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Jugendliche als Opfer und Täter von Gewalt in Wolfsburg Dirk Baier

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KRIMINOLOGISCHES<br />

FORSCHUNGSINSTITUT<br />

NIEDERSACHSEN E.V.<br />

<strong>Jugendliche</strong> <strong>als</strong> <strong>Opfer</strong> <strong>und</strong> <strong>Täter</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong><br />

<strong>Dirk</strong> <strong>Baier</strong><br />

2011<br />

Forschungsbericht<br />

Forschungsbericht Nr.


__________________________________________________<br />

FORSCHUNGSBERICHT<br />

__________________________________________________<br />

<strong>Jugendliche</strong> <strong>als</strong> <strong>Opfer</strong> <strong>und</strong> <strong>Täter</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong><br />

<strong>Dirk</strong> <strong>Baier</strong><br />

2011<br />

Krim<strong>in</strong>ologisches Forschungs<strong>in</strong>stitut Niedersachsen e.V. (KFN)<br />

Lützerodestraße 9, 30161 Hannover<br />

Tel. (05 11) 3 48 36-0, Fax (05 11) 3 48 36-10<br />

E-Mail: kfn@kfn.uni-hannover.de<br />

3


Inhaltsverzeichnis<br />

Danksagung ............................................................................................................................... 7<br />

Zusammenfassung .................................................................................................................... 9<br />

1. Krim<strong>in</strong>alität im Polizeilichen Hellfeld .............................................................................. 15<br />

2. Stichprobenziehung <strong>und</strong> Stichprobenbeschreibung ....................................................... 21<br />

2.1. Stichprobenziehung, Rücklauf <strong>und</strong> Befragungsdurchführung ...................................... 21<br />

2.2. Stichprobenbeschreibung .............................................................................................. 23<br />

2.3. E<strong>in</strong>schätzung der Befragung ......................................................................................... 28<br />

3. <strong>Jugendliche</strong> <strong>als</strong> <strong>Opfer</strong> <strong>und</strong> <strong>Täter</strong> del<strong>in</strong>quenten Verhaltens ........................................... 31<br />

3.1. <strong>Opfer</strong>erfahrungen .......................................................................................................... 31<br />

Exkurs: <strong>Opfer</strong>erfahrungen <strong>in</strong> der Schule .............................................................................. 37<br />

3.2. <strong>Täter</strong>schaft ..................................................................................................................... 40<br />

3.3. Bed<strong>in</strong>gungsfaktoren der <strong>Täter</strong>schaft ............................................................................. 44<br />

Exkurs: <strong>Gewalt</strong> gegenüber Autoritäten ............................................................................... 67<br />

4. Alkohol- <strong>und</strong> Drogenkonsum ............................................................................................ 71<br />

5. Schulschwänzen .................................................................................................................. 77<br />

6. (<strong>Gewalt</strong>)Medienkonsum <strong>und</strong> Computerspielabhängigkeit ............................................ 81<br />

6.1. E<strong>in</strong>führende Überlegungen ............................................................................................ 81<br />

6.2. Medienausstattung, -konsumzeiten <strong>und</strong> -<strong>in</strong>halte ........................................................... 82<br />

6.3. Computerspielabhängigkeit ........................................................................................... 87<br />

7. Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit <strong>und</strong> Rechtsextremismus bei deutschen <strong>Jugendliche</strong>n ............. 95<br />

8. Integration <strong>von</strong> nichtdeutschen <strong>Jugendliche</strong>n ............................................................... 101<br />

Literaturverzeichnis ............................................................................................................. 109<br />

5


Danksagung<br />

In diesem Bericht werden Ergebnisse e<strong>in</strong>er Befragung <strong>von</strong> 1.191 Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schülern 1<br />

der neunten Jahrgangsstufe vorgestellt, die Ende des Schuljahrs 2009/2010 <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong><br />

durchgeführt wurde. Der thematische Fokus der Befragung lag auf den Erfahrungen, die die<br />

Schüler mit <strong>Gewalt</strong> gemacht haben, wobei sowohl die <strong>Opfer</strong>- <strong>als</strong> auch die <strong>Täter</strong>erfahrungen<br />

erfragt wurden. Daneben wurden zahlreiche, <strong>als</strong> Ursachen <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong>verhalten e<strong>in</strong>zustufende<br />

Faktoren erfasst, so dass die Befragung nicht nur den Anspruch e<strong>in</strong>er Dunkelfeldstudie 2 hat,<br />

sondern vielmehr e<strong>in</strong>e Sozi<strong>als</strong>tudie darstellt, die es erlaubt, die Situation der derzeit heranwachsenden<br />

Jugendgeneration <strong>Wolfsburg</strong>s facettenreich abzubilden. Dies ist auch deshalb der<br />

Fall, weil weitere Schwerpunkte der Befragung wie die Untersuchung <strong>von</strong> ausländerfe<strong>in</strong>dlichen<br />

E<strong>in</strong>stellungen <strong>und</strong> rechtsextremen Verhaltensweisen sowie <strong>von</strong> Medienumgangsweisen<br />

über die klassische krim<strong>in</strong>ologische Perspektive h<strong>in</strong>aus reichen. In vergleichbarer Weise wurde<br />

bereits <strong>in</strong> früheren Schülerbefragungen des Krim<strong>in</strong>ologischen Forschungs<strong>in</strong>stituts Niedersachsen<br />

(KFN) vorgegangen, was e<strong>in</strong>erseits zu wertvollen praxisrelevanten Ergebnissen geführt<br />

hat; andererseits hat dies den Vorteil, dass damit umfangreiche Vergleichsdaten aus früheren<br />

Befragungen zur Verfügung stehen, die es erlauben, die Ergebnisse zu <strong>Wolfsburg</strong> neben<br />

die Ergebnisse anderer Gebiete zu stellen. In der nachfolgenden Ergebnisvorstellung wollen<br />

wir dabei vor allem auf e<strong>in</strong>e Schülerbefragung e<strong>in</strong>gehen, die <strong>in</strong> den Jahren 2007 <strong>und</strong> 2008<br />

durchgeführt wurde <strong>und</strong> <strong>in</strong> deren Rahmen fast 45.000 <strong>Jugendliche</strong> deutschlandweit repräsentativ<br />

erreicht wurden. Die Befragung <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> wurde nach demselben methodischen<br />

Vorgehen <strong>und</strong> unter Benutzung e<strong>in</strong>es weitestgehend identischen Fragebogens durchgeführt,<br />

so dass e<strong>in</strong>e Vergleichbarkeit beider Befragungen unmittelbar gegeben ist.<br />

Dass es möglich war, <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> e<strong>in</strong> solches Projekt durchzuführen, verdanken wir der f<strong>in</strong>anziellen<br />

Unterstützung der Stadt. Diesbezüglich möchten wir unseren Dank Herrn Oberbürgermeister<br />

Prof. Rolf Schnellecke aussprechen. Frau Anja Throl, Fachkraft für Krim<strong>in</strong>alprävention<br />

<strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong>, hat es übernommen, die Koord<strong>in</strong>ation der Befragung zu übernehmen.<br />

Mit ihr haben wir Gespräche zur Anlage der Studie geführt <strong>und</strong> sie stand uns bei der Vorbereitung<br />

<strong>und</strong> Durchführung der Befragung jederzeit <strong>als</strong> Ansprechpartner zur Verfügung, wofür<br />

wir uns herzlich bedanken möchten.<br />

Die Befragungen der Schüler werden <strong>in</strong> allen KFN-Schülerbefragungen im vertrauten Umfeld<br />

der Schulklasse während des Unterrichts durchgeführt. Diese Aufgabe wird dabei nicht den<br />

Lehrkräften übertragen, sondern sie wird <strong>von</strong> Testleitern übernommen, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Schulung<br />

auf ihre Tätigkeit vorbereitet werden. Aufgabe der Testleiter ist es dabei nicht nur, die Befragungen<br />

<strong>in</strong> standardisierter Weise durchzuführen; sie vere<strong>in</strong>baren auch selbst die Befragungsterm<strong>in</strong>e<br />

<strong>und</strong> sprechen weitere organisatorische Details mit den Direktoren <strong>und</strong> Klassenlehrern<br />

ab. In <strong>Wolfsburg</strong> haben diese Aufgabe folgende fünf Testleiter übernommen, denen wir an<br />

dieser Stelle Dank sagen möchten: Frau Henrike Schulze, Frau Lilli Däschle, Herr Sascha<br />

Manzeck, Herr Philipp Lehner, Herr Mehdi El Dorr.<br />

1 Aus Gründen der e<strong>in</strong>facheren Darstellung wird im Folgenden meist die männliche Form verwendet, obwohl <strong>in</strong><br />

diesen Fällen regelmäßig sowohl weibliche <strong>als</strong> auch männliche Personen geme<strong>in</strong>t s<strong>in</strong>d. Wenn sich Aussagen nur<br />

auf männliche oder weibliche Personen beziehen, wird dies kenntlich gemacht.<br />

2 Als Dunkelfeldstudien werden Befragungen bezeichnet, die das Krim<strong>in</strong>alitätsgeschehen jenseits der <strong>in</strong> den<br />

Polizeilichen Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistiken (das sog. Hellfeld) erfassten Delikte sichtbar machen, d.h. auch jene Taten <strong>in</strong><br />

den Blick nehmen, die nicht zur Anzeige gelangen.<br />

7


E<strong>in</strong> großer Dank geht zudem an die Direktoren <strong>und</strong> Lehrer der Schulen, die an der Befragung<br />

teilgenommen haben sowie an die <strong>Jugendliche</strong>n, die die Fragebögen ausgefüllt haben. Den<br />

Eltern möchten wir danken, dass sie es erlaubt haben, ihren K<strong>in</strong>dern z.T. auch recht persönliche<br />

Fragen zu stellen. Zuletzt danken wir den Hilfskräften, die am KFN verschiedene Schritte<br />

des Projekts unterstützt haben.<br />

8


Zusammenfassung<br />

Nachfolgend werden die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung zur Jugendgewalt <strong>in</strong><br />

<strong>Wolfsburg</strong> vorgestellt, die auf e<strong>in</strong>er Befragung <strong>und</strong> damit auf Selbstauskünften <strong>von</strong> Schülern<br />

der neunten Jahrgangsstufe beruhen. Dabei werden verschiedentlich Vergleiche mit e<strong>in</strong>er<br />

b<strong>und</strong>esweit durchgeführten, repräsentativen Schülerbefragung aus den Jahren 2007/2008 gezogen.<br />

Die Vergleichbarkeit beider Befragungen ist gegeben, da beide nach demselben methodischen<br />

Vorgehen <strong>und</strong> unter Verwendung e<strong>in</strong>es weitestgehend identischen Fragebogens<br />

erfolgten. 3<br />

1. Laut Polizeilicher Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistik liegt die Krim<strong>in</strong>alitätsbelastung <strong>Wolfsburg</strong>er <strong>Jugendliche</strong>r<br />

deutlich über dem Durchschnitt.<br />

Während im Jahr 2009 niedersachsenweit nur 8,3 % der <strong>Jugendliche</strong>n wegen irgende<strong>in</strong>es Delikts<br />

polizeilich registriert wurden, s<strong>in</strong>d es <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong>s 12,5 % der <strong>Jugendliche</strong>n; die Belastungszahl<br />

liegt <strong>als</strong>o um das 1,5fache über dem niedersächsischen Schnitt. Deutlich höhere<br />

Zahlen s<strong>in</strong>d für den Bereich des Ladendiebstahls, des Schwarzfahrens <strong>und</strong> der <strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität<br />

feststellbar. Zudem belegt die Polizeiliche Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistik, dass die Krim<strong>in</strong>alität unter<br />

<strong>Jugendliche</strong>n <strong>in</strong> den letzten Jahren zugenommen hat. Im Vergleich zu 2004 ist die Belastungszahl<br />

für <strong>Jugendliche</strong> <strong>in</strong> Bezug auf alle Delikte um 27,6 % gestiegen. Besonders deutliche<br />

Anstiege f<strong>in</strong>den sich für den Bereich der Sachbeschädigungen <strong>und</strong> der <strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität.<br />

Gleichwohl gilt auch, dass seit 2007 zum<strong>in</strong>dest im Bereich der <strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität wieder e<strong>in</strong><br />

Rückgang e<strong>in</strong>setzt. Zudem muss die Polizeiliche Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistik kritisch h<strong>in</strong>terfragt werden,<br />

da sie immer nur den Anteil des strafbaren Handelns abbildet, der zur Anzeige kommt. Wenn<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gebiet überdurchschnittlich viele Tatgelegenheiten vorhanden s<strong>in</strong>d (<strong>in</strong> Großstädten<br />

z.B. Geschäfte, <strong>in</strong> denen Ladendiebstähle begangen <strong>und</strong> damit Ladendiebe überführt werden<br />

können) oder wenn die Anzeigebereitschaft bzw. die Polizeiarbeit überdurchschnittlich ausgeprägt<br />

s<strong>in</strong>d (oder sich im Verlauf der Zeit deutlich verändern), dann wird <strong>in</strong> diesem Gebiet<br />

mehr Krim<strong>in</strong>alität registriert. Ob sich das Verhalten der Bevölkerung dieses Gebiets tatsächlich<br />

vom Verhalten der Bevölkerung <strong>in</strong> anderen Gebieten unterscheidet, ist nur über andere<br />

Wege, <strong>in</strong>sbesondere aber über Dunkelfeldbefragungen zu ermitteln.<br />

2. Mit der Befragung <strong>von</strong> Schülern der neunten Jahrgangstufe <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong>, die im<br />

Mai/Juni 2010 durchgeführt wurde, liegen Daten vor, die e<strong>in</strong>e <strong>von</strong> der Polizeilichen<br />

Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistik unabhängige E<strong>in</strong>schätzung der Verbreitung des del<strong>in</strong>quenten Verhaltens<br />

unter <strong>Jugendliche</strong>n erlaubt.<br />

Im Schuljahr 2009/2010 wurden <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> <strong>in</strong> Klassen der neunten Jahrgangsstufe 1.447<br />

Schüler unterrichtet. Von diesen wurden im Rahmen der Befragung 1.191 Schüler erreicht,<br />

was e<strong>in</strong>er Rücklaufquote <strong>von</strong> 82,3 % entspricht. Im Vergleich mit anderen methodischen<br />

Herangehensweisen ist diese Rücklaufquote <strong>als</strong> sehr hoch e<strong>in</strong>zustufen, die Ergebnisse basieren<br />

damit auf e<strong>in</strong>er verlässlichen Datengr<strong>und</strong>lage. E<strong>in</strong>bezogen wurden Schüler aller Schulformen<br />

mit Ausnahme <strong>von</strong> Förderschulen, die nicht den Schwerpunkt Lernen haben. Im Ver-<br />

3 Als Vergleichszahlen werden aus dieser Befragung im Wesentlichen die Ergebnisse der alten B<strong>und</strong>esländer<br />

(ohne Berl<strong>in</strong>) herangezogen, da die Bevölkerungsstruktur dieser Teilstichprobe <strong>in</strong>sbesondere mit Blick auf den<br />

Migrantenanteil der Struktur der <strong>Wolfsburg</strong>er Stichprobe entspricht.<br />

9


gleich mit dem B<strong>und</strong> fällt auf, dass <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> deutlich mehr Schüler an Gymnasien unterrichtet<br />

werden: Dieser Anteil liegt <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> bei 40,3 %, b<strong>und</strong>esweit bei 29,2 %. Im<br />

Durchschnitt s<strong>in</strong>d die Befragten 15,3 Jahre alt <strong>und</strong> gleichhäufig männlichen wie weiblichen<br />

Geschlechts. Der Migrantenanteil liegt <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> mit 33,7 % über dem b<strong>und</strong>esdeutschen<br />

Wert <strong>von</strong> 29,4 %. Auch die Zusammensetzung der Migranten unterscheidet sich im Vergleich<br />

mit dem B<strong>und</strong>: In <strong>Wolfsburg</strong> wird die größte Migrantengruppe <strong>von</strong> <strong>Jugendliche</strong>n aus Ländern<br />

der ehemaligen Sowjetunion gestellt (10,1 % der Stichprobe), gefolgt <strong>von</strong> den italienischen<br />

<strong>Jugendliche</strong>n (7,2 %). B<strong>und</strong>esweit s<strong>in</strong>d türkische <strong>Jugendliche</strong> die größte Migrantengruppe;<br />

erst an zweiter Stelle folgen die <strong>Jugendliche</strong>n aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Die<br />

Stichprobe erlaubt es zudem, Auswertungen für e<strong>in</strong>zelne Stadtgebiete vorzunehmen. Zwar ist<br />

e<strong>in</strong> Fünftel der Schüler (21,7 %) nicht <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> wohnhaft; die verbleibenden vier Fünftel<br />

verteilen sich aber <strong>in</strong>soweit auf die Stadtteile, dass zum<strong>in</strong>dest für 15 Stadtteile differenzierte<br />

Ergebnisdarstellungen möglich s<strong>in</strong>d.<br />

3. <strong>Gewalt</strong>opfererfahrungen kommen <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> vergleichbar häufig wie im B<strong>und</strong>;<br />

gleichwohl weist die Jugendgewalt hier e<strong>in</strong>ige Besonderheiten auf.<br />

In <strong>Wolfsburg</strong> wurden <strong>in</strong> den zwölf Monaten vor der Befragung 16,3 % der <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Opfer</strong><br />

e<strong>in</strong>es <strong>Gewalt</strong>übergriffs, b<strong>und</strong>esweit lag die Quote bei 16,5 %. E<strong>in</strong>fache Körperverletzungen<br />

s<strong>in</strong>d charakteristisch für die Jugendgewalt, schwere <strong>Gewalt</strong>delikte (schwere Körperverletzungen,<br />

sexuelle <strong>Gewalt</strong>) s<strong>in</strong>d demgegenüber sehr selten. Auffällig ist, dass die <strong>Gewalt</strong>opfererfahrungen<br />

seltener <strong>als</strong> im B<strong>und</strong> zur Anzeige kommen: Während b<strong>und</strong>esweit fast jede<br />

vierte <strong>Gewalt</strong>tat angezeigt wird (23,6 %), s<strong>in</strong>d es <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> nur 16,0 %. Die ger<strong>in</strong>gere Anzeigebereitschaft<br />

lässt sich möglicherweise damit erklären, dass <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> häufiger <strong>Gewalt</strong><br />

durch bekannte Personen ausgeführt wird <strong>und</strong> die Übergriffe auch zu e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>geren<br />

Schaden führen. Bekannte <strong>Täter</strong> <strong>und</strong> weniger folgenschwere <strong>Gewalt</strong>taten werden aber seltener<br />

zur Anzeige gebracht. In diesem Zusammenhang ist darauf h<strong>in</strong>zuweisen, dass e<strong>in</strong>e Voraussetzung<br />

der Anzeigeerstattung bei der Polizei ist, dass die <strong>Jugendliche</strong>n um diese Möglichkeit<br />

wissen. In <strong>Wolfsburg</strong> sprechen Polizeibeamte aber nachweislich seltener im Schulunterricht<br />

darüber, dass man <strong>als</strong> <strong>Opfer</strong> e<strong>in</strong>er <strong>Gewalt</strong>tat Anzeige erstatten sollte. Zu beachten ist, dass<br />

e<strong>in</strong>e niedrige Anzeigebereitschaft nicht gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>als</strong> problematisch <strong>in</strong>sofern e<strong>in</strong>zustufen<br />

ist, dass die <strong>Jugendliche</strong>n ke<strong>in</strong> Vertrauen <strong>in</strong> die Polizei haben oder ganz allgeme<strong>in</strong> Angst davor<br />

haben, sich Hilfe zu suchen. In <strong>Wolfsburg</strong> ist das Vertrauen <strong>in</strong> die Polizei überdurchschnittlich<br />

ausgeprägt; <strong>und</strong> neun <strong>von</strong> zehn <strong>Gewalt</strong>opfern teilen ihr Erlebnis irgendjemandem<br />

(meist den Fre<strong>und</strong>en) mit. Zudem gibt es H<strong>in</strong>weise darauf, dass die <strong>in</strong>formelle Streitschlichtung<br />

<strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> gut funktioniert: So gaben hier mehr <strong>Opfer</strong> <strong>als</strong> im B<strong>und</strong> an, dass es nach<br />

dem Übergriff e<strong>in</strong> klärendes Gespräch mit dem <strong>Täter</strong> gab, dass der Schaden wieder gut gemacht<br />

wurde <strong>und</strong> dass sich der <strong>Täter</strong> entschuldigt hat.<br />

4. Auch h<strong>in</strong>sichtlich der <strong>Täter</strong>schaft ergeben sich für verschiedene Delikte für<br />

<strong>Wolfsburg</strong>er Schüler durchschnittliche Häufigkeitsraten. Der Anteil an <strong>Gewalt</strong>tätern<br />

liegt sogar etwas unterhalb des b<strong>und</strong>esdeutschen Durchschnitts.<br />

Die drei am häufigsten <strong>von</strong> <strong>Wolfsburg</strong>er Schülern ausgeführten del<strong>in</strong>quenten Verhaltensweisen<br />

s<strong>in</strong>d der Ladendiebstahl (12,9 % haben diesen <strong>in</strong> den letzten zwölf Monaten m<strong>in</strong>destens<br />

e<strong>in</strong>mal ausgeführt), die Sachbeschädigung (12,1 %) <strong>und</strong> das <strong>Gewalt</strong>verhalten (11,4 %). B<strong>und</strong>esweit<br />

liegen die <strong>Täter</strong>raten vergleichbar hoch (Ladendiebstahl: 13,3 %) oder sogar höher<br />

10


(Sachbeschädigung: 14,6 %, <strong>Gewalt</strong>verhalten: 13,7 %). Im Vergleich zur Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistik<br />

überraschen diese Bef<strong>und</strong>e, da sich für alle drei Delikte <strong>in</strong> der Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistik e<strong>in</strong>e überdurchschnittliche<br />

Belastung ergeben hat. Die Diskrepanz lässt sich zum<strong>in</strong>dest beim <strong>Gewalt</strong>verhalten<br />

nicht mit e<strong>in</strong>er höheren Anzeigebereitschaft erklären, wie die Auswertungen gezeigt<br />

haben. Bezüglich der Diskrepanz beim Ladendiebstahl ist da<strong>von</strong> auszugehen, dass die höhere<br />

Kontrolldichte <strong>in</strong> den Kaufhäusern <strong>und</strong> Geschäften <strong>in</strong> Städten dazu beiträgt, dass mehr <strong>Jugendliche</strong><br />

<strong>als</strong> üblich <strong>als</strong> <strong>Täter</strong> polizeilich registriert werden. H<strong>in</strong>sichtlich der Diskrepanz beim<br />

<strong>Gewalt</strong>verhalten mag dies auch e<strong>in</strong>e Erklärung darstellen: Sowohl die Polizei <strong>als</strong> auch andere<br />

Kontrollakteure (z.B. Erwachsene <strong>in</strong> Stadtteilen, Lehrerschaft) nehmen <strong>Gewalt</strong>verhalten häufiger<br />

wahr <strong>und</strong> reagieren mit entsprechenden Registrierungen. Sowohl für die Sachbeschädigungen<br />

<strong>als</strong> auch für das <strong>Gewalt</strong>verhalten ergeben sich deutliche Geschlechterunterschiede:<br />

Jungen führen diese Delikte häufiger aus. Beim Ladendiebstahl treten die Mädchen aber ebenfalls<br />

bereits recht häufiger <strong>als</strong> <strong>Täter</strong> <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung. Obwohl die Mädchen allgeme<strong>in</strong> seltener<br />

zu physischer <strong>Gewalt</strong> greifen, sche<strong>in</strong>t es e<strong>in</strong>en Bereich zu geben, <strong>in</strong> dem dies nicht gilt: Gegenüber<br />

ihren Eltern greifen sie genauso häufig zu physischer <strong>Gewalt</strong> wie die Jungen. Dies<br />

konnte <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> erstm<strong>als</strong> über Fragen zum Verhalten gegenüber gesellschaftlichen Autoritäten<br />

gezeigt werden. In früheren Schülerbefragungen wurden entsprechende Fragen nicht<br />

gestellt.<br />

5. Für zwei weitere, <strong>als</strong> abweichend e<strong>in</strong>zustufende Verhaltensweisen f<strong>in</strong>den sich für<br />

<strong>Wolfsburg</strong>er Schüler ebenfalls positive Bef<strong>und</strong>e: den Alkohol-/Drogenkonsum <strong>und</strong> das<br />

Schulschwänzen.<br />

Der Alkohol- <strong>und</strong> Drogenkonsum ebenso wie das Schulschwänzen stehen mit häufigerem<br />

<strong>Gewalt</strong>verhalten <strong>in</strong> Beziehung; dies gilt <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> ebenso wie <strong>in</strong> anderen Gebieten<br />

Deutschlands. Dieses Verhalten muss daher <strong>als</strong> Risikomarker für e<strong>in</strong>e problematische Entwicklung<br />

e<strong>in</strong>gestuft werden. Umso positiver ist, dass die Anteile an Konsumenten <strong>und</strong><br />

Schwänzern <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> unter dem B<strong>und</strong>esdurchschnitt liegen. So haben 18,9 % der<br />

<strong>Wolfsburg</strong>er <strong>Jugendliche</strong>n <strong>in</strong> den letzten zwölf Monaten m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal pro Woche Alkohol<br />

getrunken, b<strong>und</strong>esweit beträgt der Anteil 22,8 %. Cannabis haben hier 2,6 % der <strong>Jugendliche</strong>n<br />

m<strong>in</strong>destens mehrm<strong>als</strong> im Monat zu sich genommen, im B<strong>und</strong> waren es 4,1 %. Als<br />

Mehrfachschwänzer (fünf <strong>und</strong> mehr Tage der Schule unerlaubt fern geblieben) s<strong>in</strong>d 10,2 %<br />

der <strong>Wolfsburg</strong>er Neuntklässler <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung getreten (B<strong>und</strong>: 12,6 %). Allerd<strong>in</strong>gs signalisieren<br />

e<strong>in</strong>ige Bef<strong>und</strong>e aus diesem Themenfeld weiteren Handlungsbedarf: So hat fast jeder zweite<br />

<strong>Jugendliche</strong> <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> <strong>in</strong> den letzten 30 Tagen m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal Rauschtr<strong>in</strong>ken praktiziert<br />

(47,6 %). Der Wert liegt im B<strong>und</strong> zwar erneut höher, gleichwohl sollte es nicht h<strong>in</strong>genommen<br />

werden, dass derart viele <strong>Jugendliche</strong> e<strong>in</strong> solch riskantes Tr<strong>in</strong>kverhalten praktizieren.<br />

Zum Schulschwänzen zeigt sich, dass zum<strong>in</strong>dest das sporadische Schwänzen an Gymnasien<br />

genauso häufig ausgeführt wird wie an Förder- oder Hauptschulen. E<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong> hierfür<br />

dürfte das relativ ger<strong>in</strong>ge Kontrollniveau se<strong>in</strong>. Das Risiko, wegen des Schwänzens e<strong>in</strong>e bestimmte<br />

Reaktion <strong>von</strong> Seiten der Schule zu erfahren, ist an Gymnasien sehr ger<strong>in</strong>g. Ganz allgeme<strong>in</strong><br />

gilt, dass fast die Hälfte aller Mehrfachschwänzer ke<strong>in</strong>e Reaktion auf ihr Verhalten<br />

erlebt hat. Das Kontrollverhalten ist bezüglich des Schwänzens mith<strong>in</strong> verbesserungswürdig.<br />

11


6. Neben dem Alkohol-/Drogenkonsum <strong>und</strong> dem Schulschwänzen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> besonderem<br />

Maße familiäre, persönlichkeitsbezogene, fre<strong>und</strong>esbezogene <strong>und</strong> schulische Faktoren<br />

für die <strong>Gewalt</strong>entstehung verantwortlich.<br />

<strong>Jugendliche</strong>, die schwere elterliche <strong>Gewalt</strong> erleben, s<strong>in</strong>d viermal häufiger <strong>Gewalt</strong>täter <strong>als</strong> <strong>Jugendliche</strong>,<br />

die gewaltfrei erzogen werden. In <strong>Wolfsburg</strong> zeigt sich dabei, dass die Schüler<br />

seltener <strong>als</strong> im B<strong>und</strong>esdurchschnitt elterliche <strong>Gewalt</strong> erleben. Insbesondere leichte elterliche<br />

Übergriffe (z.B. Ohrfeigen) werden seltener berichtet. Für den Bereich der Persönlichkeit<br />

bestätigt sich, dass <strong>Jugendliche</strong>, die sich an gewalthaltigen Männlichkeitskonzepten orientieren<br />

<strong>und</strong> die e<strong>in</strong>e niedrige Selbstkontrolle haben (d.h. häufiger bereit s<strong>in</strong>d, Risiken e<strong>in</strong>zugehen),<br />

öfter <strong>Gewalt</strong>taten ausüben. Diese Persönlichkeitseigenschaften f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong><br />

vergleichbar häufig wie b<strong>und</strong>esweit. Auch für den Bereich der schulischen Faktoren s<strong>in</strong>d für<br />

<strong>Wolfsburg</strong> dem B<strong>und</strong> vergleichbare Ergebnisse zu berichten. Das Leistungsniveau gemessen<br />

anhand der Schulnoten fällt hier ähnlich aus; gleiches gilt für die B<strong>in</strong>dung an die Schule, das<br />

e<strong>in</strong>geschätzte schulische <strong>Gewalt</strong>niveau <strong>und</strong> die e<strong>in</strong>geschätzte Bereitschaft <strong>von</strong> Lehrkräften,<br />

bei <strong>Gewalt</strong> e<strong>in</strong>zuschreiten. Diese Faktoren stehen zugleich mit dem <strong>Gewalt</strong>verhalten <strong>in</strong> Beziehung:<br />

<strong>Jugendliche</strong>, die gern zur Schule gehen (d.h. die sich an die Schule geb<strong>und</strong>en fühlen),<br />

die e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ges <strong>Gewalt</strong>niveau an der Schule wahrnehmen <strong>und</strong> die sehen, dass Lehrer bei<br />

<strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong>tervenieren, s<strong>in</strong>d seltener bereit, selbst <strong>Gewalt</strong>verhalten auszuüben. Die schulischen<br />

Erfahrungen bee<strong>in</strong>flussen damit auch das außerschulische Verhalten. E<strong>in</strong> sehr enger Zusammenhang<br />

besteht schließlich zwischen dem Kontakt mit del<strong>in</strong>quenten Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> dem eigenen<br />

Verhalten: Schüler ohne del<strong>in</strong>quente Fre<strong>und</strong>e haben zu 1,4 % m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e <strong>Gewalt</strong>tat<br />

begangen, Schüler mit del<strong>in</strong>quenten Fre<strong>und</strong>en zu 35,0 %. H<strong>in</strong>sichtlich dieses Kontakts<br />

ergibt sich für <strong>Wolfsburg</strong> e<strong>in</strong>e Besonderheit: Hier kennen mehr <strong>Jugendliche</strong> solche Fre<strong>und</strong>e<br />

<strong>als</strong> im B<strong>und</strong>. Entgegen der verschiedenen anderen Faktoren ist <strong>Wolfsburg</strong> <strong>als</strong>o <strong>in</strong> diesem Bereich<br />

höher belastet. Dies überrascht, da der Anteil del<strong>in</strong>quenter <strong>Jugendliche</strong>r vergleichbar<br />

hoch, <strong>in</strong> manchen Bereichen sogar etwas ger<strong>in</strong>ger ausfällt <strong>als</strong> im B<strong>und</strong>. E<strong>in</strong>e Erklärung könnte<br />

se<strong>in</strong>, dass sich die Fre<strong>und</strong>schaftsnetzwerke del<strong>in</strong>quenter <strong>Jugendliche</strong>r <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> weniger<br />

auf Gleichges<strong>in</strong>nte beziehen, sondern dass del<strong>in</strong>quente <strong>und</strong> nicht del<strong>in</strong>quente <strong>Jugendliche</strong><br />

häufiger <strong>als</strong> anderswo Fre<strong>und</strong>schaften unterhalten.<br />

7. Auch der <strong>Gewalt</strong>medienkonsum steht mit e<strong>in</strong>em häufigeren <strong>Gewalt</strong>verhalten <strong>in</strong> Beziehung.<br />

Die männlichen <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s s<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>sichtlich ihres <strong>Gewalt</strong>medienkonsums<br />

besonders auffällig.<br />

Die <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s haben häufiger <strong>als</strong> im B<strong>und</strong>esdurchschnitt Mediengeräte im<br />

Zimmer stehen. Besonders deutlich fallen die Unterschiede beim Computer <strong>und</strong> beim Internetanschluss<br />

aus. E<strong>in</strong>e Erklärung hierfür könnte se<strong>in</strong>, dass die Vergleichsdaten der deutschlandweiten<br />

Schülerbefragung 2007/2008 bereits über zwei Jahre alt s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> sich zwischenzeitlich<br />

auch deutschlandweit höhere Ausstattungsquoten zeigen würden. Die bessere Ausstattung<br />

der <strong>Jugendliche</strong>n schlägt sich nicht <strong>in</strong> längeren Medienkonsumzeiten nieder: Diese liegen<br />

<strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> im b<strong>und</strong>esdeutschen Schnitt. Dabei ist aber zu betonen, dass männliche<br />

Neuntklässler über 7 ½ St<strong>und</strong>en täglich mit dem Medienkonsum zubr<strong>in</strong>gen, weibliche<br />

Neuntklässler fast 6 ½ St<strong>und</strong>en. Für <strong>Wolfsburg</strong> zeigt sich aber, dass männliche <strong>Jugendliche</strong><br />

deutlich häufiger auf problematische Inhalte zurückgreifen <strong>als</strong> <strong>Jugendliche</strong> im B<strong>und</strong>: So konsumieren<br />

40,2 % der männlichen <strong>Jugendliche</strong>n m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal pro Woche <strong>Gewalt</strong>filme<br />

(B<strong>und</strong>: 35,1 %); 47,5 % konsumieren <strong>in</strong> dieser Häufigkeit Spiele, die erst für 18jährige frei<br />

12


gegeben s<strong>in</strong>d (B<strong>und</strong>: 35,4 %); auf <strong>Gewalt</strong>spiele greifen 53,5 % der Jungen zurück (B<strong>und</strong>: 46,9<br />

%). Zwischen dem <strong>Gewalt</strong>medienkonsum <strong>und</strong> dem <strong>Gewalt</strong>verhalten bestehen enge Zusammenhänge:<br />

Jungen, die nie Kampf- oder Prügelspiele spielen, s<strong>in</strong>d zu 13,3 % <strong>Gewalt</strong>täter,<br />

Jungen, die dies häufiger tun, zu 26,8 %. H<strong>in</strong>zuweisen ist zudem darauf, dass <strong>Wolfsburg</strong>er<br />

Jungen auch etwas häufiger Onl<strong>in</strong>e-Rollenspiele spielen (28,8 %; B<strong>und</strong>: 25,9 %); bei den<br />

Mädchen beträgt der Anteil nur 3,0 % (B<strong>und</strong>: 3,2 %). Der geschlechtsspezifische Medien-,<br />

<strong>in</strong>sbesondere Computerspielkonsum steht mit zwei weiteren Geschlechtsunterschieden <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung: Männliche <strong>Jugendliche</strong> <strong>Wolfsburg</strong>s geraten erstens deutlich häufiger <strong>als</strong> weibliche<br />

<strong>Jugendliche</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Spielverhalten, das <strong>als</strong> abhängig oder abhängigkeitsgefährdet e<strong>in</strong>zustufen<br />

ist. Im Vergleich mit den b<strong>und</strong>esdeutschen Zahlen liegen die <strong>Wolfsburg</strong>er <strong>Jugendliche</strong>n<br />

bei der Computerspielabhängigkeit im Durchschnitt. Zweitens f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> e<strong>in</strong><br />

deutlicher Geschlechtsunterschied im Schulerfolg: Während Jungen zu 42,8 % voraussichtlich<br />

e<strong>in</strong> Abitur ablegen werden, liegt die Quote bei den Mädchen bei 50,9 %. Auch im B<strong>und</strong> ist<br />

e<strong>in</strong>e solche „Leistungskrise der Jungen“ zu beobachten.<br />

8. <strong>Jugendliche</strong> mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> häufiger <strong>Gewalt</strong>täter. Die<br />

verschiedenen Migrantengruppen unterscheiden sich h<strong>in</strong>sichtlich ihres Verhaltens sowie<br />

h<strong>in</strong>sichtlich weiterer Merkmale aber z.T. deutlich <strong>von</strong>e<strong>in</strong>ander.<br />

Während deutsche <strong>Jugendliche</strong> <strong>Wolfsburg</strong>s zu 9,5 % <strong>in</strong> den zurückliegenden zwölf Monaten<br />

m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e <strong>Gewalt</strong>tat begangen haben, s<strong>in</strong>d es bei den <strong>Jugendliche</strong>n mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />

15,5 %. Türkische <strong>Jugendliche</strong> s<strong>in</strong>d dabei am häufigsten <strong>als</strong> <strong>Täter</strong> <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung<br />

getreten (23,1 %), <strong>Jugendliche</strong> aus Italien <strong>und</strong> aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion am<br />

seltensten (16,9 bzw. 16,7 %). Die Angaben der <strong>Opfer</strong> zur ethnischen Herkunft der <strong>Täter</strong> bestätigen<br />

die erhöhte <strong>Gewalt</strong>bereitschaft nichtdeutscher <strong>Jugendliche</strong>r. Auf m<strong>in</strong>destens drei Faktoren<br />

lässt sich die erhöhte <strong>Gewalt</strong>bereitschaft zurückführen: Erstens erfahren die Migranten<br />

häufiger elterliche <strong>Gewalt</strong>. So haben 20,8 % der nichtdeutschen <strong>Jugendliche</strong>n <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dheit<br />

schwere <strong>Gewalt</strong> durch die Eltern erlebt, deutsche <strong>Jugendliche</strong> nur zu 9,8 %. Zweitens orientieren<br />

sich die Migranten sehr viel stärker an gewaltlegitimierenden Männlichkeitsnormen.<br />

Bei den türkischen <strong>Jugendliche</strong>n stimmt fast jeder vierte explizit diesen <strong>Gewalt</strong>normen zu.<br />

Drittens s<strong>in</strong>d für die Migranten im Vergleich zu den Deutschen <strong>in</strong> Bereich der strukturellen<br />

Integration schlechtere Werte zu berichten: Jeder zweite türkische <strong>Jugendliche</strong> berichtet bspw.<br />

da<strong>von</strong>, dass die Familie abhängig <strong>von</strong> staatlichen Transferleistungen ist, bei den Deutschen<br />

gilt dies nur für jede zehnte Familie. Die deutschen <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s streben zu 54,0<br />

% e<strong>in</strong> Abitur an, türkische <strong>Jugendliche</strong> nur zu 23,1 %, italienische <strong>Jugendliche</strong> zu 23,5 %.<br />

Polnische <strong>Jugendliche</strong> weisen h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong>e zu den Deutschen fast vergleichbare Quote auf<br />

(43,9 %). Im Vergleich mit der b<strong>und</strong>esweiten Schülerbefragung ergeben sich für die türkischen<br />

<strong>und</strong> polnischen <strong>Jugendliche</strong>n ebenso wie für die <strong>Jugendliche</strong>n aus Ländern der ehemaligen<br />

Sowjetunion bessere Integrationswerte, die Integration (gemessen über vier verschiedene<br />

Indikatoren) dieser Gruppen ist <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> <strong>als</strong>o bereits recht gut gelungen. Für italienische<br />

<strong>Jugendliche</strong> liegt der Integrationswert h<strong>in</strong>gegen unter dem b<strong>und</strong>esdeutschen Schnitt.<br />

Diese Gruppe bedarf – zusammen mit den türkischen <strong>Jugendliche</strong>n – verbesserter Integrationsmaßnahmen.<br />

13


9. Das Mite<strong>in</strong>ander <strong>von</strong> deutschen <strong>Jugendliche</strong>n <strong>und</strong> Migranten <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> kann weitestgehend<br />

<strong>als</strong> friedlich e<strong>in</strong>gestuft werden. Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit <strong>und</strong> Deutschenfe<strong>in</strong>dlichkeit<br />

f<strong>in</strong>den sich seltener <strong>als</strong> im B<strong>und</strong>.<br />

Von den deutschen <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s s<strong>in</strong>d 28,1 % <strong>als</strong> eher ausländerfe<strong>in</strong>dlich e<strong>in</strong>zustufen;<br />

e<strong>in</strong> Teil da<strong>von</strong> (<strong>in</strong>sgesamt 8,2 %) ist hoch ausländerfe<strong>in</strong>dlich e<strong>in</strong>gestellt. Die Zahlen<br />

des B<strong>und</strong>es liegen deutlich darüber (40,7 % eher ausländerfe<strong>in</strong>dlich, 14,2 % sehr ausländerfe<strong>in</strong>dlich).<br />

Jungen <strong>und</strong> Förder- bzw. Hauptschüler akzeptieren diese E<strong>in</strong>stellungen häufiger<br />

<strong>als</strong> Mädchen <strong>und</strong> Gesamtschüler bzw. Gymnasiasten. Nicht nur <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>stellungen, auch<br />

beim Verhalten s<strong>in</strong>d die deutschen <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s weniger auffällig: So haben nur<br />

2,4 % e<strong>in</strong>e ausländerfe<strong>in</strong>dliche Straftat ausgeübt, b<strong>und</strong>esweit waren es 4,2 %. Deutschenfe<strong>in</strong>dliche<br />

E<strong>in</strong>stellungen f<strong>in</strong>den sich bei 5,4 % der Migranten. E<strong>in</strong> Vergleich zum B<strong>und</strong> lässt<br />

sich hier nicht präsentieren, weil die E<strong>in</strong>stellungen erstmalig <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> erfasst wurden. Im<br />

B<strong>und</strong> wie <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> wurde aber deutschenfe<strong>in</strong>dliches Verhalten erfasst. Für das Beschimpfen<br />

<strong>von</strong> Deutschen ergeben sich dabei durchschnittliche Werte <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong>, für Körperverletzungen<br />

<strong>und</strong> Sachbeschädigungen h<strong>in</strong>gegen unterdurchschnittliche Werte.<br />

14


1. Krim<strong>in</strong>alität im Polizeilichen Hellfeld<br />

Um zu e<strong>in</strong>er verlässlichen E<strong>in</strong>schätzung zum Krim<strong>in</strong>alitätsaufkommen sowie der Krim<strong>in</strong>alitätsentwicklung<br />

zu gelangen, können <strong>in</strong> Deutschland verschiedene Datenquellen herangezogen<br />

werden. E<strong>in</strong>erseits werden begangene Straftaten <strong>von</strong> der Polizei registriert. E<strong>in</strong>e Registrierung<br />

hängt allerd<strong>in</strong>gs da<strong>von</strong> ab, ob e<strong>in</strong>e Tat <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em <strong>Opfer</strong> oder e<strong>in</strong>er anderen Person<br />

angezeigt wird bzw. ob die Polizei bei Ermittlungsarbeiten e<strong>in</strong>e Straftat aufdeckt. Die polizeilich<br />

registrierte Krim<strong>in</strong>alität wird auch <strong>als</strong> Hellfeld-Krim<strong>in</strong>alität bezeichnet. Der Begriff des<br />

Hellfelds verweist darauf, dass nur e<strong>in</strong> Teil aller strafbaren Handlungen den Strafverfolgungsbehörden<br />

zur Kenntnis gelangt <strong>und</strong> <strong>in</strong> den verschiedenen Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistiken erfasst<br />

wird. E<strong>in</strong>, je nach Delikt unterschiedlich großer Anteil an strafbaren Handlungen verbleibt im<br />

Dunkelfeld. Problematisch ist, dass das Verhältnis zwischen dem Hell- <strong>und</strong> dem Dunkelfeld<br />

nicht nur mit dem Delikttyp, sondern bspw. auch über die Zeit h<strong>in</strong>weg variiert. Ansteigende<br />

oder rückläufige Entwicklungen <strong>in</strong> der Hellfeldstatistik können deshalb sowohl tatsächliche<br />

Veränderungen markieren; sie können aber auch auf Veränderungen im Anzeigeverhalten, <strong>in</strong><br />

den polizeilichen Ermittlungsaktivitäten, <strong>in</strong> der Registrierungspraxis, <strong>in</strong> gesetzlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

usw. basieren (vgl. Lamnek 1998, S. 384ff). Die wichtigste Statistik zur<br />

Hellfeld-Krim<strong>in</strong>alität ist die Polizeiliche Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistik, <strong>in</strong> der alle aufgedeckten Straftaten<br />

erfasst werden <strong>und</strong> soweit wie möglich auch Angaben zu den Tatverdächtigen. Der Tatverdacht<br />

kann sich im weiteren Verlauf des Strafverfahrens <strong>als</strong> unrichtig erweisen, weshalb auch<br />

die Strafverfolgungs- <strong>und</strong> Strafvollzugstatistiken wichtige Ergänzungen der Polizeilichen<br />

Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistik darstellen.<br />

E<strong>in</strong>e zweite Datenquelle zur Krim<strong>in</strong>alität s<strong>in</strong>d Dunkelfeldstudien. Die Bezeichnung ist etwas<br />

irreführend, weil diese Studien nicht nur beanspruchen, den nicht der Polizei zur Kenntnis<br />

gelangten Anteil der Krim<strong>in</strong>alität zu erfassen, sondern sowohl die Hell- <strong>als</strong> auch die Dunkelfeldkrim<strong>in</strong>alität.<br />

Meist wird im Rahmen dieser Studien nicht <strong>von</strong> Krim<strong>in</strong>alität, sondern <strong>von</strong><br />

Del<strong>in</strong>quenz gesprochen. Dieser Begriff ist der umfassendere, <strong>in</strong>sofern damit all jene Verhaltensweisen<br />

bezeichnet werden, die gegen das Gesetz verstoßen, die aber nicht notwendiger<br />

Weise auch verfolgt <strong>und</strong> sanktioniert werden, eben weil die Polizei nicht da<strong>von</strong> erfährt. Dunkelfeldstudien<br />

s<strong>in</strong>d i.d.R. so angelegt, dass e<strong>in</strong>e repräsentative Auswahl der Bevölkerung bzw.<br />

e<strong>in</strong>er Bevölkerungsgruppe über ihre Erlebnisse mit del<strong>in</strong>quenten Verhaltensweisen befragt<br />

wird. Zu unterscheiden s<strong>in</strong>d dabei <strong>Opfer</strong>- <strong>und</strong> <strong>Täter</strong>befragungen. E<strong>in</strong>e Schwierigkeit aller<br />

Dunkelfeldbefragungen ist es, die gesetzlich def<strong>in</strong>ierten Straftaten <strong>in</strong> für alle Befragten gleichermaßen<br />

verständliche Deliktsbeschreibungen zu übersetzen. Da diese Übersetzung nie<br />

vollständig gel<strong>in</strong>gen kann, s<strong>in</strong>d die Bef<strong>und</strong>e zu e<strong>in</strong>zelnen Delikten nur bed<strong>in</strong>gt vergleichbar<br />

mit den Bef<strong>und</strong>en der Polizeilichen Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistik.<br />

In <strong>Wolfsburg</strong> wurde mit der vorliegenden Studie erstmalig e<strong>in</strong>e Dunkelfeldstudie unter <strong>Jugendliche</strong>n<br />

der neunten Jahrgangsstufe durchgeführt. Bevor deren Ergebnisse berichtet werden,<br />

wird <strong>in</strong> diesem Abschnitt vorgestellt, wie sich die Krim<strong>in</strong>alitätslage <strong>und</strong> –entwicklung <strong>in</strong><br />

<strong>Wolfsburg</strong> darstellt, wenn die Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistiken ausgewertet werden. Für Niedersachsen<br />

liegen diese Statistiken auch auf Stadt- bzw. Landkreisebene vor. Um die Bef<strong>und</strong>e zu<br />

<strong>Wolfsburg</strong> e<strong>in</strong>ordnen zu können, werden zugleich Vergleiche zur gesamten niedersächsischen<br />

Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistik gezogen.<br />

15


Im Jahr 2009 waren ca. 120.000 E<strong>in</strong>wohner <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> gemeldet. <strong>Wolfsburg</strong> ist damit die<br />

sechstgrößte Stadt Niedersachsens. Im selben Jahr wurden <strong>in</strong> der Stadt 9.504 Straftaten <strong>von</strong><br />

der Polizei registriert; 58,7 % der Straftaten wurden aufgeklärt (Niedersachsen: 60,0 %). Am<br />

häufigsten wurden dabei e<strong>in</strong>fache Diebstähle registriert (2.414 Delikte), zu denen u.a. Ladendiebstähle<br />

gehören (vgl. Tabelle 1.1). Das zweithäufigste Delikt s<strong>in</strong>d schwere Diebstähle.<br />

Ebenfalls recht häufig wurden Sachbeschädigungen <strong>und</strong> Betrugsdelikte erfasst. Deutlich seltener<br />

s<strong>in</strong>d Körperverletzungs- bzw. <strong>Gewalt</strong>delikte. Insgesamt wurden im Jahr 2009 <strong>in</strong><br />

<strong>Wolfsburg</strong> 551 Fälle leichter Körperverletzungen <strong>und</strong> 281 Fälle schwerer Körperverletzungen<br />

registriert. Letztere s<strong>in</strong>d dadurch gekennzeichnet, dass sie <strong>von</strong> mehreren <strong>Täter</strong>n oder unter<br />

Verwendung <strong>von</strong> Gegenständen/Waffen ausgeführt werden bzw. zu schweren Verletzungen<br />

führen. In der Polizeilichen Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistik werden nur die schweren Körperverletzungen<br />

den <strong>Gewalt</strong>delikten zugeordnet, zu denen zusätzlich Delikte wie Raub oder Mord bzw. Totschlag<br />

<strong>und</strong> Vergewaltigung gezählt werden. Raubtaten wurden im Jahr 2009 80mal <strong>in</strong><br />

<strong>Wolfsburg</strong> ausgeführt, Fälle <strong>von</strong> Mord/Totschlag <strong>und</strong> Vergewaltigung s<strong>in</strong>d noch sehr viel<br />

seltener.<br />

Tabelle 1.1: Anzahl Delikte <strong>und</strong> Häufigkeitszahlen nach Delikttyp im Jahr 2008<br />

16<br />

Anzahl<br />

Delikte<br />

<strong>Wolfsburg</strong><br />

Häufigkeitszahl<br />

<strong>Wolfsburg</strong><br />

HäufigkeitszahlNiedersachsen<br />

Häufigkeitszahl<br />

B<strong>und</strong> (West<br />

<strong>in</strong>kl. Berl<strong>in</strong>)<br />

alle Delikte 9504 7884,7 7426,9 7389,5<br />

schwerer Diebstahl 1767 1465,9 1412,2 1316,7<br />

e<strong>in</strong>facher Diebstahl 2414 2002,7 1447,1 1548,1<br />

darunter: Ladendiebstahl 1002 831,3 409,0 467,5<br />

Sachbeschädigung 1107 918,4 899,9 911,4<br />

Betrug 1102 914,2 1179,7 1179,1<br />

darunter: Schwarzfahren 259 214,9 262,1 264,7<br />

vorsätzliche, leichte Körperverletzung 551 457,1 464,7 462,7<br />

<strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität 384 318,6 277,3 262,5<br />

darunter: schwere/gefährliche Körperverletzung 281 233,1 206,7 188,0<br />

darunter: Raub 80 66,4 55,1 62,1<br />

Die absolute Häufigkeit <strong>von</strong> Delikten ist abhängig <strong>von</strong> der Anzahl an Personen, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

bestimmten Gebiet leben <strong>und</strong> Delikte ausführen können. Für Vergleiche zwischen verschiedenen<br />

Gebieten bzw. für Zeitvergleiche wird daher die absolute Häufigkeit an der E<strong>in</strong>wohnerzahl<br />

relativiert. In Tabelle 1.1 ist dementsprechend die Häufigkeitszahl ausgewiesen, die angibt,<br />

wie viele Straftaten pro 100.000 E<strong>in</strong>wohner erfasst worden s<strong>in</strong>d. Die Häufigkeitszahl<br />

über alle Delikte beträgt <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> 7.884,7; d.h. auf 100.000 E<strong>in</strong>wohner der Stadt kommen<br />

ger<strong>und</strong>et 7.885 Straftaten. Diese Zahl liegt etwas über der Häufigkeitszahl für das gesamte<br />

Niedersachsen; <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> ist die Krim<strong>in</strong>alitätsrate <strong>als</strong>o höher. Dar<strong>in</strong> spiegelt sich e<strong>in</strong><br />

Stadt-Land-Gefälle: In Städten bestehen mehr Gelegenheiten u.a. für Diebstähle, so dass es<br />

nicht verw<strong>und</strong>ert, dass die Krim<strong>in</strong>alitätsraten <strong>in</strong> Städten höher liegen. Auch <strong>in</strong> Oldenburg<br />

(Häufigkeitszahl 2009: 10.839,2), <strong>in</strong> Osnabrück (11.580,3) oder <strong>in</strong> Braunschweig (9.921,5)<br />

liegen die Häufigkeitszahlen über dem niedersächsischen Wert.<br />

E<strong>in</strong>e auffällig höhere Häufigkeitszahl ergibt sich für <strong>Wolfsburg</strong> für den Bereich des e<strong>in</strong>fachen<br />

Diebstahls, <strong>in</strong>sbesondere für den e<strong>in</strong>fachen Ladendiebstahl. Die Zahl ist <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> doppelt<br />

so hoch wie im gesamten B<strong>und</strong>esland. Erneut ist darauf h<strong>in</strong>zuweisen, dass dies primär e<strong>in</strong><br />

Gelegenheitseffekt ist. Andere Großstädte <strong>in</strong> Niedersachsen weisen ebenfalls e<strong>in</strong>e erhöhte


Häufigkeitsziffer <strong>in</strong> diesem Bereich auf. Für die <strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität <strong>und</strong> die vorsätzlichen,<br />

leichten Körperverletzungen ergibt sich, ebenso wie für die Sachbeschädigung, e<strong>in</strong>e eher<br />

durchschnittliche Belastung für <strong>Wolfsburg</strong>.<br />

In Tabelle 1.1 ist schließlich auch e<strong>in</strong> Vergleich mit den b<strong>und</strong>esdeutschen Häufigkeitszahlen<br />

aufgeführt. Aus diesem Vergleich lassen sich im Großen <strong>und</strong> Ganzen dieselben Folgerungen<br />

ableiten wie aus dem Vergleich mit Niedersachsen. Die Häufigkeitszahlen des B<strong>und</strong>es s<strong>in</strong>d<br />

denen <strong>von</strong> Niedersachsen sehr ähnlich. Niedersachsen verkörpert <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht im b<strong>und</strong>esdeutschen<br />

Vergleich e<strong>in</strong> durchschnittliches B<strong>und</strong>esland.<br />

Die Entwicklung der Häufigkeitszahlen für alle Delikte sowie für die <strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität ist <strong>in</strong><br />

Abbildung 1.1 dargestellt. H<strong>in</strong>sichtlich aller Delikte zeigt sich, dass die Zahlen für <strong>Wolfsburg</strong><br />

durchgängig über den Zahlen für Niedersachsen liegen. Bis 2002 ist es zu e<strong>in</strong>em Anstieg der<br />

Häufigkeitszahl <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> gekommen, seitdem ist e<strong>in</strong> mehr oder weniger kont<strong>in</strong>uierlicher<br />

Rückgang festzustellen. Im Jahr 2009 liegt die Häufigkeitszahl für alle Delikte um zwölf Prozent<br />

niedriger <strong>als</strong> 2002. Für Niedersachsen ist ebenfalls e<strong>in</strong> rückläufiger Trend zu beobachten,<br />

der aber deutlich schwächer ausfällt (m<strong>in</strong>us drei Prozent seit 2002). Die <strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität ist<br />

h<strong>in</strong>gegen sowohl <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> <strong>als</strong> auch <strong>in</strong> Gesamtniedersachsen im Anstieg begriffen. Zwischen<br />

2000 <strong>und</strong> 2009 hat sich die Häufigkeitszahl für dieses Delikt <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> um 67 %<br />

erhöht, <strong>in</strong> Niedersachsen um 24 %. Seit 2007 hat sich diese Zahl aber weitestgehend stabilisiert;<br />

<strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> ist sie sogar leicht rückläufig. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass<br />

<strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> die Krim<strong>in</strong>alität <strong>in</strong>sgesamt fällt; im Bereich des <strong>Gewalt</strong>verhaltens ist aber e<strong>in</strong><br />

Anstieg über die Jahre h<strong>in</strong>weg zu verzeichnen.<br />

Abbildung 1.1: Häufigkeitszahlen für Gesamt- <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität für <strong>Wolfsburg</strong> <strong>und</strong> Niedersachsen<br />

2000 bis 2009<br />

alle Delikte<br />

10000<br />

9000<br />

8000<br />

7000<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009<br />

<strong>Wolfsburg</strong>: alle Delikte Niedersachsen: alle Delikte<br />

<strong>Wolfsburg</strong>: <strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität Niedersachsen: <strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität<br />

Im Fokus der <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> durchgeführten Dunkelfeldbefragung stehen <strong>Jugendliche</strong> der<br />

neunten Jahrgangsstufe, d.h. im Durchschnitt fünfzehnjährige Schüler. Auch zur Gruppe der<br />

<strong>Jugendliche</strong>n macht die Polizeiliche Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistik Aussagen, <strong>in</strong>sofern zu jeder aufgeklärten<br />

Straftat das Alter des Tatverdächtigen registriert wird. Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt, dass e<strong>in</strong>e Fokussierung<br />

auf das Verhalten <strong>von</strong> <strong>Jugendliche</strong>n <strong>in</strong>sofern s<strong>in</strong>nvoll ist, weil es sich um e<strong>in</strong>e krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistisch<br />

auffällige Gruppe handelt. Während 2009 nur 4,1 % aller B<strong>und</strong>esbürger e<strong>in</strong> Al-<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

<strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität<br />

17


ter zwischen 14 <strong>und</strong> unter 18 Jahren hatten, waren b<strong>und</strong>esweit 11,4 % aller Tatverdächtigen <strong>in</strong><br />

diesem Alter. Für den Bereich der <strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität gilt sogar, dass jeder fünfte Tatverdächtige<br />

(19,3 %) zwischen 14 <strong>und</strong> unter 18 Jahre alt war (vgl. <strong>Baier</strong> 2011). Nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen spezifischen<br />

Krim<strong>in</strong>alitätsbereichen f<strong>in</strong>den sich für andere Altersgruppen höhere Belastungen.<br />

Wenn die <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s betrachtet werden, ergibt sich h<strong>in</strong>sichtlich verschiedener<br />

Delikte das <strong>in</strong> Tabelle 1.2 dargestellte Bild. Insgesamt wurden 595 <strong>Jugendliche</strong> im Jahr 2009<br />

polizeilich wegen irgende<strong>in</strong>es Delikts registriert. Dies bedeutet, dass etwa jeder achte<br />

<strong>Wolfsburg</strong>er <strong>Jugendliche</strong> mit der Polizei zu tun hatte, da <strong>in</strong> diesem Jahr 4.777 <strong>Jugendliche</strong> im<br />

Alter zwischen 14 <strong>und</strong> unter 18 Jahren hier lebten. Dies kommt auch <strong>in</strong> der<br />

Tatverdächtigenbelastungszahl zum Ausdruck, die angibt, wie viele <strong>Jugendliche</strong> pro 100.000<br />

dieser Altersgruppe polizeilich registriert wurden. E<strong>in</strong>e Tatverdächtigenbelastungszahl <strong>von</strong><br />

12.455,5 bedeutet, dass 12,5 % der <strong>Jugendliche</strong>n m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal im Jahr 2009 polizeilich<br />

wegen e<strong>in</strong>es Delikts erfasst wurden. Im Vergleich zur Belastungszahl Niedersachsens ergibt<br />

sich e<strong>in</strong>e deutlich erhöhte Krim<strong>in</strong>alitätsbelastung für <strong>Wolfsburg</strong>: Die<br />

Tatverdächtigenbelastungszahl liegt hier um die Hälfte über der Belastungszahl <strong>von</strong> Niedersachsen.<br />

