Bestimmung der Besonnung und Verschattung - Samos e.V.
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Die Erde dreht sich im Verlauf<br />
eines Jahres einmal um die Sonne<br />
<strong>und</strong> innerhalb eines Tages<br />
einmal um ihre zur Sonnenbahn<br />
um 23,5˚ geneigte Achse.<br />
Der jahres- <strong>und</strong> tageszeitlich unterschiedliche<br />
Sonnenstand erscheint<br />
dem Betrachter als Bewegung<br />
<strong>der</strong> Sonne um die Erde.<br />
Sonnenhöhenwinkel α<br />
Jahreszeitlich bedingte<br />
Einstrahlungswinkel<br />
Auszug aus:<br />
Handbuch <strong>der</strong> Gebäudetechnik,<br />
Band 1:<br />
Heizung/Lüftung/Energiesparen<br />
4. Auflage 2003, Werner Verlag,<br />
von Wolfram Pistohl<br />
<strong>Bestimmung</strong> <strong>der</strong> <strong>Besonnung</strong> <strong>und</strong> <strong>Verschattung</strong><br />
Sowohl die passive Nutzung <strong>der</strong> Sonnenenergie durch transparente<br />
Bauteile (Fenster, Fassaden, Wintergärten etc.) als auch die<br />
aktive Nutzung durch Sonnenkollektoren (Thermie) <strong>und</strong> Solarzellen<br />
(Photovoltaik) setzt die Kenntnis <strong>der</strong> jahres- <strong>und</strong> tageszeitlich<br />
vorhandenen möglichen Sonneneinstrahlung am betreffenden Ort<br />
voraus. Dabei sind folgende Punkte von Bedeutung:<br />
• Optimale Ausrichtung einer Fläche zur Himmelsrichtung (Azimutwinkel<br />
β) <strong>und</strong> Neigung zur Horizontalen (Höhenwinkel α)<br />
• Dauer <strong>und</strong> Richtung <strong>der</strong> Sonneneinstrahlung in Bezug auf einen<br />
bestimmten Punkt, z.B. die Fensterbrüstung eines Gebäudes<br />
• <strong>Verschattung</strong> durch Berge, Nachbargebäude <strong>und</strong> Bepflanzung<br />
zu bestimmten Jahres- <strong>und</strong> Tageszeiten.<br />
1. Sonnenhöhenwinkel α<br />
Durch die Drehung <strong>der</strong> Erde um die Sonne <strong>und</strong> die Schrägstellung<br />
<strong>der</strong> Erdachse um 23,5˚ zur Sonnenbahn-Ebene entstehen unterschiedliche<br />
Sonneneinfallswinkel im Verlauf eines Tages, aber<br />
auch im Verlauf des Jahres.<br />
Auf <strong>der</strong> nördlichen Halbkugel steht die Sonne im Sommer steiler,<br />
im Winter flacher zur Erdoberfläche.<br />
Ermittlung des Sonnenhöhenwinkels α<br />
Ermittlung des Sonnenhöhenwinkels α<br />
Zur Zeit <strong>der</strong> Tag- <strong>und</strong> Nachtgleiche (21. März bzw. 23. September)<br />
steht die Sonne mittags um 12.00 Uhr senkrecht über dem Äquator.<br />
Damit beträgt <strong>der</strong> Höhenwinkel an diesem Tag für einen Ort<br />
nördlich des Äquators: α2 = 90˚ – Φ.<br />
Zur Sommersonnenwende sind es, bedingt durch die Neigung <strong>der</strong><br />
Erdachse, um 23,5˚ mehr, zur Wintersonnenwende um 23,5˚ weniger<br />
als dieser Wert, jeweils bezogen auf mittags 12.00 Uhr.<br />
Allgemeine Formel, Beispiel Regensburg (Φ = 49˚ nördl. Breite):<br />
Frühling/Herbst: 21. März bzw. 23. September, 12.00 Uhr:<br />
α2 = 90˚ – Φ z.B. 90˚ – 49˚ = 41,0˚<br />
Sommer: 21. Juni, 12.00 Uhr:<br />
α1 = 90˚ – Φ + 23,5˚ z.B. 90˚ – 49˚ + 23,5˚ = 64,5˚<br />
Winter: 21. Dezember, 12.00 Uhr:<br />
α3 = 90˚ – Φ – 23,5˚ z.B. 90˚ – 49˚ – 23,5˚ = 17,5˚<br />
Φ Grad (˚) nördliche Breite. An<strong>der</strong>e Orte s. Abb. I 72/1.
