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Fasnachtsgeschichte-Download - Läckerli Huus

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en mich immer nur Rosa genannt. Nach der<br />

Geschichte mit dem Kind wollte ich mit Rosa einen<br />

Schlussstrich ziehen. Und nannte mich nur<br />

noch Marie…»<br />

***<br />

Als Carlos Lucie kommen sah, strahlte er sie an:<br />

«Es gibt nur ein Menu… ich habe schon mal einen<br />

guten Weissen kalt stellen lassen und…»<br />

«Komm!», befahl die junge Frau. Und zog ihn vom<br />

Tisch fort, «Komm – ich habe eine Überraschung<br />

für dich… eine Riesenüberraschung.»<br />

***<br />

Als Carlos an der Hand der atemlosen<br />

Lucie in Maries oder eben Rosas Wohnung<br />

stolperte, und als er dann dort das<br />

Bild, SEIN Bild, im Fotorahmen sah, da<br />

wusste er: er war am Ziel.<br />

Die ältere Frau aber hatte ihn<br />

angestarrt: «Max… du<br />

siehst aus wie Max!».<br />

Und dann hatten sie<br />

einander umarmt. Und<br />

geweint. Beide.<br />

«Ich glaube, ich lasse euch<br />

jetzt besser allein…», sagte<br />

Lucie, leise die Türe schliessend.<br />

«Es tut mir so leid…» – es war Rosa, die<br />

als erste die Sprache fand. Und gleich wieder zu<br />

weinen anfing: «Aber es gab keine andere Lösung…<br />

immerhin warst du so bei deinem Vater».<br />

«Meinem Vater?» – Rosa lächelte: «Ja. Max hat es<br />

nie erfahren, aber wohl geahnt. Ich habe ihn gebeten,<br />

mir nie zu schreiben. Und er hat sich dieses<br />

Foto als Erinnerung mitgenommen. Ich wusste,<br />

dass Silvana wie eine Mutter zu dir schauen<br />

würde… sie ist ein wunderbarer Mensch…»<br />

«War», antwortete Carlos leise, «… war. Sie ist<br />

vor einigen Jahren durch einen Verkehrsunfall<br />

gestorben». Und dann flüsterte er: «Aber sie ist<br />

immer bei mir… sie hat mich gelehrt, das Glück<br />

festzuhalten, wenn es da ist».<br />

Es war mittlerweile bereits Donnerstag, kurz vor<br />

vier Uhr morgens. Die beiden schauten einander<br />

immer nur an. Sie sprachen nun kein Wort mehr.<br />

Sie hatten einander alles gesagt…<br />

Auf einmal war es, als würde die Stadt<br />

noch einmal beben. Die Trommeln<br />

liessen mit ihrer letzten Tagwach<br />

die Scheiben erzittern<br />

– «das ist der ‹Ändstraich›,<br />

der Schlusspunkt», lächelte<br />

Rosa. Und streichelte die<br />

Hände ihres Sohns. «Doch<br />

dann zieht wieder ein Jahr<br />

vorbei – und die Masken<br />

kommen erneut, um hinter<br />

ihren Larven die Wahrheit<br />

ans Licht zu bringen… und das<br />

ist gut so…»<br />

Draussen war es plötzlich ganz ruhig<br />

geworden. Die beiden schauten zur Fensterscheibe,<br />

wo die Stadt in gespenstischer Stille auf<br />

den grauen Morgen des Alltags wartete…<br />

-minu<br />

Basler Fasnacht: vom 18. bis am 20.2.2013<br />

«Zu mir oder zu dir?»...<br />

…so lautet das Motto der Basler Fasnacht 2013 (eine Anlehnung<br />

an die neu entflammte Fusions-Diskussion der beiden Basler Halbkantone).<br />

Die Plakette hat Kurt Walter gestaltet. Sie zeigt eine junge<br />

alte Tante aus Basel mit «Stäggeladäärne» und einen Baselbieter<br />

«Chienbäse»-Träger aus dem «Stedtli».<br />

Ab Fasnachtsdienstag, 19.2.2013, finden Sie unsere Schnitzelbangg-<br />

Auswahl unter www.laeckerli-huus.ch. Sie können sie auch in unseren<br />

Filialen abholen oder über Telefon 061 264 23 23 bestellen.<br />

<strong>Läckerli</strong> <strong>Huus</strong> AG<br />

Teichweg 9<br />

CH-4142 Münchenstein<br />

Phone +41 61 264 23 23<br />

www.laeckerli-huus.ch<br />

<strong>Fasnachtsgeschichte</strong> 2013<br />

Für alle Freunde der Basler Fasnacht<br />

Die rote Zigeunerin<br />

von -minu


Carlos schaute lächelnd den vorbeiziehenden<br />

Masken im alten Zunftrestaurant zu. Er war<br />

müde. Und immerhin seit drei Uhr morgens auf<br />

den Beinen.<br />

Der «Morgestraich» war wie eine gewaltige Lawine<br />