Die <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s erweisen sich <strong>als</strong>o <strong>als</strong> überdurchschnittlich krim<strong>in</strong>ell<br />

bzw. sie werden überdurchschnittlich häufig polizeilich registriert. Zugleich ist zu betonen,<br />

dass <strong>in</strong> anderen Städten Niedersachsens z.T. noch höhere Belastungszahlen zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d<br />

(z.B. Oldenburg: 13.304,1; Osnabrück: 15.918,37; Braunschweig: 12.607,5).<br />

Tabelle 1.2: Anzahl <strong>Jugendliche</strong>r Tatverdächtiger <strong>und</strong> Tatverdächtigenbelastungszahlen nach Delikttyp<br />

im Jahr 2009<br />

Anzahl JugendliTatverdächtigenTatverdächtigencherTatverdächbelastungszahlbelastungszahlJutiger <strong>Wolfsburg</strong> <strong>Jugendliche</strong>r gendlicherNieder- 2009 <strong>Wolfsburg</strong> 2009 sachsen 2009<br />

alle Delikte 595 12455,5 8317,8<br />

schwerer Diebstahl 62 1297,9 1056,1<br />

e<strong>in</strong>facher Diebstahl 263 5505,5 2938,8<br />

darunter: Ladendiebstahl 215 4500,7 1762,6<br />

Sachbeschädigung 94 1967,8 1554,8<br />

Betrug 43 900,1 820,8<br />

darunter: Schwarzfahren 31 648,9 462,4<br />

vorsätzliche, leichte Körperverletzung 67 1402,6 1163,3<br />

<strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität 92 1925,9 1418,4<br />

darunter: schwere/gefährliche Körperverletzung 79 1653,8 1177,3<br />

darunter: Raub 18 376,8 290,0<br />

Die meisten jugendlichen <strong>Täter</strong> <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> haben e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>fachen Diebstahl begangen (263<br />

<strong>Täter</strong> im Jahr 2009); am zweithäufigsten treten <strong>Täter</strong> mit Sachbeschädigungen <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung<br />

(94 <strong>Täter</strong>). Noch vor den schweren Diebstählen kommen die <strong>Gewalt</strong>delikte, <strong>in</strong>sofern 92 <strong>Täter</strong><br />

e<strong>in</strong>e schwere/gefährliche Körperverletzung, e<strong>in</strong>en Raub etc., aber nur 62 <strong>Täter</strong> e<strong>in</strong>en schweren<br />

Diebstahl verübt haben. Ohne Ausnahme für alle Delikte ergeben sich im Vergleich zum<br />

niedersächsischen Durchschnitt Höherbelastungen für die <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s. Beim<br />

e<strong>in</strong>fachen Diebstahl <strong>und</strong> hier <strong>in</strong>sbesondere beim Ladendiebstahl, beim Schwarzfahren <strong>und</strong> bei<br />

der <strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität ist die Höherbelastung am deutlichsten ausgeprägt.<br />

Die Abbildungen 1.2 <strong>und</strong> 1.3 stellen die Entwicklung verschiedener Krim<strong>in</strong>alitätsbereiche <strong>in</strong><br />

Bezug auf <strong>Wolfsburg</strong>er <strong>Jugendliche</strong> dar. Erkennbar ist, dass <strong>in</strong> allen Bereichen e<strong>in</strong> anstei-<br />

18


gender Trend vorhanden ist, die Jugendkrim<strong>in</strong>alität <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> laut Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistik <strong>als</strong>o<br />

steigt. Die Belastungszahl für alle Delikte ist zwischen 2004 <strong>und</strong> 2009 um 27,6 % gestiegen,<br />

während sie <strong>in</strong> dieser Zeit <strong>in</strong> Niedersachsen nahezu konstant geblieben ist. Beim Ladendiebstahl<br />

hat es zwischen 2000 <strong>und</strong> 2003 zunächst e<strong>in</strong>en Rückgang gegeben, seit 2007 nimmt die<br />

Belastungszahl aber wieder deutlich zu. In Niedersachsen s<strong>in</strong>d die Belastungszahlen für Ladendiebstahl<br />

<strong>in</strong> den letzten Jahren leicht rückläufig.<br />

Abbildung 1.2: Tatverdächigenbelastungszahl <strong>Jugendliche</strong>r für alle Delikte bzw. Ladendiebstahl <strong>in</strong><br />

<strong>Wolfsburg</strong> 2000 bis 2009<br />

14000<br />

12000<br />

10000<br />

8000<br />

6000<br />

4000<br />

2000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

0<br />

2000<br />

2000<br />

2001<br />

2001<br />

2002<br />

2002<br />

2003<br />

2003<br />

2004<br />

2004<br />

2005<br />

2005<br />

<strong>Wolfsburg</strong>: alle Delikte<br />

Niedersachsen: alle Delikte<br />

<strong>Wolfsburg</strong>: Sachbeschädigung<br />

Niedersachsen: Sachbeschädigung<br />

2006<br />

2006<br />

2007<br />

2007<br />

2008<br />

2008<br />

2009<br />

2009<br />

5000<br />

4500<br />

4000<br />

3500<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

<strong>Wolfsburg</strong>: e<strong>in</strong>facher Ladendiebstahl<br />

Niedersachsen: e<strong>in</strong>facher Ladendiebstahl<br />

Bei der Sachbeschädigung wie bei der <strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität steigen auch <strong>in</strong> Niedersachsen die<br />

Belastungszahlen. Die Belastungszahl für <strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität hat sich hier seit 2000 <strong>und</strong> 20,8<br />

% erhöht. In <strong>Wolfsburg</strong> fallen <strong>in</strong>sbesondere seit 2004 die Anstiege aber deutlich stärker aus.<br />

Gleichwohl gibt es auch nach 2007 e<strong>in</strong>en starken Rückgang jugendlicher <strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität<br />

<strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong>.<br />

Abbildung 1.3: Tatverdächigenbelastungszahl <strong>Jugendliche</strong>r für Sachbeschädigung bzw. <strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität<br />

<strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> 2000 bis 2009<br />

3500<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

<strong>Wolfsburg</strong>: <strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität<br />

Niedersachsen: <strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität<br />

2006<br />

2006<br />

2007<br />

2007<br />

2008<br />

2008<br />

2009<br />

2009<br />

19


2. Stichprobenziehung <strong>und</strong> Stichprobenbeschreibung<br />

2.1. Stichprobenziehung, Rücklauf <strong>und</strong> Befragungsdurchführung<br />

Das Krim<strong>in</strong>ologische Forschungs<strong>in</strong>stitut Niedersachsen (KFN) führt seit 1998 Dunkelfelduntersuchungen<br />

zu den Themenbereichen Jugendgewalt <strong>und</strong> Jugenddel<strong>in</strong>quenz auf dem Weg<br />

schriftlicher Befragungen <strong>in</strong> verschiedenen Städten bzw. Landkreisen im Rahmen des Schulunterrichtes<br />

durch. Im Jahr 2007 erfolgte zum ersten Mal e<strong>in</strong>e deutschlandweit repräsentative<br />

Schülerbefragung (vgl. <strong>Baier</strong> et al. 2009, <strong>Baier</strong> et al. 2010). Die gewählte Methode (schriftliche<br />

Befragung während des Unterrichts) gewährleistet die Anonymität der Beteiligten optimal.<br />

Die <strong>von</strong> den Schülern abgegebenen Antworten fallen wahrheitsgemäßer aus <strong>als</strong> bei anderen<br />

Befragungsarten (vgl. Köllisch/Oberwittler 2004). Daneben hat diese Form der Befragung<br />

den Vorteil, dass pro Interviewterm<strong>in</strong> gleichzeitig 20 <strong>und</strong> mehr <strong>Jugendliche</strong> erreicht werden<br />

können. Dadurch reduzieren sich die Kosten e<strong>in</strong>er Studie erheblich.<br />

Wie <strong>in</strong> den früheren KFN-Schülerbefragungen sollten <strong>in</strong> der Schülerbefragung <strong>Wolfsburg</strong><br />

erneut Schüler der neunten Jahrgangsstufe im Fokus stehen. Diese Altersgruppe ersche<strong>in</strong>t aus<br />

zwei Gründen besonders geeignet für e<strong>in</strong>e Dunkelfeldstudie: Zum e<strong>in</strong>en zeigt sich bei Personen<br />

dieses Alters entsprechend der Alters-Krim<strong>in</strong>alitäts-Kurve bereits e<strong>in</strong> recht hohes Ausmaß<br />

del<strong>in</strong>quenten Verhaltens <strong>und</strong> zugleich e<strong>in</strong>e beachtliche Viktimisierungsrate. Zum anderen<br />

werden <strong>in</strong> dieser Altersgruppe bis auf wenige Ausnahmen noch alle <strong>Jugendliche</strong>n <strong>in</strong> der<br />

Schule unterrichtet. Nach Abschluss der neunten Klasse verlässt e<strong>in</strong> Teil dieses Altersjahrgangs<br />

die Schule.<br />

In <strong>Wolfsburg</strong> wurden im Schuljahr 2009/2010 <strong>in</strong>sgesamt 1.447 Schüler der neunten Jahrgangsstufe<br />

<strong>in</strong> 60 Klassen unterrichtet; Schüler aus Förderschulen mit anderen Schwerpunkten<br />

<strong>als</strong> dem Schwerpunkt Lernen bleiben dabei unberücksichtigt. Anvisiert war e<strong>in</strong>e Vollerhebung,<br />

d.h. es sollte jeder Neuntklässler im Rahmen der Studie befragt werden. Entsprechend<br />

wurden alle Schulen mit neunten Klassen mit der Bitte um Beteiligung an der Befragung angeschrieben.<br />

Mit Ausnahme e<strong>in</strong>er Schule (mit e<strong>in</strong>er neunten Klasse) haben alle Direktoren <strong>in</strong><br />

die Befragung e<strong>in</strong>gewilligt.<br />

Von den 60 Klassen haben damit 59 an der Befragung teilgenommen, was auf Klassenebene<br />

e<strong>in</strong>er Rücklaufquote <strong>von</strong> 98,3 % entspricht (Tabelle 2.1). In diesen Klassen wurden <strong>in</strong>sgesamt<br />

1.411 Schüler unterrichtet. Hier<strong>von</strong> haben 220 nicht an der Befragung teilgenommen. Darunter<br />

bef<strong>in</strong>den sich 92 Schüler, die am Befragungstag krank waren. Bei weiteren 53 Schülern<br />

haben die Eltern die Teilnahme untersagt; <strong>in</strong> 23 Fällen weigerten sich die Schüler selbst, an<br />

der Befragung teilzunehmen. Elf Fragebögen wurden nicht <strong>in</strong> die Auswertungen e<strong>in</strong>bezogen,<br />

weil die Schüler das Ausfüllen augensche<strong>in</strong>lich nicht ernst genommen haben. Bei weiteren 41<br />

Fällen s<strong>in</strong>d die Gründe der Nicht-Teilnahme <strong>in</strong>dividuell, so dass e<strong>in</strong>e Gruppierung nicht möglich<br />

ist (z.B. Schulschwänzen, Sportveranstaltung, Verschlafen). Insgesamt stehen damit letztlich<br />

Fragebögen <strong>von</strong> 1.191 <strong>Jugendliche</strong>n für Auswertungen zur Verfügung.<br />

Bezogen auf die 1.411 Schüler, deren Teilnahme die Direktoren bzw. Klasselehrer genehmigt<br />

haben, ergibt sich damit e<strong>in</strong>e Rücklaufquote <strong>von</strong> 84,4 %. Wenn die Gesamtzahl an Schülern<br />

zugr<strong>und</strong>e gelegt wird (1.447 Schüler), liegt die Rücklaufquote bei 82,3 %. In der b<strong>und</strong>eswei-<br />

21


ten Schülerbefragung 2007/2008 lag die Quote deutlich niedriger (62,1 %; <strong>Baier</strong> et al. 2009,<br />

S. 31). Die <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> realisierte Stichprobe ist damit <strong>als</strong> sehr verlässlich e<strong>in</strong>zustufen.<br />

Tabelle 2.1: Rücklauf der Schülerbefragung <strong>Wolfsburg</strong><br />

Gesamt<br />

Bruttostichprobe: Klassen 60<br />

Totalausfälle: Klassen 1<br />

Nettostichprobe: Klassen 59<br />

Bruttostichprobe: Schüler 1447<br />

Bruttostichprobe: Schüler (ohne Totalausfälle) 1411<br />

Nettostichprobe: Schüler 1191<br />

nicht teilgenommen 220<br />

Krankheit 92<br />

Elternverbot 53<br />

eigene Verweigerung 23<br />

nicht verwertbar 11<br />

andere Gründe 41<br />

Rücklaufquote: Klassen 98,3<br />

Rücklaufquote: Schüler 82,3<br />

Rücklaufquote: Schüler (ohne Totalausfälle) 84,4<br />

Die konkrete Vorgehensweise der Befragungsdurchführung gliederte sich <strong>in</strong> verschiedene<br />

Schritte. Zunächst wurden alle Direktoren vom KFN angeschrieben. Dem Direktorenbrief<br />

wurde e<strong>in</strong> Informationsschreiben für den Klassenlehrer der ausgewählten Klasse beigelegt;<br />

zudem lagen diesem Schreiben Elternbriefe bei, die die Eltern über die anstehende Befragung<br />

<strong>in</strong>formierten <strong>und</strong> darum baten, die Befragung des K<strong>in</strong>des zu erlauben.<br />

Mit den Direktoren bzw. Klassenlehrern nahmen kurz nach Versendung des Anschreibens<br />

Testleiter Kontakt auf, um e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> für die Befragung abzusprechen. Dabei kamen fünf<br />

Testleiter zum E<strong>in</strong>satz. Jedem Testleiter wurden m<strong>in</strong>destens zehn Schulklassen für Befragungen<br />

zugewiesen. Wenn <strong>in</strong> Absprache mit dem Klassenlehrer e<strong>in</strong> Term<strong>in</strong> für die Befragung<br />

gef<strong>und</strong>en werden konnte, erfolgte diese an dem festgesetzten Tag. Auf ihre Tätigkeit wurden<br />

die Testleiter im Rahmen e<strong>in</strong>er Schulung vorbereitet.<br />

Die Befragungen wurden im Zeitraum vom 17.5.2010 bis zum 22.6.2010 durchgeführt. Sie<br />

erfolgten jeweils im Klassenverband <strong>und</strong> i.d.R. <strong>in</strong> Gegenwart e<strong>in</strong>es Lehrers. Am Befragungstag<br />

sollten sich die Testleiter ca. zehn M<strong>in</strong>uten vor Beg<strong>in</strong>n des Unterrichts an e<strong>in</strong>em mit dem<br />

Klassenlehrer vere<strong>in</strong>barten Ort e<strong>in</strong>f<strong>in</strong>den <strong>und</strong> nochm<strong>als</strong> die wichtigsten Punkte des Befragungsablaufs<br />

mit dem Klassenlehrer klären. In der Klasse stellten sich zu Beg<strong>in</strong>n der Befragung<br />

die Testleiter den Schülern kurz vor <strong>und</strong> teilten die Fragebögen aus. Der Fragebogen<br />

umfasste 35 Seiten, wobei die Seiten 28 bis 35 modularisiert waren; d.h. nur die Hälfte dieser<br />

Seiten wurde, je nachdem, ob e<strong>in</strong> Befragter e<strong>in</strong>e deutsche oder nichtdeutsche Herkunft 4 hatte,<br />

ausgefüllt. Der Fragebogen enthielt weitestgehend auf Basis früherer KFN-<br />

Schülerbefragungen erprobte Frage-Komplexe zu den Themen <strong>Gewalt</strong>, Schulschwänzen <strong>und</strong><br />

Drogen- bzw. Medienkonsum; zudem wurden <strong>in</strong> der Fachliteratur <strong>als</strong> Ursachen <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong>tätigkeit<br />

beschriebene Themenkomplexe abgefragt (z.B. <strong>Gewalt</strong>erfahrungen <strong>in</strong> der Familie).<br />

4 „Nichtdeutsche Herkunft“ wird <strong>in</strong> diesem Bericht synonym mit dem Begriff Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> genutzt<br />

(vgl. zur Bestimmung der Herkunft Abschnitt 2.2).<br />

22


Die Testleiter präsentierten die ersten sieben Seiten des Fragebogens auf Overhead <strong>und</strong> lasen<br />

diese laut <strong>und</strong> deutlich vor. Sie betonten die Freiwilligkeit der Teilnahme <strong>und</strong> wiesen auf die<br />

Anonymisierung der Daten <strong>und</strong> die E<strong>in</strong>haltung des Datenschutzes h<strong>in</strong>. Im weiteren Verlauf<br />

unterschieden sich die Befragungen <strong>in</strong> Förderschulen <strong>und</strong> <strong>in</strong> anderen Schulformen. In allen<br />

Schulen außer Förderschulen legten die Testleiter nur die ersten sieben Seiten des Fragebogens<br />

auf <strong>und</strong> lasen diese vor, danach füllte jeder Schüler für sich alle<strong>in</strong> den Fragebogen aus.<br />

In Förderschulen h<strong>in</strong>gegen wurde der Fragebogen bis zur Seite 27 auf Folie präsentiert. Dass<br />

hier nicht bis Seite 35 vorgelesen wurde, ist mit der erwähnten Modularisierung zu begründen:<br />

Deutsche <strong>Jugendliche</strong> füllten auf den folgenden Seiten Fragen zum Thema „Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit<br />

<strong>und</strong> Rechtsextremismus“ aus, nicht-deutsche <strong>Jugendliche</strong> Fragen zum Thema<br />

„Integration“. Am Ende der Befragung wurden die Fragebögen e<strong>in</strong>gesammelt <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Briefumschlag verschlossen <strong>und</strong> versiegelt. Die Befragungen nahmen im Durchschnitt 93<br />

M<strong>in</strong>uten <strong>in</strong> Anspruch.<br />

Nach der Befragung haben die Testleiter die ausgefüllten <strong>und</strong> <strong>in</strong> Briefumschlägen verschlossenen<br />

<strong>und</strong> versiegelten Fragebögen an e<strong>in</strong>em sicheren Ort aufbewahrt. Nach Abschluss aller<br />

Befragungen wurden die Fragebögen ans KFN geschickt. Erst am KFN wurden sie aus den<br />

versiegelten Briefumschlägen genommen <strong>und</strong> pag<strong>in</strong>iert. Anschließend wurden sie über e<strong>in</strong>e<br />

eigens programmierte E<strong>in</strong>gabemaske <strong>in</strong> der EDV erfasst. Hierfür wurden Kodierer e<strong>in</strong>gesetzt,<br />

die für diese Tätigkeit geschult wurden <strong>und</strong> deren Arbeit mehrfach kontrolliert wurde, um die<br />

Rate fehlerhafter Kodierungen zu senken.<br />

2.2. Stichprobenbeschreibung<br />

In der Schülerbefragung <strong>Wolfsburg</strong> wurden 1.191 Schüler der neunten Jahrgangsstufe befragt.<br />

Hierbei handelt es sich zu 1,6 % um Förderschüler, zu 12,8 % um Hauptschüler <strong>und</strong> zu 43,5<br />

% um Gymnasiasten (vgl. Tabelle 2.2); die restlichen Schüler s<strong>in</strong>d Real- bzw. Gesamtschüler<br />

(29,6 bzw. 12,3 %). Die Zusammensetzung der Stichprobe weicht bzgl. e<strong>in</strong>iger Schulformen<br />

<strong>von</strong> den Verteilungen <strong>in</strong> der Gr<strong>und</strong>gesamtheit aller <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> unterrichteter Schüler ab. So<br />

wurden anteilsmäßig etwas zu wenig Hauptschüler <strong>und</strong> etwas zu viel Gymnasiasten befragt.<br />

Dies lässt sich damit erklären, dass zum Schuljahresende e<strong>in</strong>ige Hauptschüler die Schule bereits<br />

verlassen haben; zudem ist die Rate fehlender Schüler an Hauptschulen gewöhnlich höher<br />

<strong>als</strong> an Gymnasien. Diese zwischen der Stichprobe <strong>und</strong> der Gr<strong>und</strong>gesamtheit bestehenden<br />

Diskrepanzen lassen sich über e<strong>in</strong>e Gewichtung ausgleichen. Die Antworten e<strong>in</strong>es Hauptschülers<br />

werden dabei etwas stärker gezählt <strong>als</strong> die Antworten e<strong>in</strong>es Gymnasiasten. Durch die<br />

schulformspezifische Gewichtung der Daten ist es möglich, die Stichprobenzusammensetzung<br />

exakt auf die Gr<strong>und</strong>gesamtheit abzustimmen. E<strong>in</strong> Großteil der nachfolgend präsentierten<br />

Auswertungen bezieht sich auf gewichtete Daten. Nur <strong>in</strong> den Fällen, <strong>in</strong> denen stadtteilbezogene<br />

Auswertungen berichtet werden, wird auf die Datengewichtung verzichtet, was damit zu<br />

begründen ist, dass die Stichprobe ke<strong>in</strong>e Repräsentativität für die Stadtteile, sondern die gesamte<br />

Schülerschaft der an <strong>Wolfsburg</strong>er Schulen unterrichteten Neuntklässler beansprucht.<br />

In Tabelle 2.2 ist e<strong>in</strong>e zusätzliche Spalte „B<strong>und</strong>: West“ aufgeführt. Dar<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d Vergleichsdaten<br />

der deutschlandweit repräsentativen Schülerbefragung unter Schülern der neunten Jahrgangsstufe<br />

festgehalten, die <strong>in</strong> den Jahren 2007 <strong>und</strong> 2008 durchgeführt worden ist (vgl. <strong>Baier</strong><br />

et al. 2009), wobei sich hier <strong>und</strong> im Folgenden auf die Darstellung der Ergebnisse der west-<br />

23


deutschen B<strong>und</strong>esländer (ohne Berl<strong>in</strong>) beschränkt wird (N = 38.354). Da sich diese Befragung<br />

auf die selbe Jahrgangsstufe bezog, ist sie sehr gut geeignet, um die Bef<strong>und</strong>e zu <strong>Wolfsburg</strong><br />

e<strong>in</strong>zuordnen. Der Vergleich der Schüleranteile macht deutlich, dass <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> unterdurchschnittlich<br />

viele Förder- <strong>und</strong> Hauptschüler <strong>und</strong> überdurchschnittlich viele Gymnasiasten unterrichtet<br />

werden. Dies ist für e<strong>in</strong> städtisches Gebiet <strong>in</strong> Norddeutschland nicht überraschend.<br />

So wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Schülerbefragung 2005 <strong>in</strong> Oldenburg e<strong>in</strong> Gymnasialanteil <strong>von</strong> 33,7 % ermittelt<br />

(<strong>Baier</strong> et al. 2006, S. 37), <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Schülerbefragung 2006 <strong>in</strong> Hannover e<strong>in</strong> Anteil <strong>von</strong><br />

34,5 % (Rabold et al. 2008, S. 16). In die b<strong>und</strong>esweite Schülerbefragung wurden h<strong>in</strong>gegen<br />

auch zahlreiche Landkreise <strong>und</strong> zahlreiche Gebiete <strong>in</strong> Süddeutschland e<strong>in</strong>bezogen. Gerade <strong>in</strong><br />

Süddeutschland ist der Hauptschulzweig noch relativ stark besucht.<br />

Tabelle 2.2: Befragte nach Schulform<br />

Anzahl Schüler<br />

Gr<strong>und</strong>gesamtheit 1<br />

24<br />

<strong>in</strong> % 1<br />

Anzahl Schüler<br />

Stichprobe<br />

<strong>in</strong> %<br />

B<strong>und</strong>: West<br />

(gewichtet)<br />

Förderschule 22 1,6 20 1,7 4,3<br />

Hauptschule 237 16,8 153 12,8 25,6<br />

Re<strong>als</strong>chule 382 27,1 353 29,6 28,3 2<br />

Gesamtschule 202 14,3 147 12,3 12,5<br />

Gymnasium 568 40,3 518 43,5 29,2<br />

Gesamt 1411 100,0 1191 100,0 100,0<br />

1 ohne Schule/Klasse mit Absage, 2 <strong>in</strong>kl. Integrierte Haupt- <strong>und</strong> Re<strong>als</strong>chule<br />

Die <strong>Jugendliche</strong>n wurden zu Beg<strong>in</strong>n des Fragebogens gebeten, den Stadtteil zu berichten, <strong>in</strong><br />

dem sie <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> wohnen. Wenn sie nicht <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> wohnen, sollten sie ihren Wohnort<br />

e<strong>in</strong>tragen. Tabelle 2.3 berichtet, wie häufig die verschiedenen Wohnortnennungen vorkamen.<br />

Immerh<strong>in</strong> 258 der 1.191 befragten Schüler (21,7 %) kommen nicht aus <strong>Wolfsburg</strong>. Der<br />

Anteil nicht <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> wohnhafter Befragter ist dabei unter Gesamtschülern (44,2 %) bzw.<br />

unter Gymnasiasten (28,4 %) besonders hoch. Weitere 16 Befragte haben ke<strong>in</strong>e Angabe zu<br />

Ihrem Wohnort gemacht. Den meisten der <strong>in</strong> den nachfolgenden Abschnitten vorgestellten<br />

Ergebnissen ist die Gesamtstichprobe <strong>in</strong>kl. der nicht <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> wohnhaften Schüler zugr<strong>und</strong>e<br />

gelegt. Obwohl es sich bei den nicht <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> wohnhaften <strong>Jugendliche</strong>n häufiger<br />

um Gesamtschüler <strong>und</strong> um Gymnasiasten handelt, würde der Ausschluss dieser Schüler die<br />

Ergebnisse kaum verändern.<br />

Von den <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> wohnhaften Befragten kommen die meisten aus Vorsfelde, die wenigsten<br />

aus Almke-Ne<strong>in</strong>dorf. Da <strong>in</strong> Almke-Ne<strong>in</strong>dorf nur zwölf Personen befragt wurden, werden<br />

diese im Folgenden bei stadtteilbezogenen Auswertungen nicht berücksichtigt; es werden<br />

stattdessen nur Stadtteile mit m<strong>in</strong>destens 20 Befragten e<strong>in</strong>bezogen, damit die Anonymität der<br />

Befragten gewahrt bleibt. Dabei werden zudem nur die allgeme<strong>in</strong>en Stadtteilkategorien ausgewiesen,<br />

nicht die differenzierten Stadtteile, da sich darunter ebenfalls viele Gebiete mit nur<br />

wenigen Befragten bef<strong>in</strong>den. Die unterschiedlich hohen Fallzahlen bei den allgeme<strong>in</strong>en Stadtteilkategorien<br />

sollten bei der Interpretation stadtteilbezogener Auswertungen beachtet werden.<br />

Auswertungen zu Vorsfelde oder Fallersleben-Süllfeld basieren auf mehr Befragten <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d<br />

daher <strong>als</strong> verlässlicher e<strong>in</strong>zustufen <strong>als</strong> bspw. Auswertungen zu Hehl<strong>in</strong>gen oder Kästorf-<br />

Sandkamp


Tabelle 2.3: Anzahl Befragte nach Stadtteil (ungewichtete Daten)<br />

Stadtteil<br />

Anzahl<br />

Stadtteil differenziert: Anzahl Befragte<br />

Befragte<br />

Almke-Ne<strong>in</strong>dorf 12 Almke: 6, Ne<strong>in</strong>dorf: 6<br />

Barnsdorf-Nordsteimke 43 Barnsdorf: 18, Nordsteimke: 25<br />

Brackstedt-Velstove-<br />

Warmenau<br />

31 Brackstedt: 9, Velstove: 16, Warmenau: 6<br />

Detmerode 44<br />

Ehmen-Mörse 66 Ehmen: 34, Mörse: 32<br />

Fallersleben-Süllfeld 97 Fallersleben: 68, Sülfeld: 29<br />

Hattorf-Heiligendorf 27 Hattorf: 16, Heiligendorf: 11<br />

Hehl<strong>in</strong>gen 21<br />

Kästorf-Sandkamp 22 Kästorf: 20, Sandkamp: 2<br />

Mitte-West 84<br />

Eichelkamp: 9, Klieversberg: 8, Wohltberg: 8, Hageberg: 22, Laagberg:<br />

19, Hohenste<strong>in</strong>: 6, Rabenberg: 11, ohne Angabe: 1<br />

Neuhaus-Reisl<strong>in</strong>gen 81 Neuhaus: 20, Reisl<strong>in</strong>gen: 61<br />

Nordstadt 82<br />

Alt-<strong>Wolfsburg</strong>: 12, Tiergartenbreite: 23, Kreuzheide: 29, Teichbreite: 17,<br />

ohne Angabe: 1<br />

Stadtmitte 83<br />

Hellw<strong>in</strong>kel: 26, Rothenfeld: 26, Steimker Berg: 8, Heßl<strong>in</strong>gen: 1, Schillerteich:<br />

5, Köhlerberg: 6, Stadtmitte: 36<br />

Vorsfelde 109<br />

Wendschott 33<br />

Westhagen 82<br />

außerhalb <strong>Wolfsburg</strong>s 258<br />

ke<strong>in</strong>e Angabe 16<br />

In Tabelle 2.4 s<strong>in</strong>d weitere, die demographische Struktur der Stichprobe beschreibende Variablen<br />

vorgestellt. Die gesamte Stichprobe <strong>Wolfsburg</strong>s betrachtet zeigt sich, dass etwas weniger<br />

<strong>als</strong> die Hälfte der Befragten männlichen Geschlechts ist (49,7 %) <strong>und</strong> dass das Durchschnittsalter<br />

der Befragten 15,3 Jahre beträgt. Die Abweichungen zu Westdeutschland fallen<br />

bei beiden Variablen eher ger<strong>in</strong>g aus. Gleiches gilt für den Anteil an <strong>Jugendliche</strong>n, die nicht<br />

mit zwei leiblichen Elternteilen zusammenleben: In <strong>Wolfsburg</strong> liegt dieser Anteil bei 28,7 %,<br />

<strong>in</strong> B<strong>und</strong>esgebiet (West) bei 29,4 %.<br />

Der Anteil an <strong>Jugendliche</strong>n, die <strong>in</strong> Familien aufwachsen, die abhängig <strong>von</strong> sozi<strong>als</strong>taatlichen<br />

Leistungen s<strong>in</strong>d, fällt <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> etwas überdurchschnittlich aus. Während dies im B<strong>und</strong>esgebiet<br />

(West) auf 11,6 % der Befragten zutrifft, ist dies <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> bei 13,3 % der Fall.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich dieses Merkm<strong>als</strong> ergibt sich allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> Nord-Süd-Gefälle mit niedrigeren<br />

Quoten <strong>in</strong> Süddeutschland (vgl. <strong>Baier</strong> et al. 2009, S. 33). Insofern ist die überdurchschnittliche<br />

Quote <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> nicht ungewöhnlich. Die Abhängigkeit <strong>von</strong> staatlichen Leistungen<br />

wurde über die Frage nach der Arbeitslosigkeit <strong>von</strong> Mutter <strong>und</strong> Vater bzw. dem Sozialhilfe-<br />

/Arbeitslosengeld-II-Bezug abgebildet. Wenn m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Elternteil arbeitslos ist bzw.<br />

wenn die Familie Sozialhilfe-/Arbeitslosengeld II bezieht, wird <strong>von</strong> der Abhängigkeit <strong>von</strong><br />

staatlichen Leistungen gesprochen.<br />

Etwas mehr <strong>als</strong> e<strong>in</strong> Drittel der <strong>Wolfsburg</strong>er Neuntklässler (33,7 %) weist e<strong>in</strong>en Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />

auf. Der Anteil liegt damit etwas über dem westdeutschen Schnitt. Um die Herkunft<br />

zu bestimmen, wurden die Schüler gebeten, anzugeben, wo sie bzw. die leiblichen Eltern<br />

geboren s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> welche Staatsangehörigkeit sie bzw. die Eltern besitzen. Für die Zuordnung<br />

zu e<strong>in</strong>er Gruppe war dabei zuerst die Staatsangehörigkeit der Mutter entscheidend. War<br />

25


diese türkisch, so wurde der <strong>Jugendliche</strong> <strong>als</strong> türkisch klassifiziert, war sie italienisch <strong>als</strong> italienisch<br />

usw. Lagen bzgl. der Staatsangehörigkeit der Mutter ke<strong>in</strong>e Angaben vor oder war diese<br />

deutsch, wurde die Zuordnung nach der Staatsangehörigkeit des Vaters bzw. des <strong>Jugendliche</strong>n<br />

selbst vorgenommen. Bei <strong>Jugendliche</strong>n, die weder zur eigenen Staatsangehörigkeit noch zur<br />

Staatsangehörigkeit der Eltern e<strong>in</strong>e Angabe machten oder die überall „deutsch“ angaben,<br />

wurde geprüft, ob die Mutter <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen Land geboren wurde. Wenn dem so war, wurde<br />

die entsprechende Herkunft zugeordnet; genauso wurde <strong>in</strong> Bezug auf das Geburtsland des<br />

Vaters sowie das Geburtsland des Befragten vorgegangen. Im Endeffekt zählen damit nur<br />

jene <strong>Jugendliche</strong> <strong>als</strong> deutsch, die alle entsprechenden Fragen mit „deutsch“ oder „Deutschland“<br />

beantworteten. Sofern e<strong>in</strong>e nichtdeutsche Herkunft berichtet wurde oder e<strong>in</strong> nichtdeutsches<br />

Geburtsland, zählt der <strong>Jugendliche</strong> <strong>als</strong> nichtdeutsch, wobei für die konkrete Zuordnung<br />

i.d.R. die Mutter den Ausschlag gab.<br />

Aber nicht nur bzgl. des Anteils, auch bzgl. der Zusammensetzung unterscheidet sich die<br />

<strong>Wolfsburg</strong>er Stichprobe <strong>von</strong> der Stichprobe Westdeutschlands. Die größte Migrantengruppe<br />

bilden <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> die <strong>Jugendliche</strong>n aus der ehem. Sowjetunion mit 10,1 %, gefolgt <strong>von</strong> den<br />

italienischen Befragten (7,2 %). Im B<strong>und</strong>esgebiet (West) bilden türkische <strong>Jugendliche</strong> mit 6,6<br />

% die größte Gruppe; an zweiter Stelle folgen die <strong>Jugendliche</strong>n aus Ländern der ehem. Sowjetunion<br />

(6,3 %). Italienische <strong>Jugendliche</strong> f<strong>in</strong>den sich b<strong>und</strong>esweit nur zu 1,7 %. Türkische<br />

<strong>Jugendliche</strong> machen <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> 2,2 % der Stichprobe aus, polnische <strong>Jugendliche</strong> 3,4 %.<br />

Etwa jeder zehnte Befragte (10,8 %) <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> hat e<strong>in</strong>e andere nichtdeutsche Herkunft;<br />

die Herkunftsländer s<strong>in</strong>d aber so vielfältig, dass e<strong>in</strong>e weitere Gruppenbildung nicht s<strong>in</strong>nvoll<br />

ersche<strong>in</strong>t.<br />

Tabelle 2.4: Stichprobenbeschreibung nach Gebiet (<strong>in</strong> % bzw. Mittelwerte)<br />

Anteil<br />

männlich Alter<br />

nicht mit beiden<br />

abhängig <strong>von</strong><br />

leiblichen Eltern<br />

staatlichen<br />

zusammen le-<br />

Leistungen<br />

bend<br />

26<br />

nichtdeutsch<br />

Anteil<br />

Gymnasium<br />

<strong>Wolfsburg</strong> gesamt (gewichtet) 49,7 15.3 13,3 28,7 33,7 -<br />

B<strong>und</strong>: West (gewichtet) 51,2 15.3 11,6 29,4 29,4 -<br />

Barnsdorf-Nordsteimke 44,2 14.9 2,4 14,0 31,0 48,8<br />

Brackstedt-Velstove-Warmenau 54,8 15.3 9,7 19,4 6,5 51,6<br />

Detmerode 60,5 15.6 11,4 32,6 47,7 27,3<br />

Ehmen-Mörse 58,5 15.0 7,6 24,2 25,8 56,1<br />

Fallersleben-Süllfeld 45,3 15.3 4,1 28,9 26,3 48,5<br />

Hattorf-Heiligendorf 44,0 15.4 3,8 28,0 11,1 40,7<br />

Hehl<strong>in</strong>gen 65,0 15.0 4,8 23,8 28,6 47,6<br />

Kästorf-Sandkamp 54,5 15.0 13,6 36,4 45,5 59,1<br />

Mitte-West 44,6 15.4 21,7 41,0 41,0 33,3<br />

Neuhaus-Reisl<strong>in</strong>gen 44,3 15.0 7,5 20,3 38,3 53,1<br />

Nordstadt 48,8 15.3 12,5 34,2 40,2 28,0<br />

Stadtmitte 43,9 15.4 25,3 46,3 50,6 27,7<br />

Vorsfelde 57,0 15.3 13,8 35,8 26,6 33,0<br />

Wendschott 68,8 15.5 3,0 30,3 42,4 42,4<br />

Westhagen 42,3 15.6 43,2 21,3 79,3 28,0<br />

fett: Unterschiede signifikant zwischen Gebieten bei p < .05; grau unterlegt: höchster bzw. niedrigster Wert


Zwischen den 15 Stadtteilen <strong>Wolfsburg</strong>s gibt es z.T. signifikante Unterschiede h<strong>in</strong>sichtlich<br />

der demographischen Zusammensetzung (Tabelle 2.4). 5 So variiert der Anteil männlicher<br />

Befragter zwischen 42,3 <strong>und</strong> 68,8 %, das Durchschnittsalter zwischen 14,9 <strong>und</strong> 15,6 Jahren.<br />

Große Unterschiede s<strong>in</strong>d beim Bezug sozi<strong>als</strong>taatlicher Transferleistungen festzustellen: In<br />

Barnsdorf-Nordsteimke s<strong>in</strong>d nur 2,4 % der Familien <strong>von</strong> diesen Zahlungen abhängig, <strong>in</strong><br />

Westhagen h<strong>in</strong>gegen 43,2 %. In Westhagen ist daneben der höchste Anteil nichtdeutscher<br />

Befragter zu verzeichnen (79,3 %). Der Anteil an Gymnasiasten fällt am niedrigsten im Stadtteil<br />

Detmerode, am höchsten im Stadtteil Kästorf-Sandkamp aus.<br />

In Tabelle 2.5 s<strong>in</strong>d die demographischen Angaben noch e<strong>in</strong>mal für verschiedene<br />

Befragtengruppen aufgeführt. In Bezug auf die verschiedenen Migrantengruppen fällt dabei<br />

die hohe Heterogenität auf. Türkische <strong>Jugendliche</strong> berichten am häufigsten da<strong>von</strong>, dass ihre<br />

Familien staatliche Transferleistungen erhalten (50,0 %). Bei italienischen Familien h<strong>in</strong>gegen<br />

liegt diese Quote nahezu identisch hoch wie bei den deutschen Familien (10,6 bzw. 9,5 %).<br />

Die sich dar<strong>in</strong> widerspiegelnde ökonomische Benachteiligung türkischer Familien wird durch<br />

e<strong>in</strong>e weitere Auswertungen bestätigt (nicht abgebildet): Nur etwa die Hälfte (52,0 %) der türkischen<br />

<strong>Jugendliche</strong>n berichtet, e<strong>in</strong> eigenes Zimmer zur Verfügung zu haben; bei den deutschen<br />

Befragten liegt die Quote mit 96,9 % deutlich darüber.<br />

Tabelle 2.5: Stichprobenbeschreibung nach Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> bzw. Schulform (<strong>in</strong> % bzw. Mittelwerte;<br />

gewichtete Daten)<br />

Anteil<br />

männlich<br />

Alter<br />

nicht mit beiden<br />

abhängig <strong>von</strong><br />

leiblichen Eltern<br />

staatlichen<br />

zusammen le-<br />

Leistungen<br />

bend<br />

nichtdeutsch<br />

Anteil Gymnasium<br />

deutsch 51,4 15.2 9,5 31,0 - 45,7<br />

eh. SU 44,3 15.4 15,3 21,8 - 34,2<br />

italienisch 41,7 15.2 10,6 24,7 - 15,3<br />

polnisch 46,2 15.4 22,0 24,4 - 43,9<br />

türkisch 52,0 15.9 50,0 23,1 - 23,1<br />

andere 50,0 15.6 28,8 24,0 - 31,3<br />

Förder-/Hauptschule 60,7 15.9 29,2 41,7 44,3 -<br />

Re<strong>als</strong>chule 49,2 15.3 14,6 31,7 43,0 -<br />

Gesamtschule 44,4 15.0 4,7 21,1 28,2 -<br />

Gymnasium 46,7<br />

fett: Unterschiede signifikant bei p < .05<br />

15.0 8,6 23,3 24,6 -<br />

Auch die Bildungs<strong>in</strong>tegration variiert beträchtlich zwischen den ethnischen Gruppen: Während<br />

fast jeder zweite deutsche <strong>Jugendliche</strong> (45,7 %) e<strong>in</strong> Gymnasium besucht, liegt dieser<br />

Anteil bei den türkischen <strong>Jugendliche</strong>n nur bei 23,1 %, bei den italienischen <strong>Jugendliche</strong>n gar<br />

nur bei 15,3 %. Die polnischen <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s weisen demgegenüber e<strong>in</strong>e den<br />

Deutschen vergleichbare Gymnasialquote auf (43,9 %). Auch <strong>in</strong> der b<strong>und</strong>esweiten Schülerbe-<br />

5 Die Signifikanz der Unterschiede zwischen den Stadtteilen wird <strong>in</strong> der Tabelle dadurch kenntlich gemacht, dass<br />

die Zahlen fett gedruckt s<strong>in</strong>d. Auch im weiteren Bereicht werden signifikante Unterschiede bzw.<br />

Zusammenhänge gekennzeichnet. Allerd<strong>in</strong>gs ist an dieser Stelle auf die begrenzte Aussagekraft dieser Tests<br />

h<strong>in</strong>zuweisen: Die Befragung <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> stellt e<strong>in</strong>e Vollerhebung dar; e<strong>in</strong> Schluss <strong>von</strong> der Stichprobe auf die<br />

Gr<strong>und</strong>gesamtheit ist hier per se mit ger<strong>in</strong>ger Unsicherheit behaftet. Es ist damit weniger die Signifikanz <strong>von</strong><br />

Unterschieden entscheidend, sondern vielmehr die Relevanz, d.h. deren relative Größe. Kriterien dafür, ab<br />

welcher Größe e<strong>in</strong> Unterschied <strong>als</strong> relevant anzusehen ist, fehlen <strong>in</strong> der wissenschaftlichen Literatur allerd<strong>in</strong>gs<br />

weitestgehend.<br />

27


fragung 2007/2008 hat sich e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere Bidungs<strong>in</strong>tegration der türkischen <strong>und</strong> italienischen<br />

<strong>Jugendliche</strong>n gezeigt (<strong>Baier</strong> et al. 2009, S. 36). Türkische <strong>Jugendliche</strong> strebten hier zu<br />

16,1 % das Abitur an, italienische <strong>Jugendliche</strong> zu 21,5 %.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich der Schulformen ergeben sich ebenfalls signifikante Unterschiede für die verschiedenen<br />

sozio-demographischen Variablen. So liegt der Anteil an männlichen Befragten an<br />

Förder- <strong>und</strong> Hauptschulen besonders hoch: Fast zwei <strong>von</strong> drei Schülern haben hier e<strong>in</strong> männliches<br />

Geschlecht (60,7 %), an Gymnasien trifft dies nur auf 46,7 % zu. Das Durchschnittsalter<br />

an Förder- <strong>und</strong> Hauptschulen ist ebenfalls deutlich erhöht. Die Schüler s<strong>in</strong>d im Schnitt e<strong>in</strong><br />

Jahr älter. Dies dürfte damit <strong>in</strong> Zusammenhang stehen, dass diese Schüler später e<strong>in</strong>geschult<br />

wurden bzw. häufiger e<strong>in</strong>e Klasse wiederholen mussten. Die Förder- <strong>und</strong> Hauptschüler wachsen<br />

zudem häufiger <strong>in</strong> ökonomisch prekären Verhältnissen auf (gemessen anhand der Quote<br />

<strong>von</strong> Familien, die staatliche Transferzahlungen beziehen), sie haben häufiger e<strong>in</strong>en Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> sie leben häufiger nicht mit beiden leiblichen Elternteilen zusammen,<br />

haben <strong>als</strong> schon öfter Trennungen <strong>und</strong> Scheidungen der Eltern erleben müssen.<br />

E<strong>in</strong>e letzte, <strong>in</strong> Abbildung 2.1 berichtete Auswertung zur Stichprobenbeschreibung zeigt, wie<br />

häufig die Befragten verschiedenen Religionsgruppen angehören. Für die Gesamtstichprobe<br />

f<strong>in</strong>det sich demnach, dass über drei Viertel der Befragten e<strong>in</strong>er christlichen Konfession (katholisch<br />

oder evangelisch) zugehörig s<strong>in</strong>d; nur 14,1 % der Befragten gehören ke<strong>in</strong>er religiösen<br />

Gruppe an. Die Anteile weichen ger<strong>in</strong>gfügig vom b<strong>und</strong>esdeutschen Durchschnitt ab, bei dem<br />

sich gezeigt hat, dass 81,5 % der Schüler christlich s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> 7,8 % ke<strong>in</strong>er Konfession angehören<br />

(<strong>Baier</strong> et al. 2010, S. 83). Bei türkischen <strong>und</strong> anderen Befragtengruppen spielt die islamische<br />

Religionszugehörigkeit e<strong>in</strong>e wichtige Rolle; bei deutschen, italienischen, polnischen <strong>und</strong><br />

eh. sowjetischen <strong>Jugendliche</strong>n ist e<strong>in</strong>e solche Zugehörigkeit h<strong>in</strong>gegen die Ausnahme.<br />

Abbildung 2.1: Religionszugehörigkeit nach Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> (<strong>in</strong> %)<br />

28<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

gesamt deutsch eh. SU italienisch polnisch türkisch andere<br />

ke<strong>in</strong>e 14,1 16,1 12,5 3,5 2,4 16,0 13,7<br />

andere 3,7 1,7 9,2 1,2 2,4 8,0 11,3<br />

islamisch 5,1 0,3 1,7 0,0 0,0 64,0 32,3<br />

christlich 77,1 82,0 76,7 95,3 95,1 12,0 42,7<br />

2.3. E<strong>in</strong>schätzung der Befragung<br />

Die Frage, ob Befragte im Rahmen <strong>von</strong> Fragebogenuntersuchungen verlässliche Antworten<br />

abgeben, beschäftigt die empirische Sozialforschung <strong>von</strong> Beg<strong>in</strong>n an. Diese Frage erhält vor<br />

allem dann besondere Aufmerksamkeit, wenn es um das Berichten <strong>von</strong> E<strong>in</strong>stellungen <strong>und</strong><br />

Verhaltensweisen geht, die <strong>als</strong> „auffällig“, „untypisch“, „abweichend“ oder gar „krim<strong>in</strong>ell“


e<strong>in</strong>gestuft werden können. Die bisherigen Untersuchungen zum Antwortverhalten <strong>von</strong> Schülern<br />

im Rahmen <strong>von</strong> Dunkelfeldbefragungen deuten darauf h<strong>in</strong>, dass es Anlass gibt, die auf<br />

dieser Basis gewonnenen Ergebnisse zurückhaltend zu <strong>in</strong>terpretieren. Gr<strong>und</strong>sätzliche Zweifel<br />

an der Methode <strong>und</strong> den Ergebnisse s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs nicht angebracht (vgl. u.a. <strong>Baier</strong> et al.<br />

2010a, 36ff).<br />

An dieser Stelle sollen nun ke<strong>in</strong>e weiteren Ergebnisse <strong>von</strong> Tests zum Antwortverhalten berichtet<br />

werden. Stattdessen werden die E<strong>in</strong>schätzungen der Befragten zum Fragebogen <strong>und</strong><br />

zum Testleiter präsentiert. Diese E<strong>in</strong>schätzungen bestätigen weitestgehend, dass die Schüler<br />

die Befragung ernst nehmen <strong>und</strong> entsprechend verlässliche Angaben machen. Abbildung 2.2<br />

zeigt den Anteil an Schülern, die verschiedenen Aussagen im Fragebogen zugestimmt haben.<br />

So gaben 94,3 % der Befragten an, dass sie den Fragebogen ernst genommen haben; für 89,6<br />

% war er gut verständlich. Zwei Drittel der Schüler fand den Fragebogen spannend, zugleich<br />

aber auch jeder Zweite <strong>als</strong> zu lang. Da<strong>von</strong>, bei e<strong>in</strong>igen Fragen nicht ganz ehrlich geantwortet<br />

zu haben, berichten nur 12,4 % der Schüler. Der Testleiter erhält ebenfalls weitestgehend e<strong>in</strong><br />

sehr gutes Zeugnis: Jeweils m<strong>in</strong>d. neun <strong>von</strong> zehn Befragten stimmten den Aussagen zu, dass<br />

er ausreichend Erläuterungen gegeben hat, fre<strong>und</strong>lich gewesen ist <strong>und</strong> dafür gesorgt hat, dass<br />

jeder Schüler den Fragebogen für sich alle<strong>in</strong> ausfüllen konnte. Gerade die Herstellung e<strong>in</strong>er<br />

Atmosphäre der Anonymität ist wichtig, da dadurch sichergestellt wird, dass e<strong>in</strong> Befragter<br />

beim Ausfüllen nicht vom Sitznachbar bee<strong>in</strong>flusst wird.<br />

Abbildung 2.2: Zustimmung zu Aussagen zum Fragebogen bzw. zum Testleiter (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

Ich habe FB erns t geno mmen<br />

FB war gut vers tändlich<br />

FB war s pannend<br />

FB war zu lang<br />

Fragen waren zu pers ö nlich<br />

Fragen im FB waren langweilig<br />

Bei Fragen nicht ganz ehrlich geantwo rtet<br />

Leiter hat Befragung aus reichend erläutert<br />

Leiter war fre<strong>und</strong>lich<br />

Leiter hat darauf geachtet, das s Schüler für s ich alle<strong>in</strong> aus füllen kann<br />

Leiter hat für Ruhe ges o rgt<br />

12,4<br />

22,3<br />

21,8<br />

52,2<br />

66,9<br />

83,0<br />

89,6<br />

91,8<br />

89,9<br />

94,3<br />

95,0<br />

0,0 10,0 20,0 30,0 40,0 50,0 60,0 70,0 80,0 90,0 100,0<br />

Die E<strong>in</strong>schätzungen zum Fragebogen unterscheiden sich <strong>in</strong> nicht unerwarteter Weise nach<br />

verschiedenen Befragtengruppen, wie Tabelle 2.6 zeigt. So s<strong>in</strong>d männliche Befragte seltener<br />

der Ansicht, dass der Fragebogen spannend ist. Stattdessen f<strong>in</strong>den sie ihn häufiger langweilig<br />

<strong>und</strong> antworten auch häufiger <strong>als</strong> Mädchen bei der e<strong>in</strong>en oder anderen Frage nicht ganz ehrlich.<br />

Deutsche Befragte nehmen den Fragebogen etwas häufiger ernst <strong>und</strong> stufen ihn häufiger<br />

29


<strong>als</strong> verständlich e<strong>in</strong>. Nichtdeutsche <strong>Jugendliche</strong> h<strong>in</strong>gegen empf<strong>in</strong>den ihn häufiger <strong>als</strong> zu lang<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>ige Fragen ersche<strong>in</strong>en ihnen häufiger <strong>als</strong> zu persönlich.<br />

Tabelle 2.6: Zustimmung zu Aussagen zum Fragebogen nach Geschlecht <strong>und</strong> Herkunft (<strong>in</strong> %; gewichtete<br />

Daten)<br />

männlich weiblich deutsch nichtdeutsch<br />

Ich habe FB ernst genommen 94,9 94,1 96,6 90,6<br />

FB war gut verständlich 89,7 89,8 91,2 87,3<br />

FB war spannend 63,4 70,5 68,4 64,7<br />

FB war zu lang 51,5 52,9 46,7 63,3<br />

Fragen waren zu persönlich 21,9 23,3 19,8 27,7<br />

Fragen im FB waren langweilig 24,9 18,9 20,9 23,6<br />

Bei Fragen nicht ganz ehrlich geantwortet 17,4 7,6 11,4 14,5<br />

fett: Unterschied signifikant bei p < .05<br />

30


3. <strong>Jugendliche</strong> <strong>als</strong> <strong>Opfer</strong> <strong>und</strong> <strong>Täter</strong> del<strong>in</strong>quenten Verhaltens<br />

Die Erfahrungen, die <strong>Jugendliche</strong> mit <strong>Gewalt</strong> <strong>und</strong> anderen Formen des del<strong>in</strong>quenten Verhaltens<br />

6 machen, wurden im Fragebogen aus zwei Perspektiven erhoben. Die <strong>Jugendliche</strong>n wurden<br />

gebeten, e<strong>in</strong>erseits anzugeben, ob sie bestimmte Formen der Übergriffe selbst erlebt haben<br />

(<strong>Opfer</strong>erfahrungen); andererseits sollten sie angeben, ob sie bereits selbst schon e<strong>in</strong>mal<br />

bestimmte Handlungen ausgeführt haben, die gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen. Beide<br />

Perspektiven gleichzeitig zu erfassen, hat sich <strong>in</strong> verschiedener H<strong>in</strong>sicht bewährt: Angaben zu<br />

<strong>Opfer</strong>schaften unterliegen generell weniger dem Motiv sozial erwünschtem Antwortverhaltens,<br />

wobei bisherige Forschungsarbeiten auch belegen können, dass Angaben zu <strong>Täter</strong>schaften<br />

<strong>in</strong>sbesondere dann <strong>als</strong> verlässlich e<strong>in</strong>zustufen s<strong>in</strong>d, wenn sie auf dem Weg der klassenbasierten<br />

Befragung erhoben werden (vgl. Köllisch/Oberwittler 2004). Aus <strong>Opfer</strong>perspektive<br />

lassen sich zudem verschiedene Angaben der Schüler zur eigenen <strong>Täter</strong>schaft validieren<br />

(bspw. zum Alter oder zur Herkunft der <strong>Täter</strong>), wie sich bestimmte Informationen (z.B. Anzeigeverhalten)<br />

im Wesentlichen nur aus der <strong>Opfer</strong>perspektive ermitteln lassen. Die Erhebung<br />

der <strong>Täter</strong>schaften bietet demgegenüber den Vorteil, Auswertungen zu möglichen Ursachen<br />

<strong>und</strong> Bed<strong>in</strong>gungsfaktoren dieses Verhaltens durchzuführen, auf deren Basis Informationen zu<br />

Präventionsmaßnahmen gewonnen werden können. Die nachfolgenden Ausführungen werden<br />

die Ergebnisse beider Perspektiven vorstellen. Dabei wird zunächst darauf e<strong>in</strong>gegangen, wie<br />

genau die Delikte im Fragebogen erfragt worden s<strong>in</strong>d. Danach schließen sich Auswertungen<br />

zur Verbreitung an, wobei u.a. auf Unterschiede zwischen e<strong>in</strong>zelnen Befragtengruppen (z.B.<br />

Jungen vs. Mädchen) e<strong>in</strong>gegangen wird. Um die Ergebnisse e<strong>in</strong>ordnen zu können, werden<br />

zudem Vergleiche zur bereits erwähnten Schülerbefragung 2007/2008 gezogen, die Aussagen<br />

zum gesamten B<strong>und</strong>esgebiet zulässt. Die Auswertungen werden mit Analysen zu den Bed<strong>in</strong>gungsfaktoren<br />

der <strong>Täter</strong>schaft abgeschlossen.<br />

3.1. <strong>Opfer</strong>erfahrungen<br />

Als <strong>Opfer</strong>erfahrungen wurde das Erleben physischer <strong>Gewalt</strong>delikte erfragt. Mit der Frage<br />

„Wurde dir schon jem<strong>als</strong> <strong>Gewalt</strong> angetan, warst du <strong>als</strong>o schon e<strong>in</strong>mal <strong>Gewalt</strong>opfer?“ <strong>und</strong> der<br />

anschließenden Erläuterung „Es geht uns dabei nicht um Situationen, <strong>in</strong> denen du mit Anderen<br />

nur aus Spaß gekämpft hast.“ wurden die <strong>Jugendliche</strong>n um Angaben zu ihren <strong>Opfer</strong>erfahrungen<br />

gebeten. Daran schloss sich die Abfrage <strong>von</strong> folgenden sechs <strong>Gewalt</strong>delikten an:<br />

- Körperverletzung: „E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zelne Person hat dich absichtlich so stark geschlagen, dass<br />

du verletzt wurdest (z.B. e<strong>in</strong>e blutende W<strong>und</strong>e oder e<strong>in</strong> blaues Auge). Dabei wurde<br />

aber ke<strong>in</strong>e Waffe oder ke<strong>in</strong> Gegenstand verwendet.“<br />

- Schwere Körperverletzung: „Du wurdest mit e<strong>in</strong>er Waffe oder e<strong>in</strong>em Gegenstand absichtlich<br />

verletzt bzw. mehrere Personen haben dich absichtlich so stark geschlagen,<br />

dass du verletzt wurdest.“<br />

- Raub: „Dir wurde mit <strong>Gewalt</strong> etwas entrissen oder unter Androhung <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> etwas<br />

weggenommen, z.B. de<strong>in</strong>e Tasche oder Geld.“<br />

6 Nachfolgend wird <strong>von</strong> del<strong>in</strong>quenten, nicht <strong>von</strong> krim<strong>in</strong>ellen Verhaltensweisen gesprochen, da auch auf jene<br />

Erlebnisse bzw. Taten Bezug genommen wird, die <strong>von</strong> den <strong>Jugendliche</strong>n berichtet, aber nicht unbed<strong>in</strong>gt auch<br />

angezeigt wurden. Der Begriff der Krim<strong>in</strong>alität ist jenen Verhaltensweisen vorbehalten, die aus dem Dunkelfeld<br />

<strong>in</strong>s Hellfeld kommen, <strong>als</strong>o jenen Normbrüchen, die den Organen der Strafverfolgung zur Kenntnis gelangen.<br />

31


32<br />

- Räuberische Erpressung: „Es wurde <strong>von</strong> dir verlangt, dass du Geld oder Sachen (z.B.<br />

Jacke, Uhr) hergibst <strong>und</strong> es wurde dir <strong>Gewalt</strong> angedroht, falls du die Sachen nicht hergeben<br />

oder zahlen wolltest.“<br />

- Sexuelle Belästigung: „Du wurdest unsittlich angefasst (z.B. zwischen die Be<strong>in</strong>e, an<br />

die Brust).“<br />

- Sexuelle <strong>Gewalt</strong>: „Du wurdest mit <strong>Gewalt</strong> oder durch Androhung <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> zu sexuellen<br />

Handlungen oder zur Duldung <strong>von</strong> sexuellen Handlungen gezwungen.“<br />

Mit Ausnahme der Körperverletzungen <strong>und</strong> der sexuellen Belästigung werden damit jene Delikte<br />

erfragt, die <strong>in</strong> der Polizeilichen Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistik unter dem Begriff der <strong>Gewalt</strong>krim<strong>in</strong>alität<br />

gefasst werden. Zu den genannten Delikten wurde die Lebenszeitprävalenz 7 sowie die Anzahl<br />

an Vorfällen <strong>in</strong>nerhalb der letzten zwölf Monate erhoben. Anschließend sollten <strong>Jugendliche</strong>,<br />

die bereits e<strong>in</strong>es dieser Delikte erlebt haben, für das am jüngsten zurückliegende Delikt<br />

detailliertere Auskünfte erteilen, z.B. über den Tatort, die Anzahl der <strong>Täter</strong> sowie deren Geschlecht,<br />

Alter <strong>und</strong> Herkunft <strong>und</strong> die Folgen der <strong>Gewalt</strong>tat.<br />

Tabelle 3.1 stellt die Ergebnisse zur Verbreitung <strong>von</strong> <strong>Opfer</strong>erfahrungen vor. Bezogen auf das<br />

bisherige Leben haben immerh<strong>in</strong> 26,6 % der Befragten m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e Körperverletzung im<br />

oben geschilderten S<strong>in</strong>ne erlebt. Weit seltener geben die <strong>Jugendliche</strong>n an, <strong>Opfer</strong> <strong>von</strong> sexueller<br />

<strong>Gewalt</strong> geworden zu se<strong>in</strong> (1,7 %). Das Erleben m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>es <strong>Gewalt</strong>delikts – wobei die<br />

sexuellen Belästigungen nicht berücksichtigt werden – berichten 33,7 % der Schüler <strong>in</strong> Bezug<br />

auf ihr bisheriges Leben.<br />

Tabelle 3.1: <strong>Opfer</strong>raten für verschiedene Delikte (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

Lebenszeit<br />

letzte 12 Monate<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West)<br />

Körperverletzung 26,6 12,0 11,0<br />

schwere Körperverletzung 4,8 2,2 3,2<br />

Raub 8,4 4,0 4,6<br />

Räuberische Erpressung 6,0 2,8 2,5<br />

sexuelle Belästigung 8,5 4,9 6,7<br />

sexuelle <strong>Gewalt</strong> 1,7 0,7 1,0<br />

m<strong>in</strong>d. e<strong>in</strong> Delikt (ohne sex. Belästigung) 33,7 16,3 16,5<br />

Die Prävalenzraten <strong>in</strong> Bezug auf die letzten zwölf Monate liegen deutlich unterhalb der<br />

Lebenszeitprävalenzen. Aber immerh<strong>in</strong> 16,3 % der Befragten berichten, <strong>in</strong>nerhalb des letzten<br />

Jahres <strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er der Formen erlebt zu haben, wobei erneut am häufigsten e<strong>in</strong>fache Körperverletzungen,<br />

am seltensten sexuelle <strong>Gewalt</strong>übergriffe angegeben wurden. Betrachten wir<br />

die Rate der <strong>Opfer</strong> e<strong>in</strong>facher Körperverletzungen <strong>und</strong> räuberischer Erpressungen, so fällt auf,<br />

dass sie <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> etwas über der b<strong>und</strong>esdeutschen Vergleichsrate liegt; bei den anderen<br />

Delikten ergeben sich allerd<strong>in</strong>gs unterdurchschnittliche Belastungen für <strong>Wolfsburg</strong>. Die Gesamtopferrate<br />

<strong>von</strong> 16,3 % liegt aber fast genauso hoch wie die Gesamtopferrate des B<strong>und</strong>es<br />

<strong>von</strong> 16,5 %, so dass gefolgert werden kann, dass <strong>Jugendliche</strong> <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> nicht häufiger<br />

(aber auch nicht seltener) <strong>als</strong> im B<strong>und</strong>esdurchschnitt <strong>Opfer</strong> <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong>handlungen werden.<br />

7 Prävalenzraten drücken aus, welcher Anteil an <strong>Jugendliche</strong>n e<strong>in</strong> Delikt m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Mal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten<br />

Beobachtungszeitraum erlebt bzw. verübt hat. Hier<strong>von</strong> zu unterscheiden s<strong>in</strong>d Inzidenzraten, die berücksichtigen,<br />

wie häufig dies geschehen ist. In der Regel wird dabei der Anteil an <strong>Jugendliche</strong>n ausgewiesen, der fünf<br />

Mal <strong>und</strong> mehr etwas erlebt oder begangen hat (Mehrfachopfer oder –täter).