2. Azimutwinkel β<br />
Bedingt durch die vorne beschriebene Umlaufbahn <strong>der</strong> Erde um<br />
die Sonne ist die scheinbare Sonnenbahn im Winter flacher geneigt<br />
als im Sommer, ferner ist die Sonnenscheindauer im Winter<br />
kürzer, d.h., die Sonne geht später auf <strong>und</strong> früher unter.<br />
Wichtig für die Stellung des Gebäudes ist neben dem Sonnenhöhenwinkel<br />
α deshalb vor allem auch <strong>der</strong> Horizontalwinkel, <strong>der</strong> sog.<br />
Azimutwinkel β, <strong>der</strong> die Abweichung von <strong>der</strong> Südrichtung in <strong>der</strong><br />
Projektion auf die Horizontalebene angibt.<br />
Sonnenbahnen im Verlauf des Jahres<br />
Bedeutung des Azimutwinkels<br />
Da <strong>der</strong> Azimutwinkel β im Winter sehr klein wird, je nach geographischer<br />
Lage etwa 45˚ bis 53˚ nach Ost bzw. West, wird im Winter<br />
fast nur die Südseite von <strong>der</strong> Sonnne länger beschienen.<br />
Die Hauptaufenthaltsräume, Kin<strong>der</strong>zimmer usw. sollten deshalb<br />
auf <strong>der</strong> Südseite liegen <strong>und</strong> möglichst bis zum Fußboden reichende<br />
Fenstertüren besitzen, damit die im Winter flach einfallende<br />
Sonnenstrahlung möglichst lange genutzt werden kann.<br />
Zur passiven Nutzung <strong>der</strong> Sonnenenergie im Winter sind also<br />
Ost-West-gerichtete Gebäude mit breiter Südseite Nord-Süd-gerichteten<br />
Gebäuden vorzuziehen. Da <strong>der</strong> Wind in <strong>der</strong> kalten Jahreszeit<br />
in <strong>der</strong> Regel meist von Westen kommt, bieten schmalere<br />
Westseiten auch weniger Angriffsflächen für den Wind.<br />
Orientierung <strong>der</strong> Fenster zur Sonne<br />
Für die Betrachtung <strong>der</strong> Sonneneinstrahlung<br />
im Verlauf eines Tages<br />
ist die tägliche Sonnenbahn,<br />
wie sie <strong>der</strong> Mensch auf <strong>der</strong> Erde<br />
wahrnimmt, von Bedeutung.<br />
Azimutwinkel β<br />
Südfassaden (links) erhalten<br />
im Winter den ganzen Tag Sonne,<br />
die bei entsprechend großen<br />
Fenstern bzw. Fenstertüren<br />
bis tief in die Räume eindringen<br />
kann.<br />
Ost- <strong>und</strong> Westfenster (rechts) erhalten<br />
im Winter nur kurzzeitig<br />
am Vormittag bzw. Nachmittag<br />
Sonne, <strong>und</strong> dies nur unter einem<br />
sehr kleinen Einstrahlungswinkel<br />
β (<strong>Verschattung</strong> durch die<br />
Fensterleibung).<br />
Das Beispiel gilt für den 21. Dezember,<br />
den ungünstigsten Tag.
