27.02.2013 Aufrufe

FOR S TLICHE S CHRIFTE N R EIHE UNIVERSITÄT FÜR ...

FOR S TLICHE S CHRIFTE N R EIHE UNIVERSITÄT FÜR ...

FOR S TLICHE S CHRIFTE N R EIHE UNIVERSITÄT FÜR ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>FOR</strong> S <strong>TLICHE</strong> S<strong>CHRIFTE</strong> NR<strong>EIHE</strong><br />

<strong>UNIVERSITÄT</strong> <strong>FÜR</strong> BODENKULTUR, WIEN<br />

Band7<br />

E. FÜHRER UND F. NEUHUBER<br />

(HRSG.)<br />

ZUSTANDSDIAGNOSE UND SANIERUNGSKONZ EPTE<br />

<strong>FÜR</strong> BELA STETE WALDSTANDORTE<br />

IN DER BÖH MISCH EN MA SSE<br />

Ergebnisse einer FIW - Fallstudie<br />

STATUS DIAGNOSIS AND REHABILITATION CONCEPTS <strong>FOR</strong><br />

IMPACTED <strong>FOR</strong>ESTS SITES IN THE BOHEMIAN MASSIF<br />

Results from FIW = Case - Study<br />

ÖSTERR. GES . F. WALD ÖKOSYSTEM<strong>FOR</strong>SCHUNG<br />

UND EXP E RIMENTEL E BAUMF ORSCHUNG<br />

UNIVE RS ITÄT <strong>FÜR</strong> BO DENKULTU R<br />

JUNI 1994


VORWORT<br />

Die Woge des öffentlichen, lautstarken Besorgtseins um den Wald ist weitgehend abgeebbt. Bestehen<br />

bleibt die dringende Notwendigkeit, ernsthaft und ausdauernd an der Beseitigung jener beklagten<br />

Mißstände zu arbeiten, die unsere Wälder bedrohen.<br />

Obwohl die Umweltpolitik zur Entlastung der Wälder von Luftschadstoffen manches erreicht hat,<br />

bleibt diesbezüglich noch viel zu tun. ln vielen Teilen krankt der Wald jedoch auch an ökologischen<br />

Schwächezuständen, die vorwiegend historisch bedingt sind und nur im Wege spezifischer Waldsanierungsmaßnahmen<br />

repariert werden können. Diese auszuführen, liegt in der Zuständigkeit der<br />

Forstbetriebe, sie wirtschaftlich zu ermöglichen, muß brennendes Interesse der Öffentlichkeit sein,<br />

denn der Bürger ist Nutznießer reinen Wassers, reiner Luft und der Sicherheit vor Naturkatastrophen,<br />

wie sie von gesunden Wäldern gewährleistet werden.<br />

Damit aber Waldsanierung der bestehenden Situationsvielfalt gerecht und nachhaltig wirksam werden<br />

kann, muß sie den einschlägigen Kenntnis- und Erfahrungsschatz von Wissenschaft und Praxis<br />

voll ausschöpfen. Die Waldschadensforschung hat in den letzten Jahren viele neue Erkenntnisse<br />

gewonnen. Sie für die praktische Umsetzung aufzubereiten, ist der letztendlich notwendige Schritt<br />

von der Theorie zur Praxis, ohne den die bisher geleisteten Forschungsaufwendungen kaum zu<br />

rechtfertigen wären.<br />

Die Forschungsinitiative gegen das Waldsterben (FIW), eine österreichweite Forschergruppe, hat<br />

sich in ihrer zweiten Programmphase dieser Aufgabe angenommen und präsentiert mit dem nun<br />

vorliegenden 7. Band der Forstlichen Schriftenreihe der Universität für Bodenkultur Wien ihre ersten<br />

Ergebnisse und Schlußfolgerungen aus der interdisziplinären Forschungsarbeit, die im Rahmen der<br />

1. FIW-Fallstudie gewonnen wurden. Unter dem Titel "Waldbewirtschaftungskonzepte in stark<br />

belasteten Gebieten des Mühlviertels " betrifft die Studie Waldschadensproblemgebiete nahe der<br />

tschechischen Grenze. Sie führt über eine Analyse der vielfältigen örtlichen Zustandsmängel sowie<br />

Belastungen und über eine Gewichtung der Gefährdungsmomente zu forstwirtschaftliehen Praxisempfehlungen,<br />

deren Ausführung eine nachhaltige Stabilisierung besonders gefährdeter Bestände<br />

und Standorte verspricht. Differenzierte Sanierungskonzepte wie das hier empfohlene erfordern<br />

eine anschließende Überwachung des Erfolges.<br />

ln der Tagung "Abschluß-Symposium FIW II - Fichte, Fallstudie 1" vom 2. bis 4. November 1993<br />

wurden die wesentlichen Ergebnisse der einzelnen mitwirkenden Forschergruppen sowie die daraus<br />

abgeleiteten Maßnahmeempfehlungen der Öffentlichkeit vorgestellt. Jener entsprechend, gliedert<br />

sich der Inhalt dieses Bandes.<br />

Zwei weitere in Arbeit befindliche Fallstudien, die der Analyse jeweils anders gelagerter Waldschadensproblemfälle<br />

dienen, und eine abschließende Generalsynopse lassen hoffen, daß das große<br />

Engagement der mitwirkenden Forschergruppen mehr als nur wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn<br />

zeitigen wird. Mit der Schaffung einer wissenschaftlich fundierten Basis zur praktischen Entscheidungstindung<br />

und Ausführungsmethodik in Waldschadens-Sanierungsfragen sollen verstärkte<br />

Impulse bei Öffentlichkeit und Forstwirtschaft gesetzt werden, im notwendigen Ausmaß in die<br />

Restaurierung der ansonst dem Niedergang anheimfallenden Wälder zu investieren. Und davon gibt<br />

es nicht wenige.<br />

Wir danken dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung sowie dem Bundesministerium<br />

für Land- und Forstwirtschaft für die finanzielle Sicherung der durchgeführten Studien. Den<br />

Forstbetrieben sind wir für die stete Unterstützung unserer Arbeiten zu Dank verpflichtet. Den<br />

Autoren danken wir für die Überlassung ihrer Manuskripte, die die Herausgabe dieses Bandes<br />

ermöglicht. Schließlich gebührt der Österreichischen Lotterien G.m.b.H. unser Dank für die finanzielle<br />

Unterstützung der Drucklegung.<br />

Die Herausgeber dieses Bandes<br />

Erwin Führer und Friederike Neuhuber


FÜHRER E.<br />

INHALT<br />

Forschungsinitiative gegen das Waldsterben Programm FIW II: von der Waldschadensforschung<br />

zur Waldökosystem-Sanierungsforschung<br />

Forschungsinitia tive gegen das Waldsterben - Programme FIW II: from Forest<br />

Declin e Research to Research on Forest Ecosystem Rehabt1itation ................................... 1<br />

ARNDT U. und H. TREMP<br />

Ein Vorschlag für ein bioindikatives Konzept zur Überwachung von Waldökosystemen<br />

A Proposal of a Bioindication Concept for Forest Ecosystems Monitaring ....................... 11<br />

KATZENSTEINER K. und G. GLATZEL<br />

Das FIW Fallstudiengebiet Böhmerwald<br />

Th e FIW Research Area Bohemian Forest ... .......... .. .. ...................... ... ...... ................... 29<br />

SCHOLL Th. und K. KATZENSTEINER<br />

Historische Landnutzung im Böhmerwald<br />

Historical Landuse in the Bohemian Forest ................................................................. 45<br />

KATZENSTEINER K.<br />

Mineralstoffernährung und Bodenzustand in Fichtenwaldökosystemen des Böhmerwaldes<br />

(Oberösterreich)<br />

Mineral Nutrition and Soil Status in Norway Spruce (Picea abies Karst.) Ecosystems<br />

in the Bohemian Forest (Upp er Austria) ............. ............................................ 57<br />

KATZENSTEINER K, 0. ECKMÜLLNER. R. JANDL, G. GLATZEL, H. STERBA,<br />

A. WESSEL V und R.F. HUETTL<br />

Revitalisierungsdüngung von Fichtenbeständen: Einfluß auf Bodenwasser und<br />

Baumernährung<br />

Revitalization Experiments in Norway Spruce Stands: Effects on Soil Solution and<br />

Trees .................................................................................................................... 67<br />

INSAM H., K. HASELWANDTER, M. BERRECK, B. GIRSCHICK und S. ZECHMEISTER­<br />

BOLTENSTERN<br />

Revitalisierungsdüngung von Fichtenbeständen: Eintfuß auf mikrobielle Umsetzungsprozesse<br />

und Biomasse<br />

Revitalization Experiments in Norway Spruce Stands: the ln fluence on Microbial<br />

Biomass and Turnever Processes ....... .. .............. ........ ............................................. 83<br />

KOPESZKI H.<br />

MEIER H.<br />

Revitalisierungsdüngung von Fichtenbeständen: Einfluß auf Bodentiere<br />

Revitalization Experiments in Norway Spruce Stands: Effects on Soil Fauna .................... 99<br />

Verjüngungsökologische Untersuchungen in Fichtenwaldökosystemen des Böhmerwaldes<br />

Ecological Regeneration Studies in Spruce Stands in the Bohemian Forest .................... 1 09<br />

SEITE


GRill D., M. TAUSZ, E. BERMADINGER-STABENTHEINER, M. EDL, M. GAILHOFER,<br />

G. HALBWACHS, W. HAVRANEK, H. KROMP-KOLB, M. MÜLLER, C. NEMETZ,<br />

l. PUCHINGER, W. RUPPERT, U. SCARDElll, A. STOHL, K. WAGNER, G. WIESER,<br />

R. WIMMER und G. ZELLNIG<br />

Die physiologische und biochemische Bioindikation und ihre Anwendung am Beispiel<br />

der Fallstudie Schöneben<br />

Physiological and Biochemical Bioindication and its Application to the FIW II Project<br />

"Schöneben " ................................................................................................. 123<br />

HAGER H. und M. WllliNGER<br />

Schneebruch und Windwurf im Böhmerwald<br />

Snow and Windthrow Darnage to Forest Stands in the Böhmerwald ............................ 147<br />

NEUMÜLLER A.<br />

Beteiligung von Pilzen am Zweig- und Aststerben der Fichte im Revier Sonnenwald<br />

(Böhmerwald)<br />

Gontribution of Fungi to Twig and Branch-Dieback on Sp ruce in the Territory of<br />

Sonnenwald (Bohemian Fo restJ ......................... ...... ............... ................................ 1 71<br />

BAIER P., S. KIKUTA und H. llCK<br />

Heranziehung von Baummerkmalen zur Abschätzung der Befallsdisposition der<br />

Fichte für rindenbrütende Borkenkäfer<br />

App!ication of Tree Gharacteristics fo r lndication of the Susceptibility of Norway<br />

Spruce to Attack of Phloem Feeding Bark Beetfes . ......................... ........................... 191<br />

FÜHRER E. und P. FISCHER<br />

Die Gemeine Fichtengespinstblattwespe, Gephalcia abietis L. (Hym., Pamphiliidae),<br />

im Böhmerwald: zur Kenntnis der Verursachung und Vermeidung von<br />

Gradationen<br />

Th e Fa/se Spruce Webworm, Gephalcia abietis L. (Hym., Pamphiliidae}, in the<br />

Bohemian Forest: towards Gauses and A voidance of Epidemics .................................. 209<br />

REIMOSER F.<br />

Expertensystem "Wildökologie - Waldverjüngung"<br />

Expert System "Game Ecology - Forest Regeneration " ................ ............................... 237<br />

ECKMÜLLNER 0. und M. MOSER<br />

Sensibilitätsanalysen eines Expertensystems zur Bestandesbehandlung<br />

Sensibility Ana!yses of an Expertsystem to Derermin e Stand Treatments ..................... 257<br />

STERBA H.<br />

Waldbewirtschaftungskonzepte für stark belastete Waldgebiete des Mühtviertels -<br />

Synopse<br />

A Forestry Management Goncept fo r Heavily Loaded Forests of the Mühlviertel -<br />

Synopsis ............. ...................... .... .......... ......... .......... ................... .. .................... 271<br />

WOHLMACHER J.<br />

Folgerungen aus der FIW-Fallstudie 1 aus der Sicht der örtlichen Wirtschaftsführung<br />

Gonefusions from the FIW - Gase - Study 1 in the Point of View of the Management<br />

......................................................... .......... .............................. ................. 299<br />

SEITE


1<br />

<strong>FOR</strong>SCHUNGSINITIATIVE GEGEN DAS WALDSTERBEN<br />

PROGRA MM FIW II: VON DER WALDSCHADENS<strong>FOR</strong>SCHUNG ZUR<br />

WALDÖKOSYSTEM-SANIERUNGS<strong>FOR</strong>SCHUNG<br />

<strong>FOR</strong>SCHUNGSIN/TIA TI VE GEGEN DA S WA LDSTERBEN - PROGRA MME FI W II:<br />

FROM <strong>FOR</strong>ES T DECLINE RESEA RCH TO RESEA RCH ON <strong>FOR</strong>EST EGOSYS TEM<br />

REHA BILITA TION<br />

Erwin F Ü HRER<br />

FIW-Gesamtkoordination, Universität für Bodenkultur Wien<br />

Hasenauerstraße 38, A - 1190 Wien<br />

SUMMARY<br />

"Forschungsinitiative gegen das Waldsterben (FIW)" ("Research Initiative against Forest Decline"l<br />

in Austria is looking back on a decade of research work directed to the forest decline problem.<br />

When monocausal hypotheses, contradicting each other, were violently discussed to explain the<br />

origin of the forest decline Syndrome, Austrian scientists tried to approach the problern from a<br />

more holistic view. Fundamental assumption was that the expression of acute weakness and<br />

disease of trees or forests usually has multicausal origin. Either synergical effects are produced by<br />

air pollution when coinciding with episodes of severe climatic stress, or prevailing ecological instability<br />

makes forests vulnerable to detrimental effects of stress episodes. All kinds of Stressors,<br />

abiotic and biotic, can be involved in the progress of decline. Thus forest ecosystems in central<br />

Europe, which have been exposed continuously to severe human impact during centuries, are<br />

expected to be highly susceptible to progressive loading by air pollution and climatic changes.<br />

These assumptions and the principle of predisposing and triggering nature of stresses Iead to an<br />

"integral stress hypothesis" on the origin of forest decline (Fig. 1; Führer, 1990). Consequently,<br />

activities on ecological repair were urgently demanded on two Ievels:<br />

(1) reduction of air pollution and<br />

(2) ecological rehabilitation of forest ecosystems.<br />

The running research programme FIW II, which is following up a first phase of causal analytical<br />

investigations, is strongly directed to the field of ecological rehabilitation of forest ecosystems,<br />

dominated by Norway spruce. lt aims to a methodology for deducing concrete recommendations to<br />

foresters, how to restore and manage forest ecosystems, thus providing its sustainability (Führer<br />

u. Neuhuber, 1991 ). These scientific efforts are made, in order to develop weil founded procedures,<br />

which allow the establishment of concepts for forest rehabilitation, adapted to the local<br />

situation. lnvestigations are performed by the way of four interdisciplinary case studies, the first of<br />

which is already finished and is the subject of the present symposium (Fig. 2). More general guidelines<br />

for integral stress diagnosis, risk evaluation and conception of programmes for forest rehabilitation<br />

shall be defined in the course of a final synopsis, which also should offer an oparational<br />

system on the basis of artificial intelligence.<br />

Full congruence of the goals of the FIW II research programme with the conventions of the<br />

"Ministerial Conference on the Protection of Forests in Europe", held 1993 in Helsinki, is evident.<br />

KEYWORDS: Forest ecosystem, decline, rehabilitation, scientific approach, Austria.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Anläßtich des zehnjährigen Bestehens der "Forschungsinitiative gegen das Waldsterben" (FIWl wird<br />

versucht, in einem Rückblick auf die Entwicklung der Waldforschung während der letzten Jahrzehnte<br />

die Arbeit der FIW in diesen Prozeß einzuordnen. Aufgrund ihrer ganzheitlichen Problemsicht<br />

und der Praxisbezogenheit ihrer Arbeiten verlagerte die FIW ihre anfängliche Orientierung auf<br />

Kausalitätsfragen in der Waldschadensforschung frühzeitig in Richtung einer Waldökosystem­<br />

Sanierungsforschung. Dies hatte seine Ursache in der Erkenntnis, daß die Stabilisierung der Wald-<br />

Forstliche Schriftenreihe, Universität für Bodenkultur Wien, Bd. 7, 1994.<br />

ÖGWEB (Österr. Ges. f. Wa ldökosystem forschung und experimentelle Baumforschung) ISBN 3-900865-06-X.


ökosysteme Anstrengungen auf zwei Ebenen erfordert: der Umweltpolitik (lmmissionsminderungl<br />

und der Forstbetriebe (ökologische Waldsanierung). Den Grundsätzen und Verfahrensweisen einer<br />

ökologischen Waldsanierung in fichtenreichen Ökosystemen ist das Forschungsprogramm FIW II<br />

( 1991-1 996) gewidmet. Es gliedert sich in eine Serie von Fallstudien und eine sich anschließende<br />

Generalsynopse. Jede dieser Einheiten soll in einer fallspezifischen bzw. generellen Methodologie<br />

resultieren, die zur Entwicklung situationsangepaßter und flächenbezogener Waldsanierungskonzepte<br />

geeignet ist. Die Ergebnisse der ersten Fallstudie sind Gegenstand dieses Symposiums. Die<br />

Grundsätze und Ziele von FIW II decken sich voll mit den Intentionen und Beschlüssen der Ministerkonferenz<br />

zum Schutz der Wälder in Europa vom Juni 1993 in Helsinki.<br />

STICHWÖRTER: Waldökosysteme, Waldsterben, Waldsanierung, Forschung, Österreich.<br />

1 EINLEITUNG<br />

Das heutige Datum (2. November 1993) gibt mehrfach Anlaß zu einem kurzen<br />

Rückblick auf ein Jahrzehnt <strong>FOR</strong>SCHUNGSINITIATIVE GEGEN DAS WALDSTER­<br />

BEN, auf zehn Jahre FIW-Forschung. Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren<br />

wurde die FIW erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Bei unveränderter Zielsetzung<br />

hat sich inzwischen die Forschungsthematik weiterentwickelt: die Waldschadensforschung<br />

wandelte sich zur Waldsanierungsforschung.<br />

Im Jahre 1983 wurde die FIW an der Universität für Bod�kultur Wien als multidisziplinäres<br />

Forschungsteam ins Leben gerufen. Es entwickelte ein Forschungsprogramm<br />

und schlug dieses dem damaligen Wissenschaftsminister zur Realisierung<br />

vor. Dieser griff den Gedanken auf und proklamierte in einem Symposium<br />

zum Österreichischen Nationalfeiertag 1983 im Festsaal der Universität für Bodenkultur<br />

ein Forschungsprogramm mit der Bezeichnung "Forschungsinitiative gegen<br />

das Waldsterben". Dieser offiziellen Geburtsstunde der FIW wohnte niemand<br />

geringerer als Bernhard ULRICH bei, der diesen Akt mit einem Fachvortrag über<br />

das Waldsterben wesentlich mitgestaltete.<br />

Die in der FIW um das Thema "Walderkrankungen" versammelten Wissenschafter<br />

verschiedener Fachrichtungen und verschiedener Universitäten versprachen<br />

zumindest die Möglichkeit einer umfassenden, multifaktoriellen Analyse der<br />

rätselhaften Schadphänomene. Mit dieser guten Absicht und mit bescheidenen<br />

Mitteln konnte das Team nach und nach seine wissenschaftliche Arbeit aufnehmen<br />

- zugegebenermaßen stets etwas neidisch die, wie es schien, aus dem Vollen<br />

schöpfenden Kollegen in den westlichen Nachbarländern im Auge behaltend. Das<br />

war für die FIW natürlich auch nützlich, da ihr aus den nachbarlichen Forschungsergebnissen<br />

viele wichtige Erkenntnisse zuflossen. So ist es auch zu verstehen,<br />

daß die FIW für ihr Forschungsprogramm einen etwas anderen Ansatz wählen<br />

konnte, der - wie man rückblickend konstatieren kann - der Sache sehr dienlich<br />

war. Dienlich nicht nur in bezug auf die thematische Richtung, sondern auch<br />

bezüglich der Gewöhnung an interdisziplinäres Forschen.<br />

2


2 SCHWERPUNKTVERSCHIEBUNGEN DER WAlD<strong>FOR</strong>SCHUNG<br />

3<br />

Das verbreitete Auftreten rätselhafter und bedrohlicher Walderkrankungen sowie<br />

das wachsende Ö kologieverständnis in der Öffentlichkeit verliehen der Waldforschung<br />

in den letzten 15 Jahren einen nie dagewesenen Aufschwung. Mit diesem<br />

gingen auch Verschiebungen der thematischen Schwerpunkte in der Waldforschung<br />

vor sich; neue Themengebiete entwickelten sich.<br />

War die Waldforschung bis in die 60er Jahre vorwiegend ertragsorientierte Forstforschung,<br />

geprägt von deskriptiven und empirischen methodischen Ansätzen, so<br />

bedeutete das Einsetzen der "echten" Waldökosystemforschung gegen Ende der<br />

60er Jahre einen Quantensprung der Waldforschung. Diese Waldökosystemforschung<br />

war zunächst rein akademisch, grundlegend und theoretisch, in erster<br />

Linie auf funktionelle, produktionsbiologische und prozeßbezogene Fragen ausgerichtet.<br />

Mit dieser Forschung sind die Namen H. ELLENBERG und B. UlRICH<br />

untrennbar verbunden, deren SOLLINGPROJEKT diesbezüglich neue Maßstäbe<br />

setzte (EIIenberg et al., 1966-1986; Ulrich et al., 1979). Ohne diese Waidökosystemforschung<br />

wäre das rasche Anspringen einer sehr zielgerichteten Waldschadensforschung<br />

zum Ende der 70er Jahre nicht denkbar gewesen.<br />

Nachdem das flächenhafte Absterben von Wäldern im Erzgebirge und angrenzenden<br />

Mittelgebirgen sowie die verbreiteten Devitalisierungserscheinungen in den<br />

mitteleuropäischen Wäldern die Öffentlichkeit aufgescheucht hatte, erfuhr die<br />

Waldforschung jenen gewaltigen Schub, an dem auch die Forstwissenschaften in<br />

Österreich partizipieren konnten. ln den Vordergrund trat nun "kausaianalytisc:he<br />

Waldschadensforschung". Naturwissenschaftliche Forschungspotentiale wurden<br />

in großem Umfang freigesetzt, Potentiale, die bis dahin nicht waldorientiert eingesetzt<br />

gewesen waren.<br />

Mit der bereits stattgefundenen theoretischen Durchdringung der waldbodenchemischen<br />

Prozesse und Waldökosystemaren Nährstoffkreisläufe war der Boden für<br />

eine zielgerichtete Ursachenforschung bereitet. Die ULRICH'sche Bodenversauerungshypothese<br />

bedeutete eine Weichenstellung für die Waldschadensforschung<br />

{Uirich u. Pankrath, 1983). Eine andere wichtige Ausgangsbasis für Interpretationsversuche<br />

bezüglich der Krankheitserscheinungen an den Baumkronen<br />

bildete die "Rauchschadensforschung" (z.B. Wentzel, 1982).<br />

Die wissenschaftliche Diskussion war zunächst gekennzeichnet durch sehr kontroversielle,<br />

monokausale Ursachenhypothesen:<br />

- Bodenversauerung - Klima- und Witterungsextreme<br />

- S02 - Pathogeninfektionen<br />

- NOx - Waldbewirtschaftungsfehler<br />

-Ozon<br />

um nur die wichtigeren zu nennen. Die Widersprüchlichkeit der Hypothesen entsprach<br />

zumeist der Widersprüchlichkelt der Befunde. So ist es nicht erstaunlich,


daß zwischen verschiedenen Krankheitstypen unterschieden wurde {Rehfuess,<br />

1983) und schließlich die Einsicht platzgriff, daß die Erscheinungen des Waldniederganges<br />

multikausalen Ursprungs sind. Die regionale Variabilität der Belastungsmuster<br />

in qualitativer, quantitativer und dynamischer Hinsicht sei geeignet,<br />

ein differenziertes Intensitäts- und Ausprägungsmuster der Waldschadensphänomene<br />

zu verursachen. Dabei sind Synergieeffekte und Prädispositions-/Auslöser<br />

Mechanismen zu vermuten (Führer, 1985; 1987).<br />

Der von Ulrich et al. (1983) entwickelte Ökosystemare Erklärungsansatz war ein<br />

wesentlicher Schritt zur ganzheitlichen Problembetrachtung; er stellte den sogenannten<br />

Bodenpfad der Immissionswirkung in den Vordergrund. Die Streßhypothese<br />

nach Schütt (1984) betonte dagegen die Effekte von Gemischen trocken<br />

deponierter Schadgase an den oberirdischen Baumteilen.<br />

3 DER THEORETISCHE ANSATZ DER FIW<br />

Die FIW stieg in diese Entwicklung mit einer Arbeitshypothese ein, die von einem<br />

ganzheitlichen Problemansatz gekennzeichnet war und in möglichst ausgewogener<br />

Weise alle realistischen monokausalen Ursachenhypothesen in sich einschließt.<br />

Die sogenannte "integrale Streßhypothese" betont die Bedeutung der<br />

den meisten mitteleuropäischen Wäldern bereits innewohnenden Instabilitätsmomente<br />

als prädisponierenden Faktorenkomplex (Führer, 1985; 1988; 1991 ).<br />

Durch historische und rezente Landnutzungsformen anthropogen verursacht,<br />

haben sie Einfluß auf alle Ökosystemaren Prozesse, von den Nährstoffkreisläufen<br />

bis zu den Regulationsmechanismen in den Nahrungsnetzen, auf die Resilienz der<br />

Systeme überhaupt. Exogene Belastungsepisoden natürlichen oder anthropogenen<br />

Ursprungs überschreiten so häufiger die Streßtoleranzgrenze, so daß akute<br />

Erkrankungen oder Verfallsprozesse sichtbar werden (Abb. 1 ).<br />

Zwei wichtige Konsequenzen kann man daraus ableiten:<br />

1. Die Phänomene des Waldniederganges lassen sich nicht verstehen, wenn sie<br />

auf physikalische und chemische Vorgänge in Luft und Boden reduziert werden<br />

(wie das vielfach den Anschein hatte), sondern nur bei fokussierter<br />

Betrachtung der Organismen in der Vielfalt ihrer Eigenschaften, ökologischen<br />

Funktionen, populationsökologischen Interaktionen sowie Reaktionen auf jene<br />

erwähnten Abiota.<br />

2. Unter dieser Voraussetzung gewinnen alle traditionellerweise als "pathogen"<br />

oder "waldschädlich" bekannten Faktorenkomplexe als primäre, sekundäre,<br />

intera ktive, prädisponierende oder krankheitsauslösende Streßkomponenten<br />

soviel Bedeutung, daß sie aus dem Geschehen des Waldniederganges nicht<br />

ausgeklammert werden können.<br />

Damit ist die naturwissenschaftliche Wa ldschadensforschung wieder zurückgeführt<br />

in ein weiterentwickeltes Konzept einer Waldökosystemforschung, allerdings<br />

4


5<br />

bereichert um die Dimension "Mensch" als stets dominierender Prozeßgenerator<br />

in den mitteleuropäischen Waldökosystemen.<br />

Abbildung 1: Die "Integrale Streß-Hypothese" zum Waldniedergang (Führer,<br />

1990)<br />

betont die Bedeutung der bereits vorliegenden, ökologischen Destabilisierung<br />

(schwarze Flächen) als prädisponierender Faktorenkomplex für die Manifestation akuter<br />

Streßwirkungen natürlicher (NI und anthropogener (A) exogener Belastungsepisoden<br />

(links wenig, rechts stark schaddisponiert) .<br />

Figure 1: "In tegral Stress Hypothesis " on forest decline (Führer, 1990)<br />

emphasizes the significance of prevai'ling destab1'lization of forest ecosvstems (black<br />

areasJ, as a complex of predisposing fa ctors, to manifestation of acute stress effects<br />

of natural (NJ and anthropogenic (A) exogenic stress episodes fleft slightly, right<br />

severelv predisposed to acute damage).<br />

Geht man davon aus, daß viele Wälder Mitteleuropas ihrer Resilienz mehr oder<br />

weniger verlustig sind und daher auf exogene Belastungen in steigendem Maße<br />

mit Ausfallserscheinungen reagieren, so erscheint eine Sicherung der Wälder nur<br />

durch eine Doppelstrategie der Reparaturmaßnahmen aussichtsreich: Reparatur<br />

durch Maßnahmen der Luftreinhaltung einerseits und durch Generalsanierung der<br />

Wälder andererseits (Führer, 1988). Dieses Postulat wurde von der forstlichen<br />

Öffentlichkeit nicht mit ungeteilter Zustimmung aufgenommen, wies es doch<br />

auch auf Vollzugsbedarf im forstlichen Zuständigkeitsbereich hin. Wie realistisch<br />

es war, zeigt hingegen die Tatsache, daß trotz merklicher Fortschritte der Emissionsminderung<br />

in den westlichen Industrieländern sich die Belastung der Wälder<br />

durch Schadstoffe zwar qualitativ etwas verlagert, aber insgesamt bisher nur lokal<br />

deutlich verringert hat.<br />

4 FIW II - FICHTE: PRAXISBEZOGENE WALDSANIERUNGS<strong>FOR</strong>SCHUNG<br />

Während die Materie der Luftreinhaltung aus wissenschaftlicher Sicht mehr oder<br />

weniger vertrauensvoll der Umwelttechnik und Umweltpolitik überlassen werden<br />

konnte, verbleibt die Materie der Waldsanierung gänzlich im Zuständigkeitsbereich


der Forstwissenschaften (und Forstbetriebe). Hatten die Bodenversauerungs- und<br />

Nährstoffmangel-Hypothesen in der forstlichen Praxis häufig unreflektiert zu großangelegten<br />

Kalkungs- und Düngungsaktionen geführt, so zwang dieses Mißverständnis<br />

zu detaillierten Überlegungen über Prinzip, Methoden und Ziele einer<br />

Waldsanierung. Der Anspruch der forstlichen Praxis auf konstruktive Empfehlungen<br />

seitens der Wissenschaft wie auch die immer dringlicher werdenden Erwartungen<br />

der Forstwirtschaft stimulierten die Wissenschafter zur Auseinandersetzung<br />

mit der Sanierungsproblematik (Führer, 1988a).<br />

ln Österreich griff die FIW diese Problematik in der· Weise auf, daß sie sich<br />

anschickte, Verfahren zu entwickeln, mit deren Hilfe die zwar immer noch lückenhaften,<br />

aber doch schon weit fortgeschrittenen Einsichten in die Ursachen des<br />

Waldniederganges aus der Theorie in die Praxis umgesetzt werden können. Das<br />

Forschungsprogramm FIW II-FlCHTE ist dieser Aufgabe gewidmet. Es ist eindeutig<br />

der Kategorie der Waldsanierungsforschung zuzuordnen.<br />

Zentrale Aufgabe ist die Entwicklung der operationeilen Basis für die Erstellung<br />

situationsgerechter Sanierungskonzepte. Die prinzipielle Grundlage jedf.!S Sanierungskonzeptes<br />

soll die integrale Streßdiagnose und Risikobewertung · sein, für<br />

welche es geeignete Hilfsmittel und Vorgangsweisen zu entwickeln gilt. Ein spezielles<br />

Problem bildet der notwendige Flächenbezug der angestrebten Aussagen,<br />

die zwangsläufig vorwiegend aus punktuellen Erhebungsmustern hergeleitet werden<br />

können. Oparationalität der zu entwickelnden Verfahren setzt eine sorgfältige<br />

Prüfung verschiedenster Bedingungen und Erfordernisse voraus:<br />

* Katalog unverzichtbarer Informationen,<br />

* Verfügbarkeit und Validität der betrieblichen Daten,<br />

* Aufwand zur Erhebung der nicht verfügbaren Daten,<br />

* Methoden der lnformationsverknüpfung und -aggregation unter Wahrung des<br />

Flächenbezuges,<br />

* objektivierte Verfahren zur Entscheidungstindung (Expertensysteme),<br />

* Katalog der in Betracht kommenden Sanierungsverfahren und deren Optimierung<br />

im Hinblick auf die erhaltenen Befunde.<br />

Endergebnis des auf vier Fallstudien und eine aoschließende Generai'Sysnopse<br />

angelegten Forschungsprogrammes FIW II, Teil FICHTE, (Führer u. Neuhuber,<br />

1991 ) soll ein methodisches Instrumentarium sein, das dazu dient, auf möglichst<br />

rationellem Weg die Verteilungsmuster der spezifischen Problemsituationen in<br />

belasteten bzw. sanierungsbedürftigen Waldgebieten auszumachen und entsprechend<br />

angepaßte Sanierungsvorschläge zu formulieren (Abb. 2).<br />

Diese Zielvorstellungen haben einen Sanierungsbegriff zur Grundlage, der<br />

* primär die ökologische Stabilisierung (Resilienz-Steigerung) der Waldbestände<br />

und erst sekundär die Anhebung der Ertragsleistung im Auge hat,<br />

* mit allem Nachdruck die Erhaltung der Waldtypenvielfalt anstrebt,<br />

* alle sinnvollen Eingriffsmöglichkeiten in die Ökosystemaren Prozesse grundsätzlich<br />

in Betracht zieht.<br />

6


Fallstudie 4<br />

Fallstudie 3<br />

Fallstudie 2<br />

Fallstudie 1<br />

Fallstudienspezifische Grunddaten­<br />

erhebung und Stressoreninventur<br />

+ Waldboden und Baumernährung<br />

+ Luftchemische Stresse, physiologische,<br />

biochemische Indikation<br />

+ Witterungsbedingte Schäden<br />

und Schaddisposition<br />

+ Wildschäden und andere<br />

Verjüngungshemmnisse<br />

+ Biotische Schäden und Schadrisiken<br />

7<br />

Generalsynopse<br />

+ Schlüssel fur Bodenmängeldiagnose<br />

und -therapie<br />

+ Schlüssel fur pathophysiologische<br />

Differentialdiagnose und Bioindikation<br />

+ Bewertungsschlüssel fur witterungs­<br />

bedingte Schadrisiken<br />

+ Bewertungsschlüssel Wildschäden<br />

in Multistreßsituationen<br />

+ Indikationsmethoden Befallsdisposition<br />

fur biotische Stressoren<br />

Das Fallstudienkonzept<br />

von FIW -FICHTE<br />

Abbildung 2: Das Fallstudien-Konzept des Forschungsprogrammes FIW II-FlCHTE<br />

(Führer u. Neuhuber, 1991 ).<br />

Fig ure 2: Th e case study concept of the research programme FIW //-FICHTE (Füh­<br />

rer u. Neuhuber, 199 1).<br />

Each column represents a case study, which comprises the following steps: acquisition<br />

and assessment of data, in tegral stress diagnosis, risk evaluation, and Ieads to a speci·<br />

fic conception of a forest rehabilitation programme. Th e final synopsis (right) sha/1 provide<br />

general keys for the different steps, applicab/e to any forest ecosystem rich of<br />

spruce.


Im Klartext bedeutet dies ein weites Repertoire: waldbauliche Eingriffe und<br />

Bestandesumwandlungen, ggf. unter Einbau biotechnischer oder biologischer<br />

Waldschutzverfahren, Bodenmeliorationen, wildökologisch wirksame Maßnahmen,<br />

forsttechnische Adaptierung, Rückbau von hydrologisch ungünstigen Eingriffen -<br />

bis hin zu Forderungen an die Luftreinhaltung.<br />

Wenn sich das FIW II-Programm diese ambitionierten Ziele steckt, so geschieht<br />

dies im vollen Bewußtsein der Lückenhaftigkeit unseres Wissensstandes. Wir<br />

meinen, daß wir diesen Mut zur Lücke unseren Wäldern und ihrer Sicherung aus<br />

Gründen der Dringlichkeit schulden. Zugleich konkretisieren sich unter der hiefür<br />

notwendigen Bilanzierung unseres Wissens die bestehenden Wissensdefizite auf<br />

dem Gebiet des quantifizierenden Waldökosystem-Verständnisses, denn gerade<br />

dieses wird bei Risikobewertungen und Sanierungsüberlegungen besonders beansprucht.<br />

So ergibt sich logischerweise weiterer dringender Forschungsbedarf auf grundlegender<br />

und theoretischer Ebene der Waldökosystem-Problematik, insbesondere<br />

bezüglich der sanierungsrelevanten Aspekte (Führer, 1988a).<br />

5 <strong>FOR</strong>STWISSENSCHAFTliCHER UND <strong>FOR</strong>STPOliTISCHER AUSBliCK<br />

Als sich die FIW anläßlich ihrer Gründung der Öffentlichkeit vorstellte (Führer,<br />

1984; 1985), betonte sie den Wert ihrer Forschungsvorhaben besonders für die<br />

Aufgaben der forstlichen und ökologischen Legistik, aber auch für die forstbetriebliehen<br />

Möglichkeiten bzw. Notwendigkeiten der Waldsanierung. Dabei hatte<br />

sie Kurzzeit- und Langzeitwirkungen von Luftschadstoff-Einträgen im Auge,<br />

zugleich aber auch die destabilisierenden Wirkungen natürlicher und forstwirtschaftlicher,<br />

historischer und rezenter Stressoren auf den Wald. Diese umfassende<br />

Problemsicht rief in der Öffentlichkeit nicht nur Zustimmung hervor. Trotzdem<br />

sah sich die FIW auch am Ende der ersten, von Kausalitätsfr-agen dominierten<br />

Forschungsetappe nicht veranlaßt, diese Betrachtungsweise aufzugeben<br />

(Führer, 1988a; 1988b). Im Gegenteil, sie bildete die Grundlage für das der Waldökosystem-Sanierungsforschung<br />

gewidmete Forschungsprogramm FIW II (Führer<br />

u. Neuhuber, 1991), das nun im Begriffe ist, aus seiner verfahrensorientierten<br />

inhaltlichen Struktur in ein neues, grundlegend-theoretisches Forschungsprogramm<br />

überzuleiten. Die inzwischen vollzogene Entwicklung der FIW-Forschung<br />

bestätigt die Richtigkeit des ursprünglichen Ansatzes, der später auch anderen<br />

Gruppen als Vorbild diente.<br />

Volle Bestätigung findet die ganzheitliche Betrachtung des Problems<br />

"Waldniedergang" nun auch durch den spektakulären Schritt, den die<br />

"Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa" am 1 6. und 17. Juni 1993<br />

in Helsinki setzte (MIN.CONF. 1993). Die Minister aus 36 europäischen Ländern<br />

8


9<br />

einigten sich u.a. auf "General Guidelines for the Sustainable Management of<br />

Forests in Europe", in deren Resolution H1 der Absatz 7 folgendes aussagt:<br />

"Forest management practices should aim at maintaining and, if possible, improving<br />

the stability, vitality, regenerative capacity, resistance and adaptive capacity<br />

of forest ecosystems towards stresses, including their protection against fire,<br />

pests, diseases, game and other agents of darnage such as overgrazing and unregulated<br />

browsing. The prevention and control of large-scale biotic and abiotic<br />

darnage should be supported. Special attention should be paid to maintaining and,<br />

if needed, to improving the quality of forest soils. Silvicultural practices emulating<br />

nature should be encouraged. Practices contrary to sustainable management<br />

should be actively discouraged."<br />

Diese Aufgaben decken sich mit unseren Vorstellungen von Waldökosystemsanierung.<br />

Wir fühlen uns daher bestärkt, auf dem richtigen Weg zu sein. Wir hoffen, daß die<br />

von der Helsinki-Konferenz ausgehenden Impulse bis in unsere forstliche Wirklichkeit<br />

durchschlagen und daß wir mit den Ergebnissen der FIW-Forschungsprogramme<br />

der sachgerechten Realisierung dieser forstpolitischen Vorgaben dienlich sein<br />

können.<br />

Die erste der im bereits erwähnten Forschungsprogrammteil FIW II -FICHTE vorgesehenen<br />

Fallstudien ist abgeschlossen. Ihr Thema lautet: "Waldbewirtschaftungskonzepte<br />

in belasteten Gebieten des Mühlviertels". Sie soll in diesem Symposium/Band<br />

in ihren einzelnen Forschungsschritten und -ergebnissen dargestellt<br />

werden, um die Herleitung des zusammenfassenden Endresultates transparent zu<br />

machen.<br />

Das untersuchte Waldgebiet befindet sich hauptsächlich im Eigentum des Stiftes<br />

Schlägl, z.T. in jenem des Forstbetriebes Cernin-Kinsky und liegt nicht weit von<br />

der tschechischen Grenze (Neuhuber, 1990). Den beiden Forstbetrieben, die die<br />

Forschungsar.beiten stets unterstützt haben, sei für diese Förderung aufrichtig<br />

gedankt. Der seitens der Betriebe und der Wissenschaft investierte Aufwand wird<br />

dem Wald jedoch erst zum Nutzen gereichen, wenn die Ergebnisse unserer Untersuchungen<br />

in praktische Maßnahmen der Waldsanierung umgesetzt sein werden.<br />

Dies liegt nicht nur im forstbetrieblichen, sondern und vor allem im öffentlichen<br />

Interesse.<br />

6 LITERATUR<br />

ELLENBERG H., R. MAYER u. J. SCHAUER MANN, 1986: Ökosystemforschung - Ergebnisse des<br />

Sollingprojekts: 1966-1986. Ulmer, Stuttgart.<br />

FÜHRER E., 1 984: Das Waldsterben als universitäre Forschungsaufgabe. AFZ Wien 95: 133-1 34.<br />

FÜHRER E., 1985a: Das "Forstschutzproblem Waldsterben". Österr. Hochschulztg. 37: 15-20.


FÜHRER E., 1985b: Integrierte Waldschadensforschung - integrierte Waldschadensvorsorge. in:<br />

FÜHRER E. (Hsg.J, Forschungsinitiative gegen das Waldsterben, Bericht 1985. Bundesminist.<br />

Wiss. Forsch., Wien, 178-222.<br />

FÜHRER E., 1987: Komplexkrankheit "Waldsterben". ln: ROSSMANITH H.P. (Hsg.), Waldschäden­<br />

Holzwirtschaft. Österr. Agrarvlg., Wien, 73-82.<br />

FÜHRER E., 1988a: Waldschadensforschung. in: Forstforschungsenquete 1988. Österr. Forstverein,<br />

Wien, 59-65.<br />

FÜHRER E., 1988b: Fünf Jahre Forschungsinitiative gegen das Waldsterben: Arbeitshypothesen,<br />

Forschungsleistungen, Zukunftsperspektiven. ln: FÜHRER E. u. F. NEUHUBER (Hsg.), FIW­<br />

Symposium 1988, Waldsterben in Österreich, Theorien, Tendenzen, Therapien, 27. u. 28. Okt.<br />

1988, Univ. Bodenkultur Wien, Bundesminist. Wiss. Forsch., Wien, 1-1 7.<br />

FÜHRER E., 1989: Integral stress hypothesis determining the research programme of the Austrian<br />

"Forschungsinitiative gegen das Waldsterben•. ln: KLIMO E. u. J. MATERNA (eds.), Verification<br />

of hypotheses on the mechanisms of darnage and possibility of recovery of forest ecosystems.<br />

lnt.Workshop Sept. 4-8, 1989, Univ. Agric. Brno, CSSFR, 107-1 17.<br />

FÜHRER E., 1990: Forest decline in central Europe: Additional aspects of its cause. For. Ecol.<br />

Manage. 37: 249-257.<br />

FÜHRER E. u. F. NEUHUBER, 1991 : Forschungsinitiative gegen das Waldsterben II, Forschungsprogramm<br />

1 991-1 994. Konzepte., Bundesminist. Wiss. Forsch., Wien, 29.<br />

MIN. AGRIC. <strong>FOR</strong>EST., HELSINKI (ed.), 1993: Ministerial conference on the protection of forests<br />

in Europe. 16-1 7 June 1993, Resolution H 1, Helsinki.<br />

NEUHUBER F. u. E. FÜHRER, 1990: Schöneben, Untersuchungsgebiet der FIW., Gebietsbeschreibung<br />

und Überblick über die Forschungstätigkeit 1984-1988. FIW-Forschungsber. 1990/1 ,<br />

ÖGWEB, Univ. Bodenkultur Wien, 117.<br />

REHFUESS K.E., 1983: Walderkrankungen und Immissionen - eine Zwischenbilanz. AFZ 38: 601-<br />

610.<br />

SCHÜTT P., 1984: Der Wald stirbt an Streß. Bertelsmann, München.<br />

ULRICH B. u. E. MATZNER, 1983: Abiotische Folgewirkungen der weiträumigen Ausbreitung von<br />

Luftverunreinigungen. Luftreinhaltung, Forsch. Ber. 1040261 5, Univ. Göttingen.<br />

ULRICH 8., R. MAYER, P.K. KHANNA, 1979: Deposition von Luftverunreinigungen und ihre Auswirkungen<br />

in Waldökosystemen im Solling. Schriften Forst!. Fak., Univ. Göttingen 58: 1-291.<br />

ULRICH 8. u. J. PANKRATH (Hrsg.), 1983: Effects of accumulation of air pollutants in forest<br />

ecosystems. D. Reidel, Dordrecht, Boston, London, 389.<br />

WENTZEL K.F., 1982: Ursachen des Waldsterbens in Mitteleuropa. AFZ 37: 1365-1 368.<br />

10


11<br />

EIN VORSCHlAG <strong>FÜR</strong> EIN BIOI NDIKATIVES KONZEPT ZUR ÜBERWACHUNG VON<br />

WALDÖKOSYSTEMEN<br />

A PROPOSAL OF A BIO/ND/CA TION CONCEPT <strong>FOR</strong> <strong>FOR</strong>EST EGOSYS TEMS<br />

MONITORING<br />

Uwe ARNDT und Horst TREMP<br />

Institut für Landschafts- und Pflanzenökologie, Universität Hohenheim,<br />

Schloß 1, D - 70593 Stuttgard<br />

SUMMARY<br />

For more then 20 years bioindication has been making a substantial contribution to information<br />

about our environment. Besides the emission-cadastra and systems for ambient air control<br />

effectsmonitoring around emittents and regionwide is an important tool in practical environmental<br />

protection. Nevertheless bioindicators in use are so far mainly autecological in character and they<br />

are hardly able to teil us anything about the surrounding ecosystem. Taking into account this Situation<br />

and the need to monitor our forest ecosystems, a concept of a synecological observation is<br />

presented. After a one year period in the frame work of a three year research project funded by the<br />

Umweltbundesamt Berlin, this is a kind of interim report which is certainly incomplete but should<br />

Iead to discussion on the topic.<br />

ln order to achieve the necessary routine monitaring from the wealth of Iiterature available on<br />

actual forest desease problems, findings which can be used as bioindicative key reactions have to<br />

be selected. Though they may occur at every biological Ievei of the ecosystem a biochemical reaction,<br />

for example, should only be used if it has a relevant effect on the whole system. The presented<br />

concept shows some possibilities which parameters and functions of the ecosystem are able to<br />

provide as key reactions. From the Iiterature evaluated so far some examples are given for an indicatorfan<br />

of synecological character. For the time being this only serves more as an explanation of<br />

the idea than as fully usable bioindicators. Some indications are given for subsequent standardization<br />

in routine work and the need for practical testing is expressed. lt is shown that it is worthwhile<br />

and possible to develop and test a bioindicative system which is able to monitor the ecological<br />

behaviour of our forests.<br />

KEYWORDS: Bioindication, ecological indicators, ecosystem behaviour, effects monitoring, forest<br />

ecosystem.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Die Bioindikation leistet seit mehr als 20 Jahren einen wesentlichen Beitrag zur Umweltinformation.<br />

Neben dem Emissions- und dem Immissionskataster sind emittentenbezogene und landesweite<br />

Wirkungsmeßnetze wichtige Instrumente des praktischen Umweltschutzes. Allerdings haben sie<br />

bisher fast ausschließlich autökologischen Charakter, d.h. ihre Aussagen lassen kaum Schlüsse auf<br />

das Verhalten des umgebenden Ökosystems zu. Ausgehend von dieser Sachlage und von der Notwendigkeit,<br />

das Verhalten unserer Waldökosysteme zu überwachen, wird hier ein Konzept für eine<br />

Dauerbeobachtung mit synökologischem Aspekt vorgestellt. Dabei handelt es sich um einen Zwischenbericht<br />

im Rahmen eines vom Umweltbundesamt in Berlin geförderten dreijährigen Forschungsvorhabens,<br />

der naturgemäß noch unvollständig ist und zur Diskussion anregen soll.<br />

Um zu der notwendigen Routineüberwachung zu gelangen, sind aus der Fülle der Waldschadensliteratur<br />

diejenigen Erkenntnisse auszuwählen, die als bioindikative Schlüsselreaktionen verwendbar<br />

sind. Sie können zwar auf allen biologischen Ebenen des Ökosystems auftreten, doch sollte :z. B.<br />

eine biochemische Reaktion nur dann in den Fächer der Kriterien einbezogen werden, wenn sie für<br />

das Gesamtsystem relevant ist. Das dargestellte Konzept zeigt Möglichkeiten, welche Systemparameter<br />

und Funktionen die geforderten Schlüsselreaktionen liefern können. Aus der bisher ausgewerteten<br />

Literatur werden Beispiele für einen Indikatorfächer mit synökologischem Aspekt gege-<br />

Forstliche Schriftenreihe, Universität für Bodenkultur Wien, Bd. 7, 1994.<br />

ÖGWEB (Österr. Ges. f. Waldökosystemforschung und experimentelle Baumforschung! ISBN 3-900865-06-X.


en. Sie dienen jedoch zur Zeit noch eher der Erläuterung des Gedankenganges, als daß sie bereits<br />

voll taugliche Bioindikatoren wären. Für eine spätere Routineverwendung werden erste Hinweise<br />

für die notwendige Standardisierung und eine Erprobungsphase gegeben. Es wird dargelegt, daß es<br />

heute aus verschiedenen Gründen notwendig und möglich ist, einen Bioindikatorfächer mit synökologischem<br />

Aspekt zu entwickeln und zu erproben.<br />

STICHWÖRTER: Bioindaktion, Ökologische Indikatoren, Ökosystemverhalten, Wirkungskataster,<br />

Waldökosystem.<br />

1 EINFÜHRUNG<br />

Nachdem nun mehr als 10 Jahre intensiver Waldschadensforschung vergangen<br />

sind, ist eine Fülle wertvoller wissenschaftlicher Erkenntnisse vorhanden, die nach<br />

Sichtung und Zusammenfassung verlangt. Dieser Aufgabe wurde bereits in den<br />

vergangenen Jahren umfassend nachgekommen, wobei hier in erster Linie die<br />

Gutachten des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen (RSU, 1983) und<br />

die Berichte des <strong>FOR</strong>SCHUNGSBEIRATES Waldschäden/luftverunreinigungen<br />

( 1 989) zu nennen sind. Hinzu kommen die verschiedenen Statuskolloquien wie<br />

z.B. die des PEF (Projekt Europäisches Forschungszentrum) in Baden-Württemberg.<br />

Hierbei wurden Ziele und Ergebnisse der einzelnen Projekte zusammenfassend<br />

dargestellt (Hanisch, 1989; Reinhard, 1989 und 1991 ) . Darüber hinaus muß<br />

aber gefragt werden, inwieweit die gewonnenen Erkenntnisse in Zukunft für den<br />

Umweltschutz allgemein und für unsere Waldökosysteme speziell genutzt werden<br />

können, d.h. welche praktischen Auswirkungen haben die finanziell aufwendigen<br />

Forschungen (BML, 1988; Harsch, 1989 und 1991).<br />

Denkbar sind hier z.B. forstwirtschaftliche, ökologische oder Iandschaftspianerische<br />

Konsequenzen, sicher ist aber, daß eine langfristige Beobachtung unserer<br />

Waldökosysteme notwendig bleibt, auch wenn die Waldschadensforschung nicht<br />

in gleichem Umfang wie bisher weitergeführt werden kann. Diese darf sich nicht<br />

in der ökochemischen Kontrolle der Immissionskonzentrationen oder der forstwirtschaftlichen<br />

Nutzungsbeurteilung erschöpfen, sondern sie hat das langfristige<br />

Verhalten des Ökosystems Wald zu überwachen. So stellt sich die Frage, ob für<br />

diese ökologisch-ökotoxikologische Aufgabe heute ausreichende Kenntnisse vorhanden<br />

sind.<br />

2 DIE AUFGABE<br />

Nachfolgend soll ein bioindikatives Konzept zur Überwachung von Waldökosystemen<br />

vorgestellt werden, dessen erste Ansätze bereits auf dem 8. Internationalen<br />

Clean Air Congress in Den Haag zur Diskussion gestellt (Arndt, 1989) und<br />

danach weiter entwickelt worden sind (Arndt, 1992). Seit dem 1 .1 . 1993 kann an<br />

dieser Frage systematisch gearbeitet werden, da ein entsprechender Forschungsauftrag<br />

vom Umweltbundesamt in Berlin vorliegt.<br />

12


13<br />

Bioindikationsverfahren liefern heute wertvolle Informationen bei Genehmigungsverfahren,<br />

bei nachträglichen Anordnungen, bei der Umweltverträglichkeitsprüfung,<br />

beim Einsatz in den Wirkungskatastern der Bundesländer und bei der<br />

Umweltchemikalienprüfung (zusammengefaßt bei Dreyhaupt et al., 1979;<br />

Schubert, 1985; Arndt et al., 1987). Sie sind jedoch aufgrund ihres autökologischen<br />

Charakters nicht oder nur sehr beschränkt in der Lage, Aussagen über Veränderungen<br />

in ganzen Ökosystemen zu machen. Gerade die Waldschadensforschung<br />

hat nun aber gezeigt, daß zur Aufklärung der ökotoxikologischen Probleme<br />

in unseren Wäldern das Denken in vernetzten Systemen notwendig ist. Eine<br />

Bioindikation zur Überwachung unserer Waldökosysteme muß daher synökologischen<br />

Charakter haben.<br />

Die damit gestellte Aufgabe ist schwierig, was von Schneider (1992) in detaillierter<br />

Weise dargestellt wurde, und in ihrer prinzipiellen Lösbarkeit nicht unumstritten<br />

(Landres, 1992). Andererseits sind jedoch verschiedene Vorschläge vorhanden,<br />

die in realistischer Form Möglichkeiten zur synökologischen Bioindikation<br />

eröffnen (Riecken, 1990; Mathes et al.,. 1991}, ja z.T. bereits praktiziert werden<br />

(Messer, 1992; Rapport, 1992). Alle Vorschläge gehen grundsätzlich von einer<br />

möglichst weitgehenden Kenntnis der Struktur und Funktionsweise des betrachteten<br />

Systems aus, da nur dann z.B. zwischen dem Vorkommen oder der Häufigkeit<br />

einzelner Arten und dem Störfaktor Zusammenhänge erkannt werden können<br />

(Bick, 1982; Schubert, 1985). Gerade diese Voraussetzung wird aber heute bei<br />

einigen unserer Waldökosysteme erfüllt, denn sie wurden in den vergangenen<br />

Jahren ja intensiv und in einem für den Bereich der ökotoxikologischen Forschung<br />

beispiellosen Umfang untersucht (Ellenberg sen. et al., 1986).<br />

Dennoch bleiben gewisse Unklarheiten, da mitteleuropäische Wälder stark forstlich<br />

genutzt und damit weit von einem Klimaxzustand entfernt sind. Sie zeigen ein<br />

dynamisches und produktives Verhalten und sind damit, geht man von den Vorstellungen<br />

Gigons ( 1 981; 1984) aus, nicht stabil (Abb. 1 und 2). Es ist also zu<br />

fragen, welcher Maßstab für ihre Beurteilung herangezogen werden soll.<br />

Hinzu kommt, daß die neuartigen Waldschäden ein multifaktorielles Problem darstellen<br />

(Manion, 1981; Rehfuess, 1981; Schütt u. Cowling, 1985), wodurch das<br />

Erscheinungsbild des Ökosystems Wald unübersichtlich und über längere Zeit hinweg<br />

wechselhaft erscheint. So zeigten sich bisher auf Jahre verstärkter Erkrankung<br />

auch wieder Phasen einer gewissen Erholung (Wachter, 1978; BML, 1988) -<br />

ein für den Einsatz bioindikativer Verfahren wesentlicher Aspekt.<br />

Bei diesem Problem kann auch der 1972 in die Gesetze der USA eingebrachte Begriff<br />

der "ecosystem integrity" nur eine gewisse Hilfestellung geben, obschon<br />

oder gerade weil er seither intensiv diskutiert und damit deutlich schärfer geworden<br />

ist (Regier, 1992). Er wird zum Teil mit "system health" und mit "sustainabi­<br />

!ity " gleichgesetzt. ln aller kürzester Form kann man nach Smitkroes (1989, zit.


14<br />

Verhalten Fremdfaktor Fremdfaktor<br />

nicht v�rhanden vorhanden<br />

Veränderungen Konstanz Resistenz<br />

1 oder<br />

1 Schwankungen<br />

klein oder �<br />

nicht vorhanden<br />

Schwankungen<br />

groß aber<br />

regelmäßig<br />

Ökosvstem verändert<br />

sich �icht<br />

Zyldizität<br />

Ökosystem zeigt<br />

regelmäßig<br />

Schwankungen<br />

Ökosvstem läßt<br />

sich 1iicht verändern<br />

Elastizität<br />

Ökosystem schwankt<br />

aus kehrt aber in<br />

die Ausgangslage zurück<br />

Abbildung 1 : Formen der Ökosystemaren Stabilität (nach Gigon, 1981; 1984).<br />

Figure 1: Forms of ecosystem stabilitiy (a fter Gigon, 1981; 1984).<br />

I<br />

I<br />

Verhalten<br />

I<br />

i Irreversible<br />

Veränderung<br />

/ Fluktuationen<br />

I<br />

nicht vorhanden<br />

I<br />

, i<br />

I ±Entwicklung 1<br />

I<br />

'<br />

I< I<br />

unregelmäßige I<br />

Schwankung<br />

Fremdfaktor<br />

Beeinflußte<br />

vorhanden<br />

± Entwicklung<br />

cr"ry-D j<br />

I Beeinflußte I<br />

ovJ\;D I cr6__r---o I<br />

!<br />

I !<br />

Resistente<br />

Instabilität ,<br />

o-: --o I<br />

6 I<br />

' Elastische<br />

Schwankung Instabilität<br />

Vs-"'""': :: :J<br />

Abbildung 2: Formen der Ökosystemaren Instabilität (Gigon, 1981; 1984) .<br />

Für mitteleuropäische Forste gilt ohne Störfaktor eine mehr oder weniger kontinuierliche<br />

Veränderung von der Schonung bis hin :zum schlagreifen Hochwald. Bei dieser<br />

Betrachtungsweise wird als Kriterium in erster Linie die Produktivität der Dominanten<br />

:zugrundegelegt, aber auch andere Parameter des Ökosystems befin-den sich in Entwicklung.<br />

Figure 2: Forms of ecosystem instability (Gigon, 1981; 1984}.<br />

ln the case of Gentraf European managed forests, without distvrbances, a more or less<br />

continuous transition from sapling stage to harvestable timber can be assumed. With<br />

this kind of approach the first line criterion is the productivity of the dominant trees,<br />

while other ecosystem parameters follo w suit within th e development.<br />

I


15<br />

- .<br />

bei Regier, 1992) Okosystem-lntegrität mit den folgenden Eigenschaften umschreiben:<br />

• Erhalt der ökologischen Produktivität<br />

• Erhalt der Diversität von Flora und Fa una<br />

• Erhalt der Selbstregulation ·<br />

Diese Eigenschaften werden aber von mitteleuropäischen Waldökosystemen nur<br />

zum Teil und nur zeitweilig erfüllt, so daß eine bioindikative Beobachtung<br />

zunächst nur mit dem Ziel durchgeführt werden kann, Aussagen über ihr Verhalten<br />

zu gewinnen. Bei dieser Ü berwachung sollten in erster Linie ökologische Maßstäbe<br />

angelegt werden, die zu erwartenden Erkenntnisse sollten sich aber im<br />

forstwirtschaftliehen Bereich wie z. B. dem Waldbau, niederschlagen (vergl. hierzu<br />

Bursehel u. Binder, 1993).<br />

3 DAS KONZEPT<br />

ln weitgehend naturbelassenen Waldökosystemen sind es danach also die ökologische<br />

Produktivität, die Diversität und die Selbstregulation, auf die eine synökologische<br />

Bioindikation vornehmlich abzielen sollte und die auch im US-amerikanischen<br />

EMAP-Programm (Environmental Monitaring and Assessment Program) eine<br />

wesentliche Rolle spielen {Schneider, 1992). Dabei bleibt allerdings die oben<br />

angesprochene Integrität nur in einem relativ stationären Zustand von Ökosystemen<br />

nachweisbar, der in den weitaus meisten Wäldern Mitteleuropas nicht gegeben<br />

ist. Gigon nennt derartige produktive Systeme instabil (Abb. 2), und sie<br />

zeigen ja auch durch die Bewirtschaftung mehr oder weniger unregelmäßige<br />

ZustandswechseL ln einer derartigen Situation ist es leichter, an Stelle der Integrität<br />

gewisse Entwicklungen und erhebliche Störungen von ausgewählten Einzelparametern<br />

nachzuweisen (Odum, 1985). Eine Übersicht über mögliche Indikatoren<br />

zum Nachweis eines Stresses in Ökosystemen bringen Slocombe u.<br />

Woodley (1990, zitiert b.ei Schneider, 1992), die in Tabelle 1 wiedergegeben ist.<br />

Störungen, auch solche in der Entwicklung eines produktiven Ökosystems, manifestieren<br />

sich bei einer entsprechenden Belastung auf allen biologischen Ebenen,<br />

also vereinfacht in der Zelle, dem Organismus und im ganzen Ökosystem. Dabei<br />

ist davon auszugehen, daß die Bedeutung einer Indikatorreaktion mit der Höhe der<br />

biologischen Ebene, auf der sie manifest wird, steigt, was bei der Entwicklung<br />

des Gesamtkonzeptes zu berücksichtigen ist.<br />

Nach dem Gesagten läßt sich mit einer zusätzlichen Zeitachse eine einfache<br />

Matrix darstellen, in deren Feldern Wirkungskriterien eingetragen werden können,<br />

" Es erscheint zweckmäßig, diesen Begriff wörtlich aus dem Englischen zu übernehmen.


die zur Bioindikaktion verwendet werden (Abb. 3). Dies sind, bezogen auf die Fragestellung,<br />

nämlich die Überwachung von Waldökosystemen, vornehmlich solche,<br />

deren Störung auf das Gesamtsystem durchschlagen. ln diesem Sinne ist also<br />

eine biochemische Veränderung in der Zelle nur dann aussagekräftig, wenn sie<br />

das Verhalten des Ökosystems zu beeinflussen vermag. Damit wird eine gewisse<br />

Kenntnis von Reaktionsketten vorausgesetzt, die sich durch verschiedene biologische<br />

Ebenen hindurchziehen. So läßt sich z.B. ein Zusammenhang zwischen dem<br />

Verlust an Magnesium, dem Rückgang der Chlorophyllgehalte, einer ungünstigen<br />

apparenten Photosynthese und schließlich einem Produktionsverlust im System<br />

vermuten, auch wenn dies aufgrund von Ü berlagerungen nicht leicht zu erkennen<br />

ist.<br />

Ta belle 1: Kriterien zum Nachweis von Stress in schadstoffbelasteten Ökosystemen<br />

(zusammengestellt von Scheehan, 1984, zit. bei Schneider, 1992,<br />

mit der Übersetzung ins Deutsche etwas verändert).<br />

Table 1: Stress-proving criteria in loaded ecosystems (made up by Scheehan,<br />

1984, cit. by Schneider, 1992, slightly varied by german translation).<br />

16<br />

Individuen und Populationen<br />

1. Direkte Mortalität oder chronische Akkumulation, die zum Tod führt<br />

2. Verhaltensbeeinträchtigung, physiologische Schädigung oder Funktionsveränderung<br />

3. Veränderungen von Wachstum und Reproduktion<br />

Struktur und Dynamik des Ökosystems<br />

4. Verringerung der Populationsgröße und Aussterben von Arten<br />

5. Verlust von Spezies mit einzigartigen Funktionen<br />

6. Rückgang der Artendiversität (Reichhaltigkeit)<br />

7. Veränderungen der Organismengemeinschaft und des Dominanzmusters<br />

8. Rückgang der Artenzahl<br />

9. Taxonomische Unterschiede zwischen beeinträchtigten und unbeeinflußten<br />

Systemen ..<br />

10. Veränderungen der räumlichen Strukturen im Okosystem<br />

11. Veränderungen von Stabilitätseigenschaften<br />

12. Umkehr von Sukzessionen<br />

Veränderungen ökosystemarer Funktionen<br />

13. Veränderung der Zersetzungsleistung, des Mineralstoffumsatzes und der Produktivität<br />

14. Erhöhter Energieaufwand für Reparaturmechanismen<br />

15. Veränderungen bei wichtigen Nährstoffkreisläufen, im Nahrungsnetz und bei<br />

der funktionalen Regelung ökosystemarer Prozesse


17<br />

Reaktionen Frühe und we- Arten- und Abun-<br />

Oko -<br />

sys tem<br />

nicht auf Stressorzurückführbar<br />

oder nicht<br />

nlg ausgeprägte<br />

Reaktionen, erhöhtesAuftreten<br />

vo n Mangan<br />

d anzverschl ebung,<br />

Ve ränderung von<br />

Mineralkreis I äufen<br />

und Produktion,<br />

nachweisbar<br />

Akkumulation<br />

Chlorosen, Chlorosen, Blattverlus te,<br />

Organismus<br />

Nekrosen,<br />

Reaktionen des<br />

Gaswe chsels<br />

Nekrosen,<br />

morphologische<br />

Veränderungen,<br />

Akkumulation,<br />

Ertragsein bu ßen,<br />

Ausfall vo n<br />

Ak kumulation,<br />

erster Blattfall<br />

Individuen<br />

Zelle<br />

Enzym- und Enzymveränder- We chsel von<br />

Membranverän- ung, Akkumu- ana- zu katabo-<br />

derung, Änder- lation von Zell- lischem Stoff-<br />

ung des Energ ie- inhaltsstoffen we chsel, Senes-<br />

und Redox-<br />

potentials<br />

;<br />

ze nzers chei nungen<br />

Stunden- Tage- Monate-<br />

Tage Wo chen Jahre<br />

Abbildung 3: Stark vereinfachende Matrix zwischen den biologischen Reaktionsebenen<br />

und dem zeitlichen Auftreten einer Wirkung.<br />

Figure 3: A very simplified matrix of biological reaction Ievels versus temporal<br />

activation of reactions.<br />

Daneben sind aber auch Wirkungskriterien indikativ nutzbar, die unabhängig voneinander<br />

sind bzw. deren ökologischer Zusammenhang noch unbekannt ist. Hierzu<br />

könnte man den Ausfall der Tanne, das verstärkte Auftreten der azidophilen<br />

Flechte Lecanora conizaeoides und die Zunahme von Calamagrostis- und<br />

Deschampsia-Beständen auf Waldlichtungen nennen. Brauchbar sind solche Einzelaussagen<br />

allerdings nur, wenn sie gleichsinnig sind bzw. eine Indikation gegen­<br />

seitig stützen. Schließlich lassen sich auch dem Autökologischen nahestehende<br />

Bioindikatoren verwenden (Kutchenberg, 1985; Hutehinsen u. Scott, 1988). Letz­<br />

teres erlaubt es durchaus auch Einzelphänomene zur Bioindikation heranzuziehen,<br />

selbst wenn sie aus angrenzenden Ökosystemen stammen, solange sie nur ent­<br />

sprechende Rückschlüsse auf das eigentliche Untersuchungsobjekt ermöglichen.