Zwischen den Stadtteilen <strong>Wolfsburg</strong>s ergeben sich ke<strong>in</strong>e signifikanten Unterschiede <strong>in</strong> der<br />

<strong>Gewalt</strong>opferrate. Gleichwohl ist die Varianz der Raten nicht unerheblich: In Wendschott s<strong>in</strong>d<br />

bspw. 28,1 % der Befragten <strong>Opfer</strong> m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>es <strong>Gewalt</strong>übergriffs geworden, <strong>in</strong><br />

Detmerode 22,7 %. Die niedrigsten <strong>Opfer</strong>raten weisen Ehmen-Mörse mit 9,4 % <strong>und</strong><br />

Brackstedt-Velstove-Warmenau mit 9,7 % auf.<br />

Für <strong>Wolfsburg</strong> bestätigt sich daneben, dass männliche <strong>Jugendliche</strong> e<strong>in</strong>em höheren Risiko ausgesetzt<br />

s<strong>in</strong>d, <strong>Opfer</strong> <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong>taten zu werden <strong>als</strong> weibliche <strong>Jugendliche</strong> (Abbildung 3.1).<br />

Während Jungen zu 19,9 % m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e <strong>Opfer</strong>erfahrung <strong>in</strong> den zurückliegenden zwölf<br />

Monaten gemacht haben, liegt der Anteil bei den Mädchen bei 12,3 %. Dieser Geschlechterunterschied<br />

f<strong>in</strong>det sich aber nicht bei allen Delikten: Sexuelle Belästigungen berichten Mädchen<br />

4,0mal häufiger <strong>als</strong> Jungen, sexuelle <strong>Gewalt</strong>übergriffe 2,8mal häufiger. Mit Ausnahme<br />

der sexuellen <strong>Gewalt</strong>übergriffe werden aller Geschlechterunterschiede <strong>als</strong> signifikant ausgewiesen.<br />

Abbildung 3.1: <strong>Opfer</strong>raten (letzte 12 Monate) nach Geschlecht (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

25,0<br />

20,0<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

13,7<br />

Körperverletzung<br />

10,0<br />

3,5<br />

schwere<br />

Körperverletzung<br />

0,7<br />

6,0<br />

Raub<br />

4,1<br />

1,9 1,4<br />

Räuberische<br />

Erpressung<br />

2,0<br />

sexuelle<br />

Belästigung<br />

7,9<br />

0,4<br />

sexuelle <strong>Gewalt</strong><br />

1,1<br />

19,9<br />

12,3<br />

m<strong>in</strong>d. e<strong>in</strong> Delikt<br />

(ohne sex.<br />

Belästigung)<br />

Jungen<br />

Mädchen<br />

Die <strong>Jugendliche</strong>n, die angegeben haben, schon jem<strong>als</strong> <strong>in</strong> ihrem Leben <strong>Gewalt</strong> <strong>als</strong> <strong>Opfer</strong> erfahren<br />

zu haben, wurden darum gebeten, das letzte Erlebnis zu er<strong>in</strong>nern <strong>und</strong> zu diesem detailliert<br />

Auskunft zu erteilen. Da es um den zuletzt erlebten Übergriff geht, handelt es sich mehr oder<br />

weniger um e<strong>in</strong>e zufällige Auswahl, die es ermöglicht, e<strong>in</strong> repräsentatives Bild zu verschiedenen<br />

Umständen der Tat zu erstellen. Von besonderem Interesse ist dabei das Anzeigeverhalten.<br />

Diesbezüglich ist allerd<strong>in</strong>gs darauf h<strong>in</strong>zuweisen, dass frühere Befragungen zu dem Ergebnis<br />

geführt haben, dass die auf Basis des zuletzt erlebten Delikts gewonnene Anzeigequote<br />

die wahre Anzeigebereitschaft überschätzt (vgl. <strong>Baier</strong> et al. 2006, S. 113ff). Dies kann möglicherweise<br />

darauf zurückgeführt werden, dass <strong>Jugendliche</strong> nicht immer das wirklich letzte<br />

Delikt berichten, sondern jenes Delikt, das e<strong>in</strong>e besondere psychische Relevanz hatte, z.B.<br />

weil es e<strong>in</strong>en hohen physischen oder materiellen Schaden nach sich zog, oder an das sich –<br />

gerade weil es angezeigt wurde – noch besonders gut er<strong>in</strong>nert werden konnte.<br />

Insgesamt gaben 286 <strong>Jugendliche</strong> Auskunft über ihre letzte <strong>Opfer</strong>erfahrung (ohne sexuelle<br />

Belästigungen). Um er<strong>in</strong>nerungsbed<strong>in</strong>gte Verzerrungen auszuschließen, haben wir nur jene<br />

Angaben zu <strong>Opfer</strong>erfahrungen e<strong>in</strong>bezogen, die sich auf die Jahre 2008 bis 2010 beziehen.<br />

Hier liegen Angaben zu <strong>in</strong>sgesamt 155 Übergriffen vor. Leichte Formen der Körperverletzun-<br />

33


gen machen 63,4 % dieser Fälle aus, schwere Körperverletzungen 11,4 %. Raubtaten f<strong>in</strong>den<br />

sich zu 17,0 % unter diesen Delikten, räuberische Erpressungen <strong>und</strong> sexuelle <strong>Gewalt</strong>delikte<br />

zu 4,6 bzw. 3,6 %. 8 Dies bedeutet zugleich, dass zu schweren Körperverletzungen, räuberischen<br />

Erpressungen <strong>und</strong> sexuellen <strong>Gewalt</strong>delikten weniger <strong>als</strong> 20 Befragte zur Verfügung<br />

stehen, weshalb nachfolgend diese Delikte nicht gesondert ausgewiesen werden.<br />

Von den berichteten <strong>Gewalt</strong>taten hat sich etwa jede fünfte <strong>in</strong> der Schule (17,9 %) bzw. auf<br />

dem Weg zur Schule (2,2 %) zugetragen. Ebenfalls relativ häufig wird <strong>als</strong> Übergriffssort das<br />

eigene Zuhause (19,0 %), e<strong>in</strong>e Haltstelle oder e<strong>in</strong> Bahnhof (11,3 %), e<strong>in</strong> Sportplatz bzw. e<strong>in</strong>e<br />

Sporthalle (9,3 %) oder e<strong>in</strong>e Disco (9,2 %) benannt. Das verbleibende Drittel der Taten hat<br />

sich an sehr verschiedenen Orten zugetragen.<br />

Neben dem Ort der zuletzt erlebten <strong>Gewalt</strong>tat wurden auch weitere Tatumstände erfragt. In<br />

Tabelle 3.2 s<strong>in</strong>d zentrale Ergebnisse hierzu festgehalten. Betrachten wir dabei die Ergebnisse<br />

zunächst nicht differenziert für die e<strong>in</strong>zelnen Delikte, so kann folgendes Gesamtbild zur Jugendgewalt<br />

<strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> gezeichnet werden:<br />

- Jugendgewalt wird etwas häufiger <strong>von</strong> E<strong>in</strong>zeltätern <strong>als</strong> <strong>von</strong> <strong>Täter</strong>gruppen verübt. Im<br />

Vergleich zum B<strong>und</strong> ergibt sich für <strong>Wolfsburg</strong> e<strong>in</strong> überdurchschnittlicher Anteil an<br />

E<strong>in</strong>zeltätern (60,2 zu 53,1 %).<br />

- Zu fast zwei Drittel s<strong>in</strong>d die <strong>Täter</strong> im Jugendalter (62,1 %); immerh<strong>in</strong> 31,7 % der <strong>Täter</strong><br />

s<strong>in</strong>d 18 Jahre <strong>und</strong> älter. Im B<strong>und</strong> ist der Anteil der älteren <strong>Täter</strong> etwas ger<strong>in</strong>ger.<br />

- Jugendgewalt spielt sich <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> zu 68,2 % unter sich bekannten Personen ab;<br />

dieser Anteil liegt auffällig über dem b<strong>und</strong>esdeutschen Schnitt (57,7 %).<br />

- Jede zweite Tat erfolgt <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> den Augen der <strong>Opfer</strong> durch nichtdeutsche<br />

<strong>Täter</strong>. Dieser Anteil ist im B<strong>und</strong> nur ger<strong>in</strong>gfügig höher. Am häufigsten wurden<br />

türkische <strong>Täter</strong> (12,3 %) <strong>und</strong> <strong>Täter</strong> aus Ländern der ehemaligen SU (10,9 %) identifiziert.<br />

Bei 9,8 % der <strong>Täter</strong> konnten die <strong>Opfer</strong> die genaue nichtdeutsche Herkunft<br />

nicht e<strong>in</strong>schätzen.<br />

- In 17,4 % der Fälle wird beim Angriff e<strong>in</strong>e Waffe e<strong>in</strong>gesetzt. Dass die Tat fotografiert<br />

oder gefilmt wird, ist recht selten der Fall (4,4 %). Bei beiden Variablen ergeben sich<br />

<strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> vergleichbare Zahlen wie im B<strong>und</strong>.<br />

- In neun <strong>von</strong> zehn Fällen (91,8 %) teilen die <strong>Opfer</strong> ihr Erlebnis anderen Personen mit.<br />

Dabei wird sich vor allem den eigenen Fre<strong>und</strong>en offenbart, Eltern <strong>und</strong> Lehrkräfte<br />

werden seltener <strong>als</strong> Ansprechpersonen gesucht. Auffällig ist, dass sich die <strong>Gewalt</strong>opfer<br />

<strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> seltener an die Eltern oder die Lehrkräfte wenden <strong>als</strong> die <strong>Jugendliche</strong>n<br />

im B<strong>und</strong>.<br />

- Nur etwa jede 13. Tat (7,7 %) hat höhere materielle Schäden (ab 50 Euro) zur Folge,<br />

etwa jede fünfte Tat (21,1 %) geht mit körperlichen Verletzungen e<strong>in</strong>her, die e<strong>in</strong>e ärztliche<br />

Behandlung notwendig machen. Beide Male liegen die Zahlen <strong>Wolfsburg</strong>s etwas<br />

unter dem b<strong>und</strong>esdeutschen Schnitt.<br />

Zusammengefasst ist die Jugendgewalt <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> durch weniger folgenreiche Übergriffe<br />

<strong>von</strong> vermehrt E<strong>in</strong>zeltätern gekennzeichnet, die überdurchschnittlich häufig dem <strong>Opfer</strong> bekannt<br />

s<strong>in</strong>d. Migranten treten dabei häufiger <strong>als</strong> es ihr Anteil <strong>in</strong> der Altersgruppe der <strong>Jugendliche</strong>n<br />

erwarten ließe <strong>als</strong> <strong>Täter</strong> <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung.<br />

8 Die Vergleichdaten des B<strong>und</strong>es (West) lauten: Körperverletzung 62,7 %, schwere Körperverletzung 9,5 %,<br />

Raub 16,6 %, räuberische Erpressung 7,4 %, sexuelle <strong>Gewalt</strong> 3,8 %.<br />

34


Tabelle 3.2: Tatumstände des zuletzt erlebten Delikts (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

Körperverletzungen<br />

Raub<br />

Gesamt (<strong>in</strong>kl. schwere Körperverletzung,<br />

räuberische Erpressung <strong>und</strong><br />

sexuelle <strong>Gewalt</strong>)<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West)<br />

E<strong>in</strong>zeltäter 61,2 65,4 60,2 53,1<br />

<strong>Täter</strong> im Jugendalter 66,0 60,0 62,1 68,9<br />

Ältere <strong>Täter</strong> 29,9 32,0 31,7 25,8<br />

<strong>Täter</strong> bekannt 70,1 61,5 68,2 57,7<br />

<strong>Täter</strong> nichtdeutsch 42,2 66,7 50,2 53,7<br />

Waffe dabei 9,5 19,2 17,4 18,9<br />

Tat fotografiert 2,4 3,8 4,4 4,3<br />

Tat jemandem erzählt 89,7 92,3 91,8 88,7<br />

Erzählt: Fre<strong>und</strong>/<strong>in</strong> 87,2 70,8 83,9 80,6<br />

Erzählt: Mutter/Vater 49,4 60,0 47,6 58,6<br />

Erzählt: Lehrkraft 11,5 4,2 10,0 17,0<br />

Materieller Schaden ab 50 Euro 1,0 33,3 7,7 9,7<br />

Körperlicher Schaden mit ärztlicher<br />

Behandlung<br />

22,7 0,0 21,1 24,1<br />

Zwischen den Körperverletzungen <strong>und</strong> den Raubtaten gibt es e<strong>in</strong>ige erwähnenswerte Unterschiede:<br />

- Körperverletzungen werden seltener <strong>als</strong> Raubtaten mit Waffen ausgeführt <strong>und</strong> haben<br />

nur selten materielle Schäden zur Folge.<br />

- In zwei <strong>von</strong> fünf Fällen <strong>von</strong> Körperverletzungen ist e<strong>in</strong>e ärztliche Behandlung notwendig,<br />

bei Raubtaten war dies h<strong>in</strong>gegen nie der Fall.<br />

- Raubtaten werden häufiger <strong>von</strong> Migranten ausgeführt <strong>und</strong> seltener <strong>von</strong> bereits bekannten<br />

Personen.<br />

E<strong>in</strong>e zusätzliche Auswertung zur letzten Tat gilt dem Anzeigeverhalten. Um dieses zu bestimmen,<br />

haben wir den <strong>Jugendliche</strong>n zwei Fragen vorgelegt: In e<strong>in</strong>er ersten Frage sollten die<br />

<strong>Opfer</strong> angeben, ob sie die <strong>Gewalt</strong>tat e<strong>in</strong>em Polizisten erzählt haben. In der zweiten Frage<br />

wurde etwas allgeme<strong>in</strong>er formuliert, ob die Polizei <strong>in</strong>formiert wurde. Wenn e<strong>in</strong>e der beiden<br />

Fragen mit „ja“ beantwortet wurde, wird da<strong>von</strong> ausgegangen, dass die Tat zur Anzeige kam. 9<br />

Abbildung 3.2 zeigt, dass jugendliche <strong>Gewalt</strong>opfer <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> deutlich seltener <strong>als</strong> im b<strong>und</strong>esdeutschen<br />

Durchschnitt Anzeige erstatten: Während b<strong>und</strong>esweit 23,6 % der <strong>Opfer</strong> ihr Erlebnis<br />

der Polizei mitteilen, s<strong>in</strong>d es <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> nur 16,0 %. Diese Unterschiede im Anzeigeverhalten<br />

f<strong>in</strong>den sich bei Raubtaten ebenso wie bei Körperverletzungen.<br />

9 Im Fragebogen sollten die <strong>Opfer</strong> zusätzlich die Frage beantworten, „ob Anzeige erstattet wurde“. Diese Frage<br />

wurde allerd<strong>in</strong>gs nicht <strong>in</strong> der b<strong>und</strong>esweiten Schülerbefragung 2007/2008 gestellt, weshalb sie an dieser Stelle<br />

nicht für Auswertungen herangezogen wird.<br />

35


Abbildung 3.2: Anzeigequoten nach Delikt (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

36<br />

45,0<br />

40,0<br />

35,0<br />

30,0<br />

25,0<br />

20,0<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

16,0<br />

23,6<br />

13,4<br />

18,9<br />

22,2<br />

gesamt Körperverletzung Raub<br />

38,3<br />

<strong>Wolfsburg</strong><br />

B<strong>und</strong> (West)<br />

Die <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> niedrigere Anzeigequote kann <strong>in</strong> unterschiedlicher Weise erklärt werden.<br />

Zum E<strong>in</strong>en ist zu beachten, dass sich <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> e<strong>in</strong> größerer Anteil aller <strong>Gewalt</strong>delikte<br />

unter bekannten Personen abspielt. Bekannte <strong>Täter</strong> werden aber seltener angezeigt, u.a. weil<br />

man e<strong>in</strong>e Konfliktschlichtung auch auf anderem Wege erreichen kann. Zum anderen führen<br />

die Übergriffe <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> auch seltener zu ärztlichen Behandlungen. Auch diesbezüglich ist<br />

bekannt, dass die Höhe des Schadens das Anzeigeverhalten bee<strong>in</strong>flusst, bei schwereren Folgen<br />

<strong>als</strong>o häufiger angezeigt wird <strong>als</strong> bei weniger schweren Folgen. Vergleichen wir daher die<br />

Anzeigequote für Körperverletzungen, die durch bekannte Personen ausgeübt worden s<strong>in</strong>d<br />

<strong>und</strong> die nicht zu e<strong>in</strong>er ärztlichen Behandlung geführt haben, so liegt die Anzeigequote <strong>in</strong><br />

<strong>Wolfsburg</strong> bei 5,1 %, b<strong>und</strong>esweit bei 8,5 %. Da aber e<strong>in</strong> Unterschied im Anzeigeverhalten<br />

bestehen bleibt <strong>und</strong> da es auch bei bekanntem <strong>Täter</strong> <strong>und</strong> ger<strong>in</strong>gerem Schaden durchaus wichtig<br />

ist, Anzeige zu erstatten, ersche<strong>in</strong>t es s<strong>in</strong>nvoll, Maßnahmen <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> zu ergreifen, die<br />

das Anzeigeverhalten <strong>von</strong> jugendlichen <strong>Opfer</strong>n erhöhen. Dies könnte bspw. darüber geschehen,<br />

dass Polizeibeamte im Schulunterricht darüber sprechen, dass man <strong>als</strong> <strong>Opfer</strong> e<strong>in</strong>er <strong>Gewalt</strong>tat<br />

Anzeige erstatten sollte; bislang geschieht e<strong>in</strong> solcher Unterricht <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> noch<br />

seltener <strong>als</strong> im B<strong>und</strong>esdurchschnitt (s.u.).<br />

Die ger<strong>in</strong>gere Anzeigequote <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> muss aber nicht notwendiger Weise negativ <strong>in</strong>terpretiert<br />

werden. Die Daten geben auch H<strong>in</strong>weise, dass bei der Nachbearbeitung der <strong>Gewalt</strong>taten<br />

häufiger <strong>in</strong>formelle Wege der Konfliktbeilegung <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> beschritten werden. So<br />

gaben hier 42,6 % der <strong>Gewalt</strong>opfer an, dass es e<strong>in</strong> klärendes Gespräch mit dem <strong>Täter</strong> gegeben<br />

hat, b<strong>und</strong>esweit berichten dies nur 33,7 % der <strong>Opfer</strong>. E<strong>in</strong> Viertel (25,3 %) der <strong>Wolfsburg</strong>er<br />

<strong>Gewalt</strong>opfer berichtet, dass der <strong>Täter</strong> den entstandenen Schaden wieder gutgemacht hat, b<strong>und</strong>esweit<br />

me<strong>in</strong>ten dies nur 18,9 %. Und 51,5 % der <strong>Wolfsburg</strong>er <strong>Gewalt</strong>opfer teilten mit, dass<br />

der <strong>Täter</strong> sich entschuldigt hat; im B<strong>und</strong> beträgt dieser Anteil nur 37,6 %. Für andere Vorgänge<br />

im Nachgang des Übergriffs f<strong>in</strong>den sich h<strong>in</strong>gegen ke<strong>in</strong>e Unterschiede zur gesamtdeutschen<br />

Stichprobe: Die <strong>Wolfsburg</strong>er <strong>Jugendliche</strong>n haben sich nicht häufiger am <strong>Täter</strong> gerächt <strong>und</strong> die<br />

<strong>Täter</strong> haben auch nicht häufiger e<strong>in</strong>e Strafe erhalten (durch die Schule, e<strong>in</strong> Gericht o.ä.).


Exkurs: <strong>Opfer</strong>erfahrungen <strong>in</strong> der Schule<br />

Die Schule ist für K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> e<strong>in</strong> besonderer sozialer Raum. Sie halten sich hier<br />

e<strong>in</strong>en nicht unwesentlichen Teil des Tages auf, s<strong>in</strong>d meist mit Altersgleichen zusammen, unterstehen<br />

aber dennoch e<strong>in</strong>er fast permanenten Aufsicht durch Erwachsene. E<strong>in</strong>erseits kann es<br />

daher nicht überraschen, dass es bei e<strong>in</strong>em erzwungenen Zusammense<strong>in</strong> mit Gleichaltrigen zu<br />

Konflikten kommt, die auch gewaltförmig ausgetragen werden. Andererseits sollte die Kontrolle<br />

durch Erwachsene verh<strong>in</strong>dern, dass solche Konflikte e<strong>in</strong>en schweren Verlauf nehmen.<br />

Wie bereits weiter vorn gezeigt wurde, f<strong>in</strong>det tatsächlich etwa jede fünfte <strong>Gewalt</strong>tat im<br />

Schulkontext statt. Die physischen Übergriffe stellen aber nur e<strong>in</strong>en Teil der möglichen Ause<strong>in</strong>andersetzungen<br />

dar. Sachbeschädigungen <strong>und</strong> subtilere Formen der Aggression (z.B.<br />

Mobb<strong>in</strong>g) spielen hier ebenfalls e<strong>in</strong>e Rolle. Um die Spannbreite an aggressiven Handlungen<br />

erfassen zu können, haben wir daher den schulischen <strong>Gewalt</strong>erfahrungen e<strong>in</strong>en eigenen Fragebogenteil<br />

gewidmet. Folgende vier Aggressionsformen wurden dabei erfasst:<br />

- Physische <strong>Gewalt</strong>: Diese wurde über die Antworten zu den zwei Aussagen „Ich wurde<br />

<strong>von</strong> anderen Schülern absichtlich geschlagen oder getreten.“ <strong>und</strong> „Andere Schüler haben<br />

mich erpresst <strong>und</strong> gezwungen, Geld oder Sachen herzugeben.“ erfasst.<br />

- Sachbeschädigung: Hier sollten die Schüler beantworten, wie häufig „andere Schüler<br />

absichtlich ihre Sachen kaputtgemacht haben“.<br />

- Mobb<strong>in</strong>g: Drei Aussagen des Fragebogens bezogen sich auf diese Aggressionsform<br />

(„Andere Schüler haben mich gehänselt oder hässliche D<strong>in</strong>ge über mich gesagt.“, „Ich<br />

wurde aus geme<strong>in</strong>samen Unternehmungen ausgeschlossen, weil das andere Schüler<br />

gewollt haben.“, „Andere Schüler haben mich wie Luft behandelt <strong>und</strong> absichtlich<br />

nicht mehr beachtet.“).<br />

- Mobb<strong>in</strong>g durch Lehrkräfte: Gefragt wurden die Schüler, ob sie vor anderen Schülern<br />

<strong>von</strong> e<strong>in</strong>er Lehrkraft lächerlich gemacht wurden bzw. ob sie <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er Lehrkraft richtig<br />

geme<strong>in</strong> behandelt wurden.<br />

Die Antworten sollten sich auf das letzte Schulhalbjahr beziehen <strong>und</strong> konnten jeweils <strong>von</strong><br />

„nie“ bis „mehrm<strong>als</strong> pro Woche“ abgestuft werden. Wenn e<strong>in</strong>e Aggressionsform über mehrere<br />

Aussagen gemessen wurde, wurde der Maximalwert kodiert. 10 Wenn Schüler angegeben<br />

haben, e<strong>in</strong>e Aggressionsform „1- bis 6mal“ erlebt zu haben, wird <strong>von</strong> seltenen Erfahrungen<br />

gesprochen, wenn dies „m<strong>in</strong>destens mehrm<strong>als</strong> pro Monat“ geschehen ist, <strong>von</strong> häufigen Erfahrungen.<br />

Abbildung 3.3 stellt dar, wie häufig die verschiedenen Aggressionsformen vorkommen <strong>und</strong><br />

welche Ergebnisse sich im Vergleich <strong>von</strong> <strong>Wolfsburg</strong> mit dem B<strong>und</strong>esgebiet (West) ergeben.<br />

Am häufigsten berichten die <strong>Jugendliche</strong>n <strong>von</strong> Mobb<strong>in</strong>gübergriffen: 38,6 % der Neuntklässler<br />

<strong>Wolfsburg</strong>s erleben solche Verhaltensweisen zum<strong>in</strong>dest selten, 7,6 % häufiger. Die Werte<br />

liegen dabei etwas unterhalb des B<strong>und</strong>esdurchschnitts. Ebenfalls recht häufig wird da<strong>von</strong> berichtet,<br />

dass Lehrkräfte Mobb<strong>in</strong>g-Verhaltensweisen gezeigt hätten: 32,4 % der Schüler<br />

<strong>Wolfsburg</strong>s gaben an, dass sie zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>mal <strong>von</strong> den Lehrkräften geme<strong>in</strong> behandelt worden<br />

s<strong>in</strong>d oder lächerlich gemacht wurden. Die Quote liegt unterhalb des b<strong>und</strong>esdeutschen<br />

Wertes <strong>von</strong> 37,7 %. Auch bei den physischen <strong>Gewalt</strong>übergriffen <strong>und</strong> den Sachbeschädigungen<br />

ergeben sich für <strong>Wolfsburg</strong> niedrigere Prävalenzraten. Beide Verhaltensweisen werden<br />

10 Am Beispiel: Wenn e<strong>in</strong> Schüler gehänselt, aber nicht ausgeschlossen wurde, g<strong>in</strong>g die Antwort zum Hänseln <strong>in</strong><br />

den Index „Mobb<strong>in</strong>g“ e<strong>in</strong>.<br />

37


<strong>in</strong>sgesamt seltener <strong>als</strong> verbale Übergriffe ausgeführt; der Anteil an Schülern die häufiger physische<br />

<strong>Gewalt</strong> oder Sachbeschädigungen erfahren, liegt bei 2,8 bzw. 1,2 %. Zusammengefasst<br />

ergeben die Bef<strong>und</strong>e zur Schulgewalt, dass <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> Schüler seltener<br />

Übergriffserfahrungen berichten; bei den verbalen <strong>Gewalt</strong>formen fallen die Unterschiede<br />

zum B<strong>und</strong>esdurchschnitt größer aus <strong>als</strong> bei den physischen <strong>Gewalt</strong>formen.<br />

Abbildung 3.3: <strong>Gewalt</strong>erfahrungen <strong>in</strong> der Schule (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

38<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

2,8<br />

16,2<br />

2,4<br />

19,1<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong><br />

(West)<br />

1,2<br />

1,3<br />

12,2 12,8<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong><br />

(West)<br />

7,6<br />

38,6<br />

9,0<br />

40,7<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong><br />

(West)<br />

physische <strong>Gewalt</strong> Sachbeschädigung Mobb<strong>in</strong>g durch<br />

Schüler<br />

4,8<br />

27,6<br />

5,5<br />

32,2<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong><br />

(West)<br />

Mobb<strong>in</strong>g durch<br />

Lehrkräfte<br />

m<strong>in</strong>d. mehrm<strong>als</strong> pro Monat<br />

1- bis 6mal<br />

Weibliche Schüler berichten signifikant seltener da<strong>von</strong>, physische <strong>Gewalt</strong> durch andere Schüler<br />

sowie Sachbeschädigungen erlebt zu haben <strong>als</strong> männliche Schüler (ohne Abbildung). Die<br />

Rate an Mädchen, die m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal geschlagen/getreten oder erpresst wurde, liegt bspw.<br />

bei 7,8 %, bei Jungen h<strong>in</strong>gegen bei 30,1 % (Sachbeschädigung: 7,6 zu 19,1 %). Beim Mobb<strong>in</strong>g<br />

durch Lehrkräfte existieren ke<strong>in</strong>e Geschlechterunterschiede (Jungen: 32,3 %, Mädchen:<br />

32,7 %). Da<strong>von</strong>, <strong>von</strong> den Mitschülern gemobbt worden zu se<strong>in</strong>, berichten Mädchen signifikant<br />

häufiger: 48,4 % haben dies im zurückliegenden Schuljahr erlebt (6,2 % sogar häufiger),<br />

bei den Jungen beträgt die Quote nur 43,8 % (allerd<strong>in</strong>gs 9,1 % häufiger).<br />

Die Schüler der e<strong>in</strong>zelnen Schulformen unterscheiden sich ebenfalls h<strong>in</strong>sichtlich ihrer <strong>in</strong>nerschulischen<br />

<strong>Opfer</strong>erfahrungen, wie Abbildung 3.4 verdeutlicht. Dargestellt s<strong>in</strong>d dabei jene<br />

Anteile an Schülern, die m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal im letzten Schulhalbjahr e<strong>in</strong>e entsprechende Erfahrung<br />

gemacht haben. Die physische <strong>Gewalt</strong> ist demnach am weitesten an Förder- <strong>und</strong><br />

Hauptschulen verbreitet, <strong>in</strong>sofern 28,4 % e<strong>in</strong>e solche Erfahrung angegeben haben, <strong>in</strong> Gesamtschulen<br />

h<strong>in</strong>gegen nur 14,7 %. Weniger ausgeprägt ist das Schulgefälle bei Sachbeschädigungen;<br />

hier weisen die Gesamtschulen die höchste Prävalenzrate auf. Das Mobb<strong>in</strong>g durch Mitschüler<br />

ist <strong>in</strong> Förder- <strong>und</strong> Hauptschulen am seltensten zu f<strong>in</strong>den. Schüler aus Gesamtschulen<br />

<strong>und</strong> Gymnasien berichten h<strong>in</strong>gegen am häufigsten <strong>von</strong> verbaler <strong>Gewalt</strong> durch Mitschüler.<br />

Immerh<strong>in</strong> mehr <strong>als</strong> jeder zweite Gymnasiast (53,4 %) gab an, im letzten Schulhalbjahr verbal<br />

herabgesetzt, ausgeschlossen oder ignoriert worden zu se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> vergleichbares Schulgefälle<br />

f<strong>in</strong>den wir beim Mobb<strong>in</strong>g durch Lehrkräfte. Schüler aus Gesamtschulen <strong>und</strong> Gymnasien berichten<br />

deutlich häufiger hier<strong>von</strong> <strong>als</strong> Schüler aus Förder- <strong>und</strong> Hauptschulen. Zwei Interpretationen<br />

können zu diesem Bef<strong>und</strong> angeführt werden: E<strong>in</strong>erseits s<strong>in</strong>d die Schüler aus Gymnasien<br />

<strong>und</strong> Gesamtschulen möglicherweise besonders sensibel für entsprechende Handlungen<br />

ihrer Lehrer. Andererseits bietet das leistungsorientierte Klima an diesen Schulen möglicherweise<br />

häufiger Anlässe für Lehrer, Konkurrenzsituationen o.ä. zu schüren, die <strong>von</strong> den <strong>Jugendliche</strong>n<br />

dann <strong>als</strong> Mobb<strong>in</strong>g gewertet werden.


Abbildung 3.4: <strong>Gewalt</strong>erfahrungen <strong>in</strong> der Schule nach Schulform (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

28,4<br />

Förder-/<br />

Hauptschule<br />

Re<strong>als</strong>chule<br />

20,4<br />

Gesamtschule<br />

14,7 15,3 14,4 13,9<br />

Gymnasium<br />

Förder-/<br />

Hauptschule<br />

Re<strong>als</strong>chule<br />

Gesamtschule<br />

17,6<br />

Gymnasium<br />

11,2<br />

37,2<br />

Förder-/<br />

Hauptschule<br />

Re<strong>als</strong>chule<br />

39,5<br />

Gesamtschule<br />

50,3<br />

Gymnasium<br />

53,4<br />

20,9<br />

Förder-/<br />

Hauptschule<br />

physische <strong>Gewalt</strong> Sachbeschädigung Mobb<strong>in</strong>g durch Schüler Mobb<strong>in</strong>g durch Lehrkräfte<br />

Nicht nur die Schüler, sondern auch die am Befragungstag anwesenden Lehrkräfte wurden<br />

gefragt, ob sie im letzten Schulhalbjahr Übergriffe <strong>von</strong> Seiten der Schüler erfahren haben. Da<br />

alle neunten Klassen <strong>Wolfsburg</strong>s e<strong>in</strong>bezogen wurden <strong>und</strong> damit alle am Befragungstag anwesenden<br />

Lehrkräfte, stellt die Stichprobe befragter Lehrkräfte e<strong>in</strong> gutes Abbild der Gr<strong>und</strong>gesamtheit<br />

der <strong>in</strong> Klassen der neunten Jahrgangsstufe unterrichtenden (Klassen-)Lehrer dar. Da<br />

<strong>in</strong> 59 Klassen Befragungen durchgeführt wurden, standen potenziell 59 Lehrkräfte für die<br />

Lehrerbefragung zur Verfügung. Nicht <strong>in</strong> allen Klassen wurde aber e<strong>in</strong>e Befragung der Lehrkraft<br />

durchgeführt, <strong>in</strong>sofern sich diese z.T. weigerte, an dieser Zusatzbefragung teilzunehmen;<br />

z.T. wurden Befragungen aber auch nicht <strong>in</strong> Gegenwart e<strong>in</strong>er Lehrkraft durchgeführt. An der<br />

Lehrkräftebefragung haben sich letztlich 47 Lehrer beteiligt. In 76,6 % der Fälle handelt es<br />

sich um den Klassenlehrer; daneben waren auch Fachlehrer, Vertretungs- oder Beratungslehrer<br />

Teil der Lehrkräftebefragung.<br />

Tabelle 3.3 zeigt, wie häufig die befragten Lehrkräfte angaben, verschiedene Übergriffe <strong>von</strong><br />

Seiten der Schüler erlebt zu haben, wobei sich ebenfalls auf das letzte Schulhalbjahr bezogen<br />

werden sollte. Die Lehrkräfte konnten zwischen Übergriffen <strong>in</strong>nerhalb <strong>und</strong> außerhalb der<br />

Schule unterscheiden. Erkennbar ist, dass es die absolute Ausnahme darstellt, außerhalb der<br />

Schule <strong>von</strong> Schülern körperlich oder verbal angegriffen zu werden. Auch <strong>in</strong>nerhalb der Schule<br />

kommt dies ausgesprochen selten vor. Insofern ist die Schule für die Lehrkräfte e<strong>in</strong> sicherer<br />

Arbeitsplatz. Gleichwohl s<strong>in</strong>d verbale Übergriffe hier ke<strong>in</strong>e Seltenheit: 17,4 % der Lehrkräfte<br />

gaben an, <strong>von</strong> Schülern lächerlich gemacht worden zu se<strong>in</strong>, 34,8 % wurden <strong>von</strong> Schülern beschimpft.<br />

Zudem berichten 4,3 % der Lehrer da<strong>von</strong>, e<strong>in</strong>e <strong>Gewalt</strong>androhung erhalten zu haben,<br />

6,5 % haben die Zerstörungen des Eigentums erlebt. E<strong>in</strong>e Lehrkraft gab an, <strong>von</strong> Schülern über<br />

das Internet belästigt worden zu se<strong>in</strong> (2,3 %).<br />

Re<strong>als</strong>chule<br />

32,2<br />

Gesamtschule<br />

38,5<br />

Gymnasium<br />

35,7<br />

39


Tabelle 3.3: Lehrkräfte <strong>als</strong> <strong>Opfer</strong> <strong>von</strong> Übergriffen der Schüler (<strong>in</strong> %; ungewichtete Daten)<br />

40<br />

auf dem bzw.<br />

unmittelbar am<br />

Schulgelände<br />

außerhalb der<br />

Schule, z.B. zu<br />

Hause<br />

Mir wurde <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em/mehreren Schüler/n <strong>Gewalt</strong> angedroht. 4,3 0,0<br />

Me<strong>in</strong> persönliches Eigentum wurde <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em/ mehreren Schüler/n zerstört<br />

oder beschädigt (z.B. Autoreifen aufgestochen, Scheibe e<strong>in</strong>geworfen).<br />

6,5 2,3<br />

Ich bekam <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em/mehreren Schüler/n e<strong>in</strong>en Drohbrief. 0,0 0,0<br />

Ich bekam <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em/mehreren Schüler/n e<strong>in</strong>en beleidigenden Brief oder<br />

Anruf.<br />

0,0 0,0<br />

Ich wurde <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em/mehreren Schüler/n mit e<strong>in</strong>er Waffe bedroht (z.B.<br />

Messer).<br />

0,0 0,0<br />

E<strong>in</strong>/mehrere Schüler hat/haben mich geschlagen. 0,0 0,0<br />

Ich wurde <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em/mehreren Schüler/n sexuell belästigt. 0,0 0,0<br />

Ich wurde <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em/mehreren Schüler/n lächerlich gemacht. 17,4 0,0<br />

Ich wurde <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em/mehreren Schüler/n beschimpft. 34,8 0,0<br />

Ich wurde <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em/mehreren Schüler/n im Internet beleidigt/belästigt<br />

(z.B. durch Abbildung e<strong>in</strong>es Fotos <strong>von</strong> mir, Beschimpfungen per E-Mail).<br />

2,3 2,5<br />

Werden die zwei Übergriffsformen des Lächerlich-Machens <strong>und</strong> des Beschimpfens zu e<strong>in</strong>em<br />

Index zusammengefasst, so kann gesagt werden, dass immerh<strong>in</strong> 39,1 % der Lehrkräfte m<strong>in</strong>destens<br />

e<strong>in</strong>mal im letzten Schulhalbjahr m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e dieser verbalen Übergriffsformen<br />

erlebt hat. Von den Lehrern an Gymnasien berichten dies nur 21,1 %, <strong>von</strong> den Lehrern an<br />

Förder- <strong>und</strong> Hauptschulen sowie an Re<strong>als</strong>chulen 50,0 %; für die Gesamtschulen kann ke<strong>in</strong>e<br />

gesonderte Auswertung erfolgen, da sich hier nur e<strong>in</strong> Lehrer an der Lehrkräftebefragung beteiligt<br />

hat. Interessant ist, dass die Lehrkräfte an Gymnasien seltener solche verbalen Angriffe<br />

erleben, zugleich aber häufiger <strong>als</strong> <strong>in</strong> anderen Schulformen selbst entsprechende Angriffe<br />

ausführen, wie die Angaben der Schüler deutlich gemacht haben.<br />

3.2. <strong>Täter</strong>schaft<br />

Um das Ausmaß der Del<strong>in</strong>quenz der <strong>Jugendliche</strong>n zu untersuchen, wurde den Befragten e<strong>in</strong>e<br />

Liste mit <strong>in</strong>sgesamt zwölf Delikten vorgelegt. Sie wurden gebeten anzugeben, ob sie schon<br />

e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> solches Delikt begangen haben <strong>und</strong> wie oft sie dies <strong>in</strong> den letzten zwölf Monaten<br />

getan haben. Um zu vermeiden, dass Befragte Delikte aus Scham oder Angst vor Konsequenzen<br />

verschweigen, wurden die Fragen mit dem H<strong>in</strong>weis e<strong>in</strong>geleitet, dass viele Menschen <strong>als</strong><br />

<strong>Jugendliche</strong> unerlaubte D<strong>in</strong>ge tun. 11 Als Delikte wurden Sachbeschädigung („absichtlich<br />

Fenster, Telefonzellen, Straßenlampen oder ähnliche D<strong>in</strong>ge beschädigt“), Ladendiebstahl,<br />

Graffitisprühen, der Verkauf <strong>von</strong> Raubkopien, Fahrzeugdiebstahl („e<strong>in</strong> Fahrrad, e<strong>in</strong> Mofa<br />

oder sonst e<strong>in</strong> Fahrzeug gestohlen“), E<strong>in</strong>bruch („irgendwo zum Stehlen e<strong>in</strong>gebrochen“), der<br />

Verkauf <strong>von</strong> Drogen sowie fünf <strong>Gewalt</strong>delikte (Körperverletzung, schwere Körperverletzung,<br />

Raub, Erpressung <strong>und</strong> sexuelle <strong>Gewalt</strong>) aufgeführt. 12 Falls <strong>Jugendliche</strong> angaben, schon e<strong>in</strong>-<br />

11 Der e<strong>in</strong>leitende Text zu den Eigentumsdelikten lautete: „Fast alle Menschen haben <strong>als</strong> <strong>Jugendliche</strong> unerlaubte<br />

D<strong>in</strong>ge getan, z.B. gestohlen oder absichtlich fremdes Eigentum kaputt gemacht. Hast du schon jem<strong>als</strong> Folgendes<br />

getan?“ Die Abfrage der <strong>Gewalt</strong>delikte wurde e<strong>in</strong>geleitet: „Viele Menschen haben <strong>als</strong> <strong>Jugendliche</strong> auch absichtlich<br />

<strong>und</strong> nicht aus Spaß jemanden verprügelt <strong>und</strong> verletzt. Hast du schon jem<strong>als</strong> Folgendes getan?“<br />

12 Der Wortlaut der Erfassung der <strong>Gewalt</strong>delikte aus <strong>Täter</strong>perspektive entspricht dem angepassten Wortlaut der<br />

Erfassung der <strong>Opfer</strong>schaften (siehe Abschnitt 3.1.). E<strong>in</strong>e Ausnahme betrifft die sexuelle <strong>Gewalt</strong>: Hier wurden<br />

sexuelle <strong>Gewalt</strong>delikte <strong>und</strong> sexuelle Belästigungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kategorie zusammen gefasst („alle<strong>in</strong>e oder mit anderen<br />

Personen zusammen jemanden unsittlich angefasst (z.B. zwischen die Be<strong>in</strong>e, an die Brust) oder mit <strong>Gewalt</strong><br />

oder durch Androhung <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> zu sexuellen Handlungen oder zur Duldung <strong>von</strong> sexuellen Handlungen gezwungen“).


mal e<strong>in</strong>es der fünf <strong>Gewalt</strong>delikte begangen zu haben, folgten für sie noch e<strong>in</strong>ige weitere Fragen<br />

zu der am kürzesten zurückliegenden Tat.<br />

In Tabelle 3.4 s<strong>in</strong>d Prävalenzraten für die verschiedenen Eigentums- <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>delikte aufgeführt.<br />

Erkennbar ist, dass der Ladendiebstahl unter den Schülern <strong>Wolfsburg</strong>s das<br />

verbreitetste Delikt ist. Jeder dritte <strong>Jugendliche</strong> (33,9 %) gab an, schon e<strong>in</strong>mal im bisherigen<br />

Leben e<strong>in</strong>en Ladendiebstahl ausgeführt zu haben. Sachbeschädigungen haben immerh<strong>in</strong> 18,1<br />

% aller Befragten schon e<strong>in</strong>mal ausgeführt, Körperverletzungen 16,1 %. Die Zwölf-Monats-<br />

Prävalenzraten liegen bei allen dargestellten Delikten unterhalb der Lebenszeitprävalenzen.<br />

Sachbeschädigungen <strong>und</strong> Ladendiebstähle wurden <strong>in</strong> den letzten zwölf Monaten <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em<br />

fast gleich hohen Anteil an <strong>Jugendliche</strong>n ausgeführt (12,1 bzw. 12,9 %). Im Vergleich mit der<br />

b<strong>und</strong>esweiten Schülerbefragung 2007/2008 zeigt sich für ke<strong>in</strong>es der erhobenen Delikte <strong>in</strong><br />

<strong>Wolfsburg</strong> e<strong>in</strong>e höhere Prävalenzrate, d.h. die <strong>Jugendliche</strong>n <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> s<strong>in</strong>d entweder<br />

gleichhäufig oder seltener <strong>als</strong> <strong>Jugendliche</strong> im B<strong>und</strong> del<strong>in</strong>quent. Beim Ladendiebstahl liegt die<br />

Quote vergleichbar hoch wie sie b<strong>und</strong>esweit ermittelt wurde. Dies überrascht, da <strong>in</strong> der Polizeilichen<br />

Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistik die Tatverdächtigenbelastungszahl für dieses Delikt <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong><br />

besonders hoch ausfällt. Mit den hier vorliegenden Dunkelfelddaten lässt sich zeigen, dass<br />

diese Höherbelastung nur e<strong>in</strong> Resultat e<strong>in</strong>er häufigeren Registrierung ist. <strong>Wolfsburg</strong>er <strong>Jugendliche</strong><br />

begehen nicht seltener oder häufiger Ladendiebstähle <strong>als</strong> <strong>Jugendliche</strong> aus anderen<br />

Teilen Deutschlands. Bei der Sachbeschädigung <strong>und</strong> beim <strong>Gewalt</strong>verhalten ergeben sich für<br />

<strong>Wolfsburg</strong> sogar unterdurchschnittliche <strong>Täter</strong>raten. Das <strong>Gewalt</strong>verhalten bildet dabei wieder<br />

e<strong>in</strong>en Index aus fünf <strong>Gewalt</strong>verhaltensweisen ab; wenn e<strong>in</strong> Befragter bspw. e<strong>in</strong>e Körperverletzung<br />

aber ke<strong>in</strong>en Raub begangen hat, wird er dennoch <strong>als</strong> <strong>Gewalt</strong>täter e<strong>in</strong>gestuft. Dies trifft<br />

<strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> auf 11,4 % der befragten <strong>Jugendliche</strong>n zu, b<strong>und</strong>esweit waren dies 13,7 %. Verschiedene<br />

andere Delikte werden <strong>von</strong> den <strong>Wolfsburg</strong>er <strong>Jugendliche</strong>n sehr selten ausgeübt<br />

(Fahrzeugdiebstahl, E<strong>in</strong>bruchsdiebstahl, Drogenhandel). Auch bei diesen Delikten ist eher<br />

<strong>von</strong> e<strong>in</strong>er durchschnittlichen Belastung der <strong>Wolfsburg</strong>er <strong>Jugendliche</strong>n auszugehen.<br />

Tabelle 3.4: <strong>Täter</strong>raten für Eigentums- <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>delikte (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

Lebenszeit<br />

letzte 12 Monate<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West)<br />

Sachbeschädigung 18,1 12,1 14,6<br />

Ladendiebstahl 33,9 12,9 13,3<br />

Graffitisprühen 8,9 6,3 5,8<br />

Raubkopienverkauf 6,6 5,4 8,8<br />

Fahrzeugdiebstahl 6,0 4,0 4,9<br />

E<strong>in</strong>bruchsdiebstahl 2,8 1,9 2,7<br />

Drogenhandel 4,6 3,8 4,4<br />

Körperverletzung 16,1 9,4 11,9<br />

schwere Körperverletzung 3,5 2,0 3,0<br />

Raub 3,6 2,3 2,5<br />

Räuberische Erpressung 1,8 1,1 1,1<br />

sexuelle <strong>Gewalt</strong>/Belästigung 2,1 1,7 1,5<br />

m<strong>in</strong>d. e<strong>in</strong>e <strong>Gewalt</strong>tat 19,1 11,4 13,7<br />

H<strong>in</strong>sichtlich der drei am häufigsten vorkommenden Delikte Sachbeschädigung, Ladendiebstahl<br />

<strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong> ergeben sich zwischen den Stadtteilen <strong>Wolfsburg</strong>s ke<strong>in</strong>e signifikanten Unterschiede.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs variieren die Prävalenzraten durchaus <strong>in</strong> nicht ger<strong>in</strong>gem Maß:<br />

41


42<br />

- Ladendiebstahl: Die höchsten Raten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Stadtteilen Ehmen-Mörse (18,5 %),<br />

Stadtmitte (16,9 %) <strong>und</strong> Neuhaus-Reisl<strong>in</strong>gen (16,3 %), die niedrigsten Raten <strong>in</strong> den<br />

Stadtteilen Hattorf-Heiligendorf (0,0 %), Hehl<strong>in</strong>gen (4,8 %) <strong>und</strong> Westhagen (4,9 5) zu<br />

beobachten.<br />

- Sachbeschädigung: In Detmerode (20,5 %) ist hier die deutlich höchste Rate vorhanden,<br />

<strong>in</strong> den Stadtteilen Kästorf-Sandkamp (0,0 %) <strong>und</strong> Brackstedt-Velstove-<br />

Warmenau (3,2 %) f<strong>in</strong>den sich die niedrigsten Raten.<br />

- <strong>Gewalt</strong>: Die drei Stadtteile Kästorf-Sandkamp (4,5 %), Hattorf-Heiligendorf (3,7 %)<br />

<strong>und</strong> Barnsdorf-Nordsteimke (2,3 %) s<strong>in</strong>d am ger<strong>in</strong>gsten belastet, die Stadtteile Stadtmitte<br />

(15,9 %), Hehl<strong>in</strong>gen (15,0 %) <strong>und</strong> Nordstadt (15,0 %) am höchsten.<br />

Entscheidender <strong>als</strong> Stadtteilunterschiede s<strong>in</strong>d jedoch Unterschiede zwischen e<strong>in</strong>zelnen<br />

Befragtengruppen, wie Tabelle 3.5 verdeutlicht. Für Auswertungen herangezogen werden<br />

dabei nur Delikte, die <strong>von</strong> m<strong>in</strong>destens fünf Prozent der <strong>Wolfsburg</strong>er <strong>Jugendliche</strong>n begangen<br />

worden s<strong>in</strong>d. Insofern verzichten wir auf die differenzierte Darstellung des Fahrzeug- <strong>und</strong><br />

E<strong>in</strong>bruchsdiebstahl, des Drogenhandels <strong>und</strong> e<strong>in</strong>zelner <strong>Gewalt</strong>delikte.<br />

Der Anteil an <strong>Jugendliche</strong>n, die <strong>in</strong> den letzten zwölf Monaten m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Delikt e<strong>in</strong>er Deliktkategorie<br />

begangen haben, ist unter männlichen Befragten durchweg höher <strong>als</strong> unter<br />

weiblichen Befragten. Sehr hoch fällt das sog. „Gender Gap“ bei der Sachbeschädigung <strong>und</strong><br />

bei den <strong>Gewalt</strong>delikten aus. Die Raten der Jungen liegen bei diesen Delikten m<strong>in</strong>destens<br />

viermal so hoch wie die Raten der Mädchen. Der ger<strong>in</strong>gste Geschlechterunterschied f<strong>in</strong>det<br />

sich dagegen beim Ladendiebstahl: 14,5 % der Jungen <strong>und</strong> 10,7 % der Mädchen haben im<br />

zurückliegenden Jahr m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>en Ladendiebstahl ausgeführt. Dieser Unterschied wird<br />

auch im Gegensatz zu den anderen Geschlechterunterschieden nicht <strong>als</strong> signifikant ausgewiesen.<br />

Bezüglich der Bildungsgruppen ergeben sich ebenfalls bei drei der fünf Delikte signifikante<br />

Unterschiede. Beim Graffitisprühen <strong>und</strong> beim <strong>Gewalt</strong>verhalten s<strong>in</strong>d die Förder- <strong>und</strong> Hauptschüler<br />

am höchsten, die Gymnasiasten am niedrigsten belastet. Insgesamt haben 20,9 % der<br />

Förder- <strong>und</strong> Hauptschüler m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e <strong>Gewalt</strong>tat <strong>in</strong> den letzten zwölf Monaten begangen,<br />

bei den Gymnasiasten s<strong>in</strong>d es 7,7 %. Ladendiebstähle begehen h<strong>in</strong>gegen Real- <strong>und</strong> Gesamtschüler<br />

am häufigsten; die niedrigste Rate ist wieder bei den Gymnasiasten festzustellen. H<strong>in</strong>sichtlich<br />

der Sachbeschädigungen <strong>und</strong> dem Verkauf <strong>von</strong> Raubkopien fallen die Unterschiede<br />

ger<strong>in</strong>ger aus. Raubkopien werden dabei <strong>von</strong> allen Bildungsgruppen gleichhäufig verkauft.<br />

Tabelle 3.5: <strong>Täter</strong>raten <strong>von</strong> Eigentums- <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>delikten für verschiedene Befragtengruppen (<strong>in</strong> %;<br />

gewichtete Daten)<br />

männlichweiblich<br />

Förder-<br />

/HauptschuleRe<strong>als</strong>chuleGesamtschuleGymnasium<br />

Sachbeschädigung 19,6 4,7 14,7 11,3 16,5 10,1<br />

Ladendiebstahl 14,5 10,7 13,5 14,7 20,5 8,6<br />

Grafittisprühen 8,9 3,8 10,6 6,0 8,2 4,0<br />

Raubkopienverkauf 8,0 3,1 6,0 5,0 5,3 5,5<br />

m<strong>in</strong>d. e<strong>in</strong> <strong>Gewalt</strong>delikt<br />

Fett: Unterschiede signifikant bei p < .05<br />

18,2 4,1 20,9 11,3 10,0 7,7


Für deutsche Befragte <strong>und</strong> Befragte mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> s<strong>in</strong>d für zwei Delikte signifikant<br />

unterschiedliche Prävalenzraten zu berichten, wie Abbildung 3.5 verdeutlicht. Nichtdeutsche<br />

Befragte begehen deutlich häufiger Ladendiebstähle <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>taten. Während deutsche<br />

Befragte zu 9,5 % m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e <strong>Gewalt</strong>tat ausgeführt haben, s<strong>in</strong>d es bei den nichtdeutschen<br />

Befragten 15,5 % (Ladendiebstahl: 11,3 zu 16,1 %). Beim <strong>Gewalt</strong>verhalten weisen<br />

alle Gruppen nichtdeutscher <strong>Jugendliche</strong>r höhere Raten auf <strong>als</strong> die deutschen <strong>Jugendliche</strong>n;<br />

bei türkischen <strong>Jugendliche</strong>n liegt die Rate aber am höchsten. Dies entspricht auch den Angaben<br />

der <strong>Opfer</strong> zu den <strong>Täter</strong>n (siehe Abschnitt 3.1). Beim Ladendiebstahl s<strong>in</strong>d die polnischen<br />

<strong>Jugendliche</strong>n den deutschen <strong>Jugendliche</strong>n am ähnlichsten; die höchste Rate ist hier für die<br />

italienischen <strong>Jugendliche</strong>n festzustellen. Diese begehen auch am häufigsten Sachbeschädigungen.<br />

Die anderen Gruppen nichtdeutscher <strong>Jugendliche</strong>r s<strong>in</strong>d bei diesem Delikte weniger<br />

auffällig <strong>als</strong> die deutschen <strong>Jugendliche</strong>n. Beim Graffitisprühen s<strong>in</strong>d erneut die türkischen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

am höchsten belastet; polnische <strong>Jugendliche</strong> haben <strong>in</strong> den letzten zwölf Monaten<br />

ke<strong>in</strong>e Graffitis gesprüht.<br />

Abbildung 3.5: <strong>Täter</strong>raten <strong>von</strong> Eigentums- <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>delikten nach Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> (<strong>in</strong> %; gewichtete<br />

Daten)<br />

25,0<br />

20,0<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

12,6<br />

11,1<br />

10,1<br />

Sachbeschädigung<br />

14,1<br />

7,3<br />

7,7<br />

11,3<br />

16,1<br />

18,3<br />

19,3<br />

Ladendiebstahl<br />

12,2<br />

15,4<br />

6,5<br />

5,5<br />

5,8<br />

6,0<br />

Graffitisprühen<br />

0,0<br />

11,5<br />

5,0<br />

5,8<br />

5,0<br />

7,1<br />

7,3<br />

Raubkopienverkauf<br />

0,0<br />

9,5<br />

15,5<br />

16,7<br />

16,9<br />

19,5<br />

m<strong>in</strong>d. e<strong>in</strong>e<br />

<strong>Gewalt</strong>tat<br />

23,1<br />

deutsch<br />

nichtdeutsch<br />

ehem. SU<br />

Vergleichbar mit den <strong>Opfer</strong>erfahrungen haben wir die <strong>Jugendliche</strong>n, die m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e <strong>Gewalt</strong>tat<br />

verübt haben, gebeten anzugeben, um was für e<strong>in</strong>e Tat es sich beim letzten Mal gehandelt<br />

hat <strong>und</strong> was die näheren Tatumstände waren. Insgesamt 203 <strong>Jugendliche</strong> machten zu<br />

ihrer letzten <strong>Gewalt</strong>tat angaben. Bei 164 Fällen handelt es sich um Körperverletzungen; die<br />

anderen vier <strong>Gewalt</strong>taten (schwere Körperverletzung, Raub, räuberische Erpressung, sexuelle<br />

<strong>Gewalt</strong>/Belästigung) wurden jeweils 15 mal oder seltener angegeben, so dass zu diesen Delikten<br />

ke<strong>in</strong>e verlässlichen Auswertungen durchgeführt werden können.<br />

E<strong>in</strong> Fünftel der Körperverletzungen wurde vor 2006 begangen; die Tat lag zum Zeitpunkt der<br />

Befragung <strong>in</strong> diesen Fällen <strong>als</strong>o bereits m<strong>in</strong>destens fünf Jahre zurück. Drei Viertel der Taten<br />

(76,8 %) wurden <strong>in</strong> der Stadt, <strong>in</strong> der der Befragte zum entsprechenden Zeitpunkt gewohnt hat,<br />

durchgeführt. Die Jugendgewalt weist damit e<strong>in</strong>en starken Bezug zum Wohnort auf. Bei fast<br />

jeder vierten Tat (23,8 %) hatte der <strong>Täter</strong> bzw. hatten die <strong>Täter</strong> kurz vorher Alkohol getrunken.<br />

In dieser Auswertung bestätigt sich, dass der Alkoholkonsum e<strong>in</strong> Bed<strong>in</strong>gungsfaktor für<br />

