27.02.2013 Aufrufe

Shakespeare in Love - JochenEnglish

Shakespeare in Love - JochenEnglish

Shakespeare in Love - JochenEnglish

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

8<br />

globe<br />

Jochen Lüders<br />

What’s <strong>in</strong> a<br />

Beg<strong>in</strong>n<strong>in</strong>g?<br />

E<strong>in</strong>e Analyse der E<strong>in</strong>gangssequenz<br />

von <strong>Shakespeare</strong> <strong>in</strong> <strong>Love</strong><br />

<strong>Shakespeare</strong> <strong>in</strong> <strong>Love</strong> ist mit Recht e<strong>in</strong> Klassiker im englischunterricht<br />

der oberstufe. Neben e<strong>in</strong>er romantischen<br />

liebesgeschichte bietet der Film e<strong>in</strong>e ausgezeichnete<br />

e<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die elisabethanische Welt und ihr Theater.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus eignet er sich hervor ragend zur e<strong>in</strong>führung<br />

<strong>in</strong> die Filmanalyse und <strong>in</strong> close view<strong>in</strong>g.<br />

Besonders geeignet ist die E<strong>in</strong>gangssequenz<br />

bis 00:04:50, wenn Henslowe das Zimmer<br />

betritt. Diese Sequenz schauen wir uns m<strong>in</strong>destens<br />

dreimal an, jedes Mal unter e<strong>in</strong>em<br />

anderen Aspekt und mit e<strong>in</strong>er anderen Aufgabenstellung.<br />

U Pay special attention to …<br />

U Now, let’s focus/concentrate on …<br />

Dabei nehme ich die ersten beiden Male immer<br />

die deutsche Fassung (mit englischen<br />

Untertiteln), damit die Schüler<strong>in</strong>nen und<br />

Schüler zum<strong>in</strong>dest ke<strong>in</strong>e sprachlichen Probleme<br />

haben, die ihnen die Verarbeitung der<br />

vielfältigen Informationen noch zusätzlich erschweren<br />

würden.<br />

Im Folgenden s<strong>in</strong>d verschiedene Aspekte<br />

aufgeführt, die sich mit Hilfe der E<strong>in</strong>gangssequenz<br />

ansprechen lassen.<br />

Elisabethanisches Theater<br />

und se<strong>in</strong>e<br />

Produktionsbed<strong>in</strong>gungen<br />

E<strong>in</strong>en guten E<strong>in</strong>druck von der elisabethanischen<br />

Bühne bekommt man z. B. bei<br />

00:01:05 (ke<strong>in</strong> Dach, Vorstellungen bei Tag),<br />

00:01:26 (gallery) und 00:01:37 (Bühne mit<br />

groundl<strong>in</strong>gs). Zunächst e<strong>in</strong>mal beschreiben<br />

die Schüler, was sie sehen, und analysieren<br />

im nächsten Schritt die Unterschiede zu<br />

unserer Guckkastenbühne. Vor allem wenn<br />

ich Schüler habe, die selbst Theater spielen,<br />

besprechen wir:<br />

U How does it feel when the audience is so<br />

close to you?<br />

U What consequences might that have on<br />

your performance?<br />

Fakultativ kann man ansprechen, dass es im<br />

Laufe der Theatergeschichte immer wieder<br />

Versuche gegeben hat, die Trennung von<br />

Bühne und Zuschauern zu durchbrechen<br />

© CINETEXT<br />

(Zuschauer auf der Bühne, Schauspieler im<br />

Publikum usw.).<br />

Anhand von Across the river kann man<br />

ggf. H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen zur gesellschaftlichen<br />

Stellung des Theaters zu <strong>Shakespeare</strong>s<br />

Zeit geben: Zwischen verschiedenen<br />

Theatern herrscht direkte Konkurrenz: two<br />

playhouses were fight<strong>in</strong>g it out for writers<br />

and audience; ‘Across the river’ was the<br />

competition. Die Autoren (Marlowe/<strong>Shakespeare</strong>)<br />

konkurrierten unmittelbar mite<strong>in</strong>ander.<br />

Aus Fennymans And his ears wird klar, dass<br />

<strong>Shakespeare</strong> nur als e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>facher Schreiberl<strong>in</strong>g<br />

