holger führt jedoch zu dieser letzten


- 16 -<br />

8. Abschliessend kann m. M. nach mit <strong>Die</strong>kamp trotz se<strong>in</strong>er Vorbehalte betr.<br />

<strong>der</strong> Unfehlbarkeit <strong>der</strong> Beschlüsse <strong>der</strong> <strong>5.</strong> Synode gr<strong>und</strong>sätzlich festgestellt<br />

werden, <strong>das</strong>s aufgr<strong>und</strong> des Ablaufs <strong>der</strong> Verhandlungen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Zusammensetzung<br />

<strong>der</strong> Teilnehmer <strong>und</strong> unter Berücksichtigung des<br />

kaiserlichen Ediktes <strong>von</strong> 543, dem die Gesamtkirche zustimmte, die<br />

Re<strong>in</strong>karnationslehre am <strong>5.</strong> oek. <strong>Konzil</strong> als Lehrgehalt gestrichen <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Bann über Origenes erneuert wurde. <strong>Die</strong>s selbst dann, wenn auch die<br />

Sitzungen betr. die Origenistenfrage den (eigentlichen) synodalen<br />

Sitzungen vorgelagert wurden. <strong>Die</strong> Ausführungen zur Unfehlbarkeit<br />

betreffen lediglich e<strong>in</strong>e kirchendogmatische Angelegenheit <strong>und</strong> än<strong>der</strong>n am<br />

Umstande nichts, <strong>das</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge die REINKARNATIONSLEHRE <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

abendländischen christlichen <strong>Lehre</strong> nicht mehr überliefert wurde. <strong>Die</strong>kamps<br />

diesbezügliche Feststellungen vermögen demnach nichts daran zu än<strong>der</strong>n,<br />

<strong>das</strong>s seit <strong>der</strong> Anathematisierung <strong>der</strong> <strong>Lehre</strong>n <strong>der</strong> paläst<strong>in</strong>ensischen Mönche<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Erneuerung des Bannes über Origenes im Jahre <strong>553</strong> die<br />

Re<strong>in</strong>karnationslehre <strong>in</strong> <strong>der</strong> christlichen <strong>Lehre</strong> zum Ersticken gebracht<br />

wurde 32 .<br />

Kontaktadresse:<br />

Claudia Zumtaugwald<br />

Postfach 6582<br />

6000 Luzern 6<br />

Schweiz<br />

Darstellung ke<strong>in</strong>e Quellenangabe an.<br />

32 Dr. Hamilcar Alivisatos äussert sich (an<strong>der</strong>s als Holger Kersten siehe FN 32) dah<strong>in</strong>gehend, <strong>das</strong>s <strong>Die</strong>kamp<br />

überzeugend nachgewiesen hätte, <strong>das</strong>s sich auch <strong>das</strong> <strong>5.</strong> Oek. <strong>Konzil</strong> mit Origenes beschäftigte <strong>und</strong> endgültig<br />

Origenes <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Anhänger verurteilte S. 27 dort (FN 3).


- 17 -<br />

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© Claudia Zumtaugwald, Luzern, 2005

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