<strong>Gewalt</strong>verhalten darstellt. Bei etwa jeder zwanzigsten Tat (4,2 %) wurde das Geschehen fotografiert<br />

oder auf Video aufgezeichnet; e<strong>in</strong>e vergleichbare Quote hatte sich aus der Perspektive<br />

der <strong>Opfer</strong> ergeben (siehe Abschnitt 3.1). Dies belegt, dass das Phänomen des sog. „Happy<br />

Italien<br />

Polen<br />

Türkei<br />

43


Slapp<strong>in</strong>g“ tatsächlich vorkommt, zugleich aber sehr viel weniger verbreitet ist, <strong>als</strong> wie aufgr<strong>und</strong><br />

der Medienberichterstattung möglicherweise zu erwarten wäre.<br />

3.3. Bed<strong>in</strong>gungsfaktoren der <strong>Täter</strong>schaft<br />

Das Spektrum möglicher Bed<strong>in</strong>gungsfaktoren del<strong>in</strong>quenten Verhaltens ist sehr breit <strong>und</strong><br />

reicht <strong>von</strong> biologisch-genetischen über familiäre h<strong>in</strong> zu gesellschaftlichen Faktoren (vgl. z.B.<br />

<strong>Baier</strong> et al. 2006, S. 11ff). Nicht alle diese Bed<strong>in</strong>gungsfaktoren können im Rahmen <strong>von</strong> Schülerbefragungen<br />

untersucht werden. Stattdessen muss e<strong>in</strong>e Konzentration auf e<strong>in</strong>e Auswahl an<br />

Faktoren getroffen werden, zu denen die Schüler verlässlich Auskunft geben können. Nachfolgend<br />

wollen wir uns auf sieben Bereiche konzentrieren, für die e<strong>in</strong>e Beziehung mit del<strong>in</strong>quenten<br />

Verhaltensweisen erwartet werden kann:<br />

1. Mitgliedschaft <strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>en <strong>und</strong> anderen Organisationen<br />

2. Innerfamiliäre <strong>Gewalt</strong><br />

3. Persönlichkeit<br />

4. Religiosität<br />

5. Nachbarschaft<br />

6. Fre<strong>und</strong>schaftsbeziehungen<br />

7. Schulumwelt<br />

Drei weitere Bereiche werden aufgr<strong>und</strong> ihres besonderen Stellenwertes <strong>in</strong> eigenen Abschnitten<br />

des Berichts abgehandelt. Hierzu zählt der Alkohol- <strong>und</strong> Drogenkonsum (Abschnitt 4),<br />

das Schulschwänzen (Abschnitt 5) sowie der Medienkonsum (Abschnitt 6). E<strong>in</strong>en besonderen<br />

Stellenwert haben diese Bereiche deshalb, weil sie e<strong>in</strong>erseits selbst zu erklärende Phänomene<br />

darstellen. Die Frage, warum manche <strong>Jugendliche</strong> Drogen konsumieren oder schwänzen, andere<br />

h<strong>in</strong>gegen nicht, ist e<strong>in</strong>e genauso relevante Frage wie die, warum manche <strong>Jugendliche</strong> zu<br />

<strong>Gewalt</strong>tätern werden, andere h<strong>in</strong>gegen nicht. Andererseits gilt für den (<strong>Gewalt</strong>)Medienkonsum,<br />

dass noch immer Zweifel daran bestehen, ob er tatsächlich e<strong>in</strong>e Ursache<br />

<strong>und</strong> nicht vielmehr e<strong>in</strong>e Folge bzw. Begleitersche<strong>in</strong>ung der <strong>Gewalt</strong>täterschaft darstellt. Für<br />

andere Faktoren sche<strong>in</strong>en diese Zweifel seit langem ausgeräumt. Die empirischen Ergebnisse<br />

zum Medienkonsum sollen daher etwas ausführlicher <strong>in</strong> Abschnitt 6 vorgestellt werden, wobei<br />

hier zusätzlich auf die Sonderthematik der Computerspielabhängigkeit e<strong>in</strong>gegangen wird,<br />

die zunächst e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Beziehung mit dem <strong>Gewalt</strong>verhalten steht. An dieser Stelle ist<br />

darauf h<strong>in</strong>zuweisen, dass sowohl die Bed<strong>in</strong>gungsfaktoren des del<strong>in</strong>quenten Verhaltens <strong>als</strong><br />

auch das del<strong>in</strong>quente Verhalten selbst zu e<strong>in</strong>em Erhebungszeitpunkt erhoben worden s<strong>in</strong>d<br />

(sog. Querschnittsbefragung). Die beobachteten Beziehungen können daher nicht <strong>als</strong> kausal<br />

<strong>in</strong>terpretiert werden, sondern nur <strong>als</strong> korrelativ. Gleichwohl gibt es mittlerweile zu verschiedenen<br />

Bed<strong>in</strong>gungsfaktoren auch Erkenntnisse aus Längsschnittstudien, die Aussagen zur<br />

Kausalität erlauben.<br />

Mitgliedschaft <strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>en <strong>und</strong> anderen Organisationen<br />

Schülerbefragungen s<strong>in</strong>d weit mehr <strong>als</strong> Studien zur Verbreitung del<strong>in</strong>quenten Verhaltens unter<br />

<strong>Jugendliche</strong>n. Sie stellen e<strong>in</strong>e Bestandsaufnahme der aktuell heranwachsenden Jugendgeneration<br />

dar, <strong>in</strong>sofern sie zahlreiche Informationen zu verschiedenen Bereichen des Jugendalltags<br />

liefern. Dies wird deutlich, wenn wir die Mitgliedschaftsquoten <strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>en <strong>und</strong> Organisationen<br />

betrachten. Krim<strong>in</strong>ologisch ist die Mitgliedschaft <strong>in</strong>sofern relevant, <strong>als</strong> <strong>von</strong> ihr er-<br />

44


wartet wird, dass sie sich positiv auf das Verhalten auswirkt. In Vere<strong>in</strong>en <strong>und</strong> Organisationen<br />

übernehmen <strong>Jugendliche</strong> Aufgaben <strong>und</strong> damit Verantwortung, sie werden meist <strong>von</strong> Erwachsenen<br />

<strong>in</strong> ihrem Verhalten kontrolliert <strong>und</strong> sehen sich <strong>von</strong> deren Seite auch verschiedenen Erwartungen<br />

ausgesetzt. Zugleich bestätigt die krim<strong>in</strong>ologische Forschung, dass die Zusammenhänge<br />

zwischen der Mitgliedschaft <strong>und</strong> dem Verhalten eher schwach s<strong>in</strong>d (vgl. Goldberg<br />

2003); zum Teil liegen auch Bef<strong>und</strong>e dazu vor, dass die Mitgliedschaft <strong>in</strong> bestimmten Vere<strong>in</strong>en<br />

mit erhöhten Alkoholkonsum- <strong>und</strong> Rechtsextremismusquoten e<strong>in</strong>her geht (vgl.<br />

<strong>Baier</strong>/Rabold 2009, <strong>Baier</strong> 2009), so dass nicht generell <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em positiven Effekt gesprochen<br />

werden kann. Gleichwohl stellen Mitgliedschaftsquoten e<strong>in</strong>en Indikator dafür dar, dass<br />

es der Gesellschaft gel<strong>in</strong>gt, die <strong>Jugendliche</strong>n an organisierte Angebote zu b<strong>in</strong>den. Niedrige<br />

Mitgliedschaftsquoten werden dementsprechend <strong>als</strong> Indikator e<strong>in</strong>es rückläufigen Sozialkapit<strong>als</strong><br />

gewertet <strong>und</strong> damit <strong>als</strong> Verlust des Vertrauens <strong>in</strong> die gesellschaftliche Ordnung (Putnam<br />

2000). Mitgliedschaftsquoten s<strong>in</strong>d damit ke<strong>in</strong>e re<strong>in</strong> krim<strong>in</strong>ologischen Indikatoren, an ihnen<br />

lässt sich auch der Zustand e<strong>in</strong>er Gesellschaft (bzw. e<strong>in</strong>er Generation) ablesen.<br />

In Tabelle 3.6 ist aufgeführt, wie häufig die <strong>Jugendliche</strong>n acht verschiedenen Vere<strong>in</strong>en/Organisationen<br />

angehören. Am häufigsten ist demnach die Zugehörigkeit zu e<strong>in</strong>em<br />

Sportvere<strong>in</strong> o.ä.: Fast zwei <strong>von</strong> drei Neuntklässlern <strong>Wolfsburg</strong>s (61,7 %) ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen<br />

Vere<strong>in</strong> aktiv. In e<strong>in</strong>em künstlerischen Vere<strong>in</strong> (Musik, Theater, Chor, Tanz) engagieren sich<br />

26,7 % der <strong>Jugendliche</strong>n. Am dritthäufigsten wird die Zugehörigkeit zu kirchlichen oder anderen<br />

religiösen Gruppen genannt (19,9 %). Nur sehr selten wird sich im Bereich des Natur-,<br />

Umwelt- oder Tierschutzes engagiert. Für die meisten der betrachteten Vere<strong>in</strong>e/Organisationen<br />

gilt dabei, dass die Mitgliedschaftsquoten im B<strong>und</strong>esgebiet vergleichbar<br />

hoch ausfallen. Zwei Besonderheiten <strong>Wolfsburg</strong>s s<strong>in</strong>d zu erwähnen: <strong>Jugendliche</strong> gehören hier<br />

seltener Schützenvere<strong>in</strong>en o.ä. an, was sicherlich damit <strong>in</strong> Zusammenhang steht, dass solche<br />

Vere<strong>in</strong>e eher <strong>in</strong> ländlichen Gebieten aktiv s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>em Sportvere<strong>in</strong> gehören <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> h<strong>in</strong>gegen<br />

mehr <strong>Jugendliche</strong> an <strong>als</strong> im B<strong>und</strong>esdurchschnitt.<br />

Tabelle 3.6: Quoten der Mitgliedschaft <strong>in</strong> verschiedenen Vere<strong>in</strong>en/Organisationen (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West)<br />

Freiwilliger Feuerwehr 4,3 5,1<br />

Jugend-/Schülervere<strong>in</strong>igung 4,3 4,8<br />

Schützen-/Trachten-/Karnev<strong>als</strong>-Gruppe 4,1 8,1<br />

Musik-/Theatervere<strong>in</strong>, Chor, Tanz 26,7 26,1<br />

soziale/politische Organisation 5,1 4,5<br />

kirchliche/religiöse Gruppe 19,9 17,8<br />

Sport-/Turn-/Reitvere<strong>in</strong> 61,7 55,5<br />

Natur-/Umwelt-/Tierschutzvere<strong>in</strong> 3,0 1,8<br />

H<strong>in</strong>sichtlich der Mitgliedschaft <strong>in</strong> Sportvere<strong>in</strong>en gibt es e<strong>in</strong>ige signifikante Gruppenunterschiede.<br />

Mädchen s<strong>in</strong>d bspw. seltener <strong>in</strong> solch e<strong>in</strong>em Vere<strong>in</strong> aktiv <strong>als</strong> Jungen (55,6 zu 67,4<br />

%), Förder- <strong>und</strong> Hauptschüler deutlich seltener <strong>als</strong> Gymnasiasten (39,5 zu 71,8 %). Zudem<br />

gehören Migranten seltener e<strong>in</strong>em Sportvere<strong>in</strong> an <strong>als</strong> Deutsche (55,2 zu 64,7 %); am seltensten<br />

f<strong>in</strong>den <strong>Jugendliche</strong> aus Ländern der ehem. SU sowie italienische <strong>Jugendliche</strong> den Weg <strong>in</strong><br />

Sportvere<strong>in</strong>e. Ebenso f<strong>in</strong>det sich, dass <strong>Jugendliche</strong> der Stadtmitte wie <strong>Jugendliche</strong> aus<br />

Westhagen am seltensten Sportvere<strong>in</strong>en angehören (45,0 bzw. 41,0 %); deutlich häufiger berichten<br />

<strong>Jugendliche</strong> aus Hehl<strong>in</strong>gen <strong>von</strong> solch e<strong>in</strong>em Engagement (76,2 %).<br />

45


E<strong>in</strong>e Gegenüberstellung der <strong>Gewalt</strong>raten (m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> <strong>Gewalt</strong>delikt <strong>in</strong> den letzten zwölf<br />

Monaten begangen) der Vere<strong>in</strong>smitglieder <strong>und</strong> Nicht-Mitglieder zeigt, dass Vere<strong>in</strong>smitgliedschaften<br />

ke<strong>in</strong>en Schutzfaktor für gewalttätiges Verhalten bilden (ohne Abbildung). Für ke<strong>in</strong>e<br />

der betrachteten Vere<strong>in</strong>sformen f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> das <strong>Gewalt</strong>risiko signifikant senkender E<strong>in</strong>fluss<br />

der Mitgliedschaft, zugleich aber auch für ke<strong>in</strong>e Mitgliedschaft e<strong>in</strong> das <strong>Gewalt</strong>risiko<br />

signifikant erhöhender E<strong>in</strong>fluss. Dies deckt sich mit Ergebnissen anderer Studien (vgl. <strong>Baier</strong><br />

et al. 2010a, S. 65ff). Wichtiger <strong>als</strong> die re<strong>in</strong>e Mitgliedschaft ist sicher, welchen konkreten Aktivitäten<br />

die <strong>Jugendliche</strong>n <strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>igungen nachgehen, wie <strong>in</strong>tensiv sie überhaupt an<br />

diese geb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> welcher Weise mit Erwachsenen <strong>in</strong>teragiert wird usw. Informationen<br />

hierzu stehen uns allerd<strong>in</strong>gs auf Basis der Schülerbefragungsdaten nicht zur Verfügung.<br />

Innerfamiliäre <strong>Gewalt</strong><br />

Zahlreiche Studien zeigen, dass K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>, die <strong>Gewalt</strong> <strong>von</strong> Seiten ihrer Eltern<br />

erfahren, e<strong>in</strong> deutlich höheres Risiko haben, später selbst <strong>Gewalt</strong> auszuüben (vgl. u.a.<br />

Rabold/<strong>Baier</strong> 2007, Pfeiffer et al. 1999). Eltern, die <strong>Gewalt</strong> anwenden, s<strong>in</strong>d Verhaltensvorbilder,<br />

die den E<strong>in</strong>druck vermitteln, dass gewalttätiges Verhalten e<strong>in</strong> legitimes Mittel zur Konfliktlösung<br />

darstellt. Darüber h<strong>in</strong>aus kann wiederholte <strong>Gewalt</strong>anwendung <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dheit zu<br />

Bee<strong>in</strong>trächtigungen der Entwicklung bestimmter Hirnregionen <strong>und</strong> daraus folgend zu Schädigungen<br />

der sozio-emotionalen Entwicklung führen. <strong>Gewalt</strong>anwendungen <strong>in</strong> der Erziehung<br />

bee<strong>in</strong>flussen darüber <strong>in</strong> negativer Weise die Herausbildung verschiedener Persönlichkeitsfaktoren<br />

(z.B. Empathie, Selbstkontrolle), wie Wilmers et al. (2002) gezeigt haben.<br />

Im Fragebogen wurde daher auch die durch die Eltern erfahrene <strong>Gewalt</strong> erfasst. Wie Abbildung<br />

3.6 zeigt, wurde nach <strong>in</strong>sgesamt sechs verschiedenen Formen <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> gefragt. Erfasst<br />

wurden die <strong>Gewalt</strong>formen für die zwei Referenzzeiträume K<strong>in</strong>dheit (vor dem zwölften<br />

Lebensjahr) <strong>und</strong> Jugend (<strong>in</strong> den letzten zwölf Monaten) – jeweils nach demselben Schema.<br />

Dabei wurden <strong>Gewalt</strong>ausübungen des Vaters <strong>und</strong> der Mutter differenziert erhoben. In den<br />

nachfolgenden Darstellungen wird allerd<strong>in</strong>gs nicht zwischen der <strong>Gewalt</strong> durch den Vater <strong>und</strong><br />

der <strong>Gewalt</strong> durch die Mutter unterschieden. Stattdessen geht jeweils der Maximalwert e<strong>in</strong>;<br />

d.h. wenn e<strong>in</strong> Schüler nur durch den Vater, nicht aber durch die Mutter <strong>Gewalt</strong> erfahren hat,<br />

wird die Antwort zum Vater berücksichtigt.<br />

Als leichte <strong>Gewalt</strong> werden folgende Übergriffe gewertet: e<strong>in</strong>e runtergehauen, hart angepackt/gestoßen<br />

<strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>em Gegenstand geworfen. Schwere <strong>Gewalt</strong> be<strong>in</strong>haltet das Schlagen<br />

mit e<strong>in</strong>em Gegenstand oder der Faust, das Treten sowie das Prügeln/Zusammenschlagen.<br />

Wenn m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>er der Übergriffe m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal erlebt wurde, wird e<strong>in</strong> Schüler zur<br />

Gruppe der Personen mit leichten bzw. schweren <strong>Gewalt</strong>erlebnissen zugeordnet. Hat e<strong>in</strong> Befragter<br />

sowohl leichte <strong>als</strong> auch schwere elterliche <strong>Gewalt</strong> erlebt, so werden die schweren <strong>Gewalt</strong>erfahrungen<br />

berücksichtigt. Die <strong>von</strong> den Befragten abgegebenen Antworten gehen damit<br />

nicht <strong>in</strong> ihrer vollen Differenziertheit <strong>in</strong> die Auswertungen e<strong>in</strong>, <strong>in</strong>sofern wir nicht die Häufigkeit<br />

berücksichtigen, mit der die jeweiligen Übergriffe erlebt wurden. Die <strong>in</strong> Abbildung 3.6<br />

berichteten Ergebnisse legen e<strong>in</strong> solches Vorgehen nahe, da es nur sehr wenige <strong>Jugendliche</strong><br />

gibt, die leichte Übergriffe mehrm<strong>als</strong> pro Monat oder noch häufiger bzw. schwere Übergriffe<br />

3mal oder häufiger erlebt haben. E<strong>in</strong>e Unterscheidung <strong>von</strong> <strong>Jugendliche</strong>n, die ke<strong>in</strong>e elterliche<br />

<strong>Gewalt</strong>, nur leichte <strong>Gewalt</strong> oder schwere <strong>Gewalt</strong> erlebt haben (unabhängig da<strong>von</strong>, wie häufig),<br />

sche<strong>in</strong>t daher angemessen.<br />

46


Abbildung 3.6: Elterlicher <strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dheit (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

leichte<br />

<strong>Gewalt</strong><br />

schwere<br />

<strong>Gewalt</strong><br />

nie<br />

1- oder<br />

2-mal<br />

3- bis<br />

12-mal<br />

mehrm<strong>als</strong><br />

pro<br />

Monat<br />

e<strong>in</strong>mal<br />

pro<br />

Woche<br />

mehrm<strong>als</strong><br />

pro<br />

Woche<br />

e<strong>in</strong>e runtergehauen 70,1 16,8 7,9 3,3 1,0 0,9<br />

hart angepackt oder gestoßen 66,4 21,7 8,6 1,9 0,8 0,6<br />

mit e<strong>in</strong>em Gegenstand geworfen 86,5 9,5 2,6 0,6 0,5 0,4<br />

mit e<strong>in</strong>em Gegenstand geschlagen 90,8 5,1 2,3 1,1 0,5 0,3<br />

mit der Faust geschlagen/ getreten 92,2 4,6 1,6 1,0 0,5 0,2<br />

geprügelt, zusammengeschlagen 96,6 2,3 0,5 0,2 0,3 0,2<br />

Wie <strong>in</strong> Abbildung 3.7 ersichtlich wird, s<strong>in</strong>d <strong>Gewalt</strong>erlebnisse durch Eltern <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong><br />

der K<strong>in</strong>dheit recht verbreitet. Während bezogen auf die K<strong>in</strong>dheit <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> 50,7 % der<br />

Befragten ke<strong>in</strong>erlei gewalttätige Übergriffe der Eltern berichten, s<strong>in</strong>d dies im H<strong>in</strong>blick auf die<br />

letzten zwölf Monate immerh<strong>in</strong> 76,9 %. Mit dem Heranwachsen der K<strong>in</strong>der geht <strong>als</strong>o das<br />

Ausüben <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> durch die Eltern deutlich zurück. Die überwiegende Zahl der Befragten<br />

ist – sofern sie gewalttätigen Übergriffen ausgesetzt s<strong>in</strong>d – eher <strong>von</strong> leichter <strong>Gewalt</strong> betroffen.<br />

Dies trifft sowohl auf die Phase der K<strong>in</strong>dheit <strong>als</strong> auch auf die des Jugendalters zu. Insgesamt<br />

13,5 % der Befragten geben jedoch an, vor ihrem zwölften Lebensjahr schwerer <strong>Gewalt</strong> ausgesetzt<br />

gewesen zu se<strong>in</strong>. In der Jugend nimmt der Anteil der <strong>von</strong> schwerer <strong>Gewalt</strong> betroffenen<br />

Befragten auf 5,0 % ab. Gr<strong>und</strong>sätzlich kann damit gesagt werden, dass <strong>in</strong>nerfamiliäre <strong>Gewalt</strong><br />

noch immer e<strong>in</strong> relevantes soziales Problem darstellt.<br />

Abbildung 3.7: Elterliche <strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dheit <strong>und</strong> Jugend (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

70,0<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

13,5<br />

35,8<br />

15,4<br />

42,8<br />

5,0<br />

18,1<br />

5,8<br />

21,2<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West) <strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West)<br />

K<strong>in</strong>dheit Jugend<br />

schwere <strong>Gewalt</strong><br />

leichte <strong>Gewalt</strong><br />

Im Vergleich zum B<strong>und</strong>esdurchschnitt ergeben sich für <strong>Wolfsburg</strong> ger<strong>in</strong>gere Raten <strong>in</strong>nerfamiliär<br />

gewalttätig behandelter K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>r: In Bezug auf die K<strong>in</strong>dheit liegt die Rate<br />

derer, die leichte oder schwere <strong>Gewalt</strong> erlebt haben, <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> um 8,9 Prozentpunkte niedriger<br />

<strong>als</strong> b<strong>und</strong>esweit, <strong>in</strong> Bezug auf die Jugend um 3,9 Prozentpunkte. Die Eltern der<br />

<strong>Wolfsburg</strong>er Schüler greifen <strong>als</strong>o <strong>in</strong>sgesamt seltener auf <strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> der Erziehung zurück.<br />

47


Wir Abbildung 3.8 zeigt, wird Mädchen gegenüber mehr elterliche <strong>Gewalt</strong> ausgeübt <strong>als</strong> Jungen<br />

gegenüber, sowohl <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dheit <strong>als</strong> auch <strong>in</strong> der Jugend. Diese Geschlechterunterschiede<br />

beziehen sich aber weitestgehend auf leichte <strong>Gewalt</strong>formen. Von schweren Übergriffen der<br />

Eltern berichten Jungen wie Mädchen nahezu gleichhäufig.<br />

Abbildung 3.8: Elterliche <strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dheit <strong>und</strong> Jugend nach Geschlecht <strong>und</strong> Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> (<strong>in</strong><br />

%; gewichtete Daten)<br />

48<br />

70,0<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

13,3 13,0<br />

9,8<br />

20,8 7,7<br />

28,0<br />

15,3 19,5<br />

33,7 38,8 34,8 37,7 46,2 47,1<br />

39,0<br />

24,6<br />

15,4 21,1 16,2 21,6 11,5 16,7 25,0 4,9<br />

22,5<br />

5,0<br />

8,3<br />

7,5<br />

7,5<br />

11,7<br />

3,6 7,7<br />

Jungen<br />

Mädchen<br />

deutsch<br />

nichtdeutsch<br />

Türkei<br />

ehem. SU<br />

Italien<br />

Polen<br />

K<strong>in</strong>dheit Jugend<br />

Jungen<br />

Mädchen<br />

deutsch<br />

nichtdeutsch<br />

Türkei<br />

ehem. SU<br />

Italien<br />

Polen<br />

schwere <strong>Gewalt</strong><br />

leichte <strong>Gewalt</strong><br />

Ebenfalls <strong>in</strong> Abbildung 3.8 dargestellt s<strong>in</strong>d Unterschiede zwischen den ethnischen Gruppen.<br />

Zunächst f<strong>in</strong>det sich dabei, dass nichtdeutsche <strong>Jugendliche</strong> signifikant häufiger <strong>als</strong> deutsche<br />

<strong>Jugendliche</strong> elterliche <strong>Gewalt</strong> erfahren. Während bspw. deutsche <strong>Jugendliche</strong> <strong>in</strong> den letzten<br />

zwölf Monaten nur zu 19,8 % elterliche <strong>Gewalt</strong> erlebt haben, waren es bei den nichtdeutschen<br />

<strong>Jugendliche</strong>n 29,1 %. Die Unterschiede zwischen deutschen <strong>und</strong> nichtdeutschen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

s<strong>in</strong>d dabei besonders stark ausgeprägt bei den schweren Übergriffsformen. E<strong>in</strong> Vergleich der<br />

e<strong>in</strong>zelnen Gruppe zeigt für die beiden betrachteten Zeiträume leicht abweichende Bef<strong>und</strong>e.<br />

Zwar berichten italienische <strong>Jugendliche</strong> für beide Zeiträume am häufigsten <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong>übergriffen<br />

der Eltern; für <strong>Jugendliche</strong> aus der ehem. SU f<strong>in</strong>det sich beide Male die höchste Rate<br />

an Befragten mit schweren <strong>Gewalt</strong>erfahren. Türkische <strong>Jugendliche</strong> berichten für die Jugend<br />

aber die <strong>in</strong>sgesamt ger<strong>in</strong>gste elterliche <strong>Gewalt</strong>rate; bezogen auf die K<strong>in</strong>dheit s<strong>in</strong>d die <strong>Gewalt</strong>erfahrungen<br />

aber auch <strong>von</strong> den türkischen Befragten häufiger berichtet worden <strong>als</strong> <strong>von</strong> den<br />

deutschen Befragten.<br />

Dass das Erleben elterlicher <strong>Gewalt</strong> folgenreich ist, belegt der <strong>in</strong> Abbildung 3.9 dargestellte,<br />

signifikante Zusammenhang mit zwei del<strong>in</strong>quenten Verhaltensweisen. <strong>Jugendliche</strong>, die weder<br />

<strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dheit noch <strong>in</strong> der Jugend <strong>Gewalt</strong> durch die Eltern erfahren haben, weisen die niedrigste<br />

<strong>Gewalt</strong>- <strong>und</strong> Ladendiebstahlsrate auf, <strong>Jugendliche</strong> mit schweren <strong>Gewalt</strong>erfahrungen die<br />

höchste. Die Abbildung verdeutlicht auch, dass bereits leichte <strong>Gewalt</strong>erfahrungen mit e<strong>in</strong>er<br />

höheren Del<strong>in</strong>quenzbereitschaft e<strong>in</strong>her gehen.


Abbildung 3.9: Del<strong>in</strong>quentes Verhalten nach Erleben elterlicher <strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dheit <strong>und</strong> Jugend (<strong>in</strong> %;<br />

gewichtete Daten)<br />

30,0<br />

25,0<br />

20,0<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

6,5<br />

13,5<br />

ke<strong>in</strong>e <strong>Gewalt</strong> nur <strong>in</strong><br />

K<strong>in</strong>dheit<br />

leicht<br />

10,7<br />

<strong>in</strong> K<strong>in</strong>dheit<br />

<strong>und</strong> Jugend<br />

leicht<br />

26,2<br />

<strong>in</strong> K<strong>in</strong>dheit<br />

oder Jugend<br />

schwer<br />

8,6<br />

15,4<br />

ke<strong>in</strong>e <strong>Gewalt</strong> nur <strong>in</strong><br />

K<strong>in</strong>dheit<br />

leicht<br />

12,0<br />

<strong>in</strong> K<strong>in</strong>dheit<br />

<strong>und</strong> Jugend<br />

leicht<br />

<strong>Gewalt</strong> Ladendiebstahl<br />

24,1<br />

<strong>in</strong> K<strong>in</strong>dheit<br />

oder Jugend<br />

schwer<br />

Der enge Zusammenhang zwischen dem Erleben elterlicher <strong>Gewalt</strong> <strong>und</strong> dem eigenen <strong>Gewalt</strong>verhalten<br />

sowie zwischen beiden Variablen <strong>und</strong> der ethnischen Herkunft gibt zu der Vermutung<br />

Anlass, dass die höhere <strong>Gewalt</strong>bereitschaft nichtdeutscher <strong>Jugendliche</strong>r <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong><br />

zum<strong>in</strong>dest teilweise darauf zurückzuführen ist, dass sie häufiger <strong>in</strong>nerfamiliäre <strong>Gewalt</strong> erfahren.<br />

Abbildung 3.10 bestätigt diese Vermutung. In der l<strong>in</strong>ken Hälfte der Abbildung s<strong>in</strong>d die<br />

<strong>Gewalt</strong>raten der verschiedenen Gruppen gegenüber gestellt, die bereits weiter vorn berichtet<br />

worden s<strong>in</strong>d. In der rechten Hälfte der Abbildung werden nur jene <strong>Jugendliche</strong>n e<strong>in</strong>bezogen,<br />

die weder <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dheit noch <strong>in</strong> der Jugend elterliche <strong>Gewalt</strong> erfahren haben. Während es<br />

ohne diese E<strong>in</strong>schränkung noch starke Unterschiede zwischen deutschen <strong>und</strong> nichtdeutschen<br />

Befragten h<strong>in</strong>sichtlich der <strong>Gewalt</strong>prävalenz gibt (9,5 zu 15,5 %), wird die Differenz deutlich<br />

kle<strong>in</strong>er, wenn nur Befragte ohne <strong>Gewalt</strong>erfahrungen betrachtet werden (6,1 zu 7,8 %). Polnische<br />

<strong>Jugendliche</strong> ohne <strong>Gewalt</strong>erfahrungen s<strong>in</strong>d überhaupt nicht <strong>als</strong> <strong>Gewalt</strong>täter <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung<br />

getreten. Da allerd<strong>in</strong>gs nicht die gesamte Differenz mit der elterlichen <strong>Gewalt</strong> erklärt<br />

werden kann <strong>und</strong> Migranten auch unter Berücksichtigung der Elterngewalt durchschnittlich<br />

etwas höhere <strong>Gewalt</strong>raten aufweisen, müssen noch andere Faktoren für die höhere <strong>Gewalt</strong>belastung<br />

nichtdeutscher <strong>Jugendliche</strong>r verantwortlich se<strong>in</strong>.<br />

Abbildung 3.10: <strong>Gewalt</strong>verhalten nach Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

25,0<br />

20,0<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

deutsch<br />

9,5<br />

15,5<br />

nichtdeutsch<br />

23,1<br />

Türkei<br />

16,7 16,9<br />

ehem. SU<br />

Italien<br />

19,5<br />

Polen<br />

gesamt ke<strong>in</strong>e <strong>Gewalt</strong><br />

deutsch<br />

6,1<br />

nichtdeutsch<br />

7,8<br />

Türkei<br />

9,1<br />

ehem. SU<br />

7,1 7,1<br />

Italien<br />

Polen<br />

0,0<br />

49


Persönlichkeit<br />

Das elterliche Erziehungsverhalten bee<strong>in</strong>flusst nicht nur direkt die Bereitschaft zum Begehen<br />

verschiedener del<strong>in</strong>quenter Taten. Das Erleben elterlicher <strong>Gewalt</strong> führt auch dazu, dass bestimmte<br />

Persönlichkeitseigenschaften ausgebildet werden, die mit dem <strong>Gewalt</strong>e<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> Beziehung<br />

stehen (vgl. u.a. <strong>Baier</strong> et al. 2010a, S. 52ff). Die Liste an die Persönlichkeit beschreibenden<br />

Faktoren, die mit <strong>Gewalt</strong>verhalten <strong>in</strong> Beziehung stehen, ist sehr lang. An dieser Stelle<br />

soll sich auf folgende zwei Faktoren konzentriert werden: die <strong>Gewalt</strong> legitimierende Männlichkeitsnormen<br />

<strong>und</strong> die Risikosuche.<br />

Die <strong>Gewalt</strong> legitimierenden Männlichkeitsnormen (vgl. Enzmann et al. 2004) wurden mittels<br />

acht Aussagen erfasst (Tabelle 3.7), denen <strong>von</strong> „1 – stimmt nicht“ bis „4 – stimmt genau“<br />

zugestimmt werden konnte. Die e<strong>in</strong>zelnen Aussagen erhalten <strong>in</strong> sehr unterschiedlichem Ausmaß<br />

Zustimmung: Die Aussage, dass e<strong>in</strong> Mann stark <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Familie beschützen bzw. dass<br />

er Frau <strong>und</strong> K<strong>in</strong>der mit <strong>Gewalt</strong> verteidigen muss, bejahen sehr viel mehr <strong>Jugendliche</strong> <strong>als</strong> die<br />

Aussage, dass es dem Mann erlaubt ist, die betrügende Frau zu schlagen. Gr<strong>und</strong>sätzlich werden<br />

die Aussagen, die auf den <strong>Gewalt</strong>e<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> der Familie abzielen, seltener gutgeheißen <strong>als</strong><br />

die Aussagen, die <strong>Gewalt</strong> nach außen (Angriffe auf Familie, Ehrverteidigung) be<strong>in</strong>halten. Der<br />

Gesamtmittelwert <strong>von</strong> 1,89 liegt aber noch unter dem theoretischen Mittelwert der Skala <strong>von</strong><br />

2,5, so dass mehr <strong>Jugendliche</strong> die Männlichkeitsnormen ablehnen <strong>als</strong> akzeptieren.<br />

Tabelle 3.7: Skala <strong>Gewalt</strong> legitimierende Männlichkeitsnormen (Mittelwerte; gewichtete Daten)<br />

Mittelwert<br />

E<strong>in</strong>em Mann <strong>als</strong> Familienvater müssen Frau <strong>und</strong> K<strong>in</strong>der gehorchen. 1.88<br />

Wenn e<strong>in</strong>e Frau ihren Mann betrügt, darf der Mann sie schlagen. 1.16<br />

E<strong>in</strong> Mann sollte bereit se<strong>in</strong>, Frau <strong>und</strong> K<strong>in</strong>der mit <strong>Gewalt</strong> zu verteidigen. 2.72<br />

E<strong>in</strong> Mann, der nicht bereit ist, sich gegen Beleidigungen mit <strong>Gewalt</strong> zu wehren, ist e<strong>in</strong> Schwächl<strong>in</strong>g.<br />

1.52<br />

Der Mann ist das Oberhaupt der Familie <strong>und</strong> darf sich notfalls auch mit <strong>Gewalt</strong> durchsetzen. 1.34<br />

Männern sollte es erlaubt se<strong>in</strong>, Schusswaffen zu besitzen, um ihre Familie oder ihr Eigentum zu<br />

beschützen. 1.62<br />

E<strong>in</strong> richtiger Mann ist bereit, zuzuschlagen, wenn jemand schlecht über se<strong>in</strong>e Familie redet. 1.79<br />

E<strong>in</strong> richtiger Mann ist stark <strong>und</strong> beschützt se<strong>in</strong>e Familie. 3.10<br />

Skala 1.89<br />

Cronbachs Alpha (stand.) .81<br />

Bei der Risikosuche handelt es sich um e<strong>in</strong>e Dimensionen niedriger Selbstkontrolle. In der<br />

Krim<strong>in</strong>ologie ist die Selbstkontrolltheorie (vgl. Gottfredson/Hirschi 1990) <strong>als</strong> Erklärungsansatz<br />

del<strong>in</strong>quenten Verhaltens recht prom<strong>in</strong>ent. Die Theorie nimmt an, dass Personen mit niedriger<br />

Selbstkontrolle seltener die Konsequenzen ihres Handelns abschätzen; sie s<strong>in</strong>d verstärkt<br />

gegenwartsorientiert <strong>und</strong> unterschätzen die Kosten, die del<strong>in</strong>quentes Verhalten langfristig mit<br />

sich br<strong>in</strong>gen kann, auch wenn es kurzfristig möglicherweise e<strong>in</strong>en Nutzen stiftet. Personen<br />

mit niedriger Selbstkontrolle s<strong>in</strong>d daher u.a. häufiger bereit, Risiken e<strong>in</strong>zugehen. Die Risikobereitschaft<br />

bzw. –suche haben wir mittels vier Aussagen gemessen (Tabelle 3.8), die jeweils<br />

sehr ähnliche Zustimmungswerte aufweisen. Den Aussagen konnte wieder <strong>von</strong> „1 – stimmt<br />

nicht“ bis „4 – stimmt genau“ zugestimmt werden. Hohe Werte stehen <strong>als</strong>o für e<strong>in</strong>e hohe Risikobereitschaft,<br />

d.h. für e<strong>in</strong>e niedrige Selbstkontrolle.<br />

50


Tabelle 3.8: Skala Risikosuche (Mittelwerte; gewichtete Daten)<br />

Ich teste gerne me<strong>in</strong>e Grenzen, <strong>in</strong>dem ich etwas Gefährliches mache<br />

Mittelwert<br />

2.01<br />

Manchmal f<strong>in</strong>de ich es aufregend, D<strong>in</strong>ge zu tun, die mich <strong>in</strong> Gefahr br<strong>in</strong>gen können. 2.02<br />

Aufregung <strong>und</strong> Abenteuer s<strong>in</strong>d mir wichtiger <strong>als</strong> Sicherheit. 2.03<br />

Ich gehe gern e<strong>in</strong> Risiko e<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>fach weil es Spaß macht. 2.20<br />

Skala 2.07<br />

Cronbachs Alpha (stand.) .85<br />

Die beiden Persönlichkeitsfaktoren s<strong>in</strong>d, wie dies auch zu erwarten ist, nicht unabhängig <strong>von</strong>e<strong>in</strong>ander.<br />

Die Korrelation zwischen der Risikosuche <strong>und</strong> den Männlichkeitsnormen beträgt r =<br />

.36, was auf e<strong>in</strong>en mittelstarken Zusammenhang h<strong>in</strong>weist. Bei beiden Persönlichkeitseigenschaften<br />

kann auch e<strong>in</strong> Vergleich mit der b<strong>und</strong>esweiten Schülerbefragung 2007/2008 gezogen<br />

werden. Dieser Vergleich zeigt, dass <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> die Schüler ger<strong>in</strong>gfügig seltener die Persönlichkeitseigenschaften<br />

besitzen. So liegt der b<strong>und</strong>esweite Mittelwert bei den Männlichkeitsnormen<br />

bei 1,91 (<strong>Wolfsburg</strong>: 1,89), bei der Risikosuche bei 2,11 (<strong>Wolfsburg</strong>: 2,07).<br />

Für beide Persönlichkeitseigenschaften gilt, dass die Mädchen <strong>Wolfsburg</strong>s e<strong>in</strong>en signifikant<br />

ger<strong>in</strong>gen Anteil an zustimmenden Befragten aufweisen <strong>als</strong> die Jungen (Abbildung 3.11). 13<br />

Besonders groß ist der Abstand zwischen den Geschlechtern bei den <strong>Gewalt</strong> legitimierenden<br />

Männlichkeitsnormen, denen 8,2 % der Jungen, aber nur 0,3 % der Mädchen explizit zustimmen.<br />

E<strong>in</strong>e hohe Risikosuche weisen 4,4mal so viele Jungen wie Mädchen auf. Die Migranten<br />

<strong>Wolfsburg</strong>s stechen nur bei e<strong>in</strong>er Eigenschaft hervor: Sie stimmen häufiger den Männlichkeitsnormen<br />

zu <strong>als</strong> e<strong>in</strong>heimische Deutsche. Der Anteil der explizit zustimmenden Befragten<br />

beträgt bei den <strong>Jugendliche</strong>n mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> 7,5 %, bei den deutschen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

2,7 %. Dieser Bef<strong>und</strong> konnte bereits <strong>in</strong> vergangenen Schülerbefragungen erzielt werden<br />

(vgl. <strong>Baier</strong> et al. 2009, S. 72f). Besonders stark orientieren sich die türkischen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

<strong>Wolfsburg</strong>s an diesen Normen: Fast jeder vierte türkische Befragte stimmt den Aussagen <strong>in</strong><br />

hohem Maße zu (23,1 %). Bei der Risikosuche s<strong>in</strong>d die Unterschiede zwischen den ethnischen<br />

Gruppen nicht signifikant. Hier deutet sich aber an, dass türkische <strong>Jugendliche</strong> weniger<br />

risikobereit s<strong>in</strong>d <strong>als</strong> <strong>Jugendliche</strong> e<strong>in</strong>er anderen Herkunft.<br />

13 Befragte, die e<strong>in</strong>en Mittelwert <strong>von</strong> über 3,0 auf der Skala Männlichkeitsnormen bzw. Risikosuche aufweisen,<br />

werden <strong>als</strong> zustimmend e<strong>in</strong>gestuft.<br />

51


Abbildung 3.11: Persönlichkeitseigenschaften nach Geschlecht <strong>und</strong> Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> (<strong>in</strong> %, gewichtete<br />

Daten)<br />

52<br />

25,0<br />

20,0<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

gesamt<br />

4,2<br />

Jungen<br />

8,2<br />

Mädchen<br />

0,3<br />

deutsch<br />

2,7<br />

nichtdeutsch<br />

7,5<br />

Türkei<br />

23,1<br />

ehem. SU<br />

5,0 5,9<br />

Italien<br />

Polen<br />

9,8 9,3<br />

14,8<br />

3,4<br />

9,0 9,8<br />

Männlichkeitsnormen Risikosuche<br />

Zwischen beiden Persönlichkeitseigenschaften <strong>und</strong> dem <strong>Gewalt</strong>verhalten bestehen enge Zusammenhänge,<br />

wie Abbildung 3.12 zeigt. Da sich für beide Eigenschaften deutliche Geschlechtsunterschiede<br />

gezeigt haben, werden die Auswertungen nur auf männliche Befragte<br />

beschränkt. Jungen, die die Männlichkeitsnormen eher ablehnen, waren <strong>in</strong> den zurückliegenden<br />

zwölf Monaten nur zu 8,3 % <strong>Gewalt</strong>täter, Jungen, die den Normen hoch zustimmen h<strong>in</strong>gegen<br />

zu 55,3 %. Bei der Risikosuche s<strong>in</strong>d die hoch zustimmenden <strong>Jugendliche</strong>n immerh<strong>in</strong><br />

noch 4,5mal häufiger <strong>Gewalt</strong>täter <strong>als</strong> die <strong>Jugendliche</strong>n, die eher risikoabst<strong>in</strong>ent s<strong>in</strong>d.<br />

Abbildung 3.12: <strong>Gewalt</strong>verhalten nach Persönlichkeitseigenschaften, nur männliche Befragte (<strong>in</strong> %; gewichtete<br />

Daten)<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

8,3<br />

24,5<br />

55,3<br />

ger<strong>in</strong>g mittel hoch ger<strong>in</strong>g mittel hoch<br />

gesamt<br />

9,5<br />

Jungen<br />

Mädchen<br />

deutsch<br />

19,8<br />

Männlichkeitsnormen Risikosuche<br />

Auch bei den Männlichkeitsnormen weist der enge Zusammenhang zum <strong>Gewalt</strong>verhalten wie<br />

zur ethnischen Herkunft darauf h<strong>in</strong>, dass es sich um e<strong>in</strong>en Faktor handeln könnte, der die erhöhte<br />

<strong>Gewalt</strong>bereitschaft der nichtdeutschen <strong>Jugendliche</strong>n erklären kann. Beschränken wir die<br />

Analyse nur auf männliche Befragte, so beträgt die <strong>Gewalt</strong>täterrate bei deutschen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

14,5 %, bei nichtdeutschen <strong>Jugendliche</strong>n 26,6 %. Werden nun zusätzlich bei den deutschen<br />

wie bei den nichtdeutschen <strong>Jugendliche</strong>n nur diejenigen Befragten betrachtet, die die<br />

Männlichkeitsnormen eher ablehnen, dann s<strong>in</strong>d die <strong>Gewalt</strong>raten fast identisch: Bei deutschen<br />

<strong>Jugendliche</strong>n beträgt die Rate dann 8,5 %, bei nichtdeutschen <strong>Jugendliche</strong>n 8,8 %. Dies be-<br />

nichtdeutsch<br />

Türkei<br />

3,8<br />

ehem. SU<br />

10,2<br />

42,9<br />

Italien<br />

7,1<br />

Polen<br />

9,8


deutet, dass die häufigere Erfahrung elterlicher <strong>Gewalt</strong> sowie die häufigere Zustimmung zu<br />

Männlichkeitsnormen die wesentlichen Erklärungen dafür s<strong>in</strong>d, dass Migranten <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong><br />

gewalttätiger s<strong>in</strong>d <strong>als</strong> deutsche <strong>Jugendliche</strong>. Dies bestätigen Ergebnisse <strong>von</strong> früheren Schülerbefragungen<br />

(<strong>Baier</strong>/Pfeiffer 2007).<br />

Religiosität<br />

E<strong>in</strong>e alltagstheoretische Annäherung an das Thema Religiosität <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>täterschaft legt die<br />

Annahme nahe, dass die Verankerung e<strong>in</strong>es <strong>Jugendliche</strong>n im religiösen Glauben krim<strong>in</strong>alitätsvorbeugende<br />

Wirkung entfalten kann. Die Begründung hierfür liegt auf der Hand. Zum<br />

e<strong>in</strong>en kann da<strong>von</strong> ausgegangen werden, dass religiös erzogene K<strong>in</strong>der die ihnen vermittelten<br />

Normen <strong>in</strong> hohem Maß <strong>in</strong> ihr Selbstkonzept übernehmen. E<strong>in</strong> Beispiel wäre hier etwa die<br />

gr<strong>und</strong>sätzliche Akzeptanz der Goldenen Regel „Was Du nicht willst, das man Dir tut, das füg<br />

auch ke<strong>in</strong>em anderen zu“. Zum anderen erwachsen aus e<strong>in</strong>er religiös geprägten Sozialisation<br />

personale B<strong>in</strong>dungen zu wichtigen Bezugspersonen wie etwa den Betreuern e<strong>in</strong>er kirchlichen<br />

Gruppe mit der Folge, dass daraus e<strong>in</strong>e höchst wirksame soziale Kontrolle entsteht. Studien,<br />

die sich systematisch dem Zusammenhang <strong>von</strong> Religion <strong>und</strong> Del<strong>in</strong>quenz gewidmet haben,<br />

s<strong>in</strong>d aber immer noch selten. E<strong>in</strong>ige Querschnitts- bzw. Längsschnittstudien bestätigen dabei,<br />

dass Religiosität präventive Wirkungen entfaltet (Johnson et al. 2001, Pearce et al. 2001).<br />

Das Krim<strong>in</strong>ologische Forschungs<strong>in</strong>stitut Niedersachsen hat auf Basis der bereits mehrfach<br />

erwähnten Schülerbefragung 2007/2008 ebenfalls Auswertungen zu Frage des E<strong>in</strong>flusses der<br />

Religiosität vorgelegt (vgl. <strong>Baier</strong> et al. 2010, S. 105ff). Die Auswertungen widersprechen <strong>in</strong><br />

zweifacher H<strong>in</strong>sicht der Annahme, Religiosität wäre e<strong>in</strong> Schutzfaktor für Jugendgewalt: Erstens<br />

konnten sich zwar für christliche <strong>Jugendliche</strong> aus den westdeutschen B<strong>und</strong>esländern entsprechende<br />

Beziehungen auff<strong>in</strong>den (für katholische wie für evangelische Schüler), für muslimische<br />

<strong>Jugendliche</strong> ergab sich aber ke<strong>in</strong> die <strong>Gewalt</strong>bereitschaft reduzierender Effekt. Indirekt<br />

sche<strong>in</strong>t die Religiosität sogar gewaltförderlich zu se<strong>in</strong>, <strong>in</strong>sofern hoch religiöse Muslime häufiger<br />

Männlichkeitsnormen <strong>in</strong>ternalisiert haben <strong>und</strong> auch häufiger <strong>Gewalt</strong>medien konsumieren.<br />

Zweitens musste festgestellt werden, dass e<strong>in</strong>e religiöse B<strong>in</strong>dung unter ostdeutschen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

weitestgehend folgenlos bleibt. Weder ergaben sich Unterschiede im Vergleich der<br />

Schüler mit <strong>und</strong> ohne Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche, noch war mit zunehmender<br />

Religiosität e<strong>in</strong> Rückgang der <strong>Gewalt</strong>bereitschaft festzustellen. Dies lässt sich dah<strong>in</strong>gehend<br />

<strong>in</strong>terpretieren, dass erst die E<strong>in</strong>bettung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e christliche Geme<strong>in</strong>schaft den Glauben verhaltensrelevant<br />

werden lässt. In Ostdeutschland s<strong>in</strong>d gläubige <strong>Jugendliche</strong> aber weit häufiger<br />

isoliert <strong>als</strong> im Westen Deutschlands.<br />

Wie die Stichprobenbeschreibung gezeigt hat, ist der Anteil an islamischen sowie e<strong>in</strong>er anderen<br />

Religion zugehöriger <strong>Jugendliche</strong>r <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> recht kle<strong>in</strong>. Aus diesem Gr<strong>und</strong> soll sich<br />

nachfolgend nur auf die <strong>Jugendliche</strong>n christlichen Glaubens bzw. ohne religiöse B<strong>in</strong>dung<br />

konzentriert werden. Dies s<strong>in</strong>d 77,1 % bzw. 14,1 % der Stichprobe.<br />

E<strong>in</strong>e erste Gegenüberstellung beider Gruppen sche<strong>in</strong>t nicht für e<strong>in</strong>en positiven E<strong>in</strong>fluss der<br />

Religion zu sprechen. Christliche <strong>Jugendliche</strong> haben zu 11,1 % m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e <strong>Gewalt</strong>tat <strong>in</strong><br />

den letzten zwölf Monaten ausgeführt, <strong>Jugendliche</strong> ohne religiöse B<strong>in</strong>dung zu 12,8 %. 14 Zu<br />

14 Beim Ladendiebstahl liegen die Quoten bei 12,3 % (Christen) <strong>und</strong> 15,9 % (ke<strong>in</strong>e Religionszugehörigkeit),<br />

beim m<strong>in</strong>destens wöchentlichen Alkoholkonsum bei 19,4 % (für beide Gruppen).<br />

53


eachten ist dabei, dass unter den nicht religiös geb<strong>und</strong>enen <strong>Jugendliche</strong>n e<strong>in</strong> etwas höherer<br />

Anteil e<strong>in</strong> männliches Geschlecht bzw. e<strong>in</strong>e deutsche Herkunft hat.<br />

Die Zugehörigkeit alle<strong>in</strong> sagt noch wenig über die Bedeutung aus, die die Religion für den<br />

E<strong>in</strong>zelnen hat. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wurden bei den konfessionell geb<strong>und</strong>enen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

zusätzlich folgende vier Indikatoren der Religiosität erfasst:<br />

1. Die Häufigkeit des Betens: Christliche <strong>Jugendliche</strong> gaben zu 17,1 % an, dass sie häufiger<br />

(d.h. m<strong>in</strong>destens mehrm<strong>als</strong> pro Woche) beten.<br />

2. Die Häufigkeit des Gotteshausbesuchs: Christliche <strong>Jugendliche</strong> berichteten zu 10,3 %,<br />

dass die m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal pro Woche e<strong>in</strong>e Kirche besuchen.<br />

3. Die Bedeutung der Religion im Alltag: 7,6 % der christlichen <strong>Jugendliche</strong>n stufen die<br />

Religion <strong>als</strong> sehr wichtig für ihren Alltag e<strong>in</strong>.<br />

4. Die Bedeutung der Religion bei der Erziehung zu Hause: Hier waren es 5,0 % der<br />

christlichen <strong>Jugendliche</strong>n, die der Religion e<strong>in</strong>e hohe Wichtigkeit attestierten.<br />

Insgesamt werden 3,5 % der christlichen <strong>Jugendliche</strong>n über diese verschiedenen Indikatoren<br />

<strong>als</strong> hoch religiös e<strong>in</strong>gestuft. Dies ist zwar e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ger Anteil, bei der b<strong>und</strong>esweiten Schülerbefragung<br />

2007/2008 hat sich aber ebenfalls nur e<strong>in</strong> Anteil <strong>von</strong> 3,4 % der christlichen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

<strong>als</strong> hoch religiös e<strong>in</strong>geschätzt; zwischen evangelischen <strong>und</strong> katholischen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

gab es dabei ke<strong>in</strong>e wesentlichen Unterschiede (vgl. <strong>Baier</strong> et al. 2010, S. 88). Fast e<strong>in</strong> Drittel<br />

(31,1 %) der Christen <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> muss <strong>als</strong> nicht religiös e<strong>in</strong>gestuft werden. Die restlichen<br />

Christen gelten <strong>als</strong> etwas religiös (48,6 %) bzw. religiös (16,8 %).<br />

Der Zusammenhang zwischen der Religiosität <strong>und</strong> verschiedenen Formen des Verhaltens ist<br />

<strong>in</strong> Abbildung 3.13 dargestellt. Zunächst bestätigen die Auswertungen noch e<strong>in</strong>mal, dass alle<strong>in</strong><br />

die Zugehörigkeit ke<strong>in</strong> präventiver Faktor ist: <strong>Jugendliche</strong>, die zwar dem christlichen Glauben<br />

angehören, zugleich aber <strong>als</strong> nicht religiös e<strong>in</strong>zustufen s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d nicht seltener <strong>als</strong> <strong>Gewalt</strong>täter<br />

oder Ladendiebe <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung getreten. Beim <strong>Gewalt</strong>verhalten liegt deren <strong>Täter</strong>rate sogar<br />

etwas über der Rate der ke<strong>in</strong>er Religion zugehöriger Befragter. Gleiches zeigt sich beim Alkoholkonsum.<br />

15 Für alle drei Verhaltensweisen zeigt sich aber, dass mit zunehmender Religiosität<br />

die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit der Ausübung zurück geht. Am deutlichsten wird dies beim Ladendiebstahl.<br />

Beim <strong>Gewalt</strong>verhalten weicht die Gruppe der hoch religiösen <strong>Jugendliche</strong>n <strong>von</strong><br />

diesem Trend <strong>in</strong>sofern ab, <strong>als</strong> hier die Rate wieder deutlich höher liegt <strong>als</strong> bei den religiösen<br />

Christen. Allerd<strong>in</strong>gs ist darauf h<strong>in</strong>zuweisen, dass die Gruppe der sehr religiösen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

nur durch wenige Befragte gestellt wird, die Auswertungen zu dieser Gruppe <strong>als</strong>o weniger<br />

verlässlich s<strong>in</strong>d. Gr<strong>und</strong>sätzlich kann aus den Auswertungen geschlossen werden, dass die<br />

christliche Religionszugehörigkeit für sich noch ke<strong>in</strong> Schutzfaktor (allerd<strong>in</strong>gs auch ke<strong>in</strong> Risikofaktor)<br />

für del<strong>in</strong>quentes Verhalten darstellt. E<strong>in</strong> schützender Effekt ist dann feststellbar,<br />

wenn die Religion auch subjektiv <strong>als</strong> bedeutsam e<strong>in</strong>gestuft wird. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d die Zusammenhänge<br />

zwischen der Religiosität <strong>und</strong> dem Verhalten <strong>als</strong> eher schwach e<strong>in</strong>zustufen.<br />

15 Der häufige Konsum <strong>von</strong> Alkohol schließt den Konsum <strong>von</strong> Bier, We<strong>in</strong>/Sekt, Schnaps <strong>und</strong> Alcopops e<strong>in</strong> (vgl.<br />

Abschnitt 4 des Berichts)<br />

54


Abbildung 3.13: Del<strong>in</strong>quentes Verhalten <strong>und</strong> Alkoholkonsum nach Religiosität (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

30,0<br />

25,0<br />

20,0<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

12,8<br />

ke<strong>in</strong>e<br />

Angehörigkeit<br />

Nachbarschaft<br />

15,0<br />

Christ: nicht<br />

religiös<br />

8,7<br />

Christ: etwas<br />

religiös<br />

Christ: religiös<br />

9,2<br />

19,4<br />

Christ: sehr<br />

religiös<br />

15,9 15,1<br />

ke<strong>in</strong>e<br />

Angehörigkeit<br />

Christ: nicht<br />

religiös<br />

11,6<br />

Christ: etwas<br />

religiös<br />

Christ: religiös<br />

10,0 9,4<br />

Christ: sehr<br />

religiös<br />

19,4<br />

ke<strong>in</strong>e<br />

Angehörigkeit<br />

25,2<br />

Christ: nicht<br />

religiös<br />

16,6 16,6<br />

Christ: etwas<br />

religiös<br />

<strong>Gewalt</strong> Ladendiebstahl Alkoholkonsum (m<strong>in</strong>d. e<strong>in</strong>mal pro<br />

Woche)<br />

Verschiedene Studien belegen, dass das Verhalten <strong>von</strong> <strong>Jugendliche</strong>n auch <strong>von</strong> Faktoren geprägt<br />

ist, die sich auf die weitere soziale Umwelt beziehen (vgl. Oberwittler 2008). Besonderes<br />

Augenmerk gilt dabei den Nachbarschaften bzw. Stadtteilen, <strong>in</strong> denen <strong>Jugendliche</strong>n aufwachsen.<br />

Die Beziehungen zwischen Stadtteilfaktoren <strong>und</strong> del<strong>in</strong>quenten Verhaltensweisen<br />

wurde erstm<strong>als</strong> empirisch <strong>von</strong> Shaw <strong>und</strong> McKay (1969[1942]) untersucht, die <strong>in</strong> Chicago<br />

über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum h<strong>in</strong>weg die Wohnadressen <strong>von</strong> männlichen, jugendlichen Del<strong>in</strong>quenten<br />

auf Stadtplänen festhielten. Dabei konnten sie mit zunehmender Entfernung vom<br />

Stadtkern e<strong>in</strong>e deutliche Veränderung im Ausmaß der registrierten Jugendkrim<strong>in</strong>alität feststellen:<br />

Je weiter man sich vom Stadtkern entfernte, umso seltener traten <strong>Jugendliche</strong> <strong>als</strong> Krim<strong>in</strong>elle<br />

<strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung. Auf der Suche nach Antworten für die variierende Krim<strong>in</strong>alitätsbelastung<br />

wurden zusätzliche Informationen über andere soziale Probleme (z.B. Arbeitslosigkeit,<br />

K<strong>in</strong>dersterblichkeit) sowie weitere Stadtteilmerkmale (z.B. Zu- <strong>und</strong> Fortzüge, ethnische Heterogenität,<br />

Armutsquote) gesammelt. Auch hier zeigte sich, dass die Lebensbed<strong>in</strong>gungen umso<br />

besser wurden, je größer die Distanz <strong>von</strong> der Stadtmitte wurde. Auf Basis ihrer Erkenntnisse<br />

formulierten die Autoren die Theorie der sozialen Desorganisation, nach der schlechte strukturelle<br />

Voraussetzungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Stadtteil die Entwicklung sozialer B<strong>in</strong>dungen <strong>und</strong> sozialer<br />

Kontrolle erschweren.<br />

Nachfolgende Studien konnten die Überlegungen <strong>und</strong> Bef<strong>und</strong>e <strong>von</strong> Shaw <strong>und</strong> McKay weiter<br />

systematisieren. Sampson et al. (1997) entwickelten bspw. das Konzept der kollektiven Wirksamkeit<br />

(„collective efficacy“), welches sich auf die Fähigkeit <strong>von</strong> Stadtteilbewohnern bezieht,<br />

geme<strong>in</strong>same Werte zu etablieren <strong>und</strong> diese durch e<strong>in</strong>e effektive Sozialkontrolle aufrechtzuerhalten.<br />

E<strong>in</strong> wichtiger Bestandteil der Wirksamkeit ist die soziale Kohäsion, die das<br />

gegenseitige Vertrauen <strong>und</strong> den Zusammenhalt der Bewohner e<strong>in</strong>es Stadtteils beschreibt. Je<br />

höher die soziale Kohäsion <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Nachbarschaft ist, umso wahrsche<strong>in</strong>licher ist es, dass das<br />

Verhalten <strong>von</strong> <strong>Jugendliche</strong>n beaufsichtigt <strong>und</strong> kontrolliert wird, dass bei abweichenden Verhalten<br />

e<strong>in</strong>gegriffen wird <strong>und</strong> dass dadurch die <strong>Gewalt</strong>bereitschaft gesenkt wird.<br />

