THEOLOGISCHES 5&6 - 2006 (pdf: ganzes Heft)
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Ulrich Filler, Zerbrochene Herzen heilen. Neue Zugänge<br />
zur Beichte. Mit einem Geleitwort des Erzbischofs von Köln,<br />
Joachim Kardinal Meisner, Kisslegg (fe-medien) <strong>2006</strong>, 159<br />
Seiten, ISBN 3-928929-88-7, 5,– C.<br />
Wieder ein notwendiges und Not-wendendes Buch des Kölner<br />
Priesters und Publizisten, das einen Nerv der Zeit trifft:<br />
nach dem Porträt der hl. Schwester Faustyna Kowalska (vgl.<br />
Theologisches 10/2005, 671f.) mit ihrer von Papst Johannes<br />
Paul II. im Heiligen Jahr 2000 offiziell beglaubigten charismatischen<br />
Botschaft von der Barmherzigkeit Gottes ist es<br />
angebracht, den hierzulande (anders als in Polen!) verdrängten<br />
und vergessenen Ort der Erfahrung und Zuwendung der<br />
Barmherzigkeit neu vorzustellen, das Sakrament der<br />
Beichte. „Sakramente schenken Sicherheit“ (S. 55), in diesem<br />
Fall die Sicherheit der barmherzigen und gültigen Vergebung<br />
von Sündenschuld. Hier liegt auch schon das Problem,<br />
dem sich der Verfasser in flüssigen und klaren Worten<br />
gleich zu Beginn widmet, nämlich dem Schwund und Verlust<br />
des Sündenbewusstseins. So konnte es kommen, dass<br />
die Beichte zu einer Kinderangelegenheit degradiert wurde,<br />
die einem erwachsenen Christen, der weder „nascht“, noch<br />
mit Geschwistern streitet, aber auch nicht Mord, Totschlag<br />
oder Ehebruch praktiziert, nicht mehr angemessen sei. Als<br />
hätte die neue Enzyklika „Deus est Caritas“ Papst Benedikts<br />
XVI. Pate gestanden, beschreibt Filler dagegen die Sünde<br />
unter dem Aspekt der Liebe: „Sünde, das ist Ablehnung der<br />
Liebe zu Gott und zum Nächsten. Sünde ist im Grunde<br />
Selbstsucht und Egoismus, Sünde entspringt meinem Eigenwillen,<br />
der die Gebote übertritt, und meiner Eigenliebe, die<br />
in ungeordneter Weise an einem geschaffenen Gut hängt“<br />
(S. 30). Erst dann folgt die unverzichtbare Kasuistik zwischen<br />
Todsünden und lässlichen Sünden, Hauptsünden,<br />
Sünden gegen den Heiligen Geist und der Betonung des<br />
„Beichtgerichts“ (S. 67) Alle Aspekte der kirchlichen Bußlehre<br />
werden im Anschluss an den Weltkatechismus (KKK)<br />
aufgelistet und um historische (S. 77–83) Darlegungen zum<br />
Bußsakrament erweitert. Bei der Beschreibung der Bußpraxis<br />
hält sich Filler an biblische Beispiele, die den Einzelnen<br />
in seinem Gewissen zur ehrlichen Umkehr rufen. So kann er<br />
die Problematik der in jüngster Zeit eingeführten Bußgottesdienste,<br />
die ungewollt oder auch durch missbräuchliche<br />
Generalabsolutionen mit zum Zusammenbruch der Beichtpraxis<br />
führten, elegant umgehen und direkt eine praktische<br />
Theologie der Beichte entwerfen. In einer den erwachsenen<br />
Christen ernst nehmenden Form werden die schon Kindern<br />
vorzutragenden „fünf B“ als zeitlose Charakteristika des<br />
Beichtsakramentes erläutert: Besinnen, Bereuen, Bekennen,<br />
Büßen, Bessern. Auch zum konkreten Vollzug der Beichte<br />
bietet das Buch Textvorschläge und Dankgebete, vor allem<br />
von Heiligen. Unmissverständlich widerspricht der Autor<br />
dem bekannten Chanson „je ne regrette rien“ von Edith Piaf:<br />
„Ein wunderbares Lied mit einer schrecklichen Botschaft:<br />
ein trotziges Bekenntnis zur eigenen Vergangenheit, ein<br />
stolzes, hochmütiges Verweigern der Reue, Gleichgültigkeit<br />
an Stelle der Bitte um Vergebung“ (S. 112). In einem<br />
Anhang wird auch noch die Frage des Ablasses behandelt.<br />
Fillers Buch ist eine ermutigende Einladung zur Erneuerung<br />
der Beichtpraxis, ist didaktisch ausgezeichnet aufgebaut und<br />