Ein wesentlicher Aspekt der bioindikativen Ü berwachung ist der Zeitpunkt bzw.<br />

der Zeitraum, an bzw. in dem das Wirkungskriterium anspricht. Die Expositionsdauer<br />

eines Indikators ist daher auch bei den autökologischen Verfahren des aktiven<br />

Monitarings exakt festgelegt. Für eine synökologische Bioindikation der Waldökosysteme<br />

Mitteleuropas ergeben sich hier aber gewisse Schwierigkeiten. Bei<br />

einer chronischen Belastung, wie es der Eintrag von sauren Niederschlägen oder<br />

von Stickstoff darstellt, ist ein zeitlicher Nullpunkt nicht vorhanden, sondern man<br />

hat von einem gewissen Störungsniveau zum Zeitpunkt der bioindikativen Abfrage<br />

auszugehen.<br />

Erst bei weiteren indikativen Abfragen ist feststellbar, ob sich dieser Zustand<br />

geändert hat. Immerhin lassen sich den biologischen Ebenen gewisse Reaktionszeiten<br />

zuordnen, die bei biochemischen Veränderungen im allgemeinen im Bereich<br />

von Stunden bis Tagen, für das gesamte Ökosystem aber zwischen Monaten und<br />

Jahren liegen. Daß die Reaktionszeiten in einigen Fälle noch weit länger sein können,<br />

macht sie im Rahmen dieses Konzeptes praktisch undetektierbar, und sie<br />

können daher hier nicht Gegenstand der Erörterung sein.<br />

Diese Zeitachse gibt zugleich Hinweise für die notwendige Häufigkeit der bioindikativen<br />

Beobachtungen. Zu betonen ist allerdings, daß die Darstellung (Abb. 2)<br />

stark verkürzt ist und nur dem besseren Verständnis des hier vorgestellten Konzeptes<br />

dient. Sie soll aber darüber hinaus die Vielschichtigkeit der Aufgabe und<br />

die Notwendigkeit einer ganzen Anzahl von Bioindikatoren, Rapport (1992) spricht<br />

von einem lndikatorspektrum, deutlich machen. Dabei darf nicht vergessen<br />

werden, daß es hier zunächst "nur" um eine Überwachung, nicht aber um eine<br />

Diagnose oder um die Aufklärung der Funktion einzelner Vorgänge geht. Diese<br />

differenziertere Betrachtungsweise muß auf später verschoben werden.<br />

Der wesentliche Schritt zu einer bioindikativen, langfristigen Überwachung unserer<br />

Wälder ist die Auswahl geeigneter Wirkungskriterien, die bei guter Handhabbarkeit<br />

ausreichende Aussagen über den Zustand von Kompartimenten machen<br />

oder über den des Gesamtsystems zulassen. Dabei scheitert die prinzipiell<br />

erwünschte große Zahl von Schlüsselreaktionen oder - wie Rapport (1992) sie<br />

nennt - Schlüssel-Indikatoren vornehmlich an einer zu geringen Kenntnis geeigneter<br />

Wirkungskriterien. Andererseits muß die Zahl aufgrund allgemein limitierter<br />

Personal- und Finanzkapazitäten relativ klein gehalten werden. Damit können<br />

nicht irgendwelche mehr oder weniger zufällig erkannte Störungen im Ökosystem<br />

herangezogen werden, sondern es müssen solche Schlüsselreaktionen gefunden<br />

werden, die möglichst mit den prägenden, den dominanten Organismen zusammenhängen<br />

oder sonst weitreichende Einflüsse im Ökosystem haben (Treshow,<br />

1968; Treshow u. Stewart, 1973; Nilssen, 1980; Reichholf, 1982). Darüber<br />

hinaus sollten die Stellung und Bedeutung für das System bekannt sein.<br />

18


4 DAS BEISPIEL<br />

19<br />

Da der Entwicklungsprozeß des hier vorgestellten Konzeptes bei weitem noch<br />

nicht abgeschlossen ist, muß auch die Abbildung 3 als ein Denkanstoß und nicht<br />

als Vorschlag für die Praxis verstanden werden. Orientiert an den biologischen<br />

Reaktionsebenen, werden nachfo lgend einige Vorschläge gemacht, die zwar einzeln<br />

als solche praktikabel sind aber hier erstmals in das dargestellte Konzept eingeordnet<br />

werden.<br />

Betrachtet man zunächst die Bäume als die dominanten Organismen in den Wäldern,<br />

so sind zwar unsere physiologischen Kenntnisse noch immer geringer als<br />

bei krautigen Pflanzen (Böger u. Mohr, 1987), doch lassen sich heute eine Reihe<br />

von Stoffwechselreaktionen zusammenstellen, die für die Vitalität von Waldbäumen<br />

große Bedeutung haben. Die Verwendung derartiger Veränderungen als<br />

diagnostische Parameter liegt nahe und wurde bereits von der Arbeitsgruppe<br />

Wellburn vorgeschlagen und praktiziert (Wolfenden et al., 1988; Mehlhorn et al.,<br />

1988). Zahlreiche weitere biochemisch-physiologische Untersuchungen zeigen,<br />

daß es verschiedene Veränderungen auf der Zellebene gibt, die sich für eine<br />

routinemäßige Bioindikation eignen könnten. ln diesem Zusammenhang sei insbesondere<br />

auf den von der Arbeitsgruppe Wild vorgeschlagenen Kriterienfächer hingewiesen<br />

(Wild u. Tietz, 1991 ; Wild u. Schmitt, 1992; Schmieden et al., 1993).<br />

Hier konnte nachgewiesen werden, daß die Phosphoenolpyruvatcarboxylase<br />

(PEPCL die in der Fichte als C3-Pflanze eine Auffüllfunktion (anaplerotische Funktion)<br />

hat, indem sie C02 irreversibel an Phosphoenolpyruvat zu Oxalacetat bindet,<br />

bei niedriger chronischer Belastung ihre Aktivität erhöht. Dabei hat die<br />

Arbeitsgruppe mit diesem akkumulativen Prozess einen engen Zusammenhang mit<br />

dem Nadelschadfaktor festgestellt, so daß hier zugleich ein Beispiel für den trittsteinartigen<br />

Zusammenhang von Reaktionen auf verschiedenen biologischen Ebenen<br />

gegeben ist (Abb. 4) . Ein solcher läßt sich auch für den Magnesiumgehalt, die<br />

Chlorophyllkonzentrationen und schließlich den Nadelfall vermuten.<br />

Als positive Ergänzung zu biochemisch/physiologischen Kriterien hat sich auf Zellund<br />

Gewebeebene der anatomische Befund erwiesen. Hierzu sind in Mitteleuropa<br />

u.a. die Arbeiten von Fink (1983; 1992) sowie von Schmitt u. Rütze (1990) in<br />

Betracht zu ziehen. Allerdings sind die bisher erzielten Ergebnisse noch nicht<br />

unter dem Gesichtspunkt der Bioindikation geprüft worden, so daß bis zu einer<br />

routinemäßigen Verwendung derartiger Wirkungskriterien noch erhebliche Arbeit<br />

aufgewendet werden muß.<br />

Geht man zum Geamtorganismus, also zu ganzen Bäumen wie Tanne, Fichte oder<br />

Buche über, so werden diese bereits seit Jahren in der gesamten Bundesrepublik<br />

Deutschland bioindikativ beurteilt. Dies dürfte zur Zeit die bisher umfangreichste<br />

Anwendung eines Bioindikationsverfahrens überhaupt sein. Das heute angewandte<br />

Verfa hren stützt sich unter anderem auf die Abschätzung des Grades der<br />

Benadelung oder Belaubung, ein Kriterium, das mit der Vitalität der Bäume in Ver-


indung gebracht wird. Allerdings ist auch dieses Verfahren nicht unumstritten<br />

und bedarf sicherlich verschiedener Ergänzungen, wie z.B. der Habitusbeurteilung<br />

(Roloff, 1986). Obschon die Waldschäden heute bundesweit in gleicher Weise<br />

erhoben und die Ergebnisse jährlich veröffentlicht werden (BML, 1985; 1988;<br />

1993), reicht dieses weitgehend anerkannte Verfahren allein nicht dazu aus, den<br />

Zustand des Ökosystems Wald zu beurteilen.<br />

20<br />

Wa l dquellbäche<br />

Flora/Fauna<br />

Bestandeszuwachs<br />

Bestandesstruktur<br />

fauna<br />

5 -<br />

10<br />

Wa ldbodenflora<br />

Abbildung 4: Kombinierte Erhebung indikativer Kriterien an Bäumen (dunkel hinterlegt)<br />

und im Ökosystem.<br />

Die Zahlen geben den Abfragezeitraum in Jahren wieder.<br />

Figure 4: Tim e frame for the combined sampling of in dica tive criteria in single<br />

trees (shaded in figure) and in a forest ecosystem.<br />

Th e respective numbers specify approximate sampling in tervals in years.<br />

Auf der Ebene der Phytocoenose und des gesamten Ökosystems lassen sich z.B.<br />

Veränderungen der Struktur oder des Stoffhaushaltes als Kriterien zur Bioindikation<br />

heranziehen. Über die Veränderungen der Pflanzengesellschaft in mitteleuropäischen<br />

Waldgebieten liegen verschiedene Informationen vor, die eine deutliche<br />

Standortsabhängigkeit zeigen. So konnten verschiedene Arbeitsgruppen an der<br />

Boden- und epiphytischen Vegetation Veränderungen feststellen, die auf Säureeintrag<br />

zurückzuführen waren (Wittig u. Neite, 1983; Ballach et al., 1985; Wittig<br />

et al., 1985; Steubing u. Fangmeier, 1986; Steubing u. Macher, 1985;<br />

Bartholmeß et al., 1987; Fischer, 1993). Auf verschiedenen Flächen im Schwarz-


21<br />

wald werden die auch dort zu beobachtenden Veränderungen mit der schadensbedingten<br />

Auflichtung der Bestände und mit einem überhöhten Stickstoffeintrag in<br />

Verbindung gebracht (Bürger, 1990). Dabei wird ein Anstieg der mittleren Artenzahlen<br />

in allen Gesellschaftstypen festgestellt. Heute sind auch die ökologischen<br />

Ansprüche der Waldboden- sowie epiphytischen Moose hinreichend beka nnt, um<br />

diese stärker als bisher für die Bioindikation zu berücksichtigen lEHenberg jr. et<br />

al., 1991; Biernath u. Roloff, 1993). Allerdings gilt die Artenkenntnis der heimischen<br />

Moosflora noch als ausgesprochenes Spezialwissen (Stetzka, 1993). Im<br />

übrigen sind diese Beispiele für eine Indikationsmöglichkeit zum Teil zu den sich<br />

gegenseitig stützenden Einzelaussagen zu rechnen.<br />

Offensichtlich besitzen Vegetationsveränderungen einen beachtlichen bioindikativen<br />

Wert, was auch an der Reaktion auf einen Stickstoffeintrag bei den Zeigerwerten<br />

bestimmter Pflanzen deutlich wird (EIIenberg jr., 1985). Sie laufen jedoch<br />

relativ langsam ab, und die kausale Interpretation entsprechender Ergebnisse ist<br />

häufig schwierig. Erstaunlich rasch und eindeutig reagiert dagegen die Bewegung<br />

und der Status bestimmter anorganischer Nährstoffe im Ökosystem, wie in<br />

verschiedenen OTC-Experimenten festgestellt werden konnte (Seufert u. Arndt,<br />

1988; Evers, 1987). Hier haben bereits Freilanduntersuchungen in den siebziger<br />

Jahren Hinweise auf eine bioindikative Verwendung geliefert (Uirich, 1975). Diese<br />

Ü berlegungen wurden kontinuierlich ausgebaut (Uirich, 1983) und sind heute bis<br />

zu einem praktikablen Vorschlag entwickelt, der sich als Baustein in das hier vorgestellte<br />

Konzept einbauen läßt (Uirich u. Bredemeier, 1992). Die Möglichkeit,<br />

Ionenbilanzen im Ö kosystem aus Daten verschiedener Kompartimente zusammenzustellen,<br />

wird von zahlreichen anderen Autoren gestützt.<br />

Einen wichtigen Beitrag für eine Bioindikation mit synökologischem Aspekt können<br />

auch die unterirdischen Systemteile liefern {Vogt et al., 1993). So liegen<br />

verschiedene Hinweise auf Veränderungen im Feinwurzel- und Mykorrhizabereich<br />

vor, die prinzipiell indikativ nutzbar wären, hinsichtlich ihrer Handhabbarkelt im<br />

Routinebetrieb aber sicherlich Grenzfälle darstellen (Wöllmer u. Kottke, 1990;<br />

Blaschke, 1990). Als übergeordneter Parameter ist dagegen die Ansprache der<br />

Humusform, die durch Bestimmungen der C/N- und der C/P Verhältnisse ergänzt<br />

werden sollte, ein geeigneter Indikator zur Beobachtung des Ökosystems Wald<br />

(v. Zezschwitz, 1985; 1987).<br />

Von großer Bedeutung für unsere Wälder und deshalb bei einer Bioindikation mit<br />

synökologischem Aspekt zu berücksichtigen ist das Kompartiment der Destruenten<br />

und Mineralisierer. Hier sind es insbesondere die Bodentiere, die im Hinblick<br />

auf eine bioindikative Verwendung Interesse gefunden haben (u.a. Funke, 1986).<br />

Roth u. Funke (1993) untersuchten die Wirkung von Mineraldüngergaben, sauren<br />

Niederschlägen, Pestiziden und Halogenkohlenwasserstoffen und konnten dabei<br />

Auswirkungen u.a. auf das Artenspektrum, die Populationsdichte, die Dominanzstruktur<br />

und die Biomasse feststellen. Ohne einen vollständigen Überblick<br />

erreichen zu wollen, sei neben der Arbeitsgruppe Funke hier noch auf die Arbei-


ten von Kolbe (1981; Kolbe et al., 1987) und Kopeszki (1991; 1992; 1993) hingewiesen,<br />

die ebenfalls Bodentiere als Bioindikatoren für Hinweise zum Ökosystemaren<br />

Zustand verwenden. Inwieweit die Avifauna ( Ellenberg jr., 1981; Hahn et<br />

al., 1992) und die herbivoren (Groß)tiere (Hecht, 1991) mit in das Konzept einzubeziehen<br />

sind, ist zur Zeit noch nicht klar.<br />

Je nach Art und Größe des zu beobachtenden Waldökosystems müssen selbstverständlich<br />

auch die Gewässeranteile bioindikativ genutzt werden, zumal für die<br />

synökologische Bioindikation im aquatischen Bereich aus den USA und Canada<br />

bereits relativ ausgereifte Konzepte vorhanden sind (u.a. bei Regier, 1992;<br />

Hughes et al., 1992). Im kleinräumigen Mitteleuropa spiegeln Waldquellbäche die<br />

stoffliche Zusammensetzung ihrer bewaldeten Einzugsgebiete wider, so daß sie<br />

ebenfalls Aussagen über das Gesamtsystem machen können (Beierkuhnlein,<br />

1991 ). Die entsprechenden Bioindikationsverfahren, z.B. für das Makrozoobenthos<br />

(Braukmann, 1992) und die Wassermoosvegetation (Tremp u. Kohler, 1993)<br />

sind bereits weitgehend standardisiert und zum Teil einfacher zu handhaben als<br />

vergleichbare Methoden im terrestrischen Bereich. Obschon hierzu zahlreiche weitere<br />

Vorschläge vorhanden sind (zusammengestellt bei Böhmer u. Rahmann,<br />

1992), müssen tatsächlich geeignete Schlüsselreaktionen jeweils erst noch ausgewählt<br />

werden.<br />

22<br />

5 STANDARDISIERUNG UND DURCHFÜHRUNG<br />

Ein im praktischen Umweltschutz einzusetzender Bioindikator oder Bioindikatorfächer<br />

hat als wiederholt verwertbares Instrument zu dienen (Ravera, 1975).<br />

Hierunter ist die weitgehende räumliche und zeitliche Vergleichbarkeit von bioindikativen<br />

Aussagen eines Verfahrens zu verstehen, die nur gewährleistet ist,<br />

wenn die Methode standardisiert wird . Aus diesem Grunde werden für autökologische<br />

Bioindkationsverfahren Richtlinien durch die Kommission zur Reinhaltung<br />

der Luft des VDI festgelegt.<br />

Will man ganze Ökosysteme langfristig überwachen und so an verschiedenen<br />

Beobachtungspunkten ihr ökologisches Verhalten feststellen, so ist auch hier eine<br />

weitgehende Festlegung der Methode, also eine Standardisierung notwendig.<br />

Hierzu sind z.B. Dauerbeobachtungsflächen zu verwenden, die in verschiedenen<br />

vom Waldsterben betroffenen Naturräumen ausgewiesen werden und zu festgelegten<br />

Zeiten bioindikativ abgefragt werden. Durch eine sinnvolle geographische<br />

Verteilung und ausreichend lange Beobachtungszeit sollte sich das Ökosystemverhalten<br />

einschließlich etwaiger Trends zu Gesundung oder Erkrankung erkennen<br />

lassen (vergl. auch Pfadenhauer et al., 1986). Erste positive Erfahrungen über die<br />

Bioindikation mit synökologischem Bezug liegen heute von den Dauerbeobachtungsflächen<br />

des immissionsökologischen Wirkungskatasters Baden-Württemberg<br />

vor, der nach Naturräumen orientiert ist. Seit der Einrichtung im Jahre 1984 (LFU,<br />

1985) werden hier zahlreiche coenotische und standortskundliehe Daten erhoben


23<br />

und verrechnet, die für die 60 Waldparzelien erste Wirkungsmodelle ergeben<br />

(LFU, 1988; Kreimes, 1993).<br />

Notwendig ist selbstverständlich auch eine genaue Festlegung der Arbeitsweise<br />

selbst, also jedes einzelnen Arbeitsschrittes innnerhalb der Bioindikation. Die Vergehensweise<br />

ist dabei für die Indikation auf der Zellebene bereits aus der autökologischen<br />

Arbeit bekannt, und auch die Festlegung für das Verfahren zur<br />

Abschätzung des Benadelungsgrades liegt ebenfalls vor und muß nur an die<br />

besondere Problemstellung angepasst werden. Grundsätzlich ist bei einer entprechenden<br />

Standardisierung davon auszugehen, daß je komplizierter das Verfahren<br />

ist, um so größer ist die Gefahr einer versteckten oder gewollten Modifikation,<br />

wodurch sich die Aussagekraft verändern kann und eine zeitliche und räumliche<br />

Vergleichbarkeit der Ü berwachungsergebnisse u.U. unmöglich gemacht wird .<br />

6 SCHLUSSBEMERKUNG<br />

Das hier vorgestellte Konzept kann in einer praktizierten Endstufe dem "Basisprogramm"<br />

Ellenbergs (EIIenberg sen. et al., 1986) entsprechen. Es besteht aber<br />

immer die Gefahr, daß es sich entweder zu einer vollen Ökosystemstudie einerseits<br />

entwickelt oder die Aussagen autökologisch bleiben. Dies muß insbesondere<br />

auch durch eine langfristige Festlegung der Methode vermieden werden.<br />

Ein wichtiges und bisher ungeklärtes Problem ist die räumliche und zeitliche<br />

Repräsentanz der bioindikativen Abfrage, d.h. inwieweit sind die Erhebungsergebnisse<br />

übertragbar. Nicht nur hierzu gehört eine erheblich umfassendere Literaturauswertung<br />

als sie aus zeitlichen Gründen bisher im Rahmen unseres Forschungsvorhabens<br />

möglich war. Insoweit wird hier nur ein Zwischenzustand wiedergegeben,<br />

der die Veröffentlichungen anderer Länder bisher nur sehr unvollständig<br />

berücksichtigt.<br />

Selbstverständlich ist auch nach Verwendung des durch die ausgewählten Bioindikatoren<br />

gelieferten Datenmaterials zu fragen, das im Idealfall zu direkten oder<br />

indirekten Maßnahmen verwendet werden sollte. Hierzu ist es in Datenbanken<br />

bzw. Informationssysteme einzubringen, die von den Länderbehörden betrieben<br />

und ausgewertet werden können (Manderscheid u. Hauhs, 1991; D'Oleire­<br />

Ottmanns u. Franz, 1991 ). Hiermit verbunden ist eine weitere denkbare Möglichkeit,<br />

nämlich die Abbildung des Konzeptes in einem Modell, das aus Zustandsdaten<br />

gewisse Prognosen erlaubt (vergleiche hierzu Bosse! et al., 1984; Lenz,<br />

1991; Lenz u. Schall, 1989 u. 1991).<br />

Schließlich bedarf ein aus Literaturergebnissen zusammengestellter Indikatorfächer<br />

mit synökologischem Aspekt einer Erprobungsphase ehe er Landeseinrichtungen<br />

zum Routinebetrieb übergeben werden sollte. Während dieses vielleicht<br />

dreijährigen Pilotbetriebes, an dem mehrere Einrichtungen beteiligt ein sollten,


können durchaus zunächst brauchbar erscheinende indikative Kriterien verworfen<br />

und andere dafür eingefügt werden, wenn dies die Praxis erfordert. Sicherlich<br />

muß es die Aufgabe einer solchen praktischen Kontrolle sein, eine anfangs sicherlich<br />

große Zahl von Wirkungskriterien auf ein handhabbares und zugleich im Sinne<br />

der Zielsetzung aussagekräftiges Maß zurückzuführen.<br />

Auch wenn gerade die Übertragbarkeit von Ergebnissen einer Dauerbeobachtungsfläche<br />

ihre Grenzen hat und gewisse Kenntnislücken im Konzept noch aufzufüllen<br />

sind, so erscheint es doch heute notwendig und möglich, einen Bioindikatorfächer<br />

mit synökologischem Aspekt vorzuschlagen und zu erproben.<br />

LITERATUR<br />

ARNDT U., 1989: From ecotoxicological results to practical bioindication. ln: BRASSER, I.J. and<br />

W.C. MULDER (eds.), Man and his ecosystem. Proc. 8th World Clean Air Congr., 11.-1 5.<br />

Sept. 1989, The Hague, Netherlands, Bd.2, 1-12.<br />

ARNDT U., 1992: Key reactions in forest desaase used as effects criteria for biomonitoring. ln:<br />

MCKENZIE D.H., D.E. HYATT and V.J. MCDONALD (eds.), Ecological indicators. Proc. lnt.<br />

Symp. Fort Lauderdale USA, Oct. 16-1 9, 1990, Elsevier Applied Science Publishers, London,<br />

829-840.<br />

ARNDT U., W. NOBEL and B. SCHWEIZER, 1987: Bioindikatoren - Möglichkeiten, Grenzen und<br />

neue Erkenntnisse. Ulmer Verlag, Stuttgart, 388.<br />

BALLACH H.J., H. GREVEN and R. WITTIG, 1985: Biomonitoring in Waldgebieten Nordrhein-Westfalens.<br />

Staub-Reinhalt Luft 45: 567-574.<br />

BARTHOLMESS H., A. HÄNISCH-LUGTENBURG, U. ARNDT u. V. WIRTH, 1987: Flechten im<br />

Waldschadensgebiet Schwäbisch-Fränkischer Wald. VDI-Bericht 609: 597-618.<br />

BEIERKUHNLEIN C., 1991: Räumliche Analyse der Stoffausträge aus Waldgebieten durch Untersu-<br />

·<br />

chungen von Waldquellfluren. Die Erde 4: 291-315.<br />

BICK H., 1982: Bioindikatoren und Umweltschutz. Decheniana-Beihefte 26: 2-5.<br />

BIERNATH M. u. A. ROLOFF, 1993: Ökologische Zeigerwerte für die wichtigsten Waldbodenmoose.<br />

Forstarchiv 64: 9-1 6.<br />

BLASCHKE H., 1 990: Mycorrhizal populations and fine root development on Norway Spruce<br />

exposed to controlled doses of gaseaus pollutants and simulated acidic rain treatments. Environm.<br />

Pollut. 68: 409-4 18.<br />

BML (Bundesministerium für Ernährung, LandwirtsGhaft und Forsten): Waldschadenserhebung<br />

1985, 47; desgleichen 1988, 83; desgl. 1993, 32.<br />

BÖGER P. u. H. MOHR, 1987: Pflanzenphysiologische Beiträge zur Waldschadensforschung. AFZ<br />

42: 691-692.<br />

BÖHMER J. u. H. RAHMANN, 1992: Bioindikationsverfahren zur Gewässerversauerung. PAÖ 3,<br />

194.<br />

BOSSEL H., W. METZLER u. H. SCHÄFER, 1984: Dynamik des Waldsterbens, mathematisches<br />

Modell und Computersimulation. Ber. Gesamthochschule Kassel, 2. Sonderheft, Nov. 1984,<br />

267.<br />

BRAUKMANN U., 1992: Biological indication of stream acidity in Baden-Württemberg by the use of<br />

macroinvertebrates. siehe BÖHMER u. RAHMANN, 1992.<br />

BÜRGER R., 1990: Luftschadstoffbedingte Veränderungen in der Artenzusammensetzung verschiedener<br />

Waldgesellschaften. Beih. Natursch. u. Landschaftspflege 8-W 64, 64.<br />

BURSCHEL P. u. F. BINDER, 1993: Bodenvegetation-Verjüngung-Waldschäden. AFZ 5: 216-223.<br />

D'OLEIRE-OTTMANNS W. u. H.P. FRANZ, 1991: Das zoologische Informationssystem (ZOOL!Sl<br />

der Nationalparkverwaltung Berchtesgaden. Verh. Ges. Ökologie (Freising-Weihenstephan<br />

1990) 20: 685-693.<br />

24


25<br />

DREYHAUPT F.J., W. DIERSCHKE, L. KROPP, 8. PRINZ, B. u. H. SCHADE, 1979: Handbuch zur<br />

Aufstellung von Luftreinhalteplanen. Verlag TÜV Rhein!and, Köln, 499.<br />

ELLENBERG H. jr. (Hrsg.), 1981 : Greifvögel und Pestizide - Versuch einer Bilanz für Mitteleuropa.<br />

Ökologie der Vögel 3, Sonderheft, insbs. 83-99.<br />

ELLENBERG H. sen., R. MAYER u. J. SCHAUERMANN (Hrsg.), 1986: Ökosystemforschung -<br />

Ergebnisse des Sollingprojektes 1966-1986. Ulmer Verlag, Stuttgart, 507.<br />

ELLENBERG H. jr. (Hrsg.), 1991 : Biological monitaring - signals from the environment. Viaweg<br />

Verlag, Braunschweig, 318.<br />

ELLENBERG H. jr., 1985: Veränderungen der Flora Mitteleuropas unter dem Einfluß von Düngung<br />

und Immissionen. Schweiz. Z. Forstwesen 136: 19-39.<br />

EVERS F.H., 1987: Wasser-, nadel- und bodenanalytische Begleituntersuchungen zu den Versuchen<br />

mit oben offenen Kammern und dem Luftmeßprogramm beim Edelmannshof I Welzheimer<br />

Wald. Ber. KFK-PEF Karlsruhe 1 2: 25-34.<br />

FINK S., 1983: Histologische und histochemische Untersuchungen an Nadeln erkrankter Tannen<br />

und Fichten im Südschwarzwald. AFZ 38: 660-663.<br />

FINK S., 1992: Histologische und histochemische Untersuchungen zur Nährstoffdynamik in Waldbäumen<br />

im Hinblick auf die Neuartigen Waldschäden. Ber. KfK-PEF Karlsruhe 98, 88.<br />

FISCHER A., 1993: Zehnjährige vegetationskundliehe Dauerbeobachtungen stadtnaher Waldbestände<br />

- Reaktionen der Waldvegetation auf anthropogene Beeinflussungen. Forstw. Cbl. 112:<br />

141-1 58.<br />

<strong>FOR</strong>SCHUNGSBEIRAT, 1989: Waldschäden/Luftverunreinigungen der Bundesregierung und der<br />

Länder, 3. Bericht, Karlsruhe, November 1989, 61 1.<br />

FUNKE W., 1986: Tiergesellschaften im Ökosystem Fichtenforst (Protozoa, Metazoa, lnvertebrata)<br />

- Indikatoren von Veränderungen in Waldökosystemen. Ber. KfK-PEF Karlsruhe 9: 50.<br />

GIG ON A., 1981: Ökologische Stabilität, Typologie und Realisierung. Fachbeitr. Schweiz. MAB<br />

Progr., Info 7, 42.<br />

GIGON A., 1984: Typologie und Erfassung der ökologischen Stabilität und lnstabilitat mit Beispielen<br />

aus Gebirgsökosystemen. Verhandlg. Ges. Ökologie (Bern) 12: 13-29.<br />

HAHN E., K. HAHN u. G. KLEINSTÄUBER, 1992: Quecksilbergehalte in Wanderfalkenfedern aus<br />

Ostdeutschland. Greifvögel u. Falknerei: 87-93.<br />

HANISCH B., 1989: Zusammenfassung der Forschungsergebnisse zum Themenbereich<br />

"Einwirkungen von Luftschadstoffen auf den Boden". Ber. KfK-PEF Karlsruhe 51: 10-21.<br />

HECHT H., 1991: Rehwild - ein Bioindikator zur Erfassung des Ausmaßes von Umweltbelastungen<br />

durch Störfälle in kerntechnischen Anlagen. VDI-Ber. 901 : 937-954.<br />

HORSCH F., 1989: Stand der PEF-Forschungsprogramme. Ber. KfK-PEF Karlsruhe 51 : 1-9. Unter<br />

gleichem Titel, KfK-PEF Karlsruhe, April 1 991: 1-15.<br />

HUGHES R.M. et al., 1992: Lake and stream indicators for the US EPA's environmental monitaring<br />

and assessment program. in: MCKENZIE D.H., D.E. HYATT and V.J. MCDONALD (eds.), Ecological<br />

indicators. Proc. lnt. Symp. Fort Lauderdale USA, Oct. 16-1 9 1990, Elsevier App!ied<br />

Science Publishers, London, 305-335.<br />

HUTCHINSON T.C. and M.G. SCOTT, 1988: The response of the feather moss, Pleurotium schreberi,<br />

to 5 years of simulated acid precipitation in the Canadian forest. Can. J. Bot. 66: 82-88.<br />

KOLBE W., 1981 : Die Arthropoden-Fauna im Staatswald Burgholz in Solingen, ermittelt mit Boden<br />

und Baum-Photoeklektoren (Minimalprogramm zur Ökosystemanalyse): eine Jahresübersicht.<br />

Decheniana 134: 87-90.<br />

KOLBE W., K. DORN u. M. SCHLEUTER, 1987: Prüfung ausgewählter Insektentaxa aus 2 Forstbiotopen<br />

auf ihre lndikatoreignung. BMFT, 69-75.<br />

KOPESZKI H., 1992: Veränderungen der Mesofauna eines Buchenwaldes bei Säurebelastung.<br />

Pedobiologia 36: 295-305.<br />

KOPESZKI H., 1991: Abundanz und Abbauleistung der Mesofauna (Collembolenl als Kriterien für<br />

die Bodenzustandsdiagnose im Wiener Buchenwald. Zoo!. Anz. 227: 136-159.<br />

KOPESZKI H., 1993: Auswirkungen von Düngergaben auf die Mesofauna, insbesondere Collembolenfauna,<br />

verschiedener Waldstandorte im Böhmerwald. Zoo!. Anz. 231: 83-98.<br />

KREIMES K., 1993: Ökologische Zustandserfassung der Umwelt in Baden-Württemberg. PAÖ 5:<br />

21-27.<br />

KUTCHENBERG T.C., 1985: Measuring the health of the ecosystem. Environment 27: 32-37.


LANDRES P.B., 1992: Ecological indicators: Panacea or liability? ln: MCKENZIE D.H., D.E. HYATT<br />

and V.J. MCDONALD (eds.), Ecological indicators. Proc. lnt. Symp. Fort Lauderdale USA, Oct.<br />

16-19 1990, Elsevier Applied Science Publishers, London, 1295-1318.<br />

LENZ R. u. R. SCHALL, 1989: Darstellung waldschadensrelevanter Ökosystembeziehungen als<br />

Grundlage von dynamischen Modellen und Hypothesensimulationen am Beispiel der Stickstoffhypothese.<br />

Verh. Ges. Ökologie 17: 633-641.<br />

LENZ R., 1991: Charakteristika und Belastungen von Waldökosystemen NO-Bayerns - eine landschaftsökologische<br />

Bewertung auf stoffhaushaltlicher Grundlage. Ber. Forschungsz. Waldökosysteme<br />

Göttingen A, 80, 200.<br />

LENZ R. u. R. SCHALL, 1991 : Theorie und Modeliierung von Waldschadensprozessen im Fichtalgebirge<br />

- ihre hierarchische Strukturierung und technologische Anwendung. Verh. Ges. Ökologie<br />

9: 647-661.<br />

LFU (Hrsg.), 1985: Immissionsökologisches Wirkungskataster Baden-Württemberg. Jahresbericht<br />

der Landesanstalt für Umweltschutz 8-W, Karlsruhe, 209.<br />

LFU (Hsrg.), 1988: Immissionsökologisches Wirkungskataster Baden-Württemberg. Jahresbericht<br />

der Landesanstalt für Umweltschutz 8-W, Karlsruhe, 240.<br />

MANDERSCHEID 8. u. M. HAUHS, 1991: Aufbau und ökologische Inhalte eines Forstlichen Informationssystems<br />

(FIS) - Monitoring und Regionalisierung. Verhandl. Ges. Ökologie (Freising­<br />

Weihenstephan 1990) 20: 673-684.<br />

MANION P.D., 1981: Decline diseases of complex biotic an abiotic origin. ln: Tree disaase concepts.<br />

Prentice-Hall, New York, 399.<br />

MATHES K., G. WEIDEMANN u. L. BECK, 1991: Indikatoren zur Bewertung der Belastbarkeit von<br />

Ökosystemen. Ber. a. d. Öko!. Forschung 2, 126.<br />

MEHLHORN H., B.J. FRANCIS and A.R. WELL8URN, 1988: Prediction of the probability of forest<br />

decline darnage to Norway Spruce using three simple site-independent diagnostic parameters.<br />

New Phytol. 110: 525-534.<br />

MESSER J.J., 1992: lndicators in regional ecological monitaring and risk assessment. ln:<br />

MCKENZIE D.H., D.E. HYATT and V.J. MCDONALD (eds.), Ecological indicators. Proc. lnt.<br />

Symp. Fort Lauderdale USA, Oct. 16-19 1990, Elsevier Applied Science Pubiishers, London,<br />

135-1 46.<br />

NILSSEN I.P., 1980: Early warning signals of acidification. ln: DRABLOS D. and A.D. TOLAN<br />

(eds.), Ecological impact of acid precipitation. Proc. lnt. Conf. Sandefjord, Norway 11.-14.<br />

3.1980, 344.<br />

ODUM E. 1985: Trends expected in stressed ecosystems. Bio Science 35: 419-422.<br />

PFADENHAUER J., P. POSCHLOD u. R. BUCHWALD, 1986: Überlegungen zu einem Konzept geobotanischer<br />

Dauerbeobachtungsflächen für Bayern. Teil 1: Methodik der Anlage und Aufnahme.<br />

Ber. ANL 10: 41-60.<br />

R S U (Rat von Sachverständigen für Umweltfragen), 1983: Waldschäden und Luftverunreinigungen.<br />

Kohlhammerverlag, Stuttgart, 171.<br />

RAPPORT D.J., 1992: Evolution of indicators of ecosystem health. ln: MCKENZIE D.H., D.E.<br />

HYATT and V.J. MCDONALD (eds.), Ecological indicators. Proc. lnt. Symp. Fort Lauderdale<br />

USA, Oct. 16-1 9 1990, Elsevier Applied Science Publishers, London, 121-134.<br />

RAVERA 0., 1975: Critique of concepts and techniques regarding biological indicators. Bolletino<br />

Zool. 42: 111-121 .<br />

REGlER H.A., 1992: lndicators of ecosystem integrity. ln: MCKENZIE D.H., D.E. HYA TT and V.J.<br />

MCDONALD (eds.), Ecological indicators. Proc. lnt. Symp. Fort Lauderdale USA, Oct. 16-1 9<br />

1990, Elsevier Applied Science Publishers, London, 183-200.<br />

REHFUESS K.E., 1981: Über die Wirkungen der sauren Niederschläge in Waldökosystemen.<br />

Forstw. Cbl. 100: 363-381.<br />

REICHHOLF J., 1982: Wasservögel als Indikatoren des Gewässerzustandes. Decheniana Beihefte<br />

26: 138-144.<br />

REINHARDT W., 1989: Zusammenfassung der Forschungsergebnisse zum Themenbereich<br />

"Erfassung und Analyse der Einwirkungen von Luftschadstoffen auf Waldbäume, Abgrenzung<br />

gegenüber anderen möglichen Ursachen für die neuen Waldschäden." Ber. KfK-PEF Karlsruhe<br />

51: 22-29. Unter gleichem Titel: KfK-PEF Ber. 81 , April 1991 : 57-72.<br />

26


27<br />

RIECKEN U. !Hrsg.). 1990: Möglichkeiten und Grenzen der Bioindikation durch Tierarten und Tiergruppen<br />

im Rahmen raumrelevanter Planungen. Schriftenr. Landespflege u. Naturschutz 32,<br />

228.<br />

ROLOFF A., 1986: Morphologie der Kronenentwicklung von Fagus sylvatica L. (Rotbuche) unter<br />

besonderer Berücksichtigung möglicherweise neuartiger Veränderungen. Ber. Forschungszentrum<br />

Waldökosysteme/Waldsterben, Göttingen 18, 265.<br />

ROTH M. u. W. FUNKE, 1993: Auswirkungen von Stoffeilnträgen auf Tiergesellschaften von Wäldern.<br />

Forstw. Cbl. 112: 75-88.<br />

RUDOLPH E., 1979: Wirkungen von Luftverunreinigungen auf pflanzliche Indikatoren in Bayern.<br />

Schriftenreihe Naturschutz und Landschaftspflege 9: 7-44.<br />

SCHMIEDEN U., S. SCHNEIDER and A. WILD, 1993: Glutathione status and glutathione reductase<br />

activity in Spruce needles of healthy and damaged trees at two mountain sites. Environm.<br />

Pollut. 82: 239-244.<br />

SCHMITT U. and M. RÜTZE, 1990: Structural changes in Spruce and Fir needles. Environm. Poliut.<br />

68: 245-354.<br />

SCHNEIDER E.D., 1992: Monitaring for ecological integrity: The state of the art. ln: MCKENZIE<br />

D.H., D.E. HYATT and V.J. MCDONALD (eds.), Ecological indicators. Proc. lnt. Symp. Fort<br />

Lauderdale USA, Oct. 16-1 9 1990, Elsevier Applied Science Pubiishers, London, 1403-1 419.<br />

SCHUBERT R., 1985: Bioindikatoren in terrestrischen Ökosystemen. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart,<br />

327.<br />

SCHÜTT P. and E.B. COWLING, 1985: Waldsterben, a general decline of forests in Central Europe:<br />

Symptoms, development, and possible causes. Plant Disease 69: 548-558.<br />

SEUFERT G. and U. ARNDT, 1988: Experiments on canopy/soil leaching effects of air pollutants in<br />

model ecosystems with forest trees. Geo Journal 17: 261 -270.<br />

STETZKA K.M., 1993: Moose als Zeigerpflanzen für Umweltveränderungen: Anwendungsmöglichkeiten<br />

von ökologischen Zeigerwerten. Forstarchiv 64: 226-232.<br />

STEUBING L. u. M. MACHER, 1985: Waldstufen und Flechtenvitalität. VDI-Ber. 560: 35-52.<br />

STEUBING L. u. A. FANGMEIER, 1986: Immissionssituation der Waldbodenvegetation: lmmissionsbelastung.<br />

AFZ 41: 469-471 .<br />

TREMP H. u. A. KOHLER, 1993: Wassermoose als Versauerungsindikatoren - Praxisorientierte Bioindikationsverfahren<br />

mit Wassermoosen zur Überwachung des Säurezustandes von pufferschwachen<br />

Fließgewässern. PAÖ 6, 125.<br />

TRESHOW M., 1968: The impact of air pollutants on plant populations. Phytopathology 58: 1103-<br />

1113.<br />

TRESHOW M. and D. STEWART, 1973: Ozone sensitivity of plants in natural communities. Biological<br />

Conservation 5: 209-214.<br />

ULRICH 8., 1975: Die Umweltbeeinflussung des Nährstoffhaushaltes eines bodenseuren Buchenwaldes.<br />

Forstw. Cbl. 94: 280-287.<br />

ULRICH 8., 1983: Stabilität von Waldökosystemen unter dem Einfluß des "sauren Regens". AFZ<br />

38: 670-677.<br />

ULRICH B. and M. BREDEMEIER, 1992: Ecological indicators of temperate forest ecosystem condition.<br />

ln: MCKENZIE D.H., D.E. HYATT and V.J. MCDONALD (eds.), Ecological indicators.<br />

Proc. lnt. Symp. Fort Lauderdate USA, Oct. 16-19 1990, Elsevier Applied Science Publishers,<br />

London, 345-360.<br />

VOGT K.A., D.A. PUBLCOVER, J. BLOOMFIELD, J.M. PEREZ, D.J. VOGT and W.L. SILVER, 1993:<br />

Belowground responses as indicators of environmental change. Environm. Bot. 59: 189-205.<br />

WA CHTER A., 1978: Deutschsprachige Literatur zum Weißtannensterben (1830-1 978). Zeitschr.<br />

Pflanzenkrankh. u. Pflanzenschutz 85: 361-381.<br />

WILD A. u. V. SCHMITT, 1992: Biochemische und feinstrukturalle Untersuchungen an Blattorganen<br />

von Buchen und Fichten im Rahmen der Projekte "Begasungsversuch Kettwig '90" und<br />

"Open-Top-Kammer-Versuch Eggegebirge• der Landesanstalt für Immissionsschutz (LIS). Forschungsber.<br />

des Landes N-W, "Luftverunreinigungen und Waldschäden" 24, 84.<br />

WILD A. u. S. TIETZ, 1991: Untersuchungen der Phosphoenolpyruvat-Carboxylase bei Fichten in<br />

Open-Top-Kammern. ln: HAMPP R., H.J. JÄGER, R. MANDERSCHEID u. W. REINHARDT<br />

(Hrsg.). Oben Offene Experimentierkammern am Edelmannshof. 1. Ber. KfK-PEF Kerlsruhe 76:<br />

163-172.


WITTIG R., H.J. BALLACH and C.J. BRANDT, 1985: lncrease of number of acid indicators in the<br />

herb layer of the millet grass-beech forest of the Westphalian Bight. Angew. Bot. 59: 21 9-<br />

232.<br />

WITTIG R. u. H. NEITE, 1983: Sind Säurezeiger im Stammfußbereich der Buche Indikatoren für<br />

immissionsbelastete Kalkbuchenwälder? AFZ 38: 1232-1233.<br />

WOLFENDEN J., D.C. ROBINSON, J.N. CAPE, I.S. PATERSON, B.J. FRANCIS, H. MEHLHORN,<br />

and A.R. WELLBURN, 1988: Use of carotenoid ratios, ethylene emissions and buffer capacities<br />

for the early diagnosis of forest decline. New Phytol. 109: 85-95.<br />

WÖLLMER H. and I. KOTTKE, 1990: Fine root studies in situ and in the laboratory. Environm.<br />

Pollut. 68: 383-407.<br />

ZEZSCHWITZ E.v., 1985: Qualitätsänderungen des Waldhumus. Forstw. Cbl. 104: 205-220.<br />

ZEZSCHWITZ E.v., 1987: Reliefeinflüsse auf die Belastung der Waldböden durch Protonen und N­<br />

Verbindungen. Allg. Forst- u. Jagdztg. 7/8: 136-147.<br />

28


29<br />

DAS FIW FAlLSTUDIENGEBIET BÖHMERWAlD<br />

THE FIW RESEARCH AREA BOHEMIA N <strong>FOR</strong>ES T<br />

Klaus KATZENSTEINER und Gerhard GLATZEl<br />

Institut für Waldökologie, Universität für Bodenkultur Wien<br />

Peter-Jordan-Straße 82, A - 1190 Wien<br />

SUMMARY<br />

The FIW II research area is located in the Austrian part of the Bohemian Forest (48°39' N/1 4°3' E- 48°46' N/13 °47'E). Bedrock materials are Mg- and Ca-poor granites and gneisses. Soils developed<br />

mainly on pre-pleistocene periglacial deposits. Soil types range from histosols, gleysols and podzols<br />

to cambisols. The natural forest vegetation types are mainly Abieti-Fagetum-, Abietetum- and<br />

Piceetum-associations. Currently the forest plantations are dominated by Norway spruce. The main<br />

factors for the definition of site classes in the standard site mapping were topographical and geomorphological<br />

criteria and the water regime. These classes could be defined by cluster analysis<br />

with the use of site parameters from a permanent inventory network. Average precipitation in the<br />

valleys is 880 to 1100 mm.a-1, average annual air temperature is 6, 7 °C. Ambient ozone concentrations<br />

are rather high (0,071 mg.m- 3 ), S02-impact occurs rarely and episodic. Deposition rates of air<br />

pollutants with throughfall are in the lower range for Central Europe (H+: 0,2-0,3, S: 18-30, N:<br />

14-24 kg.ha-'.a-1).<br />

KEYWORDS: Bohemian Forest, soil, vegetation, climate, air pollutants, site mapping.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Das FIW II Fallstudiengebiet im Österreichischen Teil des Böhmerwaldes (48°39' N/14°3' E -<br />

48 °46' N/13 °4 7'E) ist durch Ca- und Mg-arme Granite und Gneisse geprägt. Auf pariglazial überprägten,<br />

teilweise skelettreichen Deckschichten entwickelten sich saure Böden der Braunerde­<br />

Podsolreihe, unter Stauwassereinfluß entstanden Pseudogleye, Stagnogleye und Hangpseudogleye,<br />

bei Grundwassereinfluß Gleye, Anmoore, Moore. Die natürlichen Waldgesellschaften reichen von<br />

Tennen-Buchenwaldeinheiten über Tannenwälder zu subalpinen Fichtenwaldassoziationen und Sondergesellschaften<br />

(Bergkiefernwald, Edellaubholzreiche Einheiten). Die aktuellen Waldgesellschaften<br />

werden von Fichte dominiert. Wichtigster Faktor für die Ausscheidung forstlicher Standortseinheiten<br />

in der klassischen Standortskartierung war neben topographischen und geomorphologischen Kriterien<br />

der Wasserhaushalt der Böden. Anhand der auf den Punkten einer permanenten Stichprobeninventur<br />

aufgenommenen Standortsparameter konnten diese Einheiten mit Clusteranalysen weitgehend<br />

reproduziert werden. Die Niederschläge liegen an den Talstationen im Langzeitmittel zwischen<br />

880 und 1100 mm, die Jahresmitteltemperaturen liegen bei 6, 7 °C. Von den gasförmigen Luftschadstoffen<br />

liegen die Ozongehalte im Jahresmittel mit 0,071 mg.m- 3 relativ hoch, eine nennenswerte<br />

S02 -Belastung tritt nur episodisch auf. Die Schadstoffdepositionsraten liegen im<br />

mitteleuropäischen Vergleich im unteren Durchschnitt (W : 0,2-0,3, S: 18-30, N: 14-24 kg.ha-1.ä1).<br />

STICHWÖRTER: Böhmerwald, Boden, Vegetation, Klima, Luftschadstoffe, Standortskartierung.<br />

Forstliche Schriftenreihe, Universität für Bodenkultur Wien, Bd. 7, 1994.<br />

ÖGWEB (Österr. Ges. f. Wa ldökosystemforschung und experim entelle Baumforschung) ISBN 3-900865-06-X.


1 EINlEITUNG<br />

30<br />

Ziel der im vorliegenden Band dargestellten FIW-Fallstudie war die Entwicklung von<br />

Methoden, welche erlauben anhand diagnostischer Standorts- und Bestandesdaten<br />

in Verbindung mit punktuellen Messungen Bewirtschaftungsempfehlungen für<br />

Waldbestände zu entwickeln. Da die naturräumlichen Grundlagen einen wesentlichen<br />

Schlüssel zum Verständnis ökosystemarer Prozesse darstellen, werden diese<br />

ausführlich beschrieben. Weiters wird eine Methodik für EDV-gestützte Auswertungen<br />

standortskundlicher Daten dargestellt.<br />

2 METHODIK<br />

Die Darstellung beschränkt sich im wesentlichen auf die Aufarbeitung der gebietsbezogenen<br />

Literatur. Zusätzlich wurden EDV-gestützte Auswertemethoden für<br />

Standortsvariablen erarbeitet, die im folgenden detaillierter beschrieben werden.<br />

ln den Jahren 1965 bis -71 wurde in den Wäldern des Stiftes Schlägl eine forstliche<br />

Standortskartierung durchgeführt (Institut für forstliche Standortsforschung,<br />

1971 ) . Diese Kartierung erfolgte nach einem kombinierten Verfahren, in welches<br />

Boden- und Humusmerkmale ebenso wie Vegetationsmerkmale eingingen. Vor allem<br />

der Wasserhaushalt war eines der dominierenden Ausscheidungskriterien. Diese<br />

Standortskarten konnten zwar in die Untersuchungen der FIW einbezogen werden,<br />

eine flächige Zuordnung etwa zu den Probepunkten der permanenten ertragskundlichen<br />

Kontrollstichprobeninventur war jedoch aufgrund von Lageungenauigkeiten<br />

sowohl der Standortskarten als auch des Rasters der Stichprobeninventur<br />

(Moser, 1993) nicht möglich. Aus diesem Grund wurde in einem Musterrevier<br />

(Sonnenwald) auf den Punkten der permanenten Kontrollstichprobeninventur erneut<br />

der Standortstyp entsprechend dem Schlüssel der Erstinventur angesprochen.<br />

Im Rahmen der FIW-Fallstudie wurden zusätzlich zur Zuordnung der Probepunkte zu<br />

den oben beschriebenen Standortstypen eine Anzahl von Zustandsparametern erhoben.<br />

Dies beinhaltete eine detaillierte Beschreibung des Bodenprofilaufbaues, des<br />

Humuszustandes und der Bodenvegetation nach Braun Blanquet innerhalb der Winkelzählprobekreisfläche.<br />

Diese Erhebungen können als Basisdaten für ein längerfristiges<br />

Monitaring dienen. ln weiterer Folge wurde versucht, eine Standortstypenund<br />

Zustandsausscheidung mittels statistischer Verfahren durchzuführen.<br />

Da Geologie, Topographie, Skelettgehalt und Wassereinfluß entscheidende Faktoren<br />

für die Boden- und Vegetationsentwicklung darstellen, wurde mit diesen Daten<br />

eine nichthierarchische Clusteranalyse gerechnet. Dieses Klassifikationsverfahren<br />

wird in der Bodenkunde vielfach angewandt (Webster und Oliver, 1990). Für die<br />

Analyse wurden sowohl kategorische als auch kontinuierliche Variablen verwendet.<br />

Neben topographischen Einheiten nach Katzensteiner (1 992) wurden die Exposition<br />

in 8 Stufen und die Geologie (vier Einheiten) als Dummy-Variablen in die Analyse


31<br />

einbezogen. Die Einflüsse von Stauwasser, Grundwasser oder Hangwasser wurden<br />

ebenfalls als Binärattribute (0, 1) berücksichtigt. Die Seehöhe, die Hangneigung, der<br />

Skelettgehalt und Grobblockanteil sowie die Lagetiefe von Marmorierungen und<br />

Konkretionen konnten als kontinuierliche Variablen aufgenommen werden. Eine<br />

Standardisierung der Daten ermöglichte eine ausgeglichene Gewichtung der<br />

Einzelvariablen.<br />

Nach Ausscheidung dieser großen Standortseinheiten wurden Standortszustandsstuten<br />

in der Art ausgeschieden, daß innerhalb der Standortseinheiten die Aufnahmepunkte<br />

mittels der nicht hierarchischen Clusteranalyse nach Zustandsvariablen<br />

gruppiert wurden. Da gerade Humusmerkmale und Vegetation eng miteinander gekoppelt<br />

sind, wurden beide Merkmalsgruppen in die Analyse einbezogen. Von den<br />

Humusmerkmalen wurde vor allem den Mächtigkeiten der 01-, 01-, Oh- und A­<br />

Schicht sowie deren Relationen Bedeutung zugemessen. Weiters wurde die Ausbildung<br />

von Podsolierungsmerkmalen (A/E- bzw. E-Horizontmächtigk.eit) registriert.<br />

Neben dem Gesamtbegrünungsgrad der Bodenvegetation wurden die Deckungswerte<br />

der dominierenden Bodenpflanzen und der Verjüngung der Hauptbaumarten in die<br />

Analyse aufgenommen. Weiters wurden die mittleren Zeigerwerte der Bodenvegetation<br />

nach Ellenberg, 1991 (L-, N-, F-, R-Zahl) sowie Diversitätskennziffern nach<br />

Hili (1973) integriert. Von den Bestandeskenndaten wurden Alter, Bestockungsgrad,<br />

Baumartenanteile und Bonität in die Auswertung einbezogen.<br />

Die Struktur der Standortseinheiten sowie der Standortszustände innerhalb der Cluster<br />

wurde mittels kanonischer Diskriminanzanalysen untersucht.<br />

3 ERGEBNISSE<br />

3. 1 Untersuchungsgebiet<br />

Die Stift Schlägl 'sehe Forstverwaltung liegt im Österreichischen Teil des Böhmerwaldes<br />

zwischen Großer Mühl und Bayeräscher sowie Tschechischer Grenze. Die<br />

höchsten Erhebungen der NW-SE streichenden Mittelgebirgsschwelle sind der Plökk.enstein<br />

(1378 m), Hochficht (1337 m), Zwieselberg (1 162 m), Sulzberg (1 046 m)<br />

und Bärenstein (1 076 m).<br />

3.2 Geologie (nach Fuchs und Thiele, 1968)<br />

Geologisch ist das Gebiet dem Moldanubicum zuzuordnen. Der Gesteinsbestand<br />

reicht von vorvariszischen Paragneisen mit Einlagerungen von Orthogneisen und<br />

Kalksilikaten über variszische Massengesteine {Weinsberger-, Eisgarner- und Sulzberggranit)<br />

und Mischgesteine (Grobkorngneise und Perlgneise) (Abb. 1 ). Besonders<br />

der verbreitete Eisgarner-Granit und Sulzberggranit sind arm an Ca (0,91 bzw.


32<br />

0,61 % CaO) und Mg (0,60 % MgO). Entlang der Pfahlstörung im Mühltal können<br />

mylonitisierte Gesteinsserien beobachtet werden.<br />

l:i:J Elsgarner Granit<br />

Mischzone Schiefergneise/<br />

Elsgorner Granit<br />

- Paragneise<br />

��� Grobkorngneis<br />

CJ \Neinsberger Granit<br />

11!1 Sulzberg Granit<br />

Abbildung 1 : Geologischer Überblick über das Untersuchungsgebiet.<br />

Figure 1: The geological Units of the research area.<br />

3.3 Ausgangsmaterial der Bodenbildung<br />

Da das Arbeitsgebiet während der letzten Eiszeit bis auf kleine Kargletscher an den<br />

Nordabhängen der höchsten Erhebungen nicht vergletschert war, läuft die Bodenbildung<br />

zum großen Teil auf pariglazial umgestalteten, alten Bodenbildungen und auf<br />

nach Erosion des Feinmaterials zurückgebliebenen Blockmeeren ab. Ähnliche präquartäre<br />

Deckfolgen werden für viele Mittelgebirgslagen beschrieben (Schilling und<br />

Wiefel, 1962; Semmel, 1983, 1985; Stahr, 1979). Die von Rehfuess ( 1 981) dargestellte<br />

Schichtfolge für den inneren Bayerischen Wald kann auch im Böhmerwald<br />

angetroffen werden:<br />

+ Deckfolge<br />

+ Hauptfolge<br />

+ Basisfolge<br />

+ Zerfalls- oder Zersatzzone<br />

+ anstehendes Gestein<br />

Über einer Zersatzzone des anstehenden Gesteins sind in der Regel unterschiedlich<br />

mächtige, periglazial überprägte Bodenschichten anzutreffen. Gerade die in den<br />

Hochlagen des Revieres SCHWARZENBERG (Hufberg) anstehende 'Basisfolge' bedarf<br />

einer näheren Beschreibung. Diese Folge weist eine starke Verdichtung trotz


33<br />

sandig-grusiger Textur auf. Größere, eingeregelte Steine zeigen Schluffkappen auf<br />

der Oberseite, während die Untersalte in der Regel nicht überdeckt ist. Bodenphysikalisch<br />

sind die darauf entwickelten Hanggleye und Moorg!eye ungünstig zu bewerten,<br />

da die Basisfolge praktisch nicht durchwurzelbar ist. Hangwasserzug über teilweise<br />

ortssteinartigen Ausfällungen von Eisen- und Manganoxiden bewirkt eine laterale<br />

Abfuhr von Nährstoffen, die diesen Standorten eine Sonderstellung hinsichtlich<br />

Bodenentwicklung gibt. Über ähnliche Pariglazialbildungen berichten zum Beispiel<br />

auch Elling et al. (1987) aus dem inneren Bayerischen Wald, Schilling und<br />

Wiefel (1962) aus dem Harz, Saly (1972) aus den Westkarpaten und Stahr (1979)<br />

aus dem Südschwarzwald.<br />

Die Hauptfolge, in der Kartierung als ältere Fließerde bezeichnet, zeichnet sich in<br />

der Regel durch einen höheren Schluffgehalt des Feinbodens und stärkere Verwitterungsspuren<br />

des eingeregelten Gesteins aus. Darüber liegt teilweise eine Deckfolge<br />

(in der Standortskartierung als jüngere Fließerde bezeichnet), die sich durch einen<br />

niedrigeren Schluffanteil und geringeren Verwitterungsgrad der eingeregelten Gesteine<br />

auszeichnet. Diese stammt aus unverwitterten Granitpartien, die hangaufwärts<br />

als Schutttiefergebiete anstehen. Die gerundeten, anstehenden Granitblöcke<br />

in den Gipfellagen werden als sogenannte 'Wollsäcke' bezeichnet. Ihre Entstehung<br />

wird als selektive Verwitterung, wie sie unter tropischen Bedingungen zu beobachten<br />

ist, gedeutet (Semmel, 1983). ln der Kartierung wurden auch unterschiedliche<br />

Blockhaldestadien (Biockmeere und Blockströme), die durch verschieden starke Erosion<br />

des Feinmaterials entstanden sind, teilweise mit darunter liegendem Hangwasserzug<br />

über wasserstauenden Schichten, ausgeschieden. Unterschiedliche klimatische<br />

Bedingungen und unterschiedlich intensive Erosion führte großflächig zu einer<br />

Umgestaltung dieser schematische Abfolge. Lagerung und Verwitterungsgrad dieser<br />

Substrate bedingen die Bodengenese.<br />

3.4 Die Böden des Untersuchungsgebietes<br />

Eine ausführliche Beschreibung der Böden des Untersuchungsgebietes gibt die<br />

forstliche Standortskartierung {Institut für forstliche Standortsforschung, 1971).<br />

Ebenso stellen Jelem (1976), Dunzendorfer (1974), Blum et al. (1986) und Katzensteiner<br />

(1992) eine Anzahl der im Arbeitsgebiet vorkommenden Böden dar. Da die<br />

systematische Zuordnung zu den von der Österreichischen Bodenkundlichen Gesellschaft<br />

(Fink, 1969) vorgeschlagenen Klassifikation nicht immer eindeutig möglich<br />

ist und die Typenausgrenzung der Standortskartierung teilweise davon abweicht,<br />

soll im folgenden ein kurzer Überblick über die Systematik gegeben werden.<br />

Böden mit periodischer Vernässung bis in die obersten Horizonte<br />

WALDMOORBÖDEN: Böden mit einer Torfschicht > 25 cm


34<br />

ANMOORBÖDEN: Böden mit einer hydromorphen Humusschicht von 10 bis 25 cm.<br />

Unter dieser Gruppe werden echte Anmoore, Moorgleye, Anmoorstagnogleye und<br />

Moorstagnogleye zusammengefaßt.<br />

PSEUDOGLEYE und ST AGNOGLEYE: Als Pseudogleye wurden Böden mit ausgeprägten<br />

Merkmaien von Wechselfeuchte eingestuft, als Stagnogleye wurden in der<br />

Kartierung Böden mit einer hydromorphen Auflagehumusschicht von ca. 10 cm<br />

ausgeschieden. Diese Böden weisen oft ausgeprägte Naßbleichungen im Oberboden<br />

auf. Hangpseudogleye, die sich auf der oben beschriebenen Basisfolge entwickelt<br />

haben, wurden ebenfalls in die Gruppe der Stagnogleye gestellt.<br />

Böden, die eine Versickerung überschüssigen Wassers zulassen, mit höchstens zeit­<br />

weiliger Vernässung im Un terboden<br />

Die Bodentypen dieser Gruppe entsprechen der gegenwärtigen Systematik der<br />

Österreichischen Bodenkundlichen Gesellschaft.<br />

BRAUNERDEN<br />

SEMIPODSOLE UND PODSOLE<br />

3.5 Vegetationskundliehe Gliederung<br />

Nach Jelem (1976) sind die Waldhöhenstufen gegenüber dem alpinen Raum deutlich<br />

nach unten versetzt, wobei die untere Buchenstufe von 400-600 m SH, die<br />

mittlere Buchenstufe von 600-800 m SH, die obere Buchenstufe von 800-1 200 m<br />

und die Fichtenstufe über 1200 m SH ausgebildet ist. ln Abbildung 2 wird eine<br />

nach Seehöhe und Wasserhaushalt differenzierte Vegetationsstufengliederung nach<br />

Dunzendorfer (1974) dargestellt. Heute dominiert in einem großen Teil der Altbestände<br />

die Fichte.<br />

3.6 Standortstypen:<br />

3.6.1 Die Standortstypen der forstlichen Standortskartierung<br />

WALDMOOR: Moor- und Anmoorgleye mit einer über 25 cm mächtigen Torfschicht;<br />

muldiges bis ebenes Gelände, in höheren Hanglagen auch etwas stärker<br />

geneigt. Häufig durch Drainagegräben entwässert, unterliegen· ,d ann einer mehr oder<br />

minder starken Vererdung. Bodenvegetation: Moosdecken, Va ccinium myrtillus;<br />

Vergrasung (Calamagrostis villosa, Carex brizoides) bei stärkerer Auflichtung.


1378<br />

trocken<br />

Flechtenreicher<br />

Bergkiefem­<br />

Peitschenmoos­<br />

Fichtenwald<br />

1 300 - (B=anio-Piceetum<br />

1200 -<br />

1100<br />

cladonietosum)<br />

35<br />

frisch<br />

Hochstauden-Bergmischwald<br />

- (Acero-Fagetum)<br />

Grasreicher submontaner<br />

Plateautannenwald<br />

1000 - (Myrlillo-Abietetum)<br />

900 -<br />

800<br />

700 -<br />

600 -<br />

500<br />

- .8<br />

:::><br />

Ol<br />

��<br />

� ·<br />

E' �Jil<br />

t<br />

� c�<br />

y<br />

�0<br />

� Sl<br />

•0 0<br />

��<br />

es. ��<br />

.!:. g.E:<br />

� <br />

'H'<br />

::c<br />

.!. ,gJo<br />

Q) .!l! E<br />

� ,E.2<br />

2 �.g<br />

CXl<br />

�g C!<<br />

I<br />

ncß<br />

Orealer Moorfichtenwald<br />

(Piceetum herzynicum<br />

turfosum oreale)<br />

Hochmoorbuitgesellschaft<br />

(Sphagnetum medii)<br />

Schlammseggenschlenke<br />

(Caricetum limosae)<br />

Braunseggensumpf<br />

(Cancetum fuscae)<br />

Subalpiner Hochstauden-<br />

Schluchtwald .._�<br />

(Uimo-Aceretum)<br />

Torfmoos-Bergkiefernmoor<br />

.t�.g-<br />

:f§a>E<br />

o-g.i2<br />

I �il�<br />

(Sphagno-Mugetum) <br />

Artenarme Tannenmischwälder mit Waldhainsimse<br />

(Luzulo-Abietetum luzuletosum silvaticae)<br />

6<br />

Q) !§'<br />

·�'E �:;�<br />

E<br />

Hainsimsen-<br />

Ostbayertscher<br />

Tonnen-Buchenwälder<br />

To nnen-Buchenwald<br />

(Luzulo-Abietetum<br />

luzuletosum silvaticae)<br />

(Fagetum sudeticum)<br />

Feuchte Fichtenaue<br />

(Soldanello-Piceetum<br />

equisetosum silvaticae)<br />

0> :::><br />

.t:. Q) -gi<br />

o>.<br />

�i!-8.<br />

Q ü O<br />

§.g�<br />

:.;!; 8<br />

l Bergkiefernmoor<br />

Flechtenreicher<br />

Mooskiefernwald<br />

(Vaccinio-Mugetum)<br />

Grauerlenwald (lokal)<br />

(Dicrano-Pinetum (Ainetum incanae)<br />

cladonietosum)<br />

Fichten- und Rotföhrenforste<br />

('Piceetum nudum')<br />

Bacheschenwald<br />

(Cartci remotae-Fraxinetum)<br />

Bruchweiden-Schwarzerten-<br />

Uferaue<br />

(Sa!ici fragilis-Ainetum<br />

glutinosae)<br />

Abbildung 2: Vegetationsstufengliederung nach Dunzendorfer (1974).<br />

Figure 2: Vegetation assoziations after Dunzendorfer (1974}.


36<br />

ANMOOR: Anmoorgleye mit einer 10-25 cm mächtigen Torfschicht; in höheren<br />

Lagen auch Rohhumusgleye (Rohhumusstagnog!eye); muldige bis ebene Geländeteile,<br />

muldige Hanglagen. Auch diese Standorte werden häufig durch Drainagegräben<br />

entwässert und unterliegen dann einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Vererdung.<br />

Das einzige Unterscheidungsmerkmal zum WALDMOOR ist die Mächtigkeit<br />

der Torfschicht. Die Bodenvegetation unterscheidet sich kaum vom Typ WALD­<br />

MOOR; für hochanstehende Vernässung ist das Auftreten von Equisetum spp.<br />

typisch.<br />

ANMOORIGE BLOCKHALDE: Blockströme in muldigen Lagen; Feinmaterial zwischen<br />

den Blöcken ist erodiert. An den Blöcken bilden sich Rohhumusdecken, die<br />

nicht hydromorph beeinflußt sind; Moor- und Anmoorhumus zwischen den Blöcken.<br />

Bodenvegetation: Zwischen den Spalten findet man Farne, auf den Blöcken Vacci­<br />

nium myrtillus, Vaccinium vitis idaea, A venella flexuosa, Hieracium sylvaticum,<br />

Majanthemum bifolium und Melampyrum pratense.<br />

SEHR FRISCHE BLOCKHALDE: grobblockige Blockströme (mittl. Durchmesser der<br />

Blöcke > 50 cm) und Blockhalden in Hanglagen. Blöcke in mehreren Schichten<br />

übereinandergetürmt. A/C-Boden auf und zwischen den Blöcken; meist Rohhumus.<br />

Bodenvegetation: ähnlich dem Typ ANMOORIGE BLOCKHALDE<br />

FRISCHE BLOCKHALDE: mit reichlich Blockmaterial (mittL Durchmesser der Blöcke<br />

> 50 cm) durchsetzte Fließerden im geneigten Gelände. Keine Ausräumung des<br />

Feinmaterials zwischen den Blöcken. Auf den Blöcken A/C-Böden mit Moder oder<br />

Rohhumus; zwischen den Blöcken Semipodsole bis Podsole. Bodenvegetation: Vaccinium<br />

myrtillus, Vaccinium Vitis-idaea und ihre Begleitpflanzen; Farne treten<br />

zurück.<br />

ANMOORIG NASS: ebenes bis mäßig geneigtes Gelände, in höheren Lagen auch<br />

steileres Gelände. Vorwiegend Stagnogleye mit stark hydromorph geprägter Auflageschicht<br />

von ca. 10 cm Mächtigkeit. Im Übergang zum Mineralboden häufig<br />

kehlig-schmierig. Gesamter oberer Horizont des Mineralbodens fahlgrau bis graublau.<br />

Bodenvegetation: artenarm; in schwach aufgelichteten Beständen Oxalis acetosella<br />

und etwas Farne. Bei stärkerer Auflichtung starke Vergrasung mit Calamagrostis<br />

villosa und Carex brizoides . Eine krautreiche Variante ist eher selten ausgebildet<br />

und beschränkt sich auf warme Hanglagen.<br />

FEUCHT: ebenes bis mäßig geneigtes Gelände, selten steilere Lagen. Pseudogleye<br />

mit Gleyfleckigkeit und dem Auftreten von Konkretionen ab ca. 20 cm Bodentiefe;<br />

meist Moder, in höheren Lagen auch Rohhumus. Neben der Pseudogleydynamik<br />

tritt häufig Podsol- oder Semipodsoldynamik auf. Zum Unterschied vom Typ AN­<br />

MOORIG NASS findet man in den oberen Bodenhorizonten immer gelbliche bis<br />

bräunliche Farbtöne. Bodenvegetation: artenarm auf nährstoffarmen kühlen Standorten:<br />

Moose, bei Aufhellung zuerst Luzula sylvatica, später Calamagrostis villosa.