Diese Annahmen gelten nicht nur für US-amerikanische Großstädte; auch <strong>in</strong> Untersuchungen<br />

aus Deutschland zeigten sich die erwarteten Zusammenhänge. So berichtet Oberwittler (2004)<br />

auf Basis e<strong>in</strong>er Schülerbefragung <strong>in</strong> Freiburg <strong>und</strong> Köln, dass mit der steigenden sozialen Be-<br />

Christ: religiös<br />

18,8<br />

Christ: sehr<br />

religiös<br />

55


nachteiligung <strong>von</strong> Stadtteilen (erfasst über die Sozialhilfequote der unter 18jährigen) e<strong>in</strong>e<br />

erhöhte <strong>Gewalt</strong>bereitschaft der <strong>Jugendliche</strong>n e<strong>in</strong>her geht. E<strong>in</strong> stärkerer sozialer Zusammenhalt<br />

h<strong>in</strong>gegen senkt die <strong>Gewalt</strong>bereitschaft. Beide Faktoren (Benachteiligung <strong>und</strong> Zusammenhalt)<br />

stehen dabei <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em engen Zusammenhang. Rabold <strong>und</strong> <strong>Baier</strong> (2009) belegen anhand e<strong>in</strong>er<br />

Schülerbefragung <strong>in</strong> Hannover, dass sich die Stadtteile h<strong>in</strong>sichtlich ihres <strong>Gewalt</strong>niveaus signifikant<br />

<strong>von</strong>e<strong>in</strong>ander unterscheiden. Je höher dabei der Anteil an Akademikereltern im Stadtteil<br />

ausfällt, umso seltener üben die <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Gewalt</strong>verhalten aus.<br />

Auch <strong>in</strong> der Schülerbefragung <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> wurde e<strong>in</strong> Faktor erfasst, der die Situation im<br />

Stadtteil beschreibt: die soziale Kohäsion. Damit können wir die Frage untersuchen, <strong>in</strong>wieweit<br />

die Wahrnehmung e<strong>in</strong>es ger<strong>in</strong>gen Zusammenhalts <strong>in</strong> der Nachbarschaft dazu motiviert,<br />

<strong>Gewalt</strong>verhalten zu zeigen bzw. <strong>Gewalt</strong>verhalten zu unterlassen. Den <strong>Jugendliche</strong>n wurden<br />

zur Erfassung der sozialen Kohäsion fünf Aussagen zur Bewertung vorgelegt (Tabelle 3.9),<br />

wobei die Me<strong>in</strong>ungen <strong>von</strong> „1 – stimmt nicht“ bis „4 – stimmt genau“ abgestuft werden konnten.<br />

Zwei Aussagen stellen Umkehritems dar, bei denen e<strong>in</strong>e hohe Zustimmung für e<strong>in</strong>e niedrig<br />

e<strong>in</strong>geschätzte Kohäsion steht. In der Skalenbildung wurden diese Items entsprechend<br />

umkodiert berücksichtigt. Die Mittelwerte der E<strong>in</strong>zelaussagen zeigen, dass besonders häufig<br />

den Aussagen zugestimmt wurde, dass sich die Leute gut kennen <strong>und</strong> dass es nicht häufig<br />

Konflikte zwischen den Nachbarn gibt; die Aussage, dass man den Leuten <strong>in</strong> der Nachbarschaft<br />

vertrauen kann, erhielt die niedrigste Zustimmung. Der Gesamtmittelwert <strong>von</strong> 2,96<br />

liegt über den theoretischen Mittelwert <strong>von</strong> 2,5; <strong>Jugendliche</strong> nehmen <strong>als</strong>o eher e<strong>in</strong>en Zusammenhalt<br />

<strong>als</strong> Konflikte <strong>in</strong> der Nachbarschaft wahr.<br />

Tabelle 3.9: Soziale Kohäsion (Mittelwerte; gewichtete Daten)<br />

Die Leute <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Nachbarschaft helfen sich gegenseitig.<br />

Mittelwert<br />

2.78<br />

Die Leute hier haben nichts geme<strong>in</strong>sam. (-) 2.90<br />

Man kann den Leuten <strong>in</strong> der Nachbarschaft vertrauen. 2.72<br />

Hier gibt es häufiger Konflikte zwischen den Nachbarn. (-) 3.32<br />

In me<strong>in</strong>er Nachbarschaft kennen sich die Leute gut. 3.04<br />

Skala 2.96<br />

Cronbachs Alpha (stand.)<br />

(-) = Umkehritem; der zugehörige Mittelwert bezieht sich auf das umkodierte Item<br />

.77<br />

Männliche <strong>Jugendliche</strong> äußern sich signifikant positiver <strong>als</strong> weibliche <strong>Jugendliche</strong> über ihre<br />

Nachbarschaft. Der Mittelwert auf der Skala „soziale Kohäsion“ beträgt bei den Jungen 3,03,<br />

bei den Mädchen 2,89. Nichtdeutsche <strong>Jugendliche</strong> nehmen e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere soziale Kohäsion<br />

wahr <strong>als</strong> deutsche <strong>Jugendliche</strong> (2,82 zu 3,03). Die italienischen <strong>Jugendliche</strong>n me<strong>in</strong>ten am seltensten,<br />

dass es e<strong>in</strong>en sozialen Zusammenhalt <strong>in</strong> der Nachbarschaft gibt. Die niedrigeren Werte<br />

der <strong>Jugendliche</strong>n mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> dürften Ergebnis da<strong>von</strong> se<strong>in</strong>, dass sie häufiger<br />

<strong>in</strong> sozial schlechter gestellten Stadtteilen leben. Der niedrigere Wert der Mädchen kann allerd<strong>in</strong>gs<br />

nicht damit begründet werden, dass sie systematisch häufiger <strong>in</strong> schlechter gestellten<br />

Stadtteilen aufwachsen. Höchstwahrsche<strong>in</strong>lich äußert sich <strong>in</strong> diesem Ergebnis e<strong>in</strong>e andere<br />

Anspruchs- bzw. Erwartungshaltung der Mädchen, was e<strong>in</strong>en guten sozialen Zusammenhalt<br />

betrifft.<br />

Signifikante Unterschiede ergeben sich auch im Vergleich der verschiedenen Stadtteile<br />

<strong>Wolfsburg</strong>s (Abbildung 3.14). Im Stadtteil Brackstedt-Velstove-Warmenau wird <strong>von</strong> den <strong>Jugendliche</strong>n<br />

der höchste Zusammenhalt wahrgenommen, <strong>in</strong> den Stadtteilen Detmerode <strong>und</strong><br />

56


Westhagen der niedrigste. Werden die Mittelwerte <strong>in</strong> Prozentzahlen übersetzt 16 , so gehen im<br />

Stadtteil Brackstedt-Velstove-Warmenau 96,8 % der Befragten <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em hohen Zusammenhalt<br />

aus, <strong>in</strong> Detmerode s<strong>in</strong>d es h<strong>in</strong>gegen nur 65,9 %, <strong>in</strong> Westhagen nur 56,8 %. Auch die<br />

Stadttmitte weist e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>gen Anteil an <strong>Jugendliche</strong>n auf, die e<strong>in</strong>en hohen Zusammenhalt<br />

berichten (61,4 %).<br />

Abbildung 3.14: Soziale Kohäsion nach Stadtteil (Mittelwerte; gewichtete Daten)<br />

Brackstedt-Velstove-Warmenau<br />

Hehl<strong>in</strong>gen<br />

Barnsdorf-Nordsteimke<br />

Ehmen-Mörse<br />

Fallersleben-Süllfeld<br />

Hattorf-Heiligendorf<br />

Vorsfelde<br />

Kästorf-Sandkamp<br />

Neuhaus-Reisl<strong>in</strong>gen<br />

Mitte-West<br />

Nordstadt<br />

Wendschott<br />

Stadtmitte<br />

Detmerode<br />

Westhagen<br />

1,00 1,50 2,00 2,50 3,00 3,50 4,00<br />

Zwischen der e<strong>in</strong>geschätzten sozialen Kohäsion <strong>und</strong> dem <strong>Gewalt</strong>verhalten gibt es ke<strong>in</strong>en signifikanten<br />

Zusammenhang. Zwar gilt tendenziell, dass mit höherer Kohäsion e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>geres<br />

<strong>Gewalt</strong>verhalten e<strong>in</strong>her geht. Die verschiedenen Befragtengruppen unterscheiden sich aber<br />

nur ger<strong>in</strong>gfügig <strong>von</strong>e<strong>in</strong>ander: <strong>Jugendliche</strong>, die e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge soziale Kohäsion wahrnehmen,<br />

haben zu 12,0 % m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal <strong>Gewalt</strong>verhalten <strong>in</strong> den letzten zwölf Monaten gezeigt,<br />

<strong>Jugendliche</strong>, die e<strong>in</strong>en hohen Zusammenhang wahrnehmen, zu 11,3 %. Auch für andere del<strong>in</strong>quente<br />

Verhaltensweisen zeigt sich nicht, dass die e<strong>in</strong>geschätzte Kohäsion e<strong>in</strong> wichtiger<br />

E<strong>in</strong>flussfaktor wäre.<br />

Fre<strong>und</strong>schaftsbeziehungen<br />

Die Jugendphase ist e<strong>in</strong>e Phase des Übergangs, <strong>in</strong> der <strong>von</strong> den <strong>Jugendliche</strong>n umfangreiche<br />

Qualifizierungsleistungen erwartet werden, d.h. die <strong>Jugendliche</strong>n bereiten sich auf die spätere<br />

Erwerbstätigkeit vor. In den letzten Jahrzehnten ist diese Phase durchschnittlich aber immer<br />

länger geworden, so dass sie nicht mehr nur e<strong>in</strong>en Übergang markiert, sondern zugleich e<strong>in</strong>e<br />

Phase mit eigenem Stellenwert darstellt. In dieser Phase geht es darum, e<strong>in</strong>e eigene Identität<br />

zu entwickeln. Das Elternhaus spielt dabei e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle, da die Ablösung vom<br />

16 Hierzu wurden die Personen mit Mittelwerten zwischen 1 <strong>und</strong> 2,5 <strong>in</strong> der Gruppe „niedriger wahrgenommener<br />

Zusammenhalt“ <strong>und</strong> die Personen mit Mittelwerten über 2,5 <strong>in</strong> der Gruppe „hoher Zusammenhalt“<br />

zusammengefasst.<br />

2,73<br />

2,69<br />

2,68<br />

2,82<br />

2,78<br />

2,93<br />

2,92<br />

2,92<br />

2,87<br />

3,01<br />

3,00<br />

3,18<br />

3,17<br />

3,26<br />

3,40<br />

57


Elternhaus e<strong>in</strong> wichtiger Entwicklungsschritt ist. Stattdessen wird die Gruppe der Gleichaltrigen<br />

immer wichtiger. <strong>Jugendliche</strong> verbr<strong>in</strong>gen <strong>in</strong>nerhalb <strong>und</strong> außerhalb der Schule e<strong>in</strong>en Großteil<br />

ihrer Zeit mit den Gleichaltrigen, so dass es nicht verw<strong>und</strong>ern kann, dass aus wissenschaftlicher<br />

Perspektive den Fre<strong>und</strong>en e<strong>in</strong> großer E<strong>in</strong>fluss auf die Entwicklung <strong>von</strong> <strong>Jugendliche</strong>n<br />

zugeschrieben wird.<br />

Auch die krim<strong>in</strong>ologische Forschung hat den E<strong>in</strong>fluss der Fre<strong>und</strong>e bereits recht früh erkannt.<br />

Die Theorie der differenziellen Assoziation (Sutherland 1968) vermutet bspw., dass jede<br />

Form des Verhaltens, d.h. auch das del<strong>in</strong>quente Verhalten, <strong>in</strong> Interaktion mit Anderen gelernt<br />

wird. Beobachtet e<strong>in</strong> <strong>Jugendliche</strong>r andere Personen dabei, wie sie sich del<strong>in</strong>quent verhalten<br />

<strong>und</strong> dass dieses Verhalten erfolgreich ist, dann erhöht dies se<strong>in</strong>e Bereitschaft, sich selbst entsprechend<br />

zu verhalten. Der Bef<strong>und</strong>, dass die Bekanntschaft mit del<strong>in</strong>quenten Fre<strong>und</strong>en<br />

nachweisbar die eigene Del<strong>in</strong>quenzbereitschaft erhöht, gehört mittlerweile zu e<strong>in</strong>em der am<br />

besten gesicherten Bef<strong>und</strong>e der empirischen Forschung (vgl. für e<strong>in</strong>en Überblick <strong>Baier</strong> et al.<br />

2010b).<br />

Um den Kontakt zu del<strong>in</strong>quenten Fre<strong>und</strong>en zu erheben, haben wir die <strong>Jugendliche</strong>n gefragt,<br />

wie viele Fre<strong>und</strong>e sie kennen, die <strong>in</strong> den letzten zwölf Monaten verschiedene abweichende<br />

Verhaltensweisen gezeigt haben. In Tabelle 3.10 ist aufgeführt, wie häufig die <strong>Jugendliche</strong>n<br />

<strong>Wolfsburg</strong>s entsprechende Fre<strong>und</strong>schaften berichtet haben. Die meisten <strong>Jugendliche</strong>n kennen<br />

dabei m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>en Fre<strong>und</strong>, der den Unterricht für m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>en Tag geschwänzt hat:<br />

Nur 30,7 % gaben an, null solcher Fre<strong>und</strong>e zu haben, immerh<strong>in</strong> 12,7 % haben über fünf solcher<br />

Fre<strong>und</strong>e. Am zweithäufigsten s<strong>in</strong>d Kontakte zu Fre<strong>und</strong>en, die Körperverletzungen oder<br />

Ladendiebstähle begangen haben. Hier s<strong>in</strong>d es etwa die Hälfte der Befragten, die m<strong>in</strong>destens<br />

e<strong>in</strong>en Fre<strong>und</strong> kennen, der so etwas getan hat. Seltener s<strong>in</strong>d Bekanntschaften mit Personen, die<br />

mit Drogen handeln oder Raubtaten begehen. Gleichwohl s<strong>in</strong>d es immerh<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Viertel der<br />

<strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s, die entsprechende Kontakte berichten.<br />

Tabelle 3.10: Del<strong>in</strong>quente Fre<strong>und</strong>e (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

Anzahl Fre<strong>und</strong>e, die ...<br />

0 1 bis 2<br />

Fre<strong>und</strong>e Fre<strong>und</strong>/e<br />

3 bis 5<br />

Fre<strong>und</strong>e<br />

über 5<br />

Fre<strong>und</strong>e<br />

den Unterricht für m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>en Tag geschwänzt haben. 30,7 39,0 17,6 12,7<br />

e<strong>in</strong>en anderen Menschen geschlagen <strong>und</strong> verletzt haben. 47,3 31,8 13,0 8,0<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Laden etwas gestohlen haben. 55,0 29,5 9,5 5,9<br />

absichtlich Fenster, Telefonzellen, Straßenlampen oder ähnliche<br />

D<strong>in</strong>ge beschädigt haben.<br />

66,4 19,7 8,3 5,5<br />

Drogen (Haschisch, Ecstasy usw.) an andere verkauft haben. 73,0 16,0 6,4 4,6<br />

jemandem mit <strong>Gewalt</strong> etwas weggenommen haben. 77,0 15,5 4,8 2,7<br />

Für die so erfassten Kontakte zu del<strong>in</strong>quenten Fre<strong>und</strong>en ist es möglich, e<strong>in</strong>en Vergleich zum<br />

B<strong>und</strong>esgebiet zu ziehen. Hierzu haben wir den Maximalwert zu den berichteten Fre<strong>und</strong>en<br />

kodiert, wobei schwänzende Fre<strong>und</strong>e nicht berücksichtigt wurden, da es sich bei diesem Verhalten<br />

nicht um del<strong>in</strong>quentes Verhalten handelt. Den Maximalwert zu kodieren bedeutet, dass<br />

e<strong>in</strong> <strong>Jugendliche</strong>r, der drei Fre<strong>und</strong>e hat, die e<strong>in</strong>en Ladendiebstahl begangen haben, der sonst<br />

aber ke<strong>in</strong>e weiteren del<strong>in</strong>quenten Fre<strong>und</strong>schaftskontakte berichtet, mit dem Wert zum Ladendiebstahl<br />

<strong>in</strong> die Auswertungen e<strong>in</strong>geht. Die Auswertungen <strong>in</strong> Abbildung 3.15 belegen, dass<br />

<strong>Jugendliche</strong> <strong>Wolfsburg</strong>s etwas häufiger Kontakte zu del<strong>in</strong>quenten Fre<strong>und</strong>en besitzen <strong>als</strong> <strong>Jugendliche</strong><br />

aus dem B<strong>und</strong>. Dies überrascht, da sich bei den del<strong>in</strong>quenten Verhaltensweisen<br />

ke<strong>in</strong>e überdurchschnittliche Belastung der <strong>Wolfsburg</strong>er <strong>Jugendliche</strong>n gezeigt hat. Möglicher-<br />

58


weise ist <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> der Zusammenhang zwischen der Bekanntheit mit Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> dem<br />

eigenen <strong>Gewalt</strong>verhalten weniger eng. Die e<strong>in</strong>zelnen Stadtteile <strong>Wolfsburg</strong>s unterscheiden sich<br />

signifikant im Anteil an <strong>Jugendliche</strong>n, die Kontakt zu del<strong>in</strong>quenten Fre<strong>und</strong>en haben. Besonders<br />

hoch fällt dieser im Stadtteil Wendschott aus, um e<strong>in</strong>iges niedriger <strong>in</strong> den Stadtteilen<br />

Detmerode <strong>und</strong> Hattorf-Heiligendorf.<br />

Abbildung 3.15: Del<strong>in</strong>quente Fre<strong>und</strong>e nach Gebiet (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

<strong>Wolfsburg</strong><br />

B<strong>und</strong> (West)<br />

Hattorf-Heiligendorf<br />

Detmerode<br />

Fallersleben-Süllfeld<br />

Westhagen<br />

Hehl<strong>in</strong>gen<br />

Barnsdorf-Nordsteimke<br />

Stadtmitte<br />

Brackstedt-Velstove-Warmenau<br />

Kästorf-Sandkamp<br />

Mitte-West<br />

Ehmen-Mörse<br />

Nordstadt<br />

Neuhaus-Reisl<strong>in</strong>gen<br />

Vorsfelde<br />

Wendschott<br />

37,2<br />

46,3<br />

50,4<br />

46,9<br />

51,9<br />

52,4<br />

48,8<br />

53,1<br />

53,0<br />

53,6<br />

50,0<br />

54,8<br />

54,5<br />

57,8<br />

57,5<br />

55,6<br />

69,4<br />

18,6<br />

0,0 10,0 20,0 30,0 40,0 50,0 60,0 70,0 80,0 90,0<br />

0,0<br />

14,7<br />

14,8<br />

14,3<br />

9,5<br />

16,3<br />

15,9<br />

14,5<br />

12,9<br />

13,6<br />

1 bis 5 Fre<strong>und</strong>e über 5 Fre<strong>und</strong>e<br />

Auch h<strong>in</strong>sichtlich dieses Indikators bestätigt sich, dass Jungen häufiger Kontakte zu del<strong>in</strong>quenten<br />

Fre<strong>und</strong>en aufrecht erhalten <strong>als</strong> Mädchen: Über fünf del<strong>in</strong>quente Fre<strong>und</strong>e haben 21,4<br />

% der männlichen, aber nur 10,2 % der weiblichen Befragten. Gleichfalls höhere Quoten berichten<br />

die Schüler aus Förder- <strong>und</strong> Hauptschulen (20,5 % mehr <strong>als</strong> fünf del<strong>in</strong>quente Fre<strong>und</strong>e)<br />

sowie aus Gesamtschulen (20,5 %); niedrigere Quoten berichten die Gymnasiasten (11,7 %).<br />

Nichtdeutsche <strong>Jugendliche</strong> haben <strong>in</strong>sbesondere häufiger Kontakt zu mehr <strong>als</strong> fünf del<strong>in</strong>quenten<br />

Fre<strong>und</strong>en (20,5 %; deutsche <strong>Jugendliche</strong>: 13,7 %). Mit Ausnahme der italienischen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

(16,7 %) s<strong>in</strong>d dabei für alle Gruppen nichtdeutscher <strong>Jugendliche</strong>r die Quoten erhöht.<br />

Der Zusammenhang zwischen der Bekanntschaft mit del<strong>in</strong>quenten Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> dem eigenen<br />

<strong>Gewalt</strong>verhalten ist sehr eng, wie Abbildung 3.16 veranschaulicht: Während <strong>von</strong> den Befragten<br />

ohne Kontakt zu del<strong>in</strong>quenten Fre<strong>und</strong>en nur 1,4 % m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e <strong>Gewalt</strong>tat <strong>in</strong> den letzten<br />

zwölf Monaten begangen haben, s<strong>in</strong>d es <strong>von</strong> den Befragten mit über fünf Bekanntschaften<br />

35,0 %. Das Verhalten der Fre<strong>und</strong>e ist <strong>als</strong>o für <strong>Jugendliche</strong> hoch relevant, wenn es um die<br />

Entscheidung geht, selbst del<strong>in</strong>quente Taten auszuführen oder nicht. Der Vergleich mit dem<br />

17,9<br />

14,1<br />

15,0<br />

19,8<br />

34,4<br />

13,0<br />

59


B<strong>und</strong> bestätigt zudem die These, dass der Zusammenhang <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> etwas schwächer ausfällt<br />

<strong>als</strong> b<strong>und</strong>esweit. Der Anteil an <strong>Gewalt</strong>tätern unter denjenigen <strong>Jugendliche</strong>n mit mehr <strong>als</strong><br />

fünf del<strong>in</strong>quenten Fre<strong>und</strong>en liegt im B<strong>und</strong> mit 44,3 % um fast zehn Prozentpunkte höher.<br />

Weil der Zusammenhang <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> etwas schwächer ist, wirkt sich die erhöhte Kontaktquote<br />

hier nicht negativ auf die <strong>Gewalt</strong>-Prävalenzraten aus. Welche Faktoren dafür verantwortlich<br />

s<strong>in</strong>d, dass der Zusammenhang <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> schwächer ist, kann allerd<strong>in</strong>gs mit den<br />

vorliegenden Daten nicht beantwortet werden.<br />

Abbildung 3.16: <strong>Gewalt</strong>verhalten nach Bekanntschaft mit del<strong>in</strong>quenten Fre<strong>und</strong>en (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

60<br />

50,0<br />

45,0<br />

40,0<br />

35,0<br />

30,0<br />

25,0<br />

20,0<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

Schulumwelt<br />

1,4<br />

10,3<br />

35,0<br />

ke<strong>in</strong>e Fre<strong>und</strong>e 1 bis 5 Fre<strong>und</strong>e über 5 Fre<strong>und</strong>e ke<strong>in</strong>e Fre<strong>und</strong>e 1 bis 5 Fre<strong>und</strong>e über 5 Fre<strong>und</strong>e<br />

2,6<br />

12,8<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West)<br />

Die besondere Rolle der Schule im Leben <strong>von</strong> K<strong>in</strong>dern <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n wurde bereits angesprochen.<br />

An dieser Stelle wollen wir etwas <strong>in</strong>tensiver beleuchten, welche schulischen Faktoren<br />

die <strong>Gewalt</strong>entstehung begünstigen oder ihr entgegenwirken können. Unser Fragebogen<br />

erfasst recht ausführlich die schulischen Gegebenheiten bzw. die persönlichen E<strong>in</strong>stellungen<br />

zur Schule.<br />

Als e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>flussfaktor des <strong>Gewalt</strong>verhaltens werden die Schulleistungen betrachtet. Schlechte<br />

Schulleistungen stehen für Misserfolgserlebnisse, die dazu motivieren können, <strong>in</strong> anderen<br />

Bereichen Anerkennung zu suchen. Der <strong>Gewalt</strong>e<strong>in</strong>satz kann e<strong>in</strong> Mittel se<strong>in</strong>, sich Anerkennung<br />

<strong>und</strong> Respekt zu verschaffen. Gemessen wurden die Schulleistungen der Schüler über die<br />

letzten Zeugnisnoten <strong>in</strong> den Fächern Deutsch, Mathematik, Geschichte <strong>und</strong> Sport (vgl. Tabelle<br />

3.11). Im Vergleich mit dem B<strong>und</strong> ergeben sich für <strong>Wolfsburg</strong> durchschnittliche Noten; nur<br />

im Fach Mathematik fallen diese etwas besser aus. Die männlichen <strong>Jugendliche</strong>n aus<br />

<strong>Wolfsburg</strong> berichten signifikant schlechtere Deutsch-, dafür bessere Geschichts- <strong>und</strong> Sportnoten.<br />

Da die Sportnote recht wenig über das Leistungsniveau e<strong>in</strong>es Schülers aussagt, haben wir<br />

nur aus den drei Zeugnisnoten Deutsch, Mathematik <strong>und</strong> Geschichte e<strong>in</strong>en Mittelwert berechnet,<br />

der das Leistungsniveau e<strong>in</strong>es Schülers repräsentieren soll. Mädchen weisen mit e<strong>in</strong>em<br />

Mittelwert <strong>von</strong> 2,98 e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gfügig besseres Niveau auf <strong>als</strong> Jungen (3,02).<br />

44,3


Tabelle 3.11: Schulleistungen (Mittelwerte; gewichtete Daten)<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West) Jungen Mädchen<br />

Deutsch 3.04 3.05 3.21 2.87<br />

Mathematik 3.06 3.14 3.00 3.11<br />

Sport 2.16 2.17 2.01 2.31<br />

Geschichte 2.91 2.89 2.84 2.97<br />

Skala (ohne Sport) 3.00 3.03 3.02 2.98<br />

Cronbachs Alpha (stand.) .69 .65 .75<br />

fett: Unterschiede signifikant bei p < .05<br />

Wenn sich die Durchschnittsnoten beider Geschlechter so ähneln: Gibt es dann <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong><br />

ke<strong>in</strong>e 'Leistungskrise der Jungen'? Aus den Durchschnittsnoten sollte e<strong>in</strong>e solche Folgerung<br />

nicht gezogen werden, da zu beachten ist, dass die <strong>Jugendliche</strong>n zum Zeitpunkt der neunten<br />

Klasse bereits ihrem Leistungsniveau entsprechend e<strong>in</strong>er Schulform zugewiesen worden s<strong>in</strong>d.<br />

Entscheidender <strong>als</strong> die Noten ist deshalb, wie sich die Geschlechter auf die Schulformen verteilen<br />

<strong>und</strong> wie häufig sie bereits Sitzengeblieben s<strong>in</strong>d. Bei diesen beiden Indikatoren zeigt<br />

sich dann sehr wohl e<strong>in</strong>e Leistungskrise der Jungen. So s<strong>in</strong>d 30,5 % der Jungen, aber nur 22,7<br />

% der Mädchen <strong>Wolfsburg</strong>s <strong>in</strong> ihrer bisherigen Schulkarriere m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal sitzen geblieben.<br />

Die Diskrepanz zwischen den Geschlechtern fällt sogar noch höher aus <strong>als</strong> im B<strong>und</strong>esgebiet<br />

(27,2 zu 21,7 %). E<strong>in</strong> Abitur streben <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> nur 42,8 % der Jungen, aber 50,9<br />

% der Mädchen an (Abbildung 3.17). Im B<strong>und</strong> f<strong>in</strong>det sich auf e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>geren Niveau e<strong>in</strong>e<br />

vergleichbare Geschlechterdifferenz. Zudem gilt, dass <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> Jungen 1,5mal so häufig<br />

wie Mädchen e<strong>in</strong>en Förder- oder Hauptschulabschluss ablegen werden.<br />

Abbildung 3.17: Angestrebter Schulabschluss nach Geschlecht (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

42,8<br />

33,2<br />

24,1<br />

50,9<br />

33,0<br />

16,2<br />

29,9<br />

32,6<br />

37,4<br />

36,7<br />

33,2<br />

30,1<br />

Jungen Mädchen Jungen Mädchen<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West)<br />

Abitur<br />

Re<strong>als</strong>chulabschluss<br />

Förder-/Hauptschulabschluss<br />

Für das Zurechtkommen <strong>in</strong> der Schule (<strong>und</strong> damit u.a. für das Vorbeugen <strong>von</strong><br />

Misserfolgserlebnissen) können neben den Leistungen noch weitere Faktoren verantwortlich<br />

gemacht werden. Wir haben daher die Schüler gebeten, vier verschiedene E<strong>in</strong>schätzungen zu<br />

ihrer Schule abzugeben, wobei die Antwortoptionen <strong>von</strong> „1 – stimmt nicht“ bis „4 – stimmt<br />

genau“ zur Verfügung standen. Aus den E<strong>in</strong>zelaussagen haben wir vier Mittelwertsskalen<br />

gebildet (Tabelle 3.12):<br />

1. Schulb<strong>in</strong>dung: Diese gibt an, wie wohl sich Schüler <strong>in</strong> der Schule fühlen. Der Gesamtmittelwert<br />

<strong>von</strong> 2,69 verdeutlicht, dass etwas mehr <strong>als</strong> die Hälfte der Befragten e<strong>in</strong>e<br />

überdurchschnittliche, etwas weniger <strong>als</strong> die Hälfte e<strong>in</strong>e unterdurchschnittliche<br />

B<strong>in</strong>dung aufweisen.<br />

61


62<br />

2. Schulgewaltniveau: E<strong>in</strong>zuschätzen war, ob es an der Schule <strong>Gewalt</strong>, Streit oder Ärger<br />

gibt. Der Aussage zum Streit <strong>und</strong> Ärger wurde deutlich häufiger zugestimmt.<br />

3. Interventionsbereitschaft: Das Verhalten der Lehrkräfte bei <strong>Gewalt</strong>vorfällen wurde<br />

ebenfalls mittels zweier Aussagen erfragt. E<strong>in</strong>e Aussage stellt e<strong>in</strong> Umkehritem dar.<br />

Der Gesamtmittelwert <strong>von</strong> 3,26 bedeutet, dass die Mehrheit der Schüler den Lehrern<br />

attestierte, bei <strong>Gewalt</strong>vorfällen e<strong>in</strong>zugreifen.<br />

4. Integration: Wie sich die Schüler sozial an ihre Klasse geb<strong>und</strong>en fühlen, wurde mittels<br />

zwei Items zur Beliebtheit <strong>und</strong> zu Fre<strong>und</strong>schaften erfragt. Vor allem die Aussage, dass<br />

man viele Fre<strong>und</strong>e <strong>in</strong> der Schule hat, erhielt dabei Zustimmung.<br />

Tabelle 3.12: Skalen der Schule<strong>in</strong>schätzung (Mittelwerte; gewichtete Daten)<br />

Schulb<strong>in</strong>dungSchulgewaltInterventionsbereitschaft<br />

Integration<br />

An me<strong>in</strong>er Schule gefällt es mir wirklich gut. 2.83<br />

Ich gehe gern zur Schule. 2.54<br />

An unserer Schule gibt es viel <strong>Gewalt</strong>. 1.97<br />

Bei mir <strong>in</strong> der Schule gibt es unter den Schülern oft<br />

Streit <strong>und</strong> Ärger.<br />

2.35<br />

Die meisten Lehrkräfte hier greifen e<strong>in</strong>, wenn es<br />

unter Schülern zu <strong>Gewalt</strong> kommt.<br />

3.14<br />

Die meisten Lehrkräfte hier gucken am liebsten weg,<br />

wenn es Schlägereien zwischen Schülern gibt. (-)<br />

3.37<br />

Bei me<strong>in</strong>en Mitschülern b<strong>in</strong> ich beliebt. 2.86<br />

Ich habe viele Fre<strong>und</strong>e <strong>in</strong> der Schule. 3.35<br />

Skala 2.69 2.16 3.26 3.11<br />

Pearson-Korrelation .52 .47 .45 .51<br />

(-) = Umkehritem, der zugehörige Mittelwert bezieht sich auf das umkodierte Item<br />

Im Vergleich mit dem B<strong>und</strong>esgebiet ergeben sich für <strong>Wolfsburg</strong> ke<strong>in</strong>e Besonderheiten; die<br />

Mittelwerte liegen nur leicht über bzw. unter dem b<strong>und</strong>esdeutschen Schnitt (Tabelle 3.13).<br />

Deutlicher fallen Geschlechter- <strong>und</strong> Schulformunterschiede aus. Jungen fühlen sich demnach<br />

weniger stark an die Schule geb<strong>und</strong>en <strong>als</strong> Mädchen; zugleich nehmen sie auch e<strong>in</strong> höheres<br />

schulisches <strong>Gewalt</strong>niveau wahr. Für die verschiedenen Schülergruppen zeigt sich, dass Gesamtschüler<br />

am stärksten an die Schule geb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d, die niedrigste Schulgewalt wahrnehmen<br />

<strong>und</strong> sich auch am stärksten sozial <strong>in</strong>tegriert fühlen. An Förder- <strong>und</strong> Haupt- sowie Re<strong>als</strong>chulen<br />

herrscht das höchste e<strong>in</strong>geschätzte <strong>Gewalt</strong>klima; zugleich f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> Förder- <strong>und</strong><br />

Hauptschulen auch die stärkste Interventionsbereitschaft der Lehrkräfte. Geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> gilt die<br />

Interventionsbereitschaft <strong>als</strong> e<strong>in</strong> Faktor, der die <strong>Gewalt</strong>bereitschaft zu reduzieren hilft; an<br />

Förder- <strong>und</strong> Hauptschulen mag dieser Zusammenhang weniger eng se<strong>in</strong> <strong>als</strong> an anderen Schulen.<br />

Tabelle 3.13: Schule<strong>in</strong>schätzungen nach verschiedenen Gruppen (Mittelwerte; gewichtete Daten)<br />

Schulb<strong>in</strong>dung Schulgewalt<br />

Interventionsbereitschaft<br />

Integration<br />

<strong>Wolfsburg</strong> 2.69 2.16 3.26 3.11<br />

B<strong>und</strong> (West) 2.66 2.19 3.22 3.09<br />

Jungen 2.62 2.22 3.22 3.14<br />

Mädchen 2.78 2.10 3.30 3.07<br />

Förder-/Hauptschule 2.75 2.28 3.41 3.06<br />

Re<strong>als</strong>chule 2.63 2.30 3.22 3.04<br />

Gesamtschule 2.89 1.94 3.27 3.25<br />

Gymnasium<br />

fett: Unterschiede signifikant bei p < .05<br />

2.63 2.09 3.21 3.13


Zusätzlich sollten die <strong>Jugendliche</strong>n <strong>in</strong> der Schülerbefragung <strong>Wolfsburg</strong> noch angeben, ob sie<br />

schon e<strong>in</strong>mal an verschiedenen <strong>Gewalt</strong>präventionsprogrammen teilgenommen haben, die<br />

meist im Rahmen der Schule durchgeführt werden. Abbildung 3.18 stellt den Anteil an <strong>Jugendliche</strong>n<br />

dar, die e<strong>in</strong>e Teilnahme berichtet haben. Nur für e<strong>in</strong>e Maßnahme ist dabei e<strong>in</strong><br />

Vergleich mit dem B<strong>und</strong> möglich: Sowohl im B<strong>und</strong> <strong>als</strong> auch <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> wurde gefragt, ob<br />

schon e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Polizist <strong>in</strong> der Klasse gewesen ist, der darüber gesprochen hat, dass man <strong>als</strong><br />

<strong>Opfer</strong> e<strong>in</strong>er <strong>Gewalt</strong>tat Anzeige erstatten sollte. In <strong>Wolfsburg</strong> bejahten dies deutlich weniger<br />

Schüler <strong>als</strong> im B<strong>und</strong>esdurchschnitt (11,8 zu 33,7 %). Insofern sche<strong>in</strong>t es <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> e<strong>in</strong>e<br />

etwas ger<strong>in</strong>gere Zusammenarbeit <strong>von</strong> Schule <strong>und</strong> Polizei bzgl. der Durchführung <strong>von</strong> Unterrichtsmaßnahmen<br />

zu geben. Gleichwohl berichtete immerh<strong>in</strong> fast jeder vierte <strong>Jugendliche</strong>,<br />

dass e<strong>in</strong> Polizeibeamter schon e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> der Klasse über die <strong>Gewalt</strong>thematik oder die Sucht-<br />

/Alkoholproblematik referiert hat.<br />

Für andere Maßnahmen s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Vergleiche mit dem B<strong>und</strong> möglich. Die Teilnahmeraten<br />

können aber auch ohne solch e<strong>in</strong>en Vergleich <strong>als</strong> recht hoch e<strong>in</strong>gestuft werden. So gaben fast<br />

vier <strong>von</strong> fünf Schülern an, schon e<strong>in</strong>mal an e<strong>in</strong>em Unterricht zum Thema <strong>Gewalt</strong> teilgenommen<br />

zu haben. Über die Hälfte der Schüler (58,1 %) berichteten, dass sie e<strong>in</strong> Lernprogramm<br />

absolviert hätten, dass vermittelt, wie man mit Konflikten umgeht. Etwas hoch fällt der Anteil<br />

zur Teilnahme an Streitschlichtungsprogrammen aus. Die Teilnahme wurde im Fragebogen<br />

aber recht allgeme<strong>in</strong> formuliert („Ich habe anderen Schülern geholfen, e<strong>in</strong>en Streit zu schlichten“),<br />

weshalb hier nicht die Teilnahme an e<strong>in</strong>em förmlichen Programm erfasst wurde. Eher<br />

selten kommt es vor, dass man an Sportveranstaltungen oder Konzerten gegen <strong>Gewalt</strong> teilnimmt.<br />

Abbildung 3.18: Teilnahme an <strong>Gewalt</strong>prävention (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

33,7<br />

11,8<br />

Vortrag Polizist<br />

Anzeigeerstattung<br />

25,1 23,1<br />

Vortrag Polizist<br />

<strong>Gewalt</strong><br />

Vortrag Polizist<br />

Drogen/Alkohol<br />

Unterricht <strong>Gewalt</strong><br />

78,5<br />

Konflikttra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />

58,1<br />

46,9 44,9 42,4 42,2<br />

Selbstverteidigungstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />

Streitschlichter<br />

Mentor für jüngere<br />

Schüler<br />

Projektwoche<br />

<strong>Gewalt</strong><br />

34,8<br />

Theaterstück:<br />

Zuschauer<br />

Sportveranstaltungen<br />

14,2<br />

Konzert: Zuhörer<br />

10,7<br />

B<strong>und</strong> (West)<br />

<strong>Wolfsburg</strong><br />

Bezüglich der Teilnahme an den verschiedenen Maßnahmen existieren signifikante Schulformunterschiede.<br />

An Re<strong>als</strong>chulen werden bspw. häufiger <strong>als</strong> an den anderen Schulen Unterricht<br />

<strong>und</strong> Projektwochen zum <strong>Gewalt</strong>thema durchgeführt, an Gymnasien Konflikttra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs<br />

<strong>und</strong> Selbstverteidigungsprogramme, an Gesamtschulen Mentoren- <strong>und</strong> Streitschlichtungsprogramme.<br />

In der Schülerbefragung 2007/2008 konnte festgestellt werden, dass Vorträge <strong>von</strong> Polizeibeamten<br />

<strong>in</strong> der Schule e<strong>in</strong>en positiven E<strong>in</strong>fluss auf die E<strong>in</strong>stellungen der Schüler zur Polizei<br />

63


haben (<strong>Baier</strong> et al. 2010, S. 144ff); e<strong>in</strong> solcher Kontakt erhöht <strong>als</strong>o das Vertrauen der <strong>Jugendliche</strong>n<br />

<strong>in</strong> die Polizei. Die Frage, die sich daran anschließt, ist, ob die <strong>Wolfsburg</strong>er <strong>Jugendliche</strong>n<br />

aufgr<strong>und</strong> ihres selteneren Kontakts auch negativere E<strong>in</strong>stellungen zur Polizei aufrecht<br />

erhalten. Um diese Frage zu beantworten, wurden den <strong>Jugendliche</strong>n <strong>in</strong> der Schülerbefragung<br />

<strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> <strong>in</strong> vergleichbarer Weise wie <strong>in</strong> der b<strong>und</strong>esweiten Schülerbefragung folgende<br />

vier Aussagen zur Beantwortung vorgelegt. „Die Polizei sorgt bei uns für Sicherheit“, „Von<br />

den Polizisten wird man gerecht behandelt“, „Ich habe großes Vertrauen <strong>in</strong> die Polizei“ <strong>und</strong><br />

„Die Polizisten versuchen, auch den <strong>Opfer</strong>n <strong>von</strong> Straftaten zu helfen“. Auf Basis der Antworten<br />

kann ermittelt werden, dass <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> 66,2 % der <strong>Jugendliche</strong>n eher positive E<strong>in</strong>stellungen<br />

zur Polizei besitzen; darunter s<strong>in</strong>d 12,8 %, die sehr positiv der Polizei gegenüber e<strong>in</strong>gestellt<br />

s<strong>in</strong>d. Diese Werte liegen über dem b<strong>und</strong>esdeutschen Schnitt: In der Schülerbefragung<br />

2007/2008 hatten 62,3 % der Befragten positive E<strong>in</strong>stellungen zur Polizei (11,4 % sehr positive).<br />

Die <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s vertrauen mith<strong>in</strong> stärker der Polizei <strong>als</strong> die <strong>Jugendliche</strong>n<br />

b<strong>und</strong>esweit, die seltenere Vortragstätigkeit <strong>von</strong> Polizisten <strong>in</strong> Schulen wirkt sich <strong>in</strong>sofern nicht<br />

negativ auf das Gesamtniveau der Polizeie<strong>in</strong>stellungen aus. Auch für <strong>Wolfsburg</strong> bestätigt sich<br />

dabei, dass männliche Befragte signifikant negativer der Polizei gegenüber e<strong>in</strong>gestellt s<strong>in</strong>d <strong>als</strong><br />

weibliche Befragte. Gleiches gilt für Migrantenjugendliche, wobei polnische <strong>Jugendliche</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Jugendliche</strong> aus der ehem. SU am häufigsten negativ e<strong>in</strong>gestellt s<strong>in</strong>d.<br />

Für ke<strong>in</strong>es der untersuchten Präventionsprogramme ist <strong>in</strong> den Daten e<strong>in</strong> signifikanter Zusammenhang<br />

mit dem <strong>Gewalt</strong>verhalten feststellbar. E<strong>in</strong>zig beim Unterricht zum Thema <strong>Gewalt</strong><br />

deutet sich an, dass Schüler, die daran teilgenommen haben, seltener <strong>Gewalt</strong>verhalten <strong>in</strong> den<br />

letzten zwölf Monaten ausgeführt haben <strong>als</strong> Schüler, die nicht daran teilgenommen haben<br />

(10,7 zu 14,4 %). Gleichzeitig belegen die Bef<strong>und</strong>e aber auch, dass für ke<strong>in</strong>e Teilnahme kontra<strong>in</strong>tendierte<br />

Effekte festzustellen s<strong>in</strong>d, dass <strong>als</strong>o durch die Teilnahme die <strong>Gewalt</strong>bereitschaft<br />

steigt. Gr<strong>und</strong>sätzlich dürfen diese Ergebnisse ke<strong>in</strong>esfalls <strong>als</strong> e<strong>in</strong>e Evaluation der Programme<br />

verstanden werden. E<strong>in</strong>e solche Evaluation würde voraussetzen, dass systematisch Teilnehmer<br />

<strong>und</strong> Nicht-Teilnehmer verglichen werden, wobei bestenfalls sowohl vor <strong>als</strong> auch nach der<br />

Durchführung e<strong>in</strong>er Maßnahme e<strong>in</strong>e Erfassung des <strong>Gewalt</strong>verhaltens erfolgt. Die Bef<strong>und</strong>e<br />

stimmen weitestgehend mit Bef<strong>und</strong>en e<strong>in</strong>er anderen Schülerbefragung übere<strong>in</strong>, <strong>in</strong> der für e<strong>in</strong>e<br />

Reihe an Maßnahmen ebenfalls ke<strong>in</strong>e Beziehungen zum <strong>Gewalt</strong>verhalten festgestellt werden<br />

konnten (vgl. <strong>Baier</strong> et al. 2009, S. 133ff). Es lässt sich damit die Folgerung ableiten, dass <strong>Gewalt</strong>prävention<br />

e<strong>in</strong>e sehr anspruchsvolle Tätigkeit darstellt. E<strong>in</strong>malige, wenig <strong>in</strong>tensive Programme<br />

bzw. Programme, die sich nicht an evaluierte Vorgaben anlehnen, dürften kaum erfolgreich<br />

se<strong>in</strong>.<br />

Wie die anderen schulbezogenen Faktoren mit dem <strong>Gewalt</strong>verhalten zusammen hängen, kann<br />

Abbildung 3.19 entnommen werden. Dabei ergeben sich folgende Bef<strong>und</strong>e:<br />

- <strong>Jugendliche</strong> mit schlechteren Schulleistungen s<strong>in</strong>d etwas häufiger <strong>Gewalt</strong>täter. Der<br />

Zusammenhang ist allerd<strong>in</strong>gs eher schwach <strong>und</strong> wird nicht <strong>als</strong> signifikant ausgewiesen.<br />

- Wichtiger <strong>als</strong> die Schulleistungen s<strong>in</strong>d die schulbezogenen E<strong>in</strong>schätzungen. Hier zeigt<br />

sich, dass Schüler, die e<strong>in</strong>e starke B<strong>in</strong>dung an die Schule haben, e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>geren Risiko<br />

unterliegen, zum <strong>Gewalt</strong>täter zu werden. E<strong>in</strong> vergleichbarer Effekt ist für die<br />

Interventionsbereitschaft feststellbar: Lehrer, die den Schülern signalisieren, dass<br />

<strong>Gewalt</strong> an der Schule nicht toleriert wird, bee<strong>in</strong>flussen damit auch deren Verhalten<br />

außerhalb der Schule – <strong>in</strong>sofern e<strong>in</strong> großer Teil aller <strong>Gewalt</strong>handlungen außerhalb der<br />

64


Schule verübt. E<strong>in</strong> hohes schulisches <strong>Gewalt</strong>niveau hat e<strong>in</strong>en gegenläufigen Effekt:<br />

Wenn Schüler sehen, dass <strong>Gewalt</strong> an der Schule verübt wird (<strong>und</strong> ansche<strong>in</strong>end nicht<br />

resolut dagegen vorgegangen wird), dann verfestigt sich bei ihnen der E<strong>in</strong>druck, selbst<br />

zu <strong>Gewalt</strong> greifen zu dürfen – auch außerhalb der Schule. Damit wird der hohe<br />

sozialisatorische E<strong>in</strong>fluss, der der Schule oft zugeschrieben wird, empirisch belegt.<br />

Der letzte Bef<strong>und</strong> zu diesem Variablenkomplex besagt, dass Schüler, die sich <strong>als</strong> hoch<br />

<strong>in</strong>tegriert wahrnehmen, häufiger <strong>Gewalt</strong>täter s<strong>in</strong>d <strong>als</strong> Schüler mit ger<strong>in</strong>gerem Integrationsstatus.<br />

E<strong>in</strong>en vergleichbaren Bef<strong>und</strong> konnten wir bereits <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er früheren Befragung<br />

erzielen (vgl. <strong>Baier</strong> et al. 2006, S. 88f). E<strong>in</strong>e Erklärung hierfür könnte <strong>in</strong> der<br />

Umkehrung der Kausalitätsannahme gef<strong>und</strong>en werden: Nicht die Integration führt zur<br />

<strong>Gewalt</strong>täterschaft, sondern e<strong>in</strong>e höhere <strong>Gewalt</strong>bereitschaft hat e<strong>in</strong>e (verme<strong>in</strong>tlich) bessere<br />

Integration zur Folge. Die Mitschüler haben möglicherweise Angst davor, selbst<br />

aggressiven Handlungen ausgesetzt zu werden, weshalb sie der Person signalisieren,<br />

dass sie beliebt ist.<br />

Abbildung 3.19: <strong>Gewalt</strong>verhalten nach Schulfaktoren (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

30,0<br />

25,0<br />

20,0<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

8,9<br />

gut (1<br />

bis 2)<br />

12,0<br />

mittel<br />

(über 2<br />

10,3<br />

schlecht<br />

(über 4)<br />

ger<strong>in</strong>g<br />

16,6<br />

mittel<br />

10,3<br />

hoch<br />

7,6<br />

8,0<br />

14,8<br />

26,9<br />

17,6<br />

11,6<br />

Schulleistungen Schulb<strong>in</strong>dung Schulgewalt Interventionsbereitschaft<br />

ger<strong>in</strong>g<br />

mittel<br />

hoch<br />

ger<strong>in</strong>g<br />

mittel<br />

hoch<br />

10,4<br />

ger<strong>in</strong>g<br />

6,5<br />

mittel<br />

9,4<br />

Integration<br />

Zusammengefasst belegen die verschiedenen Analysen e<strong>in</strong>mal mehr, dass die <strong>Gewalt</strong>entstehung<br />

multifaktoriell bed<strong>in</strong>gt ist. Das elterliche Erziehungsverhalten ist ebenso e<strong>in</strong>flussreich<br />

wie verschiedene Persönlichkeitseigenschaften, die Bekanntschaft mit del<strong>in</strong>quenten Fre<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> schulbezogene Faktoren. Als eher weniger relevant müssen die Vere<strong>in</strong>smitgliedschaft,<br />

die Religionszugehörigkeit sowie nachbarschaftliche Merkmale e<strong>in</strong>gestuft werden. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

bedeutet dies nicht, dass diese Faktoren komplett irrelevant für die <strong>Gewalt</strong>entstehung wären:<br />

Studien können zeigen, dass es sich um distale Faktoren handeln kann, die zwar ke<strong>in</strong>en direkten<br />

E<strong>in</strong>fluss auf das del<strong>in</strong>quente Verhalten haben, dieses aber <strong>in</strong>direkt bed<strong>in</strong>gen, <strong>in</strong>dem sie die<br />

unmittelbaren (proximalen) Faktoren bee<strong>in</strong>flussen. Solche <strong>in</strong>direkten Verursachungszusammenhänge<br />

wurden hier nicht untersucht (vgl. hierfür z.B. <strong>Baier</strong> 2005). Dass mit den benannten<br />

E<strong>in</strong>flussfaktoren bei weitem nicht alle Ursachen des del<strong>in</strong>quenten Verhaltens benannt<br />

s<strong>in</strong>d, belegen die Auswertungen <strong>in</strong> den nachfolgenden Abschnitten. Diese können zeigen,<br />

dass zusätzlich der Drogenkonsum, das Schulschwänzen <strong>und</strong> der <strong>Gewalt</strong>medienkonsum mit<br />

dem gewalttätigen Verhalten <strong>in</strong> Beziehung stehen.<br />

hoch<br />

14,9<br />

65


Exkurs: <strong>Gewalt</strong> gegenüber Autoritäten<br />

Bislang standen <strong>Gewalt</strong>verhaltensweisen im Vordergr<strong>und</strong>, die <strong>Jugendliche</strong>n <strong>in</strong> der Schule<br />

oder <strong>in</strong> ihrer Freizeit ausüben. Die Schülerbefragung <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> wurde aber auch genutzt,<br />

um <strong>Gewalt</strong>verhalten zu untersuchen, das sich explizit gegen gesellschaftliche Autoritäten<br />

richtet. Dies erschien vor dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er ansteigenden Anzahl <strong>von</strong> Medienberichten<br />

notwendig, die sich dem Thema der <strong>Gewalt</strong> gegen Polizeibeamte, Lehrkräfte oder Bus- <strong>und</strong><br />

Straßenbahnfahrer widmen. In e<strong>in</strong>em Modul wurde deshalb <strong>in</strong> Bezug auf fünf Autoritäten<br />

(Mutter, Vater, Lehrkraft, Polizist, Bus-/Straßenbahnfahrer) erfragt, ob die Schüler folgende<br />

fünf Verhaltensweisen gezeigt haben:<br />

- beschimpft, beleidigt oder mit Worten gedroht,<br />

- hart angepackt oder gestoßen,<br />

- mit der Hand/der Faust geschlagen oder getreten,<br />

- mit Gegenstand geschlagen,<br />

- Sachen beschädigt oder zerstört.<br />

Bei der ersten Verhaltensweise soll nachfolgend <strong>von</strong> verbaler <strong>Gewalt</strong> gesprochen werden. Die<br />

folgenden drei Verhaltensweisen werden <strong>als</strong> physische <strong>Gewalt</strong> bezeichnet. Die Antworten<br />

wurden dabei zu e<strong>in</strong>em Maximal<strong>in</strong>dex zusammengefasst, d.h. sobald e<strong>in</strong> <strong>Jugendliche</strong>r angegeben<br />

hat, m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e der drei <strong>Gewalt</strong>formen ausgeführt zu haben, wird er <strong>als</strong> <strong>Täter</strong> physischer<br />

<strong>Gewalt</strong> e<strong>in</strong>gestuft. Die letzte <strong>Gewalt</strong>form (Sachbeschädigung) wird hier nicht weiter<br />

betrachtet, weil es sich um e<strong>in</strong> <strong>in</strong>direktes <strong>Gewalt</strong>verhalten handelt. Die <strong>Jugendliche</strong>n konnten<br />

die Häufigkeit der Ausübung auf e<strong>in</strong>er Skala <strong>von</strong> „1 – nie“ bis „5 – über 10 mal“ abstufen; es<br />

soll sich an dieser Stelle aber auf das Berichten <strong>von</strong> Prävalenzraten beschränkt werden, weil<br />

vor allem die physischen <strong>Gewalt</strong>verhaltensweisen eher selten ausgeführt werden.<br />

Abbildung 1 zeigt, dass die verbale <strong>Gewalt</strong> gegen Autoritäten die geläufigere ist. Innerhalb<br />

der letzten zwölf Monate haben sich 34,6 % der Befragten der Mutter gegenüber <strong>in</strong> dieser<br />

Weise verhalten, 24,5 % dem Vater gegenüber. Physische <strong>Gewalt</strong> hat jeweils etwa jeder<br />

zwanzigste Befragte der Mutter oder dem Vater gegenüber gezeigt. M<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Elternteil<br />

haben 38,9 % der Schüler beschimpft, 8,0 % der Schüler geschlagen. <strong>Gewalt</strong>tätig ausgetragene<br />

<strong>in</strong>nerfamiliäre Konflikte s<strong>in</strong>d <strong>als</strong>o ke<strong>in</strong>e Seltenheit.<br />

Abbildung 1: <strong>Gewalt</strong>verhalten gegenüber Autoritäten (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

34,6<br />

5,4<br />

24,5<br />

4,4<br />

38,9<br />

8,0<br />

verbal physisch verbal physisch verbal physisch verbal physisch verbal physisch verbal physisch<br />

Mutter Vater Eltern gesamt Lehrkraft Polizist Bus-/Straßenbahnfahrer<br />

12,1<br />

0,7<br />

9,2<br />

2,3<br />

15,5<br />

0,9<br />

67


Weit seltener wird sich anderen Autoritäten gegenüber gewalttätig verhalten. E<strong>in</strong>e Lehrkraft<br />

beschimpft haben 12,1 % der Befragten, e<strong>in</strong>en Polizisten 9,2 %. Verbale Aggressionen gegenüber<br />

Bus- <strong>und</strong> Straßenbahnfahrern kommen mit 15,5 % etwas häufiger vor. Physische<br />

<strong>Gewalt</strong> stellt h<strong>in</strong>gegen die absolute Ausnahme dar. Polizisten gegenüber s<strong>in</strong>d die <strong>Jugendliche</strong>n<br />

aber etwas gewaltbereiter <strong>als</strong> Lehrkräften oder Bus-/Straßenbahnfahrern gegenüber.<br />

Verbale <strong>und</strong> physische <strong>Gewalt</strong> gegenüber Eltern kommt häufiger vor <strong>als</strong> <strong>Gewalt</strong> gegenüber<br />

anderen Autoritäten. Wenn wir die Ausübung dieses Verhaltens für verschiedene<br />

Befragtengruppen vergleichen, dann erhalten wir das <strong>in</strong> Abbildung 2 präsentierte Bild. Überraschender<br />

Weise treten weibliche Befragte genauso häufig <strong>als</strong> <strong>Täter</strong> physischer <strong>Gewalt</strong> gegenüber<br />

den eigenen Eltern <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung wie männliche Befragte. Verbales <strong>Gewalt</strong>verhalten<br />

wird <strong>von</strong> den Mädchen sogar signifikant häufiger ausgeführt. Die jugendlichen Migranten<br />

unterscheiden sich <strong>in</strong> ihrem Verhalten nicht <strong>von</strong> den deutschen Befragten. Differenzierte<br />

Auswertungen zeigen aber, dass türkische <strong>Jugendliche</strong> am seltensten <strong>von</strong> verbalen <strong>und</strong> physischen<br />

Angriffen auf die eigenen Eltern berichten. Zum<strong>in</strong>dest verbale Angriffe werden <strong>von</strong><br />

Schülern aus Gymnasien genauso häufig ausgeführt wie <strong>von</strong> Schülern aus anderen Schulformen.<br />

Nur beim <strong>Gewalt</strong>verhalten ergeben sich signifikante Unterschiede zwischen den Schülergruppen,<br />

nach denen die Förder- <strong>und</strong> Hauptschüler häufiger körperliche <strong>Gewalt</strong> den Eltern<br />

gegenüber ausführen <strong>als</strong> Schüler aus anderen Schulformen.<br />

Abbildung 2: <strong>Gewalt</strong>verhalten gegenüber Eltern nach Befragtengruppen (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

68<br />

70,0<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

29,9<br />

Jungen<br />

7,0<br />

47,1<br />

Mädchen<br />

8,3<br />

40,0<br />

deutsch<br />

7,6<br />

36,6<br />

nichtdeutsch<br />

8,2<br />

36,5<br />

15,0<br />

Förder-/<br />

Hauptschule<br />

Eltern verbal Eltern physisch<br />

An dieser Stelle soll es nicht darum gehen, die Bed<strong>in</strong>gungsfaktoren des <strong>in</strong>nerfamiliären <strong>Gewalt</strong>verhaltens<br />

weiter zu untersuchen. Überraschend ist, dass sich die auch <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> gef<strong>und</strong>enen<br />

Unterschiede zwischen den Geschlechter-, Migranten- <strong>und</strong> Bildungsgruppen beim<br />

gewöhnlichen <strong>Gewalt</strong>verhalten mit Blick auf das <strong>in</strong>nerfamiliäre <strong>Gewalt</strong>verhalten nicht so klar<br />

bestätigen. Dies <strong>in</strong>diziert <strong>in</strong> jedem Fall weiteren Forschungsbedarf. Auf e<strong>in</strong>en Zusammenhang<br />

soll an dieser Stelle aber noch aufmerksam gemacht werden: Wenn Eltern ihre K<strong>in</strong>der gewalttätig<br />

behandeln, so ist es sehr viel wahrsche<strong>in</strong>licher, dass die K<strong>in</strong>der es ihren Eltern gleichtun.<br />

Von den <strong>Jugendliche</strong>n, die <strong>in</strong> den letzten zwölf Monaten ke<strong>in</strong>e elterlichen <strong>Gewalt</strong>übergriffe 17<br />

erleben mussten, haben sich nur 3,5 % den Eltern gegenüber gewalttätig verhalten. Wenn es<br />

17 E<strong>in</strong>bezogen wurden sowohl leichte <strong>als</strong> auch schwere <strong>Gewalt</strong>übergriffe durch die Eltern <strong>in</strong> den letzten zwölf<br />

Monaten (vgl. Abschnitt 3.3).<br />

36,1<br />

Re<strong>als</strong>chule<br />

6,1<br />

44,6<br />

Gesamtschule<br />

4,8<br />

39,7<br />

Gymnasium<br />

7,2<br />

32,0<br />

3,5<br />

ke<strong>in</strong>e Elterngewalt<br />

erlebt<br />

62,0<br />

Elterngewalt<br />

erlebt<br />

23,1


aber <strong>Gewalt</strong>übergriffe gegeben hat, dann liegt der Anteil an den Eltern gegenüber gewalttätigen<br />