gilt – und nicht als das große Genie der<br />

Weltliteratur – beim Vorsprechen später wird<br />

deutlich, dass Marlowe der große Star der<br />

Zeit ist. <strong>Shakespeare</strong>s Stücke werden handwerklich<br />

„gemacht” bzw. „zusammengeklaut”<br />

(Prediger: I say, a plague on both their<br />

houses 00:06:32, vgl. Romeo and Juliet).<br />

Diese Entstehung von Literatur steht <strong>in</strong> deutlichem<br />

Kontrast zu unserer romantischen<br />

Vorstellung des genialen Dichters, den nach<br />

langem Grübeln plötzlich der Blitzstrahl der<br />

Inspiration trifft.<br />

Es herrscht e<strong>in</strong> enormer Zeitdruck (Let’s<br />

say we open <strong>in</strong> two weeks 00:03:12), die<br />

ökonomische Lage von Autoren ist miserabel:<br />

Share of the profits – There’s never any<br />

00:03:28 – oft werden mehrere Stücke<br />

gleichzeitig produziert.<br />

In diesem Zusammenhang lassen sich die<br />

elisabethanischen Verhältnisse mit heutigen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen (üppige Subventionen, lange<br />

Probenzeiten etc.) bzw. mit weitgehend<br />

privat f<strong>in</strong>anzierter Kultur z. B. <strong>in</strong> USA vergleichen.<br />

Verschiedene Verfremdungseffekte schaffen<br />

Distanz (detachment) und ironisieren das<br />

© CINETEXT<br />

WHAT’S NEW • SPRING 2009<br />

Dargestellte. So ist z. B. cash flow problem<br />

e<strong>in</strong> moderner Euphemismus aus dem Bereich<br />

der Wirtschaftswissenschaft (vgl. alcohol<br />

problem). Später geht <strong>Shakespeare</strong> zum<br />

shr<strong>in</strong>k (My weekly confession 00:06:45) und<br />

liegt auf e<strong>in</strong>er Freudschen Couch.<br />

Filmanalyse<br />

Je nach Vorwissen der Schüler<strong>in</strong>nen und<br />

Schüler kann man die Exposition nutzen, um<br />

Kenntnisse wiederholen zu lassen bzw. neue<br />

Term<strong>in</strong>i e<strong>in</strong>zuführen. Als kompakte Referenz<br />

können Sie dazu das Worksheet Selected<br />

terms for film analysis auf der Cornelsen<br />

Film Studies Website www.filmstudies.de<br />

nutzen.<br />

Der Film beg<strong>in</strong>nt mit e<strong>in</strong>er Komb<strong>in</strong>ation<br />

aus pann<strong>in</strong>g und tilt<strong>in</strong>g: vom Himmel/Univer­


WHAT’S NEW • SPRING 2009<br />

sum bis ganz nah auf den Boden, vielleicht<br />

e<strong>in</strong>e wunderbare (visuelle) Metapher für<br />

<strong>Shakespeare</strong>s Stücke, die das ganze Spektrum<br />

von lofty poetry (sky) bis zu derben Vulgaritäten<br />

für die groundl<strong>in</strong>gs umspannen.<br />

Bei 00:01:51 folgt e<strong>in</strong>e Überblendung<br />

(dissolve) mit Henslowe’s Schreien from the<br />

off. Danach e<strong>in</strong> fast motion zoom <strong>in</strong> 00:01:59<br />

zu Henslowe und Fennyman.<br />

U What effect does this shot have?<br />

U What would be different if there was a<br />

normal cut?<br />

Mögliche Antwort: Nach dem langsamen<br />

establish<strong>in</strong>g shot nimmt die Geschichte jetzt<br />

Tempo auf, the shot ‘pulls’ us <strong>in</strong>to the story.<br />

Es folgt e<strong>in</strong> cross-cutt<strong>in</strong>g zwischen Henslowe<br />

auf dem Weg zu <strong>Shakespeare</strong> und<br />

<strong>Shakespeare</strong> am Schreibtisch.<br />

Wenn beide das Haus verlassen haben: travell<strong>in</strong>g,<br />

forward/reverse and parallel track<strong>in</strong>g<br />

shots mit z. T. jerky picture bzw. schneller<br />

horizontaler Kamerabewegung, die das Bild<br />

„verwischt“ (swish pan). Wieder geht es um<br />

die Wirkung dieser E<strong>in</strong>stellungen: Maybe the<br />

jerky pictures are supposed to convey the<br />

enormous pressure under which <strong>Shakespeare</strong><br />

suffers.<br />

Weitere E<strong>in</strong>stellungen bzw. Kamerapositionen,<br />

die man e<strong>in</strong>führen bzw. wiederholen<br />

kann, s<strong>in</strong>d z. B. close-up (<strong>Shakespeare</strong>s Gesicht),<br />