über ihn hereingebrochen – stundenlang<br />

hatte er im eiskalten Dunkeln gestanden, hatte<br />

sich von den Lichtern, die wie Lavaströme und<br />

tausend Glühwürmer durch die Nacht leuchteten,<br />

verzaubern lassen.<br />

Für zwei, drei Stunden hatte er vergessen, weshalb<br />

er eigentlich hier war. Das Foto im Mantelsack<br />

erinnerte ihn wieder daran. Und da spürte er<br />

plötzlich dieselbe Trauer und Süsse, wie dies die<br />

Märsche der träge dahinziehenden Cliquen in ihm<br />

auslösten: Glück und Leid in einem Vers – Glück<br />

und Leid in einem Leben.<br />

Carlos war Diamantenhändler in Brasilien. Die<br />

Kindheit war wild gewesen. Und an seine Baby-<br />

Jahre in Basel konnte er sich überhaupt nicht erinnern.<br />

Seine Mutter, eine Chilenin, hatte ihm immer wieder<br />

erzählt, wie sie Hals über Kopf aus Europa<br />

weggezogen seien. Wie sie mit ihm einige Jahre<br />

in ihrem Heimatort Tirana in Chile gelebt hätten.<br />

Und wie Max, der Vater, schliesslich in Rio das<br />

letzte Geld in eine Diamantengrube<br />

investiert und Glück gehabt hatte.<br />

Allerdings – er starb jung, als<br />

Carlos eben 19 Jahre alt war.<br />

Es war immer klar, dass Carlos<br />

als einziger Nachkomme<br />

die Geschäfte einmal übernehmen<br />

würde. Also erhielt<br />

er die beste Ausbildung.<br />

Der 30. Geburtstag sollte<br />

sein Leben verändern. Silvana,<br />

seine Mutter, nahm ihn<br />

bei den Händen: «Du musst etwas<br />

wissen: Du weisst, dass es nichts<br />

gibt, das ich lieber habe auf dieser Welt als<br />

dich. Das wird immer so bleiben. Und ich werde<br />

immer über dich wachen, wie deine richtige Mutter<br />

– aber ich bin eben nicht die richtige Mutter,<br />

Carlos. Du bist das Kind von Rosa. Sie führte damals<br />

in Basel unseren Haushalt. Und sie kam ins<br />

Unglück… denn in jener Zeit war es für eine Frau<br />

ein Unglück, ein uneheliches Kind zu haben.<br />

Max und ich haben ihr versprochen, immer auf<br />

dich aufzupassen – und bald schon sind wir mit<br />

dir in unser ungestümes Leben nach Südamerika<br />

aufgebrochen. Max wollte keinen Kontakt mit<br />

Rosa. Ich glaube er hatte Angst, dich an sie zu<br />

verlieren. Ich versuchte einmal heimlich, ihr zu<br />

schreiben – aber der Brief kam von Basel zurück.<br />

Es gab keine Rosa Marti.»<br />

Für Carlos war dies alles ein Schock. Seine<br />

Mutter umarmte ihn: «Max hat dich geliebt wie<br />

seinen richtigen Sohn. Und ich liebe dich auch<br />

wie eine Mutter ihren Sohn liebt. In meinem<br />

Heimatort kommen am «Carneval de la Tirana»<br />

die Geister der Verstorbenen auf die Erde. Sie<br />

führen die Lebenden auf den richtigen Weg.<br />

Und wachen über sie. Ich werde genauso immer<br />

über dich wachen…»<br />

Ein paar Jahre nach Silvanas Tod hatte er beim<br />

Aufräumen die Fotografie gefunden: eine lachende,<br />

junge Frau. Auf der Rückseite des Bildes<br />

stand: Rosa. Er buchte sofort einen Flug nach Basel.<br />

Zwei Tage vor der Fasnacht.<br />

Nun sass er also in diesem Zunfthaus. Und hatte<br />

plötzlich ein beklemmendes Gefühl: Was sollte<br />

das alles? Hier würde er seine Mutter<br />

nie finden. Das Ganze war eine<br />

absurde Idee und…<br />

Da klopfte ihm jemand auf<br />

die Schulter. Es war eine<br />

Zigeunerin im blutroten<br />

Rock. Und mit einer Larve,<br />

die rabenschwarze Augen<br />

und einen Kirschenmund<br />

zeigte.<br />

«Ich lese dir aus der Hand»,<br />

flüsterte die Maske – nahm seine<br />

Finger und wisperte: «Ich sehe<br />

ein grosses Glück für dich… hier in<br />

dieser Stadt…»<br />

Carlos schaute fasziniert in das Larvengesicht.<br />

Wie konnte man da nur atmen? Es hatte keine<br />

Nasenlöcher, keine Augenschlitze. Er lachte: «Das<br />

sagst du sicher jedem!».<br />

Die Zigeunerin wischte den Einwand energisch<br />

beiseite, wobei ihr rotes Armband mit den Funkelsteinen<br />