<strong>Jugendliche</strong>n um mehr <strong>als</strong> das sechsfache höher (23,1 %). Konfliktreiche Eltern-K<strong>in</strong>d-<br />

Beziehungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne auch konfliktreiche K<strong>in</strong>d-Eltern-Beziehungen. Dieser Zusammenhang<br />

ist noch stärker ausgeprägt <strong>als</strong> der Zusammenhang zwischen dem Erleben elterlicher<br />

<strong>Gewalt</strong> <strong>und</strong> dem schul- bzw. freizeitbezogenen <strong>Gewalt</strong>verhalten.<br />

E<strong>in</strong>e nach dem Geschlecht <strong>und</strong> der Familienstruktur differenzierende Betrachtung der <strong>Gewalt</strong><br />

gegen Eltern ist <strong>in</strong> Abbildung 3 dargestellt. Sehr große Unterschiede s<strong>in</strong>d dabei für die verbale<br />

<strong>Gewalt</strong> gegenüber der Mutter festzustellen. Jungen, die mit beiden leiblichen Eltern aufwachsen,<br />

haben nur zu 22,4 % verbale <strong>Gewalt</strong> gegenüber der Mutter gezeigt, Mädchen, die<br />

nur mit ihrer Mutter aufwachsen, h<strong>in</strong>gegen zu 58,8 %. Auch die physische <strong>Gewalt</strong> ist <strong>in</strong> Fällen<br />

der alle<strong>in</strong>erziehenden Mutter erhöht, bei Jungen wie bei Mädchen. In diesen Fällen sche<strong>in</strong>t<br />

es <strong>als</strong>o besonders häufig <strong>in</strong>nerfamiliäre Konflikte zu geben, die gewaltförmig ausgetragen<br />

werden. Die <strong>Gewalt</strong> gegen den Vater ist demgegenüber weniger abhängig <strong>von</strong> der Familienstruktur,<br />

wobei wir nur zwei Familienkonstellationen unterscheiden können, da bei alle<strong>in</strong>erziehenden<br />

Müttern ke<strong>in</strong> Vater anwesend ist <strong>und</strong> alle<strong>in</strong>erziehende Väter zu selten im Datensatz<br />

vorhanden s<strong>in</strong>d, um gesonderte Auswertungen vorzunehmen. Mit Stiefvätern haben vor allem<br />

die männlichen <strong>Jugendliche</strong>n etwas größere Probleme: Wenn e<strong>in</strong> Junge mit dem leiblichen<br />

Vater aufwächst, hat er zu 3,8 % physisches <strong>Gewalt</strong>verhalten gezeigt, wenn er mit e<strong>in</strong>em<br />

Stiefvater aufwächst zu 7,7 %. Bei den Mädchen s<strong>in</strong>d die <strong>Gewalt</strong>raten <strong>in</strong> den Fällen der Anwesenheit<br />

e<strong>in</strong>es Stiefvaters niedriger <strong>als</strong> <strong>in</strong> Fällen der leiblichen Elternfamilie.<br />

Abbildung 3: <strong>Gewalt</strong>verhalten gegenüber Eltern nach Familienstruktur (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

70,0<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

22,4<br />

31,5<br />

32,8<br />

41,3<br />

41,9<br />

58,8<br />

2,5<br />

7,4<br />

10,9<br />

5,3<br />

4,8<br />

11,6<br />

18,6<br />

22,6<br />

34,2<br />

22,4<br />

3,8<br />

7,7<br />

4,1<br />

3,4<br />

Mutter verbal Mutter physisch Vater verbal Vater physisch<br />

Jungen mit beiden leibl. Eltern<br />

Jungen mit leibl. Mutter <strong>und</strong> Stiefvater<br />

Jungen nur mit leibl. Mutter<br />

Mädchen mit beiden leibl. Eltern<br />

Mädchen mit leibl. Mutter <strong>und</strong><br />

Stiefvater<br />

Mädchen nur mit leibl. Mutter<br />

69


4. Alkohol- <strong>und</strong> Drogenkonsum<br />

Neben del<strong>in</strong>quenten Verhaltensweisen wurden im Rahmen der Schülerbefragung <strong>Wolfsburg</strong><br />

auch verschiedene, <strong>als</strong> abweichend e<strong>in</strong>zustufende Verhaltensweisen untersucht. Der Alkohol-<br />

<strong>und</strong> Drogenkonsum im Jugendalter wird <strong>in</strong> der Forschung unter dieser Kategorie gefasst, wobei<br />

h<strong>in</strong>sichtlich der legalen Drogen vor allem der <strong>in</strong>tensive bzw. regelmäßige Konsum <strong>als</strong><br />

problematisch erachtet wird; bei den illegalen Drogen werden dagegen bereits die Probiererfahrungen<br />

<strong>als</strong> problematisch e<strong>in</strong>gestuft (vgl. u.a. Richter/Settertobulte 2003). Im Fragebogen<br />

der Schülerbefragung <strong>Wolfsburg</strong> wurden die <strong>Jugendliche</strong>n gebeten anzugeben, ob sie folgende<br />

Substanzen schon e<strong>in</strong>mal konsumiert haben <strong>und</strong> wenn ja, wie oft sie dies <strong>in</strong> den letzten<br />

zwölf Monaten getan haben: Bier, We<strong>in</strong>/Sekt, Alcopops, Schnaps, Zigaretten, Haschisch/Marihuana<br />

18 , Ecstasy/Speed, LSD/magische Pilze oder Koka<strong>in</strong>/Crack. In Tabelle 4.1<br />

werden die Angaben zur Zwölf-Monatsprävalenz ausgewiesen. Die Alkoholika <strong>und</strong> die „harten“<br />

Drogen (Ecstasy/Speed, LSD/magische Pilze, Koka<strong>in</strong>/Crack) werden hier <strong>und</strong> <strong>in</strong> nachfolgenden<br />

Auswertungen zu e<strong>in</strong>em Index zusammengefasst. In diesen Index geht jeweils die<br />

maximale Konsumhäufigkeit e<strong>in</strong>, d.h. wenn e<strong>in</strong> <strong>Jugendliche</strong>r täglich Bier, aber nur e<strong>in</strong>mal pro<br />

Woche Schnaps getrunken hat, so bestimmt die Antwort zum Bierkonsum den Wert des Alkoholkonsums.<br />

Tabelle 4.1: Zwölf-Monats-Prävalenzraten zum Konsum verschiedener Drogen (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

nie 1-12mal<br />

mehrm<strong>als</strong><br />

im<br />

Monat<br />

e<strong>in</strong>mal pro Woche/<br />

mehrm<strong>als</strong> pro Woche<br />

täglich<br />

Bier 18,4 44,8 19,9 16,2 0,6<br />

We<strong>in</strong>/Sekt 28,9 59,1 8,1 3,9 0,0<br />

Alcopops 49,1 32,3 10,8 7,9 0,0<br />

Schnaps 57,0 30,5 7,8 4,7 0,1<br />

Alkohol gesamt 12,9 47,2 21,1 18,2 0,7<br />

Zigaretten 65,0 14,6 3,2 3,2 14,0<br />

Cannabis 89,0 8,4 0,8 1,5 0,3<br />

Ecstasy/Speed 97,5 1,8 0,4 0,3 0,0<br />

LSD/magische Pilze 97,8 1,9 0,3 0,0 0,0<br />

Koka<strong>in</strong>/Crack 98,3 1,2 0,3 0,2 0,1<br />

“harte” Drogen gesamt 95,7 3,1 0,6 0,5 0,1<br />

grau = <strong>als</strong> problematisch e<strong>in</strong>gestufter Konsum<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf die Häufigkeit des Konsums verschiedener Drogen <strong>in</strong> den letzten zwölf Monaten<br />

zeigt sich, dass <strong>von</strong> den alkoholischen Getränken Bier am häufigsten konsumiert wird.<br />

Etwa jeder sechste <strong>Jugendliche</strong> (16,8 %) berichtet vom m<strong>in</strong>destens wöchentlichen Konsum<br />

<strong>von</strong> Bier. Zu den täglichen Tr<strong>in</strong>kern gehören allerd<strong>in</strong>gs nur 0,6 % aller <strong>Jugendliche</strong>n. Alcopops<br />

s<strong>in</strong>d unter den <strong>Jugendliche</strong>n ebenfalls recht beliebt, <strong>in</strong>sofern ca. jeder zwölfte <strong>Jugendliche</strong><br />

diese e<strong>in</strong>- bis mehrm<strong>als</strong> wöchentlich konsumiert (7,9 %). Insgesamt berichten 18,9 % der<br />

Befragten, dass sie e<strong>in</strong>mal oder mehrm<strong>als</strong> wöchentlich Alkohol zu sich nehmen, 0,7 % tun<br />

dies täglich. Recht häufig werden zudem Zigaretten konsumiert. Jeder siebte <strong>Jugendliche</strong><br />

(14,0 %) gibt an, dies <strong>in</strong> den letzten zwölf Monaten täglich getan zu haben; etwas höher fällt<br />

der Anteil der Gelegenheitsraucher aus, die etwa e<strong>in</strong>- bis zwölfmal im vergangenen Jahr geraucht<br />

haben (14,6 %). Fast zwei Drittel der <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s (65,0 %) haben im letzten<br />

Jahr überhaupt ke<strong>in</strong>e Zigaretten geraucht. Illegale Drogen werden im Vergleich zu den<br />

18 Haschisch <strong>und</strong> Marihuana werden im Folgenden <strong>als</strong> Cannabis ausgewiesen.<br />

71


legalen Drogen weitaus seltener konsumiert. Von denjenigen, die diese Drogen überhaupt<br />

konsumiert haben, beschränken sich die meisten auf den gelegentlichen Konsum (e<strong>in</strong>- bis<br />

zwölfmal im Jahr). Bei den Cannabiskonsumenten trifft dies auf 8,4 % zu, bei den Konsumenten<br />

„harter“ Drogen auf 3,1 %. Noch häufiger wurde Cannabis nur <strong>von</strong> 2,6 % der <strong>Jugendliche</strong>n<br />

konsumiert, bei den „harten“ Drogen gilt dies für 1,2 % der befragten <strong>Jugendliche</strong>n.<br />

Das gelegentliche Tr<strong>in</strong>ken <strong>von</strong> Alkohol oder das gelegentliche Zigarettenrauchen können <strong>in</strong><br />

gewisser H<strong>in</strong>sicht <strong>als</strong> 'normale' Verhaltensweisen im Jugendalter gelten. Insofern ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong><br />

erster L<strong>in</strong>ie der regelmäßige bzw. der exzessive Konsum problematisch. Dieser kann zu<br />

schweren Entwicklungsstörungen <strong>und</strong> organischen Schädigungen führen, zudem ist die Gefahr<br />

e<strong>in</strong>er späteren Abhängigkeit erhöht (vgl. Richter/Settertobulte 2003). Aus diesem Gr<strong>und</strong><br />

werden bei den legalen Drogen im Folgenden nur noch die häufigen Konsumenten betrachtet,<br />

<strong>als</strong>o diejenigen, die <strong>in</strong> den letzten zwölf Monaten m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal wöchentlich Bier,<br />

We<strong>in</strong>/Sekt, Alcopops oder Schnaps konsumiert haben (grau unterlegt <strong>in</strong> Tabelle 4.1). Beim<br />

Nikot<strong>in</strong>konsum wird die Grenze etwas höher angesetzt: Als problematisch gilt der tägliche<br />

Konsum <strong>von</strong> Zigaretten. Beim illegalen Drogenkonsum h<strong>in</strong>gegen wird – u.a. <strong>in</strong> Anlehnung an<br />

den Drogen- <strong>und</strong> Suchtbericht 2009 (vgl. Die Drogenbeauftragte der<br />

B<strong>und</strong>esregierung/B<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>isterium für Ges<strong>und</strong>heit 2009) – zwischen den mehrm<strong>als</strong> monatlichen<br />

Konsumenten <strong>von</strong> Cannabis bzw. „harten“ Drogen <strong>und</strong> den <strong>Jugendliche</strong>n, die diese<br />

Drogen <strong>in</strong> den letzten zwölf Monaten seltener oder gar nicht konsumiert haben, unterschieden.<br />

Die Raten an <strong>Jugendliche</strong>n, die Alkohol <strong>und</strong> Drogen <strong>in</strong> problematischer Weise konsumieren,<br />

s<strong>in</strong>d noch e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> Abbildung 4.1 aufgeführt, wobei gleichzeitig der Vergleich zur b<strong>und</strong>esweiten<br />

Schülerbefragung 2007/2008 gezogen wird. Dabei wird deutlich, dass mit Ausnahme<br />

der „harten“ Drogen die Anteile an Problemkonsumenten <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> deutlich niedriger<br />

ausfallen, auch dann, wenn nur die deutschen Befragten betrachtet werden. E<strong>in</strong>e solche E<strong>in</strong>schränkung<br />

ist s<strong>in</strong>nvoll, weil zum<strong>in</strong>dest für den Alkoholkonsum gilt, dass Migranten ger<strong>in</strong>gere<br />

Raten aufweisen (s.u.); da für <strong>Wolfsburg</strong> e<strong>in</strong> überdurchschnittlicher Migrantenanteil festgestellt<br />

wurde, könnte dies die Alkoholkonsumraten senken. Die deutlich niedrigeren Raten für<br />

die Gesamtstichprobe wie für die Teilstichprobe der deutschen Befragten können zweierlei<br />

bedeuten: Entweder ist es erstens aufgr<strong>und</strong> verschiedener Präventionsmaßnahmen <strong>in</strong><br />

<strong>Wolfsburg</strong> gelungen, die <strong>Jugendliche</strong>n stärker da<strong>von</strong> zu überzeugen, auf den Konsum <strong>von</strong><br />

Alkohol <strong>und</strong> anderen Substanzen zu verzichten. Zweitens s<strong>in</strong>d seit der Schülerbefragung<br />

2007/2008, die hier zum Vergleich herangezogen wurde, bereits mehrere Jahre vergangen. In<br />

dieser Zeit kann sich auch deutschlandweit e<strong>in</strong> Trend zunehmender Drogendistanzierung<br />

durchgesetzt haben. Stände uns e<strong>in</strong>e Befragung aus dem Jahr 2010 zum Vergleich zur Verfügung,<br />

würden die Abstände <strong>Wolfsburg</strong>s zum Gesamtdurchschnitt möglicherweise nicht mehr<br />

so groß ausfallen. E<strong>in</strong>e aktuelle Studie der B<strong>und</strong>eszentrale für Ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung<br />

(2011) belegt, dass der Drogenkonsum unter <strong>Jugendliche</strong>n <strong>in</strong> Gesamtdeutschland rückläufig<br />

ist. Insofern gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die <strong>Wolfsburg</strong>er <strong>Jugendliche</strong>n möglicherweise<br />

nicht ganz so deutlich vom gesamtdeutschen Schnitt abweichen.<br />

72


Abbildung 4.1: Problematischer Drogenkonsum <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> <strong>und</strong> b<strong>und</strong>esweit (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

30,0<br />

25,0<br />

20,0<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

22,8<br />

18,9<br />

Alkohol:<br />

m<strong>in</strong>d.<br />

e<strong>in</strong>mal pro<br />

Woche<br />

17,1<br />

14,0<br />

Zigaretten:<br />

täglich<br />

2,6<br />

4,1<br />

Cannabis:<br />

m<strong>in</strong>d.<br />

mehrm<strong>als</strong><br />

pro Monat<br />

1,2<br />

1,0<br />

"harte"<br />

Drogen:<br />

m<strong>in</strong>d.<br />

mehrm<strong>als</strong><br />

pro Monat<br />

19,2<br />

24,5<br />

Alkohol:<br />

m<strong>in</strong>d.<br />

e<strong>in</strong>mal pro<br />

Woche<br />

16,2<br />

13,2<br />

Zigaretten:<br />

täglich<br />

2,7 3,7<br />

1,4<br />

Cannabis:<br />

m<strong>in</strong>d.<br />

mehrm<strong>als</strong><br />

pro Monat<br />

alle Befragte nur deutsche Befragte<br />

0,8<br />

"harte"<br />

Drogen:<br />

m<strong>in</strong>d.<br />

mehrm<strong>als</strong><br />

pro Monat<br />

<strong>Wolfsburg</strong><br />

B<strong>und</strong> (West)<br />

Zusätzlich <strong>in</strong>formiert Tabelle 4.2 über die Anteile an Problemkonsumenten <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Subgruppen <strong>Wolfsburg</strong>s. Dabei f<strong>in</strong>det sich, dass Jungen signifikant häufiger Alkohol, Cannabis<br />

<strong>und</strong> „harte“ Drogen“ <strong>in</strong> problematischer Weise konsumieren <strong>als</strong> Mädchen. So haben<br />

bspw. 25,8 % der Jungen, aber nur 11,2 % der Mädchen im zurückliegenden Jahr m<strong>in</strong>destens<br />

wöchentlich Alkohol getrunken. E<strong>in</strong>e Ausnahme bildet das Rauchen, das Mädchen sogar etwas<br />

häufiger <strong>in</strong> problematischer Weise praktizieren wie Jungen. E<strong>in</strong>heimische Deutsche <strong>und</strong><br />

Migranten unterscheiden sich auf den ersten Blick nicht sehr deutlich <strong>von</strong>e<strong>in</strong>ander. Das tägliche<br />

Rauchen wird <strong>von</strong> Migranten etwas häufiger ausgeführt, der Konsum „harter“ Drogen<br />

etwas seltener; die Unterschiede s<strong>in</strong>d aber nicht signifikant. Werden die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Migrantengruppen detailliert betrachtet, so zeigt sich zum<strong>in</strong>dest beim Alkohol e<strong>in</strong> bereits <strong>in</strong><br />

anderen Schülerbefragungen gef<strong>und</strong>enes Muster: Türkische <strong>Jugendliche</strong> weisen die niedrigste<br />

Quote auf, <strong>Jugendliche</strong> aus Ländern der ehem. SU die höchste. Zudem ergibt sich für die italienischen<br />

<strong>Jugendliche</strong>n e<strong>in</strong>e deutlich unterdurchschnittliche Belastung mit Problem-<br />

Alkoholkonsumenten. Auffällig ist aber, dass die italienischen <strong>Jugendliche</strong>n am häufigsten<br />

täglich Zigaretten rauchen <strong>und</strong> Cannabis konsumieren. Bei den türkischen <strong>Jugendliche</strong>n ist<br />

auch bei diesen Drogen der ger<strong>in</strong>gste Problem-Konsumentenanteil zu beobachten.<br />

Tabelle 4.2: Drogenkonsum <strong>in</strong> den letzten 12 Monaten nach Geschlecht, Migrantengruppe <strong>und</strong> Schulform<br />

(<strong>in</strong> %; gewichtete Daten; <strong>in</strong> Klammern: nur deutsche Befragte)<br />

Alkoholkonsum:<br />

m<strong>in</strong>d. e<strong>in</strong>mal<br />

pro Woche<br />

Zigarettenkonsum:<br />

täglich<br />

Cannabiskonsum:<br />

m<strong>in</strong>d.<br />

mehrm<strong>als</strong> pro<br />

Monat<br />

Konsum „harter“<br />

Drogen: m<strong>in</strong>d.<br />

mehrm<strong>als</strong> pro<br />

Monat<br />

Jungen 25,8 13,4 4,2 1,7<br />

Mädchen 11,2 14,4 0,7 0,3<br />

deutsch 19,1 13,2 2,7 1,4<br />

nichtdeutsch 18,6 15,8 2,5 0,8<br />

ehem. SU 28,6 14,4 3,4 0,8<br />

Italien 11,8 25,3 3,6 0,0<br />

Polen 24,4 12,2 0,0 0,0<br />

Türkei 7,7 7,7 0,0 0,0<br />

Förder-/Hauptschule 29,5 (35,8) 36,7 (35,8) 4,6 (5,8) 2,3 (3,3)<br />

Re<strong>als</strong>chule 18,2 (17,2) 15,1 (17,2) 3,1 (3,3) 0,9 (1,1)<br />

Gesamtschule 16,4 (17,2) 9,5 (8,3) 1,8 (1,7) 1,2 (1,7)<br />

Gymnasium<br />

fett: Unterschied signifikant bei p < .05<br />

15,5 (15,3) 4,4 (5,3) 1,3 (1,7) 0,8 (0,8)<br />

73


Bezüglich der Schulformen s<strong>in</strong>d signifikante Unterschiede für die ersten drei Drogen festzustellen.<br />

Alkohol, Zigaretten <strong>und</strong> Cannabis werden am häufigsten <strong>in</strong> problematischer Weise<br />

<strong>von</strong> Schülern der Förder- <strong>und</strong> Hauptschulen konsumiert. Beim Alkoholkonsum ergeben sich<br />

für die anderen drei Schulformen recht ähnliche Raten an <strong>Jugendliche</strong>n, die m<strong>in</strong>destens wöchentlich<br />

Alkohol tr<strong>in</strong>ken. Für das Rauchen wie für den Cannabiskonsum zeigt sich demgegenüber,<br />

dass die Gymnasiasten am seltensten zu den Problem-Konsumenten gehören; Real-<br />

<strong>und</strong> Gesamtschüler stehen zwischen den Gymnasiasten <strong>und</strong> den Förder- bzw. Hauptschülern.<br />

Diese Bef<strong>und</strong>e bleiben bestehen, wenn die Auswertungen nur auf die deutschen Befragten<br />

beschränkt werden, wie die <strong>in</strong> Klammern <strong>in</strong> Tabelle 4.2 e<strong>in</strong>getragenen Prozentzahlen belegen.<br />

Zu den riskanten Konsummustern zählt neben den bisher beschriebenen Formen des Alkohol-<br />

<strong>und</strong> Drogenkonsums e<strong>in</strong> Tr<strong>in</strong>kverhalten, „das sich negativ auf die ges<strong>und</strong>heitliche <strong>und</strong> (psycho)soziale<br />

Entwicklung <strong>von</strong> <strong>Jugendliche</strong>n auswirken kann“ (B<strong>und</strong>eszentrale für<br />

ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung 2008, S. 5). Hierzu gehört nach Auffassung der B<strong>und</strong>eszentrale<br />

für ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung (BZgA) das sogenannte „B<strong>in</strong>ge-Dr<strong>in</strong>k<strong>in</strong>g“ (engl. für Rauschtr<strong>in</strong>ken),<br />

d.h. dass <strong>in</strong> den letzten 30 Tagen bei m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>er Tr<strong>in</strong>kgelegenheit fünf <strong>und</strong><br />

mehr Gläser Alkohol h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander getrunken wurden. Die vom BZgA ermittelte<br />

Prävalenzrate lag im Jahr 2008 bei 20,4 %, wobei die männlichen <strong>Jugendliche</strong>n im Alter <strong>von</strong><br />

12 bis 17 Jahren etwas häufiger hierzu neigen (23,0 %) <strong>als</strong> die weiblichen Befragten (17,7 %,<br />

B<strong>und</strong>eszentrale für ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung 2007, S. 18). Zudem f<strong>in</strong>den sich deutliche<br />

Alterseffekte: Während <strong>von</strong> den 12- bis 15jährigen 12 % vom Rauschtr<strong>in</strong>ken berichten, ist es<br />

bei den 16- bis 17jährigen jeder zweite (51 %). Vor dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> der Tatsache, dass wir<br />

<strong>in</strong> unserer Studie <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> überwiegend 14- bis 16jährige <strong>Jugendliche</strong> erreicht haben,<br />

überrascht es nicht, dass sich hier e<strong>in</strong> ähnlich hoher Wert ergibt: Insgesamt berichten 47,6 %<br />

aller <strong>Jugendliche</strong>n vom m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>maligen Rauschtr<strong>in</strong>ken <strong>in</strong> den letzten 30 Tagen. Dieser<br />

Wert liegt unter dem b<strong>und</strong>esdeutschen Durchschnitt, den wir <strong>in</strong> der deutschlandweiten Schülerbefragung<br />

<strong>in</strong> den Jahren 2007 <strong>und</strong> 2008 für Westdeutschland ermittelt haben (53,9 %).<br />

Auch hier ergibt sich damit e<strong>in</strong> positives Bild für <strong>Wolfsburg</strong>, wobei auch hier noch e<strong>in</strong>mal<br />

darauf h<strong>in</strong>zuweisen ist, dass die Vergleichsdaten etwas älter s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> sich rückläufige Trends<br />

im Rauschtr<strong>in</strong>ken zeigen (B<strong>und</strong>eszentrale für ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung 2011). 19<br />

Das Rauschtr<strong>in</strong>ken wird <strong>von</strong> männlichen <strong>Jugendliche</strong>n <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> signifikant häufiger<br />

praktiziert <strong>als</strong> <strong>von</strong> weiblichen <strong>Jugendliche</strong>n: Bei den Jungen beträgt die Quote bezogen auf<br />

die letzten 30 Tage 55,0 %, bei den Mädchen 40,1 %. Bemerkenswert dabei ist, dass der Unterschied<br />

zwischen den Geschlechtern weit niedriger ausfällt <strong>als</strong> beim m<strong>in</strong>destens wöchentlichen<br />

Alkoholkonsum, den Jungen doppelt so häufig praktizieren wie Mädchen. Mädchen<br />

konsumieren damit gr<strong>und</strong>sätzlich seltener Alkohol; wenn sie es aber tun, dann nehmen sie<br />

ebenfalls mehrere Getränke im S<strong>in</strong>ne des Rauschtr<strong>in</strong>kens zu sich.<br />

Förderschüler berichten zu 65,6 % <strong>von</strong> m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>em Rauschtr<strong>in</strong>kerlebnis <strong>in</strong> den letzten<br />

30 Tagen, Gymnasiasten nur zu 38,3 %. Die Raten der Re<strong>als</strong>chüler <strong>und</strong> Gesamtschüler liegen<br />

dazwischen (48,3 bzw. 50,3 %).<br />

Entsprechend verschiedener Studien muss der Alkohol- <strong>und</strong> Drogenkonsum <strong>als</strong> e<strong>in</strong> Bed<strong>in</strong>gungsfaktor<br />

del<strong>in</strong>quenten Verhaltens gelten (vgl. u.a. <strong>Baier</strong> et al. 2007, Ribeaud/Eisner 2006).<br />

19 Werden die Auswertungen zum Rauschtr<strong>in</strong>ken erneut nur auf deutsche Befragte e<strong>in</strong>geschränkt, so beträgt die<br />

Quote <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> 48,5 %, im B<strong>und</strong> (West) 57,6 %.<br />

74


Nach den Daten der Polizeilichen Krim<strong>in</strong><strong>als</strong>tatistik (PKS) sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong> enger Bezug zwischen<br />

Drogenkonsum <strong>und</strong> Krim<strong>in</strong>alität zu bestehen, <strong>in</strong>sofern 32,9 % aller aufgeklärten <strong>Gewalt</strong>delikte<br />

<strong>von</strong> alkoholisierten Tatverdächtigen begangen wurden (B<strong>und</strong>eskrim<strong>in</strong>alamt 2008, S. 71).<br />

Zudem bestätigen zahlreiche Dunkelfeldstudien e<strong>in</strong>en Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum<br />

<strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>. Stellvertretend für viele f<strong>in</strong>det sich beispielsweise bei Fuchs et al. (2005)<br />

folgender Bef<strong>und</strong>: „Je häufiger Drogen jeder Art konsumiert werden, desto mehr verändert<br />

sich die E<strong>in</strong>stellung zur <strong>Gewalt</strong> im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er tendenziellen Akzeptanz“ (S. 264).<br />

Die konkreten Mechanismen, die für diese Beziehung verantwortlich s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d bislang allerd<strong>in</strong>gs<br />

noch nicht abschließend geklärt (vgl. <strong>Baier</strong>/Rabold 2009, <strong>Baier</strong> et al. 2007). Ist der<br />

Drogenkonsum im S<strong>in</strong>ne der Ermöglichung <strong>von</strong> Verhaltensweisen e<strong>in</strong> eigenständiger E<strong>in</strong>flussfaktor<br />

<strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong>verhalten oder handelt es sich um e<strong>in</strong>en Selektionseffekt, nach dem<br />

Personen mit bestimmten Risikofaktoren sowohl zu Drogenkonsum <strong>als</strong> auch zu <strong>Gewalt</strong> neigen?<br />

Die „substanzzentrierte“ Perspektive geht <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em kausalen E<strong>in</strong>fluss des Drogenkonsums<br />

aus. Dieser Ansatz basiert auf der Annahme, dass Drogenkonsum die Hemmschwelle<br />

zum Begehen ungesetzlicher Taten herabsetzt, dass heißt die Urteilsfähigkeit trübt, zu unüberlegten,<br />

impulsiven Handlungen motiviert <strong>und</strong> somit aggressives Verhalten wahrsche<strong>in</strong>licher<br />

werden lässt (vgl. Parker/Auerhahn 1998, White et al. 2002). Der persönlichkeitsorientierte<br />

Ansatz geht h<strong>in</strong>gegen da<strong>von</strong> aus, dass die Personen, die Drogen konsumieren <strong>und</strong> diejenigen,<br />

die gewalttätiges Verhalten zeigen, mehr oder weniger dieselben Eigenschaften besitzen. Insofern<br />

wird eher <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er korrelativen <strong>als</strong> <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er kausalen Beziehung ausgegangen: Drogenkonsum<br />

ist neben der <strong>Gewalt</strong>tätigkeit e<strong>in</strong>e weitere Art der Äußerung problematischer persönlicher<br />

Eigenschaften beziehungsweise negativer Umstände, d.h. e<strong>in</strong>es allgeme<strong>in</strong> del<strong>in</strong>quenten<br />

Lebensstils (vgl. Egg/Rautenberg 1999). E<strong>in</strong> prom<strong>in</strong>entes Beispiel für diesen Ansatz<br />

liefert die Selbstkontrolltheorie (Gottfredson/Hirschi 1990): Personen mit niedriger Selbstkontrolle,<br />

die <strong>als</strong>o u.a. impulsiv <strong>und</strong> risikobereit s<strong>in</strong>d bzw. e<strong>in</strong> unbeständiges Temperament<br />

aufweisen, laufen stärker Gefahr sowohl Drogen zu konsumieren <strong>als</strong> auch <strong>Gewalt</strong> anzuwenden<br />

<strong>als</strong> <strong>Jugendliche</strong>, die über hohe Selbstkontrolle verfügen.<br />

Auch wenn mit Hilfe der aktuellen Schülerbefragung auf Gr<strong>und</strong> des querschnittlich angelegten<br />

Designs die Frage nach der Wirkung des Drogenkonsums im Entstehungsprozess del<strong>in</strong>quenten<br />

Verhaltens nicht abschließend beantwortet werden kann, so lässt sich dennoch auf<br />

Basis der Daten aus <strong>Wolfsburg</strong> erneut die enge Beziehung zwischen diesen beiden Faktoren<br />

aufzeigen. In Abbildung 4.2 s<strong>in</strong>d hierzu die Raten an <strong>Gewalt</strong>tätern nach der Häufigkeit des<br />

Konsums <strong>von</strong> Alkohol, Cannabis <strong>und</strong> „harten“ Drogen dargestellt, wobei die Auswertungen<br />

nur auf männliche Befragte beschränkt wurden. Die männlichen <strong>Jugendliche</strong>n, die <strong>in</strong> den letzten<br />

zwölf Monaten m<strong>in</strong>destens wöchentlich Alkohol konsumiert haben, gehören mehr <strong>als</strong><br />

dreimal häufiger zur Gruppe der <strong>Gewalt</strong>täter <strong>als</strong> <strong>Jugendliche</strong>, die dies nie getan haben (35,4<br />

zu 9,5 %). Im Vergleich zu den <strong>Jugendliche</strong>n, die dies eher selten tun, fällt die Rate mehr <strong>als</strong><br />

doppelt so hoch aus (12,8 %). Weiterh<strong>in</strong> kann die befriedende Wirkung <strong>von</strong> Cannabis anhand<br />

der vorliegenden Daten nicht bestätigt werden: Jeder dritte seltene, d.h. maximal mehrfach<br />

monatliche Konsument <strong>von</strong> Cannabis ist e<strong>in</strong> <strong>Gewalt</strong>täter (42,0 %), bei den häufigen Konsumenten<br />

s<strong>in</strong>d es sogar 66,7 %. In der Gruppe der „Abst<strong>in</strong>enten“ beträgt der Anteil an <strong>Gewalt</strong>tätern<br />

lediglich 13,4 %. Die enge Beziehung zwischen Cannabiskonsum <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>del<strong>in</strong>quenz<br />

spricht eher für den persönlichkeitszentrierten Ansatz, wonach das Überschreiten <strong>von</strong> Grenzen<br />

des Illegalen se<strong>in</strong>en Ausdruck sowohl <strong>in</strong> erhöhter <strong>Gewalt</strong>bereitschaft <strong>als</strong> auch <strong>in</strong> erhöhtem<br />

Konsum <strong>von</strong> illegalen Drogen f<strong>in</strong>det. Schließlich ergibt sich für die Konsumenten der „har-<br />

75


ten“ Drogen e<strong>in</strong>e um m<strong>in</strong>destens das Dreifache erhöhte Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, zur Gruppe der<br />

<strong>Gewalt</strong>täter zu gehören, wenn m<strong>in</strong>destens selten solche Drogen konsumiert werden (60,0 zu<br />

16,3 %).<br />

Abbildung 4.2: Zusammenhang zwischen Drogenkonsum <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>verhalten; nur männliche Befragte<br />

(<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

76<br />

80,0<br />

70,0<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

9,5<br />

12,8<br />

35,4<br />

nie höchstens m<strong>in</strong>d. e<strong>in</strong>mal<br />

mehrm<strong>als</strong> im<br />

Monat<br />

pro Woche<br />

13,4<br />

42,0<br />

66,7<br />

nie 1-12mal m<strong>in</strong>d.<br />

mehrm<strong>als</strong><br />

monatlich<br />

16,3<br />

60,0<br />

50,0<br />

nie 1-12mal m<strong>in</strong>d.<br />

mehrm<strong>als</strong><br />

monatlich<br />

Alkoholkonsum Cannabiskonsum Konsum "harter" Drogen


5. Schulschwänzen<br />

E<strong>in</strong> weiterer Themenkomplex der Schülerbefragung bezog sich auf das Schulschwänzen der<br />

<strong>Jugendliche</strong>n. In der Öffentlichkeit <strong>und</strong> der Forschung wird diesem Thema zunehmend Aufmerksamkeit<br />

geschenkt, da <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong>tensive Formen des Schulschwänzens mit e<strong>in</strong>em<br />

höheren Risiko eigener Del<strong>in</strong>quenz <strong>und</strong> schlechterer Schulleistungen e<strong>in</strong>hergehen (vgl. u.a.<br />

<strong>Baier</strong> et al. 2009, <strong>Baier</strong> et al. 2006, Loeber/Farr<strong>in</strong>gton 2001, Rabold et al. 2008, Wilmers et al.<br />

2002).<br />

Zur Erfassung dieses Verhaltens <strong>in</strong> der <strong>Wolfsburg</strong>-Befragung wurden die <strong>Jugendliche</strong>n gebeten,<br />

anzugeben, wie oft sie im letzten Schulhalbjahr die Schule geschwänzt haben. Dabei<br />

wurde zwischen ganzen Schultagen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>zelnen St<strong>und</strong>en unterschieden, wobei die Antwortkategorien<br />

jeweils <strong>von</strong> 0 Tagen bzw. St<strong>und</strong>en bis 25 <strong>und</strong> mehr Tage bzw. St<strong>und</strong>en reichten.<br />

Die St<strong>und</strong>en wurden durch fünf (Anzahl an Schultagen) geteilt <strong>und</strong> zu den geschwänzten<br />

Tagen dazu addiert.<br />

M<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal geschwänzt (im Folgenden „Schwänzprävalenz“ genannt) haben im letzten<br />

Schulhalbjahr 44,0 % der Befragten, <strong>als</strong> Mehrfachschwänzer (fünf <strong>und</strong> mehr Tage) muss<br />

etwa jeder zehnte <strong>Jugendliche</strong> e<strong>in</strong>gestuft werden (10,2 %, Tabelle 5.1). Im Vergleich zur b<strong>und</strong>esweit<br />

repräsentativen Befragung <strong>in</strong> den Jahren 2007/2008 wird deutlich, dass der Anteil an<br />

Schulschwänzern <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> leicht unterdurchschnittlich ausfällt. Sowohl die Prävalenz-<br />

<strong>als</strong> auch die Mehrfachschwänzerquote lag b<strong>und</strong>esweit über den Werten für <strong>Wolfsburg</strong>.<br />

Tabelle 5.1: Schulschwänzen im letzten Schulhalbjahr nach Geschlecht, Migrantengruppe <strong>und</strong> Schulform<br />

(<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

Schwänzprävalenz Mehrfachschwänzerrate<br />

<strong>Wolfsburg</strong> 44,0 10,2<br />

B<strong>und</strong> (West) 45,6 12,6<br />

Jungen 43,2 11,1<br />

Mädchen 44,6 9,8<br />

deutsch 43,6 8,5<br />

nichtdeutsch 44,9 13,8<br />

ehem. SU 47,1 13,6<br />

Italien 31,8 7,1<br />

Polen 56,4 12,8<br />

Türkei 48,0 24,0<br />

Förder-/Hauptschule 50,7 24,7<br />

Re<strong>als</strong>chule 31,4 5,5<br />

Gesamtschule 37,7 6,0<br />

Gymnasium 51,5 8,1<br />

fett: Unterschied signifikant bei p < .05<br />

Wie aus Tabelle 5.1 weiter deutlich wird, ist das gelegentliche Schwänzen <strong>in</strong> der Gruppe der<br />

Mädchen genauso weit verbreitet wie <strong>in</strong> der Gruppe der Jungen, das <strong>in</strong>tensive Schulschwänzen<br />

wird <strong>von</strong> den männlichen Befragten dagegen etwas häufiger ausgeübt (11,1 zu 9,8 %); der<br />

Unterschied wird allerd<strong>in</strong>gs nicht <strong>als</strong> signifikant ausgewiesen.<br />

Zwischen den deutschen <strong>Jugendliche</strong>n <strong>und</strong> den <strong>Jugendliche</strong>n mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> ergeben<br />

sich signifikante Unterschiede h<strong>in</strong>sichtlich der Mehrfachschwänzerrate: Die deutschen<br />

<strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s haben zu 8,4 % m<strong>in</strong>destens fünf Tage geschwänzt, die nichtdeut-<br />

77


schen <strong>Jugendliche</strong>n zu 13,8 %. Zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Subgruppen existieren dabei aber<br />

ebenfalls deutliche Unterschiede: Italienische <strong>Jugendliche</strong> gehören nur zu 7,1 % zu den Mehrfachschwänzern,<br />

türkische <strong>Jugendliche</strong> h<strong>in</strong>gegen zu 24,0 %.<br />

Große Unterschiede offenbaren sich schließlich zwischen den Schülern der verschiedenen<br />

Schulformen. Mit deutlichem Abstand zu den anderen Schulformen schwänzen die Förder-<br />

/Hauptschüler am häufigsten <strong>in</strong> <strong>in</strong>tensiver Weise die Schule: Fast jeder vierte Förder-<br />

/Hauptschüler ist zu den Mehrfachschwänzern zu zählen, bei den Re<strong>als</strong>chülern s<strong>in</strong>d es mit 5,5<br />

% die wenigsten Schüler. Interessant ist, dass zum<strong>in</strong>dest das sporadische Schwänzen auch bei<br />

den Gymnasiasten recht häufig an der Tagesordnung ist: M<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e St<strong>und</strong>e haben 51,5<br />

% der Gymnasiasten, aber nur 50,7 % der Förder- <strong>und</strong> Hauptschüler geschwänzt.<br />

Die Schüler, die im letzten Schulhalbjahr m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e St<strong>und</strong>e dem Unterricht unerlaubt<br />

ferngeblieben s<strong>in</strong>d, wurden nach den Gründen für ihr Verhalten gefragt. Tabelle 5.2 zeigt,<br />

dass das häufigste Motiv des Schwänzens die Schulunlust ist: 72,2 % der Schwänzer <strong>und</strong> 89,3<br />

% der Mehrfachschwänzer gaben dies <strong>als</strong> Gr<strong>und</strong> an. Der Vergleich zum B<strong>und</strong>esdurchschnitt<br />

belegt, dass dies ke<strong>in</strong>e Besonderheit der Schulschwänzer <strong>Wolfsburg</strong>s ist. Ebenfalls recht häufig<br />

werden <strong>als</strong> Gr<strong>und</strong> das Ausschlafen <strong>und</strong> das bewusste Vermeiden aufgr<strong>und</strong> fehlender<br />

Hausaufgaben oder anstehender Klassenarbeiten genannt. Gerade das Schwänzen, um e<strong>in</strong>e<br />

Klassenarbeit nicht mitzuschreiben, ist <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> e<strong>in</strong> öfter <strong>als</strong> im B<strong>und</strong>esdurchschnitt genannter<br />

Gr<strong>und</strong>. Demgegenüber wird seltener geschwänzt, weil man Computer spielen wollte.<br />

Und auch die Probleme zu Hause s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> etwas seltener ausschlaggebend für das<br />

Schwänzen <strong>als</strong> im B<strong>und</strong>esdurchschnitt.<br />

Tabelle 5.2: Gründe für das Schulschwänzen (nur Befragte, die m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e St<strong>und</strong>e geschwänzt haben;<br />

<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

Schwänzer Mehrfachschwänzer<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West) <strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West)<br />

Lehrkräfte unfair behandelt 15,2 13,0 26,8 22,8<br />

<strong>von</strong> anderen Schülern mit <strong>Gewalt</strong> bedroht 4,6 2,8 8,5 5,8<br />

Hausaufgaben nicht gemacht 27,0 26,0 34,9 38,4<br />

ausschlafen 46,5 49,1 79,7 74,8<br />

Klassenarbeit nicht mitschreiben 31,4 27,0 54,8 46,8<br />

lieber Computer spielen 7,1 10,1 14,9 19,9<br />

ke<strong>in</strong>e Lust auf Schule 72,2 76,9 89,3 88,8<br />

andere haben das auch gemacht 37,7 35,9 32,3 35,7<br />

Probleme zu Hause 9,9 12,8 20,5 22,2<br />

Von allen <strong>Jugendliche</strong>n, die m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal im letzten Schulhalbjahr geschwänzt haben,<br />

berichten <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> 26,0 %, dass sie m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e Reaktion <strong>von</strong> Seiten der Schule auf<br />

ihr Schulschwänzen erlebt haben (Tabelle 5.3). Dies liegt unterhalb des B<strong>und</strong>esdurchschnitts;<br />

<strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> zieht <strong>als</strong>o zum<strong>in</strong>dest das sporadische Schwänzen seltener Konsequenzen nach<br />

sich <strong>als</strong> dies b<strong>und</strong>esweit der Fall ist. Die Mehrfachschwänzer Wolfburgs berichten h<strong>in</strong>gegen<br />

etwas häufiger <strong>als</strong> die Mehrfachschwänzer der Schülerbefragung 2007/2008, m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e<br />

Reaktion erlebt zu haben. Diese Schwänzer werden damit etwas häufiger entdeckt <strong>und</strong> mit<br />

Sanktionen bedacht, was für das Verh<strong>in</strong>dern weiteren Schwänzens sicherlich positiv ist. Bedenklich<br />

ist dabei jedoch, dass noch immer fast die Hälfte der Mehrfachschwänzer ke<strong>in</strong>e Reaktion<br />

auf das Verhalten erfährt.<br />

78


In den meisten Fällen sucht der Lehrer das Gespräch mit dem Schüler bzw. mit den Eltern.<br />

Eher selten kommt es zu e<strong>in</strong>em Gespräch zwischen dem Schwänzer <strong>und</strong> dem Schulleiter.<br />

Ebenfalls sehr selten s<strong>in</strong>d die Androhung oder das Verhängen <strong>von</strong> Bußgeldern <strong>und</strong> die Kontaktierung<br />

der Polizei. Je häufiger e<strong>in</strong> Schüler die Schule geschwänzt hat, umso wahrsche<strong>in</strong>licher<br />

werden allerd<strong>in</strong>gs alle Reaktionsformen. Im Vergleich mit dem b<strong>und</strong>esdeutschen Durchschnitt<br />

fällt für <strong>Wolfsburg</strong> auf, dass seltener auf die Sanktion des Nachsitzens <strong>und</strong> der Strafarbeit<br />

zurückgegriffen wird, Bußgelder sche<strong>in</strong>en h<strong>in</strong>gegen etwas gebräuchlicher zu se<strong>in</strong>.<br />

Tabelle 5.3: Reaktionen auf das Schulschwänzen (nur Befragte, die m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e St<strong>und</strong>e geschwänzt<br />

haben; <strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

Schwänzer Mehrfachschwänzer<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West) <strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West)<br />

Gespräch mit Lehrer 17,0 18,4 38,7 34,0<br />

Gespräch mit Schulleiter 4,7 5,7 9,7 14,0<br />

Nachsitzen/Strafarbeit 10,7 15,5 15,3 21,1<br />

Gespräch mit Eltern 9,7 11,9 21,6 27,3<br />

Brief an Eltern 7,2 10,2 20,6 22,7<br />

Gespräch mit Jugendamt o.ä. 2,7 2,7 5,7 7,6<br />

Androhung Bußgeld 4,2 2,9 12,5 8,6<br />

Verhängen Bußgeld 1,7 1,1 5,0 3,1<br />

Kontakt mit Polizei 0,9 1,3 3,0 3,7<br />

m<strong>in</strong>d. e<strong>in</strong>e Reaktion 26,0 31,5 51,2 50,4<br />

In Bezug auf die Reaktionen nach dem Schwänzen ergeben sich große Schulform-<br />

Unterschiede. Schwänzer aus Förderschulen müssen demnach zu 64,4 % mit m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>er<br />

Reaktion rechnen, Schwänzer aus Gymnasien h<strong>in</strong>gegen nur zu 15,5 %. Dies kann e<strong>in</strong>e Erklärung<br />

für die erhöhten Schwänzraten <strong>in</strong> Gymnasien darstellen, da e<strong>in</strong> solches Verhalten hier<br />

seltener entdeckt <strong>und</strong> sanktioniert wird.<br />

Es wurde bereits erwähnt, dass <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong>tensive Formen des Schulschwänzens mit del<strong>in</strong>quentem<br />

Verhalten <strong>in</strong> Beziehung stehen. Hierfür existieren im Wesentlichen zwei Interpretationen:<br />

Im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Ermöglichungshypothese ist anzunehmen, dass sich <strong>Jugendliche</strong>, die<br />

nicht die Schule besuchen, erweiterte Spielräume für deviantes Verhalten eröffnen. Da sie<br />

sich <strong>in</strong> der Regel nicht zu Hause aufhalten können, treffen sie sich alle<strong>in</strong> oder zusammen mit<br />

Fre<strong>und</strong>en an <strong>von</strong> der Kontrolle der Erwachsenen teilweise enthobenen Orten. E<strong>in</strong> beliebter<br />

Aufenthaltsort ist z.B. das Kaufhaus, wo zugleich verschiedenen Formen des Zeitvertreibs<br />

nachgegangen werden kann. Damit steigen aber auch die Möglichkeiten, z.B. Ladendiebstähle<br />

zu begehen oder schwarz zu fahren. Auch vandalistische Taten oder Graffitisprühen können<br />

<strong>in</strong> diesem selbst geschaffenen Freiraum durchgeführt werden. Die persönlichkeitsbezogene<br />

Deutung geht <strong>von</strong> der Überlegung aus, dass nicht alle <strong>Jugendliche</strong>n gleichermaßen dem Risiko<br />

ausgesetzt s<strong>in</strong>d, die Schule zu schwänzen. Das Schwänzen wird hier vielmehr <strong>als</strong> Ausdruck<br />

e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>sgesamt devianten Lebensstils erachtet. B<strong>in</strong>dungen an zentrale gesellschaftliche<br />

Normen s<strong>in</strong>d bei den Schwänzern weniger existent, u.a. <strong>als</strong> Resultat der Konfrontation mit<br />

familiärer <strong>Gewalt</strong>, der E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> subkulturelle Fre<strong>und</strong>schaftsnetzwerke oder dem Aufwachsen<br />

<strong>in</strong> Stadtteilen mit ger<strong>in</strong>ger sozialer Kontrolle <strong>und</strong> ger<strong>in</strong>gem sozialen Zusammenhalt.<br />

Die Normübertretung <strong>in</strong> Form des Schulschwänzens ist begleitet <strong>von</strong> anderen Normbrüchen,<br />

z.B. der Ausübung <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> gegen Personen.<br />

79


Abbildung 5.1 bestätigt e<strong>in</strong>drücklich, dass es e<strong>in</strong>en signifikanten Zusammenhang zwischen<br />

dem Schulschwänzen <strong>und</strong> dem Begehen verschiedener Delikte gibt. Je häufiger e<strong>in</strong> Schüler<br />

geschwänzt hat, desto häufiger hat er <strong>Gewalt</strong>delikte ausgeführt. Bereits das seltene Schwänzen<br />

steht mit erhöhter Del<strong>in</strong>quenz <strong>in</strong> Beziehung. Besonders hohe Del<strong>in</strong>quenzraten s<strong>in</strong>d aber<br />

bei den Mehrfachschwänzern zu beobachten, die fünf oder mehr Tage die Schule geschwänzt<br />

haben: Der Anteil an <strong>Gewalt</strong>tätern ist <strong>in</strong> dieser Gruppe viermal so hoch wie <strong>in</strong> der Gruppe der<br />

Schüler, die noch nie im letzten Schulhalbjahr geschwänzt haben. Auch für Eigentumsdelikte<br />

wie den Ladendiebstahl oder die Sachbeschädigung s<strong>in</strong>d enge Zusammenhänge mit dem<br />

Schwänzen festzustellen. Die Zusammenhänge zeigen sich bei allen betrachteten<br />

Del<strong>in</strong>quenzformen für Jungen wie für Mädchen, wie zusätzliche Auswertungen belegen (nicht<br />

abgebildet). Das Schulschwänzen muss <strong>in</strong>sofern <strong>als</strong> e<strong>in</strong> Risikomarker für e<strong>in</strong>e problematische<br />

Entwicklung e<strong>in</strong>es Schülers betrachtet werden.<br />

Abbildung 5.1: Del<strong>in</strong>quentes Verhalten nach Häufigkeit des Schulschwänzens (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

80<br />

35,0<br />

30,0<br />

25,0<br />

20,0<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

7,9<br />

12,2<br />

28,8<br />

nie unter 5 Tage 5 Tage <strong>und</strong><br />

mehr<br />

7,6<br />

17,0<br />

28,2<br />

nie unter 5 Tage 5 Tage <strong>und</strong><br />

mehr<br />

9,6<br />

12,8<br />

22,7<br />

nie unter 5 Tage 5 Tage <strong>und</strong><br />

mehr<br />

<strong>Gewalt</strong> Ladendiebstahl Sachbeschädigung


6. (<strong>Gewalt</strong>)Medienkonsum <strong>und</strong> Computerspielabhängigkeit<br />

6.1. E<strong>in</strong>führende Überlegungen<br />

Für <strong>Jugendliche</strong> der neunten Klasse ist der Medienkonsum e<strong>in</strong>e der wichtigsten Freizeitbeschäftigungen.<br />

Dabei s<strong>in</strong>d Computerspiele 20 <strong>und</strong> Fernsehen die beiden wichtigsten Formen<br />

der <strong>von</strong> <strong>Jugendliche</strong>n genutzten Unterhaltungsmedien. Demzufolge stehen diese Medien auch<br />

im Mittelpunkt der Analyse des Mediennutzungsverhaltens. Von besonderem Interesse s<strong>in</strong>d<br />

dabei der Besitz, die Nutzungszeiten <strong>und</strong> die genutzten Inhalte. Diese drei Faktoren können<br />

verschiedene Auswirkungen auf E<strong>in</strong>stellungen, Emotionen <strong>und</strong> Verhaltensweisen der <strong>Jugendliche</strong>n<br />

haben. Dementsprechend soll sich dieser Abschnitt dem Ausmaß <strong>und</strong> den Folgen des<br />

Fernseh- <strong>und</strong> Computerspielverhaltens <strong>von</strong> <strong>Jugendliche</strong>n <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> widmen.<br />

Zwei wesentliche Bef<strong>und</strong>e s<strong>in</strong>d im Zusammenhang mit dem Besitz <strong>von</strong> elektronischen Medien<br />

<strong>und</strong> deren Nutzung e<strong>in</strong>führend zu erwähnen. In den Schülerbefragungen 2005 wie<br />

2007/2008 (vgl. <strong>Baier</strong> et al. 2006, <strong>Baier</strong> et al. 2010) konnte zum E<strong>in</strong>en gezeigt werden, dass<br />

es e<strong>in</strong>en deutlichen Geschlechterunterschied bei der Mediennutzung gibt: Jungen haben häufiger<br />

Mediengeräte im Zimmer, nutzen diese zeitlich <strong>in</strong>tensiver <strong>und</strong> bevorzugen dabei weit<br />

häufiger gewalthaltige Inhalte. Besonders deutliche Unterschiede existieren dabei h<strong>in</strong>sichtlich<br />

der Computerspiele. Bei Jungen liegt bspw. „Counterstrike“ auf Rang e<strong>in</strong>s der zehn beliebtesten<br />

Computerspiele (USK-Freigabe ab 16 Jahre) gefolgt <strong>von</strong> „FIFA“, „Need for Speed“ <strong>und</strong><br />

„Grand Theft Auto“ (USK-Freigabe ab 16 Jahre). Damit rangieren <strong>Gewalt</strong>spiele ganz weit<br />

oben auf der Beliebtheitsskala. Die Mädchen spielen h<strong>in</strong>gegen weitestgehend gewaltfreie<br />

Spiele: „Die Sims“ ist dabei das Liebl<strong>in</strong>gsspiel, gefolgt <strong>von</strong> „S<strong>in</strong>gstar“ <strong>und</strong> „Need for Speed“<br />

(vgl. Rehbe<strong>in</strong> et al. 2009, S. 18).<br />

Zum Anderen kann mittlerweile <strong>als</strong> belegt gelten, dass sich der Medienkonsum auf aggressive<br />

E<strong>in</strong>stellungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen auswirkt. Paik <strong>und</strong> Comstock (1994) können z.B. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Metaanalyse e<strong>in</strong>e kurzfristige Erhöhung aggressiver Verhaltensweisen durch <strong>Gewalt</strong>darstellungen<br />

im Fernsehen feststellen. Im Vergleich zum Fernsehen stehen gewalthaltige Computerspiele<br />

aufgr<strong>und</strong> der aktiven E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung des Spielers noch stärker im Verdacht, <strong>in</strong> dieser<br />

Weise zu wirken. E<strong>in</strong>e aktuelle Studie <strong>von</strong> Anderson et al. (2010) bestätigt, dass das Spielen<br />

gewalthaltiger Spiele sowohl direkt zu erhöhtem aggressiven Verhalten <strong>als</strong> auch zu entsprechenden<br />

Gedanken <strong>und</strong> Gefühlen führt <strong>und</strong> damit auch <strong>in</strong>direkt die <strong>Gewalt</strong>bereitschaft erhöht.<br />

Mößle <strong>und</strong> Roth (2009) können zudem im Längsschnitt zeigen, dass es e<strong>in</strong>en Zusammenhang<br />

zwischen dem <strong>Gewalt</strong>medienkonsum <strong>und</strong> dem <strong>Gewalt</strong>verhalten gibt.<br />

Für die Beziehung zwischen dem <strong>Gewalt</strong>medienkonsum <strong>und</strong> dem <strong>Gewalt</strong>verhalten gibt es<br />

verschiedene Erklärungsansätze. E<strong>in</strong> wissenschaftlich weit verbreiteter Ansatz ist das „Generell<br />

Aggression Model“ <strong>von</strong> Anderson <strong>und</strong> Bushman (2001). Basierend auf der Lerntheorie<br />

(Bandura 1979) wird angenommen, dass die Ausübung <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> auf erlernten, aggressionsbezogenen,<br />

im Gedächtnis gespeicherten Wissensstrukturen basiert (vgl. Kunczik/Zipfel<br />

2006, S. 183ff). K<strong>in</strong>der, die häufig <strong>Gewalt</strong>medien konsumieren, übernehmen die Verhaltens-<br />

20 Wenn im Folgenden <strong>von</strong> Computerspielen bzw. der Aktivität des Computerspielens die Rede ist, so s<strong>in</strong>d dabei<br />

immer Computer- <strong>und</strong> Videospiele geme<strong>in</strong>t.<br />

81


muster <strong>in</strong> ihr Repertoire; <strong>in</strong> Konfliktfällen stehen ihnen dann ke<strong>in</strong>e alternativen Handlungsmodelle<br />

zur Verfügung, so dass sie häufiger auf <strong>Gewalt</strong>verhalten zurückgreifen.<br />

Der Medienkonsum steht aber nicht nur <strong>in</strong> Verdacht, die <strong>Gewalt</strong>bereitschaft zu erhöhen. Es<br />

wird darüber h<strong>in</strong>aus diskutiert, <strong>in</strong>wieweit er für schlechtere Schulleistungen verantwortlich<br />

gemacht werden kann. E<strong>in</strong>e Studie aus Neuseeland, die Personen über mehr <strong>als</strong> 20 Jahre vom<br />

frühen Schulalter bis zum Alter <strong>von</strong> 26 Jahren untersucht hat, konnte bspw. e<strong>in</strong>en signifikant<br />

negativen E<strong>in</strong>fluss hoher Mediennutzungszeiten im K<strong>in</strong>desalter auf den späteren Schulabschluss<br />

nachweisen (Hancox et al. 2005). Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Untersuchungen<br />

<strong>in</strong> Deutschland: So berichten Ennemoser <strong>und</strong> Schmidt (2007) e<strong>in</strong>en negativen Zusammenhang<br />

zwischen hohem TV-Konsum im Alter <strong>von</strong> sechs Jahren <strong>und</strong> Lesefähigkeiten<br />

im Alter <strong>von</strong> neun Jahren. Allerd<strong>in</strong>gs ist es nicht alle<strong>in</strong> die Dauer des Konsums, sondern auch<br />

die genutzten Inhalte, die e<strong>in</strong>e Wirkung entfalten. Mößle et al. (2007) berichten, dass die<br />

Schulleistungen <strong>von</strong> Viertklässlern negativ <strong>von</strong> der Medienzeit bee<strong>in</strong>flusst werden; noch stärkere<br />

Effekte ergeben sich aber für die Präferenz für <strong>Gewalt</strong><strong>in</strong>halte.<br />

Erklärt wird der Zusammenhang zwischen Medienkonsum <strong>und</strong> unterdurchschnittlichen Schulleistungen<br />

u.a. mittels der Zeitverdrängungshypothese (vgl. Mößle et al. 2007). Diese besagt,<br />

dass e<strong>in</strong> ausgeprägter Medienkonsum zur E<strong>in</strong>engung des Freizeitverhaltens führt. Damit können<br />

verschiedenste Lernerfahrungen, die zum Erwerb sozialer Kompetenzen <strong>und</strong> körperlicher<br />

bzw. psychischer Ges<strong>und</strong>heit beitragen, seltener gemacht werden. Außerdem kann die Zeit,<br />

die z.B. mit dem Computerspielen verwendet wird, nicht für das Lernen schulischer Inhalte<br />

genutzt werden.<br />

6.2. Medienausstattung, -konsumzeiten <strong>und</strong> -<strong>in</strong>halte<br />

Die <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s wurden gefragt, welche Mediengeräte sie im Haushalt haben<br />

<strong>und</strong> welche Geräte <strong>in</strong> ihren Zimmern stehen. Fernseher stehen demnach <strong>in</strong> 99,8 % der Haushalte,<br />

DVD-Player o.ä. <strong>in</strong> 97,3 % <strong>und</strong> Computer <strong>in</strong> 99,4 % der Haushalte. E<strong>in</strong> Internetzugang<br />

f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> 98,9 % aller Haushalte <strong>Wolfsburg</strong>s, <strong>in</strong> denen Neuntklässler leben.<br />

Die Ausstattungsquoten der Jugendzimmer f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Abbildung 6.1. Über drei Viertel<br />

der befragten <strong>Wolfsburg</strong>er <strong>Jugendliche</strong>n haben e<strong>in</strong>en Fernseher, e<strong>in</strong>en Computer oder e<strong>in</strong>en<br />