extreme close-up (<strong>Shakespeare</strong>s Feder)<br />

bzw. low-angle shot bzw. POV (po<strong>in</strong>t-ofview)<br />

shot: <strong>Shakespeare</strong> oben auf dem Bett,<br />

Henslowe unten.<br />

Beobachtungen am Rande<br />

Tell<strong>in</strong>g names lassen Rückschlüsse auf die jeweilige<br />

Person zu. „Fennyman“ er<strong>in</strong>nert an<br />

„Pennyman“ (vgl. Pfennigfuchser) und beim<br />

„eiskalten“ Mr Frees denkt man an freeze,<br />

© C<strong>in</strong>etext Bildarchiv<br />

was e<strong>in</strong>en witzigen Kontrast zu Henslowes<br />

burn<strong>in</strong>g feet darstellt.<br />

Anhand von The Lamentable Tragedie of<br />

the MONEYLENDER REVENG’D (auf dem<br />

Flyer) und Mr Fennymans „Rache“ kann man<br />

das Verhältnis von Fiktion und Realität <strong>in</strong>nerhalb<br />

und außerhalb des Films anspechen.<br />

Informationen zum „Wahrheitsgehalt“ des<br />

Filmes f<strong>in</strong>det man z. B. im Nachwort der<br />

Reclam Ausgabe Norman/Stoppard <strong>Shakespeare</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Love</strong> (Nr. 9072).<br />

Falls Schüler den Film bereits kennen, kann<br />

man ansprechen, dass das shipwreck das<br />

(wunderbare) Ende des Films antizipiert<br />

(foreshadow<strong>in</strong>g und circular structure).<br />

Dass die größte Tragödie der Weltliteratur<br />

ursprünglich als knalliges Piratenstück (vgl.<br />

Fluch der Karibik) konzipiert war, ist e<strong>in</strong> Beispiel<br />

für humour.<br />

Der Film spielt immer wieder mit den<br />

Erwartungen des Zuschauers. So erwarten<br />

wir z. B., dass wir dem Genie <strong>Shakespeare</strong><br />

beim Verfassen e<strong>in</strong>es se<strong>in</strong>er weltberühmten<br />

Stücke zusehen, dabei probiert er lediglich<br />

ver schiedene Namen und Unterschriften aus<br />

00:04:23. An dieser Stelle lässt sich ggf. der<br />

endlose Streit um se<strong>in</strong>e Autorenschaft ansprechen.<br />

A bit with a dog ist e<strong>in</strong> runn<strong>in</strong>g gag, der<br />

immer wieder auftaucht und Henslowes<br />

erzwungene „Unterschrift“ amüsanter slapstick.<br />

Hamlets Schädel 00:04:00 und die Souvenir­Tasse<br />

aus Stratford­upon­Avon 00:04:36<br />

s<strong>in</strong>d witzige allusions, die dekodiert und erklärt<br />

werden sollten.<br />

Wenn Henslowe wegen des Pferdemists<br />

auf den Straßen auf Zehenspitzen geht<br />

00:04:07 und e<strong>in</strong> Nachttopf e<strong>in</strong>fach auf die<br />

Straße ausgeleert wird 00:04:11, erfahren<br />

Jochen Lüders unterrichtet<br />

Englisch und Sport am<br />

Maria-Theresia-Gymnasium<br />

<strong>in</strong> München. Er schreibt<br />

regelmäßig <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Blog<br />

www.jochenenglish.de<br />

globe<br />

wir etwas über die Lebensbed<strong>in</strong>gungen im<br />

elisabethanischen London.<br />

Tipps für den E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> Filmanalyse f<strong>in</strong>den<br />

Sie unter: www.jochenenglish.de/?p=834<br />

What You Will: <strong>Shakespeare</strong><br />

80 Seiten, Kopiervorlagen<br />

[Best.-Nr. 371131]<br />

978-3-464-37113-8 27 21,95<br />

9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!