aufblitzte wie die Flammen der Hölle.<br />

Carlos zögerte kurz: irgendwo hatte er dieses<br />

Armband schon gesehen. Dann zog ihn die Zigeunerin<br />

weg zu einer jungen Frau: «Halt dich an<br />

sie…», flüsterte sie.<br />

***<br />

Lucie war schon seit einer Stunde im Zunfthaus.<br />

Auch sie genoss das frohe Treiben – eine Abwechslung<br />

nach einem harten Arbeitstag tat ihr<br />

gut. Sie führte das «Schäfchen», ein Altersheim<br />

im Kleinbasel. Und da war sie rundum auf Trab.<br />

Bevor sie um zehn Uhr Feierabend machte, klopfte<br />

sie an die Türe von Marie Marti. Sie mochte<br />

diese Frau. Ihr vertraute sie<br />

auch ihre Sorgen an: «Frau<br />

Marti – ist alles gut?»<br />

Die Frau schaute von ihrem<br />

Buch auf: «Alles wunderbar,<br />

mein Kind – geniesse<br />

noch ein bisschen die<br />

Fasnacht. Und mach‘ keine<br />

Dummheiten…» Lucie lachte<br />

laut auf: «Ach Frau Marti – dafür<br />

bin ich viel zu alt!»<br />

«Du bist eine attraktive, junge Frau Lucie – und<br />

ich wünschte mir manchmal, dass du dir dessen<br />

mehr bewusst wärst... Es gibt auch ein anderes<br />

Leben ausserhalb dieses Altensilos hier…»<br />

Die beiden waren sehr vertraut miteinander.<br />

Einmal, als Lucie die Fotografie mit der jungen<br />

Frau in die Hand nahm und fragte «Sind Sie<br />

das?», hatte ihr Marie Marti ihre ganze Lebensgeschichte<br />

erzählt. Von ihrem Sohn, den sie<br />

als Baby zum letzten Mal gesehen hatte. Und<br />

wie sie bis heute noch jeden Tag an ihn denken<br />

müsse: «Das ist wie Harz in deinem Herzen…<br />

ein schwerer Klumpen, der stets ein paar zähe<br />

Tränen hochbringt...»<br />

Marie Marti hatte später geheiratet. Einen Buchhalter.<br />

Als der Mann starb, hinterliess er eine passable<br />

Pension. Damit konnte sie sich die Altenwohnung<br />

im «Schäfchen» leisten – für viel mehr<br />

reichte es allerdings nicht.<br />

Und nun kam da plötzlich eine Zigeunerin mit einem<br />

gutaussehenden, schwarzhaarigen Mann an<br />

Lucies Tisch: «Das ist Carlos», flüsterte die Maske.<br />

Und war auch schon verschwunden.<br />

Zwischen den beiden funkte es, wie es eben oft<br />

nur an einer Fasnacht funken kann. Inmitten des<br />

Trubels erzählte Lucie von ihrer Arbeit, die ihr<br />

so viel Freude bereite. Carlos erzählte von Rio.<br />

Von seiner Mutter, die nicht seine Mutter war…<br />

und dann zog er ein Foto hervor: «Das ist Rosa.<br />

Natürlich ist es ein Unsinn, nach ihr zu suchen…»<br />

Später verabredeten sie sich auf Fasnachts-<br />

Mittwoch. «Es wäre das schönste Geschenk,<br />

wenn ich dich vor meiner Abreise zum<br />

Nachtessen einladen dürfte…»<br />

***<br />

Fasnachts-Dienstag hatte<br />

Carlos am besten gefallen<br />

– das war Anarchie und Kinderlachen,<br />

Geisterspuk und<br />

Kreativität. Einmal meinte er,<br />

inmitten des Gewimmels die<br />

rote Zigeunerin zu sehen, wie<br />

sie ihm zuwinkte. Ihr Armband<br />

hatte in der Sonne gefunkelt. Aber<br />

da war der Spuk auch schon vorbei.<br />

Er hatte zu viel getrunken. Schlief schlecht. Und<br />

da war auch wieder die Zigeunerin mit ihrem Larvengesicht,<br />

die flüsterte: «Wenn man das Glück<br />

sieht, muss man zugreifen, Carlos…» Er spürte,<br />

wie ihre Hand seinen Kopf streichelte – und dann<br />

schrak er plötzlich auf, war hellwach: das Armband.<br />

Das war doch das Armband seiner Mutter<br />

gewesen…<br />

***<br />

«Du hast dich verliebt!», strahlte Marie Marti, als<br />

Lucie sich am Mittwochabend bei ihr verabschiedete,<br />

«ich sehe es deinen Funkelaugen an und…»<br />

Ein spitzer Schrei unterbrach sie. «Das Bild…»<br />

Lucie nahm den Bilderrahmen in die Hände,<br />

«das ist doch genau dasselbe Bild…». Und dann:<br />

«… haben Sie sich einmal Rosa genannt?»<br />

«Ich heisse eigentlich Rosemarie», antwortete<br />

die Frau verunsichert. Und dann leiser: «Sie ha-

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