Internetanschluss im Zimmer. Etwas über die Hälfte verfügen über e<strong>in</strong>en eigenen DVD-<br />

Player/Rekorder oder e<strong>in</strong>e Spielkonsole. Die Ausstattungsquoten liegen dabei durchweg über<br />

dem westdeutschen Schnitt. Die deutlich höheren Quoten beim Computer bzw. beim Internetanschluss<br />

dürften im Wesentlichen auf Veränderungen im Zeitverlauf zurückzuführen se<strong>in</strong>:<br />

Die b<strong>und</strong>esweite Schülerbefragung wurde <strong>in</strong> den Jahren 2007 <strong>und</strong> 2008 durchgeführt; zur<br />

Befragung <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> s<strong>in</strong>d <strong>als</strong>o bereits zwei bis drei Jahre vergangen. Es ist da<strong>von</strong> auszugehen,<br />

dass <strong>in</strong> dieser Zeit <strong>in</strong> ganz Deutschland die Ausstattungsquoten zugenommen haben.<br />

In <strong>Wolfsburg</strong> wurde zudem der Besitz e<strong>in</strong>es Handys abgefragt, wobei hierzu ke<strong>in</strong>e Vergleichsdaten<br />

der b<strong>und</strong>esweiten Schülerbefragung vorliegen. Insgesamt 98,5 % der Befragten<br />

gaben an, e<strong>in</strong> Handy zu besitzen. Mädchen berichteten etwas häufiger vom Besitz <strong>als</strong> Jungen<br />

(99,0 zu 98,1 %).<br />

82


Abbildung 6.1: Medienausstattung im eigenen Zimmer (<strong>in</strong> %, gewichtete Daten)<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

76,6<br />

68,5<br />

57,3 55,4<br />

53,7<br />

45,6<br />

83,1 81,8<br />

69,8<br />

Fernseher Video/DVD Spielkonsole Computer Internet<br />

59,6<br />

<strong>Wolfsburg</strong><br />

B<strong>und</strong> (West)<br />

Neben der Medienausstattung wurde auch die Zeit erfasst, die mit den verschiedenen Geräten<br />

verbracht wird. In diesem Zusammenhang wurde allerd<strong>in</strong>gs nicht alle<strong>in</strong> nach der Medienkonsumzeit,<br />

sondern auch nach dem Zeitaufwand für verschiedene andere Freizeitbeschäftigungen<br />

gefragt. Die <strong>Jugendliche</strong>n sollten e<strong>in</strong>schätzen, wie lange sie an e<strong>in</strong>em gewöhnlichen<br />

Schultag bzw. an e<strong>in</strong>em gewöhnlichen Wochenendtag verschiedene Aktivitäten ausführen;<br />

die Zeit konnte zwischen „0 St<strong>und</strong>en“ <strong>und</strong> „5 <strong>und</strong> mehr St<strong>und</strong>en“ e<strong>in</strong>geschätzt werden, wobei<br />

Zeiten dazwischen viertel- bzw. halbstündig angeben werden konnten. Um die durchschnittliche<br />

Beschäftigungszeit zu berechnen, wurden die Angaben zum gewöhnlichen Schultag mit<br />

fünf, die Angaben zum gewöhnlichen Wochenendtag mit zwei multipliziert <strong>und</strong> danach durch<br />

sieben geteilt. Tabelle 6.1 berichtet die Ergebnisse.<br />

Tabelle 6.1: Durchschnittliche Zeit für Freizeitaktivitäten nach Geschlecht (<strong>in</strong> St<strong>und</strong>en : M<strong>in</strong>uten; gewichtete<br />

Daten)<br />

Jungen Mädchen<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West) <strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West)<br />

Bücher lesen 0:19 0:24 0:49 0:43<br />

Fernsehen* 2:22 2:16 2:20 2:16<br />

Filme schauen auf DVD* 1:15 1:15 1:05 1:05<br />

Computerspielen: Onl<strong>in</strong>e* 1:33 1:24 0:31 0:34<br />

Computerspielen: nicht Onl<strong>in</strong>e* 0:46 0:57 0:15 0:20<br />

im Internet chatten* 1:46 1:46 2:12 1:55<br />

Musik machen/Musikst<strong>und</strong>e 0:17 0:21 0:24 0:24<br />

Sport treiben 1:50 1:49 1:21 1:18<br />

<strong>in</strong> Kneipe, Disco, K<strong>in</strong>o gehen 0:57 1:06 1:03 1:11<br />

etwas mit Familie unternehmen 1:10 1:05 1:28 1:19<br />

für Umwelt, Politik, Soziales e<strong>in</strong>setzen 0:13 0:09 0:12 0:10<br />

Medienzeit (mit * gekennzeichnete Aktivitäten) 7:41 1 7:36 6:24 6:10<br />

1 Die Medienzeit ergibt sich nicht durch Addition der ausgewiesenen Durchschnittszeiten der Medienaktivitäten, da auch die Personen bei<br />

der Gesamtdurchschnittsbildung berücksichtigt wurden, die nicht zu allen Medienaktivitäten Beschäftigungszeiten angegeben haben (Personen<br />

mit sog. fehlenden Werten)<br />

Interessant s<strong>in</strong>d zunächst die Geschlechterunterschiede, die mit Ausnahme der Zeit für Fernsehen,<br />

<strong>in</strong> Kneipe etc. gehen <strong>und</strong> für Umwelt etc. e<strong>in</strong>setzen, signifikant s<strong>in</strong>d. Sehr ausgeprägte<br />

Unterschiede f<strong>in</strong>den sich für das Lesen, wofür die Mädchen <strong>Wolfsburg</strong>s mehr <strong>als</strong> doppelt so<br />

viel Zeit aufbr<strong>in</strong>gen wie die Jungen. Beim Computerspielen (Onl<strong>in</strong>e wie nicht Onl<strong>in</strong>e) <strong>und</strong><br />

beim Sporttreiben kehrt sich der Geschlechterunterschied um: Jungen gehen diesen Aktivitä-<br />

83


ten <strong>in</strong> zeitlich <strong>in</strong>tensiverer Weise nach <strong>als</strong> Mädchen. Die e<strong>in</strong>zige Medienaktivität, der Mädchen<br />

länger nachgehen, ist das Chatten: Hiermit verbr<strong>in</strong>gen Mädchen im Schnitt über zwei<br />

St<strong>und</strong>en, Jungen unter zwei St<strong>und</strong>en.<br />

Im Vergleich zur b<strong>und</strong>esweiten Befragung ergeben sich ke<strong>in</strong>e Besonderheiten für <strong>Wolfsburg</strong>.<br />

Die Schüler (Jungen wie Mädchen) verbr<strong>in</strong>gen hier etwas mehr Zeit mit dem Medienkonsum;<br />

dies liegt bei den Mädchen vor allem an den längeren Chat-Zeiten, bei den Jungen an den<br />

längeren Onl<strong>in</strong>e-Computerspielzeiten. Dabei ist darauf h<strong>in</strong>zuweisen, dass männliche <strong>Jugendliche</strong><br />

<strong>Wolfsburg</strong>s <strong>in</strong>sgesamt fast acht St<strong>und</strong>en mit dem Medienkonsum zubr<strong>in</strong>gen (Fernsehen,<br />

Filme schauen, Computer spielen, Chatten), weibliche <strong>Jugendliche</strong> immerh<strong>in</strong> fast 6 ½ St<strong>und</strong>en.<br />

21<br />

Neben dem Besitz <strong>von</strong> Mediengeräten <strong>und</strong> der Dauer ihrer Nutzung haben wir auch die Art<br />

der konsumierten Inhalte erfragt. Hierbei haben wir aber nicht die gesamte Spannbreite möglicher<br />

Medien<strong>in</strong>halte untersucht, sondern wir haben uns auf jugendgefährdende Inhalte konzentriert.<br />

Da die befragten <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s im Durchschnitt 15,3 Jahre alt s<strong>in</strong>d, zählen<br />

Filme <strong>und</strong> Spiele, die erst ab 16 Jahren (oder älter) freigegeben s<strong>in</strong>d, zu diesen Inhalten.<br />

Freigegeben ab diesem Alter s<strong>in</strong>d Spiele dann, wenn „rasante bewaffnete Action, mitunter<br />

gegen menschenähnliche Spielfiguren“ Teil des Spiels ist; zudem gehören Spielkonzepte dazu,<br />

die „fiktive oder historische kriegerische Ause<strong>in</strong>andersetzungen atmosphärisch nachvollziehen<br />

lassen. Die Inhalte lassen e<strong>in</strong>e bestimmte Reife des sozialen Urteilsvermögens <strong>und</strong> die<br />

Fähigkeit zur kritischen Reflektion der <strong>in</strong>teraktiven Beteiligung am Spiel erforderlich ersche<strong>in</strong>en“.<br />

E<strong>in</strong>e Altersfreigabe ab 18 Jahren bezieht sich auf Spiel<strong>in</strong>halte, die „die Entwicklung<br />

<strong>von</strong> K<strong>in</strong>dern <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n zu e<strong>in</strong>er eigenverantwortlichen <strong>und</strong> geme<strong>in</strong>schaftsfähigen Persönlichkeit<br />

bee<strong>in</strong>trächtigen“. 22 Filme erhalten e<strong>in</strong>e Altersfreigabe ab 16 bzw. 18, wenn sie die<br />

dargestellte „<strong>Gewalt</strong> tendenziell verherrlichen, e<strong>in</strong>em partnerschaftlichen Rollenverhältnis der<br />

Geschlechter entgegenstehen, e<strong>in</strong>zelne Gruppen diskrim<strong>in</strong>ieren oder Sexualität auf e<strong>in</strong> re<strong>in</strong>es<br />

Instrumentarium der Triebbefriedigung reduzieren. Auch die Werteorientierung <strong>in</strong> Bereichen<br />

wie Drogenkonsum, politischer Radikalismus oder Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit wird mit besonderer<br />

Sensibilität geprüft.“ 23<br />

Zur Erfassung des Konsums entsprechender Formate wurden die <strong>Jugendliche</strong>n gefragt, wie<br />

häufig sie die <strong>in</strong> Tabelle 6.2 aufgeführten Filme bzw. Spiele konsumieren. Die Häufigkeit des<br />

Sehens bzw. Spielens konnte <strong>von</strong> „1 – nie“ bis „7 – täglich“ berichtet werden. Wenn <strong>Jugendliche</strong><br />

m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal pro Woche diese D<strong>in</strong>ge tun, wird vom häufigen Konsum gesprochen.<br />

Im Bereich des <strong>Gewalt</strong>filmkonsums (Horrorfilme ab 16/18, sonstige Filme ab 18) unterscheiden<br />

sich zum<strong>in</strong>dest die männlichen <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s vom b<strong>und</strong>esdeutschen Schnitt,<br />

<strong>in</strong>sofern sie deutlich häufiger auf diese Formate zurückgreifen. So konsumieren männliche<br />

<strong>Jugendliche</strong> aus <strong>Wolfsburg</strong> zu 40,2 % häufiger filmische <strong>Gewalt</strong>, b<strong>und</strong>esweit s<strong>in</strong>d dies nur<br />

35,1 %. Bei den Mädchen existieren h<strong>in</strong>gegen ke<strong>in</strong>e Unterschiede.<br />

21 Bezüglich der berichteten Medienzeiten müssen zwei E<strong>in</strong>schränkungen beachtet werden: Zum E<strong>in</strong>en können<br />

sich Freizeitaktivitäten überschneiden. Personen können gleichzeitig Fernsehen <strong>und</strong> Computerspielen usw. Dies<br />

kann bei der Berechnung der gesamten Medienzeit nicht berücksichtigt werden. Zum Anderen wurde im E<strong>in</strong>leitungstext<br />

zu dieser Frage <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em durchschnittlichen Schul- bzw. Wochenendtag gesprochen. Inwieweit die<br />

<strong>Jugendliche</strong>n beim Antworten tatsächlich e<strong>in</strong>en Durchschnittswert bilden, bleibt unklar.<br />

22 Zitiert nach www.usk.de/ (abgerufen am 12.2.2010).<br />

23 Zitiert nach www.spio.de/<strong>in</strong>dex.asp?SeitID=18 (abgerufen am 12.2.2010).<br />

84


Jungen aus <strong>Wolfsburg</strong> s<strong>in</strong>d auch h<strong>in</strong>sichtlich des Erotik- <strong>und</strong> Pornofilmkonsums stärker belastet<br />

wie sie auch häufiger <strong>als</strong> im B<strong>und</strong>esdurchschnitt Computerspiele ab 16, <strong>in</strong>sbesondere<br />

Spiele ab 18 spielen. Immerh<strong>in</strong> 37,7 % der Jungen sagen, dass sie häufiger Pornofilme ab 18<br />

sehen; jeder zweite spielt Spiele ab 16. Die Mädchen beschäftigen sich mit beiden Formaten<br />

sehr selten <strong>und</strong> zudem <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> seltener <strong>als</strong> im B<strong>und</strong>esschnitt.<br />

Tabelle 6.2: Anteil <strong>Jugendliche</strong>r, die häufig (m<strong>in</strong>d. e<strong>in</strong>mal pro Woche) altersgefährdende Medien<strong>in</strong>halte<br />

konsumieren nach Geschlecht (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

Jungen Mädchen<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West) <strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West)<br />

Horrorfilme ab 16 20,0 16,6 8,4 8,5<br />

Horrorfilme ab 18 20,9 15,4 5,7 6,3<br />

sonstige Filme ab 18 36,0 31,2 9,4 8,9<br />

<strong>Gewalt</strong>filme 40,2 35,1 12,9 13,0<br />

Erotikfilme ab 16 14,8 12,9 0,2 0,6<br />

Pornofilme ab 18 37,7 21,2 0,2 0,7<br />

Spiele ab 16 50,7 48,2 2,4 5,0<br />

Spiele ab 18 47,5 35,4 1,2 2,7<br />

Dieses Bild der stärkeren Zuwendung der männlichen <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s zu problematischen<br />

Medien<strong>in</strong>halten f<strong>in</strong>det sich bestätigt, wenn verschiedene Computerspielgenres detailliert<br />

betrachtet werden (Tabelle 6.3). Auch dabei konnten die <strong>Jugendliche</strong>n die Spielhäufigkeit<br />

zwischen „1 – nie“ <strong>und</strong> „7 – täglich“ abstufen; wer m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal pro Woche e<strong>in</strong><br />

Genre spielt, wird <strong>als</strong> häufiger Spieler e<strong>in</strong>gestuft. Bei den meisten, <strong>als</strong> nicht altersgefährdend<br />

e<strong>in</strong>zustufenden Genres liegen die Konsumquoten bei beiden Geschlechtern im B<strong>und</strong>esdurchschnitt<br />

oder darunter (z.B. Denk-/Geschicklichkeitsspiele, Sportspiele). Gleiches gilt auch für<br />

die Kampf-/Prügelspiele, die zu den <strong>Gewalt</strong>spielen zu zählen s<strong>in</strong>d. Bei e<strong>in</strong>em anderen <strong>Gewalt</strong>spieltyp,<br />

den Ego- <strong>und</strong> Third-Person-Shootern, übersteigt der Anteil häufiger Konsumenten<br />

bei den Jungen <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> den B<strong>und</strong>esdurchschnitt aber um fast acht Prozentpunkte. In<br />

der Folge liegt auch der Anteil an häufigen <strong>Gewalt</strong>spielern unter männlichen <strong>Jugendliche</strong>n <strong>in</strong><br />

<strong>Wolfsburg</strong> deutlich über dem deutschlandweit ermittelten Wert (53,5 zu 46,9 %). Die <strong>Gewalt</strong>spiele<br />

stellen demnach das Genre, auf das männliche <strong>Jugendliche</strong> am liebsten zurückgreifen;<br />

bei den Mädchen erhält das Genre der Lebens- <strong>und</strong> Aufbausimulationsspiele am stärksten<br />

Zuspruch.<br />

Erfragt wurde zudem die Häufigkeit des Spielens <strong>von</strong> Onl<strong>in</strong>e-Rollenspielen, wobei zwischen<br />

dem Spiel „World of Warcraft“ <strong>und</strong> „anderen Onl<strong>in</strong>e-Rollenspielen“ unterschieden wurde. In<br />

der Schülerbefragung 2007/2008 wurde nur allgeme<strong>in</strong> nach dem Spielen <strong>von</strong> Onl<strong>in</strong>e-<br />

Rollenspielen gefragt, weshalb Vergleichsdaten nur zum zusammenfassenden Index präsentiert<br />

werden können. Immerh<strong>in</strong> über e<strong>in</strong> Viertel der Jungen (28,8 %), aber nur 3,0 % der Mädchen<br />

geben an, häufiger Onl<strong>in</strong>e-Rollenspiele zu spielen. Diese Spiele gehen, wie bisherige<br />

Studien zeigen, mit e<strong>in</strong>er besonders hohen Spielzeit e<strong>in</strong>her (vgl. Rehbe<strong>in</strong> et al. 2009), was<br />

sich negativ auf die schulischen Leistungen auswirken kann. Zudem ergeben sich für Spieler<br />

dieser Spiele erhöhte Computerspielabhängigkeitswerte, was mit der besonderen Struktur der<br />

Spiele begründet wird (vgl. Rehbe<strong>in</strong> et al. 2009; s.u.). Im Vergleich zum B<strong>und</strong>esdurchschnitt<br />

ergeben sich dabei wiederum für die Jungen höhere Anteile häufiger Spieler <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong>.<br />

85


Tabelle 6.3: Anteil <strong>Jugendliche</strong>, die häufig (m<strong>in</strong>d. e<strong>in</strong>mal pro Woche) Computerspielgenres spielen nach<br />

Geschlecht (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

Jungen Mädchen<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West) <strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West)<br />

Denk-/Geschicklichkeitsspiele 8,4 8,1 5,5 6,2<br />

Strategie-/Simulationsspiele 18,0 24,4 1,2 2,3<br />

Lebens-/Aufbausimulationsspiele 7,1 9,6 9,3 9,6<br />

Sportspiele 38,7 37,1 3,5 5,0<br />

Adventures 12,9 16,2 1,9 2,9<br />

Party-/Mitmachspiele 12,7 9,7 5,9 7,8<br />

Ego-/Third-Person-Shooter* 51,3 43,7 1,0 2,3<br />

Kampf-/Prügelspiele* 14,7 15,3 0,2 1,9<br />

<strong>Gewalt</strong>spiele (mit * gekennzeichnet) 53,5 46,9 1,0 3,3<br />

World of Warcraft 20,5 - 1,2 -<br />

andere Onl<strong>in</strong>e-Rollenspiele 14,3 - 1,9 -<br />

Onl<strong>in</strong>e Rollenspiele 28,8 25,9 3,0 3,2<br />

Gerade vor dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> der hohen Raten <strong>von</strong> männlichen <strong>Gewalt</strong>spielern stellt sich die<br />

Frage, ob es e<strong>in</strong>en Zusammenhang zwischen dem Spielen <strong>und</strong> dem <strong>Gewalt</strong>verhalten gibt. Mit<br />

den Daten aus <strong>Wolfsburg</strong> lässt sich diese Frage nur bed<strong>in</strong>gt beantworten, weil wir das Spielen<br />

<strong>und</strong> das <strong>Gewalt</strong>verhalten nur <strong>in</strong> Bezug auf e<strong>in</strong>en Zeitpunkt erfragt haben; d.h. es liegt nur e<strong>in</strong>e<br />

Querschnitts- <strong>und</strong> ke<strong>in</strong>e Längsschnittbefragung vor, mit der klare Aussagen über den Ursache-Wirkungs-Zusammenhang<br />

möglich wären. Verschiedene Längsschnittstudien können<br />

aber mittlerweile belegen, dass die kausale Reihenfolge eher so ist, dass das Spielen die <strong>Gewalt</strong>bereitschaft<br />

erhöht <strong>als</strong> umgekehrt (vgl. Hopf et al. 2008, Möller/Krahe 2009). Abbildung<br />

6.2 stellt die Anteile an <strong>Gewalt</strong>tätern nach der Häufigkeit des Spielens verschiedener Genres<br />

vor, wobei sich nur auf die männlichen Befragten beschränkt wird.<br />

Signifikante Zusammenhänge s<strong>in</strong>d dabei nur für zwei Genres feststellbar. <strong>Jugendliche</strong>, die<br />

häufiger Denk- oder Geschicklichkeitsspiele spielen, s<strong>in</strong>d seltener <strong>Gewalt</strong>täter <strong>als</strong> <strong>Jugendliche</strong>,<br />

die dies nie tun. Für das Spielen <strong>von</strong> Lebens- <strong>und</strong> Aufbausimulationen deutet sich e<strong>in</strong><br />

vergleichbarer Zusammenhang an, der aber nicht <strong>als</strong> signifikant ausgewiesen wird. Das Spielen<br />

<strong>von</strong> Kampf-/Prügelspielen h<strong>in</strong>gegen geht mit e<strong>in</strong>em höheren Risiko e<strong>in</strong>her, dass e<strong>in</strong> <strong>Jugendliche</strong>r<br />

zum <strong>Gewalt</strong>täter wird. Der Tendenz nach gilt dies auch für Ego- <strong>und</strong> Third-<br />

Person-Shooter, wobei die hier zu beobachtenden Unterschiede ebenfalls nicht <strong>als</strong> signifikant<br />

ausgewiesen werden. Gr<strong>und</strong>sätzlich bestätigen diese Bef<strong>und</strong>e damit e<strong>in</strong>en Zusammenhang<br />

zwischen dem Spielen <strong>und</strong> dem eigenen Verhalten. Zudem stellen sie e<strong>in</strong>en Beleg dafür dar,<br />

Ego-/Third-Person-Shooter <strong>und</strong> Kampf-/Prügelspiele unter der Kategorie der <strong>Gewalt</strong>spiele<br />

zusammen zu fassen. Diese Spiele be<strong>in</strong>halten <strong>Gewalt</strong> zwischen E<strong>in</strong>zelpersonen <strong>und</strong> stellen<br />

<strong>in</strong>sofern Rollenvorbilder <strong>und</strong> Identifikationsmuster für die Spieler bereit.<br />

86


Abbildung 6.2: Anteil <strong>Gewalt</strong>täter nach Häufigkeit des Spielens verschiedener Computerspielgenres, nur<br />

männliche Befragte (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

30,0<br />

25,0<br />

20,0<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

22,8<br />

14,2<br />

13,0<br />

Denk-/<br />

Geschicklichkeitssp.<br />

19,1<br />

16,7<br />

18,8<br />

Strategie-/<br />

Simulationssp.<br />

20,4<br />

16,0<br />

Lebens-/<br />

Aufbausimulationssp.<br />

10,3<br />

18,3<br />

17,3<br />

19,0<br />

6.3. Computerspielabhängigkeit<br />

Sportsp.<br />

18,0<br />

17,9<br />

18,1<br />

Adventures<br />

19,9<br />

16,1<br />

16,9<br />

Party-/ Mitmachsp.<br />

14,4<br />

20,3<br />

18,0<br />

Ego-/Third-Person-<br />

Shooter<br />

13,3<br />

21,4<br />

26,8<br />

Kampf-/ Prügelsp.<br />

18,6<br />

12,5<br />

17,7<br />

World of Warcraft<br />

19,1<br />

15,7<br />

18,8<br />

Wie die bereits dargestellten Bef<strong>und</strong>e zeigen, ist das Computerspielen gerade bei Jungen e<strong>in</strong>e<br />

der wichtigsten Freizeitbeschäftigungen. Neben den e<strong>in</strong>leitend erwähnten Auswirkungen des<br />

z.T. exzessiven Computerspielens auf die Schulleistungen, wird seit e<strong>in</strong>iger Zeit e<strong>in</strong> globaleres<br />

Störungsbild <strong>als</strong> Folge des Spielens diskutiert: die Computerspielabhängigkeit. Nachlassende<br />

Schulleistungen bilden – neben anderen Belastungen – dabei e<strong>in</strong>en Indikator, der auf<br />

e<strong>in</strong>e solche Abhängigkeit schließen lassen kann. Momentan besitzt die Computerspielabhängigkeit<br />

<strong>in</strong> den Klassifikationssystemen ICD-10 <strong>und</strong> DSM-IV jedoch noch ke<strong>in</strong>e eigenständige<br />

Diagnose. Sie zählt zu den stoffungeb<strong>und</strong>enen Suchterkrankungen bzw. wird <strong>als</strong> e<strong>in</strong>e Verhaltenssucht<br />

bezeichnet. In der psychotherapeutischen Praxis wird Computerspielabhängigkeit<br />

häufig <strong>in</strong> der Kategorie „sonstige Impulskontrollstörungen“ erfasst. Computerspielabhängigkeit<br />

wird aber auch <strong>als</strong> Sek<strong>und</strong>ärdiagnose oder Folge anderer psychischer Störungen (z.B.<br />

Persönlichkeitsstörungen, pathologisches Glücksspiel, Depression) behandelt. Erste H<strong>in</strong>weise<br />

darauf, dass Computerspielabhängigkeit e<strong>in</strong>e eigenständige psychische Störung darstellen<br />

könnte, wurden <strong>in</strong>nerhalb der deutschlandweit repräsentativen Schülerbefragung 2007/2008<br />

gesammelt (Rehbe<strong>in</strong> et al. 2009).<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich muss zwischen exzessivem <strong>und</strong> abhängigem Computerspielen unterschieden<br />

werden. Das Vorliegen e<strong>in</strong>es exzessiven, d.h. zeitlich ausgedehnten Spielens ist dabei noch<br />

nicht h<strong>in</strong>reichend, um <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er Abhängigkeit sprechen zu können. Zum zeitlichen Aspekt<br />

müssen noch weitere Kriterien h<strong>in</strong>zutreten, damit e<strong>in</strong>e solche Diagnose plausibel ist. E<strong>in</strong><br />

mögliches diagnostisches Kriterium könnte nach Wölf<strong>in</strong>g (2010) „das unwiderstehliche Verlangen,<br />

am Computer zu spielen (Leitsymptom)“ (S. 271) se<strong>in</strong>. Bezüglich dieses Kriteriums<br />

kritisieren Rehbe<strong>in</strong> et al. (2009) aber, dass „engagiertes Spielverhalten im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er erhöhten<br />

Spielleidenschaft <strong>als</strong> starkes Verlangen mit diagnostischer Relevanz fehl gedeutet“ (S. 14)<br />

werden kann. E<strong>in</strong> Symptom, dass <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gerem Maße zu Fehldeutungen Anlass gibt, ist<br />

demgegenüber der Kontrollverlust, womit die Unfähigkeit geme<strong>in</strong>t ist, Anfang, Dauer <strong>und</strong><br />

Ende des Spielens zu bestimmen (Rehbe<strong>in</strong> et al. 2009). Treten beim Verzicht auf das Computerspielen<br />

verschiedene Symptome wie Nervosität, Unruhe, Schlafstörungen <strong>und</strong> Gereiztheit<br />

auf, dann liegen Entzugsersche<strong>in</strong>ungen vor, die ebenfalls auf e<strong>in</strong>e Abhängigkeit h<strong>in</strong>deuten.<br />

Von der Toleranzentwicklung wird dann gesprochen, wenn es im Verlauf der Störung zu e<strong>in</strong>er<br />

andere Onl<strong>in</strong>e-<br />

Rollenspiele<br />

nie<br />

selten<br />

häufig<br />

87


kont<strong>in</strong>uierlichen Steigerung der Dosis (Dauer <strong>und</strong> Intensität des Computerspielens) kommen<br />

muss, um e<strong>in</strong> vergleichbares Erlebnisausmaß zu erreichen. Die gestiegene Dosis steht <strong>in</strong><br />

Wechselwirkung mit der E<strong>in</strong>engung des Denkens <strong>und</strong> Fühlens, d.h. dem Des<strong>in</strong>teresse an anderen<br />

Tätigkeiten <strong>und</strong> alternativen Freizeitbeschäftigungen. Daraus resultieren mögliche negative<br />

Konsequenzen (z.B. Übermüdung, Mangelernährung, Leistungse<strong>in</strong>brüche) die konstitutives<br />

Kennzeichen <strong>von</strong> Abhängigkeitserkrankungen s<strong>in</strong>d. Ob sich diese Abhängigkeitskriterien<br />

ohne Weiteres auf die Computerspielabhängigkeit übertragen lassen, kann derzeit noch<br />

nicht abschließend beurteilt werden. Rehbe<strong>in</strong> et al. (2009) sehen bspw. die Toleranzentwicklung<br />

<strong>und</strong> die Entzugsersche<strong>in</strong>ungen eher <strong>als</strong> Nebenkriterien an. E<strong>in</strong>e Steigerung der Dosis ist<br />

bei sogenannten „Massively Multiplayer Onl<strong>in</strong>e Role-Play<strong>in</strong>g Games“ (MMORPGs) sehr<br />

schwierig, da hier <strong>von</strong> Anfang an e<strong>in</strong>e enorme zeitliche Belastung mit dem Spielen e<strong>in</strong>her<br />

geht. Entzugsersche<strong>in</strong>ungen könnten möglicherweise deshalb beim Computerspielen nicht<br />

auftreten, weil es ke<strong>in</strong>e Verknappung dieses Guts gibt (permanente Zugänglichkeit <strong>von</strong> Computerspielen).<br />

In der Schülerbefragung <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> wurde e<strong>in</strong> Instrument e<strong>in</strong>gesetzt, das die genannten<br />

Kriterien der Computerspielabhängigkeit erfasst. Bevor dieses vorgestellt wird, soll jedoch<br />

auf die Selbste<strong>in</strong>schätzung der <strong>Jugendliche</strong>n e<strong>in</strong>gegangen werden. Diese wurden ganz allgeme<strong>in</strong><br />

gefragt, <strong>in</strong>wieweit sie glauben, <strong>von</strong> Computer- oder Videospielen abhängig zu se<strong>in</strong>,<br />

„ähnlich wie bei e<strong>in</strong>er Sucht“. Zwei Drittel (66,8 %) der <strong>Wolfsburg</strong>er <strong>Jugendliche</strong>n me<strong>in</strong>ten,<br />

gar nicht <strong>von</strong> Computerspielen abhängig zu se<strong>in</strong>, 1,2 % sagten, dies wäre sehr stark der Fall.<br />

Mädchen me<strong>in</strong>ten zu 84,0 %, gar nicht <strong>von</strong> Computerspielen abhängig zu se<strong>in</strong>, bei Jungen<br />

beträgt dieser Anteil h<strong>in</strong>gegen nur 49,4 %. In Abbildung 6.3 s<strong>in</strong>d diejenigen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

ausgewiesen, die auf der sechsstufigen Antwortskala Werte zwischen 4 <strong>und</strong> 6 erreicht haben.<br />

Geht man da<strong>von</strong> aus, dass es sich dabei um jene <strong>Jugendliche</strong>n handelt, die sich eher e<strong>in</strong>e Abhängigkeit<br />

zuschreiben, so tritt der Geschlechterunterschied ebenfalls zu Tage: 15,6 % der<br />

Jungen <strong>und</strong> 3,3 % der Mädchen schreiben sich <strong>in</strong> dieser Form e<strong>in</strong>e Abhängigkeit zu. Diese<br />

Quoten liegen deutlich niedriger <strong>als</strong> bei der deutschlandweiten Befragung 2007/2008. Ihrem<br />

eigenen Gefühl nach s<strong>in</strong>d die <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s <strong>als</strong>o weniger computerspielabhängig<br />

<strong>als</strong> die <strong>Jugendliche</strong>n aus den westdeutschen B<strong>und</strong>esländern. E<strong>in</strong> vergleichbares Bild ergibt<br />

sich auch beim E<strong>in</strong>kaufen, beim Alkohol <strong>und</strong> beim Glücksspiel. Die <strong>Jugendliche</strong>n wurden<br />

diesbezüglich gefragt, ob sie das Gefühl haben, <strong>von</strong> bestimmten anderen D<strong>in</strong>gen abhängig zu<br />

se<strong>in</strong>, wobei die fünf <strong>in</strong> Abbildung 6.3 berichteten Tätigkeiten bzw. Substanzen aufgeführt<br />

worden s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>e Ausnahme besteht allerd<strong>in</strong>gs beim Internet: Sowohl die Jungen <strong>als</strong> auch<br />

die Mädchen <strong>Wolfsburg</strong>s geben häufiger an, vom Internet abhängig zu se<strong>in</strong> <strong>als</strong> die Jungen<br />

<strong>und</strong> Mädchen der b<strong>und</strong>esweiten Schülerbefragung. Dies deutet auf e<strong>in</strong>en steigenden Stellenwert<br />

des Internets h<strong>in</strong>, mit z.T. negativen Folgen.<br />

88


Abbildung 6.3: Abhängigkeitsgefühl nach Geschlecht (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

35,0<br />

30,0<br />

25,0<br />

20,0<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

4,1<br />

4,3<br />

E<strong>in</strong>kaufen<br />

6,9<br />

9,0<br />

Alkohol<br />

2,1<br />

3,3<br />

Glücksspiel<br />

25,7<br />

Internet<br />

23,4<br />

14,7<br />

Fernsehen<br />

13,3<br />

15,6<br />

20,1<br />

Computerspiele<br />

13,4<br />

19,5<br />

3,6<br />

5,4<br />

0,2<br />

0,8<br />

Jungen Mädchen<br />

E<strong>in</strong>kaufen<br />

Alkohol<br />

Glücksspiel<br />

29,9<br />

Internet<br />

28,2<br />

12,9<br />

13,9<br />

Fernsehen<br />

3,3<br />

Computerspiele<br />

11,2<br />

<strong>Wolfsburg</strong><br />

B<strong>und</strong> (West)<br />

Ob sich h<strong>in</strong>ter der niedrigeren Quote bei der selbst e<strong>in</strong>geschätzten Computerspielabhängigkeit<br />

tatsächlich e<strong>in</strong>e niedrigere Problembelastung oder aber e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ges Problembewusstse<strong>in</strong> verbirgt,<br />

kann durch Verwendung e<strong>in</strong>es alternativen Mess<strong>in</strong>struments ermittelt werden, die KFN-<br />

CASA-II-Skala (vgl. Rehbe<strong>in</strong> et al. 2009). Dieses Instrument be<strong>in</strong>halten 14 Items, welche die<br />

angesprochenen fünf Kriterien bzw. Dimensionen e<strong>in</strong>er Abhängigkeit erfassen (vgl. Tabelle<br />

6.4). Jeweils vier Items beziehen sich dabei auf die Messung der E<strong>in</strong>engung des Denkens <strong>und</strong><br />

Verhaltens sowie der negativen Konsequenzen. Bei letztgenannten wurde zwischen negativen<br />

Konsequenzen im schulischen <strong>und</strong> im sozialen Bereich unterschieden. Jeweils zwei Items<br />

messen den Kontrollverlust, die Entzugsersche<strong>in</strong>ungen <strong>und</strong> die Toleranzentwicklung. Den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Aussagen wird <strong>in</strong> unterschiedlichem Ausmaß zugestimmt (die Zustimmung konnte<br />

<strong>von</strong> „1 – stimmt nicht“ bis „4 – stimmt genau“ abgestuft werden); dennoch wird bei ke<strong>in</strong>em<br />

Item der theoretische Mittelwert <strong>von</strong> 2,5 erreicht, d.h. es ist immer nur e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Teil aller<br />

Befragten, der sich zustimmend äußert. Am ehesten wird der Aussage zugestimmt, dass man<br />

länger spielt, <strong>als</strong> man sich vorgenommen hat <strong>und</strong> dass die Gedanken auch jenseits des Computerspielens<br />

um die Spiele kreisen. Am seltensten s<strong>in</strong>d die <strong>Jugendliche</strong>n der Ansicht, dass sie<br />

unruhig oder nervös werden, wenn sie längere Zeit nicht spielen können. Der hohe<br />

Cronbachs-Alpha-Wert belegt, dass die Antworten der <strong>Jugendliche</strong>n für die e<strong>in</strong>zelnen Aussagen<br />

hoch mite<strong>in</strong>ander korrelieren <strong>und</strong> <strong>in</strong>sofern e<strong>in</strong> zuverlässiges Mess<strong>in</strong>strument zur Erfassung<br />

der Computerspielabhängigkeit vorliegt. Informationen zur Validität des Instruments<br />

f<strong>in</strong>den sich bei Rehbe<strong>in</strong> et al. (2009).<br />

89


Tabelle 6.4: Computerspielabhängigkeitsskala (Mittelwerte; gewichtete Daten)<br />

Kriterium Item<br />

Fälle mit<br />

Mittelwert fehlenden<br />

Angaben<br />

Ich beschäftige mich auch während der Zeit, <strong>in</strong> der ich nicht Computer<strong>und</strong><br />

Videospiele, gedanklich sehr viel mit Spielen.<br />

1.63 263<br />

Me<strong>in</strong>e Gedanken kreisen ständig ums Computer- <strong>und</strong> Videospielen,<br />

E<strong>in</strong>engung des<br />

auch wenn ich gar nicht spiele.<br />

Denkens <strong>und</strong><br />

Verhaltens<br />

Zu bestimmten Zeiten oder <strong>in</strong> bestimmten Situationen spiele ich eigentlich<br />

immer: Das ist fast zu e<strong>in</strong>er Rout<strong>in</strong>e für mich geworden.<br />

1.27<br />

1.59<br />

281<br />

260<br />

Es kommt vor, dass ich eigentlich etwas ganz anderes tue <strong>und</strong> dann<br />

ohne zu überlegen e<strong>in</strong> Computerspiel starte.<br />

1.39 260<br />

Me<strong>in</strong>e Leistungen <strong>in</strong> der Schule leiden unter me<strong>in</strong>en Spielgewohnheiten.<br />

1.28 282<br />

Negative Konsequenzen<br />

Ich b<strong>in</strong> so häufig <strong>und</strong> <strong>in</strong>tensiv mit Computer- <strong>und</strong> Videospielen beschäftigt,<br />

dass ich manchmal Probleme <strong>in</strong> der Schule bekomme.<br />

Mir wichtige Menschen beschweren sich, dass ich zuviel Zeit mit Spielen<br />

verbr<strong>in</strong>ge.<br />

1.30<br />

1.51<br />

280<br />

283<br />

Weil ich soviel spiele, unternehme ich weniger mit anderen. 1.30 282<br />

Ich verbr<strong>in</strong>ge oft mehr Zeit mit Computer- <strong>und</strong> Videospielen, <strong>als</strong> ich mir<br />

Kontrollverlust vorgenommen habe.<br />

1.77 261<br />

Ich habe das Gefühl, me<strong>in</strong>e Spielzeit nicht kontrollieren zu können. 1.39 261<br />

Entzugs- Wenn ich nicht spielen kann, b<strong>in</strong> ich gereizt <strong>und</strong> unzufrieden. 1.32 280<br />

ersche<strong>in</strong>ungen Wenn ich längere Zeit nicht spiele, werde ich unruhig <strong>und</strong> nervös. 1.18 282<br />

Toleranzentwicklung<br />

Ich habe das Gefühl, dass Computer- oder Videospiele für mich immer<br />

wichtiger werden.<br />

Ich muss immer länger spielen, um zufrieden zu se<strong>in</strong>.<br />

1.45<br />

1.30<br />

262<br />

260<br />

Cronbachs Alpha (stand.) .94 303<br />

Die Antworten der Schüler auf die 14 Items wurden für all jene Befragten addiert, die vollständige<br />

Angaben gemacht haben, <strong>als</strong>o ke<strong>in</strong> Item bei der Beantwortung ausgelassen haben.<br />

Die Werte e<strong>in</strong>es Schülers können dementsprechend zwischen 14 <strong>und</strong> 56 variieren. Angelehnt<br />

an den Vorschlag <strong>von</strong> Hahn <strong>und</strong> Jerusalem (2001) zur Erfassung der Internetsucht sollen jene<br />

<strong>Jugendliche</strong>n, die durchschnittlich m<strong>in</strong>destens „3 – stimmt eher“ angekreuzt haben, <strong>als</strong> abhängig<br />

bezeichnet werden, d.h. <strong>Jugendliche</strong>, die Werte <strong>von</strong> 42 bis 56 erreichen. <strong>Jugendliche</strong><br />

mit dem Durchschnittswert <strong>von</strong> 2,5 bis unter 3,0 gelten <strong>als</strong> gefährdet (Werte 35 bis höchstens<br />

41 Punkte). Die restlichen Schüler werden <strong>als</strong> unauffällig bezeichnet. E<strong>in</strong> zentrales Problem<br />

ergibt sich bei dieser Bildungsvorschrift: In der <strong>Wolfsburg</strong>-Befragung liegen zu 25,4 % der<br />

Befragten (303 Fälle) ke<strong>in</strong>e Werte auf der Skala vor. E<strong>in</strong> möglicher Gr<strong>und</strong> hierfür ist, dass es<br />

sich bei diesen <strong>Jugendliche</strong>n um Nichtspieler handeln könnte, die im Fragebogen den Teil zur<br />

Abhängigkeit überspr<strong>in</strong>gen konnten. Deshalb wurde auf Basis verschiedener Angaben zum<br />

zeitlichen Ausmaß des Computerspielens nach H<strong>in</strong>weisen gesucht, die die Folgerung stützen,<br />

dass es sich um Nichtspieler handelt. Wenn Schüler angegeben haben, an e<strong>in</strong>em gewöhnlichen<br />

Schul- bzw. Wochenendtag ke<strong>in</strong>e Zeit mit Computerspielen (Onl<strong>in</strong>e wie Nicht-Onl<strong>in</strong>e)<br />

zu verbr<strong>in</strong>gen bzw. wenn sie (bei fehlenden Angaben zur täglichen Computerspielzeit) e<strong>in</strong>mal<br />

im Monat oder seltener Computer, Spielkonsole oder tragbare Spielkonsole spielen, dann<br />

werden sie <strong>als</strong> Nichtspieler klassifiziert. Diese werden der Gruppe der unauffälligen Spieler<br />

zugeordnet. Allerd<strong>in</strong>gs wird damit nur e<strong>in</strong> Teil der Fälle mit fehlenden Angaben klassifiziert:<br />

In der Schülerbefragung <strong>Wolfsburg</strong> bleiben weiterh<strong>in</strong> 9,5 % der <strong>Jugendliche</strong>n aufgr<strong>und</strong> fehlender<br />

Werte unberücksichtigt. Die Frage, warum es e<strong>in</strong>en solch großen Anteil an Schülern<br />

90


gibt, die trotz täglichen Computerspielens die Abhängigkeitsskala nicht (komplett) ausgefüllt<br />

haben, lässt sich aufgr<strong>und</strong> mangelnder Informationen an dieser Stelle nicht beantworten.<br />

Nach der Bildungsvorschrift <strong>von</strong> Hahn <strong>und</strong> Jerusalem (2001) werden gefährdete <strong>und</strong> abhängige<br />

<strong>Jugendliche</strong> unterschieden. Beides trifft aber generell nur auf e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Teil der <strong>Jugendliche</strong>n<br />

zu. Bei h<strong>in</strong>reichend großen Stichproben ist dies unproblematisch, da die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Gruppen mit ausreichend Fällen besetzt s<strong>in</strong>d. Im Fall der Befragung <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> würden<br />

aber nur 23 Befragte <strong>als</strong> gefährdet <strong>und</strong> 22 Befragte <strong>als</strong> abhängig e<strong>in</strong>gestuft (gewichtete Daten).<br />

Da es nicht s<strong>in</strong>nvoll ist, zu solch kle<strong>in</strong>en Gruppen Aussagen zu treffen, wird im Folgenden<br />

nur zwischen der zusammengefassten Gruppe der gefährdeten/abhängigen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

<strong>und</strong> der Gruppe der nicht auffälligen <strong>Jugendliche</strong>n unterschieden.<br />

In Abbildung 6.4 s<strong>in</strong>d die Quoten gefährdeter/abhängiger <strong>Jugendliche</strong>r dargestellt. In<br />

<strong>Wolfsburg</strong> werden 4,1 % der <strong>Jugendliche</strong>n dieser Gruppe zugeordnet. Dies liegt im b<strong>und</strong>esdeutschen<br />

Durchschnitt. Jungen s<strong>in</strong>d dabei mit 7,4 % mehr <strong>als</strong> zwölf Mal häufiger gefährdet<br />

oder abhängig <strong>als</strong> Mädchen (0,6 %). Auch dies entspricht den b<strong>und</strong>esdeutschen Verhältnissen.<br />

Damit lässt sich folgern, dass In <strong>Wolfsburg</strong> das Problembewusstse<strong>in</strong> für die Gefahren des<br />

Spielens noch nicht ausreichend entwickelt ist. E<strong>in</strong> vergleichbar hoher Anteil wie im B<strong>und</strong><br />

weist hier e<strong>in</strong>e Gefährdung bzw. Abhängigkeit auf; die Selbste<strong>in</strong>schätzung liegt aber noch<br />

h<strong>in</strong>ter dem b<strong>und</strong>esdeutschen Schnitt zurück.<br />

Abbildung 6.4: Anteil gefährdeter/abhängiger <strong>Jugendliche</strong> nach Geschlecht (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

8,0<br />

7,0<br />

6,0<br />

5,0<br />

4,0<br />

3,0<br />

2,0<br />

1,0<br />

0,0<br />

4,1<br />

4,3<br />

7,4<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West) <strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West) <strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West)<br />

gesamt Jungen Mädchen<br />

Auch <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> bestätigt sich, dass gefährdete/abhängige <strong>Jugendliche</strong> negative Konsequenzen<br />

im Bereich der Schulnoten berichten. Entsprechend Abbildung 6.5 weisen diese<br />

Schüler im Vergleich zu den Nichtspielern bzw. unauffälligen Spielern die schlechteren Noten<br />

auf. E<strong>in</strong>zig bei der Sportnote wird der Unterschied <strong>als</strong> nicht signifikant ausgewiesen. Die<br />

Auswertungen wurden dabei nur auf männliche Befragte beschränkt; Nichtspieler wurden aus<br />

der Analyse ausgeschlossen, so dass tatsächlich der negative E<strong>in</strong>fluss des problematischen<br />

Spielens, d.h. des e<strong>in</strong>er Verhaltensabhängigkeit gleichenden Spielens aufgezeigt werden kann.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich wird über das Außenkriterium der Zeugnisnoten zusätzlich die Validität der<br />

Skala zur Erfassung der Computerspielabhängigkeit unterstrichen.<br />

7,5<br />

0,6<br />

0,7<br />

91


Abbildung 6.5: Zeugnisnoten <strong>in</strong> verschiedenen Fächern nach Computerspielabhängigkeit, nur männliche<br />

Befragte (Mittelwerte; gewichtete Daten)<br />

92<br />

6,00<br />

5,50<br />

5,00<br />

4,50<br />

4,00<br />

3,50<br />

3,00<br />

2,50<br />

2,00<br />

1,50<br />

1,00<br />

3,20<br />

3,57<br />

2,94<br />

3,32<br />

Deutsch Mathematik Sport Geschichte<br />

2,04<br />

2,28<br />

unauffällig (ohne Nichtspieler) gefährdet/abhängig<br />

Zwischen den <strong>Jugendliche</strong>n der unterschiedenen Gruppen variieren zudem die Zeiten für verschiedene<br />

Freizeitbeschäftigungen, wie Abbildung 6.6 wiederum bezogen auf die männlichen<br />

Befragten <strong>Wolfsburg</strong>s zeigt. Alle Medienaktivitäten, <strong>in</strong>sbesondere aber das Computerspielen<br />

s<strong>in</strong>d bei den <strong>als</strong> gefährdet/abhängig e<strong>in</strong>gestuften Jungen erhöht, was die These nahe legt, dass<br />

die Computerspielabhängigkeit Ausdruck e<strong>in</strong>er Art Medienabhängigkeit ist <strong>und</strong> nicht notwendig<br />

auf e<strong>in</strong> Medium begrenzt ist (vgl. <strong>Baier</strong>/Rehbe<strong>in</strong> 2009). Gefährdete/abhängige Jungen<br />

beschäftigen sich daneben durchschnittlich weniger Zeit mit Sport, Lesen <strong>und</strong> Engagement<br />

für soziale <strong>und</strong> politische Fragen. Für die Familie haben sie aber genauso lange Zeit wie die<br />

unauffälligen <strong>Jugendliche</strong>n, ebenso für Musik oder den Veranstaltungsbesuch (Kneipe, K<strong>in</strong>o<br />

etc.). Somit lässt sich nicht pauschal sagen, dass alle Bereiche jenseits des Medienkonsums an<br />

Bedeutung verlieren.<br />

Abbildung 6.6: Durchschnittliche Zeit für Freizeitaktivitäten nach Computerspielabhängigkeit, nur<br />

männliche Befragte (<strong>in</strong> St<strong>und</strong>en : M<strong>in</strong>uten; gewichtete Daten)<br />

Fernsehen<br />

Sport treiben<br />

Computerspielen: Onl<strong>in</strong>e<br />

im Internet chatten<br />

Filme schauen auf DVD<br />

etwas mit Familie unternehmen<br />

<strong>in</strong> Kneipe, Disco, K<strong>in</strong>o gehen<br />

Computerspielen: nicht Onl<strong>in</strong>e<br />

Bücher lesen<br />

Musik machen/Musikst<strong>und</strong>e<br />

für Umwelt, Politik, Soziales e<strong>in</strong>setzen<br />

00:05<br />

00:20<br />

00:19<br />

00:17<br />

00:05<br />

00:13<br />

01:14<br />

01:07<br />

01:08<br />

00:57<br />

00:56<br />

00:52<br />

01:20<br />

01:49<br />

01:47<br />

01:55<br />

01:45<br />

01:57<br />

01:43<br />

02:23<br />

2,80<br />

03:05<br />

3,44<br />

03:25<br />

00:00 00:28 00:57 01:26 01:55 02:24 02:52 03:21 03:50<br />

unauffällig (ohne Nichtspieler) gefährdet/abhängig


Wenden wir uns möglichen Bed<strong>in</strong>gungsfaktoren der Ausbildung e<strong>in</strong>er Computerspielabhängigkeit<br />

zu, so ist zunächst wieder darauf h<strong>in</strong>zuweisen, dass wir nur e<strong>in</strong>e<br />

Querschnittsbefragung <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> durchgeführt haben, mit der kausale Schlüsse nicht gezogen<br />

werden können. Dennoch kann das Auff<strong>in</strong>den <strong>von</strong> korrelativen Zusammenhängen<br />

wichtige H<strong>in</strong>weise auf mögliche Entstehungsbed<strong>in</strong>gungen liefern. In Abbildung 6.7 ist <strong>als</strong><br />

erstes der Zusammenhang zwischen dem Spielen verschiedener Genres <strong>und</strong> dem Anteil gefährdeter/abhängiger<br />

Spieler dargestellt, <strong>und</strong> zwar für jene Genres, für die sich signifikante<br />

Beziehungen auff<strong>in</strong>den lassen; die Auswertungen wurden dabei nur auf die männlichen Befragten<br />

beschränkt, die männlichen Nichtspieler bleiben ebenfalls unberücksichtigt. 24 Enge<br />

Zusammenhänge ergeben sich für das Spielen <strong>von</strong> Onl<strong>in</strong>e-Rollenspielen, <strong>in</strong>sbesondere für das<br />

Spielen <strong>von</strong> World of Warcraft: <strong>Jugendliche</strong>, die dieses Spiel nie spielen, gehören zu 4,4 % zu<br />

den gefährdeten bzw. abhängigen Spielern, <strong>Jugendliche</strong> die es häufiger Spielen (m<strong>in</strong>destens<br />

e<strong>in</strong>mal pro Woche) zu 20,4 %. Dieser Bef<strong>und</strong> bestätigt die Ergebnisse der Schülerbefragung<br />

2007/2008, <strong>in</strong> der sich gezeigt hat, dass World of Warcraft das größte Abhängigkeitspotenzial<br />

entfaltet, was mit der Art der Spielstruktur <strong>in</strong> Zusammenhang steht (u.a. Vergabe <strong>von</strong> Belohnungen,<br />

Spielen <strong>in</strong> Gruppen; vgl. Rehbe<strong>in</strong> et al. 2009). Jeder fünfte männliche <strong>Jugendliche</strong>,<br />

der dieses Spiel spielt, wurde <strong>in</strong> der Befragung 2007/2008 <strong>als</strong> abhängig oder gefährdet e<strong>in</strong>gestuft.<br />

In den Auswertungen der <strong>Wolfsburg</strong>-Befragung ergeben sich aber auch für andere Genres<br />

Zusammenhänge mit der Computerspielabhängigkeit, so u.a. für die <strong>Gewalt</strong>spiele.<br />

Abbildung 6.7: Anteil gefährdeter/abhängiger Spieler nach Häufigkeit des Spielens verschiedener Spielgenres,<br />

nur männliche Befragte (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

25,0<br />

20,0<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

nie<br />

7,6 8,3<br />

selten<br />

19,4<br />

Lebens-/<br />

Aufbausim.<br />

häufig<br />

nie<br />

6,1<br />

selten<br />

9,2<br />

häufig<br />

15,6<br />

nie<br />

2,9<br />

7,2<br />

11,2<br />

Adventures Ego-/Third-<br />

Person-Shooter<br />

selten<br />

häufig<br />

nie<br />

5,9<br />

selten<br />

10,4<br />

Kampf-/<br />

Prügelsp.<br />

häufig<br />

14,9<br />

nie<br />

4,4<br />

selten<br />

10,5<br />

World of<br />

Warcraft<br />

häufig<br />

20,4<br />

nie<br />

5,8<br />

selten<br />

7,8<br />

häufig<br />

18,4<br />

andere Onl<strong>in</strong>e-<br />

Rollenspiele<br />

Neben den Eigenschaften <strong>von</strong> Spielen stehen auch Eigenschaften des Spielers mit der Ausbildung<br />

e<strong>in</strong>er Gefährdung bzw. Abhängigkeit <strong>in</strong> Beziehung, wie die Analysen <strong>von</strong> Rehbe<strong>in</strong> et al.<br />

(2009) belegen. Hierzu gehören die Erfahrungen elterlicher <strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dheit, die eigene<br />

<strong>Gewalt</strong>akzeptanz oder die Nutzung <strong>von</strong> Spielen bei realweltlichen Misserfolgserlebnissen.<br />

<strong>Baier</strong> et al. (2010a) können anhand e<strong>in</strong>er Schülerbefragung <strong>in</strong> Sachsen-Anhalt belegen, dass<br />

e<strong>in</strong>e hohe elterliche Zuwendung das Risiko der Ausbildung e<strong>in</strong>er Computerspielabhängigkeit<br />

reduziert. Für e<strong>in</strong>ige andere Faktoren ergibt sich h<strong>in</strong>gegen ke<strong>in</strong> E<strong>in</strong>fluss. So gilt <strong>in</strong> Sachsen-<br />

Anhalt wie auch <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong>, dass die besuchte Schulform oder die ethnische Herkunft weitestgehend<br />

bedeutungslos s<strong>in</strong>d. Dies verdeutlicht Abbildung 6.8. Zwar f<strong>in</strong>det sich für die<br />

24 Es wurde das 10-%-Irrtumswahrsche<strong>in</strong>lichkeitsniveau zugr<strong>und</strong>e gelegt, weil die Fallzahlen durch die<br />

genannten E<strong>in</strong>schränkungen ger<strong>in</strong>ger ausfallen.<br />

93


männlichen Förder- <strong>und</strong> Hauptschüler die höchste Quote gefährdeter/abhängiger <strong>Jugendliche</strong>r,<br />

bei den männlichen Gymnasiasten <strong>Wolfsburg</strong>s beträgt diese Quote aber immerh<strong>in</strong> auch<br />

7,5 %. Die nichtdeutschen Befragten weisen e<strong>in</strong>e Quote gefährdeter/abhängiger <strong>Jugendliche</strong>r<br />

<strong>von</strong> 4,9 % auf, bei den deutschen <strong>Jugendliche</strong>n beträgt die Quote 8,7 %. Sowohl <strong>in</strong> den Analysen<br />

<strong>von</strong> <strong>Baier</strong> et al. (2010a) <strong>als</strong> auch <strong>in</strong> den Analysen zu <strong>Wolfsburg</strong> zeigt sich demgegenüber,<br />

dass <strong>Jugendliche</strong> mit ADHS-Diagnose fast dreimal häufiger gefährdet/abhängig s<strong>in</strong>d <strong>als</strong><br />

<strong>Jugendliche</strong> ohne diese Diagnose. <strong>Jugendliche</strong> mit ADHS sche<strong>in</strong>en immer auf der Suche nach<br />

spezifischen Anregungen zu se<strong>in</strong>, die ihnen die Medien liefern können. In e<strong>in</strong>er früheren Befragung<br />

konnten wir auch zeigen, dass e<strong>in</strong>e solche Diagnose mit längeren Spielzeiten e<strong>in</strong>her<br />

geht (<strong>Baier</strong> et al. 2006, S. 175ff).<br />

Abbildung 6.8: Anteil gefährdeter/abhängiger Spieler nach verschiedenen Merkmalen, nur männliche<br />

Befragte (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

94<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

13,2<br />

Förder-<br />

/Hauptschule<br />

Re<strong>als</strong>chule<br />

3,5<br />

Gesamtschule<br />

4,4<br />

Gymnasium<br />

7,5<br />

deutsch<br />

8,7<br />

nichtdeutsch<br />

4,9<br />

ADHS: ne<strong>in</strong><br />

6,4<br />

14,3<br />

ADHS: ja


7. Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit <strong>und</strong> Rechtsextremismus bei deutschen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

Stereotype <strong>und</strong> Vorurteile über bestimmte Personengruppen s<strong>in</strong>d relativ weit verbreitet. Sie<br />

basieren auf sozialer Kategorisierung, <strong>als</strong>o auf der Zusammenfassung <strong>von</strong> Subjekten mit geme<strong>in</strong>samen<br />

Merkmalen zu Gruppen. Zwar ist die soziale Kategorisierung e<strong>in</strong>e für den Menschen<br />

unverzichtbare Möglichkeit, die Komplexität der Umwelt zu reduzieren <strong>und</strong> neue Informationen<br />

schnell an bereits bestehende Wissensbestände anzugliedern. Sie br<strong>in</strong>gt aber<br />

gleichzeitig Gefahren mit sich. Sobald Menschen sozialen Kategorien zugeordnet werden,<br />

verlieren <strong>in</strong>dividuelle Merkmale an Bedeutung. Über die Kategorisierung werden zudem<br />

Grenzen zwischen Mitgliedern der e<strong>in</strong>en Gruppe <strong>und</strong> Mitgliedern anderer Gruppen gezogen,<br />

womit es zur Unterscheidung zwischen Eigen- <strong>und</strong> Fremdgruppen kommen kann. Die Mitgliedschaft<br />

<strong>in</strong> der Eigengruppe ist dann konstitutiv für die eigene soziale Identität <strong>und</strong> das<br />

eigene Handeln, dass aus dieser Identität folgt. Da Menschen nach e<strong>in</strong>er positiven sozialen<br />

Identität streben, werden der Eigengruppe vermehrt positive Eigenschaften zugesprochen. Die<br />

Eigengruppenfavorisierung kann e<strong>in</strong>her gehen mit der Fremdgruppenabwertung. Diese Prozesse<br />

lassen sich vor allem bei Mehrheit-M<strong>in</strong>derheiten-Verhältnissen beobachten. Negative<br />

E<strong>in</strong>stellungen werden dann <strong>in</strong>sbesondere den M<strong>in</strong>derheiten entgegen gebracht. Die sexuelle<br />

Orientierung, die Religionszugehörigkeit oder die ethnische Herkunft können <strong>als</strong> Anlass genommen<br />

werden, Fremdgruppen zu konstruieren <strong>und</strong> abzuwerten. In Deutschland besteht,<br />

historisch bed<strong>in</strong>gt, e<strong>in</strong> besonders großes Interesse daran, Erkenntnisse über E<strong>in</strong>stellungen <strong>und</strong><br />

Verhaltensweisen ethnischen M<strong>in</strong>derheiten gegenüber zu gew<strong>in</strong>nen. Neuere Untersuchungen<br />

erweitern die Perspektive <strong>und</strong> widmen sich der „Menschenfe<strong>in</strong>dlichkeit“ (Heitmeyer 2002),<br />

die fremdenfe<strong>in</strong>dliche Haltungen ebenso e<strong>in</strong>schließt wie die Muslimfe<strong>in</strong>dlichkeit oder die<br />

