Positionspapier des KWF- Arbeitsausschuß „Mensch und Arbeit ...
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<strong>Positionspapier</strong><br />
<strong>des</strong> <strong>KWF</strong>- <strong>Arbeit</strong>sausschusses <strong>„Mensch</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Arbeit</strong>“ zum Thema „<strong>Arbeit</strong>sschutz im<br />
naturgemäßen Wald“<br />
Ganzjährig laufende Holznutzungen, der Übergang zum<br />
naturnahen Waldbau, die Zertifizierung der Forstbetriebe<br />
<strong>und</strong> das geänderte Freizeitverhalten der Bevölkerung<br />
haben einen wesentlichen Einfluss auf die Sicherheit<br />
<strong>und</strong> den Ges<strong>und</strong>heitsschutz der im Wald arbeitenden Menschen <strong>und</strong> der<br />
Waldbesucher. Die naturnahe Bewirtschaftung der Bestände bringt Gefahren<br />
<strong>und</strong> Belastungen mit sich, die heute bereits sichtbar sind. Sie werden künftig<br />
noch zunehmen <strong>und</strong> müssen <strong>des</strong>halb bei den Bemühungen um einen<br />
wirkungsvollen <strong>Arbeit</strong>s- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz im Wald berücksichtigt werden.<br />
1. Ausgangssituation:<br />
1.1 Holzmarkt<br />
Die Globalisierung <strong>und</strong> die damit zunehmende Konkurrenz aus dem Ausland<br />
sind Realität. Holzbereitstellung „just in time“ ist die aktuelle Herausforderung<br />
<strong>und</strong> führt zu ganzjährigem Holzeinschlag in Nadelholz- <strong>und</strong> schwachen<br />
Laubholzbeständen sowie zu sehr frühem Laubstarkholzeinschlag bereits<br />
Ausgang <strong>des</strong> Sommers. Der Konzentrationsprozess in der Holzindustrie <strong>und</strong><br />
der technische Fortschritt bewirken steigenden Holzbedarf bei wenigen<br />
Marktpartnern, der über zentral vereinbarte Rahmenverträge mit zunehmenden<br />
Liefermengen befriedigt wird. Mit diesem Wandlungsprozess änderte sich auch<br />
die Sortenstruktur. Abnehmende Sortenvielfalt <strong>und</strong> wachsende Bedeutung der<br />
sogen. Massensortimente kennzeichnen den Wandel. Für die Forstämter<br />
bedeuten die veränderte Situation sowie die vielfach eingeführte Budgetierung<br />
der Forstbetriebe wachsenden Termindruck <strong>und</strong> neue Aufgaben, z.B. bei der<br />
Transportlogistik, aber auch Konkurrenz zwischen den Forstämtern.<br />
1.2 Zertifizierung:<br />
Die Zertifizierung FSC oder PEFC gibt u.a. klare Vorgaben hinsichtlich:<br />
• der Totholzanteile (min<strong>des</strong>tens 10%)<br />
• der Einhaltung der Schutzgesetze der <strong>Arbeit</strong>nehmer<br />
• <strong>des</strong> Bodenschutzes<br />
• der Feinerschließung der Bestände.<br />
1.3 Waldbau:<br />
Im Waldbau heißt die Prämisse heute „naturgemäß“. Inhalte wie:<br />
• Naturverjüngung<br />
• standortgerechte Artenvielfalt <strong>und</strong> Artenauswahl
Seite 2 zum <strong>Positionspapier</strong> „<strong>Arbeit</strong>sschutz im naturgemäßen Wald“<br />
• Zielstärkennutzung bzw. Einzelstammnutzung<br />
• gesteigerte Totholzanteile<br />
• angepasste Feinerschließung <strong>und</strong><br />
• ausreichender Bodenschutz<br />
bestimmen seit geraumer Zeit die Anforderungen an den modernen Waldbau.<br />
1.4 Geändertes Freizeitverhalten:<br />
