THEOLOGISCHES 5&6 - 2006 (pdf: ganzes Heft)
THEOLOGISCHES 5&6 - 2006 (pdf: ganzes Heft)
THEOLOGISCHES 5&6 - 2006 (pdf: ganzes Heft)
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
der Bibelwissenschaft eine wissenschaftliche Exegese zu<br />
betreiben versteht, die „bewahrt und bewegt“. Mit Ehrfurcht<br />
vor Gottes Wort und souveränem Fachwissen scheue Berger<br />
kein heißes Eisen und verstehe es, in wissenschaftlich und<br />
geistlich anspruchsvoller Art die dogmatische Exegese zu<br />
überwinden und dabei voll und ganz in der kirchlichen Tradition<br />
zu bleiben, so der Kardinal. Insofern ist das Verdienst, das<br />
Berger für eine authentische Auslegung der Heiligen Schrift<br />
zukommt, überhaupt nicht hoch genug einzuschätzen.<br />
Umso mehr enttäuscht, was Overath nun feststellen muss:<br />
Im Fazit lesen wir, dass Berger in seinen Positionen die mittelalterliche<br />
Häresie des Joachimitismus neu aufleben lässt, der<br />
die Kirche in ein neues Zeitalter einmünden sieht, in dem das<br />
„Wir Verräter Gottes“ 1 , so endet das Buch Klaus Bergers über<br />
eine Vision über die Einheit der Christen. Es sind starke<br />
Worte, die der Heidelberger Neutestamentler findet. Alle sollen<br />
Gott verraten haben, weil sie noch nicht die Einheit der<br />
Christen haben Wirklichkeit werden lassen.<br />
Berger schreibt als Neutestamentler, ist sich aber bewusst,<br />
dass er dabei aber nicht die „... kirchliche Tradition ...“ ausblenden<br />
darf 2 . Dabei wird nicht deutlich, was er darunter versteht.<br />
Meint er – mit Dei Verbum –, dass die göttliche Offenbarung<br />
in Schrift und Tradition uns geschenkt ist, oder aber<br />
möchte er sich taktisch vor den Katholiken verneigen? Die<br />
weiteren Ausführungen werden die Methode dieses Buches<br />
offenlegen. Er beruft sich auf die Tradition der evangelischen<br />
Klöster und blendet vollkommen aus, dass die Glaubensspalter<br />
des 16. Jahrhunderts einen vollkommen unchristlichen<br />
Klostersturm vom Zaun gebrochen haben und dabei die<br />
„Freiheit eines Christenmenschen“, insofern die „Christenmenschen“<br />
Mönche und Nonnen gewesen sind, mit Füßen<br />
getreten haben 3 . Da nützt es auch wenig, wenn er die Plastik<br />
aus dem Altenberger Dom heranzieht, die den heiligen Bernhard<br />
von Clairvaux und den die Mönchsgelübde brechenden<br />
Glaubensspalter Luther auf eine Stufe zu stellen wagt 4 .<br />
Berger schreibt viel aus seinem Leben, das ihn vom katholischen<br />
Priesteramtskandidat zum evangelischen Theologen<br />
brachte; der Leser merkt persönliche Verletzungen des<br />
Autors, so wenn er von einer persönlichen Entschuldigung<br />
des verstorbenen Kardinals Scheffczyk spricht 5 . Das Buch<br />
1 Klaus Berger: Glaubensspaltung ist Gottesverrat. Wege aus der zerrissenen<br />
Christenheit. München <strong>2006</strong>, 319.<br />
2 ebd. 21.<br />
3 ebd. 12–13. Vgl. dazu mein: „aus des geweihten Priesters Händen ... „Eucharistie<br />
und Klöster angesichts der lutherischen Neuerungen: Joseph Overath:<br />
Erst Deformation, dann Reformation. Zwischen Kircheneinheit und Glaubensspaltung.<br />
Siegburg 2003, 83 ff.<br />
4 ebd. 19; die Plastik verletzt die Gefühle eines katholisch denkenden Menschen<br />
schwer. Luther hat die Glaubensspaltung durch sein „Ich im Glauben“<br />
(Paul Hacker) zu verantworten, vgl. Erst Deformation, dann Reformation<br />
(wie Anm. 3) 69 ff.<br />
5 ebd. 16; Leo Kardinal Scheffczyk (1920–2005) war einer der größten<br />
deutschsprachigen Theologen seiner Zeit. Wer ihn hat persönlich kennenlernen<br />