Fe<strong>in</strong>dlichkeiten gegenüber Homosexuellen, Obdachlosen oder Beh<strong>in</strong>derten. In der Schülerbefragung<br />

<strong>Wolfsburg</strong> haben wir uns auf die Erfassung ausländerfe<strong>in</strong>dlicher bzw. antisemitischer<br />

E<strong>in</strong>stellungen <strong>und</strong> rechtsextremer Verhaltensweisen beschränkt. Die entsprechenden Fragen<br />

wurden dabei nur den deutschen <strong>Jugendliche</strong>n gestellt. Insofern beschränken sich die Auswertungen<br />

dieses Abschnitts auf die <strong>Jugendliche</strong>n mit deutscher Herkunft. Als deutsch wurden<br />

jene <strong>Jugendliche</strong>n e<strong>in</strong>gestuft, die <strong>in</strong> Deutschland geboren wurden <strong>und</strong> die die deutsche Staatsangehörigkeit<br />

besitzen <strong>und</strong> bei denen das gleiche auch auf die leiblichen Eltern zutrifft. Auch<br />

hier ist es wieder möglich, Vergleiche mit der b<strong>und</strong>esweiten Schülerbefragung 2007/2008 zu<br />

ziehen.<br />

E<strong>in</strong> erster Indikator für die fremdenfe<strong>in</strong>dlichen E<strong>in</strong>stellungen stellen die Antworten auf die<br />

Frage dar, wie angenehm oder unangenehm e<strong>in</strong>em Angehörige bestimmter Herkunftsgruppen<br />

<strong>als</strong> Nachbarn wären. Die Antworten auf diese Frage konnten auf e<strong>in</strong>er Skala <strong>von</strong> „1 – sehr<br />

unangenehm“ bis „7 – sehr angenehm“ abgestuft werden. Die Mittelwerte der Antworten s<strong>in</strong>d<br />

<strong>in</strong> Abbildung 7.1 dargestellt; hohe Mittelwerte stehen dafür, dass die Gruppen <strong>als</strong> angenehmer<br />

e<strong>in</strong>gestuft werden. Am wenigsten angenehm werden <strong>von</strong> den deutschen <strong>Jugendliche</strong>n türkische<br />

Nachbarn e<strong>in</strong>gestuft; dies ist b<strong>und</strong>esweit nicht anders <strong>als</strong> <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong>. In <strong>Wolfsburg</strong><br />

liegt der Mittelwert allerd<strong>in</strong>gs etwas höher <strong>als</strong> im B<strong>und</strong>, d.h. hier werden die Türken etwas<br />

häufiger <strong>als</strong> angenehm e<strong>in</strong>gestuft. Dieses Muster zeigt sich für fast alle abgefragten Gruppen,<br />

für die Vergleiche möglich s<strong>in</strong>d: Aussiedler, Italiener, Dunkelhäutige <strong>und</strong> Schweden werden<br />

<strong>von</strong> deutschen <strong>Jugendliche</strong>n <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> durchschnittlich häufiger <strong>als</strong> angenehm wahrgenommen<br />

<strong>als</strong> <strong>von</strong> <strong>Jugendliche</strong>n aus den westdeutschen B<strong>und</strong>esländern. Interessant ist, dass<br />

95


türkische Nachbarn <strong>von</strong> den <strong>Jugendliche</strong>n <strong>als</strong> weniger angenehm e<strong>in</strong>gestuft werden <strong>als</strong> Muslime.<br />

Insofern sche<strong>in</strong>t die Distanz zu den Türken nicht alle<strong>in</strong> auf ihrer Religionszugehörigkeit<br />

zu beruhen. Deutsche Nachbarn werden <strong>in</strong>sgesamt am häufigsten <strong>als</strong> angenehm empf<strong>und</strong>en.<br />

Abbildung 7.1 Ausmaß der Befürwortung verschiedener Gruppen <strong>als</strong> Nachbar, nur deutsche Befragte<br />

(Mittelwerte; gewichtete Daten)<br />

96<br />

7,00<br />

6,00<br />

5,00<br />

4,00<br />

3,00<br />

2,00<br />

1,00<br />

6,17<br />

6,17<br />

Deutscher<br />

5,33<br />

5,13<br />

Schwede<br />

5,30<br />

Christ<br />

5,14<br />

4,93<br />

Dunkelhäutiger<br />

5,12<br />

4,97<br />

Italiener<br />

4,51<br />

S<strong>in</strong>ti/Roma<br />

4,48<br />

4,56<br />

Jude<br />

4,44<br />

4,15<br />

Aussiedler<br />

4,00<br />

Moslem<br />

3,65<br />

3,42<br />

Türke<br />

<strong>Wolfsburg</strong><br />

B<strong>und</strong> (West)<br />

Ausländerfe<strong>in</strong>dliche Vorurteile <strong>und</strong> E<strong>in</strong>stellungen lassen sich aber nicht über die vorgestellten<br />

E<strong>in</strong>zelaussagen messen. Um zu e<strong>in</strong>er verlässlichen E<strong>in</strong>schätzung der Verbreitung dieser E<strong>in</strong>stellungen<br />

zu kommen, bedarf es e<strong>in</strong>es etablierten Mess<strong>in</strong>strumentes, das mehrere Items be<strong>in</strong>haltet.<br />

Wir haben uns entschieden, e<strong>in</strong> Instrument zu nutzen, dass bereits wiederholt im<br />

ALLBUS 25 e<strong>in</strong>gesetzt wurde (vgl. Terwey et al. 2008). Die Befragten wurden gebeten, zu<br />

verschiedenen Aussagen anzugeben, wie sehr sie diesen auf e<strong>in</strong>er siebstufigen Skala <strong>von</strong> „1 –<br />

stimmt nicht“ bis „7 – stimmt genau“ zustimmen. Die Skala umfasst sechs Aussagen zur Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit<br />

<strong>und</strong> drei Aussagen zum Antisemitismus. In Tabelle 7.1 s<strong>in</strong>d die Aussagen<br />

zur Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit <strong>und</strong> die zugehörigen Mittelwerte dargestellt.<br />

Tabelle 7.1: Skala Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit, nur deutsche Befragte (Mittelwerte; gewichtete Daten)<br />

Mittelwert<br />

Die <strong>in</strong> Deutschland lebenden Ausländer sollten ihren Lebensstil besser an den der Deutschen anpassen.<br />

4.24<br />

Man sollte den <strong>in</strong> Deutschland lebenden Ausländern jede politische Betätigung untersagen. 2.38<br />

Die <strong>in</strong> Deutschland lebenden Ausländer sollten sich ihre Ehepartner unter ihren eigenen Landsleuten<br />

auswählen.<br />

2.22<br />

Die <strong>in</strong> Deutschland lebenden Ausländer s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Bereicherung für die Kultur <strong>in</strong> Deutschland. (-) 4.37<br />

Die meisten Ausländer s<strong>in</strong>d krim<strong>in</strong>ell. 3.70<br />

Wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man die <strong>in</strong> Deutschland lebenden Ausländer wieder <strong>in</strong><br />

ihre Heimat zurückschicken.<br />

3.07<br />

Skala 3.33<br />

Cronbachs Alpha (stand.)<br />

(-) = Umkehritem; der zugehörige Mittelwert bezieht sich auf das umkodierte Item<br />

.82<br />

Die höchste Zustimmung erhielt die Aussage, dass die <strong>in</strong> Deutschland lebenden Ausländer<br />

ke<strong>in</strong>e Bereicherung für die Kultur s<strong>in</strong>d. In der Tabelle ist der Orig<strong>in</strong>alwortlaut im Fragebogen<br />

aufgeführt, der Mittelwert bezieht sich aber auf das umkodierte Item; e<strong>in</strong> hoher Mittelwert<br />

steht <strong>als</strong>o auch bei diesem Item für e<strong>in</strong>e höhere Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit. Am zweithäufigsten<br />

25 ALLBUS steht für Allgeme<strong>in</strong>e Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften.


wurde der Aussage zugestimmt, dass die <strong>in</strong> Deutschland lebenden Ausländer ihren Lebensstil<br />

an den der Deutschen anpassen sollten. Eher selten erhielten die Forderungen Unterstützung,<br />

dass den Ausländern die politische Betätigung untersagt werden sollte <strong>und</strong> dass die Ausländer<br />

ihre Partner unter den eigenen Landsleuten wählen sollten. Der Gesamtmittelwert der Skala<br />

beträgt 3,33, was unterhalb des theoretischen Mittelwerts liegt; d.h. die Aussagen wurden<br />

häufiger abgelehnt <strong>als</strong> dass ihnen zugestimmt wurde. Für die nachfolgenden Darstellungen<br />

wurden drei Gruppen gebildet: Die erste Gruppe erreicht Mittelwerte zwischen 1,00 <strong>und</strong> 4,00<br />

(nicht ausländerfe<strong>in</strong>dlich); die zweite Gruppe hat Mittelwerte zwischen 4,01 <strong>und</strong> 5,5 (eher<br />

ausländerfe<strong>in</strong>dlich); die dritte Gruppe weist Mittelwerte zwischen 5,51 <strong>und</strong> 7,00 auf (hoch<br />

ausländerfe<strong>in</strong>dlich). Es ist an dieser Stelle darauf h<strong>in</strong>zuweisen, dass es für e<strong>in</strong>e Klassifikation<br />

e<strong>in</strong>es Befragten <strong>als</strong> hoch ausländerfe<strong>in</strong>dlich nicht ausreicht, wenn er e<strong>in</strong>er Aussage mit dem<br />

Wert sechs oder sieben zugestimmt hat; er muss im Mittel allen Aussagen <strong>in</strong> dieser Höhe zustimmen.<br />

Die drei Aussagen, mittels derer Antisemitismus erfasst wurde, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Tabelle 7.2 abgebildet.<br />

Allen Items wird eher selten zugestimmt, am seltensten der Aussage, dass die Juden auf der<br />

Welt zu viel E<strong>in</strong>fluss hätten. Der Gesamtmittelwert der Skala liegt mit 2,10 ebenfalls recht<br />

weit unterhalb des theoretischen Mittelwerts der Skala; die Ablehnung der Aussagen ist <strong>als</strong>o<br />

die Regel, nicht die Zustimmung. Äquivalent zur Skala „Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit“ wurde bei<br />

der Antisemitismus-Skala e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>teilung der Befragten <strong>in</strong> drei Gruppen vorgenommen.<br />

Tabelle 7.2: Skala Antisemitismus, nur deutsche Befragte (Mittelwerte; gewichtete Daten)<br />

Ich f<strong>in</strong>de es schrecklich, dass Deutsche so viele Verbrechen an den Juden begangen haben. (-)<br />

Mittelwert<br />

2.20<br />

Juden haben auf der Welt zu viel E<strong>in</strong>fluss. 1.97<br />

Durch ihr Verhalten s<strong>in</strong>d die Juden an ihren Verfolgungen nicht ganz unschuldig. 2.15<br />

Skala 2.10<br />

Cronbachs Alpha (stand.)<br />

(-) = Umkehritem; der zugehörige Mittelwert bezieht sich auf das umkodierte Item<br />

.69<br />

Abbildung 7.2 ist zu entnehmen, wie häufig die <strong>Jugendliche</strong>n <strong>in</strong> die verschiedenen Gruppen<br />

e<strong>in</strong>gestuft worden s<strong>in</strong>d. Als hoch ausländerfe<strong>in</strong>dlich müssen <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> 8,2 % der Befragten<br />

e<strong>in</strong>gestuft werden (hoch antisemitisch: 2,1 %), eher ausländerfe<strong>in</strong>dlich s<strong>in</strong>d 19,9 % der<br />

deutschen <strong>Jugendliche</strong>n (eher antisemitisch: 5,4 %). Bei beiden E<strong>in</strong>stellungen zeigen sich für<br />

<strong>Wolfsburg</strong> im Vergleich zum B<strong>und</strong> deutlich unterdurchschnittliche Belastungen. In der b<strong>und</strong>esweiten<br />

Befragung vertraten bspw. 14,2 % der deutschen <strong>Jugendliche</strong>n hoch ausländerfe<strong>in</strong>dliche<br />

E<strong>in</strong>stellungen, 3,9 % hoch antisemitische E<strong>in</strong>stellungen. Damit kann gefolgert<br />

werden, dass Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit <strong>und</strong> Antisemitismus <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> e<strong>in</strong> weniger verbreitetes<br />

Phänomen darstellen <strong>als</strong> <strong>in</strong> anderen Gebieten Deutschlands.<br />

Bezüglich beider E<strong>in</strong>stellungsmaße f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> Zusammenhang mit dem Geschlecht <strong>und</strong><br />

dem Bildungsniveau: Jungen s<strong>in</strong>d häufiger <strong>in</strong>sbesondere hoch ausländerfe<strong>in</strong>dlich bzw. hoch<br />

antisemitisch e<strong>in</strong>gestellt <strong>als</strong> Mädchen. Förder- <strong>und</strong> Hauptschüler gehören deutlich häufiger zu<br />

den (eher) ausländerfe<strong>in</strong>dlichen Schülern; bei den Gymnasiasten gilt dies nur für <strong>in</strong>sgesamt<br />

21,8 % der Befragten. H<strong>in</strong>sichtlich des Antisemitismus zeigt sich, dass die höchsten Zustimmungsquoten<br />

ebenfalls bei den Förder- <strong>und</strong> Hauptschülern existieren (<strong>in</strong>sgesamt 17,5 %);<br />

unter Gymnasiasten s<strong>in</strong>d entsprechende Haltungen die Ausnahme (3,9 %).<br />

97


Abbildung 7.2: Zustimmung zu ausländerfe<strong>in</strong>dlichen <strong>und</strong> antisemitischen Aussagen nach Geschlecht <strong>und</strong><br />

Schulform, nur deutsche Befragte (<strong>in</strong> %, gewichtete Daten)<br />

98<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

19,9<br />

<strong>Wolfsburg</strong><br />

8,2<br />

14,2<br />

26,5<br />

B<strong>und</strong> (West)<br />

20,7<br />

Jungen<br />

12,4<br />

3,2<br />

18,6<br />

Mädchen<br />

39,7<br />

Förd.-/Haupt.<br />

14,0<br />

11,2<br />

16,3<br />

Re<strong>als</strong>chule<br />

5,0<br />

16,5<br />

Gesamtschule<br />

5,9<br />

15,9<br />

Gymnasium<br />

Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit Antisemitismus<br />

2,1<br />

5,4<br />

<strong>Wolfsburg</strong><br />

3,9<br />

8,0<br />

B<strong>und</strong> (West)<br />

3,9<br />

5,9<br />

Jungen<br />

0,5<br />

4,1<br />

Mädchen<br />

5,0<br />

12,5<br />

Förd.-/Haupt.<br />

2,9<br />

8,0<br />

Re<strong>als</strong>chule<br />

0,0<br />

2,5<br />

Gesamtschule<br />

1,4<br />

2,5<br />

Gymnasium<br />

hohe Zustimmung<br />

eher Zustimmung<br />

Neben der E<strong>in</strong>stellungsebene wurde sich auch der Verhaltensebene gewidmet. Hierbei haben<br />

wir zwischen zwei Formen des Verhaltens unterschieden: niedrigschwellige, rechtsextreme<br />

Verhaltensweisen <strong>und</strong> rechtsextrem motivierte Straftaten. Zunächst soll auf die niedrigschwelligen<br />

Verhaltensweisen e<strong>in</strong>gegangen werden. Hiermit me<strong>in</strong>en wir Verhalten, das aus<br />

e<strong>in</strong>er rechtsextremen Orientierung heraus ausgeführt wird, das aber nicht strafbar ist; <strong>in</strong> dieser<br />

H<strong>in</strong>sicht ist die Schwelle, dieses Verhalten auszuführen, ger<strong>in</strong>ger. Drei solcher Verhaltensweisen<br />

wurden im Fragebogen <strong>in</strong> Bezug auf die letzten zwölf Monate erfasst (Tabelle 7.3):<br />

das Hören rechter Musikgruppen, das Tragen <strong>von</strong> Stickern/Buttons mit rechten Motiven auf<br />

Kleidung oder Schultasche <strong>und</strong> das Tragen rechter Kleidungsmarken. Die Häufigkeit der Ausführung<br />

dieses Verhaltens konnte <strong>von</strong> „1 – nie“ bis „5 – sehr oft“ e<strong>in</strong>geschätzt werden.<br />

Tabelle 7.3: Niedrigschwelliges rechtsextremes Verhalten, nur deutsche Befragte (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

Ich habe Musik m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>er der folgenden<br />

Gruppen gehört: Endstufe, Nordw<strong>in</strong>d, Kraftschlag,<br />

Störkraft, Landser.<br />

Auf me<strong>in</strong>er Schultasche oder me<strong>in</strong>er Kleidung<br />

habe ich Sticker oder Buttons getragen, um zu<br />

zeigen, dass ich rechts b<strong>in</strong>.<br />

nie selten manchmal<br />

oft<br />

84,9 11,8 3,3<br />

97,5 1,5 1,0<br />

Ich habe Kleidung bestimmter Marken wie<br />

Consdaple, Masterrace, Walhall Germany, Thor<br />

Ste<strong>in</strong>ar o.ä. getragen.<br />

94,8 3,8 1,4<br />

Index „Musik, Sticker, Kleidung“ 83,1 12,6 4,3<br />

Von diesen drei Verhaltensweisen wird das Hören rechter Musikgruppen am häufigsten praktiziert:<br />

Etwa jeder sechste deutsche <strong>Jugendliche</strong> (15,1 %) <strong>Wolfsburg</strong>s gab an, dies m<strong>in</strong>destens<br />

selten zu tun, 3,3 % tun dies oft oder sehr oft. Rechte Kleidungsmarken tragen 5,2 % der <strong>Jugendliche</strong>n<br />

zum<strong>in</strong>dest selten; Sticker/Buttons mit rechten Inhalten f<strong>in</strong>den sich bei 2,5 % der<br />

<strong>Jugendliche</strong>n. Aus den Angaben zu den drei Verhaltensweisen wurde e<strong>in</strong> Index gebildet, bei<br />

dem der höchste Wert der Aussagen berücksichtigt wurde. Hört e<strong>in</strong> <strong>Jugendliche</strong>r beispielsweise<br />

oft Musik e<strong>in</strong>er der genannten Gruppen, trägt aber ke<strong>in</strong>e Kleidung der angegebenen<br />

Marken oder rechte Sticker/Buttons, so geht der erste (<strong>als</strong>o der höchste) Wert <strong>in</strong> den Index<br />

e<strong>in</strong>. Hier auf die Index- <strong>und</strong> nicht auf die Skalenmittelwertsbildung zurückzugreifen sche<strong>in</strong>t<br />

deshalb gerechtfertigt, weil Verhalten abgefragt wird <strong>und</strong> die Frage lautet, wie viele Jugendli-<br />

sehr<br />

oft


che rechtsextrem motiviertes Verhalten zeigen. E<strong>in</strong>e Person, die häufig e<strong>in</strong>e bestimmte Form<br />

des rechten Verhaltens ausführt, zeigt nun e<strong>in</strong>mal häufig rechtes Verhalten. Von allen deutschen<br />

<strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s haben 83,1 % nie <strong>in</strong> den letzten zwölf Monaten niedrigschwelliges,<br />

rechtsextremes Verhalten ausgeführt; 12,6 % taten dies zum<strong>in</strong>dest selten, 4,3 %<br />

häufiger. Im Vergleich zum B<strong>und</strong>esdurchschnitt haben <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> erneut deutlich weniger<br />

<strong>Jugendliche</strong> zum<strong>in</strong>dest selten niedrigschwelliges, rechtsextremes Verhalten ausgeführt: Während<br />

dies <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> für 16,9 % zutrifft, gilt dies im B<strong>und</strong> für 25,6 %.<br />

Als weitere Verhaltensform haben wir das Begehen rechtsextremer Straftaten erfasst, wobei<br />

das rechtsextreme Motiv darüber abgebildet wurde, dass nach Taten, die sich explizit gegen<br />

Ausländer richteten, gefragt wurde. In Tabelle 7.4 s<strong>in</strong>d die Verhaltensweisen aufgeführt. E<strong>in</strong>en<br />

Ausländer absichtlich geschlagen <strong>und</strong> verletzt haben <strong>in</strong> ihrem bisherigen Leben 1,7 % der<br />

deutschen <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s. Etwas genauso häufig wurden Sachbeschädigungen ausgeführt,<br />

die sich gegen das Eigentum <strong>von</strong> Ausländern richteten (1,6 %). E<strong>in</strong> <strong>von</strong> Ausländern<br />

bewohntes Haus haben nur halb so viele <strong>Jugendliche</strong> beschädigt (0,8 %). M<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e der<br />

Taten haben <strong>in</strong> Bezug auf ihr bisheriges Leben 2,4 % der <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s ausgeführt.<br />

Dies liegt deutlich unter dem b<strong>und</strong>esdeutschen Schnitt: In der Schülerbefragung<br />

2007/2008 gaben 4,2 % der Schüler an, m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e solche Tat ausgeführt zu haben.<br />

Tabelle 7.4: Rechtsextreme Straftaten, nur deutsche Befragte (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West)<br />

absichtlich jemanden stark geschlagen <strong>und</strong> verletzt, weil er Ausländer<br />

war<br />

1,7 2,7<br />

absichtlich D<strong>in</strong>ge beschädigt, weil sie Ausländern gehörten 1,6 2,8<br />

absichtlich e<strong>in</strong> <strong>von</strong> Ausländern bewohntes Haus beschädigt 0,8 1,7<br />

Gesamt 2,4 4,2<br />

Zwischen den verschiedenen Indikatoren der Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit <strong>und</strong> des Rechtsextremismus<br />

gibt es enge Zusammenhänge. Allerd<strong>in</strong>gs gilt gleichzeitig auch, dass es <strong>Jugendliche</strong><br />

gibt, deren ausländerfe<strong>in</strong>dliche E<strong>in</strong>stellungen sich nicht <strong>in</strong> rechtsextremes Verhalten übersetzen;<br />

zudem gibt es <strong>Jugendliche</strong>, die entsprechendes Verhalten zeigen, dies aber nicht aus bestimmten<br />

Überzeugungen heraus zu tun sche<strong>in</strong>en. Nach der Def<strong>in</strong>ition <strong>von</strong> Heitmeyer (1987)<br />

sollte aber erst dann <strong>von</strong> Rechtsextremismus gesprochen werden, wenn sich beide Aspekte<br />

vere<strong>in</strong>en. Rechtsextremismus be<strong>in</strong>haltet e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>stellungs- <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Verhaltenskomponente,<br />

wobei letztere bislang im Wesentlichen im <strong>Gewalt</strong>verhalten gesehen wurde.<br />

In Anlehnung an den Vorschlag <strong>von</strong> Heitmeyer (1987) haben wir drei der vorgestellten Indikatoren<br />

(Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit, niedrigschwelliges Verhalten, rechtsextreme Straftaten) <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Klassifikation zusammen geführt (vgl. auch <strong>Baier</strong> et al. 2009, S. 121f), um den Anteil<br />

rechtsextremer <strong>Jugendliche</strong>r (<strong>in</strong> Denken <strong>und</strong> Handeln) zu bestimmen. Als rechtsextreme <strong>Jugendliche</strong><br />

gelten demnach nur jene Schüler, die hoch ausländerfe<strong>in</strong>dlich e<strong>in</strong>gestellt s<strong>in</strong>d <strong>und</strong><br />

die gleichzeitig oft/sehr oft niedrigschwelliges Verhalten zeigen bzw. die <strong>in</strong> ihrem bisherigen<br />

Leben schon e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e rechtsextreme Straftat begangen haben. Zu den E<strong>in</strong>stellungen müssen<br />

<strong>als</strong>o Verhaltensweisen h<strong>in</strong>zu treten. 26<br />

26 Zu beachten ist, dass es ausreicht, e<strong>in</strong>e der Verhaltensweisen-Bed<strong>in</strong>gungen zu erfüllen, um <strong>als</strong> rechtsextrem<br />

e<strong>in</strong>gestuft zu werden. Rechtsextreme <strong>Jugendliche</strong> s<strong>in</strong>d hoch ausländerfe<strong>in</strong>dlich <strong>und</strong> sie üben oft/sehr oft niedrigschwelliges<br />

Verhalten aus oder/<strong>und</strong> haben schon e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e rechtsextreme Straftat begangen.<br />

99


Insgesamt liegen zu 771 befragten deutschen Schülern aus <strong>Wolfsburg</strong> Antworten zu allen drei<br />

Indikatoren vor. Von diesen werden 2,6 % <strong>als</strong> rechtsextrem e<strong>in</strong>gestuft (Abbildung 7.3). Dies<br />

liegt deutlich unter dem b<strong>und</strong>esdeutschen Durchschnitt. H<strong>in</strong>sichtlich der anderen <strong>in</strong> Abbildung<br />

7.3 dargestellten Gruppen ergeben sich die bereits bekannten Unterschiede: Jungen s<strong>in</strong>d<br />

häufiger rechtsextrem <strong>als</strong> Mädchen (4,2 zu 0,8 %); Gymnasiasten werden deutlich seltener <strong>als</strong><br />

rechtsextrem e<strong>in</strong>gestuft <strong>als</strong> Förder- <strong>und</strong> Hauptschüler.<br />

Abbildung 7.3: Rechtsextremismus nach Geschlecht <strong>und</strong> Schulform (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

7,0<br />

6,0<br />

5,0<br />

4,0<br />

3,0<br />

2,0<br />

1,0<br />

0,0<br />

100<br />

<strong>Wolfsburg</strong><br />

2,6<br />

B<strong>und</strong> (West)<br />

5,0<br />

Jungen<br />

4,2<br />

Mädchen<br />

0,8<br />

Förd.-/Haupt.<br />

5,9<br />

Re<strong>als</strong>chule<br />

2,9<br />

Gesamtschule<br />

1,7<br />

1,4<br />

Gymnasium


8. Integration <strong>von</strong> nichtdeutschen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

Im Rahmen der Schülerbefragung <strong>Wolfsburg</strong> wurden vertiefend Informationen zum Stand der<br />

Integration verschiedener Gruppen nichtdeutscher <strong>Jugendliche</strong>r erfasst. Hierzu wurde auf das<br />

Fragebogenmodul der Schülerbefragung 2007/2008 zurückgegriffen (vgl. <strong>Baier</strong> et al. 2010, S.<br />

41ff), welches zudem um e<strong>in</strong>ige Fragen erweitert wurde. Das Fragebogenmodul zur Integration<br />

wurde nur <strong>von</strong> <strong>Jugendliche</strong>n mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> ausgefüllt; dies s<strong>in</strong>d 399 Befragte<br />

(gewichtete Daten). Die nachfolgend präsentierten Auswertungen beziehen sich weitestgehend<br />

auf diese Teilstichprobe der Befragung.<br />

Tabelle 8.1 gibt zunächst e<strong>in</strong>en Überblick über die Häufigkeit verschiedener<br />

Migrantengruppen <strong>in</strong> der Stichprobe, über das Geburtsland <strong>und</strong> die Staatsangehörigkeit. Die<br />

größten Migrantengruppen <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> bilden <strong>Jugendliche</strong> aus Ländern der ehemaligen<br />

Sowjetunion <strong>und</strong> Italien. <strong>Jugendliche</strong> türkischer <strong>und</strong> italienischer Herkunft s<strong>in</strong>d am häufigsten<br />

bereits <strong>in</strong> Deutschland geboren worden, besitzen zugleich aber am seltensten die deutsche<br />

Staatsangehörigkeit. <strong>Jugendliche</strong> aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion s<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>gegen am<br />

seltensten <strong>in</strong> Deutschland geboren worden, haben aber fast vollständig die deutsche Staatsangehörigkeit<br />

(96,6 %), was darauf zurückzuführen ist, dass es sich meist um K<strong>in</strong>der <strong>von</strong> Aussiedlern<br />

handelt. Beachtenswert ist, dass sich bei italienischen <strong>Jugendliche</strong>n e<strong>in</strong> im Vergleich<br />

zum b<strong>und</strong>esdeutschen Schnitt ger<strong>in</strong>gerer Anteil an Personen zeigt, die über die deutsche<br />

Staatsangehörigkeit verfügen. Die rechtliche Integration der italienischen <strong>Jugendliche</strong>n ist<br />

hier <strong>als</strong>o weniger gut entwickelt.<br />

Tabelle 8.1: Soziodemographische Merkmale der <strong>Jugendliche</strong>n mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> (<strong>in</strong> %; gewichtete<br />

Daten)<br />

N<br />

<strong>in</strong> Dt. geboren<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West)<br />

dt. Staatsangehörigkeit<br />

<strong>Wolfsburg</strong> B<strong>und</strong> (West)<br />

ehem. SU 120 60,7 28,1 96,6 91,5<br />

Italien 85 92,9 88,3 37,3 57,0<br />

Polen 41 85,0 82,1 85,0 89,1<br />

Türkei 26 92,3 88,5 56,0 43,8<br />

Anderes Land 128 66,7 74,2 76,2 70,1<br />

Gesamt 399 74,0 69,1 73,8 70,0<br />

Neben der rechtlichen Integration wurden verschiedene weitere Integrations<strong>in</strong>dikatoren erhoben.<br />

Dabei wurde sich am Integrationsmodell <strong>von</strong> Esser (2000) orientiert, der vier verschiedene<br />

Integrationsdimensionen unterscheidet. Die Integration der Akteure <strong>in</strong> die jeweiligen<br />

sozialen Systeme kann <strong>in</strong> Form des Erwerbs <strong>von</strong> Sprachkenntnissen (Kulturation bzw. kulturelle<br />

Integration), der Partizipation im Bildungssystem (Platzierung bzw. strukturelle Integration),<br />

der Aufnahme <strong>von</strong> <strong>in</strong>terethnischen Fre<strong>und</strong>schaftsbeziehungen (Interaktion bzw. soziale<br />

Integration) <strong>und</strong> der emotionalen Identifikation (Identifikation bzw. identifikative Integration)<br />

erfolgen (Esser 2000, S. 271ff; Esser 2001, S. 8). Die verschiedenen Integrationsbereiche s<strong>in</strong>d<br />

dabei nicht unabhängig <strong>von</strong>e<strong>in</strong>ander. Vielmehr ist <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er zeitlichen Abfolge dieser vier<br />

Formen der Integration auszugehen. Dementsprechend kann die Integration <strong>in</strong>s Bildungssystem<br />

bspw. erst unter der Voraussetzung der Existenz gewisser sprachlicher Fähigkeiten gel<strong>in</strong>gen.<br />

Sprachkenntnisse wie auch der Zugang zu (höherer) Bildung erleichtern wiederum den<br />

Kontakt zu e<strong>in</strong>heimischen Deutschen <strong>und</strong> darüber schließlich auch die gefühlsmäßige Ver-<br />

101


<strong>und</strong>enheit mit der Mehrheitsgesellschaft. Weiterh<strong>in</strong> ist anzunehmen, dass sich die beschriebenen<br />

Prozesse wechselseitig verstärken <strong>und</strong> nicht nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Richtung wirken. So wird<br />

bspw. die strukturelle E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong>s Bildungssystem <strong>und</strong> das Vorhandense<strong>in</strong> <strong>in</strong>terethnischer<br />

Fre<strong>und</strong>schaftsbeziehungen die Sprachkenntnisse e<strong>in</strong>er Person fördern. Im Folgenden wollen<br />

wir die vier Bereiche der Integration differenziert für die verschiedenen Migrantengruppen<br />

betrachten.<br />

In Tabelle 8.2 ist für jeden Bereich der Integration e<strong>in</strong> zentraler Indikator abgebildet. Zur<br />

Messung der kulturellen Integration wurden die Befragten mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> gebeten<br />

anzugeben, ob sie <strong>in</strong> vier verschiedenen Kontexten (Eltern, Fre<strong>und</strong>e, Fernsehen, Lesen) auf<br />

die deutsche Sprache (auch „deutsch <strong>und</strong> nichtdeutsch“) oder ausschließlich auf e<strong>in</strong>e nichtdeutsche<br />

Sprache zurückgreifen. Die <strong>in</strong> Tabelle 8.2 ausgewiesenen Mittelwerte geben daher<br />

an, dass die türkischen Befragten <strong>Wolfsburg</strong>s durchschnittlich <strong>in</strong> 3,31 <strong>von</strong> vier Kontexten die<br />

deutsche Sprache nutzen, polnische Befragte <strong>in</strong> 3,59 Kontexten. Die Gruppen unterscheiden<br />

sich <strong>in</strong>sofern nur ger<strong>in</strong>gfügig <strong>und</strong> nicht signifikant <strong>von</strong>e<strong>in</strong>ander. Mit Ausnahme der italienischen<br />

<strong>Jugendliche</strong>n ergeben sich für alle Gruppen höhere Integrationswerte <strong>in</strong> diesem Bereich<br />

<strong>als</strong> für die Migranten der b<strong>und</strong>esweiten Befragung.<br />

Tabelle 8.2: Integrations<strong>in</strong>dikatoren nach Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> (<strong>in</strong> % bzw. Mittelwerte; gewichtete<br />

Daten)<br />

Kulturelle In- strukturelle soziale Integrategration(Spra-<br />

Integration tion (Anteil<br />

che "deutsch" <strong>in</strong> (Anteil Abitur deutsche Freun-<br />

4 Kontexten) angestrebt) de)<br />

identifikative<br />

Integration<br />

(Selbstwahrnehmung<br />

"deutsch")<br />

Integrations<strong>in</strong>dexWolfs-<br />

B<strong>und</strong> Wolfs- B<strong>und</strong> Wolfs- B<strong>und</strong> Wolfs- B<strong>und</strong> Wolfs- B<strong>und</strong><br />

burg (West) burg (West) burg (West) burg (West) burg (West)<br />

ehem. SU 3.30 3.13 35,8 19,3 58,3 45,0 52,9 51,8 62,5 53,7<br />

Italien 3.28 3.39 23,5 19,3 44,8 56,4 27,1 42,1 49,2 55,2<br />

Polen 3.59 3.49 43,9 31,8 68,2 66,4 68,3 62,5 71,7 66,8<br />

Türkei 3.31 2.72 23,1 15,2 44,6 32,9 30,8 26,2 50,2 39,8<br />

Anderes Land 3.46 3.40 33,1 31,8 50,2 57,5 50,4 53,7 59,9 61,3<br />

Gesamt 3.38 3.19 32,3 24,5 53,0 50,0 46,7 47,2 59,0 54,9<br />

Als Indikator für die strukturelle Integration ist <strong>in</strong> Tabelle 8.2 der Anteil an Schülern abgebildet,<br />

die e<strong>in</strong> Abitur anstreben. Als angestrebter Bildungsabschluss wurde dabei <strong>in</strong> re<strong>in</strong>en<br />

Haupt- <strong>und</strong> Re<strong>als</strong>chulen bzw. Gymnasien der Schultyp kodiert. Bei Gesamtschulen (<strong>und</strong> b<strong>und</strong>esweit<br />

bei Integrierten Haupt- <strong>und</strong> Re<strong>als</strong>chulen) wurde h<strong>in</strong>gegen auf die Antwort der Schüler<br />

auf die Frage zurückgegriffen, welchen Schulabschluss sie <strong>in</strong> der Schule, die sie gerade besuchen,<br />

voraussichtlich erwerben werden. Deutsche <strong>Jugendliche</strong> streben <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> zu 54,0<br />

% e<strong>in</strong> Abitur an; die Werte für alle anderen Gruppen liegen z.T. deutlich darunter. Für polnische<br />

<strong>Jugendliche</strong> ergibt sich die höchste strukturelle Integration, <strong>in</strong>sofern 43,9 % e<strong>in</strong> Abitur<br />

anstreben. Bei den türkischen <strong>und</strong> italienischen <strong>Jugendliche</strong>n ist es h<strong>in</strong>gegen nur jeder vierte<br />

Schüler, der voraussichtlich das Abitur ablegen wird (23,1 bzw. 23,5 %); die Unterschiede<br />

zwischen den Gruppen nichtdeutscher <strong>Jugendliche</strong>r werden <strong>als</strong> signifikant ausgewiesen. Für<br />

alle Gruppen nichtdeutscher <strong>Jugendliche</strong>r ist <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> im Vergleich zur b<strong>und</strong>esweiten<br />

Schülerbefragung 2007/2008 e<strong>in</strong>e überdurchschnittliche strukturelle Integration festzustellen.<br />

Bei italienischen <strong>Jugendliche</strong>n fällt der Unterschied zur gesamtdeutschen Quote allerd<strong>in</strong>gs<br />

eher ger<strong>in</strong>ger aus.<br />

102


Die soziale Integration wird über den Anteil an deutschen Fre<strong>und</strong>en im Fre<strong>und</strong>schaftsnetzwerk<br />

abgebildet. Im Fragebogen sollten die <strong>Jugendliche</strong>n für maximal fünf beste Fre<strong>und</strong>e das<br />

Herkunftsland berichten („Woher stammt die Person?“). Bei deutschen <strong>Jugendliche</strong>n beträgt<br />

der Anteil deutscher Fre<strong>und</strong>e im Netzwerk 86,4 %. Bei e<strong>in</strong>em Migrantenanteil <strong>von</strong> 33,7 % <strong>in</strong><br />

der Stichprobe wäre zu erwarten, dass dieser Anteil niedriger ausfällt (66,3 %). Dies wäre<br />

allerd<strong>in</strong>gs nur dann zu erwarten, wenn die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, <strong>in</strong>terethnische Fre<strong>und</strong>schaften<br />

zu schließen genauso hoch wäre wie die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, <strong>in</strong>traethnische Fre<strong>und</strong>schaften zu<br />

schließen. Dies ist aber augensche<strong>in</strong>lich nicht der Fall. Deutsche <strong>Jugendliche</strong> gehen überdurchschnittlich<br />

häufig Fre<strong>und</strong>schaften mit deutschen <strong>Jugendliche</strong>n e<strong>in</strong>, nichtdeutsche <strong>Jugendliche</strong><br />

mit nichtdeutschen <strong>Jugendliche</strong>n. E<strong>in</strong>e Ausnahme stellen hier die polnischen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

dar: Dies s<strong>in</strong>d am stärksten mit deutschen Fre<strong>und</strong>en vernetzt – 68,2 % der Fre<strong>und</strong>e<br />

haben e<strong>in</strong>e deutsche Herkunft; <strong>und</strong> dieser Anteil entspricht dabei fast genau den Stichprobenanteil<br />

deutscher <strong>Jugendliche</strong>r. E<strong>in</strong>e signifikant schlechtere soziale Integration weisen die türkischen<br />

<strong>und</strong> italienischen <strong>Jugendliche</strong>n auf. Im Vergleich mit dem B<strong>und</strong>esdurchschnitt s<strong>in</strong>d<br />

erneut die italienischen <strong>Jugendliche</strong>n auffällig: Ihre soziale Integration fällt <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong><br />

schlechter aus <strong>als</strong> b<strong>und</strong>esweit. Möglichweise spielt es für den Grad der sozialen wie auch der<br />

weiteren Integration e<strong>in</strong>e Rolle, welche Größe e<strong>in</strong>e Migrantengruppe hat. In <strong>Wolfsburg</strong> gibt<br />

es e<strong>in</strong>e recht große italienische Migrantengruppe, die es dem e<strong>in</strong>zelnen Schüler leichter<br />

macht, sich <strong>in</strong>nerhalb dieser Gruppe zu bewegen anstatt aktiv deutsche Fre<strong>und</strong>e zu suchen.<br />

Alle<strong>in</strong> die Größe e<strong>in</strong>er Migrantengruppe kann jedoch nicht das entscheidende Kriterium se<strong>in</strong>:<br />

Der Anteil an <strong>Jugendliche</strong>n aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion ist <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> ebenfalls<br />

recht hoch (<strong>und</strong> zudem über dem gesamtdeutschen Wert); die soziale Integration dieser<br />

Gruppe ist aber weiter vorangeschritten <strong>als</strong> es b<strong>und</strong>esweit der Fall ist.<br />

E<strong>in</strong> letzter Integrations<strong>in</strong>dikator bezieht sich auf die identifikative Integration. Hier wurden<br />

die <strong>Jugendliche</strong>n gefragt, ob sie sich selbst <strong>als</strong> deutsch, türkisch, russisch usw. wahrnehmen.<br />

<strong>Jugendliche</strong>, die sich <strong>als</strong> deutsch wahrnehmen, können <strong>als</strong> identifikativ <strong>in</strong>tegriert angesehen<br />

werden, da hier<strong>in</strong> das „Wir-Gefühl“ mit der Mehrheitsgesellschaft zum Ausdruck kommt.<br />

Dabei ist es nicht entscheidend, ob sie sich zusätzlich e<strong>in</strong>er anderen Herkunft zugehörig fühlen,<br />

d.h. <strong>als</strong> identifikativ <strong>in</strong>tegriert werden auch jene Migranten e<strong>in</strong>gestuft, die sich bspw. <strong>als</strong><br />

deutsch <strong>und</strong> türkisch betrachten. Die Ergebnisse für <strong>Wolfsburg</strong> zeigen, dass türkische <strong>und</strong><br />

italienische Migranten am seltensten <strong>als</strong> <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne <strong>in</strong>tegriert gelten können. So betrachten<br />

sich nur 27,1 % der italienischen <strong>Jugendliche</strong>n <strong>als</strong> deutsch bzw. deutsch <strong>und</strong> italienisch.<br />

Bei polnischen <strong>Jugendliche</strong>n liegt der Anteil identifikativ <strong>in</strong>tegrierter Schüler mit 68,3 %<br />

deutlich höher. Die Unterschiede zwischen den Gruppen s<strong>in</strong>d signifikant. Im Vergleich zum<br />

b<strong>und</strong>esdeutschen Durchschnitt ergeben sich über die e<strong>in</strong>zelnen Gruppen h<strong>in</strong>weg recht ähnliche<br />

Werte. Nur die italienischen <strong>Jugendliche</strong>n <strong>Wolfsburg</strong>s weisen e<strong>in</strong>e deutlich niedrigere<br />

Integrationsquote auf <strong>als</strong> b<strong>und</strong>esweit.<br />

Aus allen vier Indikatoren wurde abschließend e<strong>in</strong> zusammenfassender Integrations<strong>in</strong>dex gebildet.<br />

Hierzu wurde der Gesamtmittelwert zu allen vier E<strong>in</strong>zel<strong>in</strong>dikatoren gebildet, wobei<br />

m<strong>in</strong>destens zu drei der vier Indikatoren e<strong>in</strong> gültiger Wert vorliegen musste. Zur e<strong>in</strong>facheren<br />

Darstellung wurden die Werte mit 100 multipliziert, so dass die so entstandene Variable Werte<br />

zwischen 0 <strong>und</strong> 100 annehmen kann: Je höher die Werte ausfallen, umso besser <strong>in</strong>tegriert<br />

ist e<strong>in</strong>e Person. Für die 399 nichtdeutschen Schüler <strong>Wolfsburg</strong>s, für die e<strong>in</strong> gültiger Wert zu<br />

diesem Index vorliegt, lässt sich e<strong>in</strong> Mittelwert <strong>von</strong> 59,0 ermitteln, der etwas höher ausfällt<br />

<strong>als</strong> der b<strong>und</strong>esdeutsche Wert für alle Migranten. Gleichwohl gibt es zwischen den e<strong>in</strong>zelnen<br />

103


Migrantengruppen erneut signifikante Unterschiede: Die türkischen <strong>und</strong> italienischen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

<strong>Wolfsburg</strong>s s<strong>in</strong>d dabei deutlich schlechter <strong>in</strong>tegriert <strong>als</strong> die <strong>Jugendliche</strong>n aus der ehem.<br />

SU <strong>und</strong> <strong>in</strong>sbesondere aus Polen. Für türkische <strong>Jugendliche</strong> f<strong>in</strong>det sich aber im Vergleich zur<br />

b<strong>und</strong>esdeutschen Stichprobe e<strong>in</strong> überdurchschnittlicher Integrationswert, für italienische <strong>Jugendliche</strong><br />

h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong> unterdurchschnittlicher Integrationswert.<br />

Dass e<strong>in</strong>e bessere Integration positive Folgen für das Verhalten hat, konnte mit der b<strong>und</strong>esweiten<br />

Schülerbefragung 2007/2008 mit Blick auf das <strong>Gewalt</strong>verhalten gezeigt werden (vgl.<br />

<strong>Baier</strong> et al. 2010, S. 77ff). Auch <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> bestätigt sich dieser Zusammenhang, wie Abbildung<br />

8.1 belegt. 27 Von den Migranten mit ger<strong>in</strong>ger Integration haben 20,3 % m<strong>in</strong>destens<br />

e<strong>in</strong>e <strong>Gewalt</strong>tat <strong>in</strong> den letzten zwölf Monaten ausgeführt, <strong>von</strong> den Migranten mit hoher Integration<br />

h<strong>in</strong>gegen nur 9,6 %. Bei <strong>Jugendliche</strong>n aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion sowie<br />

bei italienischen <strong>Jugendliche</strong>n s<strong>in</strong>d die Zusammenhänge gleichermaßen zu beobachten. E<strong>in</strong><br />

Weg der <strong>Gewalt</strong>prävention, so kann auf Basis dieser Bef<strong>und</strong>e geschlussfolgert werden, ist<br />

e<strong>in</strong>e verbesserte Integration.<br />

Abbildung 8.1: <strong>Gewalt</strong>täterschaft nach Stand der Integration (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

104<br />

30,0<br />

25,0<br />

20,0<br />

15,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

0,0<br />

20,3<br />

16,2<br />

9,6<br />

28,1<br />

14,6<br />

ger<strong>in</strong>g mittel hoch ger<strong>in</strong>g mittel hoch ger<strong>in</strong>g mittel hoch<br />

8,7<br />

23,1<br />

18,5<br />

gesamt ehem. SU Italien<br />

Das Ausmaß der Integration ist nicht nur da<strong>von</strong> abhängig, wie sich die Migranten verhalten.<br />

Die andere Seite der Medaille bezieht sich darauf, wie den Migranten <strong>von</strong> den Menschen der<br />

Aufnahmegesellschaft begegnet wird. Die Frage ist <strong>in</strong>sofern, wie sich die Deutschen den Migranten<br />

gegenüber verhalten. Diese Perspektive wurde zum Teil bereits im vorangegangenen<br />

Abschnitt zur Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit <strong>und</strong> zum Rechtsextremismus e<strong>in</strong>genommen. Die Migranten<br />

selbst wurden aber auch gefragt, ob sie verschiedene Formen der Diskrim<strong>in</strong>ierung <strong>in</strong><br />

den letzten zwölf Monaten erleben mussten. Dabei sollten explizit solche Erlebnisse berichtet<br />

werden, bei denen die Migranten nur deshalb, weil sie ke<strong>in</strong>e Deutschen s<strong>in</strong>d, negativ behandelt<br />

wurden. Die Ergebnisse der entsprechenden Auswertungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Tabelle 8.3 dargestellt.<br />

Vergleiche zur B<strong>und</strong>esrepublik können diesbezüglich nicht gezogen werden, weil die Frage <strong>in</strong><br />

<strong>Wolfsburg</strong> neu aufgenommen worden ist.<br />

27 Zur anschaulicheren Darstellung wurde der Index zur Integration <strong>in</strong> drei gleich große Gruppen aufgeteilt.<br />

Personen im unteren Drittel gelten <strong>als</strong> ger<strong>in</strong>g <strong>in</strong>tegriert, die im mittleren Drittel <strong>als</strong> teils/teils <strong>in</strong>tegriert usw.<br />

0,0


Tabelle 8.3: Diskrim<strong>in</strong>iserungserlebnisse nach Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten)<br />

beschimpft<br />

komisch angeschaut<br />

beim E<strong>in</strong>kauf<br />

abwertend<br />

unhöflich<br />

angesprochen<br />

behandelt<br />

Sachen beschädigt/<br />

zerstört<br />

geschlagen<br />

<strong>und</strong> verletzt<br />

ehem. SU 16,4 11,8 11,9 4,5 1,8 0,9<br />

Italien 41,7 22,6 20,2 10,7 0,0 3,7<br />

Polen 31,4 8,1 19,4 2,9 2,9 2,9<br />

Türkei 60,0 28,0 37,5 20,0 16,0 4,2<br />

Anderes Land 29,9 28,2 21,4 17,9 2,6 0,9<br />

Gesamt 30,7 20,1 19,2 11,1 2,7 1,9<br />

fett: höchster Wert, unterstrichen: niedrigster Wert<br />

Ihre Antworten konnten die <strong>Jugendliche</strong>n zwischen „1 – nie“ <strong>und</strong> „5 – über 10 mal“ abstufen.<br />

An dieser Stelle werden aber nur Prävalenzraten betrachtet, d.h. es wird nur zwischen <strong>Jugendliche</strong>n,<br />

die etwas erlebt haben <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n, die das entsprechende Verhalten nicht erlebt<br />

haben, unterschieden. Signifikante Unterschiede bestehen für vier der sechs Verhaltensweisen;<br />

nur für das abwertende Ansprechen <strong>und</strong> das Schlagen/Verletzen werden die Unterschiede<br />

nicht <strong>als</strong> signifikant ausgewiesen. Die Ergebnisse machen deutlich, dass vor allem die türkischen<br />

<strong>Jugendliche</strong>n <strong>von</strong> Diskrim<strong>in</strong>ierungserfahrungen berichten. So wurden bspw. fast zwei<br />

Drittel der türkischen <strong>Jugendliche</strong>n beschimpft, bei den <strong>Jugendliche</strong>n aus der ehem. SU s<strong>in</strong>d<br />

es nur 16,4 %. Ebenfalls ger<strong>in</strong>gere Diskrim<strong>in</strong>ierungsraten weisen die polnischen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

auf. Interessant ist, dass italienische <strong>Jugendliche</strong> bei weitem nicht so häufig wie türkische<br />

<strong>Jugendliche</strong> Diskrim<strong>in</strong>ierungserfahrungen machen. Insofern kann ihre schlechtere Integration<br />

nicht s<strong>in</strong>gulär <strong>als</strong> Rückzugsreaktion aufgr<strong>und</strong> negativer Erfahrungen mit der Aufnahmegesellschaft<br />

<strong>in</strong>terpretiert werden. Physische Formen der Diskrim<strong>in</strong>ierung haben die Migranten<br />

<strong>Wolfsburg</strong>s eher selten erfahren müssen: Nur jeder 50. Befragte (1,9 %) gab an, aufgr<strong>und</strong><br />

se<strong>in</strong>er Herkunft geschlagen <strong>und</strong> verletzt worden zu se<strong>in</strong>.<br />

Migranten werden nun nicht nur <strong>Opfer</strong> <strong>von</strong> verbalen <strong>und</strong> physischen Übergriffen deutscher<br />

<strong>Jugendliche</strong>r; sie treten auch <strong>als</strong> <strong>Täter</strong> <strong>von</strong> auf Deutsche gerichtete Taten <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung. In<br />

jüngster Zeit wird hierbei <strong>in</strong> Anlehnung an den Term<strong>in</strong>us der Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit <strong>von</strong> der<br />

Deutschenfe<strong>in</strong>dlichkeit gesprochen. Zu diesem Phänomen existieren <strong>in</strong> Deutschland bislang<br />

jedoch kaum Studien bzw. verlässliche Zahlen. In der deutschlandweiten Schülerbefragung<br />

2007/2008 haben wir erstm<strong>als</strong> e<strong>in</strong>ige Indikatoren erhoben, die auf e<strong>in</strong> deutschenfe<strong>in</strong>dliches<br />

Verhalten schließen lassen. In der Schülerbefragung wurden diesbezüglich weitere Indikatoren<br />

aufgenommen.<br />

Dies betrifft zunächst die E<strong>in</strong>stellungsdimension. In Tabelle 8.4 s<strong>in</strong>d verschiedene Aussagen<br />

aufgeführt, die wir den <strong>Jugendliche</strong>n mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> zur Beantwortung vorgelegt<br />

haben. Die Skala wurde <strong>in</strong> dieser Form vom KFN entwickelt, d.h. es konnte nicht auf e<strong>in</strong><br />

etabliertes Instrument zurückgegriffen werden. Den e<strong>in</strong>zelnen Aussagen konnte <strong>von</strong> „1 –<br />

stimmt nicht“ bis „4 – stimmt genau“ zugestimmt werden. Die Mittelwerte bedeuten, dass<br />

allen Items <strong>von</strong> der Mehrheit der Befragten nicht zugestimmt wird. Die höchste Zustimmung<br />

erhielt die Aussage, dass sich die Deutschen aus den Angelegenheiten der Leute der eigenen<br />

Herkunft raushalten sollten. Am seltensten me<strong>in</strong>ten die Befragten, dass die Deutschen aus<br />

Nachbarschaft <strong>und</strong> Schule verschw<strong>in</strong>den sollten. Die Antworten der Schüler zu allen Aussagen<br />

korrelieren sehr hoch mite<strong>in</strong>ander, was <strong>in</strong> dem Cronbachs-Alpha-Wert <strong>von</strong> .90 zum Ausdruck<br />

kommt. Dies lässt es richtig ersche<strong>in</strong>en, die Antworten zu e<strong>in</strong>er Mittelwertsskala zusammen<br />

zu fassen. Der Mittelwert dieser Skala beträgt 1,44. Dies lässt sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Prozent-<br />

105


anteil übersetzen: Werden jene Befragte zusammengefasst, die e<strong>in</strong>en Wert <strong>von</strong> über 2,5 erzielt<br />

haben, d.h. mehr Aussagen zugestimmt <strong>als</strong> abgelehnt haben, dann umfasst diese Gruppe e<strong>in</strong>en<br />

Anteil <strong>von</strong> 5,4 %. Insofern weist etwa jeder 20. Migrant deutschenfe<strong>in</strong>dliche E<strong>in</strong>stellungen<br />

auf. Diesbezüglich bietet sich e<strong>in</strong> Vergleich mit den Anteil an deutschen <strong>Jugendliche</strong>n an, die<br />

<strong>als</strong> ausländerfe<strong>in</strong>dlich e<strong>in</strong>gestuft worden s<strong>in</strong>d: Dieser Anteil beträgt immerh<strong>in</strong> 28,1 %. Zwar<br />

s<strong>in</strong>d beide Anteile nicht komplett kompatibel, weil die zugr<strong>und</strong>eliegenden Aussagen recht<br />

verschieden s<strong>in</strong>d. Es deutet sich aber an, dass das Problem der Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit unter<br />

deutschen <strong>Jugendliche</strong>n weiter verbreitet ist <strong>als</strong> das Problem der Deutschenfe<strong>in</strong>dlichkeit unter<br />

<strong>Jugendliche</strong>n mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>.<br />

Tabelle 8.4: Skala Deutschenfe<strong>in</strong>dlichkeit (Mittelwerte; gewichtete Daten)<br />

Deutsche Männer sollten sich <strong>von</strong> Frauen unserer Herkunft fernhalten.<br />

Mittelwert<br />

1.45<br />

Die Deutschen sollten sich aus den Angelegenheiten der Leute me<strong>in</strong>er Herkunft raushalten. 1.83<br />

Die Deutschen wollen die Leute me<strong>in</strong>er Herkunft nur ausnutzen. 1.48<br />

Die Deutschen haben ke<strong>in</strong>e Kultur. 1.57<br />

Die Deutschen s<strong>in</strong>d weniger wert <strong>als</strong> die Leute me<strong>in</strong>er Herkunft. 1.34<br />

Von den Deutschen sollte man sich fernhalten. 1.23<br />

Deutsche s<strong>in</strong>d ungläubig. 1.46<br />

Leute me<strong>in</strong>er Herkunft hassen Deutsche. 1.39<br />

Mir wäre am liebsten, wenn alle Deutschen aus me<strong>in</strong>er Nachbarschaft <strong>und</strong> Schule verschw<strong>in</strong>den<br />

würden.<br />

1.19<br />

Deutsche s<strong>in</strong>d mir egal. 1.42<br />

Gesamt 1.44<br />

Cronbachs Alpha (stand.) .90<br />

Da es letztlich nur wenige <strong>Jugendliche</strong> mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> s<strong>in</strong>d, die <strong>als</strong> deutschenfe<strong>in</strong>dlich<br />

e<strong>in</strong>zustufen s<strong>in</strong>d, ist e<strong>in</strong> Vergleich der Anteil für e<strong>in</strong>zelne Migrantengruppen nicht<br />

s<strong>in</strong>nvoll. E<strong>in</strong> Vergleich der Mittelwerte zeigt, dass türkische <strong>Jugendliche</strong> den höchsten Wert<br />

erzielen (1,63), polnische <strong>Jugendliche</strong>n den niedrigsten (1,37). Die Mittelwertsunterschiede<br />

s<strong>in</strong>d aber nicht signifikant, so dass mit den Daten der Befragung <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> ke<strong>in</strong>e mit der<br />

Herkunft variierende Deutschenfe<strong>in</strong>dlichkeit festgestellt werden kann.<br />

Dies bestätigt sich auch für e<strong>in</strong> anderes Maß. Die Migranten wurden wie die deutschen <strong>Jugendliche</strong>n<br />

danach gefragt, wie angenehm oder unangenehm sie es f<strong>in</strong>den würden, wenn ihre<br />

Nachbarn e<strong>in</strong>e bestimmte Herkunft hätten. In Bezug auf den deutschen Nachbarn zeigen sich<br />

ke<strong>in</strong>e signifikanten Unterschiede zwischen den Migrantengruppen. Es gilt aber auch hier, dass<br />

polnische <strong>Jugendliche</strong> häufiger angenehme Gefühle berichten <strong>als</strong> die anderen Gruppen.<br />

Die Deutschenfe<strong>in</strong>dlichkeit kann sich schließlich auch <strong>in</strong> spezifischen Verhaltensweisen niederschlagen.<br />

Zu drei Verhaltensweisen wollten wir wissen, ob die <strong>Jugendliche</strong>n mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />

sie schon e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> ihren bisherigen Leben ausgeführt haben: Beschimpfung<br />

(„absichtlich jemanden beschimpft, weil er Deutscher war“), Körperverletzung („absichtlich<br />

jemanden stark geschlagen <strong>und</strong> verletzt, weil er Deutscher war“) <strong>und</strong> Sachbeschädigung („absichtlich<br />

e<strong>in</strong> <strong>von</strong> Deutschen bewohntes Haus beschädigt“). Diesbezüglich lassen sich auch<br />

wieder Vergleiche mit der b<strong>und</strong>esweiten Schülerbefragung 2007/2008 ziehen. Dabei zeigt<br />

sich, dass zum<strong>in</strong>dest h<strong>in</strong>sichtlich der Körperverletzungen <strong>und</strong> Sachbeschädigungen gilt, dass<br />

106


<strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> deutschenfe<strong>in</strong>dliches Verhalten seltener ausgeführt wird <strong>als</strong> im B<strong>und</strong>esgebiet. 28<br />

Deutschenfe<strong>in</strong>dliche Beschimpfungen kommen aber genauso häufig vor (23,0 zu 23,7 %). In<br />

Bezug auf die Beschimpfungen f<strong>in</strong>den sich zudem signifikante Unterschiede zwischen den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Migrantengruppen: Türkische <strong>Jugendliche</strong> berichten mit 12,0 % am seltensten <strong>von</strong><br />

deutschenfe<strong>in</strong>dlichen Beschimpfungen; die höchste Quote weisen hier italienische Befragte<br />

auf (38,1 %). Dieses Muster widerspricht den Bef<strong>und</strong>en der deutschlandweiten Schülerbefragung,<br />

<strong>in</strong> der türkische Befragte die höchste Quote bei der Beschimpfung hatte <strong>und</strong> italienische<br />

<strong>Jugendliche</strong> e<strong>in</strong>e leicht unterdurchschnittliche Quote aufwiesen.<br />

28 So haben <strong>in</strong> <strong>Wolfsburg</strong> 1,5 % der Migranten e<strong>in</strong>e deutschenfe<strong>in</strong>dliche Körperverletzung, 0,6 % e<strong>in</strong>e<br />

Sachbeschädigung ausgeführt. Im B<strong>und</strong>esgebiet liegen die Quoten bei 4,7 bzw. 2,1 %.<br />

107


108


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