Die Ansprüche der Waldbesucher haben sich in den letzten Jahren stark<br />
gewandelt. Der Wald ist häufig zum „Freizeit- <strong>und</strong> Fitnesszentrum“ geworden.<br />
Denjenigen, die den Wald in vielfältiger Weise zur Erholung <strong>und</strong> zum Sport<br />
nutzen, fehlt in der Regel je<strong>des</strong> Bewusstsein dafür, dass der Wald auch<br />
Wirtschaftsbetrieb ist. Dass im Wald Gefahren bestehen <strong>und</strong> zunehmen, die<br />
Leib <strong>und</strong> Leben bedrohen können, wird nicht erkannt.<br />
Die <strong>Arbeit</strong>nehmer sind z.T. verunsichert, weil ihnen die strafrechtliche<br />
Verfolgung bei einem Unfall mit Dritten (z.B. mit Totholz oder starker<br />
Sichtbehinderung) auch vom Betrieb nicht abgenommen werden kann.<br />
2. Auswirkungen:<br />
2.1 Auf den Fortbetrieb:<br />
Für die Forstbetriebe <strong>und</strong> damit für die Leitung sowie für alle Führungskräfte<br />
bedeuten o. g. Änderungen, dass heute mit weniger Mitteln (Finanzen,<br />
Personal) unter erschwerten Bedingungen höhere Leistungen zu erbringen<br />
sind.<br />
Im Einzelnen bedeutet das:<br />
• erhöhten Organisationsaufwand insgesamt<br />
• erhöhten Planungsaufwand ( z. B. Totholzmanagement)<br />
• erhöhten Schulungs- <strong>und</strong> Unterweisungsaufwand (z.B. auf dem Gebiet der<br />
Technik <strong>und</strong> <strong>des</strong> <strong>Arbeit</strong>sschutzes, Einsatz qualifizierterer <strong>Arbeit</strong>skräfte)<br />
• erhöhten Aufwand zur Verkehrssicherung (z.B. Absprache mit anderen<br />
Behörden)<br />
• erhöhten Koordinationsaufwand (z.B. Unternehmereinsatz,<br />
Fremdarbeitskräfte)<br />
• erhöhten Aufwand beim Vorhalten von Maschinen <strong>und</strong> Geräten ( Seilwinde,<br />
Kommunikationstechnik)<br />
• ggf. erhöhten Aufwand durch 2-maligen Einsatz auf der selben Fläche (1.<br />
Wertholz, 2.) Massenware)<br />
• erhöhten Aufwand bei Unfallverhütungs- <strong>und</strong> Unfallfolgekosten<br />
• erhöhten Kontrollaufwand
Seite 3 zum <strong>Positionspapier</strong> „<strong>Arbeit</strong>sschutz im naturgemäßen Wald“<br />
2.2 Auf die Mitarbeiter (Waldarbeiter)<br />
Die Mitarbeiter sind bei ihrer täglichen <strong>Arbeit</strong> durch die geänderten<br />
Bedingungen besonders betroffen.<br />
In naturgemäß bewirtschafteten Beständen treten bei Holzerntemaßnahmen<br />
folgende Behinderungen <strong>und</strong> Gefährdungen besonders zu Tage:<br />
• eingeschränkte Sichtbehinderung, die<br />
- das Auffinden der Bäume,<br />
- die Sicherung <strong>des</strong> Hiebsortes<br />
- <strong>und</strong> die Sicht in den Kronenraum<br />
erschwert<br />
• höheres Gewicht der Bäume durch die Belaubung<br />
• Totholzäste, hängengebliebene Äste <strong>und</strong> Totholzbäume<br />
• Gefahrenpotential benachbarter Bäume schwer einschätzbar<br />
• Kronenform <strong>und</strong> Schwerpunktverhältnisse sehr schwer einschätzbar<br />
• stärkere Beeinflussung <strong>des</strong> Fällvorganges durch Wind<br />
• Gefahr <strong>des</strong> Aufplatzens der Bäume bei der Fällung erhöht<br />
• Spannungen in Kronenteilen bei der Aufarbeitung schwieriger einzuschätzen<br />
• größere physische Belastung durch Keilarbeit<br />