37<br />

ln tieferen lagen und mit zunehmender Trophie sind Senecio fuchsii, Prenanthes<br />

purpurea, Galeopsis speciosa, Scrophularia nodosa, lmpatiens noli-tangere, Petasi­<br />

tes albus und Circea alpina charakteristisch. Festuca altissima, Calamagrostis arundinacea<br />

und Carex sylvatica treten ebenfalls auf. Als Degradationszeiger kommen<br />

Va ccinium myrtillus, Melampyrum pratense und Luzula pilosa vor.<br />

SEHR FRISCH: in schwach bis mäßig geneigten lagen, weniger häufig auch auf<br />

ebenen Flächen. Stau- oder Grundwassereinfluß erst ab 60 cm Bodentiefe. Auf Böden<br />

mit podsoliger Dynamik meist Moder- bis Rohhumus; auf Braunerden auch<br />

Mullhumus. Die Böden sind grobskelettarm. Bodenvegetation bei geringer Degradation<br />

und Mullhumusbildung: Paris quadrifolia, Pulmonaria officinalis, Lamiastrum ga­<br />

leobdolon, Ajuga reptans, Mycelis muralis, Sanicula europaea und Mercurialis perennis.<br />

Mittlere Degradationsverhältnisse charakterisiert den AHD-Typ (Astmoos­<br />

Heidelbeere-Drahtschmiele) nach Hufnagl. Bei extremer Degradation kommt es in<br />

kühlen, feuchteren lagen zu sekundären Vernässungen (Vaccinium myrtil/us, Vaccinium<br />

vitis-idaea, Sphagnum ssp. und Flechten). Auflichtung führt in höheren lagen<br />

zu starker Vergrasung (Calamagrostis arundinacea, Agrostis tenuis), in tieferen lagen<br />

entsteht eine üppige Kraut- und Hochstauden Strauchvegetation.<br />

FRISCH: in mäßig bis stärker geneigten Lagen, seltener auch im schwach geneigten<br />

bis ebenen Gelände. Die Böden sind grobskelettreich und zeigen gehäuftes Auftreten<br />

von Steinen und Felsblöcken im Profil, häufig Steine und Felsblöcke an der Bodenoberfläche.<br />

Die Humusform ist meist Moder- bis Rohhumus. Bodenvegetation:<br />

ähnliches Artenspektrum wie bei SEHR FRISCH, jedoch deutlich zu den anspruchsloseren<br />

Arten bezüglich Wasser- und Nährstoffhaushalt hin verschoben.<br />

Zusätzlich zu den Standortstypen wurden in den Revieren noch Kartierungsgebiete<br />

vorwiegend nach topographischen und geomorphologischen Kriterien ausgeschieden.<br />

Für das in Abbildung 2 dargestellte Revier Sonnenwald waren dies Tallage,<br />

Hanglage und Plateaulage.<br />

3.6.2 Die Standortstypenauscheidung nach der Stichprobeninventur<br />

Nach den in der Methodik beschriebenen Verfahren haben sich folgende Großeinheiten<br />

herauskristallisiert:<br />

- S-exponierte Hanglagen, frisch, skelettreich<br />

- skelettreich, staunaß, podsoliert, eben bzw. N-NE-exponiert<br />

- Westabhang, frisch bis sehr frisch<br />

- N-NE-exponierte Hanglagen, skelettreich<br />

- staunasse Standorte in Plateaulage<br />

- grundwasserbeeinflußte Standorte in Tallage (feucht bis anmoorig naß)<br />

- Waldmoore und Anmoore in Plateaulage<br />

- Anmoore und Anmoorgleye der Tallagen<br />

- Waldmoore der Tallagen


38<br />

Abbildung 3 zeigt die Standortseinheiten des Revieres Sonnenwald als Are/Info­<br />

Darstellung in Form von Thiessen-Polygonen, Abbildung 4 die Standortseinheiten<br />

der klassischen Kartierung. Insgesamt wurden die Standortseinheiten durch die Clusteranalyse<br />

weitgehend reproduziert, wobei in der EDV-Auswertung der Aspekt der<br />

Exposition zusätzliche Bedeutung bekam. Beim Vergleich mit der Standortskarte der<br />

klassischen Standortskartierung (Abbildung 2) wird ersichtlich, daß der grobe Rasterpunktabstand<br />

von 1 00 m der permanenten Kontrollstichprobeninventur vor allem<br />

lineare Elemente wie bachbegleitende Einheiten nicht wiedergeben kann. Das<br />

bedeutet, daß für eine saubere Umlegung der Daten auf die Fläche weitere Verfahren<br />

entwickelt werden müssen. Eine Möglichkeit einer verbesserten Darstellung unter<br />

Einbeziehung der Interpolations- und Verschneidungsmöglichkeiten im GIS wird<br />

zur Zeit im FIW II - Projekt Gleinalm (Pichler et al., 1994) entwickelt.<br />

lOOJm<br />

lllll!<br />

Waldmoor<br />

11!!1 Anmoor<br />

lllll!<br />

Anmoorig-naß<br />

§Feucht<br />

� Sehr frisch<br />

IIIIl Frisch<br />

� Mäßig frisch<br />

• Blockhalden<br />

Abbildung 3: Standortstypen nach klassischer Standortskartierung (lnst. f. Waldökologie,<br />

1971}.<br />

Figure 3: Site classes according to the soil site map (lnst. f. Waldökologie, 1971 ).


39<br />

REVIER SONNENWALD<br />

STANDORTSEINHEITEN<br />

17,7,1 s-exponiert, frisch, podsoiig<br />

l2L:J skelel!reich<br />

skelellreich, staunaß, poclsolierl, eben<br />

bzw. N·NE exponiert<br />

W-Abhang, frisch bis sehrfrisch<br />

leuchte, N-NE-exponierte Hanglagen,<br />

skaieilreich<br />

staunaß, Plateaulage<br />

grundwasserbeeinflußl, Tallage<br />

(feucht bis anmoorig naß)<br />

Waidmoore und Anmoore ln Plateaulage<br />

Anmoore und Anmoorgleye der Tallagen<br />

Waldmoore der Tallagen<br />

Abbildung 4: Standortseinheiten nach der Clusteranalyse.<br />

Figure 4: Site classes according to the cluster analysis.<br />

Standortszustandsstufen:<br />

Im Folgenden werden die ausgeschiedenen Standortszustandsstufen exemplarisch<br />

für den Standortstyp "S-e:xponiert, frisch, skeielireich " dargestellt.<br />

1. Ältere, buchenreiche, artenreiche Bestände, hohe N, F und R-Zahl, geringmächtige Auflagen, gute<br />

Bonität, nicht podsoliert<br />

2. Ältere fichtenreiche Bestände, niedriger bis mittlerer Bonität, artenarm, vergrast (Calmagrostis),<br />

Rohhumus, podsoliert<br />

3. Jüngere fichtenreiche Bestände, durchschnittliche Auflagemächtigkeit, artenarm<br />

4. Bestände mit besonders niedriger Bonität, aufgelichtet, Rohhumusdynamik, Heidelbeere dominierend,<br />

podsoliert<br />

Diesen Zustandsstufen können nun Bewertungen zugeordnet werden. Im Beispiel<br />

des Typs 'S-exponierte Hanglagen, frisch, skelettreich' entspricht die Zustandsstufe<br />

1 am ehesten einem 'So!lzustand', während die Zustandsstufe 3 besonders weit


40<br />

von einem derartige 'Sollzustand' abweicht. Bei einer zusätzlichen Verschneidung<br />

mit Analysedaten, z.B. den Boden-pH-Werten, die mittels der in Katzensteiner<br />

(1994) beschriebenen Methoden auf die Fläche umgerechnet werden, und einer Abschätzung<br />

der Schadstoffdeposition kann in weiterer Folge der Sanierungsbedarf ermittelt<br />

werden.<br />

3.7 Das Klima im Untersuchungsgebiet<br />

Langzeituntersuchungen liegen im Untersuchungsgebiet nur für Stationen im Mühltal<br />

(Stationen Aigen und Schwarzenberg) vor. Einen Vergleich der Höhenabhängigkeit<br />

der Niederschläge erlaubt der etwas kürzere Beobachtungszeitraum für die Station<br />

Oberhaag. Tabelle 3 zeigt Klimakennwerte nach den Angaben des Hydrographischen<br />

Zentralbüros ( 1 982).<br />

Tabelle 1: Klimakennwerte für das Untersuchungsgebiet.<br />

Table 1: Climate of the research area.<br />

Station Seehöhe Niederschlag Lufttemperatur Schneebedeckung<br />

NZ 71-80 01-80 71-80 Anzahl Tage Winterdecke<br />

Schlägl 555 880 838 6.8°C 6.8°C<br />

Oberhaag 850 909<br />

Schwarzen- 730 1.096 1.111 6.7°C 105 A 76 A<br />

berg 112 B 95 B<br />

A ... 1 970/71 -1979/80 8 ... 1 930/31 -1959/60<br />

(OC) (mm)<br />

60 300<br />

50 100<br />

40 80<br />

30 �<br />

.... ..-.<br />

60<br />

20 40<br />

10 20<br />

0<br />

-10<br />

.... .. ..-<br />

- � 0<br />

j F M A M J j A S 0 N D<br />

Abbildung 5: Die Jahresniederschlags- und Temperaturverteilung (Station Schlägl,<br />

Durchschnitt 1901-1 980).<br />

Figure 5: Precipitation and temperature dis tribution {Schlägl, average 190 1-1980) .


41<br />

Der Böhmerwald liegt im Übergangsbereich zwischen der atlantisch-westeuropäischen<br />

und der kontinental-osteuropaischen Klimaprovinz. Hauptwindrichtung<br />

ist West, vor allem im Winterzeitraum treten aber verstärkt Winde aus NE und N<br />

auf. Abbildung 5 zeigt die Jahresniederschlagsverteilung.<br />

Die standortspezifischen Klimaparameter können aus den Daten der wenigen Stationen<br />

nicht abgeschätzt werden. Messungen im angrenzenden bayerischen Teil<br />

des Böhmerwaldes bestätigen jedoch höhere Niederschläge in SW-Exposition gegenüber<br />

N-, NE- und E-Expositionen (Volk, 1938 zit. nach Dunzendorfer, 1974). Die<br />

Böhmerwaldhochlagen weisen nach Beobachtungen Dunzendorfers eine mittlere<br />

Schneebedeckung von 160 Tagen auf (Mittel 1963 - 1966), während die Station<br />

Schwarzenberg im Langzeitmittel mit 112 Tagen deutlich darunter liegt. Die Untersuchungen<br />

Baumgartners ( 1 958, 1962) über die Temperatur- und Niederschlagsverteilung<br />

am Gr. Falkenstein (Bayer. Wald) können ebenfalls im wesentlichen auf<br />

das Untersuchungsgebiet übertragen werden. Baumgartner beobachtete durch<br />

nächtliche Kaltluftansammlung im Tal deutliche Temperaturinversionen in 200 bis<br />

400 m über dem Talgrund. ln dieser warmen Hangzone war die frostfreie Zeit zwei<br />

Monate länger als am Ta!grund, oberhalb dieser Inversion nahm die Temperatur annähernd<br />

linear ab. Forstlich-phänologische Beobachtungen von Baumgartner et al.<br />

( 1 956) zeigen ebenfalls klar die thermische Begünstigung der WSW-Hänge am Gr.<br />

Falkenstein mit deutlich früherem Austrieb von Fichte und Buche. in Tallagen war<br />

der Austrieb vermutlich durch die erwähnte Bildung von Kaltluftseen verspätet. Einen<br />

wesentlichen Beitrag zum Wasserhaushalt der Hochlagen des Böhmerwaldes<br />

dürfte die Auskämmung von Wolken- und Nebelwasser in den höhergelegenen Teilen<br />

des Untersuchungsgebietes (Kammlagen und Hochlagenverebnungen) ausmachen.<br />

Grunow (1955) und Baumgartner (1958) quantifizierten diese Nebelzuschläge<br />

zum Gesamtniederschlag in ihren Untersuchungen am Hochpeißenberg bzw. am Gr.<br />

Falkenstein bis zu 100 %, wobei Luvlagen und exponierte Bestandesränder die<br />

höchsten Mengen erhalten. An zur Hauptwindrichtung exponierten Maßstellen am<br />

BÄRENSTEIN konnten während der Herbst- und Wintermonate im Bestand höhere<br />

Niederschlagsmengen als auf Freiflächen gemessen werden (Glatze! et al., 1988).<br />

Mit Nebelfängern wurden auf denselben Maßstellen während der Vegetationszeit<br />

1987 in Luvlage 30 % höhere Niederschlagsmengen als in Leelage gemessen<br />

(unpubl. Daten).<br />

3.8 Immissionsklimatologische Untersuchungen<br />

3.8. 1 Luftqualität<br />

Seit 1 984 ist in Schöneben ein Luftmaßcontainer der O Ö Landesregierung in Betrieb.<br />

Es werden meteorologische Parameter, NO, N02, S02 und 03 kontinuierlich<br />

erfaßt. Tabelle 2 zeigt die Ergebnisse der Luftqualitätsmessungen (Smidt et al.,<br />

1989).


42<br />

Tabelle 2: Luftgütekennwerte für die Luftmaßstation Schöneben (1 985-1 988)<br />

[mg.m- 3 ] (Smidt et al., 1990).<br />

Ta ble 2: Air quality at the Schöneben-station (1985- 1 988) [mg.m- 3 ] (Smidt et al.,<br />

1990).<br />

Jahresmittel- Mittelwert Maximaler Maximaler Perzentil* Maximaler<br />

wert Sommerhalbjahr Monatsmittel- Tagesmittel- Halbstundenwert<br />

wert mittalwert<br />

S02 0,013 0,007 0,072 0,1 91 0,218 0,299<br />

03 0,071 0,081 0,100 0,141 0, 162 0,309<br />

NO 0,003 0,003 0,007 0,031 0,061<br />

N02 0,01 1 0,006 0,067 0,067 0,068 0,1 15<br />

* S02: 97 ,5-Perzentil; 03: 98-Perzentil; N02: 95-Perzentil<br />

Aus dieser Tabelle ersieht man, daß die Jahresmittelwerte für S02 , NO und N02<br />

ausgesprochen niedrig liegen. Die Ozongehalte sind jedoch im Jahresmittel relativ<br />

hoch, nach der VDI-Richtlinie 231 0 werden die Höchstwerte, bei denen Schäden an<br />

sehr empfindlichen Pflanzen auftreten können, zeitweilig überschritten.<br />

S02-Episoden traten im Februar 1986 und im Jänner und März 1987 auf. Solche<br />

Episoden sind an die Fernverfrachtung stark belasteter Luftpakete nach längeren<br />

Kälteperioden gebunden. Nach Rosenberg und Puxbaum (1988) sind jedoch neben<br />

diesen klassischen Luftschadstoffen HN03 und NH3 sowie partikuläres NH4-, N03und<br />

SO/- in diesem emittentenfernen Gebiet nicht zu vernachlässigen.<br />

3.8.2 Deposition langzeitwirksamer Luftschadstoffe<br />

Von 1984 bis 1988 wurden entlang eines topographischen Gradienten Messungen<br />

der Stoffflüsse im Freiland und im Bestand durchgeführt (Glatze! et al, 1988). Einen<br />

zusammenfassenden Ü berblick über die Flüsse von N, S und H+ mit dem Kronandurchlaß<br />

gibt Tabelle 3 (nach Katzensteiner et al., 1992). Man erkennt einen deutlichen<br />

Gradienten der Belastung vom Südwestabhang über die Hochlagenverebnung<br />

zur NE-exponierten Leelage. Neben der bereits oben erwähnten okkulten Deposition<br />

dürfte zusätzlich die trockene Deposition von Luftschadstoffen für dieses Muster<br />

verantwortlich sein. Die N-Deposition wird wahrscheinlich unterschätzt, da während<br />

der Vegetationszeit im Bestandesniederschlag zum Teil geringere N-Fiüsse gemessen<br />

werden als auf den Freiflächen. Im mitteleuropäischen Vergleich liegen diese<br />

Werte im unteren Bereich.


43<br />

Tabelle 3: Elementflüsse [kg.ha- 1 ] in drei Monitaringflächen S1 (Tallage Sonnenwald),<br />

S2 (Kuppe Bärenstein) und S3 (Westabhang Bärenstein).<br />

Table 3: Element f/uxes [kg.ha-1] at the monitaring sites S1 (Valley of Sonnenwald),<br />

S2 (Bärenstein plateau) and S3 (West slope Bärenstein) .<br />

Element Fl. Jahr<br />

Stickstoff S1 1985<br />

1986<br />

1987<br />

1987*<br />

S2<br />

S3<br />

1986**<br />

1987<br />

1987*<br />

1986* *<br />

1987<br />

Schwefel S1 1985<br />

1986<br />

1987<br />

1987*<br />

S2<br />

1986**<br />

1987<br />

1987*<br />

1986**<br />

1987<br />

S1 1985<br />

1986<br />

1987<br />

S2 1987<br />

S3 1987<br />

Bulkdeposition<br />

12<br />

14<br />

14<br />

12<br />

14<br />

12<br />

14<br />

11<br />

10<br />

10<br />

6<br />

11<br />

1. Mai bis 20. Nov. 1987<br />

1. Mai bis 31. Dez. 1986<br />

Bulkdeposition nur von Wados (Luftmeßstation Schöneben)<br />

4 LITERATUR<br />

7<br />

9<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,3<br />

Bulk- + okkulte<br />

Deposition<br />

14<br />

30<br />

9<br />

17<br />

Kronendurchlaß<br />

BAUMGARTNER A., 1956: Forstlich phänologische Beobachtungen und Experimente am Gr. Falkenstein<br />

(Bayer. Wald). Forstw. Cbl. 75: 290-303.<br />

BAUMGARTNER A., 1958: Nebel und Nebelniederschlag als Standortsfaktoren am Gr. Falkenstein<br />

(Bayer. Wald). Forstw. Cbl. 77: 257-272.<br />

BAUMGARTNER A., 1962: Lufttemperatur als Standortsfaktor am Gr. Falkenstein (Baer. Wald).<br />

Forstw. Cbl. 81 : 18-47.<br />

BLUM W.E.H., H. GRALL, S. SCHWARZ und W. WENZEL, 1986: Bodenkundliehe Basisuntersuchungen.<br />

Endbericht 1986. Institut für Bodenforschung und Baugeologie, Universität für Bodenkultur,<br />

Wien, 94 S.<br />

16<br />

19<br />

14<br />

12<br />

18<br />

20<br />

24<br />

25<br />

18<br />

19<br />

13<br />

28<br />

16<br />

30<br />

0,7<br />

0,3<br />

0,7<br />

0,7<br />

0,7


44<br />

DUNZENDORFER W., 1974: Pflanzensoziologie der Wälder und Moore des Oberösterreichischen<br />

Böhmerwaldes. Trauner Ver!. Linz, 110 S.<br />

ELLENBERG H., H.E. WEBER, R. DÜLL, V. WIRTH, W. WERNER UND D. PAULißEN, 1991 : Zeigerwerte<br />

von Pflanzen io Mitteleuropa. Scripta Geobotanica 18, 248 S.<br />

ELLING W. , E. BAUER, G. KLEMM, und H. KOCH, 1987: Nationalpark Beyarischer Wald - Klima<br />

und Böden. Schriftenreihe Nationalpark Beyarischer Wald 1 , 2. Aufl., Grafenau, 254 S.<br />

FINK J., 1969: Nomenklatur und Systematik der Bodentypen Österreichs. Mitt. d. Österr. Bodenkund!.<br />

Ges. Wien, 95 S.<br />

FUCHS G. und 0. THIELE, 1968: Erläuterungen zur Übersichtskarte des Kristallins im westlichen<br />

Mühtviertel und im Sauwald, Oberösterreich. Geologische Bundesanstalt, Wien, 96 S.<br />

GLATZEL G., K. KATZENSTEINER, M. KAZDA, M. KÜHNERT, G. MARKART, und D. STÖHR, 1988:<br />

Eintrag atmosphärischer Spurenstoffe in Österreichische Wälder; Ergebnisse aus vier Jahren Depositionsmessung.<br />

Ber., FIW-Symposium, Univ. f. Bodenkultur, Wien: 60 - 72.<br />

GRUNOW J., 1955: Der Niederschlag im Bergwald - Nebelrückhaltung und Nebelzuschlag. Forstw.<br />

Cbl. 74: 21-63.<br />

HILL M.O., 1973: Diversity and Eveness: A unifying notation and its consequences. Ecology 54:<br />

427-432.<br />

HYDROGRAPHISCHES ZENTRALBÜRO 1983: Die Niederschläge, Schneeverhältnisse und Lufttemperaturen<br />

in Österreich. Beiträge zur Hydrographie Österreichs 46, 453 S.<br />

INSTITUT <strong>FÜR</strong> <strong>FOR</strong>S<strong>TLICHE</strong> STANDORTS<strong>FOR</strong>SCHUNG 1971: Standortskartierung der Reviere nördlich<br />

der Großen Mühl des Forstbetriebes Schlägl. Revier Obernhof, Wien, 115 S.<br />

JELEM H., 1976: Die Wälder im Mühl- und Waldviertel. Mitt. der Forstlichen Bundesversuchsanstalt<br />

Wien, 117, 164 S.<br />

KATZENSTEINER K., 1992: Mineralstoffernährung Bodenzustand und Baumvitalität in Fichtenwaldökosystemen<br />

des Böhmerwaldes. ÖGWEB, Univ. Bodenkultur Wien, 195 S.<br />

KATZENSTEINER K., G. GLATZEL, and M. KAZDA, 1992: Nitrogen induced nutritional imbalances ­<br />

a contributing factor to Norway spruce decline in the Bohemien Forest (Austria). Forest Ecology<br />

and Management 51: 29-42.<br />

KATZENSTEINER K., 1994: Mineralstoffernährung und Bodenzustand in Fichtenwaldökosystemen<br />

des Böhmerwaldes (Oberösterreich). Forst!. Schriftenreihe der Univ. f. Bodenkultur, Wien, Bd. 7.<br />

MOSER M., 1993: Umlegung diverser Stichprobenergebnisse auf die Revierfläche. FIW­<br />

Forschungsberichte 1 993-2: 91--1 08.<br />

SAL Y R., 1972: Pleistozäne Pariglazialbildungen als Muttersubstrat der Böden in den Westkarpaten.<br />

Geoderma 7: 79-92.<br />

REHFUESS K.E., 1981: Waldböden. Parey, Hamburg, Berlin, 192 S.<br />

ROSENBERG C. und H. PUXBAUM, 1988. Untersuchungen der Konzentration und der Deposition<br />

von Oxidantien und Säuren im Waldökosystem. Forschungsbericht, lnst. f. Analytische Chemie,<br />

TU Wien, 43 S.<br />

SCHILLING W. UND H. WIEFEL, 1962: Jungpleistozäne Pariglazialbildungen und ihre regionale Differenzierung<br />

in einigen Teilen Thüringens und des Harzes. Geologie 1 1: 428-460.<br />

SEMMEL A., 1983: Grundzüge der Bodengeographie. Teubner, Stuttgart, 123 S.<br />

SEMMEL A., 1985: Periglazialmorphologie. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 1 16 S.<br />

SMIDT S., J. LEITNER und AMT DER OÖ . LANDESREGIERUNG, 1989. Luftmaßdaten Oberösterreich.<br />

Interner Maßbericht S02, 03, NOx 1985-1988.<br />

STAHR K., 1979: Die Bedeutung pariglazialer Deckschichten für Bodenbildungen und Standortseigenschaften<br />

im Südschwarzwald. Freiburger Bodenkundliehe Abhandlungen 9, 273 S.<br />

STERBA H., M. MOSER, A. GÄRTNER, G. GLATZEL, K. KATZENSTEINER, E. FÜHRER, D. GRILL, E.<br />

STABENTHEINER, H. HAGER, M. WILLINGER, F. REIMOSER und H. GOSSOW, 1993: Belastungsbewertung<br />

und Sanierungskonzept für stark belastete Waldgebiete des Mühlviertels. FIW­<br />

Forschungsberichte 1993/2: 127-1 53.<br />

WEBSTER R. and M.A. Oliver, 1990: Statistical Methods in Soil and Land Resource Survey. Oxford<br />

University Press, New York, 316 S.


45<br />

HISTORISCHE LANDNUTZUNG IM BÖHMERWAlD<br />

HISTORICAL LANDUSE IN THE BOHEMIA N <strong>FOR</strong>EST<br />

Thomas SCHOll und Klaus KATZENSTEINER<br />

Institut für Waldökologie, Universität für Bodenkultur Wien<br />

Peter Jordan-Straße 82, A - 1190 Wien<br />

SUMMARY<br />

The colonization of the Austrian part of the Bohemien Forest started out at the beginning of the<br />

13'" century with large clearings in the valley bottom of the Mühl river. ln high eievatians small<br />

meadows were established. Local demend for wood products was low at this time. Forest utilization<br />

was dominated by litter raking, first in the areas surrounding settlements, then in the 18'h and<br />

19'h century also more remote areas were impacted. This landuse practice led to severe degradations<br />

of forest soils. Hunting, grazing of cattle and charcoal production had additional influences<br />

upon the forests. Enhanced exploitation of the forests started out with the establishment of a local<br />

glass industry in 1640. Only high quality boles of large dimensions were logged at this time. Ferests<br />

cutover for this purpese were still composed of the original tree species. From 1767 on fuelwood<br />

from the Mühl- and Klafterbach valley was floated down the Mühl-river (Passauer Schwemme)<br />

to the Danube and !hen transported to Vienna. Large clearcuts were established after the<br />

Schwarzenberg-channel was finished in 1793. Due to the fact that natural regeneration of the<br />

clearcuts failed, first recultivation measures, mainly sowing of Norway spruce, were set from 1838<br />

on. ln 1875 large afforestations by planting, mostly with Norway spruce of unknown origin were<br />

started. Since 1930 natural regeneration of forests started to dominate, first by a strip cut system,<br />

since 1960 by a selective cutting system for the 'mature diameter'. For the later type of forest utilization<br />

a dense network of skid roads had to be established.<br />

KEYWORDS: Bohemien Forest, historical landuse, litter raking, glass industry, forest exploitation.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Der Österreichische Anteil des Böhmerwaldes wurde ab ca. 1200 n. Christus besiedelt. Die frühen<br />

Nutzungen beschränkten sich auf Rodungen in den Tallagen, relativ bald wurden auch in höheren<br />

Lagen Streuwiesen angelegt. Der lokale Holzbedarf war zu dieser Zeit gering. Eine große Bedeutung<br />

hatten die forstlichen Nebennutzungen, vor allem die Streunutzung, welche Anfangs nur in den<br />

siedlungsnahen Bereichen durchgeführt wurde und ab dem 18 Jahrhundert auch siedlungsferne Lagen<br />

erreichte. Diese Nutzungsart hatte schwere Standortsdegradationen zur Folge. Daneben wurden<br />

Jagd und teilweise Waldweide sowie Köhlerei und Pechbrennerei betrieben. Erste größere Holznutzungen<br />

wurden für die lokale Glasindustrie ab 1640 durchgeführt, wobei die Holznutzung noch<br />

in Form der regellosen Plenterung erfolgte. Bei dieser Nutzungsform entstanden Plünderwälder mit<br />

einer immerhin autochthonen Baumartenmischung. Die Beteiligung an der Passauer Schwemme ab<br />

1767 beeinflußte vor allem die Wälder an der großen Mühl und am Klafferbach. Großflächige Nutzungen<br />

erfolgten entlang des 1793 fertiggestellten Schwarzenberg'schen Schwemmkanals. Aufgrund<br />

der Verjüngungsprobleme setzte man ab 1838 erste Kulturmaßnahmen in Form von Schneesaaten<br />

mit autochthonem Saatgut, ab 1875 setzten gezielte Aufforstungsprogramme, vor allem mit<br />

Fichte ein. Diese Bewirtschaftung forcierte Fichtenmonokulturen mit teilweise standortsuntauglichem<br />

PflanzmateriaL Ab 1930 wurde der Naturverjüngungsbetrieb nach einem Saumschlagverfahren<br />

betrieben. ln den letzten Jahrzehnten wurde nach intensiven Erschließungsmaßnahmen ein Zielstärkenutzungssystem<br />

eingeführt.<br />

STICHWÖRTER: Böhmerwald, historische Landnutzung, Streunutzung, Glasindustrie, Exploitation.<br />

Forstliche Schriftenreihe, Universität für Bodenkultur Wien, Bd. 7, 1994.<br />

6GWEB (6sterr. Ges. f. Waldökosystemforschung und experimentelle Baumtorschung) ISBN 3-900865-06-X.


1 EINlEITUNG<br />

46<br />

Der gegenwärtige Zustand der Wälder im Böhmerwald wird vorwiegend durch den<br />

Einfluß der historischen Bewirtschaftung geprägt. Wald sicherte in der Vergangenheit<br />

neben den Rohstoffen Holz, Holzkohle und Pottasche die landwirtschaftliche<br />

Produktion. Waldweide, Anlage von Streuwiesen im Wald und der Entzug von Bodenstreu<br />

führten ähnlich wie in anderen Gebieten Mitteleuropas z _ u schweren Bodendegradationen.<br />

ln der forstlichen Standortskartierung (Institut für forstliche<br />

Standortsforschung, 1971) wurden auf weiten Flächen, besonders in leicht zugänglichen<br />

Gegenden, schwere Bodendegradationen ausgeschieden. Darüber hinaus<br />

führte die großflächige Kahlschlagwirtschaft zu Baumartenentmischung und im Endeffekt<br />

zu flächigen Fichtenreinbeständen mit allen Folgeproblemen.<br />

ln der vorliegenden Arbeit wird versucht, einen Überblick über diese Bewirtschaftungsformen<br />

von den Anfängen der Besiedlung bis zum Beginn des ersten Weltkrieges<br />

zu geben. ln weiterer Folge wird anhand des Revieres Sonnenwald versucht,<br />

diese Einflüsse zu quantifizieren.<br />

2 MATERIAl UND METHODEN<br />

Die allgemeinen Angaben über Besiedlung und Rodungstätigkeit wurden aus Literaturstudien<br />

gewonnen (Bernau, 1887; Bredl, 1979; Grüil, 1963; Haider, 1963; Koller,<br />

1975; Mayer, 1831, Pfliegerdorffer, 1977; Pichler, 1977; Prügl, 1978; Sonnleitner,<br />

1963). Die flächenbezogenen Untersuchungen beschränkten sich in der ersten<br />

Phase vor allem auf Archivarbeiten. Ein wesentlicher Teil des Datenmaterials<br />

konnte durch Recherchen im Archiv des Stiftes Schlägl erhoben werden. Die Aufzeichnungen<br />

beginnen im Jahr 1634 und sind bis etwa 1750 sehr allgemein gehalten,<br />

da dem Waldbestand keine wirtschaftliche Bedeutung zukam. Von 1750 bis<br />

1875 stammen die verwerteten Daten hauptsächlich aus Lohnlisten und Hoizverkaufsrechnungen.<br />

Ab 1875 finden sich Einrichtungsoperate, die für jede Abteilung<br />

die Altersstruktur, die Baumartenzusammensetzung, den Holzvorrat und vorhandene<br />

Schäden angeben. Diese Unterlagen wurden in ein Datenbanksystem übernommen.<br />

Intensive Untersuchungen zur Thematik wurden bereits von Rachoy ( 1 971)<br />

durchgeführt. Eine weitere Datenquelle stellte das Oberösterreichische Landesarchiv<br />

dar. Mittels der Pläne des Franziszäischen Katasters 1828 konnten die verschiedenen<br />

Nutzungen entsprechenden Flächen zugeordnet werden.<br />

3 ERGEBNISSE<br />

3.1 Besiedlung<br />

Der bis dahin mehr oder weniger unerschlossene Nordwald wurde um 1200 von<br />

den Falk.ensteinern, Wittigonen und Haiehenbachern kolonisiert. Nach mißlungener<br />

Erstbesiedlung durch Zisterzienser (Einer Gründung der Falkensteiner} zwischen


47<br />

1204 und 1209 erfolgte 1218 die Gründung des Stiftes Schlägt durch Prämonstratenser<br />

Chorherren aus Mühlhausen in Böhmen. Der Waldbesitz kam in zwei Abschnitten<br />

zum Kloster. Das Gebiet zwischen Igelbach und Klafferbach 1264 durch<br />

Schenkung von den Rosenbergern (Herrschaft Krumau), das Gebiet nordwestlich<br />

des Klafterbaches bis zur Bayerischen Grenze wurde 1552 vom Grafen Hardek<br />

durch Abt Siegmund Zehrer abgekauft. Die Besiedlung des Talgrundes setzte bereits<br />

im 13. Jahrhundert ein. Die ersten Rodungen erfolgten entlang alter Schafwege<br />

auf dem Rücken zwischen Gr. und Kl. Mühl. Weiters wurden auch in höheren<br />

Lagen Waldwiesen angelegt. Die kolonisatorische Tätigkeit des Stiftes war um<br />

1500 abgeschlossen und der Wald war bis auf die heutige Ausdehnung zurückgedrängt.<br />

Der wirtschaftliche Niedergang zur Zeit der Reformation zwang das Stift<br />

viele kleine Flächen, verstreut auf den ganzen Besitz, zu verkaufen. Dies hatte eine<br />

noch heute spürbare, schlechte Arrondierung zur Folge.<br />

Abbildung 1 zeigt den Forstbetrieb des Stiftes in der heutigen Ausdehnung.<br />

Übersichtskarte Forstverwaltung Stift Schlägl<br />

I<br />

-<br />

l km<br />

6Aigen<br />

Reviereinteilung<br />

II Angerhäuser<br />

II Schwarzenberg<br />

II Holzschlag<br />

II Sonnenwald<br />

111 Oberhaag<br />

Abbildung 1: Ü bersichtskarte über den Forstbetrieb des Stiftes Schlägl.<br />

Figure 1: Th e forest properties of the Schlägl monastery.


3.2 Extensive Nutzung (1500-1767)<br />

48<br />

Holz<br />

ln Siedlungsnähe wurde Bau-und Brennholz in sehr kleinen Mengen entnommen.<br />

Der Stiftsbedarf an Holz, ca. 1.500 fm/J, stammte aus den Besitzungen entlang der<br />

Gr. Mühl (Mühleck und Frauenholz). Dort wurde in bringungsgünstigen Lagen nur<br />

das qualitativ hochwertige, starke Laub- oder Nadelholz entnommen. Schwaches<br />

oder schlechtes Holz wurde stehengelassen und kein zweiter Eingriff vorgenommen.<br />

Diese Nutzungsform der "Regellosen Plenterung" wurde vom Stift bis zur<br />

Fertigstellung des Schwarzenberg ·sehen Schwemmkanals 1789 beibehalten.<br />

Jagd<br />

Pro Jahr wurden offiziell ca. 20 Hirsche, 12 Tiere, 3 Bären, 4 Auerhähne, 4 Wölfe,<br />

1 Luchs und 2 Rehe abgeschossen. Zusätzlich war die Wilderei weit verbreitet. Neben<br />

der Jagd wurde ein intensiver Vogelfang betrieben.<br />

Weide<br />

Vor allem im Revier Schwarzenberg erfolgte der Eintrieb von Rindern, Schafen, Ziegen<br />

und Schweinen in den Wald.<br />

Streu<br />

in siedlungsnahen, gut zugänglichen Lagen wurden große Mengen entnommen. Vor<br />

1875 wurde die Streunutzung in einer Art Pacht an die Bevölkerung vergeben. Der<br />

Pächter zahlte einen Jahreszins für eine ihm vom Förster zugewiesene Fläche, auf<br />

der er dann beliebig viel Streu rechen konnte. Der Pachtzins war ein zusätzliches<br />

Einkommen für den Förster, der damit natürlich bestrebt war, möglichst viele Kunden<br />

in sein Revier zu ziehen. Die Streu wurde meist bis zur Erde abgetragen. Seit in<br />

den böhmischen Besitzungen der Fürsten Schwarzenberg die Streunutzung verboten<br />

war, war der Nutzungsdruck aus den grenznahen böhmischen Dörfern besonders<br />

groß. Im Bericht über den Waldzustand aus dem Jahr 1864 wurde der negative<br />

Einfluß der Streunutzung deutlich erkannt. Vor allem Verjüngungs- und Borkenkäferprobleme<br />

(Wasserstreß?) wurden auf diese Nutzungsform zurückgeführt. Ab<br />

dem Jahr 1864 durften nur mehr Bestände zur Streunutzung freigegeben werden,<br />

die als bald haubar zu betrachten waren. Die Streunutzungsintervalle wurden auf<br />

drei Jahre (haubare Bestände) bzw . 6 Jahre (bald haubare Bestände) hinaufgesetzt.<br />

Weiters wurde die Nutzungsintensität reduziert (Streu durfte nicht mehr bis zur Erde<br />

abgetragen werden, Einsatz von Holzrechen) und eine mengenbezogene Verrechnung<br />

eingeführt.<br />

Zu diesem Zeitpunkt wurden auch die übrigen Nebennutzungen reglementiert, so<br />

wurde z.B. das Pechbrennen verboten.


49<br />

Glashütten<br />

Insgesamt wurden in den Stiftswäldern 5 Glashütten von ständig wechselnden<br />

Pächtern mit unterschiedlichem Erfolg betrieben.<br />

1638 - 1 820: 3 Glashütten im Raum Schwarzenberg.<br />

Nutzungsform: Rodungen im Bereich der Hütten. Die Rodungsflächen<br />

wurden in weiterer Folge landwirtschaftlich genutzt.<br />

1821 - 1865: 'Obere Hütte ' im Waldteil Denkort.<br />

Nutzungsform: 'Regellose Plenterung' in den Waldteilen Greinerberg/<br />

Steingupf, Mühleck und Denkort mit insgesamt 59.200 fm. Als Folge<br />

dieser Nutzungsform entstanden regelrechte Plünderwälder, welche<br />

jedoch hinsichtlich Baumartenzusammensetzung und Struktur<br />

weitgehend naturnah aufgebaut waren.<br />

1750 - 1900: Glashütte Sonnenwald.<br />

Nutzung des Waldes am Rotbach mit insgesamt 44.100 fm.<br />

Ab 1 800 erhielten die Hütten nur mehr nicht schwemmbares Holz und die Schlagrückstände,<br />

die teilweise direkt am Schlag zu Pottasche verarbeitet wurden.<br />

3.3 Großflächige Exploitation (1767-1875)<br />

Passauer Sch wemme<br />

1767 - 1787: Beteiligung an der Passauer Schwemme auf der Gr. Mühl mit insgesamt<br />

48.800 fm Hartholz und 117.600 fm Weichholz. Zwei Drittel davon wurden<br />

aus den Wäldern am Klafferbach, ein Drittel aus denen an der Gr. Mühl gewonnen.<br />

Zu dieser Zeit entstanden die ersten großflächigen Schläge.<br />

Sch warzenberg Schwemmkanal<br />

Das Ansteigen der Brennholzpreise in Wien veranlaßte in der zweiten Hälfte des 18.<br />

Jahrhunderts Fürst Schwarzenberg seine ausgedehnten, nördlich an die Stiftswälder<br />

angrenzenden Besitzungen für die Donauschwemme zu erschließen. Im Jahr<br />

1767 wurd e von lng. Rosenauer mit dem Nivellement und der Trassierung eines<br />

Schwemmkanals begonnen. Dieser zwischen 1789 - 1793 erbaute Kanal, eine<br />

technische Meisterleistung, führte in einer Länge von 34 km vom Plöckensteiner<br />

See über die kontinentale Wasserscheide zum Zwettelbach. Von dort wurde das<br />

Holz über die große Mühl zur Donau getriftet, von wo es, auf Schiffe und Flöße verfrachtet,<br />

nach Wien transportiert wurde.<br />

Das Stift schwemmte jährlich bis zu 12.000 fm, davon ein Drittel Hartholz. Es entstanden<br />

bis zu 20 ha große Schläge, auf denen man nur einige wenige Samenbäume<br />

beließ.


50<br />

Aus vielen solchen Schläger: entstanden sogenannte 'schlechte Wiesen', die man in<br />

der zweiten Hälfte des 19. Jhdts wieder mühevoll in Kultur brachte. Ab 1838 setzte<br />

man erste Kulturmaßnahmen in Form von Waldsaaten, oft untermischt mit Hafer<br />

(50% der Samenmenge des Feldbaues). Jedes Jahr wurden Zapfen gesammelt, die<br />

Schläge geräumt, hart aufgerecht, Fichtensamen und Hafer gesät und mit Reisig<br />

abgedeckt. "So kommt der Samen überall in frische Erde und erfährt eine lichte Bedeckung<br />

und durch den Hafer wird das Erdreich vor starker Austrocknung bewahret.<br />

Beim Reifsein des Hafers ist darauf zu achten, daß der Hafer höher geschnitten<br />

wird. Das alles sollen die Bauern erledigen und so kostet dem Stift die Kultur<br />

nichts!" (Forstbericht 1838).<br />

3.4 Planmäßige Forstwirtschaft (ab 1875)<br />

Exploitative Holznutzung, desolate Nachfolgebestände, fehlende Bestandespflege<br />

und starke Streunutzung reduzierten die Produktionskraft des Waldes bis auf ein<br />

Minimum.<br />

Die Einführung einer nachhaltigen Forstwirtschaft wurde durch Abt Lebschy und<br />

Forstmeister Lego betrieben (Uhl , 1980). Durch Anlage von Saatkämpen, verteilt<br />

über den ganzen Betrieb, wurde die Grundlage für eine gezielte Aufforstung hauptsächlich<br />

mit Fichte gelegt. Die Baumsamen bezog man zum größeren Teil aus Wr.<br />

Neustadt , zum kleineren Teil aus Budweis . in den Kulturen wurden Vogelbeere und<br />

Birke herausgepflegt und Ausfälle nachgebessert. Weiters wurden Regeln für die<br />

Hiebsführung eingeführt, Nebennutzungen beschränkt. Die Bekämpfung von Hallimasch,<br />

Rüsselkäfer und Borkenkäfer waren weitere Maßnahmen im Bemühen um<br />

eine nachhaltige Forstwirtschaft.<br />

Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird eine planmäßige, nachhaltige<br />

Forstwirtschaft betrieben, wobei seit ca. 1930 dem Naturverjüngungsbetrieb der<br />

Vorzug gegeben wird . Von Forstmeister Reininger wurde in der zweiten Hälfte unseres<br />

Jahrhunderts die Zielstärkenutzung (Reininger, 1987), eine Form der Plenterung<br />

des Altersklassenwaldes, auf der ganzen Betriebsfläche eingeführt. Diese Nutzungsfarm<br />

benötigt einen hohen Erschließungsgrad. So wurde das Straßennetz im<br />

Betrieb innerhalb der letzten 35 Jahre von 40 km auf 230 km ausgebaut, was einer<br />

Dichte von 41,6 lfm/ha entspricht. Zusätzlich ist ein Rückewegenetz von 138<br />

lfm/ha vorhanden.<br />

3.5 Historische Landnutzung im Revier Sonnenwald<br />

Anhand eines Teils des Revieres Sonnenwald wird versucht, den Einfluß historischer<br />

Landnutzungsmaßnahmen beispielhaft zu quantifizieren. Das hier behandelte<br />

Revier umfaßt nur einen Teil des heutigen Revieres Sonnenwald (Abb. 2). Die Karten<br />

wurden nach dem Einrichtungsoperat des Stiftes aus 1875, den zugehörigen<br />

Forstkarten und dem Kartenmaterial des franziszäischen Katasters re konstruiert.


Altes Revier SONNENWALD (1875)<br />

51<br />

Abteilungen:<br />

7 Zigeunerau<br />

2 HüNenreiter<br />

3Sulzberg<br />

4Jaegerau<br />

5Steinberg<br />

6 Hirschlacken<br />

7 Brenntau<br />

8 Sonnenwald<br />

Abbildung 2: Die Abteilungsgliederung des Revieres Sonnenwald um 1875 (Der umrandete<br />

Teil zeigt die Gesamtfläche des heutigen Revieres).<br />

Figure 2: Sections of the old district Sonnenwald in 1875.<br />

Erschließung<br />

Das Revier Sonnenwald wurde für den Bau der Glashütte Sonnenwald im Jahr<br />

1750 erschlossen. Damit in Verbindung entstand der Weg von Schlägl zur Hütte.<br />

Erst durch den Bau des Schwarzenberg'schen Schwemmkanals mit der parallel laufenden<br />

Kanalstrasse im Jahr 1789 war das Revier zur Gänze für die Holznutzung<br />

zugänglich.<br />

Holznutzung<br />

Den Beginn größerer Holzentnahmen setzte die Glashütte Sonnenwald durch die<br />

Rodung des Waldes am Rotbach ( 1750-1790), der im nördlichen Revierteil die<br />

Grenze zu Böhmen bildet. Die genutzten Flächen wurden in Wiesen und Äcker umgewandelt,<br />

die teilweise heute noch bestehen.


52<br />

Mit der Fertigstellung des Schwemmkanals 1789 wurde bis ca. 1900 jeweils das<br />

ganze Jahr über geschlägert, am Schlag das Scheiterholz aufgeschichtet und der<br />

Holzhauerlohn berechnet. Im Jänner und Februar wurden die Scheiter mit Schlitten<br />

zum Kanal gezogen, zur Schneeschmelze in den Kanal eingeworfen, bis Neuhaus<br />

a.d. Donau getriftet und von dort auf Kehlheimer Plätten nach Wien geflößt.<br />

Tabelle 1 zeigt die Holznutzung in unterschiedlichen topographischen Einheiten des<br />

Untersuchungsrevieres. Die Mengen wurden aus Lohnlisten, Glashüttenverträgen<br />

und Rechnungen rekonstruiert.<br />

Aus den Nutzungsmengen ist der hohe Hartholzanteil am Bestandesaufbau der Naturwälder<br />

erkennbar.<br />

Tabelle 1: Holznutzung 1790-1 900 (W = Weichhoz, H = Hartholz).<br />

Table 1: Woodutilization 1790- 1900 (W= Softwood, H=Hardwood) .<br />

Plateulage fm Hanglage fm<br />

Schwemme 17414 W Schwemme 17709 w<br />

10604 H 3740 H<br />

Glashütte 23496 w Glashütte 9887 w<br />

6185 H 6762 H<br />

Bevölkerung 9466 W Bevölkerung 9304 W<br />

4918 H 6694 H<br />

Gesamt 383 fm/ha Gesamt 338 fm/ha<br />

30% H 32% H<br />

70 %W 68 % w<br />

Baumartenzusammensetzung 1875<br />

Tabelle 2: Baumartenanteile im Urwald 1875.<br />

Table 2: Composition of the virgin forest in 1875.<br />

Abteilung Urwaldfl. [ha] Fi<br />

1 . Zigeunerau 16,7 0,4<br />

2. Hüttenreiter 15,7 0,8<br />

5. Steinberg 29,3 0,6<br />

6. Hirschlacken 5,7 0,2<br />

7. Brenntau 9,9 0,9<br />

8. Sonnenwald 1,4<br />

Tallage<br />

Schwemme<br />

Glashütte<br />

Bevölkerung<br />

Gesamt<br />

Ta Bu<br />

0,2 0,4<br />

0,06 0, 14<br />

0,1 0,3<br />

0,8<br />

0,04 0,06<br />

fm<br />

30440 w<br />

2456 H<br />

10471 w<br />

1720 H<br />

11413 w<br />

3788 H<br />

274 fm/ha<br />

13% H<br />

87 % w


53<br />

Anhand des Einrichtungsoparates von 1875 konnte die Baumartenzusammensetzung<br />

der in Abbildung 2 dargesteilten Urwaldreste des Revieres ermittelt werden<br />

(Tab. 2). Man sieht deutlich den hohen Anteil der Buche in einzelnen Abteilungen,<br />

nur auf den nach der Standortskarte feuchtesten Standortseinheiten waren nahezu<br />

reine Fichtenbestände ausgebildet.<br />

Baumartenzusammensetzung 1885<br />

Aus dem Einrichtungsoparat 1885 ist bereits eine ungünstige Altersklassenstruktur<br />

erkennbar. ln der Plateaulage waren die Altholzreserven genutzt, während in der<br />

Hanglage noch Altbestände mit einem beträchtlichen Mischungsanteil an Tanne<br />

und Buche vorherrschten (Tab. 3). ln den Plateau-und Hanglagen wurde der<br />

Fichten-Tannen-Buchenwald bis in die dritte Altersklasse völlig in Fichtenreinbestände<br />

umgewandelt. ln den anmoorigen Tallagen waren 1885 die Fichten­<br />

Tannenwälder schon in sekundäre Fichtenwälder umgewandelt. Die sechste Altersklasse<br />

ist 1885 nur mehr hinsichtlich der Baumartenzusammensetzung ein wirklicher<br />

Urwald. Durch die starke Streunutzung und den hohen Wildstand ist die Naturverjüngung<br />

in diesen Beständen schon Anfang des 19. Jhdts. ausgefallen.<br />

Tabelle 3: Baumartenzusammensetzung 1885.<br />

Table 3: Stand composition 1885.<br />

AKLI AKLII AKLIII AKLIV AKLV AKLVI<br />

Plateau Fi 26 ha 74 ha 3 ha 43 ha<br />

Ta 12 ha<br />

Bu 12 ha<br />

Hanglage Fi 62 ha 10 ha 26 ha 34 ha 41 ha<br />

Ta 5 ha 20 ha<br />

Bu 12 ha 6ha<br />

Tallage Fi 21 ha 49 ha 24 ha 54 ha 48 ha 16 ha<br />

Waldverjüngung<br />

Ta 2 ha 4 ha 2 ha<br />

Bu 3 ha 2 ha<br />

Von 1790 bis 1838 überließ man die bis zu 20 ha großen Schläge der natürlichen<br />

Besamung. Durch den desolaten Zustand der Nachfolgebestände führte man von<br />

1838 bis 1864 Saaten, teilweise mit Hafer versetzt, durch. Das Saatgut wurde zu


54<br />

2/3 selbst gewonnen, zu 1/3 aus Wr. Neustadt und Sudweis angekauft. Erst ab<br />

1870 verzichtete man völlig auf die Waldsaat. Die Kulturen wurden mit hohen<br />

Pflanzenzahlen begründet, und erst durch jahrelanges, massives Nachbessern erreichte<br />

man eine gesicherte Verjüngung .. Tabelle 4 zeigt den zwischen 1870 und<br />

1900 betriebenen Aufwand für die Waldkultur im Revier.<br />

Tabelle 4: Kultur Sonnenwald 1870-1900.<br />

Table 4: Cuftural operations Sonnenwald 1870- 1900.<br />

Streunutzung<br />

Kultur Nachbessern<br />

Abteilung ha Fi/ha ha Fi/ha<br />

1 .Zigeunerau 20 8522 31 4971<br />

2.Hüttenreiter 13 5962 8 5959<br />

3.Sulzberg 14 6325 4 6375<br />

4.Jägerau 11,5 7086 6 6305<br />

5.Steinberg 11 7717 11 4630<br />

7.8renntau 19 6263 8 5809<br />

Mit der Erschließung begann aber auch eine intensive Streunutzung, das Grasschneiden<br />

und das Holzklauben durch die böhmischen Dörfer Glöcklberg, Radschin,<br />

Stögenwald und Geisleiten. Die Förster führten keinerlei schriftliche Aufzeichnungen<br />

über ihre Geschäfte mit der Streunutzung. Für das Revier Sonnenwald weiß<br />

man nur, daß die Nutzungsflächen an der Kanalstraße, an der Straße von Schlägl<br />

zur Glashütte und im nordöstlichen Teil des Revieres lagen. Ab 1875 wurde die<br />

entnommene Streu in Fuhren abgerechnet. Es wurde nur mehr sehr wenig Streu<br />

verkauft und der Erlös ging nicht an die Förster, da man endlich die schädigende<br />

Wirkung dieses Geschäftes erkannte. Aus den Streuverkaufslisten 1875-1900 ist<br />

die geringe Bedeutung der Streunutzung nach 1975 ersichtlich.<br />

Tabelle 5: Entnommene Streumengen 1875 - 1900.<br />

Tab/e 5: Gathered litter 1875- 1900.<br />

Abteilung rm/ha<br />

2. Hüttenreiter 3,9<br />

5.Steinberg 5,1<br />

6.Hirschlacken 5,4<br />

7. Brenntau 2,8


Entwässerungen<br />

55<br />

Um weitere Flächen für die Holzproduktion zu gewinnen oder um Standorte zu verbessern<br />

wurden Wiesen und vernäßte Waldteile entwässert. Die Entwässerungsgrä�<br />

ben waren 60 cm tief und 1 m breit und wurden von Tagelöhnern instand gehalten.<br />

Die Dichte dieses Entwässerungsnetzes ist aus Tabelle 6 ersichtlich.<br />

Tabelle 6: Länge der Entwässerungsgräben.<br />

Table 6: Length of the drainage ditches.<br />

Wiesen<br />

Abteilung Dauer<br />

1 .Zigeunerau 1863-1 905<br />

4.-!ägerau 1865-1914<br />

5.Steinberg 1889-1911<br />

6.Hirschlacken 1905-1914<br />

7.Brenntau 1879-1914<br />

Länge m<br />

3165<br />

1349<br />

2442<br />

725<br />

8394<br />

Die meisten Wiesen, welche im 16.Jhdt. entstanden waren, kaufte das Stift im<br />

Laufe der letzten 150 Jahre von den Bauern zurück und führte diese wieder in den<br />

Waldstand über. Die Waldwiesen wurden im 19. Jhdt. mit dem Attribut ausgemergelt<br />

versehen und deren Aufforstung gestaltete sich äußerst schwierig. Heute gehören<br />

diese Flächen zu den am stärksten degradierten Standorten.<br />

Tabelle 7 zeigt den enormen Aufwand, welcher für eine derartige Wiesenaufforstung<br />

betrieben wurde.<br />

Tabelle 7: Beispiel einer Wiesenaufforstung.<br />

Table 7: Example of the reafforestation of a meadow.<br />

Sulzwiese: 1 ,2 ha<br />

1 867: Ankauf<br />

1869: Aufforstung 13000 Fichten<br />

1870: Nachbesserung 8608 Fichten<br />

1872: Nachbesserung 2800 Fichten<br />

187 4: Nachbesserung 2800 Fichten<br />

4 SCHlUSSFOlGERUNGEN<br />

Das Gebiet des Böhmerwaldes unterlag trotz relativ später Besiedlung einer intensiven<br />

Landnutzung. Die frühe Nutzungsform der regellosen Plenterung für den lokalen<br />

Bau- und Brennholzbedarf veränderte die Baumartenzusammensetzung der Wälder


56<br />

nur in geringem Ausmaß. Zu diesem Zeitpunkt kam es aber durch forstliche Nebennutzungen,<br />

vor allem die verbreitete Streunutzung in siedlungsnahen Bereichen, zu<br />

massiven Nährstoffentzügen, welche zu schweren Degradationserscheinungen an<br />

den Waldböden führten und bis in in die Gegenwart nachwirken. Am höchsten waren<br />

die Entzüge auf den über längere Zeit als Streuwiesen genutzten Flächen. Aufgrund<br />

der fehlenden Datenbasis können diese Entzüge noch nicht quantifiziert werden.<br />

Eine Abschätzung des Streubedarfes aus den Viehbestandszahlen wird hier<br />

eventuell die Größenordnung veranschaulichen. Waldweide wurde nur in wenigen<br />

Revieren durchgeführt. Besonders nachhaltig wurde die Baumartenzusammensetzung<br />

und Struktur der Bestände durch die Großkahlschlagwirtschaft Ende des 18.<br />

und Beginn des 19. Jahrhunderts verändert, wobei starke Holzdimensionen als<br />

Brennholz verwertet und das Restholz der lokale Glasindustrie zugeführt wurden.<br />

Die Bemühungen um eine nachhaltige Forstwirtschaft ab der 2. Hälfte des 19.<br />

Jahrhunderts sicherte zwar die Holzproduktion, führte aber zu Begründung von<br />

Fichtenmonokulturen mit teilweise nicht standortsangepaßtem PflanzmateriaL Der<br />

seit der ersten Hälfte unseres Jahrhundert forcierte Naturverjüngungsbetrieb und<br />

die in den · letzten Jahrzehnten durchgeführte Zielstärkenutzung sind ein Weg, wiederum<br />

naturnähere, strukturierte Bestände zu erzielen.<br />

5 UTERATURVERZEICHNIS:<br />

BERNAU F., 1887: Der Böhmerwald. Prag.<br />

BREDL K., 1979: Porträt einer Kulturlandschaft. Schlägler Schriften, Band 6. OÖLV, Linz.<br />

GRÜLL G., 1963: Bauer, Herr und Landesfürst. Verlag Hermann Böhlaus, Graz, Köln.<br />

HAIDER S., 1963: Geschichte Oberösterreichs. Verlag für Geschichte und Politik, Linz.<br />

INSTITUT FÜ R <strong>FOR</strong>S<strong>TLICHE</strong> STANDORTS<strong>FOR</strong>SCHUNG, 1971: Standortskartierung der Reviere<br />

nördlich der Großen Mühl des Forstbetriebes Schlägl. Revier Sonnenwald. Wien, 115 S.<br />

KOLLER E.J., 1975: Forstgeschichte Oberösterreichs. OÖLV, Linz.<br />

LANDESARCHIV OBERÖSTERREICH, Linz: Franziszäischer Kataster 1 828.<br />

MA YER E., 1831 : Versuch einer Beschreibung der großen Schwemmanstalt aus der Herrschaft Krumau<br />

in Böhmen. Wien.<br />

PFLIGERDORFFER G., 1977: Der 8öhmerwald in Schilderungen der Stifterzeit. ÖLV,Linz.<br />

PICHLER I.H.: Schlägl in alten Ansichten. Schlägler Schriften, Band 2. OÖLV, Linz 1977.<br />

PRÜGL J.S.: Schlägl im Josephinismus. Schlägler Schriften, Band 5. OÖLV, Linz 1978.<br />

RACHOY W., 1971: Die waldbauliche Entwicklung in den Wäldern des Praemonstratenser<br />

Chorherrn-Stiftes Schlägl im oberen Mühlviertel. Centralblatt des ges. Forstwesen 88, 1: 26-51.<br />

REININGER, H., 1987: Zielstärken-Nutzung. Ö . Agrarverlag Wien, 163 S.<br />

SONNLEITNER A., 1963: Der Böhmerwald. OÖLV, Linz, 96 S.<br />

STIFTSARCHIV SCHLÄGL: Schachtel 800 - 870, 1634 - 1900.<br />

UHL E.: Dominik Abt Lebschy. Schlägler Schriften, Band 1. OÖLV, Linz 1980.


57<br />

MINERAlSTOFFERNÄHRUNG UND EmDENZUSTAND<br />

IN FICHTENWAlDÖKOSYSTEMEN DES BÖHMERWAlDES {OBERÖSTERREICH)<br />

MINERA L NUTRITION AND SOlL STA TUS IN NORWA Y SPRUCE (PICEA AB/ES<br />

KA RST.) EGOSYSTEMS IN THE BOHEMIA N <strong>FOR</strong>ES T (UPPER AUSTRIA)<br />

Klaus KATZENSTEINER<br />

Institut für Waldökologie, Universität für Bodenkultur Wien<br />

Peter-Jordan-Straße 82, A - 1190 Wien<br />

SUMMARY<br />

Forest decline symptoms in 50 Norway spruce (Picea abies, Karst.) stands of the Bohemian Forest<br />

(Upper Austrial were linked to general site parameters and · a comprehensive data set on tree nutrition,<br />

soil chemistry and tree vigor by means of univariate and multivariate statistical methods to<br />

elucid . ate the role of geomorphology and topography in forest deterioration. Soil chemical parameters<br />

are closely related to site types and topography. Soils on wind exposed ridges and slopes are<br />

heavily acidified. in these units Iead accumulation in the humus layer and upper mineral soil horizons<br />

is very high. Acidic deposition measurements confirm the link between Ioad of air pollutants<br />

and topography with increased impact on wind exposed sites. Thus Iead accumulation serves as an<br />

indicator of pollutant Ioad. Nutrition and crown transparency of trees also depends on general site<br />

parameters. Magnesium nutrition of trees, which is correlated with vigor parameters like crown<br />

transparency and needle yellowing, depends on pH-values and magnesium content of the exchange<br />

complex of soils. Multiple linear regression models allow the generalization of the findings by a<br />

combination of a topographical model and a site map.<br />

KEYWORDS: Norway spruce, forest decline, soil, mineral nutrition, magnesium deficiency.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Zum Zweck der Erfassung des Einflusses von allgemeinen Standortsparametern auf Bodeneigenschaften,<br />

Vitalität und Mineralstoffernährung von Fichtenbeständen unter dem Einfluß langzeitwirksamer<br />

Luftschadstoffe wurden von fünfzig nach Topographie und Bodenwasserhaushalt stratifizierten<br />

Fichtenbeständen Boden- und Nadelproben sowie Vitalitätsmerkmale der Baumschicht analysiert.<br />

Die multivariate statistische Auswertung der Daten ergab eine deutliche Abhängigkeit bodenchemischer<br />

Parameter von Standortstypen und Topographie, wobei Böden in Kuppenlagen und zur<br />

Hauptwindrichtung exponierten Hängen besonders stark und tiefreichend versauert sind. Die Bleianreicherung<br />

in der Auflage und im Oberboden kann als Immissionsindikator verwendet werden und<br />

zeigt eine deutliche Seehöhenabhängigkeit mit besonderer Belastung exponierter Lagen. Dies läßt<br />

eine Beteiligung von Immissionen an der Bodenversauerung dieser Gebiete vermuten. Die Ernährung<br />

und Vitalität der Bestände korreliert ebenfalls mit allgemeinen Standortsparametern, wobei die für<br />

den Vitalitätszustand der Bäume entscheidende Magnesiumversorgung durch Bodenparameter wie<br />

pH-Wert und Magnesiumbelegung des Austauschers erklärt wird. Mittels multipler Regressionsmodelle<br />

lassen sich bei Kenntnis der allgemeinen Standortsparameter, die aus bestehenden Daten wie<br />

digitalem Höhenmodell und forstlichen Standorts- sowie Bestandeskarten gewonnen werden können,<br />

Aussagen über den Bodenzustand größerer Gebietseinheiten treffen.<br />

STICHWÖRTER: Fichte, neuartige Waldschäden, Boden, Mineralstoffernährung, MagnesiummangeL<br />

Forstliche Schriftenreihe, Universität für Bodenkultur Wien, Bd. 7, 1994.<br />

ÖGWEB (Österr. Ges. f. Waldökosystemforschung und experimentelle BaumtorschungJ ISBN 3-900865-06-X.


1 EINLEITUNG<br />

58<br />

Seit Beginn der achtziger Jahre treten im Österreichischen Teil des Böhmerwaldes<br />

Symptome neuartiger Waldschäden mit Vergilbungen und Verlichtungen der Kronen<br />

von Fichtenbeständen auf. Ähnliche Beobachtungen wurden auch aus anderen mitteleuropäischen<br />

Waldgebieten auf silikatischem Grundgestein berichtet (Zech und<br />

Papp, 1983; Zöttl und Mies, 1983; Bosch et al., 1983; Zöttl und Hüttl, 1986). Unterschiedliche<br />

Hypothesen wurden zur Erklärung formuliert. Einerseits wurden die<br />

Deposition von Luftschadstoffen, andererseits klimatische Faktoren für diese Schadentwicklung<br />

verantwortlich gemacht (zusammenfassende Darstellungen in Rehfuess,<br />

1989; Roberts et al., 1989 und Schulze und Freer Smith, 1991). ln der vorliegenden<br />

Untersuchung wird der Einfluß von allgemeinen Standortsparametern auf<br />

Bodenzustand, Mineralstoffernährung und Baumvitalität in Fichtenökosystemen des<br />

Böhmerwaldes untersucht. Ein Großteil der in dieser Publikation dargestellten Ergebnisse<br />

wurde Katzensteiner (1992) entnommen.<br />

2 MATERIAl UND METHODEN<br />

Mit dem Ziel, eine möglichst große Variationsbreite von allgemeinen Standortsparametern<br />

(Topographie, Wasserhaushalt) abzudecken, wurden anhand von<br />

Standorts- und Bestandeskarten fünfzig Fichtenaltbestände ausgewählt, in denen<br />

auf je fünf Teilflächen allgemeine Standortsmerkmale (Lage, Geologie, Humus, Boden,<br />

Bodenvegetation) sowie Struktur- und Vitalitätsmerkmale der Baumschicht erhoben<br />

wurden. Von jeder Teilfläche wurde je eine Auflagehumusprobe und ein Bodenprofil<br />

(fünf Tiefenstufen, 5, 5,1 0, 1 0,10 cm) geworben, von einem soziologisch<br />

herrschenden Baum wurde zusätzlich ein Ast vom siebenten Quirl geerntet. Abbildung<br />

1 zeigt die Verteilung der Standortseinheiten sowie der topographischen Einheiten<br />

im Untersuchungsgebiet.<br />

Das Untersuchungsgebiet erstreckt sich über einen Bereich von 600 m bis 1600 m<br />

Sh. und umfaßt den Österreichischen Anteil des Böhmerwaldes. Grundgesteine sind<br />

auf allen Standorten basenarme Granite und Gneise. Bodentypen reichen von sauren<br />

Braunerden, Semipodsolen und Podsolen über zum Teil hangwasserzügige Pseudogleye,<br />

Gleye und Anmoore bis zu Waldmooren. Die Böden haben sich zum Großteil<br />

auf perlglazial überprägten Hangschuttdecken entwickelt. Der natürliche Vegetationstyp<br />

unterhalb von etwa 1200 m wäre ein Abieti-Fagetum, oberhalb 1200<br />

m dominiert ein Piceetum Subalpinum. Die Waldwirtschaft der vergangenen Jahrhunderte<br />

mit zum Teil intensiven Biomassenentzügen für die Landwirtschaft wie<br />

Streunutzung führte auf vielen Standorten zu sekundären Fichtenreinbeständen im<br />

potentiellen Nadei-Laubmischwaldgebiet. Eine detaillierte Beschreibung des Untersuchungsgebietes,<br />

der Aufnahmemethodik und der Analyseverfahren gibt Katzensteiner<br />

(1992}.


