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Heft 22, Februar 2008, Themenheft: Ernst Jünger - Sezession im Netz

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Entkoffeiniert<br />

Helmuth Kiesel: <strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong>.<br />

Die Biographie, Siedler: München<br />

2007. 716 S., geb, 24.95 €<br />

He<strong>im</strong>o Schwilk: <strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong>.<br />

Ein Jahrhundertleben, Piper:<br />

München 2007. 624 S., geb,<br />

24.90 €€<br />

Es gibt Kaffee, der wie Kaffee<br />

schmeckt, aber nicht wie Kaffee<br />

wirkt. Er ist entkoffeiniert. Auf<br />

den 10. Todestag <strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong>s<br />

hin sind zwei Biographien über<br />

den Mann erschienen, der viele,<br />

die sich als konservativ oder<br />

rechts bezeichnen, durch seine<br />

Werke erst aufs Gleis setzte.<br />

Diese Schüler <strong>Jünger</strong>s lernen<br />

soeben, während sie die Arbeiten<br />

He<strong>im</strong>o Schwilks und Helmuth<br />

Kiesels lesen, daß man sogar<br />

denjenigen entkoffeinieren<br />

kann, der Das abenteuerliche<br />

Herz verfaßte.<br />

Was kann zwei Biographen<br />

zeitgleich zu solchem Tun anspornen?<br />

<strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong> gehört<br />

ernst jünger <strong>im</strong> LandtVerlag<br />

© David Dambitsch<br />

© Deutsches Literaturarchiv Marbach<br />

© Martin Tielke<br />

Rezensionen<br />

www.landtverlag.de<br />

<strong>Sezession</strong> <strong>22</strong> · <strong>Februar</strong> <strong>2008</strong><br />

doch bis heute zu jenen Autoren,<br />

zu denen man sich nur als<br />

Enthusiast oder als Gegner stellen<br />

kann. Selbst linke Pamphletisten<br />

kamen nicht auf den Einfall,<br />

<strong>Jünger</strong> zu erledigen, indem<br />

sie ihn als harmlosen Käfer-,<br />

Wörter- und Anekdotensammler<br />

beschrieben und sein Werk<br />

für den Nachttisch empfahlen.<br />

In den Attacken, die etwa ein<br />

Nicolaus Sombart <strong>im</strong> Herbst<br />

1968 ritt, steckt die Panik jener<br />

Leser, zu denen während<br />

der <strong>Jünger</strong>-Lektüre eine St<strong>im</strong>me<br />

spricht: „Du mußt Dein Leben<br />

ändern“ – und die diesem (weit<br />

jenseits aller Politik liegenden)<br />

Anspruch zu genügen nicht bereit<br />

sind, weil er sie in die Gegnerschaft<br />

zum Zeitgeist zwänge.<br />

Der Streit um <strong>Jünger</strong> gipfelte<br />

1982, als ihm Frankfurt den<br />

Goethe-Preis verlieh. Angesichts<br />

der übermächtigen Gegner verfielen<br />

seine Verteidiger darauf,<br />

einen entschärften <strong>Jünger</strong> zu<br />

präsentieren. Man kann dieses<br />

Verhalten als die „Verschwilkung“<br />

<strong>Jünger</strong>s bezeichnen, ob-<br />

Margret Boveri und <strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong><br />

BRIEFWECHSEL AUS DEN JAHREN 1946 BIS 1973<br />

Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Roland Berbig,<br />

Tobias Bock und Walter Kühn<br />

Einmal haben sie sich nur getroffen, 27 Jahre lang verkehrten sie schriftlich<br />

miteinander: die Journalistin Margret Boveri und der Schriftsteller <strong>Ernst</strong><br />

<strong>Jünger</strong>. Über ihren einzigen Besuch bei <strong>Jünger</strong> schrieb Boveri einen ihrer<br />

berühmten Rundbriefe. Der Band enthält ferner Boveris Rezensionen<br />

<strong>Jünger</strong>scher Werke und korrespondierende Briefe Armin Mohlers.<br />

Geb., SU, Leseband, 320 S., 34,90 EUR. Subskriptionspreis bis 28.2.<strong>2008</strong>: 29,90 EUR.<br />

ISBN 978-3-938844-09-0<br />

Martin Tielke<br />

DER STILLE BÜRGERKRIEG<br />

<strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong> und Carl Schmitt <strong>im</strong> Dritten Reich<br />

wohl derjenige, der dem Verfahren<br />

nun seinen Namen leihen<br />

muß, selbst erst später mitzwir-<br />

ken begann.<br />

Seither wird der „Jahrhundertgestalt“<br />

das einzig Kategorische<br />

entzogen, was <strong>Jünger</strong> als<br />

Waffe gegen eine hypothetische<br />

Welt zu ergreifen vermochte: die<br />

Dynamik des Handelns und des<br />

Denkens mit unbedingtem Einsatz.<br />

Wo jeder Glaube und alles<br />

Institutionelle zersetzt und nihilisiert<br />

werden können, ist dieses<br />

Unbedingte das einzige, das<br />

„steht“.<br />

Schwilk hat bei Kiesel studiert,<br />

und die Verkaufszahlen<br />

zeigen, daß er seinen ehemaligen<br />

Lehrer in der Lesergunst<br />

übertroffen hat. Es mag daran<br />

liegen, daß ihm der Vorgang der<br />

Entkoffeinierung besser gelungen<br />

ist: Bei Kiesel spürt der wache<br />

Leser noch, daß etwas fehlt.<br />

Schwilk dagegen hat perfekt gearbeitet.<br />

Daher ist ihm aus unserer<br />

Sicht Kiesel vorzuziehen.<br />

Wiggo Mann<br />

Was nach 1945 als Rückgratlosigkeit gegenüber dem Nationalsozialismus, als<br />

»innere Emigration« abgetan wurde, war oft mehr als ein bloßer Rückzug ins<br />

Private. Es war die Folge eines stillen Bürgerkriegs. Martin Tielke, geb. 1948, ist<br />

seit 1981 wissenschaftlicher Bibliothekar bei der Ostfriesischen Landschaft in<br />

Aurich. Sein gedanklich tiefgehender und philologisch sorgfältig gearbeiteter<br />

Essay eröffnet neue Perspektiven auf <strong>Jünger</strong> und Schmitt. Eine Doppelbiographie<br />

auf 144 Seiten!<br />

Geb., SU, Leseband, 144 S., 9 teils farbige Abb., 24,90 EUR. ISBN 978-3-938844-08-3

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