• steigende Gefährdung mit zunehmendem Alter <strong>und</strong> Holzdimension<br />
• erschwerte Bestimmbarkeit der Baumhöhe<br />
• Fällschneise schwer einsehbar<br />
• erschwerte Kommunikation mit Teamkollegen (auch mit<br />
Kommunikationsgeräten)<br />
• Gefahrenbereiche sind allgemein nur schlecht einsehbar<br />
• erschwerte Begehbarkeit <strong>und</strong> Auffindbarkeit der Hiebsorte<br />
2.3 Auf Dritte:<br />
Mögliche Dritte (Waldbesucher; wie z.B. Sportler, Pilzsammler, Spaziergänger)<br />
sind generell gefährdet. Dies insbesondere, weil sie sich der Gefahren nicht<br />
bewusst sind. Daraus ergibt sich die berechtigte Frage, in wie weit es eine<br />
moralische Pflicht gibt, Waldbesucher <strong>und</strong> Öffentlichkeit über die zunehmenden<br />
Gefahren im Wald aufzuklären. Aus Sicht <strong>des</strong> <strong>Arbeit</strong>sausschusses sollte<br />
vermieden werden, dass erst Unfälle zur Aufklärung beitragen.<br />
Dritte können folgendermaßen betroffen sein:<br />
• erschwerte Zugänglichkeit <strong>des</strong> Wal<strong>des</strong> durch viele Sperrungen<br />
• erhöhte Gefahren durch Tothölzer oder holzerntebedingte Gefahren wie<br />
hängengebliebene Äste, abrollende Teile <strong>und</strong> Steine etc.<br />
• erhöhte Gefährdung durch Holzerntemaßnahmen
Seite 4 zum <strong>Positionspapier</strong> „<strong>Arbeit</strong>sschutz im naturgemäßen Wald“<br />
3. Gefährdungsbeurteilungen<br />
Zustand, Maßnahmen <strong>und</strong> Folgerungen lassen sich bestens mit dem<br />
Instrument der Gefährdungsbeurteilung beschreiben, daher sollen an dieser<br />
Stelle für Praktiker <strong>und</strong> Organisatoren Formblätter für die speziellen Fälle <strong>des</strong><br />
Totholzes <strong>und</strong> der Holzernte in naturgemäßen Wäldern bereitgestellt werden.<br />
Die Formblätter betreffen zum einen eigene <strong>Arbeit</strong>er, Fremdarbeiter (z.B.<br />
Unternehmer) <strong>und</strong> zum anderen Dritte<br />
3.1 Gefährdungsbeurteilung Totholz<br />
Innerhalb der internationalen <strong>Arbeit</strong>sgruppe "Gefährdungskatalog Forst" wird<br />
derzeit ein zweiter Teil dieses Kataloges erarbeitet, der die Themen "Totholz"<br />
<strong>und</strong> "Holzernte in hoher Naturverjüngung" enthält. Dieser 2-te Teil wird etwa<br />
Mitte 2004 vorliegen.<br />
3.2 Gefährdungsbeurteilung Holzernte in naturverjüngten Beständen<br />
Innerhalb der internationalen <strong>Arbeit</strong>sgruppe "Gefährdungskatalog Forst" wurde<br />
ein zweiter Teil dieses Kataloges erarbeitet, der die Themen "Totholz" <strong>und</strong><br />
"Holzernte in hoher Naturverjüngung" enthält.<br />
4. Folgerungen:<br />
Folgerungen können dem Seminarbericht zum Seminar „Das Spannungsfeld<br />
Waldbau, Naturschutz, Waldarbeit <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>ssicherheit im naturnahen Wald“ in<br />
Neuhaus am 08. <strong>und</strong> 09.10.2002 entnommen werden. (Seminarbericht<br />
Neuhaus.pdf)<br />
5. Literaturhinweise<br />
� Artikel in der AFZ 24 /2003,<br />
� BLB-Broschüre <strong>Arbeit</strong>ssicherheit aktuell - Waldarbeit<br />
� BUK Broschüre GUV 50.07<br />
� Artikel „Auswirkung naturnaher Waldwirtschaft auf die <strong>Arbeit</strong>ssicherheit“<br />
FTI Nr. 1-2/98