Kuppe-Rücken:<br />

Frische Blockhalde<br />

Anmoorlge Blochh.<br />

Feucht<br />

5km<br />

59<br />

Abbildung 1 :Verteilung der topographischen Einheiten und der Standortstypen im<br />

Untersuchungsgebiet.<br />

Figure 1: Distribution of topographical units and site types in the in vestigated area.<br />

3 ERGEBNISSE<br />

3.1 Bodenzustand<br />

Abbildung 2 zeigt die Gruppierung der Aufnahmepunkte entlang der ersten zwei<br />

Achsen einer kanonischen Diskriminanzanalyse der Bodennährstoffvorräte nach<br />

Standortstypen.<br />

Diese Gliederung nach Standortstypen erklärt bereits 46 % der Varianz der Bodennährstoffvorräte,<br />

wobei sich entlang der ersten Achse Waldmoore von terrestrischen<br />

Standortstypen, entlang der zweiten Achse blockreiche Einheiten von feinbodenreichen<br />

Einheiten trennen. Da sich die durchschnittlichen Standortstypen<br />

(FRiSCH, SEHR FRISCH und FEUCHT) anhand der Bodennährstoffvorräte diskriminanzanalytisch<br />

nicht mehr trennen lassen, werden für die Abschätzung jenes Einflusses<br />

der Topographie, der sich nicht direkt in der Bodenmorphologie niederschlägt,<br />

ebendiese Einheiten herangezogen.<br />

N<br />

A


C, N,<br />

1S<br />

Ca, Mg<br />

Im Mlnerof.. 12<br />

boden bei<br />

geringer<br />

FB-Masse<br />

-4 -·<br />

60<br />

2 4 •<br />

Auflageakkumulation<br />

&C, N, P, Kind. Au'll.<br />

bei gertngen Minera�<br />

bodenvorröten<br />

0 Frisch<br />

® Sehrfl1sch<br />

@ Feucht<br />

G Anmoorfg naß<br />

II Anmoor<br />

lt Waldmoor (N)<br />

• Wcldmoor (H)<br />

Q Frische Blockholde<br />

�S.fr1sche BH<br />

!lt AnmmongeBH<br />

Abbildung 2: Gliederung der Aufnahmen entlang der ersten zwei Achsen einer kanonischen<br />

Diskriminanzanalyse der Bodennährstoffvorräte nach Standortstypen.<br />

Figure 2: Arrangement of the plots along the firs t two axes of a canonica/ discrimi­<br />

nant analysis of nutrient stores of soil with site type as a classification<br />

criterion.<br />

Eine Gliederung der mit dem Reziprokwert der Tiefenstufe gewichteten, mittleren<br />

bodenchemischen Kennwerte von den Standortstypen FRISCH, SEHR FRISCH und<br />

FEUCHT nach der topographischen Situierung erklärt bereits 43 % der Gesamtvarianz<br />

dieser Kennwerte. Tabelle 1 zeigt die Verteilung von pH-Wert, effektiver Kationenaustauschkapazität<br />

(CEC) und prozentuellem Magnesiumbelag des Austauschers.<br />

Gerade die Böden der exponierten Westabhänge und Kuppen sind extrem<br />

versauert, der Magnesiumbelag des Austauschers erreicht nur in den Tallagen ausreichende<br />

Werte. Während in den Tallagen die Basensättigung der untersten Bodenhorizonte<br />

allmählich zunimmt, ist sie in den höheren Lagen des Untersuchungsgebietes<br />

besonders tiefreichend. Streunutzung in der Vergangenheit dürfte eine wesentliche<br />

historische Komponente für die Versauerung der Böden in diesem Gebiet<br />

sein. Glatze! (1990) beziffert die aus Streunutzung resultierende Bodenversauerung<br />

in der Anfangsphase mit bis zu 5 kmol.ha- 1 .a- 1 • Auf die Bodenversauerung durch Bestandeswachstum<br />

und Humusakkumulation - vor allem in Koniferen - wiesen z.B.<br />

Nielsson et al. (1982) sowie Chen und Glatze! (1988) hin. Eine weitere Ursache<br />

dürfte die Deposition von Säuren und Säurebildnern darstellen. Bodenversauerung<br />

innerhalb der letzten Jahrzehnte ist in vielen europäischen Waldgebieten nachgewiesen<br />

(Stöhr, 1984; Hallbäcken und Tamm, 1986; Falkengren-Grerup, 1987). Betrachtet<br />

man die Deposition langzeitwirksamer Luftschadstoffe im Untersuchungsgebiet<br />

(Katzensteiner et al., 1992; 1994 (dieses Heft)), sieht man eine deutlich höhere<br />

Belastung von Kuppe und Westabhang, eben jener Einheiten, welche die stärkste<br />

Bodenversauerung aufweisen.


61<br />

Tabelle 1: Bodenchemische Kennwerte (mit dem Reziprokwert der Tiefe in cm gewichtet)<br />

für die Standortstypen Frisch, Sehr frisch und Feucht, nach topographischen<br />

Einheiten gegliedert.<br />

Tab!e 1: Soi! chemical parameters (weighted by reciprocal value of soil depth) for<br />

the site types fresh, very fresh and moist arranged by topographical units.<br />

Topographie pH !H20)<br />

Kuppe-Rücken 3,7<br />

Hanglage WSW 4,1<br />

Tallage W 4,4<br />

Hanglage SW 4<br />

Kuppe-Hochplateau 4<br />

Hanglage NE 4,2<br />

Tallage E 4,3<br />

Pb (0)<br />

5.50<br />

(jJ<br />

5.25 G) 't<br />

5.00<br />

® G<br />

Jl't<br />

f<br />

.... ....<br />

0 t .... 1)<br />

*'o<br />

4.75<br />

'OE'<br />

= o."<br />

")<br />

"'0<br />

4.50 Oe'll)<br />

") ß<br />

4.25<br />

4.00<br />

3.75<br />

3.50<br />

@ Ji<br />

On<br />

� .II<br />

Pb (mg.kg·• FB)=e (Pb(O)+Pb(l)'Bodenffefe(cm))<br />

-0.12 -0.10 -0.08 -0.06 -0.04 -0.02<br />

pB (1)<br />

!l<br />

-5<br />

0<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

CEC." [mmol.1 OOg·'J Mg [% am Aust.]<br />

1)<br />

FB]<br />

15,8<br />

10,1<br />

8,5<br />

16,1<br />

15,5<br />

11,7<br />

11<br />

Pb (mg.kg·l)<br />

50 100 150 200 250 300<br />

0 Tallage E<br />

o Hanglage NE<br />

o Kuppe-Hochplateau<br />

o Hanglage SW<br />

-+Seitental geschützt<br />

t Kuppe-Rücken<br />

.... Hanglage WSW<br />

� Tallage W<br />

Abbildung 3: Koeffizienten einer Funktion der Bleiverteilung über die Bodentiefe<br />

nach topographischen Einheiten geordnet (links, Waldmoore mit Kreis gekennzeichnet)<br />

und Verlauf der Bleigehalte in Moorprofilen in unterschiedlicher<br />

Exposition (rechts).<br />

Figure 3: Coefficients of a function of Iead dis tribution over soil depth arranged ac­<br />

cording to topographical units (on the fett: histosals characterized by a eire­<br />

Je) and distribution of lead-contents in histosals from different /ocation (on<br />

the right).<br />

2,2<br />

3,5<br />

4,6<br />

2,2<br />

2,9<br />

3,4<br />

4, 1


62<br />

Die Bleianreicherung in der Auflage als Immissionsindikator zeichnet diese<br />

Seehöhen- und Expositionsabhängigkeit nach, wobei ebenfalls die exponierten<br />

Standorte am stärksten beiastet sind. Zieht man nur Waldmoore heran, die über die<br />

ganze Profiltiefe einen ähnlichen Humusgehalt besitzen {Abbildung 3), fällt dieses<br />

Muster besonders auf, wobei gerade in diesen Böden fast ausschließlich die atmogene<br />

Anreicherung ausschlaggebend sein dürfte. Aus diesen ähnlichen Mustern von<br />

Bodenversauerung, Bleianreicherung und Schadstoffdeposition kann man folgern,<br />

daß Waldböden in den höheren lagen des Untersuchungsgebietes der intensivsten<br />

Veränderung durch Schadstoffdeposition unterliegen.<br />

Die deutliche Abhängigkeit des Bodenzustandes von allgemeinen Standortsparametern<br />

erlaubt es in weiterer Folge anhand einfacher, aus bestehendem Kartenmaterial<br />

wie digitalem Höhenmodell und forstlichen Standorts- sowie Bestandeskarten<br />

ableitbarer Daten flächenbezogene Aussagen über den Bodenzustand im Untersuchungsgebiet<br />

zu treffen. Gleichung 1 zeigt z.B. die Ableitung der Kationenaustauschkapazität<br />

aus Seehöhe, Standortstyp und topographischer Einheit mit einem<br />

hohen Bestimmtheitsmaß. Eine praktische Anwendung solcher Beziehungen finden<br />

Sterba et aL ( 1993) für die Belastungsbewertung und Entwicklung von Waldsanierungskonzepten<br />

für Waldgebiete des Mühlviertels.<br />

Gleichung 1: Ableitung der effektiven Kationenaustauschkapazität aus allgemeinen<br />

Standortsparametern.<br />

Equation 1: Derivation of the effective cation exchange capacity from general site<br />

parameters.<br />

CEC (mmol/100 g FB)=5.97 + 0.016 Seehöhe &<br />

& &<br />

r2=0. 72*** n=50


3.2 Baumernährung und Vitalität<br />

63<br />

Gliedert man die Flächen nach Standortstypen, so erklären diese nur 22 % der Varianz<br />

der Nadelspiegelwerte. Eine weitaus bessere Differenzierung ergibt die Einteilung<br />

nach topographischen Einheiten mit einem erklärbaren Anteil von 46 % der<br />

Gesamtvarianz, wobei hier nur die Standortstypen FRISCH, SEHR FRISCH und<br />

FEUCHT herangezogen wurden. Entlang der ersten Achse einer kanonischen Diskriminanzanalyse<br />

(Abbildung 4), welche die Dominanz von Ca und Mg über N und K<br />

darstellt, trennen sich die ausreichend mit bivalenten Kationen versorgten Tallagen<br />

und ostexponierten Standorte von den Kuppen und westexponierten Flächen, auf<br />

denen die N und K-Ernährung bei gleichzeitig limitiertem Mg und Ca Angebot dominiert.<br />

Entlang der zweiten Achse trennen sich Flächen aus dem südwestlichen Teil<br />

des Untersuchungsgebietes, die anscheinend einer stärkeren Belastung mit N und<br />

S-Verbindungen unterliegen von den restlichen Einheiten. Gerade diese Nährstoffungleichgewichte<br />

mit einer guten Stickstoff- aber mangelhaften Magnesium- und Kalziumversorg<br />

ung korrelieren mit dem Verlichtungs- und Vergilbungsgrad der Fichten.<br />

So zeigt eine kanonische Korrelation zwischen Vergilbung und Verlichtung einerseits<br />

sowie Hauptnährelementversorgung in Jung- und Altnadeln andererseits einen<br />

hochsignifikanten Zusammenhang der ersten kanonischen Variablen von r2 = 0,77,<br />

wobei der Faktor Kronenzustand stark positiv von Vergilbung und Verlichtung, der<br />

Faktor Ernährung stark negativ von den Magnesiumgehalten der Jung und Altnadeln<br />

und den Kalziumgehalten der Jungnadeln sowie positiv von den Kaliumgehalten<br />

der Jungnadeln und den Stickstoffgehalten der Altnadeln geladen wird .<br />

Ca, Mg 10<br />

versus<br />

N, K 5<br />

0<br />

-5<br />

-10<br />

n .,.<br />

"' 'iS<br />

-4 -2<br />

n<br />

n o o<br />

r<br />

��<br />

l<br />

'TallageE<br />

o Hanglage NE<br />

' Kuppe-Hochplateau<br />

" Hanglage W>l<br />

� SeHental gesch01zt<br />

t Kuppe-ROcken<br />

� Hanglage WW>I<br />

• Tallage W<br />

Abbildung 4: Lage der Probeflächen (nur Standortstypen Frisch, Sehr frisch und<br />

Feucht) entlang der ersten zwei Achsen einer kanonischen Diskriminanzanalyse<br />

der Nadelspiegelwerte nach topographischen Einheiten.<br />

Figure 4: Location of the plots (only site types fresh, very fresh and moist) along<br />

the firs t two axes of a canonical discriminant analysis of nutrient contents<br />

in !eafs with topographical units as c/assification criterion.<br />

II<br />

N,S


1i5 2.8<br />

::><br />

J 2.6<br />

..<br />

i 2.4<br />

z<br />

2.2<br />

2<br />

1.8<br />

1.6<br />

•<br />

•<br />

64<br />

Nadelverlust=3.13 - 1.40Mg<br />

r2=0.47"u<br />

1.4<br />

• • - •<br />

1.2<br />

1<br />

• •<br />

•<br />

0.6 0.7 0.8 0.9 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6<br />

Mg [mg/g]<br />

Abbildung 5: Zusammenhang zwischen Nadelverlust (Stufe 1 = < 1 5% , 2 = < 30%,<br />

3 = < 60%, 4 = > 60%) und Magnesiumgehalten von Fichtennadeln<br />

(jüngster Nadeljahrgang).<br />

Figure 5: Gorrelation between needle loss (class 1 = < 15 %, 2 = < 30%, 3 =<br />

< 60 %, 4 = > 60 %) and magnesium content of current needles from the<br />

seventh whorl.<br />

Abbildung 5 veranschaulicht den Zusammenhang zwischen Nadelverlust der Fichten<br />

und den Magnesiumgehalten in den Jungnadeln. Man sieht, daß die von verschiedenen<br />

Autoren angegebene Mangelgrenze für Magnesium mit 0,7 bis 0,8<br />

mg.g· 1 TM (Übersicht in Hüttl 1986) einen deutlichen Schwallwert für die Baumvitalität<br />

darstellt.<br />

3.3 Einfluß des Bodenzustandes auf Baumernährung und Vitalität:<br />

Aus den Gleichungen 2 und 3 kann deutlich der prädisponierende Einfluß der Bodenversauerung<br />

und der Austauscherbelegung mit basischen Kationen auf die Magnesiumversorgung<br />

und die Vitalität der Bäume entnommen werden. Die bodenchemischen<br />

Parameter gehen in die Gleichung als mit dem Reziprokwert der Bodentiefe<br />

gewichtete mittlere Werte bis zu einer Maximaltiefe von 50 cm ein.<br />

Besonders die Magnesiumversorgung der Bäume wird stark vom Magnesiumbelag<br />

des Austauschers beeinflußt. Dagegen zeigen die Korrelationen mit den absoluten<br />

austauschbaren Gehalten von Magnesium im Mineralboden, für welche z.B. Liu und<br />

Trüby (1989) in ihren Untersuchungen signifikante Zusammenhänge gefunden hatten,<br />

nur schwache Korrelationen.


65<br />

Gleichung 2: Abhängigkeit der Magnesiumspiegelwerte im jüngsten Nadeljahrgang<br />

von bodenchemischen Parametern.<br />

Equation 2: Dependency of magnesium contents of current needles from soil che­<br />

mica/ parameters.<br />

Mg Jungn•deln [o/o] = - 0.076 + 0.045 pHH20 + 0.078 Mg1% •m Aust.l - 0.011 K1% •m Aust.)<br />

- 0.011 Mn 1% •m Aust.l - 0.001 Ca I% •m Aust.l<br />

Gleichung 3: Abhängigkeit der Kronenverlichtung (5 Stufen) von bodenchemischen<br />

Parametern.<br />

Equation 3: Dependency of needle loss (class 1 to 5) from soil chemical<br />

parameters.<br />

DVG =5.46 - 0.9 pHH20 + 0.11 Kl% •m Aust.) - 0.06 Mgl% •m Aust.l<br />

r 2 =0.42** n=50<br />

Für die Kronenverlichtung scheinen neben der Magnesiumversorgung die Boden-pH­<br />

Werte eine entscheidende Rolle zu spielen. Walddüngungsversuche im Untersuchungsgebiet<br />

bestätigen diese These, eine reine Neutralsalzdüngung mit Kieserit<br />

verbessert zwar die Magnesiumversorgung der Bäume, eine Verbesserung der Kronenzustände<br />

erfolgt jedoch nur bei gleichzeitiger Zugabe basisch wirkender Düngemittel<br />

(Katzensteiner et al., 1994).<br />

Zusammenfassend kann man feststellen, daß der Zustand der Waldböden eine der<br />

Ursachen für die schlechte Nährstoffversorgung und dadurch bedingte Vitalitätsverluste<br />

im Österreichischen Teil des Böhmerwaldes darstellt. Die gegenwärtige Belastung<br />

der Böden mit langzeitwirksamen Luftschadstoffen, die vor allem in den zur<br />

Hauptwindrichtung exponierten höheren Lagen besonders ausgeprägt ist, stellt eine<br />

wesentliche Einflußgröße auf die Bodenzustände im Untersuchungsgebiet dar. Die<br />

beobachteten Nährstoffungleichgewichte in geschädigten Beständen mit einer Dominanz<br />

der Stickstoff- über die Basenversorgung dürften vor allem durch die gegenwärtig<br />

hohen Stickstoffeinträge auf den primär schlecht basenversorgten und durch<br />

historische Landnutzung verarmten Standorten bedingt sein (Katzensteiner et al.,<br />

1992). Die Hypothese, daß allgemeine Standortsparameter wie Topographie und<br />

Standortstyp prägende Faktoren für den Bodenzustand und damit die Ernährung<br />

und Vitalität der Bäume darstellen, wobei der Wirkungspfad teilweise über die Modifikation<br />

der Luftschadstoffdeposition durch die topographischen Gegebenheiten<br />

führt, kann mit den vorliegenden Ergebnissen bestätigt werden.


4 UTERATUR<br />

BOSCH C., E. PFANNKUCH, U. BAUM und K.E. REHFUESS, 1983: Über die Erkrankung der Fichte<br />

(Picea abies Karst.) in den Hochlagen des Bayerischen Waldes. Forstw. Cbl. 102: 167-1 81.<br />

CHEN, C. und G. GLATZEL, 1988: Vergleich des Bodenzustandes unter Buche und Fichte im<br />

Wienerwald. FIW-Symposium 1988, Univ. Bodenkultur, Wien: 253-254.<br />

GLATZEL G. 1990: The nitrogen status of Austrian forest ecosystems as influenced by atmospheric<br />

deposition, biomass harvesting and lateral organomass exchange. Plant and Soil 128: 67-74.<br />

FALKENGREN-GRERUP U., 1987: Long-term-changes in pH of forest soils in Southern Sweden. Environmental<br />

Pollution 43: 79-90.<br />

HALLSÄCKEN L. and C.O. TAMM, 1986: Changas in soil acidity from 1927 to 1982-1984 in a<br />

forested area of South-West-Sweden. Scand.J.For.Res. 1: 219-232.<br />

HÜTTL R.F., 1986: Forest Fertilisation: Results from Germany, France and the Nordic Countries.<br />

The Fertiliser Society Proceedings, 250.<br />

KATZENSTEINER K., 1992: Mineralstoffernährung, Bodenzustand und Baumvitalität in Fichtenwaldökosystemen<br />

des Böhmerwaldes. FIW-Forschungsberichte 1992/1 , ÖGWEB, Univ. Bodenkultur<br />

Wien, 195 S.<br />

KATZENSTEINER K., G. GLATZEL and M. KAZDA, 1 992: Nitrogen induced nutritional imbalances ­<br />

a contributing factor to Norway spruce decline in the Bohemian Forest. Forest Ecology and Management,<br />

51 : 29-42.<br />

KATZENSTEINER K., 0. ECKMÜLLNER R. JANDL G. GLATZEL H. STERBA and R.F. HÜTTL, 1994:<br />

Revitalization experiments in magnesium deficient Norway spruce stands in Austria. Plant and<br />

Soil, in press.<br />

NIELSSON S.l., H.G. MILLER and J. MILLER, 1982: Forest growth as a possible cause of soil and<br />

water acidification: an examination of the concepts. Oikos 39: 40-49.<br />

REHFUESS K.E., 1989: Acidic deposition - extent and impact on forest soils, nutrition, growth and<br />

disaase phenomena in Central Europe. Water, Air, and Soil Pollution 48: 1-20.<br />

ROBERTS T. M., R.A. SKEFFINGTON and LW. BLANK, 1989: Gauses of type 1 spruce decline in<br />

Europe. Forestry 62: 179-222.<br />

SCHULZE E.D. and P.H. FREER SMITH, 1991 : An evaluation of forest decline based on fieldobservations<br />

focussed on Norway spruce, Picea abies. Proceedings of the Royal Society of Edinburgh<br />

978: 155-168.<br />

STERBA H., M. MOSER, A. GÄRTNER, G. GLATZEL, K. KATZENSTEINER, E. FÜHRER, D. GRILL,<br />

E. STABENTHEINER, H. HAGER, M. WILLINGER, F. REIMOSER und H. GOSSOW, 1993: Belastungsbewertung<br />

und Sanierungskonzept für stark belastete Waldgebiete des Mühlviertels.<br />

FIW-Forschungsberichte 1 993/2. ÖGWEB, Univ. Bodenkultur Wien, 127- 152.<br />

STÖHR D., 1984: Waldbodenversauerung in Österreich. Veränderung der pH-Werte während der<br />

letzten Dezennien. Forschungsbericht, FIW und Österreichischer Forstverein, Wien, 165 S.<br />

ZECH W. und E. POPP, 1983: Magnesiummangel, einer der Gründe für das Fichten- und Tannensterben<br />

in NO-Bayern. Forstw.Cbl. 102: 50-55.<br />

ZÖTTL H.W. und R.F. HÜTTL, 1986: Nutrient supply and forest decline in Southwest-Germany.<br />

Water, Air, and Soil Pollution 31, 449-462.<br />

ZÖTTL H.W. und E. MIES, 1983: Die Fichtenerkrankung in Hochlagen des Südschwarzwaldes.<br />

AFJZ 154: 110-1 14.<br />

66


67<br />

REVITALISIERUNGSDÜNGUNG VON FICHTENBEST ÄNDEN:<br />

EINFLUSS AUF BODENWASSER UND BAUMERNÄHRUNG<br />

REVITALIZA Tl ON EXPERIMENTS IN NORWA Y SPRUCE STANDS:<br />

EFFECTS ON SOlL SOLUTION AND TREES<br />

K. KATZENSTEINER*, 0. ECKMÜ LLNER**, R. JANDL*, G. GLATZEL*,<br />

H. STERBA**, A. WESSELY und R.F. HÜTTL***<br />

* Institute für Waldökologie, **Institut für Waldwachstumsforschung,<br />

Universität für Bodenkultur Wien, Peter-Jordanstraße 82, A - 1190 Wien<br />

* * *ZALF, Institut für Forstökologie Eberswalde, Dr. Zinn-Weg, D-16225<br />

Eberswalde<br />

SUMMARY<br />

Amelioration of degraded forest ecosystems on acidic substrates showing new type of forest decline<br />

is a major goal of forest management. A number of experiments show positive effects of Mgapplication<br />

to systems suffering from Mg-deficiencies. The current paper compares experiments<br />

conducted in the bohemian massif in Austria where both effects on soil solution chemistry as weil<br />

effects on plant nutrition, vigor and growth were investigated. lt turned out that any Mg-source is<br />

able to improve Mg-nutrition of trees both a neutral salt like KIESERITE as weil as basic magnesite<br />

and dolomite derived materials. A positive reaction of vigor and growth could however only be induced<br />

with basic compounds. Using minerat fertilizers even with high Mg-content induced Mgdeficiencies<br />

and led to nutritional imbalances. Additionally significant N03 - Ieeehing occoured. On<br />

the other hand an organic slow release fertilizer (BACTOSOL *) in combination with magnesite derived<br />

products (BIOMAG**) led to harmonic nutrition and a fast recovery of trees judged on crown<br />

transparency, vigor index and growth rates. 8oth when applying magnesite derived compounds and<br />

combinations with the organic slow release fertilizer N03-- Ieeehing occoured only during first three<br />

years after fertilization and declined to values comparable to unfertilized plots while Mg - content of<br />

soil solution could be elevated compared to control.<br />

KEYWORDS: Norway spruce, forest decline, magnesium deficiency, fertilization.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Die Melioration degradierter Waldökosysteme auf Silikatstandorten ist gegenwärtig ein wichtiges<br />

Ziel der Waldbewirtschaftung. Eine Vielzahl von Experimenten zeigt positive Effekte der<br />

Magnesiumapplikation in Waldökosystemen mit ausgeprägten Magnesiummangelsymptomen. ln dieser<br />

Arbeit werden die Ergebnisse von Düngungsversuchen im Gebiet der Böhmischen Masse verglichen.<br />

Effekte unterschiedlicher Düngungsmaßnahmen auf Bodenwasserchemismus, Pflanzenernährung,<br />

Vitalitätszustand und Zuwachs der Bestände werden verglichen. Die Ergebnisse zeigen, daß<br />

jede Applikationsform von Magnesium sowohl eine Neutralsalzdüngung mit Kieserit als auch die Anwendung<br />

dolomitischer Kalke die Magnesiumernährung der Bestände verbessert. Eine positive Reaktion<br />

von Zuwachs und Vitalitätsmerkmalen kann jedoch nur durch die Anwendung basisch wirkender<br />

Dünger erreicht werden. Die Anwendung leicht löslicher NPK-Mineraldünger verstärkt Magnesiummangelsymptome<br />

und führt zu einer hohen Nitratbelastung der Sickerwässer. Die Kombination<br />

organischer "slow release" Dünger in Kombination mit einem Magnesitprodukt führte zu einer raschen<br />

Regeneration der Bestände und einer harmonischen Ernährung der Bäume. Bei der Anwendung<br />

der Magnesitdünger - sowohl einzeln als auch in Kombination mit dem organischen Dünger -<br />

führte nur in den ersten drei Jahren nach Dü ngung zu erhöhten Nitratgehalten des Sickerwassers.<br />

Während der Magnesiumgehalt der Bodenlösung dauerhaft verbessert wird, sinken die Nitratgehalte<br />

auf das Niveau der Kontrollparzellen ab.<br />

STICHWÖRTER: Fichte, neuartige Waldschäden, Magnesiummangel, Düngung.<br />

Forstliche Schriftenreihe, Universität für Bodenkultur Wien, Bd. 7, 1994.<br />

ÖGWEB (Österr. Ges. f. Waldökosystemforschung und experim entelle Baumforschung) ISBN 3-900865-06-X.


1 Einleitung<br />

Nährstoffmängel sind verbreitete Degradationssymptome in mitteleuropäischen<br />

Waldökosystemen (Übersicht: Hüttl, 1991 ). Der Einfluß historischer Landnutzungsmethoden<br />

wie Streunutzung, Waldweide, Schneitelung, Holzernte und sogar Feldfruchtbau<br />

in den ersten Jahren nach Kahlschlag führte zu ausgeprägten Bodenversauerungen<br />

und Nährstoffverarmungen sowie zu einer Verschiebung der Artengarnitur<br />

zu anspruchsloseren Spezies (Kreutzer, 1972; Hafner, 1983; Rehfuess, 1981;<br />

Glatze!, 1991). Gegenwärtig ist der Eintrag von Luftschadstoffen eine zusätzliche<br />

Versauerungsquelie. Eine Anzahl von Bodeninventuren zeigt die zunehmende Versauerung<br />

der Waldböden in Mittel und Nordeuropa im Verlauf weniger Jahrzehnte<br />

(z.B. Stöhr, 1984; Falkengran Grerup, 1987; Hallbäcken und Tamm, 1986). Besonders<br />

der Eintrag von Stickstoff führt längerfristig zu Nährstoffimbalanzen<br />

(Niehlgard, 1985; Glatze! et al., 1987; Schulze, 1989; Katzensteiner, 1992). Untersuchungen<br />

von Nebe ( 1991) und Hippelli und Branse ( 1992) zeigen einen klaren<br />

Trend in Richtung steigender N und sinkender Mg-Gehalte in ostdeutschen Fichtenund<br />

Kiefernbeständen. Ein zusätzlicher Effekt einer Stickstoffsättigung kann in der<br />

Zuwachssteigerung mitteleuropäischer Wälder gesehen werden (Röhle, 1985; Eckmüllner,<br />

1988; Kenk und Fischer, 1988; Prezsch, 1989; Sterba, 1992). Andererseits<br />

zeigt sich eine positive Korrelation zwischen Nadelverlusten und Zuwachsverlust<br />

von Fichten (Sterba, 1990).<br />

Waldschadenssymptome wie Nadelvergilbung und Nadelverlust sind häufig mit Magnesiummangel<br />

verbunden (Zech und Popp, 1983; Bosch et al., 1983; Zöttl und<br />

Mies, 1983; Hüttl, 1985; Katzensteiner et al., 1992). Ein niedriges Mg-Angebot im<br />

Boden ist einer der Gründe für diese Magnesiummangelsymptome (Zech et al.,<br />

1985; Liu und Trübi, 1988; Katzensteiner, 1992). Niedrige Mag . nesiumgehalte kommen<br />

in vielen Österreichischen Waldböden auf silikatischem Substrat vor. So zeigt<br />

die Österreichische Waldbodenzustandsinventur (1992L daß zwischen 10 und 20%<br />

der Österreichischen Waldböden unzureichende Magnesiumausstattung besitzen.<br />

Ausgehend von den in Katzensteiner (1994) dargestellten Abhängigkeit der Kronenverlichtungen<br />

von Bodenversauerung, Basensättigung und Magnesiumausstattung<br />

der Böden sollte es möglich sein, über eine gezielte Düngung den Gesundheitszustand<br />

der Waldbestände zu verbessern.<br />

Bereits in der Vergangenheit war Düngung eine akzeptierte Maßnahme zur Melioration<br />

degradierter Waldökosysteme ( Übersicht in Baule und Fricker, 1967; Fiedler et<br />

al., 1973). Kalkung und NPK-Düngung waren die häufigsten Verfahren zur Mobilisierung<br />

saurer Rohhumusauflagen und zur Verbesserung der biologische Aktivität<br />

von Böden. ln der gegenwärtigen Situation, in welcher der N-Eintrag bereits den Bedarf<br />

vieler Waldökosysteme überschreitet, ist es notwendig Strategien zu entwikkeln,<br />

um die negativen Einflüsse von Luftschadstoffen zu kompensieren und eine<br />

zusätzliche Belastung von Siekarwässern hintanzuhalten. ln dieser Arbeit werden<br />

deshalb die Auswirkungen verschiedener Düngungsmaßnahmen auf Bodenwasserchemismus,<br />

Baumernährung und Vitalitätsmerkmale der Bäume verglichen.<br />

68


2 MATERIAl AND METHODEN<br />

2.1 Versuchsflächen<br />

69<br />

Das Untersuchungsgebiet liegt im nordöstlichen Oberösterreich im Bereich der Böhmischen<br />

Masse. Tabelle 1 zeigt die wichtigsten Charakteristika der Versuchsflächen.<br />

Während die Bestände Bärenstein, Sulzberg und Pflegerwiese aus Wiesenaufforstungen<br />

hervorgingen, dürften sich die Bestände am Sulzberg aus Naturverjüngung<br />

nach Kahlschlägen entwickelt haben. Holzkohle in allen Bodenprofilen vom<br />

Viehberg deutet auf das verbreitete Verbrennen von Schlagrückständen in der Vergangenheit.<br />

Streunutzung war in allen Versuchsgebieten bis zum 2. Weltkrieg verbreitet.<br />

Niedrige Vorräte austauschbarer basischer Kationen sind vermutlich auf diese<br />

Landnutzungspraktiken zurückzuführen. Ebenso zeigt die Dominanz von Va ccini­<br />

um myrtil/us, A venella flexuosa, Nardus stricta und am Viehberg zusätzlich Calamagrostis<br />

vi/losa die Degradation der Standorte an. Aufgrund der Boden- und Klimaverhältnisse<br />

würde die natürliche Waldgesellschaft auf allen Standorten ein Abietetum<br />

mit einem wechselnden Buchen- und Fichtenanteil bilden. Während am Viehberg<br />

die Fichtenherkünfte an die klimatischen Verhältnisse angepaßt sind, zeigen<br />

alle anderen Bestände ausgeprägte Schneebruchschäden.<br />

2.2 Versuchsdesigns<br />

Tabelle 2 zeigt das Design der Versuche, welche z.T. in unterschiedlichen Jahren<br />

angelegt wurden, Tabelle 3 zeigt die Zusammensetzung der verwendeten Dünger.<br />

Die statistischen Auswertungen wurden unter Verwendung von SAS (SAS-Institute<br />

lnc., 1987) bzw. BMDP (Dixon 1977) Statistikprogrammpaketen durchgeführt.


70<br />

Tabelle 1: Charakterisierung der Versuchsflächen.<br />

Table 1: Site and stand characteristics.<br />

Bärenstein I + Ii Pflegerwiese Sulzberg Viehberg I Viehberg II<br />

Seehöhe (m) 1.000 950 1.000 1.000 1.000<br />

Exposition ESE wsw<br />

Grundgestein Eisgarner Granit Sulzberg Granit Freistädter Granediorit<br />

Boden<br />

0,60% MgO 0,61% MgO 0,71% MgO<br />

0,91% CaO 0,62% CaO 2,73% CaO<br />

Humustyp Moderhumus Moderhumus Moderhumus Rohhumus Rohhumus<br />

Bodentyp Pseudovgl. Pseudovgl. Pseudovgl. Semipodsol Semipodsol<br />

Semipodsol Semipodsol Semipodsol bis Podsol bis Podsol<br />

Mengen: (C, N total, K, Ca, Mg total in der Aufl., BaCI2-austauschbar im Mineralboden) (g.m· 2 )<br />

Auflagehumus<br />

c 3.388 1.732 2.280 4.341 6.407<br />

N 141 90 116 161 239<br />

K 9,8 9,5 8,6 15,5 15,7<br />

Ca 8,8 4,8 2,4 13,6 24<br />

Mg 6,5 7,4 2,6 5,6 5,7<br />

Mineralboden (bis 50 cm Tiefe)<br />

c 17.000 12.350 14.350 9.870 9.515<br />

N 640 770 675 392 343<br />

K 11,9 17,7 12,1 6,9 4<br />

Ca 12 12,1 16,6 9,8 6,6<br />

Mg 4 5,4 4,2 2,8 1,8<br />

Bestand<br />

Alter 81 31 60 130 140<br />

N.hä' 422 1.41 5 837 575 395<br />

Grundflächendichte<br />

[m2.ha-'J 18,1 24,9 33 24,7* 29,4* *<br />

Mitteldurchmesser<br />

[cm] 20,3 15 24,4 21 31,2<br />

Oberhöhe [m] 19 12 18,6 21,2 23,9<br />

Ertragsklasse 3,8 7,7 4,6 5<br />

* Fichte 81 %, Kiefer 17%, Tanne 1%<br />

** Fichte 87%, Kiefer 1%, Tanne 12%


Tabelle 2: Versuchsdesign und Auswertung. Table 2: Experimental design and analysis.<br />

Versuchs­<br />

fläche<br />

Design<br />

Varianten<br />

Boden­<br />

wasser<br />

Nadeln<br />

Kronen­<br />

verlichtung<br />

Zuwachs<br />

Statistische<br />

Auswertung<br />

Bärenstein I<br />

& Pflegerwiese<br />

Randomisiertes Blockdesign; Kleinflächen<br />

( 100 m' rund um Zentralstamm (n. Sterba,<br />

1970, 1978));Bärenstein 11, Pflegerwiese<br />

9 Wiederholungen je Variante.<br />

Düngung im Juni 1987<br />

ungedüngte Kontrolle<br />

Biomag 2000 kg.ha·'<br />

Bactosol 3000 kg.ha·' + Biomag 2000<br />

kg.ha·'<br />

Bärenstein II<br />

Parzellenversuch ( 1 000 m2 je Parzelle)<br />

im unvollständigen lateinischen Qua­<br />

drat. 2 Wiederholungen je Variante.<br />

Düngung: Juni 1987<br />

ungedüngte Kontrolle<br />

Mg-Mischkalk 3000 kg.ha·'<br />

Kieserit 500 kg.ha·'<br />

Mg-Mischkalk + Kieserit<br />

3000 + 500 kg.ha·'<br />

Keramik-Saugkerzenlysimeter (Soil moistu- --------------------------------------- --- ­<br />

re Equ. Corp.) in 30 & 60 cm.<br />

3 Wiederholungen zu 2 Lysimeter und Tie­<br />

fenstufe je Variante (nur Bärenstein I)<br />

Herbst 1986, 1988, 1992 vom 7. Wirtel Herbst 1988 vom 7. Wirtel<br />

Makronährstoffe in 1. - 4. Nadeljahrgang Makronährstoffe in 1. - 4. Nadeljahr­<br />

Jährliche Ansprache nach Pollanschütz<br />

(1 985)<br />

Laufend: Dendrometer<br />

Stammanalysen: 1992<br />

Höhenzuwachs: letzte 12 Jahre; Stamm­<br />

gang von je 5 Bäumen pro Parzelle<br />

scheiben in BHD, 3/ 10 Baumlänge, Kronen­ am Digitalpositionsmeter<br />

ansatz; Messung der Jahrringbreiten in<br />

4 Positionen (Digitalpositionsmeter<br />

n. Johann ( 1 977))<br />

Kreisflächenzuwächse als quadr. Mittel der<br />

um jährliche Zuw. reduz. Durchmesser.<br />

Volumszuwächse: Schaftkurven nach<br />

Pöytäniemi (1981). Vigor Index nach Mu­<br />

lock und Christiansen ( 1982). Kovarianza­<br />

nalytische Reduktion der Zuwächse mit Zudelspiegelwerte in einem faktoriellen<br />

wachsraten der letzten fünf Jahre vor Dün­ Split-Piot-Design (Jahr als Split-Piot­<br />

gung, nach Sterba ( 1978). Varianzanalyti­<br />

sche Auswertung der Zuwächse, Vigor In­<br />

dizes und Nadelspiegelwerte als Split-Piot­<br />

Design mit Jahr nach Versuchsanlage als<br />

Split-Piot-Faktor sowie multiple<br />

Mittelwertsvergleiche<br />

Jährliche Ansprache nach Poilan­<br />

schütz ( 1985) ab 1988<br />

2 Bohrkerne im BHD von je 5 Bäumen<br />

I Parzelle im Jahr 1992. Messung der<br />

Jahrringbreiten der letzten 1 2 Jahre<br />

Kovarianzanalytische Reduktion der<br />

Kreisflächenzuwächse 1987 - 1992<br />

mit Hilfe der errechneten Kreisflächen­<br />

zuwächse 1981 - 1986.<br />

Varianzanalyse der Zuwächse und Na­<br />

Faktor f. Zuwachs, bzw. Nadelalter f.<br />

Nadelspiegelwerte)<br />

Sulzberg<br />

Randomisiertes 81ockdesign;<br />

Kleinflächen (200 m2 rund um<br />

Zentralstamm (n. Sterba,<br />

1970, 1 978)); 10 Wiederholun­<br />

gen je Variante.<br />

Düngung im Juni 1989<br />

ungedüngte Kontrolle<br />

Biomag RK 2200 kg.ha·'<br />

Biomag KR 2200 kg.ha·'<br />

Biomag K 1900 kg.ha·'<br />

Wie Bärenstein I<br />

Jährlich Makronährstoffe in 1 . -<br />

3. Nadeljahrgang (7. Wirtel)<br />

Viehberg I und II<br />

Parzellenversuch ( 1 200 m' je Parzelle)<br />

mit 4 Wiederholungen je Variante.<br />

Randomisiertes Blockdesign.<br />

Düngung: Juni 1991<br />

ungedüngte Kontrolle<br />

Biomag KR 2000 kg.ha·'<br />

Bactosol 2000 kg.ha·'<br />

NPK 1000 kg.ha·'<br />

Biomag KR+ Bactosol je 2000 kg.ha·'<br />

Biomag KR + NPK 2000 + 1000 kg.ha·'<br />

Saugkerzenlysimeter in 15, 30 und<br />

60 cm Bodentiefe; 14-tägige<br />

Probenahme<br />

Jährlich Makronährstoffe in<br />

1 . Nadeljahrgang<br />

Jährliche Ansprache nach Pollan- Jährliche Ansprache nach Poilan-<br />

schütz (1985) schütz (1985)<br />

Laufend: Dendrometer<br />

Varianzanalytische Auswertung<br />

wie Bärenstein I; nur bei Kreisflä­<br />

chenzuwächsen aus Dendrome­<br />

teruntersuchungen dient BHD als<br />

Kovariate<br />

Nur Ausgangssituation: BHD- und Hö­<br />

henmessung in Probekreisen (r = 20 m)


Tabelle 3: Zusammensetzung der Dünger.<br />

Table 3: Garnposition of the fertilizers.<br />

BIOMAG* (Reg. Handelsname für eine Produktgruppe der Veitsch-Radex AG. Die Produkte werden<br />

durch Kaustifizierung von Rohmagnesit hergestellt. MgO (33% Mg in der kaustischen, 21% in der<br />

Carbonatischen Komponente) dient als leicht löslicher, rasch wirksamer Dünger. Das Produkt wird<br />

mit 10% BIOSOL vermischt und granuliert in den Handel gebracht).<br />

carbonat. M. % kaust. M% BIOSOL %<br />

BIOMAG 10 81 9<br />

BIOMAG RK 63 27 10<br />

BIOMAG KR 27 63<br />

10<br />

BIOMAG K 0 90<br />

10<br />

BIOSOL * und BACTOSOL * (Organische 'slow release' Dünger der Biochemie Ges.m.b.H. Kund!)<br />

organische Substanz %<br />

org . gebundener N %<br />

P (als Pz05l %<br />

K (als K20) %<br />

Mg (als MgO) %<br />

72<br />

BIOSOL BACTOSOL<br />

80 50-75<br />

6-7 6-9<br />

1-2<br />

3-4<br />

0,5-2,5<br />

NPK Mineraldünger 15:5:18+2,5 (N:P205:K20+Mg0)<br />

< 5 (durchschn. 3)<br />

2-5<br />

0,5-2,5<br />

Magnesiamischkalk (teilweise kaustifizierter Dolomit, 40% Kausteranteil, mind. 15 % MgO)<br />

3 ERGEBNISSE UND DISKUSSION<br />

3. 1 Elementkonzentrationen in der Bodenlösung<br />

Abbildung 1 zeigt die mittleren jährlichen Konzentrationen vorherrschender Kationen<br />

und Anionen in den Bodenlösungen der Flächen Bärenstein I, Sulzberg und<br />

Viehberg. Obwohl eine ausgeprägte Fluktuation der Gehalte von Jahr zu Jahr innerhalb<br />

der Kontrollparzellen existiert, erkennt man signifikante Differenzen zwischen<br />

gedüngten und ungedüngten Parzellen. Die Mg 2 + -Konzentrationen in den Bodenlösungen<br />

der Kontrollparzellen waren auf allen Flächen extrem niedrig und konnten in<br />

allen Behandlungsvarianten - abhängig vom MgO-Gehalt der Dünger - deutlich gesteigert<br />

werden. Die AI10101-Gehalte in der Bodenlösung nahmen auf den Biomag Kgedüngten<br />

Flächen signifikant ab. Das Mg 2 + /AI10101-Verhältnis konnte in allen<br />

Biomag-behandelten Flächen verbessert werden. Während mit einem Kaustermagnesitanteil<br />

bis zu 70 % keine besonders erhöhte Nitratauswaschung erfolgte, wurden<br />

in der Biomag K-Variante die Nitratgehalte der Bodenlösung deutlich gesteigert.<br />

Vier Jahre nach Düngung sanken die N03--Gehalte allerdings bereits auf das Niveau<br />

der Kontrolle ab.<br />

Die Verwendung eines organischen Düngers führte im zweiten Jahr nach Düngung<br />

zu einer deutlichen Nitratmobilisierung. Die durch Mineralisation verursachte Versauerung<br />

wird durch Al-Verbindungen kompensiert. Die Nitratmobilisierung konnte


73<br />

durch Kombination mit einem pH-stabi!isierenden Magnesitdünger vermindert werden.<br />

Vier Jahre nach Düngung liegen die Nitratgehalte der Bodenlösung bereits im<br />

Bereich der Kontrollvarianten. Entweder ist eine verbesserte Aufnahme in die Vegetation<br />

(siehe Zuwachseffekte) oder die mikrobielle Biomasse für diesen positiven Effekt<br />

verantwortlich.<br />

1,5<br />

0,5<br />

Baerenstein I 1987 - 1992<br />

1 rnca 0 Mg BAi<br />

0������--�<br />

������������<br />

-0,5 -<br />

·1<br />

-1,5<br />

2,5<br />

2<br />

KONTROLLE BIOMAG<br />

Sulzberg 1989 - 1992<br />

Viehberg 1991 - 1992<br />

1,5 [TI Ca 0 Mg §Al<br />

1<br />

0,5<br />

-0,5<br />

O �Hä�--� ���<br />

-1 T<br />

1 iSl S04<br />

-1,5 .<br />

KONTROLLE<br />

-2<br />

I<br />

-2,5 BIOMAG KR<br />

BACTOSOL<br />

NPK<br />

Elementgehalte in der Bodenlösung [mmol eq.r�<br />

BACTOSOL+<br />

BIOMAG<br />

BIOMAG KR +<br />

BACTOSOL<br />

Biomag KR +<br />

NPK<br />

Abbildung 1: Elementkonzentrationen in den Bodenlösungen während der Vegetationsperioden.<br />

Figure 1: Element concentra tions in soil solutions during vegetation periods.


74<br />

Ein leicht löslicher NPK-Mineraldünger wurde beinahe unmittelbar nach der Ausbringung<br />

zu einem großen Teil ausgewaschen (Viehberg). Obwohl die Magnesiumgehalte<br />

der Bodenlösung in der ersten Vegetationsperiode nach Düngung anstiegen,<br />

wurde anscheinend das meiste Mg 2 + ausgewaschen. Die Mg 2 + -gehalte der Bodenlösung<br />

konnten nur durch eine Kombination mit Biomag stabilisiert werden.<br />

Die Ergebnisse stimmen mit den Resultaten anderer Autoren überein. Schaaf<br />

(1 992) konnte die Mg 2 + -Gehalte der Bodenlösung sowohl durch die Anwendung<br />

von Kaustermagnesit als auch durch Mg(OH) 2 anheben. Auch in seinen Versuchen<br />

war nur im ersten Jahr nach Düngung eine Erhöhung der Nitratkonzentrationen zu<br />

beobachten. Andererseits induzierten Kreutzer und Schier! (1 992) eine extreme Nitratauswaschung<br />

durch Kalkung eines bereits stickstoffgesättigten Fichtenbestandes.<br />

Kaupenjohann ( 1992) erzielte eine Steigerung der Mg 2 + -Gehalte der Bodenlösung<br />

und eine Anhebung der Mg 2 + /Aitotai-Verhältnisse durch dolomitische Kalkung.<br />

Eine Kieseritbehandlung führte in diesen Versuchen zu einer geringeren Verbesserung<br />

dieser Parameter als eine Kalkung. Allerdings lag das meiste Altetal in Form von<br />

AIS04 + vor, welches bei weitem weniger phytotoxisch wirkt als Al 3 + (Nobel et al.,<br />

1988). Feger ( 1 992) beschreibt eine Al 3 + -Mobilisierung durch Kieseritdüngung, wobei<br />

auch in seinen Versuchen das Verhältnis von Mg 2 + zu toxischen Al-Formen<br />

abnahm.<br />

3.2 Elementgehalte der Nadeln<br />

Tabelle 4 zeigt die Ergebnisse der Nadeluntersuchungen. Zur Beurteilung der Gehalte<br />

wurden die von Hüttl (1 986) angegebenen Grenzen (Mangel: N < 1 3, P< 1.1,<br />

K


75<br />

Tabelle 4: Auswirkung der Düngung auf Nadelspiegelwerte [mg/g TM] (ANOVA & Duncan test).<br />

Table 4: Effects of fertilization on tree nutrftion [mg/g dm] (A NOVA & Duncan test).<br />

Beerenstein I 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992<br />

I'J {effect of treatment: ns., treatment•year: nsJ<br />

CONTROL 14,1 a 15,8 a 15,4 a 14,0 a 11,7 a 11,5 a<br />

BIOMAG 13,6 a 15,3 a 13,9 b 12,6 b 10,4 a 11,2 a<br />

BIOSAGT 13,8 a 16,3 a 12,6 b 13,3 ab 11,2 a 11,8 a<br />

P{effect of treatment: p < 0,001, treatment •year: p < 0, 1}<br />

CONTROL 1,40 a 1,86 a 1,84 a 1,62 a 1,60 ab 1,45 a<br />

BIOMAG 1,39 a 1,79 a 1,69 a 1,53 a 1,41 b 1,38 a<br />

BIOBACT 1,38 a 2,03 a 1,98 a 1,68 a 1,80 a 1,59 a<br />

K {effect of treatment: p < 0,05, treatment •year: p < 0, 1}<br />

CONTROL 5, 18 a 5,71 b 7,04 b 6,80 ab 6,77 ab 1,45 a<br />

BIOMAG 5,30 a 6,24 b 6,73 b 5,74 b 5,50 b 1,38 a<br />

BIOSAGT 6,04 a 8,31 b 8,61 a 6,91 a 7,12 a 1,59 a<br />

Ca {effect of treatment: p < 0,001, treatment•year: nsJ<br />

CONTROL 0,95 a 2,13 b 1 '14 b 1,20 b 0,91 c 1,22 b<br />

BIOMAG 0,89 a 2,66 ab 2,08 a 2,17 a 1,58 b 2,55 a<br />

BIOSAGT 1,09 a 3,22 a 2,49 a 2,52 a 2,52 a 3,07 a<br />

Mg {effect of treatment: p < 0,001, treatment•year: ns}<br />

CONTROL 0,58 a 0,57 a 0,66 b 0,65 b 0,61 b 0,56 b<br />

BIOMAG 0,50 a 0,60 a 0,98 a 1,06 a 1,04 a 1,11 a<br />

BIOBACT 0, 56 a 0,64 a 1,00 a 1,00 a 1,15 a 1,11 a<br />

Pfleserwiese 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992<br />

I'J {effect of treatment: p < 0,05, treatment •year: p < 0,05}<br />

CONTROL 13,8 a 15,7 b 14,9 a 15,5 a 15,0 a 13,8 a<br />

BIOMAG 13,8 a 15,8 b 14,4 a 14,3 a 13,8 a 13,0 a<br />

BIOBACT 13,5 a 16,7 b 15,3 a 15,4 a 13,8 a 13,1 a<br />

P {effect of treatment: ns, treatment •year: p < 0,001}<br />

CONTROL 1,20 a 1,49 a 1,62 a 1,41 b 1,60 a 1,38 a<br />

BIOMAG 1,31 a 1,64 a 1,61 a 1,48 b 1,71 a 1,30 a<br />

BIOBACT 1,23 a 1,69 a 1,77 a 1,67 a 1,78 a 1,31 a<br />

K {effect of treatment: p < 0,001, treatment •year: p < 0,01}<br />

CONTROL 3,73 a 5,43 b 5,33 a 4,91 a 6,73 a 5,35 a<br />

BIOMAG 3,86 a 5,20 b 5,17 a 4,13 a 5,19 a 3,95 b<br />

BIOBACT 3,77 a 6,79 a 6,07 a 5,48 a 6,14 a 4,78 ab<br />

Ca {effect of treatment: p < 0,001, treatment •year: ns}<br />

CONTROL 1,08 a 2,34 b 1,48 b 1,59 b 1 '15 b 1,41 b<br />

BIOMAG 1,06 a 3,70 a 2,66 a 2,79 a 2,50 a 2,10 a<br />

BIOBACT 1,36 a 3,81 a 2,83 a 3,07 a 2,69 a 2,34 a<br />

Mg {effect of treatment: p < 0,001, treatment *year: p < 0,05}<br />

CONTROL 0,33 a 0,42 b 0,49 c 0,50 b 0,44 b 0,47 b<br />

BIOMAG 0,38 a 0,71 a 1,24 a 1,24 a 0,89 a 1,10 a<br />

BIOBACT 0,37 a 0,69 a 0,97 b 1,08 a 0,94 a 1,13 a<br />

Beerenstein II ( 1989)<br />

I'J {eff. of Lime: n.s., P {eff. of l.ime: n.s., K {eff. of lfme: n.s., Ca {eff. l.: p < 0,001, Mg feff. l.: p < 0,001,<br />

eff. of Kieserite: n.s.} eff. of Kieserite: n.s.} eff. of Kieserite: n.s.} eff. of Kies p < 0.05} elf. of Kies p < 0.05}<br />

CONTROL 13,8 a 1,66 a 6,8 a 1,43 b 0,67 a<br />

KIESERITE 13,8 a 1,71 a 5,36 a 2,05 ab 0,91 a<br />

Mg-LI ME 13,8 a 1,71 a 6,20 a 2,62 a 0,94 a<br />

KIES +LIME 13,9 a 1,83 a 6,35 a 2,52 a 1,05 a


Sulzbera 1989 1990 1991 1992 1989 1990 1991<br />

IV: lEtfeet of treatment: ns., Ca: lEtfeet of treatment: p < 0.001,<br />

effect of year*treatment: p < 0.001) effect of year•treatment: p < 0.001)<br />

CONTROL 14,7 a 13,3 a 12,8 a 14,83 a 1,85 a 1,83 a 1,23 a<br />

BIOMAG RK 14,9 a 13,5 a 13,2 a 13,37 a 1,81 a 2,25 a 1,99 a<br />

BIOMAG KR 15,5 a 13,7 a 13,1 a 13,18 a 1,57 a 2,23 a 1,85 a<br />

BIOMAG K 15,5 a 13,9 a 13,4a 13,91 a 1,82 a 2,24 a 1,80 a<br />

P: (Effect of treatment: ns., Mg: (Effect of treatment: p < 0.001.,<br />

effeet of year*treatment: ns) effect of year•treatment: p < 0.001)<br />

76<br />

CONTROL 1,78 a 1,80 a 1,81 a 1,89 a<br />

BIOMAG RK 1,77 a 1,67 a 1,48 a 1,54 ab<br />

BIOMAG KR 1,77 a 1,64 a 1,69 a 1,45 b<br />

BIOMAG K 1,80 a 2,73 a 1,63 a 1,56 ab<br />

K: (Effect of treatment: ns., eff. of year*treatment: p < 0.001)<br />

CONTROL 7,59 a 7,17 a 6,65 a 6,65 a<br />

BIOMAG RK 8,08 a 7,11 a 6,23 a 6,48 a<br />

BIOMAG KR 7,45 a 6,46 a 6,69 a 5,30 a<br />

BIOMAG K 7,31 a 6,63 a 7,36 a 5,59 a<br />

Viehberg V1 1991 V1 1992 V2 1991 V2 1992<br />

0,64 a 0,68 a<br />

0,67 a 0,85 a<br />

0,63 a 0,76 a<br />

0,64 a 0,90 a<br />

IV (Effeet of site: p < 0.001, treatment: p < 0.001, site *treatm.: p < 0,01, year*treatm.: ns, year*site: ns)<br />

CONTROL 12,4 bc 12,2 b 13,3 c 13,7 a<br />

BIOMAG 11 ,8 c 12,0 b 14,6 ab 13,8 a<br />

BACTOSOL 13,8 ab 14,4 a 15,4 a 15,6 a<br />

NPK 14,0 ab 13,4 ab 15,6 a 15,1 a<br />

BIO+ BACT 12,2 bc 12,7 ab 15,6 a 15,0 a<br />

BIO +NPK 14,4 a 14,3 a 14,3 ab 13,9 a<br />

P (Effeet of site: ns, treatment: ns, site *treatm.: ns., year*treatm.: p < 0,01, year*site: ns.)<br />

CONTROL 2,13 a 1 ,97 a 1 ,92 a 1 ,85 a<br />

BIOMAG 2,01 a 1,85 a 2,10 a 1,81 a<br />

BACTOSOL 2,22 a 2,02 a 2,15 a 1,88 a<br />

NPK 2,01 a 1,80 a 2,10 a 2,07 a<br />

BIO+ BACT 2,00 a 1,82 a 2,15 a 1,91 a<br />

BIO+ NPK 2,19 a 2,05 a 2,10 a 1 ,98 a<br />

K IEffect of site: ns, treatment: ns, site •treatm.: ns, year*treatm:p < 0,05, year*site: ns.)<br />

CONTROL 6,10a 5,58 d 7,46 a 7, 13 a<br />

BIOMAG 6,48 a 6,61 cd 7,15 a 6,85 a<br />

BACTOSOL 7,60 a 7,40 bc 8,08 a 7,89 a<br />

NPK 6,99 a 8,97 a 6,35 a 8, 10 a<br />

BIO + BACT 6,95 a 7,83 abc 6,43 a 8,50 a<br />

BIO +NPK 7,02 a 8,70 ab 8,50 a 7,96 a<br />

Ca (Effect of site: ns, treatment: ns, site•treatm.: ns, year*site: ns, year*treatm.: p < 0,01)<br />

CONTROL 1,59 a 1,91 a 1,64 a 1,90 a<br />

BIOMAG 1,61 a 2,21 a 1,68 a 2,24 a<br />

BACTOSOL 1,80 a 1,89 a 1,88 a 2,12 a<br />

NPK 1,69 a 1,91 a 2,21 a 2,07 a<br />

BIO + BACT 1,61 a 2,37 a 1,83 a 2,72 a<br />

BIO + NPK 1,81 a 2,29 a 2,02 a 2,18 a<br />

Mg (Effect of site: p < 0,01, treatment: ns, site *treatm.: ns, year*site: p < 0,05, year*treatm: p < 0,001)<br />

CONTROL 1,09 a 0,90 a 0,83 a 0,63 a<br />

BIOMAG 0,97 a 1,08 a 0,90 a 0,81 a<br />

BACTOSOL 0,98 a 0,71 a 1,06 a 0,70 a<br />

NPK 0,96 a 0,64 a 1,02 a 0,56 a<br />

BIO + BACT 0,91 a 0,91 a 1,02 a 0,73 a<br />

BIO + NPK 1,16 a 0,85 a 1,00 a 0,55 a<br />

0,49 a<br />

0,73 ab<br />

0,88 a<br />

0,94 a<br />

1992<br />

1,85 a<br />

2,28 a<br />

2,02 a<br />

2,31 a<br />

0,57 b<br />

1,08 a<br />

1,18 a<br />

1,17 a


Tabelle 5: Zuwachs und Vigor-Index.<br />

Table 5: Gro wth and vigor index.<br />

Baerenstein I<br />

1987 1988<br />

77<br />

1989 1990 1991<br />

Mittlerer Kreisflächenzuwachs je Baum [cm'J und relativer Zuwachs im Vergleich zur Kontrolle in Klammer<br />

ANOVA: Effect of treatment p < 0,001, of treatment *year p< 0,001<br />

CONTROL 19 21 20<br />

BIOMAG 19 (0) 20 (-5) 25 (25)<br />

BIO BACl'. 18 (-5) 24 (14) 31 (55)<br />

21<br />

28 (33)<br />

55 (67)<br />

Valumszuwachs je Baum [dm 'J und relativer Zuwachs im Vergleich zur Kontrolle in Klammer<br />

ANOVA: Effect of treatment p < 0,001, of treatment*year p < 0,001<br />

CONTROL 26 30 28<br />

BIOMAG 26 (0) 30 (0) 33 (18)<br />

BIO BACT 26 (0) 35 (17) 42 (50)<br />

Vigorindex am Kronenansatz<br />

CONTROL<br />

BIOMAG<br />

BIO BACT<br />

Pflegerwiese<br />

31<br />

37 (19)<br />

45 (45)<br />

16<br />

24 (50)<br />

28 (75)<br />

24<br />

32 (33)<br />

38 (58)<br />

Mittlerer Kreisflächenzuwachs je Baum [cm'J und relativer Zuwachs im Vergleich zur Kontrolle in Klammer<br />

ANOVA: Effect of treatment p < 0, 1, of treatment •year p < 0,01<br />

CONTROL 9 12 12<br />

BIOMAG 8(-1 1) 14 (17) 16 (33)<br />

BIO BACT 9 (0) 15 (25) 19 (58)<br />

12<br />

17 (42)<br />

19 (58)<br />

Votumszuwachs je Baum [dm 'J und relativer Zuwachs im Vergleich zur Kontrolle in Klammer<br />

ANOVA: Effect of treatment p < 0,01, of treatment*year p < 0,001<br />

CONTROL 9 12 11<br />

BIOMAG 8 (-1 1) 13 (8) 15 (36)<br />

BIO BACT 9 (0) 16 (33) 18 (64)<br />

Vigorindex am Kronenansatz<br />

CONTROL<br />

BIOMAG<br />

BIO BACT<br />

Baerenstein II<br />

10<br />

16 (60)<br />

18 (80)<br />

9<br />

13 (44)<br />

14 (56)<br />

8<br />

13 (63)<br />

15 (88)<br />

Mittlerer Kreisflächenzuwachs je Baum [cm 'J und relativer Zuwachs im Vergleich zur Kontrolle in Klammer<br />

ANOVA: Effect of Kieserite ns., of Mg·lime: p < 0, 1, of year*Kieserite: ns, of year*Mg·lime: p < 0.001<br />

CONTROL 15,8 20,3 21,7 20,9 16,2<br />

KIESERITE 15,3 (-3) 17,9 (-12) 18,1 (-17) 21,1 (1) 17,9 (10)<br />

MG-LIME 14,9 (-6) 17,9 (-1 2) 21,5 (-1) 25,6 (22) 21,7 (34)<br />

KIES + LIME 15,4 (-3) 20, 1 (-1) 25 (15) 29,3 (40) 23 (42)<br />

Sulzberg<br />

Mittlerer Kreisflächenzuwachs je Baum [cm2/ und relativer Zuwachs im Vergleich zur Kontrolle in Klammer<br />

ANOVA: no significant effects<br />

CONTROL 19,8 21,1 47,1 67,3<br />

BIOMAG RK 21 20,9 52,4 69,5<br />

BIOMAG KR 17,5 17,7 51,3 77,4<br />

BIOMAG K 18,5 18,4 45,6 66,3<br />

1992<br />

21<br />

26 (24)<br />

20 (38)<br />

28<br />

33 (18)<br />

37 (32)<br />

3,36<br />

4,65<br />

5,23<br />

11<br />

17 (55)<br />

17 (55)<br />

10<br />

16 (60)<br />

18 (80)<br />

6,21<br />

7,39<br />

9,1 1<br />

19,2<br />

20,0 (4)<br />

24,9 (30)<br />

26,3 (37)


78<br />

Ein leicht negativer Effekt der Biomag und der Kieseritdüngung auf die K-Ernährung<br />

war zwar zu beobachten, da aber das K-Angebot der Böden ausreichend ist, kam<br />

es zu keinen ausgesprochenen Engpässen. Die P-Ernährung war auf allen Flächen<br />

ausreichend. Die NPK-Düngung führte im Versuch Viehberg zu einer Abnahme der<br />

Mg-Gehalte der Nadeln. Korrelationsanalysen mit den Elementgehalten der Bodenlösung<br />

zeigten einen positiven Einfluß der Mg 2 +-Gehalte der Bodenlösung (r = 0.64*),<br />

während K + einen antagonistischen Effekt (r = -0.62) auf die Mg-Gehalte der Nadeln<br />

ausübt. Der negative Einfluß von NH4 + war nicht signifikant. Die Möglichkeit eines<br />

durch NPK-Düngung induzierten Mg-Mangels beschreibt bereits Hüttl (1990).<br />

3.3 Zuwachs und Vitalität<br />

Tabelle 5 zeigt die Auswirkung der Düngung auf Zuwächse und Vigor-Indizes. Sowohl<br />

im Versuch Bärenstein I als auch im Versuch Pflegerwiese war der Düngungseffekt<br />

auf Kreisflächen- und Valumszuwachs signifikant. Es zeigte sich, daß die Zuwachssteigerung<br />

im dritten Jahr nach Düngung einsetzte und bis zum Ende des Experiments<br />

anhielt. Die Kombination von Bactosol und Biomag führte zur stärksten<br />

Zuwachssteigerung, besonders im jungen Bestand. Ebenso reagierte der Vigor­<br />

Index am Kronenansatz in beiden Versuchen.<br />

Im Versuch Bärenstein II konnte nur der signifikante Einfluß von Magnesiamischkalk<br />

auf die Zuwächse abgesichert werden. Die Kieserit-Applikation hatte keine oder sogar<br />

negative Auswirkungen auf die Kreisflächenzuwächse, während die Kombination<br />

von Kalk und Kieserit eine ähnliche Zuwachssteigerung wie Biomag (Bärenstein<br />

I) bewirkte. Der fehlende Effekt der Düngung im Sulzbarg-Versuch kann ein<br />

Artefakt der kovarianzanalytischen Beziehung der Zuwächse auf den Ausgangs­<br />

BHD darstellen. Endgültige Aussagen können hier erst nach Ermittlung der Zuwächse<br />

vor Düngung getroffen werden.<br />

3.4 Zusammenhänge zwischen Mg-Ernährung und Erholung der Bestände<br />

Abbildung 2 zeigt den Mechanismus einer Bestandesrevitalisierung anhand der<br />

Bärenstein-Versuche:<br />

Nach der Düngung nehmen die Magnesiumgehalte der Nadeln stetig zu. Fink<br />

( 1 992) zeigte, daß die Kohlenstoffallokation stark von der Mg-Ernährung abhängig<br />

ist. Magnesiummangel führt zu einem Phloemkollaps in den Nadeln und verstärkter<br />

Kohiehydratakkumulation. Eine Verbesserung der Ernährung führt zu einer Regeneration<br />

der Siebzellen und somit zu einer Verbesserung des Kohlehydrattransportes<br />

zu Stamm und Wurzeln - sicher ein zuwachsregulierender Faktor. Allerdings konnte<br />

durch die Neutralsalzdüngung keine Zuwachssteigerung und Verminderung der Kronenverlichtung<br />

bewirkt werden, obwohl die Mg-Gehalte der Nadeln deutlich angehoben<br />

wurden. Wie in Katzensteiner (1994, dieser Band) gezeigt werden konnte,<br />

hängt der Mg-Gehalt der Nadeln hauptsächlich vom Mg-Gehalt der Bodenlösung ab,<br />

während die Kronenverlichtung maßgeblich vom Boden-pH-Wert beeinflußt wird.<br />

Neben besseren Wuchsbedingungen für Feinwurzeln durch engere Ca/ Al- bzw.


79<br />

Mg/Al-Verhältnisse in der Bodenlösung dürfte die erhöhte mikrobielle Aktivität und<br />

die dadurch bedingte Nährstofffreisatzung aus dem Auflagehumus in den Kalkungsvarianten<br />

für das verbesserte Wachstum verantwortlich sein. Der insgesamt höchste<br />

Nährstoffeinbau in die oberirdische Biomasse erfolgte in der harmonischen Bactosol<br />

+ Biomag-Düngungsvariante. Sowohl die Volumszuwächse als auch die Nadelmassen<br />

(geschätzt aus dem Verlichtungsgrad) reagierten positiv auf die Düngung,<br />

während die Gehalte an basischen Kationen zu Versuchsende in einem optimalen<br />

Bereich lagen. ln diesem Fall fungiert der organische Dünger als eine langsam<br />

fließende Nährstoffquelle - ein Effekt, der auch bereits auf karbonatischem Ausgangsmaterial<br />

festgestellt wurde (Glatze! et al., 1990/91).<br />

c 'iii' 1988 - 1992<br />

�e 100<br />

01""'<br />

z c 80<br />

0<br />

C lil::<br />

�'Ci 60<br />

= � 40<br />

��<br />

I»,C 20<br />

(!)01<br />

l:ll c<br />

:ilii � 0<br />

"":'<br />

m::O<br />

UIC 80 1987 - 1992<br />

.C O<br />

i� 60<br />

::::1 "1:1 40<br />

��<br />

ll) e::,<br />

.C �:��<br />

uc<br />

i!2<br />

20<br />

0<br />

111 @1<br />

·- "1:1<br />

l!! c<br />

lil:::< -20<br />

'I:'<br />

....<br />

c<br />

atO<br />

C lil::<br />

::I<br />

;c"Ci<br />

,g�<br />

...<br />

CD Cl<br />

>C<br />

C::l<br />

Oll '"<br />

ca�<br />

21!<br />

lil:::< +<br />

0'1<br />

0 0'1<br />

ftl ill ftl<br />

11:1<br />

:!:::<br />

... ...<br />

E .Se<br />

0 u o<br />

i:O<br />

ftl,_<br />

mm<br />

:c<br />

� ill<br />

� 2<br />

�:I!<br />

- m<br />

�S2<br />

Abbildung 2: Zusammenhang zwischen Mg-Ernährung, Kreisflächenzuwachs und<br />

Kronenverlichtung.<br />

Figure 2: Relation between magnesium nutrition, basal area gro wth and cro wn<br />

transparancy.