dürfen, kann nur seine Güte und Freundlichkeit betonen und zugleich die<br />
profunde Kenntnis bewundern. Im Mittelpunkt seines theologischen Denkens<br />
stand das Katholische. Berger dagegen bekennt von sich, dass er immer<br />
katholisch sein wolle (17), aber sein Denken kann in keiner Weise mit dem<br />
eines Theologen verglichen werden, der das Ganze des Katholischen erreicht.<br />
JOSEPH OVERATH<br />
Klaus Berger – Sind wir alle Gottes Verräter?<br />
Ein gemäßigter Joachimitist und die Einheit der Christen<br />
Papsttum verschwinden und die „Hierarchie zunehmend<br />
unwichtig wird“. – Was den, der seine leider häufig undifferenzierten<br />
Äußerungen über die Scholastik (hier finden wir die<br />
wichtigsten Kritiker des Joachim von Fiore!) kennt, nicht verwundern<br />
wird. Ihm gehe es darum – so Overath – „das evangelische<br />
Verständnis vom Allgemeinen Priestertum ... via Frauenweihe<br />
der einen Kirche überzustülpen“. Dadurch erweise er<br />
uns Katholiken einen Bärendienst, weil er eine „Ökumenismusfalle“<br />
(Georg May) aufstelle, die eine besondere Gefahr<br />
darstellt, wenn man sie, getarnt etwa unter einigen gefälligen<br />
Äußerungen zur klassischen Liturgie, einem weitgehend<br />
ahnungslosen Publikum präsentiert.<br />
David Berger<br />
verzichtet auf Fußnoten ebenso wie auf ein Register der<br />
Sachen und Personen; weiterführende Literatur wird nicht<br />
genannt – es sei denn der Autor verweist auf seine Schriften<br />
...<br />
Vollkommen übersehen hat der gelehrte Neutestamentler,<br />
dass der Skandal der zerrissenen Christenheit sich auf Häresien<br />
zurückführen lässt.<br />
Denn es ist nicht zu bestreiten, dass die „Reformation“,<br />
wie die Vorgänge im 16. Jahrhundert etwas euphemistisch<br />
genannt werden, im Grunde eine Häresie war, wie etwa<br />
Hubert Jedin betonte 6 .<br />
Und ebenso steckt in der Glaubensspaltung vieles von Verachtung<br />
dem Papsttum gegenüber 7 . Man braucht nur an die<br />
widerlichen und krankhaften Ausbrüche Martin Luthers zu<br />
erinnern, die Fäkaliensprache, wenn es um den Nachfolger<br />
des hl. Petrus geht 8 , von seinen unentschuldbaren Pöbeleien<br />
gegen die Juden einmal abgesehen 9 .<br />
Berger glättet sehr, allzu sehr, wenn er sich auf die Plastik<br />
im Altenberger Dom beruft. Ökumene meint auch immer die<br />
ehrliche und offene Auseinandersetzung mit der Geschichte,<br />
aber der Neutestamentler bekennt sich da lieber zu Joachim<br />
von Fiore, dem es mehr um die Zukunft der Kirche gegangen<br />
ist, als um die Vergangenheit 10 .<br />
Es können nicht alle Unebenheiten der Anklageschrift<br />
Klaus Bergers behandelt werden; hier geht es um zwei große<br />
Fragestellungen: zum einen stellt sich die Frage nach dem<br />
Wert des „Joachimitismus“ und zum anderen geht es um den<br />
Umgang mit dem Neuen Testament im Hinblick auf das Weihesakrament.<br />
I.<br />
Der Neutestamentler bekennt sich zu einem gemäßigten<br />
Joachimitismus, d. h. er geht davon aus, dass die Hierarchie<br />
der Kirche in einem neuen Zeitalter der Kirche „... zuneh-<br />
6<br />
Hubert Jedin: Katholische Reformation oder Gegenreformation? Luzern<br />
1946, 27.<br />
7<br />
Remigius Bäumer: Martin Luther und der Papst. Münster 1970.<br />
8<br />
ebd. 94 ff., übrigens entlehnt Berger den Titel „Gottes Verräter“ seinem großen<br />
Vorbild Martin Luther. Luther hatte von „Gottesverächter“ im Hinblick<br />
auf die Päpste gesprochen.<br />
9<br />
Vgl. Reinhard Dörner (Hrsg.): „Lehrer des Glaubens?“ Luther einmal anders.<br />
Stadtlohn 2005.<br />
10<br />
Berger 32.<br />
– 147 – – 148 –<br />
2