Martinskirchengemeinde Ahlten - Kirchenkreis Burgdorf
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AUF EIN WORT<br />
Leuchtet ein Stern? Ein etwas anderes Weihnachtsbild<br />
„Da liegt es, das Kindlein, auf Heu und auf Stroh;<br />
Maria und Josef betrachten es froh. Die redlichen<br />
Hirten knien betend davor; hoch droben schwebt<br />
jubelnd der Engelein Chor.“ So lautet die dritte<br />
Strophe des bekannten Weihnachtsliedes „Ihr<br />
Kinderlein kommet“, die treffend die gängige<br />
Vorstellung von der Geburt Christi beschreibt: Das<br />
Kind in der Krippe, Maria und Josef, die anbetenden<br />
Hirten. Ungezählte Male gemalt und besungen.<br />
Es ist das Bild, das vor unserem inneren<br />
Auge erscheint, wenn wir an Weihnachten denken.<br />
Das Bild, das uns mit Freude erfüllt.<br />
Auch auf unserem Bild liegt ein Kind, eingehüllt<br />
in ein weißes Tuch, am Straßenrand einer<br />
Großstadt in Lateinamerika. „Der Tod im<br />
Rinnstein“, lautete die Überschrift des Fotos, das<br />
die Nachrichtenagenturen verbreiteten. Es zeigt<br />
einen zweijährigen, unterernährten Jungen, den<br />
seine Eltern erwürgt und am Straßenrand liegen<br />
gelassen haben. Armut trieb sie in diese verzweifelte<br />
Tat. Kinder und Jugendliche umringen das<br />
Kind, herbeigelockt weniger durch den Wahnsinn,<br />
der in vielen Ländern zum schrecklichen Alltag<br />
gehört, sondern durch den seltenen Anblick eines<br />
Fotoreporters. Das Schicksal des Kindes ist kein<br />
Einzelfall. Es steht stellvertretend für die ungezählten<br />
Kinder, die jährlich von ihren Eltern verstoßen<br />
und z. T. getötet werden, stellvertretend<br />
für die 35.000 Kinder, die laut der britischen<br />
8<br />
Organisation „Oxam“ täglich weltweit an armutsbedingten<br />
Krankheiten sterben.<br />
Doch warum gerade an Weihnachten an diese<br />
schrecklichen Wahrheiten erinnern? Warum steht<br />
dieses Foto neben der Vorstellung, die das<br />
Kirchenlied in uns wachruft? Die Antwort gibt die<br />
Bibel. Auf die Geburt Christi folgen im Matthäus-<br />
Evangelium die Flucht der Heiligen Familie nach<br />
Ägypten und der Kindermord in Bethlehem. Und<br />
weil auch fast zweitausend Jahre nach der Geburt<br />
Jesu weltweit Kinder verhungern, an Armut sterben,<br />
missbraucht und ermordet werden, ist dieses<br />
Foto „Der Tod im Rinnstein“ zu Recht auch ein<br />
Weihnachtsbild. Wenn in unserer vertrauten<br />
Weihnachtsgeschichte der Engel die frohe<br />
Botschaft an die Hirten verkündet, so ist es in<br />
diesem Bild eher die drängende Frage des Engels:<br />
Warum? Warum lehnen Menschen das tägliche<br />
Angebot Gottes, ihn als Kind aufzunehmen, ab?<br />
Warum feiern wir dennoch Weihnachten als das<br />
Fest, an dem Gott in einem Kind zu den<br />
Menschen gekommen ist? Oder anders gesagt:<br />
Weihnachten kann nicht nur als Fest der Freude<br />
gefeiert werden; Weihnachten enthält immer<br />
auch die Aufforderung, umzukehren und einzutreten<br />
für die Kinder der Welt, die Stimme zu<br />
erheben, damit Armut und Verzweiflung Eltern<br />
nicht mehr in den Wahnsinn treiben, ihr Kind zu<br />
töten.<br />
Die Geburt Christi hat einen Sinn, einen Sinn,<br />
den wir täglich erneuern, wenn wir umkehren und<br />
für die Menschen eintreten. Dann kann ihnen<br />
„ein Stern der Hoffnung leuchten“. Das ist die<br />
Botschaft jedes Kindes. Darum lassen Sie uns die<br />
Weihnachtsgeschichte hören – einerseits um uns<br />
mit innerer Freude zu erfüllen; andererseits um<br />
uns zum Einsatz für das Leben zu stärken. So wird<br />
Christus lebendig, so leuchtet ein Stern der<br />
Hoffnung.<br />
Ihr Henning Runne