4 SCHLUSSFOLGERUNGEN<br />

80<br />

Viele natürliche Waldökosysteme haben sich unter Bedingungen entwickelt, unter<br />

denen die N-Versorgung der limitierende Faktor für die Baumernährung war. Eine<br />

Änderung dieser Situation ergab sich in den letzten Jahrzehnten, in denen durch die<br />

Basenverarmung von Waldböden als Folge des Eintrages von Säuren und Säurebildnern<br />

sowie durch die zunehmende Stickstoffeutrophierung Elemente wie Mg zunehmend<br />

in den Mangelbereich gerieten. Die Ergebnisse deuten auf eine kombinierte<br />

negative Wirkung von Magnesiummangel und Bodenversauerung auf Nährstoffkreisläufe<br />

und Baumwachstum hin. Eine Bodenmelioration kann daher zur Therapie<br />

von Nährstoffungleichgewichten auf saurem Ausgangssubstrat eingesetzt werden.<br />

Dabei können folgende Schlußfolgerungen für die Praxis gezogen werden:<br />

- Jede Magnesiumapplikation bei Mg-Mangel führt zu einer Steigerung der<br />

Mg-Nadelspiegelwerte.<br />

- Ohne eine ausreichende Stabilisierung des Boden-pH-Wertes ist eine Düngung auf<br />

sauren Böden nicht effizient.<br />

Rasch lösliche NPK-Mineraldünger sind im Hinblick auf Grundwasserschutz in<br />

sensiblen Gebieten eher zu vermeiden.<br />

- Eine Kombination organischer "slow release"-Dünger mit einem pH-stabilisierenden<br />

Magnesitprodukt zeigt die besten Resultate im Hinblick auf Baumernährung<br />

und Zuwachs. Eine Anwendung soll im Hinblick auf die Nitratproblematik<br />

nicht zu großflächig erfolgen.<br />

5 LITERATUR<br />

ÖSTERREICHISCHE BODENZUSTANDSINVENTUR, 1992: Mitt. der FBVA Wien 168, 247 S.<br />

BAULE H. und C. FRICKER, 1967: Die Düngung von Waldbäumen. BLV Bayerischer Landwirtschaftsverlag<br />

GmbH., München, Basel, Wien, 259 S.<br />

BOSCH C., E. PFANNKUCH, U. BAUM und K.E. REHFUESS, 1983: Über die Erkrankung der Fichte<br />

{Picea abies Karst.) in den Hochlagen des Bayerischen Waldes. Forstw. Cbl. 102: 167- 1 81.<br />

ECKMÜLLNER 0., 1988: Zuwachsuntersuchungen an Fichte im Zusammenhang mit neuartigen<br />

Waldschäden. Dissertation BOKU Vienna, 129 S.<br />

FEGER K.H., 1992: Bilanzierung von Stoffflüssen in magnesiumgedüngten Fichtenökosystemen im<br />

Schwarzwald (Projekt ARINUS). Forst!. Schriftenreihe der Univ. f. Bodenkultur, Wien, 5, 88-101 .<br />

FALKENGREN GRERUP U., 1987: Long-term changes in pH of forest soils in Southern Sweden. Environments!<br />

Pollution 43: 79-90.<br />

FIEDLER H.J., W. NEBE und F. HOFFMANN, 1973: Forstliche Pflanzenernährung und Düngung. Fischer,<br />

Jena, 481 S.<br />

FINK S., 1992: Physiologische und strukturelle Veränderungen an Bäumen unter MagnesiummangeL<br />

Forstliche Schri"ftenreihe der Univ. f. Bodenkultur, Wien, 5: 16-26.<br />

GLATZEL G., M. KAZDA, D. GRILL, G. HALBWACHS und K. KATZENSTEINER , 1987: Ernährungsstörungen<br />

bei Fichte als Komplexwirkung von Nadelschäden und erhöhter Stickstoffdeposition -<br />

Ein Wirkungsmechanismus des Waldsterbens? AFJZ 158: 91-97.


81<br />

GLATZEL G., 1991: The impact of historic landuse and modern forestry on nutrient relations of<br />

Central European forest ecosystems. Fertilizer Research 27: 1-8.<br />

GLATZEL G., R. JANDL, M. SIEGHARDT und H. HAGER H., 1992: Magnesiummangel in mitteleuropäischen<br />

Waldökosystemen. Forst!. Schriftenreihe der Univ. f. Bodenkultur, Wien, 5, 197 S.<br />

HAFNER F. (ed.). 1983: Österreichs Wald. Österreichischer Agrarverlag, Wien, 291 S.<br />

HALLSÄCKEN L. and TAMM C.O., 1986: Changes in soil acidity from 1927 to 1982 - 1984 in a forest<br />

area of South-West-Sweden. Scand. J. For. Res. 1: 21 9-232.<br />

HIPPELl P. und Branse C 1992 Veränderung der Nährelementkonzentration in den Nadeln mittalalter<br />

Kiefernbestände auf pleistozänen Sandstandorten Brandenburgs in den Jahren 1964 bis 1988.<br />

Forstw. Cbl. 111: 44-66.<br />

HÜTTL R.F., 1985: Neuartige Waldschäden und Nährelementversorgung von Fichtenbeständen<br />

(Picea abies Karst) in Südwestdeutschland. Freiburger Bodenkundliehe Abh. 16, 195 S.<br />

HÜTTL R.F., 1986: Forest Fertilisation: Results from Germany, France and the Nordic Countries.<br />

The Fertiliser Proceedings 250, 40 S.<br />

HÜTTL R.F., 1990: Nutrient supply and fertilizer experiments in view of N-saturation. Plant and Seil<br />

128: 45-58.<br />

HÜTTL R.F., 1991: Die Nährelementversorgung geschädigter Wälder in Europa und Nordamerika.<br />

Freiburger Bodenkundliehe Abhandlungen 28, 440 S.<br />

JOHANN K., 1977: Eine neuartige Jahrringmeßanlage für Bohrkerne und Stammscheiben. Forstarchiv<br />

48: 204-206.<br />

KATZENSTEINER K., G. GLATZEL, M. KAZDA and H. STERBA, 1992 a: Effects of air pollutants on<br />

mineral nutrition and revitalization of declining stands in Austria. Water, Air, and Seil Pollution<br />

61: 309-322.<br />

KATZENSTEINER K., G. GLATZEL and M. KAZDA, 1992: Nitrogen induced nutritional imbalances -<br />

a contributing factor to Norway spruce decline in the Bohemian Forest (Austria). For. Ecol. Manage.<br />

51: 29-42.<br />

KATZENSTEINER K., 1992: Mineralstoffernährung Bodenzustand und Baumvitalität in Fichtenwaldökosystemen<br />

des Böhmerwaldes. Österreichische Gesellschaft für Waldökosystemforschung und<br />

experimentelle Baumforschung, Wien, 195 S.<br />

KATZENSTEINER K., 1993: Mineralstoffernährung und Bodenzustand in Fichtenwaldökosystemen<br />

des Böhmerwaldes (Oberösterreich). GSF-Berichte München 39/93: 265-274.<br />

KAUPENJOHANN M., 1992: Mehrjährige Erfahrungen mit Magnesiumdüngung in Waldökosystemen<br />

des Fichtelgebirges. Forstliche Schriftenreihe der Univ. f. Bodenkultur, Wien, 5: 122-131.<br />

KENK G. and H. FISCHER, 1988: Evidence of nitrogen fertilization in forests of Germany. Environmental<br />

Pollution 54: 199-218.<br />

KREUTZER K., 1972: Über den Einfluß der Streunutzung auf den Stickstoffhaushalt von Kiefernbeständen.<br />

Forstw. Cbl. 90: 237-259.<br />

KREUTZER K. und R. SCHIERL, 1992: Versuche mit dolomitischem Kalk im Höglwald . Forstliche<br />

Schriftenreihe der Univ. f. Bodenkultur, Wien, 5: 171-186.<br />

LIU JC. und Trüby P 1989 Bodenanalytische Diagnose von K- und Mg-Mangel in Fichtenbeständen<br />

(Picea abies Karst.) Südwestdeutschlands. Z. Pflanzenernähr. Bedenk. 152: 307-31 1.<br />

MULOCK P. and E. CHRISTIANSEN 1982 The threshold of successful attack by lps typographus on<br />

Picea abies. For. Ecol. Manage. 14: 125- 132.<br />

NEBE W., 1991 : Veränderung der Stickstoff- und Magnesiumversorgung immissionsbelasteter älterer<br />

Fichtenbestände in ostdeutschen Mittelgebirgen. Forstw. Cbl. 11 0: 4-1 2.<br />

NIEHLGARD 8., 1985: The ammonium hypothesis - an additional explanation to the forest dieback<br />

in Europe. Ambio 14: 2-8.<br />

NOBEL A.D., M.E. SUMMER and A.K. ALVA, 1988: The pH dependency of aluminium phytotoxicity<br />

by calcium sulfate. Soii.Sci.Soc. Am. J. 52: 1398-1402.<br />

POLLANSCHÜTZ J., 1985: Instruktionen für die Feldarbeit der Waldzustandsinventur nach bundeseinheitlichen<br />

Richtlinien 1984-1 988. Forstliche Bundesversuchsanstalt, Wien, 69 S.<br />

PÖYT ÄNIEMI A. M., 1981 : Schaftkurtensystem für die Fichte zur Anwendung bei der Österreichischen<br />

Forstinventur. Dissertation, BOKU University Vienna, 121 S.


PRETZSCH H. 1989 Zur Zuwachsreaktionskinetik der Waldbestände im Bereich des Braunkohlekraftwerkes<br />

Schwadorf in der Oberpfalz. AFJZ 160: 43-54.<br />

REHFUESS K.E. 1981: Waldbböden: Entwicklung, Eigenschaften, Nutzung. Parey, Hamburg, Berlin,<br />

192 s.<br />

RÖHLE H., 1985: Ertragskundliehe Aspekte der Walderkrankungen . Fw. Cbl. 104: 225-242.<br />

SCHAAF W., 1992: Fallstudie Hohe Matzen: Düngung mit Magnesit und Magnesiumhydroxyd unterschiedlicher<br />

Löslichkeit. Forstliche Schriftenreihe der Univ. f. Bodenkultur, Wien, 5: 142-1 51.<br />

SCHULZE E. D., 1989: Air pollution and forest declinein a spruce (Picea abies) forest. Science 244,<br />

776-783.<br />

STERBA H., 1970: Untersuchung zur Frage der Anlage und Auswertung von Einzelstammdüngungsversuchen.<br />

Cbl. ges. Forstw. 87: 166-189.<br />

STERBA H., 1978: Methodische Erfahrungen bei Einzelstammdüngungsversuchen. AFJZ 149:<br />

35-39.<br />

STERBA H., 1990: Waldschäden und Zuwachs. ln Ulrich 8. (ed.): Internationaler Kongreß Waldschadensforschung.<br />

Wissenstand und Perspektiven. Kernforschungszentrum Kerlsruhe GmbH:<br />

61-80.<br />

STERBA H., 1992: Determining parameters of competition models under changing environmental<br />

conditions. ln: J. Franke and A. Reeder (Eds.) Mathematical Modelling of forest Ecosystems.<br />

J.D.Sauerländer, Frankfurt/ Main.<br />

STÖHR D., 1987: Waldbodenversauerung in Österreich. Veränderung der pH-Werte von Waldböden<br />

während der letzten Dezennien. Wien, 165 S.<br />

ZECH W. und E. Popp, 1983: Magnesiummangel, einer der Gründe für das Fichten- und Tannensterben<br />

in NO-Bayern. Forstw. Cbl. 102: 50-55.<br />

ZECH W., Th. SUTTNER und E. POPP, 1985: Eiemental analyses and physiological responses of forest<br />

trees in S02 polluted areas of NE-Bavaria. Water, Air, and Soil Pollution 25: 175-183.<br />

ZÖTTL H.W. und E. MIES, 1983: Die Fichtenerkrankung in den Hochlagen des Südschwarzwaldes.<br />

AFJZ 1 54: 11 0-1 14.<br />

82


83<br />

REVITALISIERUNGSDÜNGUNG VON FICHTENBESTÄNDEN:<br />

EINFlUSS AUF MIKROBIEllE UMSETZUNGSPROZESSE UND BIOMASSE<br />

REVITALIZA TION EXPERIMENTS IN NORWA Y SPRUCE STANDS:<br />

THE INFL UENCE ON MICROBIA L BIOMA SS AND TURNOVER PROCESSES<br />

* * *<br />

Herbart INSAM I Kurt HASElWANDTER I Michael BERRECK I<br />

**<br />

Brigitte GIRSCHICK , Sophie ZECHMEISTER-BOl TENSTERN<br />

* Institut für Mikrobiologie, Universität lnnsbruck<br />

Technikerstraße 25, A - 6020 lnnsbruck<br />

* * Institut für Pflanzenphysiologie, Universität Wien<br />

Althanstr. 14, A- 1090 Wien<br />

* * * Bundesanstalt für Bodenwirtschaft, Denisgasse 31-33,<br />

A- 1200 Wien<br />

SUMMARY<br />

in a severely damaged Norway Spruce stand in the Bohemian Massif (Austrial a fertilization trial<br />

with different organic and inorganic fertilizers was established. ln the course of the first two years,<br />

highly elevated NH4 + and N03 " contents in the soil water were found due to mineral fertilizer<br />

(Vollkorn) and an organic fertilizer !Bactoso!). However, the effect of the fertilizers on the soil<br />

microbiota and activity (basal respiration, litter decomposition, N-mineralizationl was weak. While<br />

Bactosol resulted in slightly decreased microbial biomass, magnesite fertilizers (ßiomag, Biobact,<br />

Biovoll) resulted in slightly higher activities than non-magnesite fertilizers. Vollkorn and Bactosol<br />

led to a decrease of urease and arylsulfatase, while xylanase and phosphatase were elevated for<br />

Bactosol treated soils. Two years of observation, however, are too short to draw final conclusions.<br />

KEYWORDS: Microbial biomass, soil, forest, fertilization, organic fertilizers, enzymes, respiration,<br />

nitrification.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Im Rahmen eines Meliorationsversuches in einem stark immissionsgeschädigten Fichtenwald wurden<br />

verschiedene organische und mineralische Düngemittel auf deren Wirkungen auf mikrobiologische<br />

und enzymatische Bodenparameter untersucht. Im Laufe der zweijährigen Untersuchungen<br />

konnten deutliche Wirkungen auf die Gehalte an mineralischem Stickstoff (NH 4 + und N0 3 "l<br />

gefunden werden, wobei vor allem die Varianten mit Mineraldünger oder Bactosol eine Erhöhung<br />

dieser Ionen in der Bodenlösung bewirkten. Die mikrobielle Biomasse und mikrobielle Aktivitäten<br />

(Streuabbau, Atmung, Nitrifikation) wurden jedoch nur geringfügig beeinflußt, wobei vor allem eine<br />

kurzfristige Depression der Biomasse durch Bactosol hervorzuheben ist. Ein leicht positiver Einfluß<br />

auf Biomasse und Basalatmung wurde für die Magnesitvarianten gefunden. Vollkorn und Bactosol<br />

bewirkten eine Erniedrigung der Aktivität von Urease und Arylsulfatase, während Xylanase- und<br />

Phosphataseaktivitäten durch Bactosol gesteigert wurden. Sowohl aus bodenbiologischer als auch<br />

aus bodenenzymatischer Sicht bleibt abzuwarten, wie sich die Reaktionen langfristig entwickeln,<br />

um endgültige Schlüsse ziehen zu können.<br />

STICHWÖ RTER: Mikrobielle Biomasse, Boden, Wald, Düngung, organische Düngemittel, Enzyme,<br />

Atmung, Nitrifikation.<br />

Forstliche Schriftenreihe, Universität für Bodenkultur Wien, Bd. 7, 1994.<br />

6GWEB i6sterr. Ges. f. Wa ldökosystemforschung und experimentelle Baumforschung) ISBN 3-900B65-06-X.<br />

***


1 EINlEITUNG<br />

Meliorationsmaßnahmen können das Gleichgewicht mikrobieller Prozesse im<br />

Boden stören und zu unerwünschten Folgen führen, wie z.B. Nitratverlagerungen<br />

ins Grundwasser. Das Ziel des vorliegenden Projektteils war qualitative und quantitative<br />

Auswirkungen auf die N-Freisetzungsdynamik verschiedener Dünger sowie<br />

mikrobielle Prozesse und Biomasse zu untersuchen, um damit mögliche Gefährdungen<br />

des Ökosystems bzw. Grundwassers frühzeitig zu erkennen.<br />

2 MATERIAL UND METHODEN<br />

2.1 Versuchsflächen und -varianten<br />

Die untersuchten Standorte und die verwendeten Düngervarianten wurden ausführlich<br />

von Katzeosteiner et al. (1994) beschrieben. Die bodenmikrobiologischen<br />

Untersuchungen wurden mit Ausnahme der Streuabbauuntersuchungen nur auf<br />

der Fläche Viehberg 1 durchgeführt. Neben einer Kontrollvariante wurden Biomag,<br />

Bactosol und Vollkorn Spezial sowie Kombinationen daraus (Biobact<br />

= Biomag + Bactosol, Biovoll = Biomag +Vollkorn spezial) untersucht.<br />

2.2 Untersuchungsmethoden<br />

2.2.1 Streuabbauuntersuchungen<br />

Streubeutel (Nylonnetz mit 0.3 mm Maschenweite, 8x8 cm; gefüllt mit 1 g<br />

Buchenstreu) wurden für ein Jahr in situ inkubiert und der Gewichtsverlust<br />

bestimmt.<br />

84<br />

2.2.2 Ammonium und Nitrat im Gleichgewicht mit der Bodenlösung<br />

Die im Gleichgewicht mit der Bodenlösung befindlichen Nitrat- und Ammoniumfraktionen<br />

wurden mit der Ionenaustauschermethode ermittelt. Nylonbeutel (siehe<br />

oben) wurden mit 5 g Ionenaustauscherharz für Kationen {Amberlite IR-120) bzw.<br />

Anionen {Amberlite IR-400) gefüllt und zusammen mit den Streubeuteln ausgebracht.<br />

Nach der Exposition über zwei Wochen bzw. vier Monate wurden die Beutel<br />

extrahiert und NH4 und N03 bestimmt (Carlson et al., 1990).


85<br />

2.2.3 Bodenchemische und bodenbiologische Para meter<br />

Probenwerbung für Bodenuntersuchungen<br />

Je Parzelle wurden fünf Einzelproben geworben. Die Proben, getrennt nach 0und<br />

A-Horizont, wurden bei 4°C gelagert, gesiebt (2 mm) und auf einen für die<br />

biologischen Aktivitäten opti malen Wassergehalt eingestellt. Die Probannahmetermine<br />

waren vom 15.-1 7.7. (Termin 1), 11.-12.9.1991 {2), 4.-6.5.1 992 (3) und<br />

17.-18.8.1992 (4).<br />

2.2.4 Bodenchemische Parameter<br />

Es wurden der pH-Wert (in Wasser und 0,1 N CaCI2), der organische Kohlenstoff<br />

( %C0r g ; trockene Verbrennung) (lnsam, 1993) sowie mineralischer Stickstoff<br />

(NH4 und N03; 10 g Bodenprobe mit 30 ml 2N KCI 1 h geschüttelt, extrahiert)<br />

gemessen.<br />

2.2.5 Bodenbiologische Parameter<br />

Es wurden sowohl Parameter, die für den Kohlenstoffkreislauf, als auch solche,<br />

die für den Stickstoffkreislauf charakteristisch sind, gemessen. Die mikrobielle<br />

Biomasse (pg Cmic·g· 1 Boden) wurde nach der Substratinduktionsmethode<br />

(Anderson u. Domsch, 1978; Heinemeyer et al., 1989) bestimmt. Die Basalatmung<br />

wurde als C02-Produktion (mg C02·g· 1 Boden·h-1 ) (lnsam u. Haselwandter,<br />

1989) gemessen. Als ökophysiologische Parameter wurden der metabolische<br />

Quotient (qC02, mg C02-C ·g· 1 Cmic·h· 1 ) sowie das Cmic::C0r g ·Verhältnis (mg<br />

Cmic·g· 1 C0r g l berechnet. Weiters wurden die Stickstoffmineralisation im<br />

Brutversuch nach Beck (1983) (Inkubation von 5 g Boden für 3 Wochen bei 25°C<br />

und Bestimmung der Differenz der N03- und NH4-Gehalte vor und nach der<br />

Inkubation; pg N·g· 1 Boden·d· 1 ) sowie die Aktivität von Urease, Aryl-sulfatase,<br />

Xylanase und Phosphatase {Schinner et aL, 1993) bestimmt.<br />

3 ERGEBNISSE<br />

3. 1 Streuabbauuntersuchungen<br />

Die Streuabbaurate war auf beiden Versuchsflächen ähnlich. Der Gewichtsverlust<br />

der Buchenstreu auf Fläche 1 betrug im Durchschnitt 23% ± 2% (insgesamt 57<br />

Wochen Expositionszeit) und auf Fläche 2 24% ± 3% (55 Wochen Exposition).<br />

Auch zwischen den einzelnen Behandlungsvarianten konnten keine signifikanten<br />

Unterschiede festgestellt werden.


86<br />

3.2 Ammonium und Nitrat im Gleichgewicht mit der Bodenlösung<br />

Die erste Exposition von Ionenaustauscher-Beuteln erfolgte zwei Wochen nach<br />

der Düngung (am 5. 7.1991 ) . Die Beutel blieben zehn Tage lang exponiert. Sowohl<br />

bei Nitrat als auch bei Ammonium wurden deutliche Unterschiede zwischen den<br />

einzelnen Varianten gefunden, insbesondere die mit Mineraldünger behandelten<br />

Varianten (Vollkorn und Biovoll) zeichneten sich durch sehr hohe Ladungen<br />

sowohl mit Ammonium (bis zu 1500 pg NH4-N·g-1 1onenaustauscher) als auch mit<br />

Nitrat (bis zu 1300 pg N03-N·g-1 ), aus. Dies reflektiert eine drastische Erhöhung<br />

der Nitrat- und Ammoniumkonzentrationen in der Bodenlösung durch die mineralische<br />

Düngung. Auch die Bactosoi-Varianten zeichneten sich durch erhöhte<br />

Ammonium- und Nitratwerte aus, wobei auffällig war, daß die Ammoniumwerte<br />

mit etwa 500 pg mehr als doppelt so hoch wie die Nitratwerte (200 pg N03-N·g-1<br />

Ionenaustauscher) waren. Dies deutet auf eine Hemmung der Nitrifikation durch<br />

die Azidität des Bodens hin. Eine Aufhebung dieser Wirkung durch die Kombination<br />

von Biomag mit Bactosof (Biobact) konnte allerdings nicht beobachtet werden.<br />

Nach der zweiten, diesmal mehrmonatigen Exposition wurden für alle<br />

Behandlungsvarianten außer für Biomag erhöhte Ammonium- und Nitratwerte<br />

gefunden. Die Unterschiede zwischen Bactosol- und Vollkornvarianten waren<br />

jedoch weitgehend verschwunden. Die Nitratwerte lagen bei ca. 150 pg N·g-1<br />

(gegenüber 80 bei der Kontrolle), und die Ammoniumwerte lagen bei 300-500 pg<br />

NH4-N (gegenüber etwa 100 pg bei der Kontrolle). Das bedeutet, daß Bactosol<br />

mittelfristig einen ähnlichen Anstieg von mineralischem N bewirkt hat wie Mineraldünger,<br />

ohne den ausgeprägten Anfangspeak aufzuweisen.<br />

3.3 Bodenchemische Parameter<br />

pH-Werte in Wasser (0-Horizont) lagen zwischen 3,8 und 4,0 und waren um<br />

etwa eine Einheit höher als in CaCI2. Behandlungsbedingte Unterschiede waren im<br />

ersten Versuchsjahr noch nicht zu erkennen. Im zweiten Versuchsjahr war eine<br />

tendenzielle Erhöhung für die Varianten Biomag und Biobact zu erkennen, die<br />

auch beim Versuch Schöneben (Berreck u. Haselwandter, 1993) gefunden worden<br />

war. Dort verstärkte sich diese Wirkung von Biomag in den folgenden Jahren<br />

noch weiter. Dies kann wohl auch für die hier untersuchten Flächen prognostiziert<br />

werden kann. Im A-Horizont lagen die pH-Werte um durchschnittlich 0,2 Einheiten<br />

höher als im 0-Horizont. Es konnten aber keine Unterschiede zwischen den Varianten<br />

festgestellt werden.<br />

Der organische Kohlenstoff (Cor g l wurde nur für Termin vier bestimmt. Im 0-<br />

Horizont betrug der C0r9-Gehalt 25 bis 35% des Boden-Trockengewichts. Unterschiede<br />

zwischen einzelnen Behandlungen waren insignifika nt und nach so kurzer<br />

Zeit auch nicht zu erwarten. Der C0r9-Gehalt im A-Horizont lag zwischen 5,8 und<br />

7,0%. Tendenzielle Unterschiede zwischen einzelnen Varianten dürften aber


87<br />

ebenfalls nicht ursächlich mit einer Düngerwirkung zusammenhängen, sondern<br />

liegen ebenfalls im Streubereich der Messungen.<br />

Die zum vierten Termin gemessenen Gehalte an mineralischem Stickstoff (Nmin;<br />

N03-N + NH4-Nl waren auf den mit Mineraldünger und Bactosol behandelten Flächen<br />

etwa doppelt so hoch wie auf den Parzellen ohne Nährstoffdünger (Tabelle<br />

1). Bei den Kombinationsvarianten mit Biomag (Biobact und Biovoll) war gegenüber<br />

den Varianten Bactosol und Vollkorn eine deutliche Verschiebung vom<br />

Ammonium zum Nitrat festzustellen. Die Nmin·Gehalte im A-Horizont waren um<br />

etwa eine Zehnerpotenz niedriger als im 0-Horizont. Im A-Horizont konnten keine<br />

signifikanten Wirkungen festgestellt werden ..<br />

Tabelle 1: Nmin·Gehalte (J.Ig Nmin·g- 1 Bodenl im 0- und A-Horizont zum 4. Entnahmetermin.<br />

Table 1: Nmin·Conten ts (JJg Nmin ·g- 1soil) in the organic (0) and in the mineral (A }<br />

la yer (4 th sampling date).<br />

3.4 Bodenbiologische Parameter<br />

0-Horizont A-Horizont<br />

Kontrolle 220 22<br />

Biomag 170 21<br />

Bactosol 440 32<br />

Vollkorn 310 22<br />

Biobact 300 24<br />

Biovoll 290 37<br />

Größenordnungsmäßig lagen die Werte für die mikrobielle Biomasse im 0-Horizont<br />

zwischen 700 und 1700 J.19 Cmic·g· 1 ßoden (Abbildungen 1 und 2). Zu den ersten<br />

drei Terminen konnten keine behandlungsbedingten Unterschiede festgestellt<br />

werden. Erst beim vierten Termin waren tendenzmäßige, aber aufgrund der<br />

großen Streuungen insignifikante Unterschiede zu erkennen. Vor allem die Varianten<br />

mit Biomag-Behandlung zeigten erhöhte Werte (1500 J.19 Cmic·g- 1 Boden<br />

gegenüber 750 J.l9 bei der Kontrolle). Die Depression der Biomasse durch Bactosol<br />

(3. Termin) ist angesichts der Zufuhr leicht abbaubarer Substanz durch dieses<br />

Produkt überraschend, wurde aber auch schon früher beobachtet (Berreck u.<br />

Haselwandter, 1993). Die Gründe für diese Wirkung sind unbekannt. Möglicherweise<br />

hängen die relativ niedrigen Werte für die Bactosol-Variante mit dem auf<br />

diesen Teilflächen etwas niedrigeren Überschirmungsgrad zusammen.


Bei den Versuchen in Schöneben hat sich die Wirkung von Bactosol jedoch ab<br />

dem dritten Versuchsjahr umgekehrt. Ab diesem Zeitpunkt wurden für die Bactosoi-Variante<br />

signifikante Steigerungen der Biomasse gefunden. Eine ähnliche mittelfristige<br />

Wirkung ist auch für die Viehbergflächen nicht auszuschließen. Vergleichbare<br />

Tendenzen, sichtbar ab dem vierten Versuchstermin, wurden auch für<br />

den A-Horizont gefunden, die Biomassegehalte waren jedoch deutlich niedriger<br />

(Abbildung 2).<br />

3000<br />

2500<br />

Biomasse 0-Horizont (15.-17.7.1991) Biomasse 0-Horizont (11.-12.9.1991)<br />

88<br />

3000 r--- -- -- -- -- -- -,<br />

2500<br />

c<br />

c<br />

�<br />

0<br />

"'<br />

2000 �<br />

0<br />

"'<br />

2000<br />

I<br />

· ""<br />

"<br />

'jj<br />

u<br />

1500<br />

� 1000<br />

�<br />

�<br />

500<br />

2500<br />

I<br />

-� 1500<br />

'jj<br />

u<br />

� 1000<br />

Biomasse 0-Horizont (4.-6.5.1992) Biomasse 0-Horizont (17.-18.8.1992)<br />

"' 2000 "'<br />

0<br />

0<br />

"' ;::<br />

I<br />

•"'<br />

u<br />

s<br />

u<br />

1500<br />

c<br />

�<br />

I<br />

.01)<br />

u<br />

'jj<br />

u<br />

500<br />

3000 r--- -- -- -- -- -- -,<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

� 1000 � 1000<br />

500<br />

0<br />

500<br />

"" "<br />

E<br />

""<br />

"<br />

E<br />

0<br />

iE<br />

0<br />

iE<br />

Abbildung 1: Mikrobielle Biomasse im 0-Horizont (pg C mic · g -1 Boden) (Mittelwerte<br />

±SO).<br />

Signifikante Differenzen zur Kontrolle (P


89<br />

Im ersten Versuchsjahr konnte keine behandlungsbedingte Änderung der Basal­<br />

!ltmung festgestellt werden. Die C02-Freisetzung lag im 0-Horizont bei 10 mg<br />

C02·g-1 Boden·h-1 , im A-Horizont bei etwa 2 mg. Im 0-Horizont konnte bei der<br />

vierten Probenahme eine Steigerung der Basalatmung für die Biomag-Varianten<br />

auf etwa 15 mg C02·g-1 Boden·h-1 gefunden werden. Im A-Horizont wurden die<br />

gleichen Tendenzen beobachtet (lnsam u. Haselwandter, 1993).<br />

Biomasse A-Horizont (15.�17.7.1991)<br />

Biomasse A-Horizont (4.-6.5.1 992)<br />

500 ,---<br />

450<br />

400 I<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

-- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --�<br />

Biomasse A-Horizont (11.-12.9.1991)<br />

SOO r--- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --�<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

Biomasse A-Horizont (17.-18.8.1992)<br />

Abbild ung 2: Mikrobielle Biomasse im A-(Minerai)-Horizont (pg C m ic ·g-1 Boden)<br />

{Mittelwerte ± SD).<br />

Signifikante Differenzen zur Kontrolle (P


Der metabolische Quotient lag zwischen 1, 9 und 4, 8 ·1 o-3. Auffällig waren die<br />

Unterschiede, die zwischen den einzelnen Terminen gefunden wurden, die möglicherweise<br />

saisonale Unterschiede im Ernährungsstatus der Mikroorganismen<br />

reflektierten. Unterschiede zwischen den Varianten waren kaum zu finden außer<br />

einer tendenzmäßigen Erhöhung für die Bactosolvariante zum letzten Probannahmezeitpunkt<br />

(3,6 im 0- und 4,8 im A-Horizont). Eine Erhöhung des metabolischen<br />

Quotienten ist oft die Folge einer Streßwirkung (z.B. Säurestreß). So fanden<br />

Anderson und Domsch (1993) für eine Reihe von Laub- und Nadelwäldern eine<br />

negative Beziehung zwischen pH-Wert und qC02. Auch eine Veränderung des<br />

Substratangebotes kann eine Erhöhung des qC02 bewirken: steht mikrobiell leicht<br />

verwertbares Substrat zur Verfügung, kann eine Populationsverschiebung zu<br />

schnellwachsenden r-Strategen eintreten, die sich durch einen höheren Umsatz<br />

pro Zelleinheit als die K-Strategen, die an niedrige Substratkonzentrationen angepaßt<br />

sind und normalerweise im Boden dominieren, auszeichnen (lnsam u. Haselwandter,<br />

1989).<br />

Es wurde ein gegenüber der Kontrolle (3,0 mg Cmic·g-1 Corg im 0- und 2,2 mg im<br />

A-Horizont) erhöhtes Cmic:C0r 9 -Verhältnis für die Biomag- und Mineraldüngervarianten<br />

(4-6 mg im 0- und 2,6-3,7 mg im A-Horizont) gefunden (Abbildung 3).<br />

Dies deutet auf eine Erhöhung des Anteils an verfügbaren C-Quellen - möglicherweise<br />

durch die Mobilisierung bodeneigener organischer Substanz - hin. Die tendenzielle<br />

Erniedrigung des Cmic: C0r 9 -Verhältnis durch Bactosol (2, 1 bzw. 1, 7 mg<br />

im 0- und A-Horizont) ist schwieriger zu interpretieren, da von einem organischen<br />

Dünger eher eine Verbesserung des Humusstatus erwartet werden kann.<br />

Die Stickstoff-Nettomineralisation im 0-Horizont war sowohl zum zweiten als<br />

auch zum vierten Termin für die Bactosolvariante am höchsten (Abbildung 4). Nur<br />

zum vierten Termin waren auch die übrigen Düngevarianten tendenziell höher als<br />

die Kontrolle, beim zweiten Termin konnten keine diesbezüglichen Wirkungen<br />

festgestellt we rden.<br />

Diese Ergebnisse stehen zum Teil im Gegensatz zu den Beobachtungen bei der<br />

mikrobiellen Biomasse und Basalatmung. Die hohe N-Mineralisationsrate bei Bactosol<br />

wird offensichtlich von einer relativ kleinen Biomasse bewerkstelligt, ohne<br />

daß dabei der respiratorische C02-Ausstoß (Basalatmung) wesentlich erhöht ist.<br />

Begleitet ist die hohe N-Mineralisationsrate auch von einem niedrigen Cmic:C0r 9 -<br />

Verhältnis. Dies deutet darauf hin, daß Bactosol rasch mineralisiert wird, aber keine<br />

Beschleunigung des Abbaues bodeneigener organischer Substanz erfolgt. Bei<br />

Biomag liegen die Verhältnisse umgekehrt, der Stickstoff aus der Nettomineralisation<br />

ist bodenbürtig, d.h. bodeneigene organische Substanz wird auf diesen Flächen<br />

verstärkt mobilisiert. Dies gilt in geringerem Ausmaß auch für die Varianten<br />

Biobact und Vollkorn. Bei diesen Interpretationen ist jedoch anzumerken, daß die<br />

Streuungen sehr groß waren und Unterschiede statistisch kaum gesichert werden<br />

konnten. Im A-Horizont wurde stets eine Hemmung der Nitrifikation durch Biomag<br />

beobachtet. Zum zweiten Termin wurden für Bactosol und zum vierten Termin für<br />

90


5<br />

4 -<br />

::."<br />

0<br />

u<br />

I 3<br />

·""<br />

u<br />

s<br />

u<br />

""<br />

E<br />

0<br />

C/C Verhältnis<br />

0-Horizont (11.-12.9. 1991)<br />

A-Horizont (11.-12.9. 1991)<br />

""<br />

� ö<br />

E ><br />

0<br />

0<br />

i:ö i:ö<br />

91<br />

C/C Verhältnis<br />

0-Horizont (17.- 18.8. 1 992)<br />

12 r--- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --�<br />

10<br />

0<br />

*<br />

A-Horizont (17.-18.8. 1992)<br />

*<br />

*<br />

""<br />

" ö<br />

E ><br />

0 0<br />

i:ö i:ö<br />

Abbildung 3: Cmic:C0r g ·Verhältnis im 0-Horizont in mg C mic ·g· 1 C org (Mittelwerte<br />

±SD).<br />

Signifikante Differenzen zur Kontrolle (P < 0.05) sind durch " gekennzeichnet.<br />

Figure 3: C mic: C 0rg ra tio in the organic (0) horizon (mg C mic ·g· 1 C 0, 0 ) {mean<br />

±SD).<br />

Significant differences to the control (P < 0. 05) are indicated by asterisks.<br />

Vollkorn Nitrifikationsraten gemessen, die ein Mehrfaches über den Kontrollwerten<br />

lagen.<br />

Die Urease- und Arylsulfataseaktivitäten zeigten im 0-Horizont in beiden Untersuchungsjahren,<br />

im A-Horizont nur im zweiten Jahr signifikante Unterschiede zwischen<br />

den Düngevarianten (Abb. 5 und 6). Stand im Jahr 1991 der hemmende


Effekt der mineralischen Düngung im Vordergrund, konnte man im Jahr 1992<br />

:zusätzlich auf den mit Bactoso! gedüngten Flächen eine Erniedrigung der Enzymaktivitäten<br />

feststellen.<br />

I<br />

Nettostickstoffmineralisation<br />

0-Horizont (11.-12.9. 1991)<br />

30 r---<br />

25<br />

"' 20<br />

c<br />

V<br />

"'<br />

0<br />

"'<br />

15<br />

I<br />

""<br />

z<br />

� 10<br />

7<br />

"'<br />

c .<br />

"'<br />

0<br />

"'<br />

5<br />

12<br />

10<br />

8<br />

7<br />

""<br />

z<br />

""<br />

:1. 4<br />

A- Horizont (11.- 12.9.1991)<br />

""<br />

�<br />

E<br />

0<br />

iii<br />

*<br />

-- -- -- --�- -- -- -- -- -- -�<br />

92<br />

N et tostic kstoffmin eralisa tion<br />

0-Horizont ( 17. -18.8. 1992)<br />

25 ,---<br />

20<br />

A-Horizont (17.- 18.8. 1992)<br />

5 ,---<br />

3<br />

2<br />

0<br />

- 1 L_ ________________________ �<br />

Abbildung 4: Stickstoffnettomineralisation (Mittelwert ± SD) (0- und A-Horizont)<br />

zu den Probeterminen 2 und 4.<br />

Signifikante Differenzen zur Kontrolle !P


250<br />

93<br />

0-Horizont<br />

60<br />

bc ab ab a c ab ab ab a ab b a<br />

-:'<br />

..:::<br />

-:'<br />

200<br />

50<br />

� 01)<br />

tt::<br />

9<br />

�<br />

.g<br />

c;:)<br />

150<br />

100<br />

40<br />

30<br />

= ..<br />

z<br />

gf 50<br />

0 0<br />

2 3 4 5 6<br />

Abbildung 5: Ureaseaktivität im 0- und A-Horizont (August 1992), Mittelwerte<br />

und Standardabweichungen (n = 15).<br />

Unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede !Scheffli-Test,<br />

P


Die Xylanase (Abb. 7) reagierte im 0-Horizont auf die Düngung mit Bactosol mit<br />

Aktivitätserhöhung. Die kann einerseits auf direkte Stimulation, andererseits auf<br />

die Mobilisierung bodeneigener organischer Substanz zurückzuführen sein. Die<br />

leichte Hemmung der Xylanase durch Biomag könnte auf der Anhebung des pH­<br />

Wertes beruhen, der möglicherweise eine Populationsverschiebung von Pilzen zu<br />

Bakterien bewirkt. Im A-Horizont konnte man keine signifikanten Unterschiede der<br />

Xylanaseaktivität für die verschiedenen Düngevarianten beobachten. Für die<br />

Phosphatase wurde im 0-Horizont eine signifikante Aktivitätssteigerung auf den<br />

mit Bactosol behandelten Flächen gefunden (Girschick et al., 1993).<br />

,... .<br />

'<br />

.::: :<br />

"';'<br />

1250<br />

� 750<br />

Oll<br />

.,<br />

"'<br />

0<br />

(.)<br />

94<br />

0-Horizont<br />

300<br />

A-Horizont<br />

ab a b ab ab ab a a a a a a<br />

250<br />

200<br />

6<br />

�<br />

500<br />

100<br />

250<br />

50<br />

0 0<br />

2 3 4 5 6 5 6<br />

Abbildung 7: Xylanaseaktivität im 0- und A-Horizont (August 1992), Mittelwerte<br />

und Standardabweichungen (n = 15).<br />

Unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede (Scheffe-Test,<br />

P


95<br />

tura: beide Parameter stiegen bei den Biomag und Biobact-Varianten im :zweiten<br />

Versuchsjahr am deutlichsten an (Kopezski, 1993). Dies spiegelt die enge Verknüpfung<br />

im Nahrungsnetz zwischen Mikroorganismen und der Mikrofauna wieder.<br />

Unterschiede zwischen den einzelnen Behandlungsvarianten waren im ersten Versuchsjahr<br />

nur beim Nährstoffstatus zu erkennen. Die Daten untermauern die<br />

Ergebnisse für boreale und alpine Wälder anderer Arbeitsgruppen, daß Mineraldüngung<br />

die N-Verluste durch Nitrifikation und Auswaschung fördern können<br />

(Martikainen et a!., 1989; Katzeosteiner et al., 1994). Erste Auswirkungen auf die<br />

bodenmikrobiologischen Parameter wurden erst zum Ende des zweiten Versuchs­<br />

Jahres festgestellt. Dies steht im Einklang mit anderen Untersuchungen, zum Beispiel<br />

am Bärenstein. Ähnlich wie dort wurde auch in der vorliegenden Arbeit eine<br />

Reduktion der mikrobiellen Biomasse bei der Bactosoi-Variante gefunden. Da bei<br />

den Versuchen am Bärenstein eine Trendumkehr ab dem dritten Jahr einsetzte, ist<br />

eine solche auch für die Viehbarg-Versuche zu erwarten. Die Vollkorn-Variante<br />

zeigte hingegen keine negativen Auswirkungen auf die Biomasse und nur geringfügige<br />

Auswirkungen auf die anderen mikrobiologischen Parameter. Dies steht in<br />

Gegensatz zu einer Reihe von anderen Untersuchungen, die darauf hinweisen,<br />

daß Mineraldüngung zu einer Depression der mikrobiellen Biomasse und mikrobieller<br />

Aktivitäten führen kann (Söderström et al, 1983; Van Cleve and Moore,<br />

1978). Biomag zeigte deutlichere Wirkungen, was wahrscheinlich mit lokalen pH­<br />

Änderungen zu erklären ist. Tendenzmäßig kann davon ausgegangen werden, daß<br />

sowohl Vollkorn, Biomag und Bactosol zu einer langsamen Humusmobilisierung,<br />

verbunden mit Nährstofffreisetzungen, führen. Bei einer Erhöhung der Bestandesproduktion<br />

durch günstigere Wachstumsbedingungen ist aber hier langfristig<br />

auch eine Trendumkehr möglich.<br />

Für die Bodenmikrobiologie und -enzymatik wurden die Daten jeweils für identische<br />

Proben erhoben. Eine gemeinsame Verarbeitung der Daten für den 0- und A­<br />

Horizont brachte im allgemeinen sehr niedrige Korrelationskoeffizienten. Wurden<br />

die beiden Horizonte getrennt analysiert, konnten enge Beziehungen zwischen<br />

mikrobiellen und enzymatischen Parametern gefunden werden. Für den 0-Horizont<br />

wurden signifikante Zusammenhänge zwischen der Basalatmung einerseits<br />

und Xylanase, Phosphatase und Urease andererseits gefunden. Die Biomasse war<br />

nur mit der Urease signifikant korrelliert, während keine Beziehung zu den anderen<br />

Enzymen gefunden wurde. Im A-Horizont wurden signifikante Beziehungen<br />

zwischen der Biomasse und allen Enzymen gefunden (Tabelle 2).<br />

Eine Walddüngung zielt auf langfristige Effekte ab. Für Langzeitwirkung entwikkelte<br />

Dünger wie Biomag und Bactosol sollten deshalb auch keine übermäßigen<br />

kurzfristigen Effekte gefunden werden. Die kurzfristigen "Störungen", wie sie :zum<br />

Ende des 2. Jahres beobachtbar waren, sind möglicherweise vorübergehender<br />

Natur und könnten langfristigen, positiven Wirkungen Platz machen. Für endgül-


tige Interpretationen der vorliegenden Versuche werden sicher längerfristige<br />

Beobachtungen notwendig sein.<br />

Tabelle 2: Korrelationen zwischen bodenmikrobiologischen und enzymatischen<br />

Parametern (Datensatz: 3. und 4. Probennahme, = 335 Fälle).<br />

Ta ble 2: Correlations between soil-microbiological parameters and variovs<br />

96<br />

enzymes 13'd and 4 th samp!ing da te, = 335 cases).<br />

mikrobielle Basal- metabolischer<br />

Biomasse atmung Quotient<br />

0-HORIZONT:<br />

Arylsulfatase -0,05 0,11 0, 18<br />

Xylanase -0,02 0,30 -0, 10<br />

Phosphatase 0,05 0,46 -0,01<br />

Urease 0,30 0,45 0,04<br />

A-HORIZONT:<br />

Arylsulfatase 0,30 0,21 -0,09<br />

Xylanase 0,36 0,46 -0,00<br />

Phosphatase 0,48 0,53 0,01<br />

Urease 0,57 0,39 -0,21<br />

5 LITERATUR<br />

ANDERSON J.P.E. and K.H. DOMSCH, 1978: A physiologieal method for the quantitative<br />

measurement of mierobial biomass in soils. Soil Bio!, Bioehern . 1 0: 215-221.<br />

ANDERSON J.P.E. and K.H. DOMSCH, 1980: Quantities of plant nutrients in the mierobia! biomass<br />

of se!eeted soils. Soil Sei. 130: 211-21 6.<br />

BECK T., 1983: Die N-Mineralisierung im Laborbrutversueh. Z. Pflanzenernähr. Bodenk. 146: 243-<br />

252.<br />

CARLSON R.M., R.l. CABRERA, J.l. PAUL, J. QUICK and R.Y. EVANS, 1990: Rapid direct determination<br />

of ammonium and nitrate in soil and plant extracts. Comm. Soil Plant Anal. 21: 1519-<br />

1529.<br />

GIRSCHICK 8, S. ZECHMEISTER-BOL TENSTERN u. H. KINZEL, 1993: Einfluß von Waldsanierungsmaßnahmen<br />

auf bodenenzymatische Umsetzungen. FIW-Forschungsberichte 1993/2,<br />

ÖGWEB, Univ. Bodenkultur Wien, 26-36.<br />

GLATZEL G., K. KATZENSTEINER, H. STERBA, K. HASELWANDTER, M. BERRECK, W. FOISSNER<br />

u. E. AESCHT, 1989: Waldsanierungsversuche Schöneben. Zwischenbericht 1990. lnst.<br />

Waldökologie, Univ. Bodenkultur Wien.<br />

HEINEMEYER 0., H. INSAM, E.A. KAISER and G. WALENZIK, 1989: Soil microbial biomass and<br />

respiration measurements: an automated technique based on infrared gas analysis. Plant Soil<br />

116: 191-195.<br />

INSAM H. and K. HASELWANDTER, 1989: Metabolie quotient of the soil microflora in relation to<br />

plant succession. Oecologia 79: 174- 178.


97<br />

INSAM H. u. K. HASELWANDTER, 1993: Die Wirkung von Waldsanierungsmaßnahmen in immissionsbelasteten<br />

Gebieten der Böhmischen Masse auf mikrobielle Umsetzungen und Biomasse.<br />

FIW-Forschungsberichte 1993/2, ÖGWEB, Univ. Bodenkultur Wien, 16-25.<br />

KATZENSTEINER K., 0. ECKMUELLNER, R. JANDL, G. GLATZEL, H. STERBA and R.F. HUETTL,<br />

1994: Revitalization experiments in magnesium deficient Norway spruce stands in Austria.<br />

Plant Seil (in press).<br />

MARTIKAINEN P.J., T. AARNIO, V.M. TAAVITSAINEN, L. PÄIVINEN and K. SALONEN, Hl89:<br />

Mineralization of carbon and nitrogen in soil samples taken from the fertilized pine stands:<br />

Lengterm effects. Plant Seil 114: 99-106.<br />

NOHRSTEDT H.-Ö., K. ARNEBRANT, E. BÄÄTH and B. SÖDERSTRÖM, 1989: Changas in carbon<br />

conterit, respiration rate, A TP content, and micrebial biernass in nitregen-fertilized pine ferest<br />

seils in Sweden. Can. J. Fer. Res. 19: 323-328.<br />

SÖDERSTRÖM B., E. B ÄÄ TH and B. LUNDGREN, 1983: Decrease in seil micrebial activity and<br />

biernasses ewing to nitregen amendment. Can. J. Micrebiel. 29: 1500-1506.<br />

VAN CLEVE K. and T.A. MOORE, 1978: Cumulative effects of nitrogen, phospherus and petassium<br />

fertilizer additiens on soil respiration, pH and organic matter content. Seil Sei. Soc. Am.<br />

J. 42: 121-124.


99<br />

REVITALISIERUNGSDÜNGUNG VON FICHTENBESTÄNDEN:<br />

EINFLUSS AUF BODENTIERE<br />

REVITALIZA TI ON EXPERIMENTS IN NORWA Y SPRUCE STANDS:<br />

EFFECTS ON SOlL FA UNA<br />

Hubart KOPESZKI<br />

Zoologisches Institut, Universität Wien, Althanstr. 14, A - 1090 Wien<br />

SUMMARY<br />

Fertilization experiments in nutrient poor spruce forests in the Bohemian Woods have yielded the<br />

following soil zoological results:<br />

* fertilizer combination and fertilizer dosage are decisive in improving the soil fauna (measured by<br />

increased population density and thereby increased turnover rate and mineralization). Only the<br />

variant "Biomag" Ieads to an immediate increase in abundance of animal groups in all the areas<br />

investegated.<br />

• a negative effect (fertilizer-shock) has been observed immediately after application of almost all<br />

fertilizers used. However, increased abundances appear with the fertilizercombination Biomag<br />

and Bactosol in the second year and remain so for several years afterwards.<br />

• the greatest and most Iasting abundance reduction is detected in the use of Bactosol with NPKmineral<br />

fertilizer and pure nitrogen-fertilizer (Nitrammonkal). Abundance increases or decreases<br />

do not appear simultaneously and to the same extent with all animal groups. Different exponents<br />

of the microfauna react to fertilization with population decreases, while some collembolan<br />

families and mites show an increase in abundance {- > dominance shift).<br />

* a Iasting reduction of animal housing density and enduring changes in the coenose indicate the<br />

negative effects of fertilization (pH-decrease, increased osmotic potential, increased NOJrelease,<br />

e.g. with pure NPK-mineral fertilizer). The collembolan species lsotomiella minor is<br />

especially senitive to nitrogen fertilizer.<br />

KEYWORDS: Soil Mesofauna, Collembola, (N)-fertilization, bioindication.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Die bodenzoologischen Ergebnisse der Düngungsversuche in nährstoffarmen Fichtenbeständen des<br />

Böhmerwaldes lassen sich wie folgt zusammenfassen:<br />

* Entscheidend für eine Verbesserung der Bodenfauna (gemessen an einer erhöhten Populationsdichte<br />

und damit gesteigerten Umsatzleistung und Mineralisation) sind die Düngerkombination<br />

und -menge, wobei nur die Variante Biomag auf allen Untersuchungsflächen zu einer unmittelbaren<br />

Abundanzsteigerung der untersuchten Tiergruppen führt.<br />

• Bei fast allen verwendeten Düngern können unmittelbar nach der Applikationen negative Effekte<br />

festgestellt werden (Dünger-Schock). Allerdings treten bei der Kombination Biomag mit Bactosol<br />

im zweiten Jahr auf allen Untersuchungsflächen Abundanzsteigerungen auf, die über mehrere<br />

Jahre hinweg aufrecht bleiben.<br />

* die stärksten und andauernden Abundanzreduktion bei der Mesofauna werden bei Bactosol mit<br />

Vollkorn, sowie Nitrammonkaldüngung nachgewiesen. Dabei treten Abundanzsteigerungen bzw.<br />

-abnahmen nicht bei allen Tiergruppen gleichzeitig im selben Ausmaß auf; verschiedene Vertreter<br />

der Mikrofauna reagieren auf Düngung mit Populationsminderung, während manche Collembolenfamilien<br />

und Milben eine Abundanzzunahme aufweisen ( - > Dominanzverschiebung).<br />

* Eine anhaltende Reduktion der Wohndichte und bleibende Zönosenänderungen indizieren negative<br />

Auswirkungen von Düngergaben (pH-Absenkungen, Erhöhung des osmotischen Potentiales,<br />

erhöhte N0 3 -Freisetzung - z.B. bei reiner Vollkorndüngung); als besonders N-"düngersensitiv"<br />

erweist sich die Collembolen-Art lsotomiella minor.<br />

STICHWÖ RTER: Boden-Mesofauna, Collembola, (N)-Düngung, Bioindikation.<br />

Forstliche Schriftenreihe, Universität für Bodenkultur Wien, Bd. 7, 1994.<br />

ÖGWEB (Österr. Ges. f. Waldökosystemforschung und experimentelle Baumforschung) ISBN 3-900865-06-X.


1 EINlEITUNG<br />

100<br />

Die Erkrankungen der einheimischen Wälder haben zu einer Reihe von Forschungstätigkeiten<br />

geführt, um die Ursachen des Baumsterbans und -erkrankens<br />

zu erkennen, die Folgen für die Waldökosysteme festzustellen und schließlich um<br />

Gegenmaßnahmen und Therapiemöglichkeiten zu entwickeln. Als eine Möglichkeit<br />

der Sanierung werden Düngungsmaßnahmen angesehen und im Rahmen der FIW<br />

durchgeführt. Die Auswirkungen dieser forstwirtschaftliehen Maßnahmen auf das<br />

Ökosystem werden durch Begfeituntersuchungen der verschiedenen wissenschaftlichen<br />

Disziplinen dokumentiert; unter anderem werden auch die Effekte auf<br />

die Bodentierwelt untersucht.<br />

Die Boden(meso)fauna spielt nämlich eine wichtige Rolle bei der Dekompostierung<br />

der anfallenden organischen Substanzen. Makro- und Mesofauna zerkleinern<br />

Laub, Nadeln und Tierleichen und ermöglichen dadurch die Besiedlung mit Mikrofa<br />

una, Pilzen und Bakterien. Die Tiere katalysieren daher in ökologisch relevantem<br />

Ausmaß die Mineralisation und den Nährstoffkreislauf und helfen mit, Nährsalze<br />

pflanzenverfügbar zu machen (Anderson, 1983; Crossley u. Hoglnad, 1962;<br />

Herlitzius, 1987; Kopeszki, 1991; Seastedt, 1984) - die Kleintiere sind somit<br />

wichtige Regulatoren des Zersetzungsprozesses . Freilandversuche belegen, daß<br />

durch den Ausschluß der Bodenmakrofauna 11-13% und beim Fehlen der Mesofauna<br />

33-39% Abbaurückgang zu verzeichnen sind. Das entspricht einer zeitlichen<br />

Dekompositions-Verzögerung von rund 18 Monaten (Beck, 1989) oder<br />

anders aus gedrückt: >50% der Dekomposition und 20-40% der Gesamtmineralisation<br />

leistet allein die Bodenmesofauna.<br />

Jüngere Untersuchungen belegen zudem, daß diesen Tieren eine wichtige Rolle<br />

als Bioindikatoren bei Schadstoffbelastungen zukommt (Aescht u. Foissner, 1991;<br />

Dunger, 1982; Funke, 1986; 1987; Ghilarov, 1978; 1980; Kopeszki, 1991;<br />

1992).<br />

Dabei bedeutet Bioindikation, daß pflanzliche und tierische Lebewesen durch ihre<br />

unterschiedliche Bedürfnisse biotische und abiotische Umweltfaktoren anzeigen<br />

(Schubert, 1991). Hinreichend bekannt sind Beispiele aus der Pflanzenwelt, wo<br />

Stickstoffzeigerpflanzen und Flechten als Ind ikatoren für Luftverunreinigungen<br />

herangezogen werden.<br />

Bei der Bodenfauna kann aus der Wohndichte, Populationsstruktur und Verteilung<br />

im Boden weitgehend auf die natürliche "Bodenfruchtbarkeit", vor allem aber auf<br />

die Bodenbelastung mit Schadstoffen geschlossen werden. Aus der Literatur ist<br />

bekannt, daß die Mesofauna bei Düngung durch Verbesserung der Nahrungsqualität<br />

und -quantität positiv beeinflußt werden kann, ihre Abundanz gesteigert und<br />

dadurch der Nährstoffkreislauf und Energiefluß angekurbelt wird (Zit. in Kopeszki,<br />

1993). Solche positiven Effekte auf die Boden(meso)fauna wären also für die<br />

genannten Waldsanierungsmaßnahmen von entscheidender Bedeutung, um durch


101<br />

Beschleunigung der Dekomposition und Mineralisation und damit verbesserter<br />

Nährsalzbereitstellung die Baumernährung positiv zu beeinflussen.<br />

Ebenso bekannt ist aber auch, daß durch zu hohe Düngergaben negative Effekte<br />

für die Boden(meso)fauna auftreten. Dies führt zu einer Verzögerung der<br />

Abbauraten und verringert die Stabilität des Bodensystems. Solche negativen<br />

Begleitetfakte treten erst in jüngerer Zeit durch die ungewollte Stickstoffimission<br />

in vielen europäischen Waldökosystemen auf (Zit. in Kopeszki, 1993).<br />

Unterschiedliche Tiergruppen - bzw. in wenigen gut dokumentieren Fällen auch<br />

Arten - können für die lndizierung spezifischer, meist aber nur für eine Indikation<br />

synergistischer und komplexer Umwelt{streß)situationen herangezogen werden.<br />

Ziel dieser Studie war daher eine "Bewertung" der im Rahmen der FIW durchgeführten<br />

Düngungsversuche. Dazu wurden als Indikatororganismen Vertreter von<br />

Mikro- (Wimpertiere, Schalenamöben, Rädertiere, Fadenwürmer), Meso- (Milben,<br />

Springschwänze, Fliegenlarven, Beintaster) und Makrofauna (Fiiegenlarven, Hundert-<br />

und Tausendfüßer) mit herangezogen, um aus deren Reaktionscharakteristiken<br />

dje ökologisch und produktionsbiologisch relevanten Auswirkungen der Applikationen<br />

beurteilen und eventuelle Risiken abschätzen zu können.<br />

2 STANDORT UND METHODIK<br />

Die untersuchten Fichtenstandorte liegen alle im Österreichischen Teil des Böhmerwaldes.<br />

Es handelt sich dabei um die (Dauer-)Versuchsflächen der FIW, Bärenstein<br />

(S2) und Trautwald in Schöneben sowie die zwei Standorte in Viehberg<br />

(Viehberg I und Viehberg II). Genauere standortkundliehe Beschreibungen geben<br />

Katzensteiner et al. (1993 a; 1993b).<br />

Da die zoologischen Befunde im Rahmen verschiedener, meist übergeordneter<br />

Projekte erhoben wurden und "bloß" Reaktionscharakteristika der Mesofauna<br />

ermittelt werden sollten, war die Anzahl der Probenwerbungen pro Standort je<br />

nach Fragestellung unterschiedlich groß. Von allen Untersuchungsflächen wurden<br />

Bohrkerne entnommen und die Mesofauna getrennt in zwei Tiefenstufen {0-5 cm<br />

und 5-1 0 cm) in einem Barleseapparat extrahiert, in 70% Alkohol konserviert und<br />

nach Großgruppen, die Collembolen abe� auf Familienniveau aussortiert; stichprobenartig<br />

wurden die Collembolen auch auf Artniveau determiniert. Danach wurden<br />

Abundanzzahlen, Dominanzstrukturen und Diversität errechnet.<br />

Als Düngervarianten wurden verwendet: Biomag, Biomag mit Bactosol, Bactosol,<br />

Vollkorn, Vollkorn mit Biomag und reine Nitrammonkaldüngung (genaue Mengenund<br />

Zusammensetzungsangaben in Kopeszki, 1993).


3 ERGEBNISSE - VIEHBERG<br />

3.1 Abundanz<br />

102<br />

Die untersuchten Standorte wiesen durch Waldweide, Streunutzung und Raubbau<br />

an der Buche extrem nährstoffarme Böden auf. Da die Populationsdichte und<br />

-Struktur der Bodenmesofauna unter anderem von Bodenstruktur und Nahrungsangebot<br />

abhängen, bleibt die Wohndichte (mit rund 37.000 lnd./m2) in den Viehbergstandorten<br />

weit unter den Werten, die in der Literatur für Nadelwaldstandorte<br />

dieser Ausprägung genannt werden (Hägvar, 1982; Peterson u. Luxton, 1982).<br />

3.2 Dominanzstruktur<br />

Die Dominanzstruktur der Großgruppen ist auf allen Versuchsparzellen mehr oder<br />

weniger gleich: es dominieren Acari vor Collembolen (Abb. 1 ). Diese beiden Gruppen<br />

stellen den Hauptteil der Bodenmesofauna dar; es folgen Insekten-Larven und<br />

Proturen. Diese Zusammensetzung ist zwar typisch für Waldböden, allerdings<br />

indiziert das weit überdurchschnittliche Dominieren der Milben ( > 80%) die starke<br />

Versauerung der Rohhumusböden. Hier haben die robusteren Milben einen Vorteil<br />

gegenüber den weichhäutigen und meist acidophoben Collembolen, die ja eher in<br />

schwach sauren bis basischen Mull- und Humusböden begünstigt sind. Bemerkenswert<br />

ist der geringe Anteil der Proturen; diese mykorrhizasaugende Urinsekten<br />

indizieren nämlich den Vitalitäts-Zustand der Pilzsymbiose, welche demnach<br />

nicht sehr vital ausgeprägt erscheint.<br />

3.3 Auswirkungen der Düngungsmaßnahmen in Viehberg<br />

Während im ersten Untersuchungsjahr die meisten Düngevarianten, mit Ausnahme<br />

von Biomag, zu einer mehr oder weniger deutlichen Reduktion der Bodenmesofauna<br />

geführt hat, verringern sich die Unterschiede zur Nullfläche in der zweiten<br />

Vegetationsperiode deutlich oder werden gar aufgehoben (Abb. 1 u. Abb. 2). Die<br />

unmittelbare Abundanzreduktion trifft alle Gruppen, wobei die Milben besonders<br />

stark dezimiert werden; bei der Vollkornvariante wird ihre Abundanz praktisch halbiert.<br />

Die stärksten Abundanzeinbußen verursachen die Varianten Bactosol, Biomag<br />

mit Bactosol und Vollkorn. Weniger deutlich fällt die Reduktion bei Biomag<br />

mit Vollkorn aus. Hier wird der negative Effekt von Vollkorn durch die pH-stabilisierende<br />

Wirkung von Biomag offensichtlich hintangehalten.<br />

Die leichte Abundanzzunahme bei Biomag · gleich im ersten Untersuchungsjahr<br />

geht vor allem auf die Collembolen zurück. Dieser Trend bleibt auch im zweiten<br />

Jahr aufrecht, wobei sich vor allem Milben und Proturen weiter steigern.


50<br />

:§ 40<br />

.";<br />

,.5<br />

"'<br />

t::<br />

"'<br />

..::; "g 30<br />

0 0)<br />

"' "'<br />

0) §<br />

� f-<<br />

N 20<br />

a<br />

"0<br />

§<br />

� 10<br />

0<br />

KO<br />

AC<br />

103<br />

ABUNDANZ - DOMINANZ 1991<br />

B<br />

MY<br />

1<br />

BC BB VK<br />

Düngervarianten<br />

PR �CO 1111 DiL RE<br />

Abbildung 1: Abundanzwerte in Viehberg 1991 (Mittelwerte aus drei Probenserien).<br />

Figure 1: Abundance in Viehberg 199 1 (average of three samples).<br />

AC= Acari, MY = Myriapoda, PR = Protura, Co = Collembola,<br />

DiL = Diptera-Larven/Diptera-larvae, RE= Rest/rest<br />

:§<br />

.";<br />

,.5<br />

"'<br />

§<br />

..::;<br />

0<br />

"'<br />

0)<br />

�<br />

N<br />

a<br />

"0<br />

§<br />

�<br />

30<br />

25<br />

20<br />

"0<br />

t::<br />

0)<br />

"'<br />

§ 15<br />

f-<<br />

10<br />

5<br />

0<br />

KO<br />

AC<br />

ABUNDANZ - DOMINANZ 1992<br />

B<br />

MY<br />

BC BB<br />

Düngervarianten<br />

PR �CO DiL<br />

Abbildung 2: Abundanzwerte in Viehberg 1992 (Mittelwerte aus drei Probenserien).<br />

Figure 2: Abundance in Viehberg 1992 (average ot three samples).<br />

VK<br />

RE<br />

VB<br />

VB


104<br />

Ähnlich positiv wirkt sich im zweiten Untersuchungsjahr die Düngekombination<br />

"Biomag mit Bactosol" auf die Bodenfauna aus (Abb. 2). Diese Steigerung geht zu<br />

einem erheblichen Teil auf die Abundanzzunahme bei den Collembolen zurück,<br />

gefolgt von der Abundanzsteigerung der Milben, aber auch wiederum auf die<br />

erhöhte Anzahl der Proturen. Diese kommen allerdings nur in einzelnen Proben,<br />

dort aber in hoher Anzahl vor.<br />

Bemerkenswert ist dieser positive Effekt bei der Düngekombination vor allem deshalb,<br />

weil im ersten Untersuchungsjahr sogar eine negative Entwicklung festgestellt<br />

werden konnte. Kurzfristige Abundanzminderungen durch Düngegaben sind<br />

allerdings gut bekannt und beruhen meist auf geringfügigen Schwankungen des<br />

pH-Wertes oder des osmotischen Potentiales {Salzeffekt) (Axelson, Lohm et al.,<br />

1973; Bääth, Lohm et al., 1978; Behan, 1978; Trojanowski and Baluk, 1989). Die<br />

Abundanzsteigerung der Milben und Collembolen im zweiten und meist auch dritten<br />

Jahr nach einer einmaligen Düngung werden mehrfach in der Literatur genannt,<br />

so daß die jetzigen Ergebnisse sehr gut in dieses Bild passen (Huhta et al.,<br />

1967; 1969; Lohm et al., 1977; Sohlenius and Bostöm, 1986). Keine Hinweise<br />

gibt es allerd ings auf eine deutliche Zunahme der mykorrhizasaugenden Proturen<br />

nach einer Düngung. Hier wäre festzustellen, ob sich die Situation der Pilzsymbiose<br />

durch die Düngung so weit verbessert hat, daß auch die Beintaster ein besseres<br />

Nahrungsangebot vorfinden.<br />

Innerhalb von zwei Beobachtungsjahren hat somit lediglich die Variante Biomag zu<br />

einer Abundanzsteigerung bei der Mesofauna geführt (Abb. 3).<br />

:g<br />

-d<br />

..5<br />

"'<br />

:::<br />

" ""<br />

� :::<br />

40<br />

30<br />

0


4 ERGEBNISSE - SCHÖNEBEN<br />

4.1 Abundanz und Dominanz<br />

105<br />

Die Besiedelungsdichte (rund 50.000 lnd./m2) ist hier deutlich höher als in Viehberg<br />

und kann, generell gesehen, als schwach unterd urchschnittlich betrachtet<br />

werden (Peterson and Luxton, 1982). Milben und Collembolen nehmen je<br />

ca. 40% der Gesamtzönose ein. Die älteren Bestände (Bärenstein, Trautwald)<br />

haben leicht höhere Besiedelungsdichten als der jüngere Bestand (Pflegerwiese).<br />

Die geht vor allem auf die Collembolendichte zurück und wird vermutlich durch<br />

den besseren Licht-Wärme-Genuß im aufgelockerten Altbestand verursacht.<br />

4.2 Auswirkungen der Düngungsmaßnahmen in Schöneben<br />

Wie in Viehberg treten auch in Schöneben im ersten Untersuchungsjahr Abundanzreduktionen<br />

bei der Mesofauna auf. Lediglich einige der untersuchten Gruppen<br />

aus dem Bereich der Mikrofauna weisen in Schöneben gleich im ersten Jahr<br />

der Düngung eine deutliche Abundanzsteigerung auf (Kopeszki, Foissner u.<br />

Aescht, 1993). Es handelt sich dabei um Fadenwürmer und Rädertiere. Hingegen<br />

verhalten sich Schalenamöben und Wimpertiere analog den Collembolen und Milben<br />

und vermindern die Populationsgröße (siehe FIW-Zwischenbericht, 1988).<br />

Lediglich im jungen Bestand (Pflegerwiese) verursacht die Düngerkombination<br />

Biomag-Bactosol auch bei den Collembolen im ersten Jahr eine geringfügige<br />

Abundanzzunahme. Eine solche Abundanzsteigerung kann bei den Altbeständen<br />

erst im zweiten bzw. dritten Folgejahr festgestellt werden.<br />

Reine Stickstoffdüngung (Nitrammonkai-Düngung im Trautwald) in zu hohen<br />

Dosen und mehrfachen Applikationen vermindert die Abundanz der Mesofauna<br />

überdurchschnittlich stark (Abb. 4) . Die Mesofauna erholt sich zwar schon im<br />

zweiten Untersuchungsjahr wieder, bleibt aber in den Folgejahren immer hinter<br />

der Kontrollfläche. Dies weist auf eine langanhaltende Beeinträchtigung der<br />

Boden(meso)fauna hin. Erst nach vier Jahren weisen Kontroll- und Düngeflächen<br />

annähernd dieselben Abundanzwerte bei der Mesofauna, insbesonders bei den<br />

Collembolen, auf (Abb. 5).<br />

Die sensitivste Gruppe bei reiner N-Düngung sind die Collembolen, vor allem lsoto<br />

miden und Onychiurinen. Abundanz, Artenzahl und Diversität verringern sich;<br />

die eudominate lsotomiella minor bleibt zwar an der Dominanzspitze, ihre Wohndichte<br />

wird aber fast halbiert (Abb. 6).