in voller Übereinstimmung mit der Lehre der Kirche. Es<br />
kann das Sakrament der Beichte, die zugleich ein „von-<br />
B U C H B E S P R E C H U N G E N<br />
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weg“ und „zu-hin“ ist, als unverzichtbare Hinführung zu<br />
Christus und als Verdankung der Eucharistie neu veranschaulichen.<br />
Der Menschen Sehnsucht nach Heil, Geborgenheit<br />
und Frieden steht die korrespondierende Sehnsucht<br />
Gottes, der Barmherzigkeit, Freude, Heilung und Versöhnung<br />
schenken will, gegenüber. So wird klar, dass die Verweigerung<br />
der Beichte oder ihre modische Umdeutung in<br />
reine „Therapie“ (E. Drewermann; E. Biser) eine Ablehnung<br />
Gottes bedeutet. Denn allein der Beichtstuhl ist die<br />
christliche Antwort auf die oft atheistische Herausforderung<br />
der Psychoanalyse. Wirkliche psychische Erkrankungen<br />
gehören ohnehin in die Verantwortung des Mediziners (vgl.<br />
J. B. Torello, Psychoanalyse und Beichte, Wien 2005). Die<br />
Krise der Pastoral, der Gemeinden und ihrer Priester ist aber<br />
weitgehend eine Krise des Bußsakramentes. In ihm kommt<br />
die seelsorgerische Vollmacht und Sendung des geweihten<br />
Priesters wie nirgends sonst zum Tragen. In der Beichte<br />
werden Kreuz und Auferstehung des Herrn so real wie sonst<br />
nur in der nach der Ordnung der Kirche gefeierten Liturgie<br />
der heiligen Messe. Fillers praktisch-spirituelles Beichtbuch<br />
mit dem treffenden Titel „Zerbrochene Herzen heilen“, dem<br />
der Kölner Kardinal ein empfehlendes Geleitwort widmete,<br />
sollte eigentlich auf jedem katholischen Schriftenstand zu<br />
finden sein.<br />
S. H.<br />
Grzegorz Jankowiak, Volk Gottes vom Leibe Christi her.<br />
Das eucharistische Kirchenbild von Joseph Ratzinger in<br />
der Perspektive der Ekklesiologie des 20. Jahrhunderts<br />
(Bamberger Theologische Studien Bd. 28), Frankfurt am Main<br />
2005, 259 Seiten (ISBN 3-631-53430-2).<br />
Die Bamberger Dissertation des Stettiner Priesters Grzegorz<br />
Jankowiak (Jg. 1973) über das eucharistische Kirchenbild<br />
Joseph Ratzingers, wurde noch vor dessen Wahl ins Petrusamt<br />
abgeschlossen. Sie möchte die eucharistische Ekklesiologie<br />
des Konzils, die Eucharistieenzyklika Johannes Pauls<br />
II. und das an Augustinus anknüpfende Kirchenverständnis<br />
Ratzingers miteinander verknüpfen. Kirche als „mystischer<br />
Leib Christi“ (Enzyklika Pius’ XII. „Mystici Corporis“) und<br />
als „Volk Gottes“ („Lumen Gentium“, 2. Kapitel) sollten<br />
nicht – wie etwa bei Mannes Dominikus Koster OP – in<br />
einen Gegensatz zueinander gestellt werden, sondern mit<br />
der Eucharistielehre des Konzils und in Anknüpfung an die<br />
altkirchlich-orthodoxe Tradition zueinander vermittelt<br />
werden. Dies wird vom Autor mit vielen historischen Bezügen<br />
und unter Beachtung weiterer „Kirchenbilder“ des<br />
Konzils (komplexe Realität, Mysterium, Schafstall und<br />
Pflanzung, Gottes Bauwerk, Heiliger Tempel, makellose<br />
Braut und Mutter, Sakrament der Communio mit dem dreieinigen<br />
Gott) überzeugend und didaktisch geschickt dargelegt.<br />
Leider wird die ergänzende Gegenüberstellung zu<br />
einem personal-symbolischen Kirchenverständnis, wie es<br />
vor allem Charles Journet in seinem klassischen und immer<br />
noch nicht ins Deutsche übersetzten Werk „L’Église du<br />
Verbe incarné“, sowie Hans Urs von Balthasar in seinem<br />
Aufsatz „Wer ist die Kirche?“ (Einsiedeln 1961) und in<br />
seiner vielleicht konkretesten Ekklesiologie mit dem Titel<br />
„Der antirömische Affekt“ (Trier 2 1989) vorgeschlagen<br />
haben, nicht mit thematisiert. Dafür wird aber die Bedeu-