3. Sonnenbahndiagramme<br />
<strong>Verschattung</strong>swinkel<br />
Um im Winter die Sonnenenergie optimal zur <strong>Besonnung</strong> nutzen<br />
zu können, sollten für die Wärme gewinnenden Fensterflächen<br />
o<strong>der</strong> für Solaranlagen keine längeren <strong>Verschattung</strong>en durch Berge,<br />
Nachbargebäude o<strong>der</strong> Bepflanzungen auftreten.<br />
Dies ist vor allem bei Nordhängen zu beachten, da bei flacher<br />
Sonneneinstrahlung im Winter auch bei größeren Abständen zu<br />
Nachbargebäuden evtl. gar keine <strong>Besonnung</strong> mehr möglich ist.<br />
In Diagrammen, die die wahrgenommene Sonnenbahn zu verschiedenen<br />
Jahreszeiten nachzeichnen, kann <strong>der</strong> aktuelle Sonnenstand<br />
(Sonnenhöhe <strong>und</strong> Azimut) zu einer bestimmten St<strong>und</strong>e<br />
(MEZ) an einem beliebigen Tag direkt abgelesen werden. Die<br />
Zeiten beziehen sich auf 15˚ östl. Länge, für an<strong>der</strong>e Längengrade<br />
verschieben sich die Zeitangaben um 4 Minuten pro Längengrad.<br />
Eine mögliche <strong>Verschattung</strong> des Gebäudes (z.B. eines Fensters,<br />
eines Wintergartens o<strong>der</strong> einer Photovoltaikanlage) durch ein<br />
Nachbargebäude, durch Mauern, Berge o<strong>der</strong> durch Bepflanzungen<br />
lässt sich mit Hilfe <strong>der</strong> folgenden Sonnenbahndiagramme bei<br />
bekannter Entfernung <strong>und</strong> Höhe eines bestimmten Punkts P (z.B.<br />
First o<strong>der</strong> Dachkante eines gegenüber liegenden Gebäudes) für<br />
die verschiedenen Tages- <strong>und</strong> Jahreszeiten einfach feststellen.<br />
Die Sonnenbahnhöhen nehmen aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> vorne beschriebenen<br />
geographischen Zusammenhänge nach Norden hin ab, <strong>und</strong><br />
zwar für jeden Breitengrad um 1˚ Sonnenhöhe. Deutschland liegt<br />
etwa zwischen Φ = 47,5˚ <strong>und</strong> 55˚ nördlicher Breite.<br />
Für die verschiedenen geographischen Breiten Φ sind deshalb<br />
unterschiedliche Sonnenbahndiagramme (für 48˚, 50˚, 52˚ <strong>und</strong> 54˚<br />
nördlicher Breite) angegeben. An<strong>der</strong>e Sonnenstandshöhen (z.B.<br />
für 49˚) können durch Interpolation ermittelt werden.<br />
Geographische Breitengrade für Deutschland
Erläuterungsbeispiel<br />
Bei bekanntem Abstand l <strong>und</strong> bekannter Höhe h des Punktes P,<br />
bezogen auf einen bestimmten Standpunkt ST, kann mit Hilfe <strong>der</strong><br />
ermittelten Azimut- <strong>und</strong> Höhenwinkel β <strong>und</strong> α eine Panorama-Maske<br />
erzeugt werden, auf <strong>der</strong> die Zeiten <strong>der</strong> <strong>Besonnung</strong> bzw. <strong>Verschattung</strong><br />
in Bezug auf den Betrachter ablesbar sind. Als Standpunkt<br />
wird i. Allg. die OKF Erdgeschoss o<strong>der</strong> z.B. die Fensterbrüstung<br />
in einem beliebigen Geschoss angenommen.<br />
Ermittlung des Sonnenhöhenwinkels α für die <strong>Verschattung</strong><br />
Zahlenwerte zum Erläuterungsbeispiel<br />
Punkt P1 P2 P3<br />
Länge l 30 m 24 m 18 m<br />
Höhe h 14 m 14 m 12,5m<br />
β 35˚ 0˚ 40˚<br />
α 1)<br />
25˚ 30˚ 35˚<br />
1)<br />
tan α = Höhe h / Länge l<br />
Blickrichtung ist Süden: Der Azimutwinkel<br />
β wird auf <strong>der</strong> Abszisse<br />
(Ost West), <strong>der</strong> Höhenwinkel<br />
α auf <strong>der</strong> Ordinate angetragen<br />
(senkrechte Kanten erscheinen<br />
in <strong>der</strong> Abb. senkrecht,<br />
horizontale leicht bogenförmig).<br />
Gr<strong>und</strong>riss. Azimutwinkel β<br />
Die Längen l1, l2, l3 <strong>und</strong> die Azimutwinkel<br />
β werden aus dem Lageplan<br />
entnommen, <strong>der</strong> Höhenwinkel<br />
α lässt sich bei bekannter<br />
Höhe h über tan α errechnen.<br />
Näherungsweise kann α auch<br />
vor Ort mit einem Winkelmesser<br />
abgeschätzt werden.<br />
Darstellung <strong>der</strong> <strong>Verschattung</strong> im Sonnenbahndiagramm (z.B. Regensburg, 49˚ nördl,. Breite)
Sonnenbahndiagramme für 48˚ <strong>und</strong> 50˚ nördliche Breite<br />
a) Sonnenbahndiagramm für 48˚ nördliche Breite<br />
b) Sonnenbahndiagramm für 50˚ nördliche Breite
Sonnenbahndiagramme für 52˚ <strong>und</strong> 54˚ nördl. Breite<br />
c) Sonnenbahndiagramm für 52˚ nördliche Breite<br />
d) Sonnenbahndiagramm für 54˚ nördliche Breite (nach Mazira: The Passiv Solar Energy Book)