--.<br />

60<br />

� 50<br />

�<br />

ö "c:i 40<br />

N 5<br />

� � 30<br />

0 [-<<br />

s 20<br />

� 10<br />

0<br />

K0/89 N/89<br />

Acari<br />

Collembola<br />

106<br />

MESOFAUNA Abundanz<br />

bei Nitrammonkal-Düngung<br />

K0/90 N/90<br />

Myriapoda<br />

Diptera-Larven<br />

Protura<br />

Rest<br />

K0/9 1 N/9 1<br />

Abbildung 4: N-Düngungsversuch im Trautwald (Schöneben) 1989-1992.<br />

Figure 4: Nitrammonkal-fertilizer (Trautwald-Schöneben) 1989- 1992.<br />

3000<br />

N<br />

_§ 2500<br />

�<br />

,... .. 2000<br />

N<br />

� 1500<br />

0<br />

s 1000<br />

o::l<br />

� 500<br />

0<br />

Hy Ne<br />

ABUNDANZVERGLEICH<br />

nach vier Jahren (Juli 1992)<br />

Tu On Is En To<br />

Collembolen-Familien<br />

Kontrolle N-gedüngt<br />

Sy NI<br />

Abbildung 5: Collembolenfauna im Trautwald (vier Jahre nach N-Düngung).<br />

Figure 5: Col/embola fa una - Tra utwald (fo ur years after N- fertilization).


107<br />

ABUNDANZVERGLEICH Goilernbola<br />

N.mus. M.juv. T.sta. I.min. I.not. T.vul. M.min.<br />

F.mir. P.arm. F.qua. P.sen. T.min. T.fla.<br />

Collembolen-Arten<br />

N-gedüngt Kontrollfläche<br />

Abbildung 6: Collembolenfauna im Trautwald (21 .1 0. 1 989).<br />

Figure 6: Co/lembola abundance (Trautwald 21. 10. 1989).<br />

N.mus. =Neanura muscorum<br />

P.arm. =Protaphorura armata<br />

P.sen. =Pseudisotoma sensibilis<br />

T.vul. = Tomocerus vulgaris<br />

LITERATUR<br />

F.mir. = Friesea mirabilis<br />

T.sta. = Tetracanthe/la stachi<br />

l.not. =lsotoma notabilis<br />

T.fla. = Tomocerus fla vescens<br />

M.juv. =Mesaphorura juv.<br />

l.min. =lsotomiella minor<br />

T.min. = Tomocerus minot<br />

M.min. =Megalothorax<br />

minimus<br />

AESCHT E. u. W. FOISSNER. 1991: Bioindikation mit mikroskopisch kleinen Bodentieren. VDI­<br />

Berichte 901 : 985-1 002.<br />

ANDERSON J.M., P. INESON and S.A. HUISH, 1983: Nitrogen and cation mobilization by soil<br />

fauna feeding on leaf litter and soil organic matter from decidous woodland. Soil. Bio!.<br />

Biochem. 15 (4): 463-495.<br />

AXELSON B. and U. LOHM, 1973: Effects of nitrogen fertilization on the abundance of soil fauna<br />

populations in a Scots pine stand. Research Notes, Department of Forest Ecology and Forest<br />

Soils, Royal College of Forestry 14, Stockholm, 18.<br />

BECK L. , 1989: Lebensraum Buchenwaldboden. 1. Bodenfauna und Streuabbau - eine Übersicht.<br />

Verh. Ges. Ökol. 17 (Göttingen 1987): 47-54.<br />

BÄÄTH E., U. LOHM, B. LUNDGREN, T. ROSSWALL, B. SÖDERSTRÖ M, B. SOHLENJUS and A.<br />

WIREN, 1978: The effects of nitrogen and carbon supply on the development of soil<br />

organisms populations and pine seedlings: a microcosm experiment. Oikos 31: 153-1 63.<br />

BEHAN H.K., 1978: Effects of nitrogen fertilizers, as urea on Acarina and other arthropods in Ouebec<br />

black spruce humus. Pedobiologia 1 8: 249-263.<br />

BRUCKER G., 1988: Lebensraum Boden. Frankh, Stuttgart, 100.<br />

CROSSLEY D.A. and M.P. HOGLAND, 1962: A litter-bag method for the study of microarthropods<br />

inhabiting leaf litter. Ecology 43: 571 -573.<br />

DUNGER W., 1982: Tiere des Bodens als Leitformen für anthropogene Umweltveränderungen.<br />

Dechenia Beihefte (Bonn) 26: 151-157.


108<br />

FUNKE W., 1986: Tiergesellschaften im Ökosystem "Fichtenforst" (Protozoa, Metazoa-lnvertebrata}<br />

- Indikatoren von Veränderungen im Waldökosystem. KfK-PEF 9.<br />

FUNKE W., 1987: Wirbellose Tiere als Bioindikatoren in Wäldern. VDI-Berichte 609: 133-1 76.<br />

GHILARDV M.S., 1978: Bodenwirbellose als Indikatoren des Bodenhaushaltes und von bodenbiologischen<br />

Prozessen. Pedobiologia 18: 300-309.<br />

GHILARDV M.S., 1980: Bodenwirbellose als Bioindikatoren des Bodenhaushaltes und seine Änderungen<br />

unter anthropogenen Einflüssen. Z. Bioindikation 4: 3-9.<br />

HÄGVAR S., 1982: Collembola in Norwegian coniferous forest soils. I. Relations to plant communities<br />

and soil fertility. Pedobiologia 24: 255-258.<br />

HÄGVAR S., 1992: Are there criteria for stressed communities of Collembola and microarthropods.<br />

VIII International Coll. on Apterygote, Helsinki, Finl., 17 • 19.8.1992.<br />

HERLITZIUS H., 1987: Decomposition in five woodland soils: relationships with some invertebrate<br />

populations and with weather. Biol. Fertil. Soils 3: 85-89.<br />

HUHTA V., E. KARPINEN, M. NURMINEN and A. VALPAS, 1967: Effects of silviculture practices<br />

upon arthropod, annelid and nematode populations in coniferous forest soii._Ann. Zool. Fenn.<br />

4: 87-143.<br />

HUHTA V., M. NURMINEN and A. VALPAS, 1969: Further notes on the effect of silvicultureal<br />

practices upon the fauna of coniferous forest soil. Ann. Zool. Fen. 6: 327-334.<br />

HUHTA V., J. HAIMI and H. SETÄLÄ, 1991: Role of the soil fauna in soil processes: techniques<br />

using simulated forest floor. Agriculture, Ecosystems and Environment 34: 223-229.<br />

KATZENSTE!NER K., G. GLATZEL, M. KAZDA u. H. STERBA, 1992 (a): Effects of air pollutants on<br />

mineral nutrition of norway spruce and revitalization of declining stands in Austria. Water, Air<br />

and Soi! Poil. 61 : 309-322.<br />

KATZENSTEINER K., G. GLATZEL u. M. KAZDA, 1992 (b): Nitrogen-induced nutritional imbalances<br />

- a factor to Norway spruce decline in the Bohemia Forest (Austria). For. Ecol. Manage. 51:<br />

29-42.<br />

KOPESZKI H., 1991: Abundanz und Abbauleistung der Mesofauna (Collembola) als Kriterien für die<br />

Bodenzustandsdiagnose im Wiener Buchenwald. Zool. Anz. 227 (3/4): 136-1 59.<br />

KOPESZKI H., 1992: Versuch einer aktiven Bioindikation mit den bodenlebenden Collembolen­<br />

Arten Folsomia candida (Willem) und Heteromurus nitidus (Templetonl in einem Buchenwald­<br />

Ökosystem. Zoo!. Anz. 228 (1/2): 82-90.<br />

KOPESZKI H., 1993 : Auswirkungen von Düngergaben auf die Mesofauna, insbesondere Collembolenfauna,<br />

verschiedener Waldstandorte im Böhmerwald. Zool. Anz. 230 (im Druck).<br />

KOPESZKI H., W. FOISSNER u. E. AESCHT, 1993: Bodentiere als Weiser für den Waldbodenzustand<br />

und ihre Beeinflussung durch Düngungsmaßnahmen. FIW-Forschungsber. 1993/2,<br />

ÖGWEB, Univ. Bodenkultur Wien, 37-48.<br />

LOHM U., H. LUNDKV!ST, T. PERSSON and A. WIREN, 1977: Effects of nitrogen fertilization on<br />

the abundance of enchytraeids and microarthropods in Scots pine forests. Studia Forestalia<br />

Suecia 140: 17-23.<br />

PERSSON T., 1983: lnfluence of soi! animals on nitrogen mineralization in a northern Scots pine<br />

forest. ln: LEBRUND P. and G. WA UTHY (eds.), New trends in Soil Biology, 117-1 26.<br />

PERSSON T., 1989: Role of soil animals in C and N mineralization. Plant and soil 115: 241 -245.<br />

PETERSON H. and M. LUXTON, 1982: A comperative analysis of soil fauna population and their<br />

role in decomposition processes. Oikos 39 (3): 286-387.<br />

SCHUBERT R., 1991 : Bioindikation in terrestrischen Ökosystemen. 2. Aufl., Gustav Fischer, Jena.<br />

SEASTEDT T.R., 1984: The role of microarthropods in decomposition and mineralization processes.<br />

Ann. Rev. Entomol. 29: 25-46.<br />

SETÄLÄ H., J. HAIMI and V. HUHTA, 1988: A microcosm study on the respiration and weight<br />

loss in birch litter and raw humus as influenced by soil fauna. Bio!. Fertil. Soils 5: 282-287.<br />

SOHLENJUS 8. and S. BOSTRÖM, 1986: Short term dynamics of nematode communities in arable<br />

soil - lnfluence of nitrogen fertilization in barley crops. Pedobiologia 29: 183-1 91.<br />

TROJANOWSKI H. and A. BALUK, 1989: Einfluß der Stickstoffdüngung auf die kleinen wirbellosen<br />

Bodentiere - Acarina und Collembola. 5. lnt. Conf. Bioindicatores, 122-125.<br />

VERHOEF and R.G.M. GOEDE, 1985: Effects of collembolan grazing on nitrogen dynamics in a<br />

coniferous forest. ln: FITTER A.H., Blackwell Scientific publications, 367-376.


109<br />

VERJÜNGUNGSÖKOlOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IN<br />

FICHTENWAlDÖKOSYSTEMEN DES BÖHMERWAlDES<br />

ECOLOGICA L REGENERA TION STUDIES<br />

IN SPRUCE STANDS IN THE BOHEMIA N <strong>FOR</strong>EST<br />

Harc1!d MEIER<br />

Institut für Waldökologie, Universität für Bodenkultur Wien,<br />

Peter Jordan-Straße 82, A - 1190 Wien<br />

SUMMARY<br />

The aim of this study was to investigate the effects of different upper soil conditions and the competing<br />

vegetation on germination, establishment and the growth of young plants of common<br />

spruce (Picea abies). Therefore a test plot was made in the northern Mühlviertel (Böhmerwald,<br />

Upper AustriaL The upper soil conditions were changed by site preparation, herbicide treatment,<br />

fertilization with an organic fertilizer ("Bactosol") and a dolemit fertilizer. These treatments were<br />

applied individually and in all combinations with each other. The natural seeding of common spruce<br />

was simulated by means of controlled sowing on plots. These plots had a size of 2,5 x 2,5 m. The<br />

natural seeding took place in sections of 0,8x0, 8 m with a seed density of 250 seeds per section,<br />

which equals 390 seeds per m•. The experiment, ten times repeated, was being maintained for<br />

three years.<br />

Germination survival and growth conditions of young common spruce plants were substantially<br />

improved by means of site preparation. This can primarily be attributed to the reduction of the<br />

competing vegetation, the elimination of unfavourable humus layers and the intermixing of the<br />

humus with mineral soil.<br />

During the first growing season the survival percentage of the spruce seedlings could be increased<br />

by using herbicide. At the end of the secend year this effect still did not differ significantly.<br />

The germination success and the development of the spruce seedlings were less affected by fertilization.<br />

The application of the dolemit fertilizer showed no significant effects, the organic fertilizer<br />

had negative effects on the number of seedlings.<br />

The results were seriously influenced by factors outside the treatment conditions, such as grazing<br />

damages by birds and Otiorrhynchus niger. This complicated the interpretation of the results.<br />

There was no clear dependence of germination and survival percentages on chemical conditions in<br />

the upper soil at the various test plots. Competing vegetation and grazing damages by animals<br />

were of considerable significance for the development of the spruce seedlings.<br />

Based on these results it can be concluded that the natural regeneration of these forest stands is<br />

considerably impeded. This is a result of unfavourable conditions of the upper soil, as weil as the<br />

influence of the competing vegetation and grazing damages by animals. Nevertheless site preparation<br />

can be an important measure in these forest stands to encourage natural regeneration of<br />

common spruce.<br />

KEYWORDS: Spruce, Picea abies, natural regeneration, herbicid, fertilizer, site preparation.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Das Ziel der vorliegenden Studie bestand darin, die Auswirkungen der Bodenvegetation und verschiedener<br />

Oberbodenzustände auf Keimung und Entwicklung der Fichte (Picea abies) zu untersuchen.<br />

Hierfür wurden im nordwestlichen Mühlviertel (Böhmerwald) zehn Versuchsflächen angelegt,<br />

wobei das Keimbett durch Bodenbearbeitung, Herbizideinsatz und Düngung durch "Bactosol" und<br />

halbgebranntem Dolomit vorbereitet wurde. Die Flächen wurden in jeweils 16 Teilflächen (Größe:<br />

2,5 x 2,5 m) unterteilt, auf denen die Behandlungsvarianten einzeln und in Kombination zur<br />

Anwendung kamen. Auf jeder Teilfläche wurde in einer Kernzone (0,8 x 0,8 m) der natürliche<br />

Forstliche Schriftenreihe, Universität für Bodenkultur Wien, Bd. 7, 1994.<br />

OGWEB {Osterr. Ges. f. Waldökosystemforschung und experimentelle Baumforschung I ISBN 3-900865-06-X.


110<br />

Samenfall durch kontrollierte Aussaat von autochthonem Fichtensaatgut simuliert<br />

(Ansamungsdichte: 390 Samen/m2).<br />

Die Versuche führten zu folgenden Ergebnissen:<br />

* Durch die Bodenbearbeitung lassen sich die Verhältnisse hinsichtlich Keimung und Entwicklung<br />

der Fichte erheblich verbessern. Dies dürfte primär auf die Beseitigung ungünstiger Humusauflagen,<br />

der Schaffung ausgeglichener Feuchteverhältnisse und auf eine Reduktion der Konkurrenz<br />

der Bodenvegetation zurückzuführen sein.<br />

• Durch den Herbizideinsatz lassen sich die Überlebensraten der Fichtenkeimlinge während der<br />

ersten Vegetationsperiode erhöhen. Die auf allen Varianten zu beobachtenden hohen Ausfallsraten<br />

bis zum Ende der zweiten Vegetationsperiode führten dazu, daß die Herbizidanwendung<br />

zu diesem Zeitpunkt keine signifikanten Unterschiede gegenüber der Kontrollvariante zeigt.<br />

" Die Düngevarianten zeigten unterschiedliche Effekte. Die Behandlung mit halbgebranntem Dolomit<br />

bewirkte keine beobachtbaren Unterschiede zur Kontrollvariante; die Düngung mit<br />

"Bactosol" wirkte sich sowohl auf die Keimung als auch auf die folgende Entwicklung der Sämlinge<br />

negativ aus. Eine schlüssige Erklärung dieser Beobachtung fehlt noch.<br />

" Als wichtigste Schadursachen traten neben den großen Saatgutverlusten durch Vogelfraß<br />

Keimlingspilze und der Larvenfraß des Mittleren Schwarzen Rüsselkäfers (Otiorrhynchus niger)<br />

auf. Auf jenen Varianten, auf denen keine Bekämpfung der Bodenvegetation stattfand, behinderte<br />

die Konkurrenz der Bodenvegetation die Entwicklung der Keimlinge erheblich und dürfte<br />

für einen großen Teil der Verluste verantwortlich sein.<br />

• Grundsätzlich hatten verschiedene, von den Behandlungsvarianten unabhängige Faktoren wie<br />

Fraßschäden durch Vögel großen Einfluß auf das Versuchsergebnis. Die eigentlichen Auswirkungen<br />

der Maßnahmen auf die natürliche Verjüngung wurden zum Teil von diesen Faktoren<br />

gestört bzw. überlagert. Die Interpretation der Auswirkung der Bodenvorbereitunsmaßnahmen<br />

wird dadurch erheblich erschwert.<br />

" Die geringen Überlebensraten bzw. die hohen Ausfälle auf allen Behandlungsvarianten legen den<br />

Schluß nahe, daß eine natürliche Verjüngung der Fichte auf diesen Standorten nur innerhalb<br />

längerer Zeiträume möglich ist, wobei eine Bekämpfung der Bodenvegetation und eine Verbesserung<br />

der Keim- und Entwicklungsbedingungen unerläßlich scheint.<br />

STICHWÖRTER: Fichte, Picea abies, Naturverjüngung, Herbizide, Düngung, Bodenbearbeitung.<br />

1 EINLEITUNG UND FRAGESTELLUNG<br />

Im Sinne der Ausarbeitung von Waldsanierungskonzepten für die belasteten<br />

Gebiete des Böhmerwaldes stellt die Frage der Verjüngung einen Teilbereich dar,<br />

zu deren Unters uchung diese Arbeit einen Beitrag leisten will. Das Fehlen der Verjüngung<br />

ist für die im Bereich des Plöckensteins am Hufberg stockenden, überalterten<br />

Fichtenbestände ein zentrales Problem. Gegenstand der vorliegenden<br />

Untersuchung war es, anhand simulierter Naturverjüngung die Möglichkeiten der<br />

natürlichen Verjüngung und die auf Keimung und Entwicklung der Jungpflanzen<br />

wirkenden Faktoren auf diesen Standorten zu beschreiben.<br />

Die Ausplünderung der Bestände durch Biomasseentzug durch die Landwirtschaft<br />

(Waldweide, Streunutzung) führten auf dem armen Ausgangssubstrat zu ungünstigen<br />

chemischen Bodenverhältnissen und mächtigen, inaktiven Rohhumusauflagen.<br />

Die Nährstoffungleichgewichte und die üppige Vergrasung der Standorte<br />

schienen von zentraler Bedeutung für das Fehlen der natürlichen Verjüngung zu<br />

sein. Aus diesen Ü berlegungen heraus wurde der Versuchsansatz hergeleitet.<br />

Für das Ankommen einer Verjüngung spielen grundsätzlich eine Vielzahl verschiedener<br />

Faktoren zusammen; nicht einzelne von ihnen sind von Bedeutung,


111<br />

ausschlaggebend ist/ daß alle den Standort beeinflussenden Komponenten eine<br />

Wirkung auf den Sämling ausüben (Mosert 1962). Neben den ökologischen Rahmenbedingungen<br />

für das Gedeihen der Jungpflanzen, die durch Bodenart, Bodenzustand<br />

und Bodenvegetation charakterisiert werden, spielen sekundäre Faktoren,<br />

die mit den oben genannten in Wechselwirkung stehen, oftmals eine bedeutende<br />

Rolle. Hier sind insbesondere biotische Schadorganismen wie Insekten, Pilze,<br />

Vögel oder Mäuse zu nennen.<br />

Die Zielsetzung bestand nun darin, durch Veränderung des chemischen und physikalischen<br />

Oberbodenzustandes und Beeinflussung der Abundanz der Bocjenvegetation<br />

Keimung und Entwicklung der Pflanzen zu fördern bzw. die Auswirkungen<br />

verschiedener Maßnahmen (Bodenverwundung, Düngung und Herbizideinsatz) auf<br />

die zahlenmäßige Entwicklung der natürlichen Verjüngung zu beschreiben. Aus<br />

den Ergebnissen sollten praxisbezogene Maßnahmen abgeleitet werden, auf deren<br />

Grundlage man in vergleichbaren Beständen die Effizienz von Naturverjüngungsverfahren<br />

verbessern kann.<br />

2 UNTERSUCHUNGSGEBIET<br />

2.1 Lage<br />

48046' N 13051' S<br />

2.2 Standort<br />

Nach Katzensteiner ( 1 992) fallen die Versuchsflächen in die topographische Einheit<br />

"KUPPE SCHWARZENBERG" auf ca. 1200-1 300 m Seehöhe, wobei sich ein<br />

Teil der Flächen auf einem mäßig SW-geneigten Mittelhang, der zweite Teil auf<br />

einer satteiförmigen Verebnung befindet. Nach der forstlichen Standortskartierunng<br />

(Institut für forstliche Standortsforschung, 1971 ) können die Einheiten FRI­<br />

SCHE BLOCKHALDE (mit reichlich Blockmaterial durchsetzte Fließerden in geneigtem<br />

Gelände: keine Ausräumung des Feinmaterials zwischen den Blöcken, auf den<br />

Blöcken A/C-Böden mit Moder- oder Rohhumus, zwischen den Blöcken Semipodsole<br />

bis Podsole) und ANMOORIGE BLOCKHALDE (Biockströme in muldigen<br />

Lagen: Feinmaterial zwischen den Blöcken ist erodiert, Rohhumusdecken auf den<br />

Blöcken, Moor- und Anmoorhumus zwischen den Blöcken) ausgeschieden werden.<br />

Das Grundgestein auf den Flächen bildet Eisgarner Granit. Ausgangsmaterial<br />

für die Bodenbildung sind stark kompaktierte, pariglazial überprägte, alte Bodendecken.<br />

Die Wälder können nach Jelem ( 1976) als Calamagrostis viflo se - Luzula silvatica -<br />

Homogyne alpina - Piceetum ausgeschieden werden. Die Flächen sind größtenteils<br />

stark mit Ca/amagrostis villosa vergrast, anmoorige Subei nheiten werden durch<br />

Dryopteris austriaca ssp . spinulosa dominiert.


112<br />

Das durchschnittliche Alter des Fichtenbestandes liegt bei 156 Jahren, die<br />

Stammzahlen pro Hektar befinden sich im Bereich von 190 bis 240. Sämtlich Versuchsflächen<br />

befinden sich unter lockerem Schirm des Altbestandes (Bestokkungsgrade<br />

im Bereich von 0,6 - 0,8).<br />

3. MATERIAL UND METHODEN<br />

3.1 Versuchsdesign<br />

Die einzelnen Versuchsflächen hatten je eine Größe von 10 x 10 m, die in 16 Teilflächen<br />

(Parzellen) mit einer Größe von 2,5 x 2,5 m unterteilt wurden. Auf diesen<br />

Teilflächen kamen die Behandlungen einzeln und in sämtlichen Kombinationen zur<br />

Anwendung. Innerhalb jeder Teilfläche wurde auf einer Kernfläche (0,8 x 0,8 m)<br />

der natürliche Samenfall der Fichte durch kontrollierte Aussaat simuliert. Die<br />

Anlage des Versuchs erfolgte in zehnfacher Wiederholung (Vers uchsflächen).<br />

3.2 Versuchsanlage<br />

3.2.1 Bodenbearbeitung ( BB )<br />

Die Bodenbearbeitung erfolgte mit einem motormanuellem Verfahren. Verwendung<br />

fand eine Einachsmotorhacke der Marke "Max im" . Die Bodenvegetation und<br />

der Auflagehumus wurde zerschlagen, und es kam zu einer flachen Vermischung<br />

des Auflagehumus mit den obersten Mi neralbodenschichten (Zeitpunkt: 18.6.-<br />

20.6.1991).<br />

3.2.2 Kalkung ( K )<br />

Verwendung fa nd halbgebrannter Dolomit der Firma Bodenkalk (Graz), der in einer<br />

Menge von 3 t/ha ausgebracht wurde. Die Ausbringung auf den Flächen erfolgte<br />

durch händisches Ausstreuen (Zeitpunkt: 20.6.1991).<br />

3.2.3 Organischer Dünger ( 0 )<br />

Als organischer Dünger wurde ein Bactosoi-Granulat der Firma Biochemie<br />

Ges.m.b.H. (Kundl) verwendet. Die Ausbringung erfolgte ebenfalls händisch in<br />

einer Menge von 3 t/ha (Zeitpunkt: 20.6.1991 ) .<br />

3.2.4 Herbizid ( H )<br />

Die Teilflächen wurden vor der Aussaat mit dem Totalherbizid "Roundup" vorbehandelt.<br />

Die Ausbringung erfolgte auf den bodenbearbeiteten Flächen mit einem


113<br />

tragbaren Sprühgerät. Auf den nicht bodenbearbeiteten Flächen wurde das Herbizid<br />

mit einem Dochtgerät (Applikationsstab) auf die Blattorgane gestrichen (Zeitpunkt:<br />

20.6.1991 ). in der zweiten Vegetationsperiode wurde die sich erneut stark<br />

entwickelnde Grasvegetation (Calamagrostis villosa) mit einem selektiv wirkenden<br />

Herbizid ("Fusilade extra") bekämpft. Die Ausbringung erfolgte mit einem Sprühgerät<br />

(Zeitpunkt: 20.7.1992).<br />

Um den Einfluß des Vogel- und Mäusefraßes zu untersuchen, wurden die Kernzonen<br />

zweier Varianten ("Bodenbearbeitung" und die Kombination "Bodenbearbeitung,<br />

Bactosol und Halbgebrannter Dolomit") jeweils zur Hälfte mit einem Aluminiumgitter<br />

abgedeckt, das seitlich ca. 15 cm in den Boden eingegraben wur-de.<br />

Diese Schutzgitter wurden am Anfang der zweiten Vegetationsperiode wieder<br />

entfernt.<br />

3.3 Saat<br />

Die Saat erfolgte mit autochtonem Fichtensaatgut (Ernte 1988).<br />

Das 250-Korngewicht lag bei 1,89 g + 1- 0,05.<br />

Die Keimfähigkeit wurde bei 20 x 20 Samen bei konstanter Temperatur von 21 °C<br />

ermittelt und lag nach 21 Tagen bei ca. 80%.<br />

Die Aussaat erfolgte in einer Dichte von 250 Samen pro Kernfläche, das entspricht<br />

einer Dichte von 390 Samen pro m2•<br />

Zeitpunkt der Saat: 21.6.1991<br />

Aufgrund der langandauernden Schneelage waren die Flächen erst zu diesem Zeitpunkt<br />

vollständig ausgeapert. Der Boden war zu diesem Zeitpunkt wassergesättigt,<br />

fünf Stunden nach der Saat begann es zu regnen.<br />

3.4 Aufnahmemethodik<br />

Auszählen der<br />

Ansprache der<br />

Vegetationsansprache nach + Höhe<br />

+ gekeimten Samen<br />

(sobald das Hypokotyl erschien, galt eine Pflanze<br />

als gekeimt)<br />

+ Keimlinge bzw. der Sämlinge<br />

+ abgestorbenen Sämlinge<br />

+ Ausfallsursachen<br />

(wurden vor Ort an den noch aufgefundenen<br />

Pflanzen aufgenommen)<br />

+ kombinierte Abundanz-Dominanzansprache<br />

nach BRAUN-BLANOUET


4 ERGEBNISSE<br />

114<br />

4.1 Auswirkungen der Behandlungsvarianten auf Keimung und Entwicklung der<br />

Jungpflanzen<br />

4. 1.1 Wirkungen der Bodenbearbeitung<br />

Durch die Bodenbearbeitung lassen sich die Keim- und Entwicklungsbedingungen<br />

für die Fichte signifikant verbessern. Dies zeigt sich in der deutlich höheren<br />

Anzahl an gekeimten Samen bzw. an der Anzahl der sich entwickelnden Keimlinge<br />

(Abb. 1). Ebenso lassen sich in der ersten Vegetationsperiode höhere Überlebensraten<br />

als auf der Kontrollvariante beobachten. ln weiterer Folge kam es<br />

jedoch zu bedeutenden Ausfällen. ln den Monaten nach dem Auflaufen der<br />

Samen waren diese Ausfälle hauptsächlich auf einen Pilzbefall (nekrotische Einschnürungen<br />

am Wurzelhals) zurückzuführen. Die am Beginn der zweiten Vegetationsperiode<br />

beobachteten Schäden waren zu einem großen Teil durch den Larvenfraß<br />

des Mittleren Schwarzen Rüsselkäfers (Otiorrh ynchus niger) verursacht.<br />

Anschließend traten nur noch geringe Verluste auf, deren Ursache hauptsächlich<br />

eine ungenügende Verankerung der Wurzel im Oberboden und der damit verbundenen<br />

Anfälligkeit gegenüber Trockenheit war.<br />

50 :<br />

� 30<br />

.c<br />

�<br />

� 20<br />

BBO ... Bodenbearbeitung<br />

4 0 t----------------1 0 . ...... Organischer Dünger<br />

10<br />

0<br />

K ....... Kalkung<br />

H ....... Herbizid<br />

Kon ... Kontrolle<br />

BBO H K 0 Kon<br />

Keimlinge Vll. 1991 � Sämlinge Vll. 1992 0 Sämlinge Vll. 1993<br />

Abbildung 1: Entwicklung der Sämlingsanzahl auf den Hauptvarianten.<br />

Figure 1: Development of the number of seedlings on the main varian ts.


4.1.2 Wirkungen der Düngevarianten<br />

4.1 .2.1 Halbgebrannter Dolomit<br />

115<br />

Die Kalkung und die damit verbundene Erhöhung der Azidität des Oberbodens<br />

führten zu keinen beobachtbaren Auswirkungen auf die Anzahl der sich entwikkelnden<br />

Jungpflanzen. Durch Keimlingspilze und die starke Konkurrenz der Bodenvegetation<br />

kam es auf diesen Parzellen in der ersten Vegetationsperiode zu einem<br />

mehr oder weniger vollständigen Ausfall der Verjüngung.<br />

4.1 .2.2 Organischer Dünger ("Bactosol")<br />

Die Düngung mit "Bactosol" wirkt sich negativ auf die Anzahl der gekeimten<br />

Samen aus. Ebenso ist eine Tendenz zu geringeren Überlebensprozenten auf den<br />

mit dem organischen Dünger behandelten Parzellen zu beobachten. Auch hier sind<br />

die Ausfälle auf Keimlingspilze und die verdämmende Wirkung der Grasvegetation<br />

zurückzuführen.<br />

4.1 .3 Herbizid<br />

Es sind keine Auswirkungen auf die Keimung an sich zu beobachten. Durch die<br />

geringere Abundanz der Bodenvegetation während der ersten Vegetationsperiode<br />

ist eine Tendenz zu höheren Überlebensraten auf den herbizidbehandelten Flächen<br />

zu erkennen. Diese Wirkung läßt sich jedoch nicht signifika nt nachweisen. Auch<br />

hier sind, insbesondere am Beginn der zweiten Vegetationsperiode, große Verluste<br />

aufgetreten. Häufig waren die Ausfallsursachen nicht zu bestimmen, da die<br />

Sämlinge nicht mehr auffindbar waren bzw. schon ein Befall mit sekundären Pilzen<br />

aufgetreten war.<br />

4.1 .4 Wirkung der kombinierten Varianten<br />

Die Auswirkung der Kombinationen der verschiedenen Varianten lassen sich größtenteils<br />

durch die Summe der Wirkungen der Einzelbehandlungen charakterisieren.<br />

Wechselwirkungen sind nur tendenziell zu beobachten.<br />

Bei den kombinierten Varianten ohne Bodenbearbeitung zeigt die Variante ohne<br />

organische Düngung signifikant bessere Keim- und Entwicklungsbedingungen in<br />

der ersten Vegetationsperiode (Abb. 2). Die hohen Ausfallsraten bei allen kombinierten<br />

Varianten ohne Bodenbearbeitung führten dazu, daß dieser Effekt in der<br />

zweiten Vegetationsperiode nicht mehr nachzuweisen war. Da die abgestorbenen<br />

Keimlinge auf diesen Parzellen häufig nicht mehr auffindbar waren, konnten die<br />

Ursachen des Ausfalls nicht bestimmt werden.


50<br />

40<br />

..<br />

e 30<br />

;:::;<br />

-=<br />

e


117<br />

Zwischen den beiden Varianten zeigte sich während den ersten zwei Jahren signifikante<br />

Unterschiede, wobei auf der Variante "BB/0/Kg" geringere Keimlingsanzahlen<br />

gezählt wurden. Dieser Unterschied war in der dritten Vegetationsperiode<br />

jedoch nicht mehr nachzuweisen.<br />

120<br />

100<br />

80<br />

N<br />

s<br />

.c 60<br />

�<br />

N<br />

=<br />

<<br />

40<br />

20<br />

0<br />

� � =<br />

= ::t: =<br />

= 0<br />

=<br />

=<br />

BB ..... Bodenbearbeitung<br />

O ....... Organ. Dünger<br />

K ....... Kalkung<br />

H ....... Herbizid<br />

g ........ Schutzgitter<br />

Keimlinge VII. 1991 � Sämlinge VII. 1992 D Sämlinge VII. 1993<br />

Abbildung 3: Entwicklung der Sämlingsanzahl auf den Varianten mit Bodenbearbeitung.<br />

Figure 3: Development of th e number of seedlings on the variants with site prepa­<br />

ration.<br />

4.2 Keimung der Samen des Mastjahres 1992 auf den verschiedenen Behandlungsvarianten<br />

Die Verbesserung des Keimbettes durch die Bodenbearbeitung läßt sich auch<br />

noch zwei Jahre nach der Behandlung hochsignifikant nachweisen. Die Düngung<br />

mit "Bactosol" und die Behandlung mit halbgebranntem Dolomit zeigen keine<br />

Auswirkungen. Der Einsatz des Herbizides jedoch führt zu einem sehr ungünstigen<br />

Keimbett für die Fichte {Abb. 4). Dies liegt wahrscheinlich in dem ungünstigen<br />

Oberbodenzustand begründet, der durch die tote organische Substanz verursacht<br />

wird.<br />

Auf dem 5%-Niveau tritt zwischen den Varianten "Bodenbearbeitung", "Bactosol"<br />

und "Herbizid" eine Wechselwirkung auf. Diese Kombination scheint sich ungün-


118<br />

stig auf die Keimung und die erste Entwicklunsphase auszuwirken. Eine Tendenz<br />

zu einer Wechselwirkung ist zwischen den Behandlungsvarianten mit Bodenbearbeitung<br />

und Kalkung zu beobachten, wobei die Kombination dieser Maßnahmen<br />

die Ansamungsbedingungen verbesserten.<br />

100<br />

80<br />

BB .... .Bodenberubeitung<br />

O ....... Organ. Dünger<br />

K. ...... Kalkung<br />

s 60 H ....... Herbizid<br />

�<br />

N<br />

=<br />

<<br />

40<br />

20<br />

0<br />

� = � 0 0 0 = = � = = = =<br />

= = Q<br />

0 � = � � 0 � = 0<br />

= = = = 0 = � � =<br />

= = = =<br />

=<br />

� Keimlinge 1993<br />

Abbild ung 4: Anzahl der gekeimten Samen der Mast 1992 auf den Behandlungsvarianten.<br />

Figure 4: Number of germinated seed/ings of the mast in 1992 on the various test<br />

pfots.<br />

4.3 Wirkung der Varianten auf die Abundanz bzw. Dominanz der Bodenvegetation<br />

Grundsätzlich kommt es durch die Varianten "Bodenbearbeitung" und "Herbizid"<br />

zu einer Verminderung der Abundanz, wobei die Kombination der beiden die beste<br />

und nachhaltigste Wirkung zeigt. Ca/amagrostis vi/losa, als häufigste und nahezu<br />

flächendeckend vorkommende Art, besitzt jedoch auf diesem Standort ein sehr<br />

hohes Regenerationspotential, so daß die Abundanz nach einer Vegetationsperiode<br />

wieder erheblich zugenommen hatte und keine signifikanten Unterschiede zur<br />

Kontrollvariante mehr vorhanden waren. Der zweite Herbizideinsatz während der<br />

zweiten Vegetationsperiode mit einem selektiv wirkenden Grasherbizid führte bei<br />

Calamagrostis viflose erneut zu einer starken Reduktion der Abundanzverhältnisse<br />

(Abb. 5).


6 .--- -- -- -- --<br />

5 +--- -- -- --<br />

0<br />

119<br />

--1 BB ... Bodenbearbeitung; O ... Organ. Dünger<br />

-1 K. .. Kalkung; H ... Herbizid; Kon ... Kontrolle<br />

=<br />

� 0 � = = � = = � 0 .� = � � =<br />

� 0 0 = 0 = = 0 =<br />

� = = = = 0 = =<br />

= = = =<br />

=<br />

Cal. vil. 1991 � Ca!. vil. 1992 [] Cal. vil. 1993<br />

Abbildung 5: Entwicklung der Abundanzverhältnisse von Calamagrostis villosa<br />

während der ersten drei Vegetationsperioden.<br />

Fig ure 5: Deve/opment of the abundance re/a tions of Calamagrostis villosa during<br />

5 DISKUSSION<br />

the firs t three growing seasons.<br />

Die Verjüngung von Forstpflanzen wird durch eine Vielzahl von verschiedenen<br />

Faktoren beeinflußt, wobei die meisten Konkurrenzfaktoren nicht unabhängig<br />

voneinander wirken (Bursche! u. Huss, 1987; Huss, 1978). Bedingt durch die<br />

Vielfalt der möglichen Wechselwirkungen, wird die Interpretation der Ergebnisse<br />

aus Freilandversuchen häufig erheblich · erschwert. Grundsätzlich stellen jedoch<br />

Humusform, Bodenvegetation und Wasserhaushalt des Oberbodens die wichtigsten<br />

Faktoren für das Ankommen einer Fichtennaturverjüngung dar (Moser,<br />

1965).<br />

Die beobachteten hohen Saatgutverluste durch den Vogelfraß erschweren die<br />

Beantwortung der Frage, wie sich die verschiedenen Maßnahmen auf Keimung<br />

und Entwicklung der Fichtenpflanzen auswirken. Dies hat zur Folge, daß sich die<br />

Auswirkungen und die Bedeutung der durch die Versuche veränderten Faktoren<br />

schwierig zu beurteilen sind, andererseits lassen die Ergebnisse den Schluß zu,<br />

daß dem Verlust von Saatgut durch Vogelfraß große Bedeutung zukommt. Es darf<br />

jedoch nicht übersehen werden, daß aufgrund des kleinflächig konzentrierten<br />

Nahrungsangebots möglicherweise ein gewisser "Fütterungseffekt" vorliegt und<br />

somit die Differenz der Varianten mit und ohne Schutzgitter mit Vorsicht zu interpretieren<br />

ist. Daß dem Vogelfraß als Schadursache, insbesondere auf bodenbear-


120<br />

beitaten Parzellen, große Bedeutung zukommen kann, beschreibt auch Plate<br />

(1975).<br />

Durch die Bodenbearbeitung können die Ansamungs- und Entwicklungsbedingungen<br />

für die Fichte erheblich verbessert werden. Die wesentliche Wirkung beruht<br />

offenbar darauf, daß durch die Durchmischung des Auflagehumus mit den obersten<br />

Mineralbodenhorizont und dem damit verbundenen ausgeglicheneren Wasserhaushalt<br />

die Bedingungen für die Keimung und Entwicklung verbessert werden<br />

(Bursche! u. Huss, 1987; Jungwirth, 1992). Ebenso scheint die Reduktion der<br />

Konkurrenzvegetation von grundlegender Bedeutung zu sein.<br />

Keimung und Etablierung werden durch ungünstige Nährstoffverhältnisse im<br />

Oberboden offenbar nicht beeinflußt. Das ergibt sich aus der Tatsache, daß auf<br />

den gedüngten Parzellen keine höheren Sämlingszahlen gezählt wurden. Auch<br />

Littek ( 1 993) und Beetz ( 1 987) konnten keine signifikante Förderung der Fichtsnnaturverjüngung<br />

durch Düngung beobachten. Huss (1977) weist jedoch darauf<br />

hin, daß die Wirkung von Düngegaben erst bei ausreichenden Lichtverhältnissen<br />

zu beobachten ist. Die durch die Kalkgabe verminderte Azidität bewirkt ebenfalls<br />

keine signifikanten Mitteiwertsunterschiede. Dieses Ergebnis widerspricht jenem<br />

von Abrahamsen et al. (1977), der bei pH-Werten kleiner als 4,4 deutlich geringere<br />

Keim- und Ü berlebensraten beobachtete.<br />

Die negativen Auswirkungen des organischen Düngers lassen sich sowohl bei der<br />

simulierten Saat als auch bei den Keimprozenten der Mast 1992 beobachten. Eine<br />

schlüssige Erklärung dieser Beobachtung fehlt noch. Negative Auswirkungen einer<br />

Düngergabe auf Keimung und Entwicklung einer Fichtennaturverjüngung wurde<br />

auch von anderen Autoren beobachtet. Littek ( 1 993} berichtet von unterdurchschnittlich<br />

niederen Keimzahlen auf mit Kalkammonsalpeter gedüngten Parzellen<br />

und führt dies auf die versauernde Wirkung des Ammoniumnitrates zurück. Plate<br />

(1975) weist auf die durch die Düngung hervorgerufene starke Entwicklung der<br />

Bodenvegetation hin, die den Düngeeffekt überlagert.<br />

Da die Herbizidbehandlung der Parzellen einige Tage vor der Aussaat erfolgte,<br />

konnte sie sich nur geringfügig auf die Keimung der Samen auswirken und<br />

bewirkt somit keine Unterschiede zur Kontrollvariante. Die beobachteten Überlebensprozente<br />

auf diesen Varianten wa ren jedoch in der ersten Phase der Entwicklung<br />

höher. Dieser Effekt läßt sich nicht gesichert nachweisen. Die hohen<br />

Ausfälle in der zweiten Vegetationsperiode waren indes auch auf diesen Flächen<br />

zu beobachten, wobei die Ursachen der Ausfälle häufig nicht geklärt werden<br />

konnten, da die Keimlinge nicht mehr auffindbar waren.<br />

Für die Samen der Mast 1992 stellt die mit Herbiziden behandelten Versuchsflächen<br />

(zweiter Herbizideinsatz) ein äußerst ungünstiges Keimbett dar. Die durch<br />

die abgestorbene Grasvegetation gebildete Schicht auf dem Oberboden verhindert,<br />

daß der Same die für die Keimung notwendigen Feuchteverhältnisse vorfin-


121<br />

det. Der Same bzw. der sich entwickelnde Keimling findet keinen Kontakt zum<br />

Oberboden und kann somit seine Keimwurzel nicht entsprechend verankern. Eine<br />

Vorbereitung von Flächen zur Naturverjüngung von Fichte durch Herbizide ist<br />

somit nicht empfehlenswert. Eine Herbizidapplikation nach Auflaufen der Saat<br />

kann jedoch durchaus die Entwicklung der Naturverjüngung fördern, da die Konkurrenz<br />

der Bodenvegetation, die vor allem in der ersten Vegetationsperiode zu<br />

Ausfällen führt, dadurch vermindert werden kann.<br />

Neben der Konkurrenz der Bodenvegetation stellte der Larvenfraß des Mittleren<br />

Schwarzen Rüsselkäfers (Otiorrhynchus niger) in der zweiten Vegetationsperiode<br />

eine bedeutende Ausfallsursache dar. Der Käfer, der vor allem in Saatkämpen und<br />

Pflanzgärten als Schädling auftritt, legt seine Eier besonders gern an frisch gelokkerte<br />

Stellen (Brauns, 1991 ) . Eine Wechselwirkung mit der Bodenbearbeitung<br />

konnte aufgrund der geringen absoluten Keimlingszahlen und der hohen Ausfälle<br />

im Jahr des Auflaufens nicht nachgewiesen werden.<br />

LITERATUR<br />

ABRAHAMSEN G., R. HORNTVEDT u. 8. TVEITE, 1977: Impacts of acid precipitation on coniferous<br />

forest ecosystems. Water, Air and Soil Poil. 8: 57-73.<br />

BEETZ H.-P., 1987: Saatversuche auf Waldschadensflächen. Diplomarb., Forstwiss. Fakultät München,<br />

84.<br />

BRAUNS A., 1991: Taschenbuch der Waldinsekten. G. Fischer, Stuttgart, 860.<br />

BURSCH EL P. u. J. HUSS, 1987: Grundriß des Waldbaus. Ein Leitfaden für Studium und Praxis.<br />

Pareys Studientexte 49, Parey, Hamburg, Berlin, 352.<br />

HUSS J., 1977: Vergleichende ökologische Untersuchungen über die Reaktion junger Fichten auf<br />

Lichtentzug und Düngung im Freigelände und in Beschattungskästen. Gött. Bodenkundl.<br />

Berichte 51, 215.<br />

HUSS J., 1978: Die Wirkung von Unkrautbekämpfungen auf die Entwicklung von Wa!dverjüngungen.<br />

AFZ Wien 87: 120-125.<br />

INSTITUT <strong>FÜR</strong> <strong>FOR</strong>S<strong>TLICHE</strong> ST ANDORTS<strong>FOR</strong>SCHUNG, 1971: Standortskartierung der Reviere<br />

nördlich der Großen Mühl des Forstbetriebes des Stiftes Schlägl, Revier Schwarzenberg. Wien,<br />

115.<br />

JELEM H., 1976: Die Wälder des Mühl- und Waldviertels. Mitt. der Forstlichen Bundesversuchsanstalt<br />

Wien 1 17, 1 64.<br />

JUNGWIRTH P., 1992: Bodenbearbeitung für die Naturverjüngung. Diplomarb., Univ. Bodenkultur<br />

Wien, 157.<br />

KATZENSTEINER K., 1992: Mineralstoffernährung, Bodenzustand und Baumvitalität in Fichtenwaldökosystemen<br />

des Böhmerwaldes. Diss., Univ. Bodenkultur Wien, 195.<br />

LITTEK T., 1993: Die Abhängigkeit des Verjüngungserfolges vom Oberbodenzustand und Säuregrad<br />

in geschädigten Waldbeständen des Schwarzwaldes. KfK-PEF 1 06, 240.<br />

MOSER 0., 1962: Untersuchungen über die Abhängigkeit der natürlichen Verjüngung der Fichte<br />

vom Standort. Diss., Univ. Bodenkultur Wien.<br />

PLATE G., 1975: Ökologische Untersuchungen zur Verjüngung der Fichte. Diss., Forstwiss. Fakultät<br />

München, 199.


122


123<br />

DIE PHYSIOLOGISCHE UND BIOCHEMISCHE BIOINDIKATION<br />

UND IHRE ANWENDUNG AM BEISPIEl DER FAllSTUDIE SCHÖNEBEN<br />

PHYSIOLOGICAL AND 8/0CHEMICA L BIO/ND/CA T!ON AND ITS APPLICA TION<br />

TO THE FI W II PROJEC T "SCHÖNEBEN "<br />

* *<br />

Dieter GRill , Michael TAUSZ ,<br />

E. BERMADINGER-STABENTHEINER, M. EDL, M. GAilHOFER,<br />

G. HAlBWACHS, W. HAVRANEK, H. KROMP-KOlB, M. MÜllER,<br />

C. NEMETZ, l. PUCHINGER, W. RUPPERT, U. SCARDElll, A. STOHl,<br />

K. WAGNER, G. WIESER, R. WIMMER und G. ZEllNIG<br />

*Institut für Pflanzenphysiologie, Kari-Franzens-Universität<br />

Schubartstraße 51, A - 801 0 Graz<br />

SUMMARY<br />

The present study is derived from an interdisciplinary cooperation among the workgroups Gailhofer<br />

(University Graz), Grill (University Graz), Halbwachs (BOKU Vienna), Havranek (FBVA lnnsbruck),<br />

Kromp-Kolb (University Viennal. and Puchinger (TU Vienna} and data were compiled from the final<br />

reports of the respective workgroup. lt was carried out within the project FIW II (Forschungsinitiative<br />

gegen das Waldsterben). We thank all participating colleagues for the excellent Cooperation.<br />

Physiological and biochemical methods combined with data concerning structure and ultrastructure<br />

of the cells can be used for stress-indication with spruce. Stressphysiological parameters<br />

(antioxidants and antioxidative enzymes) indicate active defence-reactions of the plant cells against<br />

Stressors that enhance the formation of toxic radicals. Such enhanced formation of radicals can<br />

occur due to various reasons, e.g. impact of air pollutants, photooxidation as a consequence of<br />

cold stress or drought stress as weil as infections by pathogenes. The combination of data<br />

supplied by various methods allows a more specific Statement about certain Stressors. These<br />

methods include microscopic and electron-microscopic analyses as weil as biochemical data concerning<br />

the vitality of the tree (e.g. pigment analyses). Furthermore, it is necessary to relate these<br />

physiological data to meteorological and climatic factors. Thus it is possible to make a statement<br />

about the physiological stress situation of the trees and trace the plant response back to single or<br />

various Stressors. With this physiological-biochemical bioindication it is possible to detect nonaccumulative<br />

pollutants such as ozone which is impossible with conventional methods, e.g. needle<br />

analyses.<br />

The application of this method to the study "Schöneben" showed that oxidative air pollutants,<br />

mainly represented by ozone, played an important role as environmental stressors influencing the<br />

spruce trees. The measuring of air pollutants revealed that ozone-levels were elevated, whereas<br />

elevated concentrations of sulfur-dioxide and nitrogen-oxides did not occur. Physiological analyses<br />

of spruce trees Iead to the conclusion that many of the sampled plants suffered stress caused by<br />

free radicals. The radical scavenging systems were activated to a comparably high Ievei and the<br />

needles had high contents of antioxidants, in this case mainly ascorbic acid. Simultanously the<br />

trees showed signs of reduced vitality and initial symptoms of yellowing, as shown by pigment<br />

analyses. Impact of photooxidants is certainly one reason for the critical Situation of the spruce<br />

trees in Schöneben. However, meteorologic (drought periods) as weil as edaphic factors (multiple<br />

nutrient deficiencies) contribute a great deal to the Situation. As a consequence synergistic effects<br />

multiply the impact of single stressors.<br />

KEYWORDS: Bioindication, air pollution, ozone, Picea abies, ascorbic acid, pigment, thiols,<br />

peroxidase, wax structure, forest decline, stress, antioxidants.<br />

Fors tliche Schriftenreihe, Universität für Bodenkultur Wien, Bd. 7, 1994.<br />

ÖGWEB (Österr. Ges. f. Waldökosystemforschung und experimentelle Baumforschung) ISBN 3-900865-06-X.


124<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Physiologische und biochemische Methoden werden in Verbindung mit mikroskopischen und elektronenmikroskopischen<br />

Untersuchungen für eine Streßindikation bei Fichten verwendet. Streßphysiologische<br />

Parameter (Antioxidantien und antioxidative Enzyme) messen aktive Abwehrreaktionen<br />

der Pflanze auf jene Stressoren, die eine vermehrte Bildung von toxischen Radikalen verursachen.<br />

Für eine umfassende und differenzierte Beurteilung der Streßsituation müssen verschiedene<br />

Methoden herangezogen werden. Das bedeutet, daß meteorologische, anatomische und ultrastrukturelle<br />

Daten sowie jene biochemischen Parameter, die eine physiologische Vitalitätsbeurteilung der<br />

Fichten ermöglichen (Pigmentanalysen), in die Analyse integriert werden. Dadurch können besonders<br />

auch solche Streßeirtwirkungen in ihren Auswirkungen erkannt werden, die mit herkömmlichen<br />

Verfahren der Bioindikation (z.B. Nadelanalysen) nicht erfaßt werden. Dazu gehören besonders<br />

nicht akkumulierbare Luftschadstoffe wie Ozon und andere Photooxidantien. Die Anwendung<br />

dieser Indikationsmöglichkeiten auf die FIW !I-Fallstudie Schöneben zeigte, daß gerade solche<br />

Stressoren in nachweisbarem Ausmaß auf die Fichten dieses Gebietes einwirken und in synergistischen<br />

Effekten mit ungünstigen Witterungsverhältnissen, z.B. Trockenperioden, weiteren Schadtoffen<br />

und Nährstoffmängeln zu den beobachteten Schadsymptomen führen.<br />

STICHWÖRTER: Bioinidkation, luftverunreinigung, Ozon, Ascorbinsäure, Pigment, Thiole, Peroxidase,<br />

Wachsstruktur, Waldsterben, Streß, Antioxidantien.<br />

1 EINLEITUNG<br />

Diese Arbeit entstand aus einer interdisziplinären Zusammenarbeit der nachfolgend<br />

genannten Arbeitsgruppen des Projektteils "Luftchemische Stresse" im Rahmen<br />

der FIW II (Forschungsinitiative gegen das Waldsterben). Es wurden Daten<br />

aus allen zur Verfügung gestellten Endberichten verwendet. An dieser Stelle sei<br />

allen Beteiligten für die ausgezeichnete Zusammenarbeit gedankt.<br />

Im Rahmen der FIW Fallstudien werden von den Arbeitsgruppen des Projektteils<br />

"Luftchemische Stresse" physiologische, biochemische, anatomische und ultrastrukturelle<br />

Methoden zur Bioindikation an Fichten angewendet. Reaktionen der<br />

Pflanze auf verschiedene Außeneinflüsse können mit physiologischen Methoden<br />

frühzeitig beobachtet und für eine Indikation genutzt werden. Es wurden streßphysiologisch-biochemische<br />

Untersuchungen (Radikalentgiftungssysteme und Pigmente<br />

- AG Grill, Lipidanalysen - AG Puchinger) sowie physiologische Messungen<br />

(Photosynthese, Gaswechselmessungen und Frostresistenz - AG Havranek) durchgeführt.<br />

Veränderungen von Indikationswerten können sich auch rein strukturell<br />

manifestieren. Auch Infektionen mit pathogenen Pilzen, Viren oder Mycoplasmen<br />

lassen sich strukturell nachweisen. Daher ist es wichtig, auch in dieser Richtung<br />

Analysen einzubeziehen. Dies geschieht durch mikroskopische (AG Halbwachs)<br />

und elektronenmikroskopische (AG Gailhofer) Methoden. Weitere spezielle Indikationsmethoden<br />

(REM-Untersuchungen der Oberflächenwachse, AG Grill) sowie<br />

biometrische Messungen (AG Halbwachs) wurden ebenfalls in das Gesamtkonzept<br />

eingebunden. Da sämtliche Reaktionen der Bäume im ökologischen Zusammenhang<br />

zu sehen sind, ist die Kenntnis meteorologischer, klimatischer sowie immissionskundlicher<br />

Faktoren sehr wesentlich. Dieses Gebiet wird von der AG Kromp­<br />

Kolb bearbeitet.


2 METHODIK<br />

125<br />

2.1 Prinzip der physiologischen Bioindikation<br />

Die physiologische Bioindikation beruht auf aktiven Reaktionen der Pflanzen auf<br />

äußere Einflüsse. Dabei kann im Prinzip je nach Art dieses Umwelteinflusses ein<br />

spezifisches Muster von Reaktionen beobachtet werden. Die Untersuchungsmethoden<br />

sind zum Teil aufwendig und daher vor allem dort sinnvoll anzuwenden,<br />

wo einfachere Methoden nicht in Frage kommen. So verursachen z.B. auch Nährstoffmängel,<br />

S02-Einfluß oder Pathogenbefall typische physiologische Reaktionen,<br />

jedoch sind diese Schadursachen anhand von Nadelanalysen bzw. mikroskopischer<br />

Untersuchungen einfacher nachzuweisen. Nur durch physiologische Indikation<br />

an den Nadeln nachzuweisen ist der Einfluß nicht-akkumulierbarer Schadstoffe,<br />

wie zum Beispiel Photooxidantien (Ozon), die auch als Verursacher von<br />

Waldschäden in Betracht gezogen werden (Lichtenthaler, 1984; Elstner u. Osswald,<br />

1984). Visuell zu beobachtende Symptome bzw. Schäden wie Nadelverluste<br />

oder Vergilbung sind dagegen wenig spezifisch und treten erst mit einer<br />

gewissen Verzögerung auf. Damit kommt als zusätzliche, wichtige Aufgabe, die<br />

die physiologische Bioindikation erfüllen kann, eine frühzeitig ansprechende Vitalitätsprüfung<br />

im Sinne der Physiologie.<br />

Die Grundlagen der Bioindikation anhand physiologischer und struktureller Parameter<br />

wurden in zahlreichen Labor- und Freilandversuchen erarbeitet (z.B. Begasungsversuche<br />

bei Mehlhorn et al. 1986; Bermadinger et al. 1990). Aufbauend<br />

auf die so ermittelten Zusammenhänge wurde dann an größer angelegten Freilandstudien<br />

(Höhenprofile) die praktische Anwendbarkeit dieser Parameter überprüft.<br />

Höhenprofile wurden deshalb als Überprüfung der im Experiment gewonnenen<br />

Erfahrungen verwendet, da zahlreiche Immissionsmessungen eine deutliche<br />

Zunahme von Ozon und Photooxidantien mit der Seehöhe ergaben (Smidt, 1989).<br />

Dadurch kann an einem Höhenprofil eine große Bandbreite von verschieden belasteten<br />

Bäumen untersucht werden.<br />

2.2 Zur Indikation nutzbare Parameter<br />

Die verwendeten physiologischen Parameter Ascorbinsäure, Glutathion und Peroxidase<br />

sind Bestandteil des Radikalentgiftungssystems der Zelle (Jäger et al.,<br />

1986). Sie sind deshalb von besonderem Interesse, weil Radikale, im speziellen<br />

Sauerstoffradikale, eine besondere Rolle bei Schädigungsprozessen in der Zelle<br />

spielen (Eistner, 1982). Sie treten im Zusammenhang mit Luftverschmutzungen<br />

(Jäger et al., 1986) ebenso auf wie bei Reaktionen auf Verletzungen oder Pathogene<br />

(Sutherland, 1989), Kälte- (Wise u. Naylor, 1987) oder Trockenstreß<br />

{Dhindsa u. Matowe, 1981 ). Sie reagieren leicht mit Proteinen und ungesättigten<br />

Fettsäuren und schädigen damit die Zelle (Aischer u. Amthor, 1988). Diese hat


126<br />

wiederum verschiedene Schutzsysteme entwickelt, um Radikale zu entgiften<br />

(Abb. 1).<br />

1) Entstehung durch äußere Einflüsse<br />

Ozon --->Zellwandwasser, Doppelbindungen (C=C) --tOH•, C=C•, 02-• etc.<br />

S02, S0 3 2- -->Oxidation durch Radikalmechanismen ---tOH•, 02-• etc.<br />

2) Natürliche Entstehung<br />

PS I (Eiektronenübertragung auf 02 02-•<br />

31 Toxische Elfekle durch Radikalreaktionen<br />

02-•, OH•, H202 ____.<br />

4) Entgiftungsmechanismen<br />

Proteinschädigungen,<br />

Lipidperoxidatione� Ethan, MOA<br />

2 02·• + 2 H+ -(SOD, spontan) -> H202 -->enzymatische Entgiftung durch Peroxidase, Katalase, Ascorbat-Peroxidase;<br />

02·• -> direkte Entgiftung durch Antioxidantien (z.B. Ascorbat)<br />

NADP Glutathion (ox) Dehydroascorbat<br />

PS I Glu.Red. DHA-Reduktase<br />

NADPH Glutathion (red) Ascorbat<br />

Ascorbat-Peroxidase<br />

Abbildung 1.: Schema der Entstehung immissionsbedingter und natürlicher Sauerstoffradikale<br />

und deren Folgeprodukte sowie der Mechanismen zu<br />

deren Entgiftung (basierend auf Jäger et al., 1986, verändert).<br />

Figure 1: Natural formation and generation due to air pollutants of oxygen<br />

radicals and their deriva tes and detoxifying mechanisms {based on<br />

Jäger et al., 1986, modified).<br />

MD= Malondialdehyd/ma/ondia/dehyde, PS = Photosystem/photosystem, SOD =Superoxiddismutase/superoxidedismutase,<br />

DHA = Dehydroascorbat/deh ydroascorbate.<br />

Die Lokalisation der Schutzsysteme innerhalb der Zelle ist in Abb. 2 dargestellt<br />

(Rennenberg u. Polle, 1989). Es wird deutlich, daß ein Großteil der von außen<br />

kommenden toxischen Radikale bereits an der Zellwand, ein weiterer Anteil im<br />

Cytosol mit Entgiftungssystemen in Berührung kommen wird. Der Anteil, der die<br />

Chloroplasten oder den Kern direkt erreicht, dürfte also vergleichsweise gering<br />

sein (vgl. laisk et al., 1989). Dies könnte auch erklären, warum meßbare Beeinträchtigungen<br />

der Photosynthese oder des Wachstums nicht oder oft erst bei<br />

erheblichen Belastungen oder nach langen Zeiträumen beobachtet werden (z.B.<br />

lucas et al., 1988).<br />

Die Reaktionen dieser Schutzsysteme wurden in der Folge von zahlreichen<br />

Arbeitsgruppen in Laborversuchen überprüft, wobei meist eine deutliche Aktivierung<br />

der Schutzsysteme bei den künstlich mit Radikalbildnern (z.B. Ozon, aber<br />

auch andere Luftschadstoffel belasteten Bäumen zu erkennen war. Diese Aktivierungen<br />

äußerten sich in erhöhten Gehalten an Antioxidantien wie Ascorbinsäure


Vakuole:<br />

Glutathion (?)<br />

Peroxidase<br />

Zellwand:<br />

Ascorbinsäure<br />

Peroxidase<br />

127<br />

Chloroplast:<br />

Glutathion<br />

Ascorbinsäure<br />

Carotinoide<br />

Superoxiddismutase<br />

Aseerbat Peroxidase<br />

Glutathionreduktase<br />

Cytoplasma:<br />

Glutathion<br />

Ascorbinsäure<br />

Aseerbat Peroxidase<br />

Glutathionreduktase<br />

Abbildung 2: Schema der Lokalisation der Radikalentgiftungssysteme innerhalb<br />

der Pflanzenzelle (nach Rennenberg u. Polle, 1989, verändert).<br />

Fig ure 2: Localisation of radical detoxifying systems within the plant ce/1 (from<br />

Rennenberg and Polle, 1989, modified).<br />

(Barnes, 1971; Mehlhorn et al., 1986; Sen Gupta, 1991) oder Glutathion (Mehlhorn<br />

et al., 1986; Bermadinger et al., 1990; Dohmen et al., 1990 - siehe Abb. 3)<br />

sowie in einer erhöhten Aktivität der in die Entgiftungssysteme eingebundenen<br />

Enzyme (z.B. Peroxidasen, z.B. Klumpp et al. 1989; Feiler et al., 1989). Es<br />

wurden auch unterschiedliche Reaktionen auf unterschiedliche Schadstoffe festgestellt.<br />

So war zum Beispiel unter Ozonbegasung meist eine deutliche Erhöhung<br />

des Ascorbinsäuregehalts zu erkennen (z.B. Sen Gupta et at., 1991 ), während bei<br />

Schwefeldioxid-beeinflußten Bäumen dieser erniedrigt wa r (Grill et al., 1979).<br />

Solche Zusammenhänge geben Hinweise auf die Möglichkeit einer Differentialdiagnose<br />

anhand des Musters der gewählten Pa ra meter.<br />

Die Verifizierung solcher Laborversuche in der Natur erfolgte vor allem an an<br />

Höhenprofilen (Bermadinger et al., 1989; Grill et al., 1988 u. 1989; Scardelli,<br />

1991; Bermadinger-Stabentheiner, 1992.). Hier konnten in bestimmten Seehöhen<br />

(meist um 1000 und um 1500 m) ähnliche Muster beobachtet werden wie beispielsweise<br />

bei Ozonbegasungen (siehe Abb. 3). Luftschadstoffmessungen ergaben<br />

im allgemeinen einen Anstieg des Ozongehaltes mit der Seehöhe (Smidt,<br />

1989), in speziellen Fällen auch sogenannte "Ozonbäuche ", d. h. Maxima in<br />

bestimmten Seehöhen (vgl. Gomiscek u. Puxbaum, 1990). Damit ließ sich das


128<br />

Auftreten der Streßmuster an Fichten gut in Übereinstimmung bringen. Bestätigt<br />

wurden diese Ergebnisse auch von anderen Arbeitsgruppen anhand von Freilandstudien<br />

(vgl. Madamanchi et al., 1991; Polle u. Rennenberg, 1992; Polle et al.,<br />

1992). Der diagnostizierte oxidative Streß kann nicht allein auf die erhöhte<br />

Strahlungsbelastung in höheren Lagen zurückgeführt werden, da dann ein gleichmäßigerer<br />

Höhengradient zu erwarten wäre, nicht aber die wiederholt beobachteten<br />

Spitzenwerte in bestimmten Höhen. Derartige Streßsymptome in bestimmten<br />

Höhenlagen könnten auch durch Schadstoffe, die in Inversionsschichten konzentrierter<br />

auftreten, verursacht werden (Grill et al., 1988; vgl. "Ozonbäuche" bei<br />

Gomiscek u. Puxbaum, 1990). Die Anzeichen erhöhter Streßbelastung durch oxidative<br />

Einwirkungen gehen häufig mit Vergilbungserscheinungen einher (Osswald<br />

et al., 1987; Pfeifhafer u. Grill, 1988; Siefermann-Harms et al., 1993), wie sie als<br />

typisches Zeichen für "neuartige" Waldschäden beschrieben wurden (Lichtenthaler<br />

u. Buschmann, 1984; Osswa!d u. Elstner, 1986, Kandler et al., 1987). Eine<br />

gewisse Vorsicht ist bei der Interpretation angebracht, da oxidative Streßerscheinungen<br />

diverse Ursachen haben können, so etwa auch Photostreß bei Spaltöffnungsschluß.<br />

Diese kurzfristigen Ursachen können durch die Untersuchung struktureller<br />

Parameter, z.B. der transmissionselektronenmikroskopisch wahrnehmbaren,<br />

dauerhaften Veränderung der Chloroplasten, weitgehend ausgeschlossen<br />

werden.<br />

Kontrolle S02 03 S02+03<br />

Behandlung<br />

Abbildung 3: Erhöhung des Ascorbinsäuregehaltes von Fichtennadeln durch<br />

künstliche Begasung (vgl. Bermadinger et al., 1990).<br />

Figure 3: lncreased Ievels of ascorbic acid in sp ruce needles after fumigation<br />

(cp. Bermadinger et a/., 1990}.<br />

Vergilbungserscheinungen sind bereits als Krankheitssymptom zu werten und lassen<br />

eine verminderte Vitalität des Baumes erwarten. Auch für die frühzeitige<br />

Erkennung solcher Vital itätsverminderungen leistet die Messung biochemischer


129<br />

Parameter gute Dienste. Veränderungen in den Pigmentgehalten und -Verhältnissen<br />

sind durch Pigmentanalysen bereits meßbar/ bevor sie sich in sichtbaren Farbveränderungen<br />

der Nadeln manifestieren (Pfeifhofer u. Grill/ 1987 - siehe Abb. 4).<br />

Auch die frühzeitige Schädigung der Plastidenpigmente durch Luftschadstoffe ist<br />

aus zahlreichen Labor- und Freilandstudien bekannt (z.B. Pfeifhafer u. Grill, 1987;<br />

Havranek et al., 1990). Als Möglichkeit zur Frühindikation von oxidativen Membranschäden<br />

und als empfindliches Vitalitätsmaß wird auch die Analyse der Lipidstoffe<br />

angesehen, da besonders die ungesättigten Fettsäuren der Biomembranen<br />

als primärer Angriffspunkt für Radikale in Frage kommen (Eistner, 1982}. Solche<br />

Zellschädigungen sollten sich daher frühzeitig im Fettsäuremuster der Nadelproben<br />

äußern (Puchinger et al., 1992).<br />

5000<br />

30oo<br />

1<br />

3 4 5<br />

Abbildung 4: Pigmentgehalte von gesunden und verschieden geschädigten Fichten<br />

in Abhängigkeit vom Nadeljahrgang.<br />

Gesunde Fichten (1) zeigen einen regelmäßige Anstieg der Pigmentgehalte vom 1. bis<br />

mindestens zum dritten Nadeljahrgang. Geschädigte Bäume lassen je nach Schädigung<br />

{neuartige Schäden 2 u. 3, reversible Vergilbung an der Waldgrenze 4, stark rotfaul 5)<br />

abweichende Muster erkennen (aus Pfeifhafer u. Grill, 1987).<br />

Fig ure 4: Pigment con tents versus needle age of health y and differently damaged<br />

spruce trees.<br />

Healthy spruce trees (1) sh ow a regular in crease from current year 's needles to at<br />

least three years old needles. Damaged trees (2, 3 nnover forest decline, 4 reversible<br />

yel!owing near the alpine timber line, 5 tree damaged by root rot) present different<br />

patterns dependent on the kind of damage ffrom Pfeifhafer and Gn'll, 1987).<br />

Zu diesen biochemischen Befunden kommen dann weitere, die von anderen<br />

Untersuchungsmethoden geliefert werden. Die Struktur der Wachsröhrchen über<br />

den Spaltöffnungen ist unter dem Einfluß saurer oder alkalischer Depositionen<br />

2


130<br />

verändert. Es kommt zu Verklebungen oder Porenvergrößerungen, die natürlich<br />

starke Beeinträchtigungen des kontrollierten Gasaustausches nach sich ziehen<br />

(Grill u. Golob, 1983; Bermadinger et al., 1987 u. 1988). Unter Oxidantieneinwirkung<br />

wurden derartige Symptome nicht beobachtet, sodaß auch diese Befunde<br />

weiteren Aufschluß über die Natur eventuell wirksamer Schadstoffe geben.<br />

Auch die Ultrastruktur der Zellen, besonders jene der Chloroplasten, zeigt unter<br />

Schadeinflüssen typische Veränderungen, die an bereits visuell gesunden Fichten<br />

beobachtet werden können. Veränderungen der Granastapel, Plastidenform, Stärkeakkumulationen<br />

und Häufung bzw. Kontrastierbarkeit von Plastoglobuli wären<br />

wichtige Kriterien. So treten etwa helle Plastoglobuli spezifisch bei S02-beeinflußten<br />

Fichten auf (Zellnig et al., 1989). Gehäufte, dunkle Plastoglobuli kommen<br />

dagegen in Verbindung mit Granared uktionen und Stärkeakkumulationen besonders<br />

bei "neuartig" geschädigten Bäumen vor (Jung u. Wild, 1988). Diese Symptome<br />

wurden auch bei ozonbegasten Fichten beobachtet (Sutinen, 1990; Schiffgens-Gruber<br />

u. Lütz, 1992).<br />

Der Vorteil sämtlicher beschriebenen Methoden ist ihre Empfindlichkeit. Die<br />

erwähnten Symptome können insgesamt auch schon an visuell nicht geschädigten<br />

Bäumen festgestellt werden und so eine Indikation ermöglichen. Ein ähnlich<br />

empfindliches Instrument zur Vitalitätsprüfung von Fichten bietet auch die cytogenetische<br />

Methode. Durch die Beobachtung und Quantifizierung von Chromosomenstörungen<br />

im Teilungsgewebe der Fichtenwurzeln kann ebenfalls frühzeitig<br />

eine Aussage über den Vitalitätszustand des Baumes getroffen werden (Müller et<br />

al., 1992). Eine erhöhte Anzahl von Aberrationen weist auch an äußerlich gesunden<br />

Fichten auf eine Vitalitätsminderung hin, die sich erst später in Krankheitssymptomen<br />

niederschlägt. Umgekehrt kann auch eine beginnende Verbesserung<br />

der Vitalität an äußerlich kranken Bäumen erkannt werden.<br />

2.3 Anwendung physiologischer und anatomischer Parameter zur Bioindikation<br />

Die Kombination aller oder einiger dieser Methoden ermöglicht eine empfindliche<br />

Indikation der Einwirkung von Stressoren auf die untersuchten Pflanzen. Besonderes<br />

Augenmerk wird dabei auf nicht-akkumulierbare Schadstoffe wie Ozon<br />

gelegt, da die Wirkung dieser Stressoren anders nicht nachweisbar ist. Durch das<br />

frühe Ansprechen dieser Methoden kann eine wertvolle Hilfestellung für die Ausarbeitung<br />

eventuell notwendiger Waldsanierungsmaßnahmen gegeben werden.<br />

Eine übersichtliche Darstellung der Ergebnisse der physiologischen Bioindikation<br />

ist auch als Klassifizierung (wie etwa bei Schwefeldaten - vgl. Schnopfhagen,<br />

1980 oder Nährstoffdaten - vgl. Stefan, 1989} vorstellbar. Eine solche ist bereits<br />

in Ausarbeitung, gestützt auf die Ergebnisse zahlreicher vergleichbar gesammelter<br />

und analysierter Proben aus den oben erwähnten Freilandstudien (Bermadinger et<br />

al., 1989; Grill et al., 1988 u. 1989; Scardelli, 1991 }. Durch die Vielzahl der


131<br />

untersuchten Parameter und der zu berücksichtigenden Einflußgrößen ist dieses<br />

Vorhaben jedoch entsprechend schwierig. Erste Erfahrungen sind durchaus vielversprechend,<br />

eine umfassende Version wird nach Beendigung aller FIW-Fallstudien<br />

angestrebt.<br />

3 ERGEBNISSE DER ANWENDUNG DER PHYSIOLOGISCHEN BIOINDIKATION<br />

AUF DIE FAllSTUDIE SCHÖNEBEN<br />

Für das Untersuchungsgebiet Schöneben der ersten Fallstudie im Rahmen der<br />

FIW II wurde anhand dieser bisher beschriebenen Methoden eine Indikation vorgenommen.<br />

Als Probeflächen wurden die Flächen S1, S2 und S3 mit unterschiedlichen<br />

Expositionen am Bärenstein sowie die Fläche SH am Hufberg gewählt. Auf<br />

jeder Fläche wurden nach einheitlichen Kriterien vier bis sechs repräsentative<br />

Fichten als Probebäume ausgewählt.<br />

Die von der AG Kromp-Kolb ausgewerteten immissionsökologischen Daten zeigten<br />

eine nur geringe Belastung des gesamten Gebietes mit den klassischen Luftschadstoffen<br />

S02 und NOx. Bei diesen Stoffen kamen im fraglichen Zeitraum<br />

auch keine Grenzwertüberschreitungen vor (Abb. 5 u. 6). Aufgrund von Extrapolationsrechnungen<br />

mit Hilfe einer Wetterlagenklassifikation wurden für die Flächen<br />

S 1 , S2 und S3 leicht unterschiedliche Immissionssituationen ermittelt.<br />

Danach treten so2- und Staubimmissionen am ehesten auf der Fläche S1 auf, sie<br />

sind aber auch dort seit 1986 stetig gesunken. Die Belastung mit nassen, sauren<br />

Depositionen (besonders S04 2 - und N03-) war dagegen auf der Fläche S3 am<br />

höchsten, auch sie war aber vergleichsweise niedrig (Stohl u. Kromp-Kolb, 1992).<br />

Bei Ozon sieht die Situation dagegen grundlegend anders aus. Die Belastung mit<br />

diesem Schadstoff war durchgehend und über die Jahre gleichmäßig hoch<br />

(Abb. 7), wobei auch Grenzwertüberschreitungen regelmäßig vorkamen (Abb. 8).<br />

Eine differenziertere Einschätzung der Belastung für die einzelnen Probeflächen<br />

war für diesen Schadstoff nicht exakt möglich. Aufgrund von globalen Überlegungen<br />

ergibt sich ein Höhengradient (vgl. Smidt, 1989), d.h. in größeren Seehöhen<br />

ist eine höhere Ozonbelastung zu erwarten. Damit ist besonders für die Flächen<br />

SH und S2 eine stärkere Ozonbelastung zu vermuten (Stohl u. Kromp-Kolb,<br />

1992). Die Ozonkonzentrationen sind keinen ausgeprägten täglichen Schwankungen<br />

unterworfen, d. h. auch in der Nacht waren durchwegs recht hohe Konzentrationen<br />

vorhanden. Hohe Konzentrationen zur Mittagszeit haben möglicherweise<br />

geringere Auswirkungen auf die Bäume, da zu dieser Zeit die Spaltöffnungen<br />

geschlossen sind und eine Aufnahme verhindert wird. ln den Nächten können<br />

Luftschadstoffe ungehindert durch die weit geöffnten Stomata eintreten und entsprechend<br />

stärkere Wirkungen hervorrufen. Diese Charakteristik der Ozontagesgänge<br />

wurde schon bisher als Funktion der Seehöhe beobachtet, d. h. in größeren<br />

Seehöhen erfolgte weniger Ozonabbau während der Nacht (Kolb u. Rau,<br />

1990). Für eine qualitative und quantitative Beurteilung der Auswirkungen dieser


[ug/m3]<br />

132<br />

25,--- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --�<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

85, 85/86 86, 86/87 87, 87/88 88, 88/89 89, 89/90 90, 90/91 91<br />

[;:Ot'M Sommer B Winter<br />

Abbildung 5: so2-Konzentrationen der Meßstation Schöneben (aus Stohl u.<br />

Kromp-Kolb, 1992).<br />

Figure 5: so2-concentrations (m eans) in Sch öneben (from Stohl and Kromp-Kolb,<br />

7992).<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

[ug/m3]<br />

85 , 85/86 86, 86/87 87, 87/88 88, 88/89 89, 89/90 90, 90/91 91<br />

!I?t::j Sommer lll!lllll<br />

Winter<br />

Abbildung 6: Mittlere N02-Konzentrationen an der Meßstelle Schöneben (aus<br />

Stohl u. Kromp-Kolb, 1992).<br />

Fig ure 6: N02-concentrations (means) in Schöneben (from Stohl and Kromp-Kolb,<br />

1992).


[ug/m3]<br />

133<br />

100 ���-------------------------------------- �<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

85, 85/86 86; 86/87 87, 87/88 88, 88189 89, 89/90 90, 90/91 91<br />

N?it] Sommer 11111<br />

Winter<br />

Abbildung 7: Mittlere Ozonkonzentrationen an der Meßstelle Schöneben (aus<br />

Stahl u. Kromp-Kolb, 1992).<br />

Fig ure 7: Ozone-concentrations (m eans) in Schöneben (from Stahl and Kromp­<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Kolb, 1992).<br />

85, 85/86 86, 86/87 87, 87/88 88, 88189 89; 89/90 90, 90/91 91<br />

l:tftN Sommer<br />

- Winter<br />

Abbildung 8: Anzahl der Tage mit Überschreitungen des HMW von 100 pgfm3 für<br />

Ozon (aus Stahl u. Kromp-Kolb, 1992).<br />

Fig ure 8: Number of days with exceedings of legal limiting value (h alf hour's<br />

means of 100 pgJm3) for ozone (from Stohl and Kromp-Kolb, 1992).


134<br />

Belastung auf die Fichten ist jedoch die Kenntnis der Schadstoffkonzentrationen<br />

nicht ausreichend.<br />

Dafür müssen die Untersuchungen der Bäume am Standort herangezogen werden,<br />

wobei die physiologischen Methoden eine besondere Rolle spielen. Aus diesen<br />

lassen sich einerseits Vitalitätsschwächen bis latente Schädigungen von Bäumen<br />

auf allen Probeflächen feststellen. Zu diesem Schluß kommt man unter anderem<br />

aufgrund unregelmäßiger Pigmentverläufe über die Jahrgänge, wie sie bereits früher<br />

für "neuartig" geschädigte Fichten beschrieben wurden. Dabei nehmen die<br />

Pigmentgehalte der Nadeln vom ersten zu höheren Jahrgängen nicht wie bei<br />

gesunden Fichten zu, sondern ab (Pfeifhofer u. Grill 1987, - siehe Abb. 4). Weiters<br />

deuten vor allem relativ zu früheren Freilandergebnissen (vgl. Pfeifhafer u.<br />

Grill, 1987; Grill et al., 1988) erniedrigte Chlorophyllgehalte auf Vitalitätsschwächen<br />

der untersuchten Fichten hin. (Zum Ve rgleich: Bei gesunden Fichten<br />

wurden Chlorophyllgehalte von 4 bis 5 mg in den höheren Jahrgängen gemessen).<br />

Nach diesen Kriterien sind an ke inem der untersuchten Standorte alle Bäume<br />

völlig gesund. Am häufigsten findet man derartige Abweichungen auf S2 und SH.<br />

Abbildung 9 zeigt die Mittelwerte der Standorte, durch welche die besprochene<br />

Abweichung nur auf der Fläche SH zum Ausdruck kommt.<br />

j<br />

5000,00<br />

(000_00<br />

3000.00<br />

2000.00<br />

1 000.00<br />

0.00<br />

r-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

- N n 'Ir<br />

- .... . - -<br />

;; u; 0 u;<br />

r-<br />

� r<br />

,- r-<br />

,... -<br />

- .-- ,--<br />

Abbildung 9: Chlorophyllgehalte der Fichtennadeln auf den Probeflächen Schöneben<br />

(aus Grit! et al., 1992).<br />

Figure 9: Chlorophyll content of spruce need/es from the sites in Schöneben (from<br />

Grill et al. , 1992}.<br />

Auch weitere Methoden, von denen Aussagen über die Vitalität der Bäume erhofft<br />

werden, wie z.B. die Analyse der Lipidstoffe, wiesen die Flächen S2 und SH als<br />

relativ schlechter aus. S 1 wird dagegen günstig beurteilt, da auf dieser Fläche die<br />

-


135<br />

höchste n Gesamtfettsäuregehalte und die höchsten Gehalte an ungesättigten<br />

Fettsäuren gemessen wurden (Puchinger et al., 1992, vgl. Abb. 1 0).<br />

Am schlechtesten schneiden eindeutig die Bäume der Fläche SH (Hufberg) ab. Sie<br />

zeigen typischerweise geringe Chlorophyllgehalte und häufig gestörte Pigmentverläufe,<br />

wie sie bereits früher für "neuartig" geschädigte Fichten beschrieben<br />

wurden. Dabei steigt der Pigmentgehalt nicht wie bei gesunden Fichten vom<br />

ersten bis zum vierten Jahrgang regelmäßig an, sondern weist im zweiten oder<br />

dritten Jahrgang geringere Werte auf als im ersten (vgl. Pfeifhafer u. Grill, 1987,<br />

wie in Abb. 4) .<br />

% TS<br />

90 89 9089 9089 90 89 90 89<br />

VF-S1 VF-S2 VF-83 HB KB<br />

D C12:0,C14:0 - C16:0,C18:0,C20:0<br />

9089 90 89 90 89<br />

D-0 D-810 D-BIO+BAC<br />

11111<br />

C18:1,C18:2,C18:3<br />

Abbildung 10: Lipidmuster der Fichtennadeln der Probeflächen Schöneben (aus<br />

Puchinger et al., 1992).<br />

Fig ure 10: Lipid patterns of sp ruce needles fr om th e sites in Schöneben (from<br />

Puchinger et a!., 1992).<br />

Diese Untersuchungen allein sagen noch nichts über die speziellen, schädigenden<br />

Einflüsse aus, die auf die Fichten der einzelnen Flächen wirken und ihre Vitalität<br />

teilweise stark beeinträchtigen. Eine Aussage darüber ist in erster Linie anhand<br />

der speziellen streßphysiologischen Parameter möglich. So wird deutlich, daß die<br />

höchsten Gehalte an Ascorbinsäure auf den Flächen S2 und SH gemessen wurden<br />

(Abb. 11 ). Diese Beobachtungen weisen auf einen deutlichen Einfluß von oxidativen<br />

Stressoren besonders auf diesen Flächen hin. Da diese Flächen gleichzeitig<br />

die höchstgelegenen sind, ist ein Zusammenhang mit der Ozonbelastung, die<br />

in diesem gebiet generell hoch ist und mit der Seehöhe ansteigt (Stohl u. Kromp­<br />

Kolb, 1992), durchaus naheliegend.<br />

NJ


136<br />

Unbedingt berücksichtigt werden muß, daß oxidativer Streß auch durch zahlreiche<br />

weitere Faktoren ausgelöst werden kann {Eistner, 1982). Die physiologische Indikation<br />

spricht auch auf kurzfristige Streßäußerungen wie etwa Photostreß durch<br />

Spaltenschluß an. Es ist wichtig, diese streßphysiologischen Daten durch Strukturuntersuchungen<br />

zu untermauern. Strukturveränderungen sind langfristiger,<br />

wodurch kurzfristige oxidative Stresse als Ursache der Symptome ausgeschlossen<br />

werden können. Die Ultrastrukturuntersuchungen mittels Transmissionselektronenmikroskop<br />

zeigten in Schöneben ebenfalls häufig Symptome, wie sie für<br />

"neuartige" Waldschäden beschrieben wurden (Gailhofer u. Zellnig, 1992, vgl.<br />

Abb. 12 u. 13). Solche strukturellen Veränderungen wurden auch bei Ozoneinfluß<br />

beobachtet. Bemerkenswert ist, daß derartige Strukturveränderungen bei Bäumen<br />

aller Probeflächen gefunden wurden.<br />

00<br />

o oo +'I ----4'--4-f--�-+'--'+'- --'+- -- -- --+- -+<br />

- "' r"'l ....<br />

-- ._ - -<br />

n<br />

Vl u; Vl L�<br />

n<br />

ro m ro<br />

.f-- --!<br />

2i<br />

I I I ::<br />

Abbildung 11: Ascorbinsäuregehalte der Fichtennadeln der Probeflächen Schöneben<br />

(aus Grill et al., 1992).<br />

Fig ure 11: Ascorbic acid contents of spruce need!es trom the sites in Sch öneben<br />

(from Grill et al., 1992).<br />

Die tasterelektronenmikroskopischen Analysen der Oberflächenwachse zeigten<br />

nur bei den Bäumen der Fläche S3 Anzeichen einer Schädigung der Wachsstrukturen,<br />

wie sie durch saure Niederschläge hervorgerufen werden kann (Abb. 14 u.<br />

15). Dieser Befund steht im Einklang mit Stahl u. Kromp-Kolb, 1992, wonach für<br />

die Fläche S3 am ehesten mit nassen Depositionen zu rechnen ist. Alle anderen<br />

Probeflächen zeigten mehr oder weniger unbeeinflußte Wachsstrukturen. Dies<br />

schließt eine entscheidende Beteiligung von nassen Depositionen am beobachteten<br />

Schadensbild aus.<br />

Deutliche Beeinträchtigungen der Photosynthese oder eine verminderte Frostresistenz,<br />

wie sie bei Ozoneinwirkung verschiedentlich beobachtet wurden, konnten<br />

an Bäumen der Fläche S2, die in dieser Hinsicht untersucht worden ist, nicht<br />

festgestellt werden (Havranek et al., 1992).


137<br />

Abbildung 12: Chloroplast mit gut entwickeltem Thylakoidsystem und elektronendichten<br />

Plastoglobuli {vgl. Gailhofer u. Zellnig, 1992).<br />

Fig ure 12: Chloroplast with weil developed thy!akoids and electron-opaque plasto­<br />

globuli, (cp. Gailh ofer u. Zellnig, 1992).<br />

Balken/bar =0,5 pm<br />

Abbildung 13: Deformierter Chloroplast mit wenig entwickeltem Thylakoidsystem<br />

und vermehrter Anzahl von elektronenoptisch dichten Plastoglobuli<br />

(vgl. Gailhofer u. Zellnig, 1992).<br />

Figure 13: Deformed chloroplast with · fe w th ylakoids and an in creased number of<br />

electron-opaque plastoglob uli (cp. Gailhofer u. Zellnig, 1992).<br />

Balken/bar = 1 pm


138<br />

Abbildung 14: Unbeeinflußte Wachsstrukturen auf der Oberfläche und im Spaltöffnungsvorhof.<br />

Fig ure 14: Unin fluenced wax structure on the needle surface and in the stomatat<br />

antechamber.<br />

Abbildung 15: Leichte Verklebungen der Wachsstrukturen im Spaltöffnungsvorhof.<br />

Fig ure 15: Sligh tly malten wax structures in th e stomatat antechamber.<br />

Balken/bar = 8,4 pm<br />

Diese Befunde schließen jedoch eine Beteiligung anderer Faktoren keineswegs<br />

aus, da synergistische Wirkungen zwischen verschiedenen Stressoren immer wieder<br />

beobachtet wurden. So können zum Beispiel Nährstoffmängel die Empfindlichkeit<br />

der Pflanzen auf Lufteinflüsse stark erhöhen und die beobachteten Reaktionen<br />

verstärken (Cakmak u. Marschner, 1992; Krumpp et al., 1989). Nährstoffmängel<br />

bedingen häufig ein Verteilungsmuster von strukturellen Störungen im Nadelquerschnitt.<br />

Dabei pflanzen sich diese, vom Zentralzylinder ausgehend, ins Mesophyll<br />

fo rt . Sie sind also im Inneren des Nadelbattes stärker ausgeprägt (Fink, 1988). Ein<br />

solches Muster konnte hier weder an anatomischen noch an ultrastrukturellen<br />

Untersuchungen gefunden werden. Nährstoffmängel als alleinige Ursache der<br />

beobachteten Schädigungen der Fichten sind daher hier wohl auszuschließen.<br />

Immerhin wurden von anderen beteiligten Arbeitsgruppen multiple Nährstoffmängel<br />

(besonders an Magnesium und Kalium) in diesem Gebiet diagnostiziert.


139<br />

Die Untersuchungen ließen einen weiteren kombinierten Effekt verschiedener<br />

Stressoren erkennen: Wie der Vergleich der Untersuchungsjahre 1990 und 1991<br />

unter Einbeziehung der im Rahmen der FIW I 1986 gewonnenen Daten zeigt,<br />

nimmt die Witterung einen starken Einfluß auf den Stoffwechsel der Fichten. Die<br />

Jahre 1986 und 1991 wurden aufgrund ihrer Niederschlagsarmut als sehr ungünstig<br />

für die Bäume klassifiziert (Stohl u. Kromp-Kolb, 1992). ln diesen Jahren zeigten<br />

die Probebäume bei praktisch allen untersuchten Stoffen generell niedrigere<br />

lnhaltstofflevels. Dies kann als Zeichen allgemein verringerter Vitalität gewertet<br />

werden. Gerade in diesen Jahren waren die Unterschiede zwischen den Probeflächen<br />

deutlicher. Besonders gut zeigt dies der Vergleich zwischen 1990 und 1991<br />

(Abb. 16). Dies könnte einen Hinweis darauf geben, daß die stärkere Belastung<br />

durch Schadstoffe dieser Flächen unter für die Fichten ungünstigen meteorologischen<br />

Verhältnissen größeren Streß und ausgeprägtere Schadsymptome der Bäume<br />

nach sich zieht.<br />

4500<br />

4000<br />

3500<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

Si<br />

86<br />

·� ;<br />

S2 S3<br />

86 86<br />

Si S2 S3 SH<br />

90 90 90 90<br />

Si S2 S3 SH<br />

91 91 91 91<br />

Abbildung 16: Durchschnittliche Chlorophyllgehalte 1986, 1990 und 1991 der<br />

Fichten auf den Probeflächen in Schöneben (aus Stabentheiner u.<br />

Grill, 1992).<br />

Figure 16: Average ch/orophy/1 conten ts o t spruce need!es trom the sites in<br />

Schöneben 1986, 1990, and 199 1 (from Staben theiner u. Grill,<br />

1992).<br />

Bemerkenswert daran ist, daß die physiologischen Parameter unmittelbar auf die<br />

schlechteren Bedingungen reagieren, während Entnadelungen und Zuwachsverluste<br />

sekundäre Erscheinungen sind und daher mit zeitlicher Verzögerung eintreten.<br />

Die Beurteilung nach meteorologischen Kriterien paßt hier gut zum Ergebnis der<br />

physiologischen Indikation, während die Kronenverlichtungen eher träge reagieren<br />

(Stohl u. Kromp-Kolb, 1992). Ebenso werden auch die Zuwachsparameter erst im<br />

nachhinein Veränderungen erkennbar werden lassen. Aufgrund dieser Abfolge des


140<br />

Auftretens der Symptome sind die Beurteilung nach der physiologischen Bioindikation<br />

und die Beurteilung nach Zuwachs oder visuellen Kriterien im selben Beobachtungsjahr<br />

oft nicht korreliert.<br />

Trockenheit scheint im Fall Schöneben also eine wesentliche Rolle bei der Ausprägung<br />

von Streßsymptomen zu spielen. Dafür sprechen auch Messungen der<br />

Sättigungspotentiale der Nadeln. Sie zeigten am wenigsten negative Werte für die<br />

Standorte S2 und SH. Die Unterschiede waren zwar minimal, aber in beiden<br />

Untersuchungsjahren in gleicher Weise vorhanden (Abb. 17, Messungen der AG<br />

Richter). Havranek et al. (1991) stellten im Rahmen eines Düngeversuches<br />

(Glatze! et al., 1988) trägere Spaltöffnungsreaktionen und geringere Wassergehalte<br />

der ungedüngten Bäume fest. Diese Beobachtungen deuten auch auf die Möglichkeit<br />

synergistischer Wirkungen von luftchemischen Stressen mit Wasserstraß<br />

und auch mit Nährstoffmängeln, wie die Unterschiede zwischen gedüngten und<br />

ungedüngten Bäumen nahelegen.<br />

0<br />

-0,5<br />

-1<br />

.. � -1 ,5<br />

-2<br />

-2,5<br />

-3<br />

S1 S2 S3 SH S1 S2 S3 SH<br />

1990<br />

Abbildung 17: Osmotische Potentiale der Fichtennadeln der Probeflächen Schöneben<br />

(aus Stabentheiner u. Grill, 1992, Daten der AG Richter).<br />

Fig ure 17: Osmotic potantials of spruce needles from the sites in Schöneben<br />

(from Stabentheiner u. Grill, 1992, data from the workgroup Rich ter).<br />

Die mikroskopischen Untersuchungen ließen keine Hinweise auf starken Pathogenbefall<br />

oder diesen ähnliche Symptome erkennen. Daher ist ein solcher als<br />

hauptsächliche Streßursache wohl auszuschließen (Ruppert et al., 1992).<br />

Daß die Anwendung der physiologischen Parameter hilfreich ist, zeigen auch die<br />

Ergebnisse, die an Fichten eines Düngeversuches (vgl. Glatze! et al., 1988)<br />

gewonnen wurden. Obwohl forstliche Kriterien für eine Verbesserung des Zustandes<br />

der Fichten durch die Düngemaßnahmen sprechen, zeigten die physiologischen<br />

Parameter eine schlechte Situation der Bäume an. Es wurde ein ähnlicher<br />

Merkmalskomplex wie auf der benachbarten Fläche S2 beobachtet. Untersuchun-<br />

1991


141<br />

gen der Photosynthese und der Spaltöffnungsreaktionen wurden an den Bäumen<br />

dieses Düngungsversuches durchgeführt. Sie ergaben nur geringe Unterschiede<br />

zwischen gedüngten und ungedüngten Bäumen. Bei ungedüngten Kontrollen zeigte<br />

sich ein leichter Trend zu einer trägeren Spaltöffnungsreaktion, wie es<br />

Abbildung 18 zeigt (Havranek et al., 1992). Möglicherweise ist auch die oben<br />

genannte Diskrepanz zwischen physiologischen und forstlichen Parametern auf<br />

das verzögerte Ansprechen der forstlichen Parameter zurückzuführen. Dann könnte<br />

eine kurzfristig verbesserte physiologische Situation der Fichten bereits wieder<br />

im Abklingen sein. ln diesem Fall wäre für die nähere Zukunft wieder eine<br />

Zuwachsverminderung und wieder stärkere Verlichtungen zu prognostizieren.<br />

(3<br />

200<br />

!- 150<br />

-<br />

�<br />

.c<br />

.,<br />

0><br />

�<br />

.,<br />

::: 100<br />

"'<br />

3:<br />

50<br />

o ungedüngt<br />

0 50 100 150 200 250 300 350 400 450<br />

Zeit {h]<br />

Abbildung 18: Austrocknungsverlauf gedüngter und ungedüngter Bäume Schöneben<br />

(aus Havranek et al., 1992).<br />

Fig ure 18: Wa ter loss of fertilized and non-fertilized spruce trees in Sch öneben<br />

(from Havranek et al., 1992).<br />

Die Aussagen der physiologischen Bioindikation sind umso verläßlicher, je mehr<br />

Methoden in die Untersuchungen einbezogen werden. Als zusätzliche Methode<br />

zur Vitalitätsbeurteilung von Testfichten an einem Standort eignet sich die cytogenetische<br />

Bioindikation (nach Müller et al., 1992). Dabei werden Mitosestadien<br />

(Metaphasen) aus dem Wachstumsgewebe der Wurzelspitzen der Testbäume auf<br />

Schädigungen (Aberrationen) untersucht. Die relative Anzahl der geschädigten zu<br />

den gesunden Metaphasen dient als Maß für die Vitalität des Testbaumes. Aus<br />

mehreren Testbäumen eines Standortes kann ein Kennwert für den Standort<br />

berechnet werden (cytogenetischer Standorts index). Diese Kennwerte werden in<br />

Form einer Klasseneinteilung dargestellt; dabei werden jene Standorte, deren<br />

Testfichten am vitalsten sind, in die Klasse 1 gereiht, jene, deren Testbäume die


1 42<br />

schwersten Vitalitätseinbußen aufweisen, in die Klasse 4. Eine feinere Abstufung<br />

der Klassifizierung wird durch + und - Stufen innerhalb der vier Klassen erreicht.<br />

(Müller et al., 1992).<br />

Diese Methode ergibt für die Fallstudie Schöneben in Übereinstimmung mit den<br />

bisher diskutierten Ergebnissen für die Standorte S2 und SH schlechtere Werte als<br />

für S1 und S3. (Tab. 1 ).<br />

Tabelle 1: Cytogenetische Klassifizierung der Standorte Schöneben.<br />

Table 1: Cytogenetic classification of the sites in Schöneben.<br />

Standort Seehöhe Klassifizierung<br />

4 SCHLUSSFOLGERUNGEN<br />

s 1 850 m 2<br />

S 2 990 m 3<br />

S3 880 m +3<br />

SH 1 350 m +4<br />

Die Anwendung verschiedener physiologischer und anatomischer Untersuchungsmethoden<br />

auf die Fallstudie Schöneben zeigte, daß die Fichten im gesamten<br />

Untersuchungsgebiet unter erheblicher StreBbelastung stehen, die sich auch in<br />

Vitalitätseinbußen äußert. Als ein wesentlicher Belastungsfaktor wurde die Einwirkung<br />

von Ozon identifiziert, welche über die Jahre in gleichmäßig hohem Maß<br />

erfolgte . An den Standorten S2 und SH scheint die Belastung stärker als auf S1<br />

und S3 gewesen zu sein. Die Auswirkungen dieser luftchemischen Einflüsse auf<br />

die Fichten wurden in beträchtlichem Ausmaß durch weitere Umweltfaktoren,<br />

wobei meteorologische Parameter, insbesondere Trockenperioden, eine besondere<br />

Rolle spielen, moduliert. Synergistische Wirkungen mit luftchemischen Stressoren<br />

sind auch durch Nährstoffmängel zu erwarten (Grill u. Bermadinger-Stabentheiner,<br />

1993).<br />

Waldbauliche Sanierungsmaßnahmen müssen daher in erster Linie darauf abzielen,<br />

streBverstärkende Faktoren zu vermeiden oder zu beseitigen. Diesem Zweck<br />

können sicherlich auch Düngemaßnahmen sowie sämtliche forstliche Maßnahmen<br />

dienen, die synergistische Wirkungen zwischen Nährstoffmängeln und luftchemischen<br />

Stressen mildern können. Weiterhin muß jedoch die Forderung nach Maßnahmen<br />

zum Abbau der hohen Ozonkonzentrationen vertreten werden.


LITERATUR<br />

143<br />

ALSCHER R.G., 1989: Biosynthesis and antioxidant function of glutathione in plants. Physiol.<br />

Plant. 77: 457-464.<br />

ALSCHER R.G. and J.S. AMTHOR, 1988: The physiology of free-radical scavenging: maintainance<br />

and repair processes. ln: SCHULTE-HOSTEDE S., N.M. DARRALL, L.W. BLANK and A.R.<br />

WELLBURN (eds.}, Air pollution and plant metabolism, Elsevier, London, New York.<br />

BERMADINGER-STABENTHEINER E., 1994: Untersuchungen zum antioxidativen Schutzsystem von<br />

Fichten an den "Höhenprofilen Achenkirch". FBVA-Ber. (im Druck), Forstl.<br />

Bundesversuchsanst., Wien.<br />

BERMADINGER E., D. GRILL u. P. GOLOB, 1987: Einfluß von Magnesitstäuben auf Fichtennadelwachse.<br />

Phyton (Austrial 27: 15-29.<br />

BERMADINGER E., D. GRILL u. P. GOLOB, 1988: lnfluence of different air pollutants on the<br />

structure of needle wax of spruce (Picea abies (L.l Karsten}. Geo-J. 17: 289-293.<br />

BERMADINGER E., D. GRILL u. H. GUTTENBERGER, 1989: Thiole, Ascorbinsäure, Pigmente und<br />

Epikutikularwachse in Fichtennadeln aus dem Höhenprofil "Zillertal". Phyton (Austrial 29/3:<br />

163-185.<br />

BERMADINGER E., H. GUTTENBERGER u. D. GRILL, 1990: Physiology of young Norway spruce.<br />

Environ. Poil. 68: 319-330.<br />

DHINDSA R.S. and W. MATOWE, 1981 : Drought tolerance in two mosses: correlated with enzymatic<br />

defence against Iipid peroxidation. J. Exp. Bot. 32: 79-91 .<br />

DOHMEN G.P., A. KOPPERS and C. LANGEBARTELS, 1990: Biochemical response of Norway<br />

spruce (Picea abies (L.l Karst.) towards 14-month exposure to ozone and acid mist: Effects on<br />

amino acid, glutathione and polyamine titers. Environ. Poil. 64: 375-383.<br />

ELSTNER E.F., 1982: Oxygen activation and oxygen toxicity. Ann. Rev. Plant Physiol. 33: 73 -96.<br />

ELSTNER E.F. u. W. OSSWALD, 1984: Fichtensterben in "Reinluftgebieten": Strukturresistenzverlust.<br />

Naturw. Rdsch. 37: 52-61.<br />

FEILER S., M. TESCHE, G. MICHAEL, H. RANFT u. C. BELLMANN, 1989: Physiologische Reaktionen<br />

der Fichte (Picea abiesl auf komplexen S0 2 - und Trockenstreß. Eur. J. For. Path. 19: 414-<br />

422.<br />

FINK S., 1988: Histological and cytological changes caused by air pollutants and other abiotic factors.<br />

ln: SCHULTE-HOSTEDE S., N.M. DARRALL, L.W. BLANK and A.R. WELLBURN (eds.}, Air<br />

pollution and plant metabolism, Elsevier, London, New York.<br />

FOYER C.H. and B. HALLIWELL, 1976: The presence of glutathione and glutathione reductase in<br />

Chloroplasts: a proposed role in ascorbic acid metabolism. Planta 133: 21 - 25.<br />

GAILHOFER M. u. G. ZELLNIG, 1992: Ultrastrukturelle Untersuchungen. Endber., lnst. Pflanzenphysiol.,<br />

Univ. Graz.<br />

GLATZEL G., K. KATZENSTEINER u. A. WESSELY, 1988: Waldsanierungsversuche Schöneben.<br />

FIW II - Zwischenber., lnst. Waldökologie, Univ. Bodenkultur Wien.<br />

GOMISCEK 8. u. H. PUXBAUM, 1990: Untersuchung der Ozonhöhenverteilung im Nationalpark<br />

"Hohe Tauern". Tagungsband Symposium "Bodennahes Ozon•, Salzburg 12. u. 13. Nov.<br />

1990, Gesellschaft österreichischer Chemiker, Wien.<br />

GRILL D., H. ESTERBAUER u. R. WELT, 1979: Einfluß von S0 2 auf das Ascorbinsäuresystem der<br />

Fichtennadeln. Phytopath. Z. 104: 264-271.<br />

GRILL D. and P. GOLOB, 1983: SEM-Investigations of different dust depositions on the surface of<br />

coniferous needles and the effect on the needle wax. Aquilo Ser. Bot. 19: 255-261.<br />

GRILL D., H. PFEIFHOFER, G. HALBWACHS u. H. WALTINGER, 1987: lnvestigations on epicuticular<br />

waxes of differently damaged spruce needles. Eur. J. For. Path. 1 7: 246-255.<br />

GRILL D., T. KERN, E. BERMADINGER u. H.J. JÄGER, 1988: Physiologische Reaktionen von Fichten<br />

in lnversionszonen. GSF-Bericht 1 7: 391-399.<br />

GRILL D., M. GAILHOFER, E. BERMADINGER u. G. ZELLNIG, 1989: Höhenprofil Zillertal. Pflanzenphysiologisch<br />

- biochemisch - ultrastrukturelle Untersuchungen. Endber., lnst. Pflanzenphysiol.,<br />

Univ. Graz.<br />

GRILL D., E. BERMADINGER u. U. SCARDELLI, 1992: FIW II - Fallstudie: Waldbewirtschaftungskonzept<br />

in stark belasteten Waldgebieten des Mühlviertels. Projektteil "Luftchemische<br />

Stresse•. Endber., lnst. Pflanzenphysiol., Univ. Graz.


144<br />

GRILL D. u. E. BERMADINGER-STABENTHEINER, 1992: Zusammenschau der Ergebnisse der<br />

Arbeitsgruppe "Luftchemische Stresse". Synopse zum Endbericht FIW II, Fallstudie<br />

Mühlviertef, lnst. Pflanzenphysiol., Univ. Graz.<br />

GUDERIAN R., 1985: Air pollution by photochemical oxidants. Chapter 2.2. Mode of Action,<br />

Springer Verlag.<br />

HAVRANEK W.M., H. PFEIFHOFER u. D. GRILL, 1990: Pigmentgehalte und Gaswechsel von Tiefund<br />

Hochlagenfichten nach chronischer Ozonbe!astung. Forstw. Cbl. 109: 200-209.<br />

JÄGER H.J. and H. KLEIN, 1980: Biochemica! and physiological effects of S0 2 on plants. Angew.<br />

Bot. 54: 337-348.<br />

JÄGER H.J., H.J. WEIGEL u. L. GRÜNHAGE, 1986: Physiologische und biochemische Aspekte der<br />

Wirkung von Immissionen auf Waldbäume. Eur. J. For. Path. 16: 98-109.<br />

JUNG G. and A. WILD, 1988: Electron microscopic studies of spruce needles in connection with<br />

the occurence of novel forest decline, I. lnvestigations of the mesophyll. J. Phytopathology<br />

122: 1-12.<br />

KANDLER 0., W. M!LLER u. R. Ostner, 1987: Dynamik der "akuten Vergilbung" der Fichte. Epidemiologische<br />

und physiologische Befunde. Allgem. Forst Zeitschr. 27/28/29: 679-700.<br />

KLUMPP G., R. GUDERIAN u. K. KÜPPERS, 1989: Peroxidase- und Superoxiddismutase-Aktivität<br />

sowie Prolingehalte von Fichtennadeln nach Belastung mit 0 3 , S0 2 und N0 2 . Eur. J. For.<br />

Path. 19: 84-97.<br />

KOLB H. u. G. RAU, 1990: Meteorologische Einflüsse auf das bodennahe Ozon. Tagungsband<br />

Symposium "Bodennahes Ozon", Salzburg, 12. und 13. November, Gesellschaft<br />

österreichischer Chemiker, Wien: 37-44.<br />

LAISK A., 0. KULL and H. MOLDAU, 1989: Ozone concentration in leaf intercellular air spaces is<br />

close to zero. Plant Physiol. 90: 1163-1 167.<br />

LICHTENTHALER H.K., 1984: Luftschadstoffe als Auslöser des Baumsterbens. Naturw. Rdsch. 37:<br />

271-277.<br />

LICHTENTHALER H.K. u. C. BUSCHMANN, 1984: Das Waldsterben aus botanischer Sicht.<br />

G. Braun, Karlsuhe.<br />

LUCAS P.W., D.A. Cottam, L.J. Sheppard and B.J. FRANCIS, 1988: Growth responses and delayed<br />

winter hardening in Sitka spruce following summer exposure to ozone. New Phytol. 108:<br />

495-504.<br />

MADAMANCHI N.R., A. HAUSLADEN, R.G. ALSCHER, R.G. AMUNDSON and S. FELLOWS, 1991:<br />

Seasonal changes in antioxidants in red spruce (Picea rubens Sarg.) from three field sites in<br />

the northeastern United States. New. Phytol. 118: 331-338.<br />

MEHLHORN H., G. SEUFERT, A. SCHMIDT and K.J. KUNERT, 1986: Effect of S0 2 and 0 3 on<br />

productions of antioxidants in conifers. Plant Physiol. 82: 336-338.<br />

MÜLLER M., H. GUTTENBERGER, E. BERMADINGER-STABENTHEINER u. D. GRILL, 1992: Die<br />

praktischen Erfahrungen mit der cytogenetischen Bioindikation zur Früherkennung von Vegetationsschäden.<br />

Allg. Forst- u. J. Ztg. 163: 164-168.<br />

OSSWALD W.F. u. E.F. ELSTNER, 1986: Fichtenerkr�nkungen in den Hochlagen der Bayerischen<br />

Mittelgebirge. Ber. Deutsch. Bot. Ges. 99: 313-339.<br />

OSSWALD W. F., H. SENGER and E.F. ELSTNER, 1987: Ascorbic acid and glutathione contents of<br />

spruce needles from different locations in Bavaria. Z. Naturforsch. 42c: 879-884.<br />

PFEIFHOFER H. u. D. GRILL, 1987: Pigmentuntersuchungen an Fichten mit "klassischen" und<br />

"neuartigen" Waldschäden. in: FÜHRER E. u. F. NEUHUBER (eds.), FIW, Bericht 1987,<br />

Bundesminist. Wiss. Forsch., Wien: 124-134.<br />

POLLE A., M. MÖSSNAG, A. SCHÖNBORN, R. SLADKOVIC and H. RENNENBERG, 1992: Field<br />

studies on Norway spruce trees at high altitudes, I. Mineral, pigment and soluble protein contents<br />

of needles as affected by climate and pollution. New Phytol. 121: 89-99.<br />

POLLE A. and H. RENNENBERG, 1992: Field studies on Norway spruce trees at high altitudes, II.<br />

Defence systems against oxidative stress in needles. New Phytol. 121: 633-642.<br />

POLLE A., K. CHAKRABARTIK u. H. RENNENBERG, 1991 : Entgiftung von Peroxiden in Fichtennadeln<br />

(Picea abies, L.l am Schwerpunktstandort Kalkalpen (Wank). GSF-Ber. 26: 151-160.<br />

PUCHINGER L., M. EDL u. K. WAGNER, 1992: Bestimmung des Lipidmusters zum Nachweis<br />

streßbedingter Schäden an Fichtennadeln. FIW 11-Endber., Fallstudie Mühlviertel, lnst. angew.<br />

Bot., TU Wien.


145<br />

RENNENBERG H., 1988: Wirkung von Photooxidantien auf Pflanzen. GSF-Bericht 17: 360-370.<br />

RENNENBERG H. u. A. POLLE, 1989: Effects of Photooxidants on Plants. ln: GEORG!I H.-W. (ed).<br />

Mechanism and effects of pollutant-transfer into forests, 251-258.<br />

ROBINSON D.C. and A.R. WELLBURN, 1991: Seasonal changes in the pigments of Norway<br />

spruce, Picea abies (l.) Karst., and the influence of summer ozone exposures. New Phytol.<br />

199: 251-259.<br />

RUPPERT W., R. WI MMER, G. HALBWACHS u. C. NEMETZ, 1992: Biometrie, Histometrie,<br />

Anatomie, lichtmikroskopische Histopathologie. Endber., ZUN, Univ. Bodenkultur Wien.<br />

SCARDELLI U., 1991: Ausbreitung von Immissionen in alpinen Seitentälern. Diss., lnst.<br />

Pflanzenphysiol., Univ. Graz.<br />

SCHIFFGENS-GRUBER A. u. C. LÜTZ, 1992: Ultrastructure of mesophyll ce!l chloroplasts of spruce<br />

needles exposed to 0 3 , S0 2 and N0 2 alone and in combination. Environ. Exp. Bot. 32: 243-<br />

254.<br />

SCHNOPFHAGEN K.S., 1980: Immissionskontrolle in Waldgebieten durch die Forstbehörde in der<br />

Steiermark, Beiträge zur Rauchschadenssituation in Österreich. Forstl. Bundesversuchsanst.,<br />

Wien, FBV A-Mitt. 131 .<br />

SEN GUPTA A., R.G. ALSCHER and D. MCCUNE, 1991: Response of photosynthesis and cellular<br />

antioxidants to ozone in Populus leaves.<br />

SENSER M., K.A. H ÖPKER, A. PEUKER u. 8. GLASHAGEN, 1987: Wirkungen extremer<br />

Ozonkonzentrationen auf Koniferen. Allg. Forst Zeitschr. 27/28/29: 709-714.<br />

SIEFERMANN-HARMS D., P. BOURG EOIS, K. BAUMANN, G. BAUMBACH, C. BUSCHMANN,<br />

W. EINIG, S. FINK, F. FRANKE, R. HAMPP, E.E. HILDEBRAND, E. HOCHSTEIN, H.-J . JÄGER,<br />

M. KONNERT, I. KOTTKE, H.K. LICHTENTHALER, R. MANDERSCHEID, W. SCHMIDT,<br />

H. SCHNECKENBURGER, D. SEEMANN, H. SPIECKER, W. URFER, A. WILD, K. WILPERT u.<br />

U. Z!MMER-RINDERLE, 1993: Ergebnisse und Schlußfolgerungen der koordinierten Forschung<br />

zur montanen Vergilbung in Hochlagen des Schwarzwaldes {Standort Schöllkopf, Freudenstadt)<br />

Kfk-PEF 1 04: 79-1 26.<br />

SMIDT S., 1989: Luftschadstoffmessungen am Höhenprofil "Zillertal" . Phyton lAustrial 29: 69-83.<br />

STEFAN K., 1991: Ergebnisse chemischer Nadelanalysen im Untersuchungsgebiet Glein. Forst!.<br />

Bundesversuchsanst., Wien, FBVA-Mitt. 163: 289-340.<br />

STOHL A. u. H. KROMP-KOLB, 1992: Ein meteorologischer Beitrag zur Klärung der Ursachen der<br />

neuartigen Waldschäden in Schöneben. Endber. Zentralanst. Meteorol. Geodynamik, Wien.<br />

SUTHERLAND M.W., 1991: The generation of oxygen radicals during host plant responses to<br />

infection. Physiological Molecular Plant Pathol. 39: 79-93.<br />

SUTINEN S., 1990: Structural changes in needle Tissue of spruce trees from a damaged stand in<br />

southern Finland. Scand. J. For. Res. 5: 403-4 12.<br />

WIESER G u. W. M. HAVRANEK, 1992: Gaswechsel- und Frostresistenzuntersuchungen. FIW 11-<br />

Endber., Fallstudie Mühlviertel, Forst!. Bundesversuchsanst., lnnsbruck.<br />

WISE R.R. u. A.W. NAYLOR, 1987: Chilling-enhanced photooxidation. Plant Physioi. 83: 272-277.<br />

ZELLNIG G., M. GAILHOFER, H.W. PFEIFHOFER u. D. GRILL, 1989: Ultrastructure and pigment<br />

composition of Chloroplasts of differently damaged green and yellowed needles of Picea abies.<br />

Phyton lAustrial 29: 21 3-225.


146


147<br />

SCHNEEBRUCH UND WINDWURF IM BÖHMERWAlD<br />

SNOW AND WIND THROW DA MA GE TO <strong>FOR</strong>EST STANDS<br />

IN THE BÖHMERWALD<br />

Herbert HAGER und Manfred WllliNGER<br />

Institut für Waldökologie, Universität für Bodenkultur Wien,<br />

Peter Jordanstraße 82, A - 1190 Wien<br />

SUMMARY<br />

Statistics of damaged wood volume from salvage cuts after wind throw or snow darnage events<br />

from the forestry enterprise of the monastery of Schlägl, Upper Austria were used together with<br />

meteorological data from three stations in the northern part of Upper Austria to identify site, stand<br />

and weather conditions, which Iead towards high darnage risks for forest stands. lt was found that<br />

the darnage risks for wind throw as weil as snow breakage tend to decrease with increasing site<br />

elevation. Valley sites as weil in the east as in the west of the main ridge of the Bohemian Forest<br />

carry a higher darnage risk than outcrops, plateaus or steep slopes. Setter site classes and higher<br />

age classes of forest stands tend to increase the darnage risk as it is also observed with steep<br />

stand edges or pronounced uneven agedness caused by forest management practices. An<br />

increased risk for wind throw is also linked to wet boggy forest sites. Weather conditions which<br />

Iead to a streng increase in snow darnage risk are characterized by average daily temperatures<br />

between -0 .5°C and 2.0°C, accompanied by daily maximum precipitation above 50 mm, or<br />

respectively precipitation sums of more than 1 50 mm du ring time periods within the critical temperature<br />

range. Zonal westerly weather Situations during winter with fast moving fontalsystems with<br />

intermitttent frost yield the severest snow darnage danger. Wind throw dangar of forest stands<br />

results from two types of streng wind events. Type one is the winter storm, which is usually<br />

found with strong low pressure systems out of the nothwest quadrant, or more seldom encountered<br />

with a cold continental high pressure system in the northeast. Type two is the local convective<br />

storm with violent thunderstorm activity during the summer when shallow high pressure<br />

system is located over the heated continent. Seil conditions, like dry or frozen soil, can decrease<br />

the wind throw risk for a given storm event, while weil wetted soils after heavy precipitation<br />

events can increase the risk.<br />

KEYWORDS: Snow damage, wind throw, forest site, topography, stand structure, extreme<br />

weather influences upon forest stands, Bohemian Forest.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Anhand von Schadholznachweisungen der Forstverwaltung des Stiftes Schlägl und der Klimadaten<br />

dreier Stationen des nördlichen Mühlviertels konnten für Wind- und Schneeschäden an den<br />

Waldbeständen sowohl die standörtlichen schadensdisponierenden Faktoren als auch für die<br />

Schadereignisse kritische Witterungskonstellationen identifiziert werden. Es zeigt sich, daß sowohl<br />

für Wind- wie auch Schneeschäden das Schadrisiko mit der Seehöhe sinkt. Tallagen im Osten wie<br />

auch Westen des Hauptkammes des Böhmerwaldes tragen ein höheres Schadrisiko als Kuppen<br />

oder Plateaus oder stark geneigte Hänge. Steigende Bonität und Altersklasse der Bestände erhöhen<br />

ebenso das Schadrisiko wie auch von der Forstwirtschaft verursachte Steilränder und ungleichaltrige<br />

Bestände. Erhöhtes Windwurfrisiko ist auch, wie zu erwarten war, mit organischen Naßbodenstandorten<br />

verknüpft. Von den Witterungsbedingungen her ist ein starker Anstieg der Schneebruchgefahr<br />

zu erwarten, wenn die Tagesmittel der Lufttemperaturen zwischen -0,5°C und 2,0°C<br />

liegen und dabei die maximalen Tagessummen der Niederschläge 50 mm übersteigen, bzw. die<br />

Niederschlagssummen während der Periode mit kritischen Temperaturen 150 mm übersteigen.<br />

Zonale winterliche Westwetterlagen mit raschen Frontdurchgängen und intermittierendem Frost<br />

ergeben die höchste Schneebruchgefahr. Für die Windgefährdung der Waldbestände sind zwei<br />

Arten von Starkwindereignissen verantwortlich. Es sind dies zum einen (frontale} Winterstürme, die<br />

Forstliche Schriftenreihe, Universität für Bodenkultur Wien, Bd. 7, 1994.<br />

ÖGWEB (Österr. Ges. f. Waldökosystemforschung und experimentelle Baumforschung! ISBN 3-900865-06-X.


148<br />

mit von Nordwest heranwandernden Sturmtiefs oder seltener durch stark ausgeprägte Kältehochs<br />

aus Nordost verursacht werden. Zum anderen können im Sommer heftige Wärmegewitter bei Hitze<br />

und flacher Druckverteilung über dem Kontinent für heftige Gewitterstürme verantwortlich sein.<br />

Trockener oder gefrorener Boden kann die Schadwirkung eines Starkwindereignisses mindern,<br />

starke Durchfeuchtung nach Niederschlägen kann sie steigern.<br />

STICHWÖRTER: Schneebruch, Windwurf, forstlicher Standort, Topographie, Bestandesstruktur,<br />

extreme Witterungseinflüsse, Böhmerwald<br />

1 ZIELE DER UNTERSUCHUNG<br />

Katastrophennutzungen, die durch "Forstmeister Schnee und Wind" verursacht<br />

wurden, stellten die Forstbetriebe, seitdem planmäßige Forstwirtschaft betrieben<br />

wird, immer wieder vor mehr oder minder existenzgefährdende Probleme. Die<br />

einzige Möglichkeit, um wirkungsvoll Schäden durch Schnee und Wind vorzubeugen,<br />

sind zukunftsorientierte waldbauliche Maßnahmen und Maßnahmen der<br />

Forsteinrichtung. Als Stichworte für einen derartigen Vorbeugungs-Maßnahmenkatalog<br />

seien z.B. Stammzahlreduktion, Jungwuchspflege, Auslesedurchforstung,<br />

H/D-Wert, Baumartenwahl, Baumzahlleitlinien, kollektive Stabilität, geschlossenes<br />

Kronendach bei Altbeständen, Hiebszugausrichtung etc . genannt.<br />

Welche Bedeutung die außerplanmäßigen Nutzungen haben können, zeigt sich<br />

z.B. daran, daß im Mittel der Jahre 1959 - 1990 im Untersuchungsgebiet, den<br />

Revieren der Forstverwaltung des Prämonstratenser-Chorherrenstiftes Schlägl,<br />

19% des Hiebsatzes durch Schadholznutzung nach Schneebruch- und Windwurfereignissen<br />

gedeckt wurden. ln einzelnen Spitzenjahren betrug die Katastrophennutzung<br />

über 60% des jährlichen Einschlages. Da jedoch der Schadholzanfall<br />

praktisch nie gleichmäßig über den ganzen · Betrieb verteilt ist, sondern sich auf<br />

einzelne Reviere konzentriert, war dieser oft mehr als der Jahreshiebsatz dieser<br />

Reviere. Abgesehen von den direkten wirtschaftlichen Schäden, die aus geringeren<br />

Erlösen aus Schadholzsortimenten, erhöhten Aufarbeitungskosten, Verkauf<br />

von Holz bei ungünstiger Holzmarktlage resultierten, wurden auch die betrieblichen<br />

Planungen in ihren Möglichkeiten durch solche Ereignisse stark eingeschränkt.<br />

Es ist daher fü r den Betrieb sehr wertvoll, mögliche Schadensschwerpunktgebiete<br />

zu kennen. Damit kann im Bewirtschaftungskonzept auf Gebiete mit hohem<br />

Schadrisiko durch geeignete, vorbeugende Maßnahmen Rücksicht genommen<br />

werden. Die klimatischen Bedingungen selbst sind zwar nicht zu beeinflussen,<br />

jedoch können durch die oben angeführten Bewirtschaftungs- und Vorbeugungsmaßnahmen<br />

die betroffenen Bestände den topoklimatischen Extremen besser<br />

widerstehen.<br />

Es stellten sich daher im Rahmen dieser Arbeit die folgenden Aufgaben:<br />

* Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Schadereignissen und standörtlichen<br />

Parametern sowie Bestandesparametern und, daraus folgend , die Ermittlung<br />

von Gebieten mit erhöhtem Schadrisiko.


149<br />

* Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Schadereignissen und klimatologischen<br />

Parametern, um zu sehen, bei welchen Wettersituationen Schäden zu<br />

erwarten sind und mit welchem Schadholzanfall zu rechnen ist.<br />

2 DATENMATERIAL UND METHODE<br />

Aus den Hiebsnachweisen der betrieblichen Aufzeichnungen der Forstverwaltung<br />

des Stiftes Schlägl für die Jahre 1959 - 1990 konnten die Schadholzmengen<br />

durch Schneebruch und Windwurf den einzelnen Unterabteilungen bzw. Teilflächen<br />

zugeordnet werden. Wobei unter der Bezeichnung "Schneebruch" auch<br />

Schäden durch Schneedruck und Behang mit Rauhreif, Rauheis und Glatteis, und<br />

unter der Bezeichnung "Windwurf" auch Schäden durch Windbruch subsumiert<br />

sind.<br />

Den räumlich zugeordneten Schadholz-Daten der Hiebsnachweise wurden dann<br />

einerseits Bestandes- und Standortsparameter gegenübergestellt, um mögliche<br />

Schadensschwerpunktgebiete festzustellen. Andererseits wurde anhand zeitlich<br />

präzisierter Schadereignisse in Verknüpfung mit den Klimavariablen, wie z.B.<br />

Te mperatur, Niederschlag und Wind, versucht kritische Wettersituationen zu<br />

ermitteln und zu quantifiziere n.<br />

Als Beispiel für die verwendete Datenmatrix ist ein Auszug aus der Erhebungs­<br />

Datei in Tabelle 1 zu sehen.<br />

Revier, Abteilung, Unterabteilung und, wo vorhanden, die Teilfläche dienten der<br />

räumlichen Zuordnung und somit der Bildung von Untersuchungseinheiten bzw.<br />

Probeflächen. Die einzelnen Teilflächen haben eine Größe zwischen 0,09 ha und<br />

43,0 ha. Jede Teilfläche stellte eine Probefläche dar, der die jeweiligen Standortsund<br />

Bestandesparameter zugeordnet wurden. Insgesamt waren es 1109 Probeflächen<br />

auf einer Fläche von 5530 ha.<br />

Die Schadereignisse wurden einerseits durch die Schadholzmenge (Summe der<br />

fm/ha), andererseits durch die Anzahl der Ereignisse auf einer Probefläche während<br />

der 32 Beobachtungsjahre beschrieben.<br />

Zur Charakterisierung des Standortes wurden die folgenden Standortsparameter<br />

für jede Probefläche erhoben:<br />

* Seehöhe: Das Untersuchungsgebiet liegt zwischen 600 m und 1379 m Seehöhe.<br />

Die Lage der Probeflächen wurde nach 50 m - Höhenklassen<br />

unterschieden.<br />

* Exposition: Die Windrose wurde in acht Teile geteilt. Weiters wurde die Variable<br />

"Keine Exposition" für ebene Standorte, Mulden und Kuppen verwendet<br />

.<br />

* Neigung: Folgende Neigungsklassen wurden gebildet: - 5%, 6 - 10%, 11 -<br />

20%, dann in 10% - Stufen weiter bis zu Klasse > 1 10 %.


Tabelle 1: Ausschnitt aus der Datenmatrix für die Berechnung des Einflusses von Standort und Bestand auf das Schneebruch-<br />

und Windwurfrisiko.<br />

Table 1: Part of the data matrix for the computation of site and stand in fluences upon sno w darnage or wind thro w<br />

risks.<br />

Schneebruch<br />

Revier Abt I Teilfl Schadholzmenge Anzahl der Seehöhe Exposition Neigung Topogr. Einheit Standortstyp Altersklassen Bonität Fläche<br />

Summe fm/ha Schadereignisse [m] [%] [ha]<br />

Angerhäuser 5 f 107 10 650 Keine 15 Tallage Westseite sehr Frisch 4 11.1 15.3<br />

Angerhäuser 3 h 104 11 650 Keine 15 Tallage Westseite sehr Frisch 4/5 11.1 8.3<br />

Angerhäuser 6 I 101 11 650 Keine 8 Tallage Westseite Feucht 3 11.1 8.0<br />

Schwarzenberg 21 I 82 2 1250 Keine 25 Kuppe/Rücken N-S s. Ir. Blockhalde 6 6.7 14.2<br />

Schwarzenberg 21 e 60 5 1200 Südwest 25 Kuppe/Rücken N-S s. Ir. Blockhalde 6 6.7 17.8<br />

.<br />

Holzschlag 4 j1 81 3 1250 Südwest 25 Kuppe/Rücken NW-SE Feucht 6 7.0 1.2 ....<br />

Oberhaag<br />

Sonnenwald<br />

10 a1<br />

10 f<br />

72<br />

71<br />

7<br />

9<br />

800<br />

850<br />

Nordost<br />

Nordost<br />

15<br />

25<br />

Tallage Ostseite<br />

Nordost-Hang<br />

sehr Frisch<br />

Frisch<br />

3<br />

3/4/1<br />

10.2<br />

8.6<br />

6.3<br />

32.5<br />

01<br />

0<br />

Windwurf<br />

Angerhäuser 12 0 362 16 600 Keine 8 Tallage Westseite Feucht 5/6/1 11.1 1.9<br />

Angerhäuser 12 h 333 20 650 Keine 25 Tallage Westseite Feucht 4/1 11.1 6.9<br />

Angerhäuser 11 b 283 16 650 Keine 15 Tallage Westseite anmoorig Naß 5/3/1 11.1 4.2<br />

Schwarzenberg 33 c1 266 1 1300 Süd 35 Kuppe/Rücken N-S anmoorig Naß 6 6.7 1.3<br />

Schwarzenberg 33 c 256 3 1200 Südost 15 Kuppe/Rücken N-S Feucht 6 6.7 5.2<br />

Holzschlag 8 p 162 8 800 Süd 45 Südwest-Hang geschützt Ir. Blockhalde 6 7.0 2.0<br />

Oberhaag 3 d 176 11 750 Keine 8 Tallage Ostseite anmoorig Naß 6 10.2 4.5<br />

Sonnenwald 11 11 151 3 750 Nordost 15 Tallage Ostseite Feucht 6 8.6 2.2


151<br />

* Topographische Einheit: Folgende Großeinheiten wurden ausgeschieden: Tallage<br />

Westseite, Tallage Ostseite, Westhang, Südwesthang, Südwesthang-geschützte<br />

Lage, Nordosthang, Seitental N-S, Kuppe/Rücken<br />

N-S, Kuppe/Rücken NW-SE, Kuppe/Hochplateau.<br />

* Standortstyp: Als Standortstypen wurden die Einheiten aus der forstlichen<br />

Standortskartierung der Reviere (Institut für Forstliche Standortsforschung,<br />

1971) verwendet. Es waren dies folgende Standortstypen:<br />

Waldmoor, Anmoor, anmoorige Blockhalde, anmoorig<br />

naß, anmoorig nasse Blockhalde, feucht, sehr frisch, sehr frische<br />

Blockhalde, frisch, frische B!ockhalde, mäßig trocken.<br />

Für die Probeflächen wurden auch noch weitere Bestandesdaten, wie Bonität und<br />

Altersklasse, erhoben.<br />

* Bonität: Als Bonitätsangabe wurde die mittleren Ertragsklassen der einzelnen<br />

Reviere (dgz 100 in VfmD/ha/Jl (Wohlmacher, 1992) verwendet.<br />

* Altersklasse: Das Bestandesalter wurde in die üblichen 20-Jahr-Kiassenintervallen<br />

angegeben. Als Besonderheit bei der Altersklassenangabe<br />

wurde auch noch die Bezeichnung "ungleichaltrig" verwendet.<br />

Ungleichaltrig bedeutet dabei nicht, daß auf einer Probefläche ein<br />

Bestand mit plenterartiger Struktur stockt, sondern daß auf einer<br />

Probefläche mindest zwei Bestände mit unterschiedlicher Altersklasse<br />

stehen (z.B. Altholzrest und Verjüngung).<br />

An meteorologischen Daten wurden für den Untersuchungszeitraum Lufttemperatur<br />

(Tagesmittel), Niederschlag (Tagessummen), Windgeschwindigkeit {Böenspitze<br />

des Tages), Windrichtung und Großwetterlage (nach den Tageswetterkarten der<br />

Zentralanstalt f. Meteorologie und Geodynamik) verwendet. Die meteorologischen<br />

Daten stammten:<br />

fü r Temperatur, Nie derschlag von den<br />

Meßstationen: Schwarzenberg 730 m, Schlägl 555m<br />

1959-1 990 (Quelle: Hyd rographisches Zentralbüro)<br />

Meßstation: Schöneben 940 m<br />

Temperatur ab 1.1.J 985, Niederschlag ab 1.10.1987<br />

(Quelle: Amt der 00. Landesregierung)<br />

für Windspitze, Windrichtung, Großwetterlage von der<br />

Meßstation: Linz Hörsching<br />

1959-1 990 (Quelle: Zentralanstalt f. Meteorologie u. Geodynamik)<br />

3 ERGEBNISSE DER STANDÖR<strong>TLICHE</strong>N BETRACHTUNGEN<br />

Die Kartierung und die statistische Auswertung ergaben für Schneebruch und<br />

Windwurf ein ähnliches standörtliches Schadrisiko sowohl der räumlichen als<br />

auch der standörtlichen Verteilung nach. Dies kann aus der Abbildung 1 und 2<br />

sowie aus Tabelle 2 und 3 entnommen werden.


152<br />

Tabelle 2: Korrelationen zwischen der abhängigen kanonischen Variablen "Schadho!zmenge "<br />

Anzahl der Schadereignisse" und unabhängigen Standorts- und Bestandesparametern für<br />

Schneebruchschäden.<br />

Table 2: ·correlation between the dependent canonical variable "damaged wood volume " number<br />

of events " and single in dependent site and stand variables for snow darnage events.<br />

Seehöhe<br />

Variablen<br />

Tallage Westseite<br />

Tallage Ostseite<br />

Kuppe, Hochplateau<br />

Kuppe,Rücken N-S<br />

Kuppe,Rücken NW-SE<br />

Neigung<br />

Bonität<br />

"Keine Exposition"<br />

Exposition-Ost<br />

Exposition-Süd<br />

"Ungleichaltrig"<br />

Sto-Anmoorig Naß<br />

Altersklasse<br />

SCHNEEBRUCH<br />

Die Berechnung mittels Kanonischer Korrelation ergab mit einem<br />

Bestimmtheilsmaß von 41% ***<br />

Korrelations Interpretation<br />

koeffizienten<br />

-0.35 • Die Gefährdung sinkt mit zunehmender Seehöhe<br />

und hat zwischen 1050 m und 1150 m ein Minimum.<br />

+0.35 * Stark gefährdet sind die Tallagen auf der Westseite<br />

+0.1 1 und der Ostseite.<br />

-0. 16 * Am wenigsten gefährdet sind Kuppen und Rücken in höheren Lagen,<br />

-0.13 und das geschützte SeitentaL<br />

-0. 10<br />

-0.12 * Die Gefährdung nimmt mit zunehmender Geländeneigung ab.<br />

+0.27 * Die Gefährdung steigt je besser die Bonität ist<br />

+0.21 * Von den Expositionen ist "Keine Exposition" stark gefährdet,<br />

-0.13 Ost und Süd ist am wenigsten gefährdet<br />

-0.10 ("Keine Exposition" bedeuted Mulden, Kuppen und ebene Standorte).<br />

+0. 13 * Standorte mit unterschiedlich alten Beständen und Steilstufen<br />

sind stark gefährdet<br />

+0. 14 • Stark gefährdet sind anmoorig nasse Standorte<br />

+0.30 * Die Gefährdung nimmt mit dem Bestandesalter zu.<br />

Tabelle 3: Korrelationen zwischen der abhängigen kanonischen Variablen "Schadholzmenge " Anzahl<br />

der Schadereignisse" und unabhängigen Standorts- und · Bestandesparametern für<br />

Windwurfschäden.<br />

Table 3: Gorrelation between the dependent canonical variable "damaged wood volume " number<br />

of events " and single ir1dependent site and stand variables for windthrow damages.<br />

Seehöhe<br />

Variablen<br />

Tallage Westseite<br />

Tallage Ostseite<br />

Nordost-Hang<br />

Kuppe,Rücken N-S<br />

Kuppe, Rücken NW-SE<br />

Seitental N-S<br />

Südwest-Hang, geschützt<br />

Neigung<br />

Bonität<br />

"Keine Exposition"<br />

Exposition-West<br />

Exposition-Südwest<br />

"Ungleichaltrig"<br />

Altersklasse<br />

WINDWURF<br />

Die Berechnung mittels Kanonischer Korrelation ergab mit einem<br />

Bestimmtheilsmaß von 37% ***<br />

Korrelations Interpretation<br />

koeffizienten<br />

-0.37 * Die Gefährdung sinkt mit zunehmender Seehöhe.<br />

+0.20 * Stark gefährdet sind die Tallagen auf West- und Ostseite<br />

+0.19 sowie der Nordosthang.<br />

+0.19<br />

-0.11 *Am wenigsten gefährdet sind Kuppen und Rücken in höheren Lagen,<br />

-0.10 das geschützte Seitental und der geschüzte Südwesthang.<br />

-0.14<br />

-0.25<br />

-0.27 * Die Gefährdung nimmt mit zunehmender Geländeneigung ab.<br />

+0.40 * Die Gefährdung steigt je besser die Bonität ist<br />

+0.30 *Von den Expositionen ist "Keine Exposition" stark gefährdet,<br />

-0. 13 West und Südwest ist am wenigsten gefährdet<br />

-0.13 ("Keine Exposition" bedeuted Mulden, Kuppen und ebene Standorte).<br />

+0.30 • Standorte mit unterschiedlich alten Beständen und Steilstufen<br />

sind stark gefährdet<br />

+0.22 • ln höheren Lagen sind höhere Altersklassen gefährdet<br />

als in tieferen Lagen. (siehe Tabelle 4)


� )><br />

o-<br />

� �<br />

ä:<br />

c<br />

.. ::J<br />


� )><br />

0"<br />

� !=!.<br />

ä:<br />

!'-:><br />

c<br />

::J<br />

(Q<br />

(() .... . � ....<br />

s· CD !":'<br />

�t:L��<br />

� �. 5'<br />

()<br />

a.<br />

:iE ::E c<br />

Q)<br />

:::,<br />

:::. .<br />

V><br />

t:L 0<br />

.... . :::r<br />

D>•<br />

"' a.<br />

c:: ro<br />

� :J<br />

s·<br />

fQ c<br />

:J<br />

1}<br />

a.<br />

::3 lU<br />

Q) :J<br />

fQ<br />

-<br />

!?:!.<br />

Cl.. Ci)<br />

:J<br />

:iE a.<br />

() ro<br />

()<br />

Cl.. CJ)<br />

0<br />


155<br />

4 INTERPRETATION DER STANDÖR<strong>TLICHE</strong>N AUSWIRKUNGEN<br />

4.1 Gemeinsame Betrachtung von Schneebruch und Windwurf<br />

4.1. 1 Einfluß der Seehöhe<br />

Die Seehöhe ist jener Parameter, der den stärksten Einfluß auf das Schadrisiko<br />

ausübt (Tabelle 4). Sowohl die Gefährdung durch Schneebruch als auch die durch<br />

Windwurf nimmt mit der Seehöhe ab. Einerseits besteht direkt eine hohe Korrelation<br />

zwischen Seehöhe und Schadereignrssen, andererseits sind andere Parameter<br />

sehr stark von der Seehöhe abhängig . Mit der Seehöhe nimmt die Neigung zu und<br />

die Bonität ab. Ebenso geht die Seehöhe als ein Ausscheidungskriterium in die<br />

topographischen Einheiten ein. Weiters wird auch die Wuchsform des Baumes<br />

und die Struktur des Bestandes durch diesen Faktor beeinflußt. Mit der Seehöhe<br />

nimmt die Dauer der Vegetationszeit ab, die Jahrringbreite nimmt ab, die Bestände<br />

werden lichter, die Kronen länger, und der Stamm entwickelt sich abholziger.<br />

Durch den selektiven Einfluß des rauheren Klimas und der höheren Windgeschwindigkeiten<br />

in den Hochlagen müssen die Bäume ihre statischen Eigenschaften<br />

besser anpassen (Hütte, 1967). Auch Gärtner ( 1990) stellte eine steigende<br />

Stabilität der Bestände gegenüber Schneebruch mit steigender Seehöhe fest.<br />

Tabelle 4: Altersklasse mit dem größten Schneebruchrisiko innerhalb verschiedener<br />

Seehöhenklassen.<br />

Table 4: Age classes with the highest snow darnage risks within different altitudina/<br />

zones<br />

Altersklasse Altersklasse<br />

Seehöhe mit schadholzreichsten mit den meisten<br />

Schneebruchereignissen Schneebruchereignissen<br />

600 - 750 m 4,0 4.,1<br />

750 - 1000 m 4,3 4,1<br />

1000 - 1379 m 5, t<br />

4.1.2 Menschlicher Einfluß auf die Ergebnisse<br />

Da die Schadholzmengen aus Hiebsnachweisen stammen, wurden nur jene Schäden<br />

registriert, die auch aufgearbeitet wurden. Daher werden die nachgewiesenen<br />

Schadholzmengen sowohl von der Bringungslage wie auch von der Arbeitsmethode<br />

und dem Einsatzwillen des lokalen Forstpersonals stark mitbestimmt. Zum<br />

Beispiel wurden die höheren Lagen erst in den letzten Jahren und Jahrzehnten mit<br />

4,9


156<br />

Forststraßen und Rückegassen erschlossen. Darum wurden früher kleinere Schadereignisse<br />

mit geringer Festmetermenge oft nicht aufgearbeitet und somit auch<br />

nicht in den Hiebsnachweisen aufgezeichnet. Ähnlich wirkt sich auch die unterschiedliche<br />

Behandlung von Bäumen mit gebrochenem Wipfel durch die einzelnen<br />

Revierförster aus. Die Entscheidung, ob ein Baum mit Wipfelbruch im Bestand<br />

belassen wird oder nicht, übt auf jeden Fall einen gewissen Einfluß auf die Daten<br />

der Hiebsnachweise aus (Willinger, 1993).<br />

Ebenfalls von Bedeutung dürfte auch die frühere Holznutzung und die damit verbundenen<br />

Wiederaufforstungen sein. Nach der Untersuchung von Scholl (1993)<br />

über die historische Landnutzung im Bereich des Forstbetriebes wurden die Talla- ·<br />

gen nahe der Großen Mühl und des Klafterbaches sowie die Gebiete um den<br />

Schwarzenbergsehen Schwemmkanal durch Großkahlschläge genutzt. Die Kahlflächen<br />

wurden dann mit Pflanzen aufgeforstet, die aus Saatgut der Klenge Wr.<br />

Neustadt gezogen wurden. Dies läßt den Schluß zu, daß dadurch nicht nur der<br />

hohe Fichtenanteil in den Beständen verursacht wurde, sondern daß wahrscheinlich<br />

auch falsche Provenienzen in zu engem Pflanzverband eingebracht wurden.<br />

Versäumte Pflegeeingriffe in der entscheidemden Jugendphase haben in diesen<br />

Beständen weiter dazu beigetragen, daß die Bestandesstabilität nicht erhöht<br />

wurde. Es sind daher jetzt in diesen Gebieten durchwegs erhöhte Schadrisken,<br />

vor allem durch Schneebruch, festzustellen. Auch jene Moor- und Naßstandorte,<br />

die vor ca. 100 Jahren durch Gräben entwässert und dann mit hohen Stammzahlen<br />

aufgeforstet wurden, zeigen, durch unzureichende forstliche Maßnahmen<br />

verursacht, erhöhte Schadrisken.<br />

Die obigen Beobachtungen bestätigen die vielfach gemachten und auch zitierten<br />

Aussagen, daß hohe Ausgangspflanzenzahl und mangelnde Bestandesbehandlung<br />

instabile Bestände zur Folge haben (Abetz, 1989; Pollanschütz, 1980; Thomasius,<br />

1988). Ebenso bestätigen die Untersuchungen von Priehäusser ( 1 958) über die<br />

Schadanfälligkeit der verschiedenen Fichten-Rassen des Bayerischen Waldes<br />

gegenüber Witterungsextremen die oben gegebenen Schadhypothesen.<br />

4. 1.3 Risikoerhöhung durch Öffnung des homogenen Bestandesgefüges<br />

Die positive Korrelation zwischen der Schadholzmenge bzw. der Anzahl der<br />

Schadereignisse und der Tatsache der "Ungleichaltrigkeit" - daß nämlich auf einer<br />

Probefläche mindestens zwei Bestände mit unterschiedlicher Altersklasse stocken<br />

- weist auf die oft beschriebenen Gefährdungen hin, denen aufgerissene<br />

Bestände, offene Schlagfronten, Öffnungen durch Forststraßenbau etc. info lge<br />

extremer klimatischer Verhältnisse unterworfen sind (Mayer, 1984; Schwerdtfeger,<br />

1981).


4.2 Betrachtung des Schneebruchrisikos<br />

4.2.1 Schneebruchrisiko und Seehöhe<br />

157<br />

Die Berechnungen ergaben zwar, daß das Schneebruchrisiko mit der Seehöhe<br />

abnimmt, trotzdem kann kein Höhenbereich als "schneebruchsicher" bezeichnet<br />

werden. So war z.B. der größte Schadholzanfall eines Schneebruch-Ereignisses<br />

auf einer Probefläche in einer Seehöhe von 1250 m zu beobachten: Es war dies<br />

im Dezember 1966 im Revier Schwarzenberg, Abteilung 21f, Seehöhe 1250 m,<br />

Fläche 14,2 ha, 6. Altersklasse, Schadholzanfall 1025 fm. ln der Nachbarfläche<br />

21 e fielen beim selben Ereignis immerhin noch 700 fm an bei einer Fläche von<br />

17,8 ha und ebenfalls 6. Altersklasse.<br />

Gärtners (1990) Untersuchungen im Thüringer Wald ergaben, daß das Schneebruchrisiko<br />

mit der Seehöhe zunimmt. Dies dürfte aber nur scheinbar ein Widerspruch<br />

sein, da sich das Untersuchungsgebiet im Thüringer Wald in einem Seehöhenbereich<br />

von < 400 m bis 900 m befindet, der Österreichische Teil des Böhmerwaldes<br />

aber zwischen 600 m und 1379 m liegt. Das könnte jedoch heißen, daß<br />

sowohl im Böhmerwald durch das Fehlen der Lagen unter 600 m als auch im Thüringer<br />

Wald durch das Fehlen der Lagen über 900 m die Datenbasis so eingeschränkt<br />

ist, daß eine echte "Schneebruchzone", die in einer bestimmten Höhenzone<br />

mit maximalem Schadrisiko auftritt und von der aus nach oben wie auch<br />

nach unten die Risken wieder rückläufig sind, nicht zu erkennen ist.<br />

4.2.2 Größeres Schneebruchrisiko älterer Bestände in höheren Lagen<br />

Die statistischen Berechnungen ergaben, daß in höheren Lagen ältere Bestände<br />

mehr gefährdet sind als in tieferen Lagen. Im Tal ist im Mittel die 4. Altersklasse<br />

am stärksten betroffen, in den Lagen über 1000 m ist es die 5. Altersklasse<br />

(siehe dazu Tabelle 4). Ältere Bestände kämmen den Nebelniederschlag, welcher<br />

mit der Seehöhe zunimmt, stärker aus und sind dadurch in höheren Lagen mehr<br />

durch Rauhreif- und Rauhaisbehang gefährdet.<br />

4.2.3 Bedeutung der Exposition und der topographischen Einheit für das<br />

Schneebruchrisiko<br />

Eine wesentliche Rolle dürfte bei Schneebruchereignissen auch die Exposition<br />

spielen. Tabelle 5 zeigt dazu die Schadholzanfälle. Es konnte eine höhere Schadholzmenge<br />

in nord- und nordostexponierten Lagen gegenüber west-, südwestund<br />

nordwestexponierten Lagen festgestellt werden. Ost-, südost- und südexponierte<br />

Hänge weisen mittlere Schadholzmengen auf.


158<br />

Tabelle 5: Mittlere Schadholzmenge [fm/ha] je Probefläche nach verschiedenen<br />

Expositionen.<br />

Table 5: Average wood volurne (rn3!ha) per sarnple area for snow darnage events<br />

for differing slope azirnuth.<br />

Exposition fm/ha<br />

"KEINE" 23<br />

N 18<br />

NE 22<br />

E 15<br />

SE 15<br />

s 16<br />

sw 9<br />

w 11<br />

NW 11<br />

Andererseits muß aber festgehalten werden, daß in der topographischen Einheit<br />

"Tallage-Westseite" die weitaus größte Schadholzmenge anfällt (siehe Tabelle 6).<br />

Ähnliches zeigt auch, daß "Keine Exposition" - diese Kategorie findet sich zum<br />

Großteil in der "Tallage-Westseite" - eine zwar unwesentliche aber doch größere<br />

Schadholzmenge als Nord und Nordost aufweist (Tabelle 5). Zu bedenken ist<br />

auch, daß die topographische Einheit "Seitental N-S" eine Leelage darstellt und<br />

somit ein hoher Schadholzanfall zu erwarten wäre. ln dieser Einheit wird aber der<br />

geringste Anfall verzeichnet (Tabelle 6). Man könnte diese Beobachtungen folgendermaßen<br />

interpretieren: Der Parameter "Exposition" ist für jede Probefläche<br />

Tabelle 6: Mittlere Schadholzmenge [fm/ha] je Probefläche nach topographischen<br />

Einheiten.<br />

Ta ble 6: Average wood volurne (rn3!h a) per sarnple area for snow darnage events<br />

for differing topographic units.<br />

Topographische Einheit fm/ha<br />

Tallage Westseite 33<br />

Kuppe/Rücken N-S 14<br />

Kuppe/Rücken NW-SE 1 0<br />

Kuppe/Hochplateau • 13<br />

W-Hang 17<br />

SW-Hang, geschützte Lage 8<br />

SW-Hang 9<br />

NO-Hang 20<br />

Tallage Ostseite 24<br />

Seitental N-S 8


159<br />

individuell bestimmt und stellt somit eine relativ kleinräumige Charakterisierung<br />

der orographischen Verhältnisse dar. Nach dieser kleinflächigen Betrachtung<br />

kommt es zu einer Akkumulation von Schnee auf nord- bzw. nordostexponierten<br />

Standorten und somit zu erhöhter Schneebruchgefahr.<br />

Bei der Betrachtung der großräumigen Gliederung des Untersuchungsgebietes,<br />

wie dies bei der Ausscheidung von topographischen Einheiten geschieht, ist eher<br />

die Westseite als jene Lage mit der größten Gefährdung zu bezeichnen. Eine nicht<br />

unbedeutende Rolle für den großen Schadholzanfall an der Nordostseite des<br />

Gebirges dürfte auch der Einfluß des Moldaustausees spielen, der regelmäßig für<br />

reichlich Nebel und Nebelniederschlag sowie entsprechenden Rauhreifbehang<br />

sorgt.<br />

Mitscherlieh (1971) weist ebenfalls auf einen höheren Anfall an Schadholz auf<br />

den Nord- und Osthängen als in Süd- und Westlagen hin. Er erklärt diese Tatsache<br />

mit der starken Schneeablagerung an der Leeseite des Gebirges.<br />

4.3 Betrachtung des Windwurfrisikos<br />

4.3.1 Einfluß des Standortstyps auf das Windwurfrisiko<br />

Bei Windwürfen spielt neben den schon erörterten Seehöheneffekten auch der<br />

Standortstyp eine bedeutende Rolle. Wie zu erwarten war, besteht eine signifikant<br />

positive Korrelation zwischen Windwurfschäden und dem Standortstyp "An moorig<br />

Naß" . Auf diesen Standorten herrscht ein ungünstiger Lufthausha!t, der nur eine<br />

flache Durchwurzelung zuläßt. Daneben ist auch die mechanische Festigkeit dieser<br />

dauernd nassen, organischen Böden sehr gering.<br />

4.3.2 Auswirkungen des Geländereliefs auf das Windwurfrisiko<br />

Entsprechend der Schadkartierung würde ein erhöhtes Schadrisiko unmittelbar im<br />

Lee von kuppenartigen Erhebungen zu erwarten sein (siehe Abbildung 2). Dieser<br />

Effekt konnte aber bei den statistischen Berechnungen abgesichert werden, da<br />

keine signifikanten Korrelationen festgestellt wurden.<br />

Zwei Gründe dürften für die fehlende Korrelation verantwortlich sein:<br />

a: Obwo hl selten die ganze Probefläche von den Schadereignissen betroffen war,<br />

wurde die Schadholzmenge in den Hiebsnachweisen der ganzen Fläche zugeordnet.<br />

Innerhalb der Probefläche ist also nicht die genaue Lage der tatsächlichen<br />

Windwurfflächen bekannt. Weiters weisen die Probeflächen oft beträchtliche<br />

Größe auf, sodaß sie sich über verschieden gefährdete Relieftypen<br />

erstrecken. Diese Tatsachen erschweren natürlich das objektive Zuordnen von


160<br />

Schadereignissen zu gefährdeten bzw. nicht gefährdeten Relieftypen. Besonders<br />

um Kuppen findet der Wechsel von gefährdeten und nicht gefährdeten<br />

Standorten relativ abrupt und auf kurze Distanzen statt. Es wäre also<br />

notwendig, eine kleinräumig differenzierte Zuordnung des Schadholzes durchführen<br />

zu können.<br />

b: Diese Geländerelieftypen mit erhöhtem Windwurfrisiko wurden nicht im Gelände,<br />

sondern nur anhand von Kartenmaterial ausgeschieden. Eine Begehung des<br />

Gebietes würde möglicherweise eine genauere und objektivere Ausscheidung<br />

der einzelnen Relieftypen ermöglichen, da die Karte kleinräumige Reliefformen<br />

vernachiäßigt.<br />

4.3.3 Windwurfgefährdung und Bestandesalter<br />

Obwohl jene Probeflächen, auf welchen 1. bzw. 2. Altersklassen stockten, bei<br />

der Berechnung nicht berücksichtigt wurden, konnte eine deutliche, positive Korrelation<br />

zwischen Windwurfschäden und Alter festgestellt werden. Mit zunehmendem<br />

Alter wird der Baum höher, seine Krone ist infolgedessen höheren Windkräften<br />

ausgesetzt, und somit nimmt auch das Biegemoment zu, das auf Stamm<br />

und Wurzelteller wirken kann (Mayer, 1985).<br />

Für derartig windgefährdete Standorte, auf denen das Windwurfrisiko mit dem<br />

Alter progressiv ansteigt, trifft die Feststellung Mitscherlichs (1973) zu, daß man,<br />

wenn die Betriebssicherheit des ganzen Waldortes gewährleistet bleiben soll, als<br />

wirksame Vorbeugungsmaßnahme gegen Windwürfe mit geringeren Baumhöhen<br />

und verkürzten Umtriebszeiten auskommen muß.<br />

5 ERGEBNISSE DER KliMATOLOGISCHEN BETRACHTUNGEN<br />

5.1 Bedingungen, die zu Schneebruch führen<br />

5.1.1 Ausscheiden von klimabedingten Gefährdungsstufen anhand verschiedener<br />

Klimakonstellationen<br />

Anhand der Zeitangaben aus den betrieblichen Aufzeichnungen wurden die klimatischen<br />

Bedingungen, die zur Zeit der Schneebruchereignisse herrschten, erhoben<br />

(Tabelle 7). Mit den dazugehörigen Schadholzmengen verknüpft, konnten dann<br />

Klima-Schwellenwerte abgeleitet werden, die unterschiedliche Gefährdungsstufen<br />

abgrenzten (Tabelle 8). ln den Wintern, in denen keine Zeitangaben über Schneebruchereignisse<br />

existierten - das waren vor allem Winter mit geringem Schadholzanfal!<br />

- wurde jene Klimakonstellation gewählt, die am ehesten zu Schneebruch<br />

geführt haben könnte. Dies sind jene Zeitabschnitte mit den größten Niederschlägen<br />

bei gleichzeitigen Te mperaturschwankungen um den Gefrierpunkt.


161<br />

Ta belle 7: Gefährdungsstufen und Klimakennwerte für unterschiedliche Schneebruchereignisse.<br />

Table 7: Danger ra ting and climatic characteristics for different snow darnage<br />

events.<br />

Datum Gefährdungsstufe NSmaxfTag NSkrit NSgesamt Zkrit Zgesamt Schadholzanfall<br />

[mm] [mm] [mm] [Tage] [Tage] [Efm o.R.]<br />

Dez 1966 3 60 204 296 12 27 25580<br />

Dez 1 967 3 65 161 223 7 21 20893<br />

Feb 1970 3 53 242 378 13 32 21994<br />

Jän 1976 3 59 325 418 19 25 5533<br />

Dez 1 962 2 50 106 106 7 7 9763<br />

Mär1979 2 50 108 108 10 10 3776<br />

Jän 1986 2 36 167 234 8 14 10098<br />

Dez 1986 2 45 229 367 9 21 2833<br />

Mär 1 988 2 35 217 217 15 15 5239<br />

Dez 1988 2 33 172 214 12 21 5530<br />

*Jän 1959 24 111 111 27 27 1097<br />

*Feb 1961 47 134 165 6 13 195<br />

*Dez 1973 44 112 112 14 14 428<br />

Dez 1974 37 110 110 8 8 1500<br />

Jän 1981 36 112 187 6 20 3463<br />

*Jän 1983 33 125 144 16 21 160<br />

Feb 1 978 0 16 28 73 3 11 2481<br />

*Feb 1960 0 25 66 66 12 12 310<br />

*Jän 1965 0 25 61 65 4 10 750<br />

Nov 1975 0 18 55 55 9 9 334<br />

*Feb 1 962 0 31 85 105 11 14 320<br />

*Feb 1977 0 23 70 97 6 22 722<br />

Apr 1980 0 33 77 77 8 8 370<br />

*Jän 1982 0 35 76 76 6 6 1214<br />

*Feb 1984 0 37 66 106 5 9 31<br />

*Feb 1985 0 36 70 121 3 10 64<br />

*Feb 1990 0 34 78 78 6 6 121<br />

*Feb 1964 0 28 28 105 3 10 0<br />

*1968 0 Keine Niederschläge im 0<br />

*1969 0 kritischen Temperaturbereich 0<br />

*1971 Diese Jahre wurden nicht in der Berechnung berücksichtigt,<br />

*1972 da die Daten nicht zuverläßig erschienen<br />

* ... Für diese Winter gab es keine Zeitangaben in den betrieblichen Aufzeichnungen<br />

NSmaxfTag: Niederschlagsmenge des Tages mit maximalem Niederschlag<br />

NSkrit: Summe der Niederschläge der Tage mit kritischer Tagesmitteltemperatur<br />

NSgesamt: Summe der Niederschläge aller Tage des Beobachtungszeitraumes; auch die Tage, an<br />

denen die Tagesmitteltemperatur tiefer war als die kritische, wurden mitgerechnet<br />

Zkrit: Anzahl der Tage, im Beobachtungszeitraum, an denen kritische Temperatur herrschte<br />

Zgesamt: Beobachtungszeitraum: Dauer des zusammenhängenden Zeitraumes in dem die<br />

Tagesmitteltemperatur um den Gefrierpunkt schwankte


162<br />

Tabelle 8: lokale Klimakonstellationen verschiedener Schneebruch-Gefährdungsstufen.<br />

Ta ble 8: Local clima tic configuration for differing snow damage danger ratings.<br />

Temperatur<br />

< -0.5 oc oder > +2 .0 oc +<br />

Temperatur<br />

> -0.5 oc und < +2.0 oc<br />

NSmax/Tag < 50 mm<br />

NSmax/Tag > 50 mm<br />

NSkrit < 1 00 mm<br />

NSkrit > 100 und 150 mm<br />

NSgesamt < 200 mm<br />

NSgesamt > 200 mm<br />

mittlerer Schadholzanfall<br />

eines Ereignisses dieser<br />

Gefährdungsstufe, auf einer<br />

Fläche von 5530 ha<br />

keine<br />

Schneebruch -<br />

Gefährdung<br />

Stufe 0 oder Stufe 0<br />

480 Efm<br />

Erläuterungen zum Gebrauch der Tabelle 8:<br />

+<br />

+<br />

geringe<br />

Schneebruch-<br />

Gefährdung<br />

Stufe 1<br />

1300 Efm<br />

mittlere hohe<br />

Schneebruch - Schneebruch -<br />

Gefährdung Gefährdung<br />

Stufe 2 oder Stufe 2 Stufe 3<br />

+ + +<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+ +<br />

+ +<br />

+<br />

6200 Efm 18500 Efm<br />

z.B. Stufe 0: Es herrscht keine Schneebruchgefahr, wenn die Tagesmitteltemperatur nicht im kritischen Bereich,<br />

zwischen - 0.5 und +2.0 o C, liegt.<br />

Oder<br />

Es herrscht keine Schneebruchgefahr, wenn die Tagesmitteltemperatur zwar im kritischen Bereich liegt,<br />

aber an keinem Tag mehr als 50 mm Niederschlag fällt (NSmax/Tag), die Niederschlagssumme der Tage<br />

mit kritischer Temperatur (NSkrit) kleiner als 100 mm ist und weiters die Niederschlagssumme des Zeitraumes,<br />

in dem die Tagesmitteltemperatur um den Gefrierpunkt schwankt (NSgesamt), weniger als 200<br />

mm beträgt.<br />

z.B. Stufe 2: Es herrscht mittlere Schneebruchgefahr, wenn die Tagesmitteltemperatur im kritischen Bereich liegt,<br />

an keinem Tag mehr als 50 mm Niederschlag fällt (NSmax/Tag), die Niederschlagssumme der Tage mit<br />

kritischer Temperatur (NSkrit) größer als 150 mm ist und weiters die Niederschlagssumme des Zeitraumes,<br />

in dem die Tagesmitteltemperatur um den Gefrierpunkt schwankt (NSgesamt), mehr als 200 mm beträgt.<br />

Oder<br />

Es herrscht mittlere Schneebruchgefahr, wenn die Tagesmitteltemperatur im kritischen Bereich liegt, an<br />

mindestens einem Tag mehr als 50 mm Niederschlag fällt (NSmax!Tag), die Niederschlagssumme der Tage<br />

mit kritischer Temperatur (NSkrit) zwischen 100 und 150 mm beträgt und weiters die Niederschlagssumme<br />

des Zeitraumes, in dem die Tagesmitteltemperatur um den Gefrierpunkt schwankt (NSgesamt),<br />

weniger als 200 mm beträgt.


163<br />

Für die Ableitung dieser Schwellenwerte wurden die Niederschlagsdaten der<br />

Klimamaßstationen Schwarzenberg und, soweit vorhanden, von der Station<br />

Schöneben verwendet. Als dritte Station stand Schlägl zur Verfügung.<br />

Die Niederschlagsdaten der Station Schlägl wurden jedoch wegen stärkerer, negativer<br />

Abweichungen von den beiden anderen nicht zur Schwellenwertabgrenzung<br />

herangezogen. Zum Abschätzen der Te mperaturverhältnisse im Untersuchungsgebiet<br />

wurden die Daten aller drei Stationen verwendet.<br />

Als kritischer Temperaturbereich wurd e ein Bereich von Tagesmitteltemperaturen<br />

zwischen -0,5 und + 2,0°C gewählt. ln diesem Intervall ist die Häufigkeit für Naßschneefälle<br />

am größten (US Army Corps of Engineers, 1956). Zum Anschätzen<br />

der Temperaturen auf höher gelegenen Probeflächen des Untersuchungsgebietes<br />

wurden die Temperaturgradienten für polarmaritime und maritime Wetterlage von<br />

Geiger (1961 ) verwendet. Diese weisen im Gegensatz zu einer kontinentalen Wetterlage<br />

einen nahezu linearen Verlauf der Temperatur über der Seehöhe auf mit<br />

einer Temperaturabnahme von 0,5 bis 0,6°C/1 00 m. Auch Baumgartner (1961 )<br />

nennt nach Untersuchungen am Großen Falkenstein Werte von 0,55 bis<br />

0,84°C/1 00 m für den linearen Bereich (900 - 1300 m) oberhalb der Temperaturinversion.<br />

Das heißt, daß bei Temperaturen um +4°C bei der Talstation in hohen<br />

Lagen des Untersuchungsgebietes sehr wohl kritische Te mperaturen zwischen<br />

-0,5 und + 2,0°C herrschen können.<br />

Die großen Schneebruchkatastrophen fanden im Untersuchungszeitraum nur bei<br />

Westwetterlage statt. Tiefdruck über dem Nordmeer und dem Mittelmeer sorgt für<br />

Störungsfronten und bringt feuchtwarme Luftmassen und Schnee. Tritt diese<br />

Wetterlage in einem Zeitraum von mehreren Tagen bis Wochen immer wieder auf,<br />

unterbrochen durch kurze Zwischenhochs mit Frost, wird die Situation für<br />

Schneebruchschäden besonders kritisch.<br />

Anhand konkreter Zeitangaben der betrieblichen Aufzeichnungen und den dazugehörigen<br />

Schadholzmengen konnten klimabedingte Gefährdungsstufen, wie in<br />

Tabelle 8 dargestellt, ausgeschieden werden.<br />

Die oben angegebenen Schwellenwerte wurden aufgrund von stochastischen<br />

Zusammenhängen ermittelt und geben daher einen Anhalt über das Schneebruchrisiko<br />

mit entsprechenden statistischen Konfidenzbereichen. Dies resultiert<br />

mitunter in Fehleinstufungen, wobei der Grund dafür auch darin zu suchen ist,<br />

daß für die Ableitung von Schwellenwerten nur Klimadaten von Stationen mit<br />

beeinträchtigter Repräsentativität zur Verfügung standen. Die Hauptdaten kamen<br />

von zwei Klimastationen, die sich beide in Tallage und auf der Westseite befinden,<br />

lediglich für die letzten 6 Jahre [Temp.] bzw. 3 Jahre [Niederschlag] waren<br />

Daten von der im Schadgebiet gelegenen Station Schöneben vorhanden. Als Beispiel<br />

für eine derartige Fehleinstufung sei das Schneebruchereignis im Februar<br />

1978 erwähnt. Nach den Klimadaten der Meßstationen auf der Westseite wäre


164<br />

die Wetterlage als Gefährdungsstufe 0 zu werten, trotzd em fielen auf der anderen<br />

Seite des Gebirges, in den topographischen Einheiten "Tallage Ostseite" und<br />

"Nordosthang", sowie in der Einheit "Kuppe/Rücken N-S" 248 1 Efm Schadholz<br />

an.<br />

5.1.2 Abfolge verschiedener Wettersituationen als Schadursache<br />

Die Analyse aller Schadereignisse zeigt, daß nicht nur große Niederschlagsmengen<br />

innerhalb weniger Tage zu Schäden führen, sondern daß über mehrere Tage<br />

oder Wochen andauernde zonale Westwetterlage mit raschen Frontdurchgängen,<br />

ergiebigen Niederschlägen und zwischendurch auftretenden Frostperioden zu den<br />

weitaus größten Schadholzmengen führen. Besonders belastend wirkt sich aus,<br />

wenn der kritische Temperaturbereich immer in denselben Höhenlagen auftritt und<br />

es somit zu einer außergewöhnlichen Akkumulation von Schnee- und Eislasten<br />

kommt. Zu einer Entspannung der Situation kann es durch dazwischen auftretende<br />

Warmwetterphasen kommen.<br />

5.1 .3 Einfluß des Windes auf Schneebruchereignisse<br />

Eine Beurteilung dieser Zusammenhänge ist bei der Untersuchung in Schlägl nur<br />

bedingt möglich, da die Windgeschwindigkeitsdaten von der ca. 50 km entfernten<br />

Station Unz-Hörsching stammen. Im Gegensatz zu Wetterlagen mit großräumigen<br />

Frontalstürmen, liegen in diesen Fä llen teilweise nicht so homogene Windfelder<br />

vor, die es erlauben, den gesamten Winddatensatz zu verwenden.<br />

Wenn man diese Daten trotz dieser Mängel auswertet, kommt man zu folgendem<br />

Ergebnis: Geringe Windgeschwindigkeit während der Naßschneefälle und große<br />

Windgeschwindigkeit danach erhöhen den Schadholzanfall (1962, 1966, 1967,<br />

1970). Hingegen reduzieren Stürme während der Naßschneefälle das Schadensausmaß<br />

( 1961, 1976). Auch das Forstamt des Stiftes Schlägl berichtet von der<br />

schadensreduzierenden Wirkung der Stürme, wie z.B. im Jänner 1976.<br />

Gärtner ( 1 990) widerspricht dem teilweise, indem er feststellt, daß die Gefä hrdung<br />

der Bestände steigt, wenn während bzw. nach den Naßschneefällen starker<br />

Wind weht. Jedoch werden von mehreren Autoren eher die oben dargestellten<br />

Beziehungen bestätigt. So schreibt Mitscherlieh (1971 ) von besonderer Gefährdung<br />

bei Naßschneefällen während Windstille und Temperaturen um den Gefrierpunkt.<br />

Rettermann ( 1985) nennt als klimatische Voraussetzung für Schneebruchschäden<br />

ebenfalls ergiebige Naßschneefälle, vor allem bei Windstille.<br />

Weht über längere Zeit ein beständiger Wind bei hoher Luftfeuchtigkeit, so kommt<br />

es zu mächtigen Ablagerungen von Rauhreif und Rauhfrost, welche vor allem in<br />

hohen Lagen das Bruchrisiko stark erhöhen (Häckel, 1990).


165<br />

5.2 Bedingungen, die zu Windwurf führen<br />

5.2.1 Ausscheiden von registrierten Frontenstürmen und Gewitterstürmen<br />

Im Gegensatz zum Schneebruch konnten beim Windwurf nicht alle 32 Jahre des<br />

Untersuchungszeitraumes für Unte rsuchungen auf Zusammenhänge zwischen<br />

Schadereignissen und klimatischen Besonderheiten herangezogen werden. Zur<br />

Auswertung wurden nur jene Windwurfkatastrophen verwendet, die vom Betrieb<br />

datumsmäßig genau registriert wurden.<br />

Aufgrund von Großwetterlage, Aufzeichnungen der Klimastationen und der<br />

betrieblichen Beschreibung der Katastrophe konnten Frontenstürme mit einem<br />

großräumig homogenen Windfeld · und lokale Gewitterstürme als Auslöser von<br />

Schadereignissen unterschieden werden. Für die auf diese Weise selektierten<br />

Frontenstürme konnten nun mit Berechtigung die Windspitzen und Windrichtungen<br />

der Maßstation linz-Hörsching für die Regressionsrechnung am Schadort verwendet<br />

werden. Damit blieben aber nur sechs Jahre mit Windwurfereignissen zur<br />

Auswertung übrig. Es sind dies die Jahre 62, 72, 76, 79, 84 und 90.<br />

Durch die beschränkte Datenlage war es nicht möglich, so deutlich quantifizierte<br />

Gefährdungsstufen wie im Falle des Schneebruchrisikos zu finden. Trotzdem zeigten<br />

die Berechnungen einen Einfluß der herrschenden Temperatur und des Bodenfeuchtezustandes<br />

auf das Windwurfrisiko auf.<br />

Ist der Boden zur winterlichen Hauptsturmzeit tief gefroren, so kann ein Baum<br />

oder Bestand nur gebrochen werden. Dazu sind höhere Windgeschwindigkeiten<br />

erforderlich als zum Wurf, das heißt, das Risiko auf Sturmschäden sinkt. Ist aber<br />

der Boden durch anhaltende Regenfälle oder durch Schneeschmelze aufgeweicht,<br />

so tritt schon bei vergleichsweise geringen Windstärken ein Wurf ein. Der durch<br />

die jeweilige Wetterlage bedingte Bodenzustand gehört somit auch zu den meteorologischen<br />

Faktoren, welche die Windgefährdung wesentlich beeinflussen<br />

(Geiger, 1950).<br />

Für den witterungsbedingten Bodenzustand wurden in Anlehnung an Geiger<br />

( 1 950) drei Gefährdungsstufen ausgeschieden (Tabelle 9).<br />

Je niedriger die Gefä hrdungsstufe info lge des Bodenzustandes, desto höhere<br />

Windgeschwindigkeit ist notwendig, um ein Schadereignis zu bewirken.<br />

Mittels Regression mit den unabhängigen Variablen Staudruck bzw. Windgeschwindigkeit,<br />

Windrichtung, Bodenzustand und deren Wechselwirkungen konnte<br />

ein signifikanter Zusammenhang des Schadholzanfalls mit dem Staudruck bzw.<br />

der Windgeschwindigkeit festgestellt werden. Bei Verwendung des Staudruckes<br />

beträgt das Bestimmtheitsmaß 82% * * *. Mit der Windgeschwindigkeit wurde hin-


166<br />

gegen nur ein Bestimmtheitsmaß von 75% * * * erreicht. Das zeigt, daß die<br />

Windwurfgefährdung mit der Windgeschwindigkeit nicht linear zunimmt, sondern<br />

wie der Staudruck exponentiell.<br />

Tabelle 9: Einfluß des Bodenzustandes auf das Windwurfrisiko und abgeleitete<br />

Gefä hrdungsstufen.<br />

Ta ble 9: Th e in fluence of soil conditions upon wind thro w risk and deducted<br />

danger ratings.<br />

Gefährdungsstufe 1 I geringe Gefährdung:<br />

Gefährdungsstufe 2 I mittlere Gefährdung:<br />

Gefährdungsstufe 3 I hohe Gefährdung:<br />

Der Boden ist gefroren.<br />

Der Boden ist nicht gefroren,<br />

aber er ist nicht durch Niederschläge<br />

aufgeweicht.<br />

Der Boden ist nicht gefroren,<br />

und er ist durch Niederschläge<br />

aufgeweicht.<br />

Bei Einbeziehung der Interaktion des Staudruckes mit dem Bodenzustand erhöht<br />

sich das Bestimmtheitsmaß auf 88% * * *. Die größte Verbesserung im multiplen<br />

Regressionsmodell mit Staudruck und Bodenzustand als unabhängigen Variablen<br />

wurde erreicht, wenn die Bodenzustandsstufen 1, 2 und 3 (Tabelle 9) mit 1.0,<br />

1.2 und 1.4 codiert und damit pseudostetig gemacht wurden.<br />

Das bedeutet, vom Staudruck auf Windgeschwindigkeit zurücktransformiert, daß<br />

das Schadrisiko eines Sturms mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h bei Bodenzustand<br />

2 (trockenem, nicht gefrorenem Boden) und bei Bodenzustand 3 (aufgeweichtem,<br />

nicht gefrorenem Boden) bereits bei 90 km/h erreicht würde, bzw. bei<br />

Bodenzustand 1 (gefrorenem Boden) ergäbe sich das gleiche Schadrisiko erst bei<br />

110 km/h.<br />

Elling et al. (1987) untersuchten im Nationalpark Bayerischer Wald die Sturmschäden<br />

von 1868 bis 1970 und berichten von drei vorherrschenden Sturmtypen:<br />

Typ 1: Herbst- und Winterstürme (Oktober bis März) aus West bis Südwest<br />

Die Dauer beträgt viele Stunden bis mehrere Tage. Wurf und Bruch treten<br />

sowohl nesterweise als auch flächig auf. Oft werden, über sämtliche<br />

Abteilungen verstreut, einzelne Bäume niedergelegt.<br />

Typ 2: Herbst- und Winterstürme (Oktober bis März) aus Ost bis Nordost<br />

Die sogenannten "Böhmwinde" halten meist einen oder mehrere Tage lang<br />

an. Typisch für sie ist, daß ihr Schaden sich nicht auf große Flächen<br />

erstreckt, sondern gassen-, streifen- und nesterweise auftritt.


167<br />

Typ 3: Sommerstürme (Juni bis August) in Begleitung von Gewittern<br />

kommen aus verschiedenen Himmelsrichtungen, vorwiegend jedoch aus<br />

Südwest bis West. Sie dauern meist nur 1 bis 2 Stunden - oft noch kürzer.<br />

Die Waldbestände werden flächen- und gassenweise geworfen und<br />

gebrochen. Auffällig ist, daß Gewitterstürme vor allem in den tieferen<br />

Lagen Schäden bewirken.<br />

Der Schadholzanfall, den Stürme der drei Typen zwischen 1868 und 1970 verursacht<br />

haben, teilt sich folgendermaßen auf:<br />

Typ 1: 51 % Typ 2: 15 % Typ 3: 34 %<br />

Die Sturmtypisierung, wie sie von Elling et al. (1987) angegeben wird, kann auch<br />

vollinhaltlich auf das Untersuchungsgebiet übertragen werden. Der Vergleich des<br />

nach Sturmtypen stratifizierten Schadholzanfalls, den die Stürme der Jahre 62,<br />

72, 75, 76, 79, 81, 83, 84, 88, 90 in der Forstverwaltung Schlägl verursachten<br />

(siehe Tab. 1 0), zeigt ein ähnliches Muster, nämlich:<br />

Typ 1: 66 % Typ 2: 9% Typ 3: 25 %<br />

Tabelle 10: Windwurfereignisse mit genauen Zeitangaben (Nähere Angaben über<br />

den Bodenzustand siehe Tabelle 9).<br />

Table 10: Win d thro w events by exact dates (For further in forma tions concerning<br />

soil conditions see Table 9).<br />

Zeitraum Böenspitze Staudruck Windrichtung Bodenzustand Schadholzmenge<br />

[m/s] [dN/m2] Gelährdun�stule [Eim o.R.]<br />

Fronten-Stürme<br />

1962 12.2.-17.2. 33 70 West 7270<br />

1972 12.3. 25 40 Ost 2 6790<br />

1976 2.1 .·5.1. 33 70 West 5620<br />

1979 11.12. 22 30 West 3 1970<br />

1984 23. 11 38 90 Nordwest 3 10520<br />

1990 28.2.-1.3. 45 125 West 3 25470<br />

Gewitter-Stürme<br />

1975 1.8.-2.8. 3 5130<br />

1981 3.7<br />

3 7620<br />

1983 1.8. 3 4060<br />

1988 24.7. 3 1970


168<br />

Mit gewissen Ta leranzen stimmen die Werte von Elling et al. mit den Ergebnissen<br />

von Schlägl überein. Ebenso kann die Beobachtung bestätigt werden, daß Gewitterstürme<br />

vor allem in den tieferen Lagen Schäden bewirken.<br />

5.2.2 Jahreszeitliche Verteilung der Wetterlagen mit Windwurfgefährdung<br />

Die vier zeitlich registrierten Gewitterstürme mit Windwurfschäden ereigneten sich<br />

in den Monaten Juli und August. Vor allem die Wetterlagen mit kontinentalem<br />

Hochdruckgebiet bzw. Hochdruckbrücken von Südwest nach Nordost oder von<br />

West nach Ost bilden im Sommer die Voraussetzungen für derartige Schadereignisse.<br />

Es herrscht flache Druckverteilung über Mitteleuropa. Es ist wärmer als<br />

normal, zeitweise sehr warm bis heiß, darum kommt es immer wieder durch<br />

Hebung der warmen, labilen Luftmassen zum Auftreten von Wärmegewittern und<br />

Konvektionsstürmen (Baur, 1947) und somit zur Windwurfgefahr.<br />

Die sechs registrierten Frontenstürme ereigneten sich in den Monaten November,<br />

Dezember, Jänner, Februar und März.<br />

ln den Herbst- und Wintermonaten kommt es zu ausgeprägter Bildung dynamischer<br />

Hoch- und Tiefdruckgebiete. Diese weisen große Luftdruckunterschiede auf<br />

und führen zu starken Stürmen aus Nordwest bis Südwest. Entscheidend ist, wie<br />

ausgeprägt die über lsland und Großbritanien kommenden Tiefdruckgebiete sind,<br />

und ob sie sich am Festland rasch auffüllen und damit verschwinden.<br />

Im Winter treten auch mit Regelmäßigkeit sehr ausgeprägte Kälte-Hochdruckgebiete<br />

über Osteuropa und Asien auf. Diese verursachen bei starken Druckgradienten<br />

Winterstürme aus Nordost bis Ost. Sie bringen meist trockene, kontinentale<br />

Kaltluft (Baur, 1947; Häckel, 1990). Geiger (1950) schreibt von einem Wintermaximum<br />

der Sturmgefährdung in den Monaten Dezember, Jänner und Februar. "Der<br />

Kernwinter bringt die kräftigsten Tiefdruckgebiete, die größte Luftdruckveränderlichkeit<br />

und darum auch am häufigsten Stürme."<br />

7 LITERATUR<br />

ABETZ P., 1989: Sind Schneebruchschäden unvermeidbare Naturereignisse? AFZ 44: 29-31.<br />

BAUMGARTNER A., 1961 : Lufttemperatur als Standortsfaktor am Großen Falkenstein, 2. Mitteilung.<br />

Fw. Cb. 80: 107- 120.<br />

BAUR F., 1947: Musterbeispiele europäischer Großwetterlagen. Dietrich'sche Verlagsbuchhandlung,<br />

Wiesbaden, 35.<br />

ELUNG W., E. BAUER, H. KLEMM u. H. KOCH, 1987: Klima und Böden. Nationalpark Bayrischer<br />

Wald 1, 255.<br />

GÄRTNER S., 1990: Zur standortspezifischen Schneebruchgefährdung der Fichtenbestände im<br />

Thüringer Wald. Beiträge für die Forstwirtschaft 24: 16-21 .<br />

GEIGER R., 1950: Die meteorologischen Voraussetzungen der Sturmgefährdung. Fw. Cb. 69: 71 -<br />

81 .


169<br />

HÄCKEL H., 1990: Meteorologie. Ulmer, UTB, Stuttgart, 402.<br />

HÜTTE P., 1967: Die standörtlichen Voraussetzungen der Sturmschäden. Fw. Cb. 86: 276-295.<br />

INSTITUT <strong>FÜR</strong> <strong>FOR</strong>S<strong>TLICHE</strong> STANDORTS<strong>FOR</strong>SCHUNG, 1971: Standortskartierung der Reviere<br />

nördlich der Großen Mühl des Forstbetriebes des Stiftes Schlägl. Revier Obernhof. Wien, 115.<br />

MAYER H., 1984: Waldbau. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, New York, 514.<br />

MAYER He., 1985: Baumschwingungen und Sturmgefährdung des Waldes. Univ. München, Meteorolog.<br />

lnst., Wissenschaftliche Mitteilung 51 , 247.<br />

MITSCHERLICH G., 1971 : Waldklima und Wasserhaushalt. ln: Wald, Wachstum und Umwelt,<br />

Bd. 2, Frankfurt/Main.<br />

MITSCHERLICH G., 1973: Wald und Wind. AFJZ 144: 76-81 .<br />

POLLANSCHÜTZ J., 1980: Erfahrungen aus der Schneebruchkatastrophe 1 979. AFZ 91: 123-1 25.<br />

PRIEHÄUSSER J., 1958: Die Fichten-Variationen und -Kombinationen des Bayerischen Waldes<br />

nach phänologischen Merkmalen mit BestimmungsschlüsseL Fw. Cb. 77: 151-171 .<br />

ROTTMANN M., 1985: Schneebruchschäden in Nadelholzbeständen. J.D. Sauerländer's Verlag,<br />

Frankfurt/Main, 159.<br />

SCHOLL T., 1993: Historische Landnutzung des Stiftes Schlägl. Diplomarb., Univ. Bodenkultur<br />

Wien, vorläufige Ergebnisse, unpubliziert.<br />

SCHWERDTFEGER F., 1981 : Die Waldkrankheiten. Verlag Paul Parey, Harnburg und Berlin, 486.<br />

THOMASIUS H., 1988: Stabilität natürlicher und künstlicher Waldökosysteme sowie deren Beeinflußbarkeit<br />

durch forstwirtschaftliche Maßnahmen. AFZ 43: 1037-1043 u. 1064-1 068.<br />

US ARMY CORPS OF ENGINEERS, 1956: Snow Hydrology. Portland, OR., 437.<br />

WILLINGER M., 1993: Klimabedingte Waldschäden (Untersuchungen im Österreichischen Teil des<br />

Böhmerwaldes). FIW - Forschungsber. 199 3/2, ÖGWEB, Univ. Bodenkultur Wien, 109-1 26.<br />

WILLINGER M., 1993: Schneebruch- und Windwurfschäden im Österreichischen Teil des Böhmerwaldes<br />

in den Jahren 1959-1 990 und ihre standörtlichen und klimatologischen Ursachen. Diplomarb.,<br />

Univ. Bodenkultur Wien, 72.<br />

WOHLMACHER J., 1992: Zusammenfassende und vergleichende Auswertung der forstlichen<br />

Stichprobeninventuren für den gesamten Forstbetrieb des Prämonstratenser Chorherren Stiftes<br />

Schlägl 1980-1 990. Diplomarb., Univ. Bodenkultur Wien, 67.


170


171<br />

BETEILIGUNG VON PILZEN AM ZWEIG- UND ASTSTERBEN<br />

DER FICHTE IM REVIER SONNENWALD (BÖHMERWALD)<br />

GONTRIBUTION OF FUNGI TO TW!G- AND BRA NCH-DIEBA CK<br />

ON SPRUCE IN THE TERR/TORY OF SONNENWALD (BOHEMIA N <strong>FOR</strong>EST)<br />

Andreas NEUMÜLLER<br />

Institut für Forstentomologie, Forstpathologie und Forstschutz<br />

Universität für Bodenkultur Wien<br />

Hasenauerstraße 38, A - 1190 Wien<br />

SUMMARY<br />

ln the western area of the Mühlviertel, a region of Upper Austria, dieback of twigs and branches<br />

(sometimes even of the top) is observed in older Norway spruces (Picea abies (L.l Karst.). This<br />

paper describes the situation and works out the differences to defoliation, which also occurs in<br />

this part of Austria. Furthermore, the fungi on dying twigs and branches were examined and their<br />

role in the development of the disaase is discussed.<br />

The most important results of this research project are the following:<br />

* First symptoms appear on individual branches or groups of branches and may then spread over<br />

the whole crown (sometimes even top dieback is caused) .<br />

.. The symptoms occur individually on all mature trees but an accumulation was discovered in two<br />

regions.<br />

.. ln almest all cases, fungi could be isolated from bark and wood of dead parts of branches. The<br />

living parts showed clear difference of bark and wood in colonization rate at the individual isolation<br />

sections. The colonization frequency of bark varied between 80 and 1 00%, that of wood<br />

between 10 and 30%. The bark of twigs was not separated from wood and, no matter if twigs<br />

were living, dying or dead, they showed a colonization frequency of 100% .<br />

.. Apart from few Ascomycetes or their anamorphs, the fungi of dying branches and twigs mainly<br />

belonged to the group of Deuteromycetes, the number of Hyphomycetes being almest three<br />

times higher than that of Coelomycetes.<br />

* The most frequent species in branches were Geniculosporium sp. 1, Macrophoma excelsa, Mollisia<br />

cinerea, Mollisia sp., Pezicula livida, Phialocephala sp. and Siro coccus sp. The most frequent<br />

endophyte which, apart from the above-mentioned fungi, affected twigs was Xylaria sp. 1.<br />

* Sirococcus strobilinus was found to be the cause for the dieback of current year's shoots.<br />

* Gemmamyces piceae produced bud dieback on one sample tree and therefore caused irregular<br />

shoot development.<br />

• A complex of factors is to be regarded as the reason for twig and branch dieback, fungal infections<br />

{esp. by Sirococcus strobilin us) having predisposing influence on the occurrence of symptoms.<br />

KEYWORDS: Norway spruce, Picea abies {L.l Karst., endophytes, shoot dieback, Sirococcus strobilinus,<br />

Pezicula livida.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Im Gebiet des westlichen Mühlviertels tritt ein Absterben von Zweigen und Ästen (manchmal einschließlich<br />

Wipfel) an älteren Fichten (Picea abies (L.) Karst.) auf. ln der vorliegenden Untersuchung<br />

wird eine Beschreibung des Krankheitsbildes gegeben und der Unterschied zu den in diesem<br />

Gebiet ebenfalls auftretenden Kronenverlichtungen herausgearbeitet. Weiters wurde die Pilzflora<br />

von absterbenden Zweigen und Ästen untersucht und der Frage nachgegangen, welche Rolle Pilze<br />

in diesem Zusammenhang spielen.<br />

Die wichtigsten Ergebnisse können wie folgt zusammengefaßt werden:<br />

Forstliche Schriftenreihe, Universität für Bodenkultur Wien, Bd. 7, 7 994.<br />

ÖG WEB (Österr. Ges. f. Waldökosystemforschung und experimentelle Baumforschung I ISBN 3-900865-06-X.


172<br />

" Die Symptome beginnen an einzelnen Ästen oder Astgruppen und können sich auf den ganzen<br />

Baum ausbreiten {mitunter Absterben des Wipfels).<br />

* Die Symptome treten vereinzelt in allen Altbeständen auf, jedoch konnte eine Akkumulation in<br />

zwei Gebieten festgestellt werden.<br />

" Aus den abgestorbenen Teilen der Äste konnten sowohl aus der Rinde als auch aus dem Holz in<br />

fast allen Fällen Pilze isoliert werden. Bei den lebenden Teilen zeigten sich deutliche Unterschiede<br />

in der Befallsrate an den einzelnen Abimpfungsstellen zwischen Rinde und Holz. Bei Rinde lag sie<br />

zwischen 80 und 100%, bei Holz zwischen 10 und 30%. Seitenzweige, bei denen keine Trennung<br />

der Rinde vom Holz erfolgte, wiesen unabhängig davon, ob es sich um lebende, absterbende<br />

oder tote Zweige handelte, einen 1 OOo/oigen Befall auf.<br />

" Die Pilzflora der absterbenden Äste setzt sich neben wenigen Ascomyceten bzw. deren Anamorphen<br />

vorwiegend aus Deuteromyceten zusammen, wobei fast dreimal so viele Hyphomyceten als<br />

Coelomyceten vertreten waren.<br />

" An den Hauptästen traten Geniculosporium sp. 1, Macrophoma excelsa, Mollisia cinerea, Mollisia<br />

sp., Pezicula /ivida, Phialocephala sp. und Sirococcus sp. am häufigsten auf. An den Seitenzweigen<br />

erwies sich Xylaria sp. 1 neben den o.a. Pilzen als häufigster Endophyt.<br />

" Als Auslöser des Absterbens diesjähriger Triebe konnte Sirococcus strobilinus festgestellt werden.<br />

" Gemmamyces piceae verursachte an einem Probebaum ein Absterben der Knospen und als Folge<br />

Verzweigungsanomalien.<br />

" Als Ursache des Absterbens von Zweigen und Ästen ist ein Faktorenkomplex anzusehen, in dem<br />

Pilzinfektionen (v.a. durch Sirococcus strobilinusl eine entscheidende Rolle bei der Symptomausprägung<br />

spielen. . .<br />

STICHWÖRTER: Fichte, Picea abies (l.) Karst., Endophyten, Triebsterben, Sirococcus strobilinus,<br />

Pezicula livida.<br />

1 EINLEITUNG<br />

Bei den Erhebungen des Kronenzustandes der Fichten im Revier Sonnenwald<br />

waren auch vom üblichen Bild der Kronenverlichtung abweichende Schadsymptome<br />

aufgefallen.<br />

Neben der auftretenden Verlichtung der Krone von innen nach außen, die durch<br />

vorzeitigen Abfall älterer Nadeljahrgänge verursacht wird, war auch ein Absterben<br />

von Zweigen, Ästen oder ganzer Kronenteile (vorwiegend Wipfel) zu beobachten.<br />

Die Symptome beider Krankheitsbilder sind in Tabelle 1 zusammengefaßt.<br />

Darüber hinaus war auch ein epidemisches Absterben diesjähriger Triebe sowohl<br />

an bere its geschädigten Ästen als auch an gesunden Zweigen und Ästen festzustellen.<br />

Bezüglich der räumlichen Ausdehnung der Symptome des Zweig- und Aststerbens<br />

in Revier ist zu beobachten, daß sie vereinzelt in allen Altbeständen zu finden<br />

sind. Vermehrt treten sie in zwei Gebieten auf (Abb. 1 ):<br />

* im südöstlichen Teil südlich und westlich des Großen Bärensteins (1 077 m)<br />

* im westlichen Teil rund um den Sulzberg ( 1 041 m)


173<br />

Tabelle 1: Die im Untersuchungsgebiet auftretenden Schadsymptome.<br />

Ta ble 1: Symp toms of darnage in the in vestig ation area.<br />

Kronenverlichtungen<br />

* aufgrund des vorzeitigen Abfalls<br />

der älteren Nadeljahrgänge beginnt<br />

sich die Krone von innen nach außen<br />

zu lichten<br />

* Abfall der älteren Nadeljahrgänge<br />

in der ganzen Krone<br />

* die ganze Krone wirkt "zerzaust"<br />

* großflächiges Auftreten<br />

Symptome d. Zweig- und Aststerbans<br />

* Absterben der Äste von außen<br />

nach innen<br />

* $.ymptome beginnen an einzelnen<br />

Asten bzw. Astgruppen; können<br />

sich auf den ganzen Baum ausbreiten<br />

* oft ein schroffer Übergang<br />

zwischen abgestorbenem Teil<br />

des Astes und vitalen Zweigen<br />

* Auftreten der Symptome lokal<br />

begrenzt; oft einzelba umweise<br />

� Flächen mit vermehrtem Auftreten<br />

� von Schadsymptomen<br />

Abbildung 1: Lage der Flächen mit vermehrtem Auftreten von Schadsymptomen<br />

im Revier Sonnenwald.<br />

Fig ure 1: Sites with in creased occurrence of symp toms of darnage in the territory<br />

of Sonnen wald.


174<br />

2 PROBLEMSTELLUNG UND ZIEL DER VORLIEGENDEN UNTERSUCHUNG<br />

Aufgrund der Symptomcharakteristik war zu vermuten, daß an der Verursachung<br />

dieser Krankheitsbilder pathogene Pilze beteiligt sind. Es war daher Ziel der Untersuchung,<br />

die Pilzflora von Ästen, die Symptome des Zweig- und Aststerbans<br />

aufwiesen, zu erheben und die Rolle der isolierten Pilze - insbesondere der häufig<br />

auftretenden Vertreter - beim Absterben von Zweigen und Astteilen an Hand der<br />

bisherigen Bewertung in der phytopathologischen Literatur zu beurteilen.<br />

3 MATERIAL UND METHODIK<br />

3.1 Auswahl der Probebäume und Probannahme<br />

Im Zuge des Forschungsprogrammes FIW II wurden mittels terrestrischer Kronenansprache<br />

"zehn Baumpaare", verteilt über das Revier Sonnenwald, ausgewählt,<br />

wobei ein Pärchen jeweils aus einer gesunden und einer geschädigten Fichte<br />

bestand. Diese wurden Mitte Juli 1991 geschlägert. Von den zehn als geschädigt<br />

eingestuften Bäumen wiesen neun Bäume Symptome des Zweig- und Aststerbans<br />

auf. Von diesen Bäumen wurden mittels Motorsäge bzw. Astschere Ast- und<br />

Zweigproben entnommen und ins Labor gebracht.<br />

3.2 Isolierung der Pilze<br />

3.2.1 Abimpfungsstellen<br />

Absterbende Hauptäste: Aus dem Probenmaterial wurden zehn Äste, die von der<br />

Spitze her bereits 50 cm abgestorben waren, ausgewählt. An diesen Ästen<br />

bestimmte man den Ü bergang vom lebenden zum abgestorbenen Phloem. Von<br />

dieser Stelle aus wurde in Abständen von 0, 5, 15, 25, 35 und 45 cm in beide<br />

Richtungen, d.h. sowohl vom abgestorbenen als auch vom lebenden Teil, je ein<br />

2 cm langer Abschnitt entnommen und gekennzeichnet (Abb. 2).<br />

Um den Stichprobenumfang im Übergangsbereich abgestorbenes/lebendes Phloem<br />

zu erhöhen, wurde von weiteren zehn Hauptästen des Probematerials der Übergang<br />

abgestorbenes/lebendes Phloem bestimmt und an den Stellen 0 und 5 cm in<br />

beiden Richtungen je eine Probe entnommen.<br />

Seitenäste: Bei den Seitenästen wurden aus dem Probematerial dreißig symptomlose<br />

Zweige, dreißig absterbende Zweige, an denen wiederum an der Übergangsstelle<br />

abgestorbenes/lebendes Phloem eine Abimpfung durchgeführt wurde, und<br />

siebzig abgestorbene Zweige als Proben ausgewählt.


175<br />

Lebender Bereich Übergangsbereich Abgestorbener Bere ich<br />

45 35 25 15 5 0 5 15 25<br />

o lebendes Phloem • abgestorbenes Phloem<br />

Abbildung 2: Abimpfungsstellen an absterbenden Ästen.<br />

Fig ure 2: Isolation sections on dying branches.<br />

35 45 (cm}<br />

Abgestorbene diesjährige Triebe: Es wurden dreißig abgestorbene diesjährige<br />

Triebe als Proben entnommen.<br />

3.2.2 Oberflächensterilisationsverfahren und Anlage der Reinkulturen<br />

Die Aststücke wurden nach der von Sieber u. Hugentobler (1987) beschriebenen<br />

Methode oberflächensterilisiert. Zu diesem Zwecke wurden sie zuerst unter fliessendem<br />

Wasser von Schmutz, Flechten und Schuppen befreit, danach eine Minute<br />

in Ethanol (96%), fünf Minuten (drei Minuten bei diesjährigen Trieben) in<br />

Natriumhypochlorit mit ca. 4% aktivem Chlor und schließlich nochmals dreißig<br />

Sekunden in Ethanol (96%) getaucht und in sterilem Aqua dest. gespült (Abb. 3).<br />

Anschließend wurden unter sterilen Bedingungen aus der Mitte der Probestücke<br />

mittels abgeflammter Astschere bzw. abgeflammten Skalpells 2-3 mm dicke<br />

Scheiben herausgeschnitten und auf ein mit Streptomycinsulfat ( 1 00 mg/1) angereichertes<br />

2%iges Malzagarmedium in Petrischalen ( 90 mm) gelegt. Bei den<br />

Hauptästen wurde die Rinde vom Holz gelöst und die Stücke getrennt aufgelegt.


176<br />

Die Petrischalen wurden im Labor bei Zimmertemperatur aufgestellt und regelmäßig<br />

kontrolliert. Fruktifizierende lsolate wurden sofort bestimmt. Um die Fruktifikation<br />

nichtfruktifizierender lsolate zu stimulieren, setzte man diese unterschiedlichen<br />

Temperaturverhältnissen und einer UV-Bestrahlung (8 Std ./Tag) aus.<br />

,, I .I<br />

1 min 5 min 30 sec Spi.ileo in<br />

-+ -+ + + stetilem<br />

Elhanol l< aOCI Elhanol<br />

(96�) (4�) (95�) AQua desl.<br />

0 \<br />

'<br />

• \<br />

Zcr!eg�n unler slcrilen Bedingunge n<br />

Abbildung 3: Arbeitsablauf zur Oberflächensterilisation der Probestücke {nach<br />

Rack u. Butin, 1984, abgeändert) .<br />

Figure 3: Sequence of Operations during surface Sterilisa tion of the samples<br />

(according to Rack u. Butin, modifie d) .<br />

3.3 Bestimmung der Pilze<br />

Während Pilze, die in Kultur ihr Teleamorph ausbilden, noch relativ einfach bis zur<br />

Gattung bzw. Art bestimmt werden können, gestaltet sich die Bestimmung von<br />

Anamorphen und Deuteromyceten zumeist schwierig (Halmschlager, 1991 ) . So<br />

zeigen manche Hypho- oder Coelomyceten in Kultur eine größere Variationsbreite<br />

in Form und Größe ihrer Konidiomata, Konidiophoren und Konidien als in ihrem<br />

natürlichen Substrat (Petrini, 1986; Vajna, 1986). Zudem sind Bestimmungsschlüssel<br />

nach Kulturmerkmalen für Endophyten bis auf einige Ausnahmen (Rack<br />

u. Butin, 1984), die sich allerdings auf nur wenige Pilzarten beschränken, nicht<br />

existent.<br />

Die Bestimmung fruktifizierender lsolate erfolgte bis zur Gattung nach dem<br />

Schlüssel von v. Arx (1970). Für die Artbestimmung wurden die Arbeiten von<br />

Grove (1967), Ellis (1971; 1976), Domsch et al. (1980), Sutton (1980), Dennis<br />

(1981), Breitenbach u. Kränzlin (1984), Sivanesan (1 984) und Ellis u. Ellis (1987)<br />

sowie Monographien und Einzelpublikationen zur Systematik herangezogen.<br />

il


177<br />

Die mikroskopische Untersuchung der lsolate erfolgte an Quetschpräparaten in<br />

Wasser oder Milchsäure, für Anfärbungen wurde Lactophenolblau verwendet.<br />

4 ERGEBNISSE<br />

4.1 Befallsrate<br />

Probestücke, aus denen zumindest ein Pilz isoliert werden konnte, gelten als<br />

befallen. Um den Befall der einzelnen Untersuchungen vergleichen zu können,<br />

wurde der Begriff der prozentuellen Infektionshäufigkeit (H) eingeführt, der folgendermaßen<br />

definiert ist:<br />

Anzahl befallener Proben<br />

H (%) X 100<br />

Anzahl untersuchter Proben<br />

Die Infektionshäufigkeit der einzelnen Bereiche: ..<br />

* Hauptäste: Aus dem abgestorbenen Teil der Aste ließen sich sowohl aus der<br />

Rinde als auch aus dem Holz in fast allen Fällen Pilze isolieren. Beim lebenden<br />

Teil ergaben sich deutliche Unterschiede der Befallsrate an den einzelnen Stellen<br />

zwischen Rinde und Holz. Bei Rinde lag sie zwischen 80 und 100%, bei<br />

Holz zwischen 10 und 30% (Abb. 4).<br />

* Seitenzweige: Seitenzweige, bei denen keine Trennung der Rinde vom Holz<br />

erfolgte, wiesen, unabhängig davon, ob es sich um symptomlose, absterbende<br />

oder tote Zweige handelte, einen 1 OO%igen Befall auf.<br />

* Abgestorbene diesjährige Triebe: Von den 30 untersuchten Trieben konnte aus<br />

29 Proben zumindest ein Pilz isoliert werden.<br />

4.2 Systematische Stellung der isolierten Pilze<br />

Von den erkrankten bzw. abgestorbenen Trieben, Zweigen und Ästen konnten<br />

insgesamt 36 verschiedene Mikropilze isoliert werden. Drei Taxa zeigten trotz aller<br />

Bemühungen keinerlei Sporulation. Ein Stamm davon konnte an Hand von Mycelmerkmalen<br />

bestimmt werden. Die beiden anderen sind in den Artenlisten unter<br />

"nicht spor." (=nicht sporulierend) aufgelistet. Eine Bestimmung war in diesen<br />

Fällen nicht möglich.<br />

Die überwiegende Zahl der fruktifizierenden Arten sind Vertreter der Ascomyceten<br />

bzw. deren Anamorphe oder Deuteromyceten, wobei die Anzahl der nur asexuell<br />

sporulierenden Formen überwiegt. Unter den Deuteromyceten befinden sich fast<br />

dreimal so viele Hyphomyceten als Coelomyceten. Von den Basidiomyceten<br />

konnte nur ein Stamm isoliert werden (Tab. 2).


Rinde<br />

1:::<br />

()<br />

l!)<br />

178<br />

�(<br />

L"<br />

�J<br />

�'\\\<br />

·f!.r.<br />

Holz<br />

100 % "l' 100 %<br />

100 %<br />

l!)<br />

n<br />

iOO % l!)<br />

N ���rr \'•)ll�:�<br />

1<br />

�� ...c<br />

u<br />

Q)<br />

1-<br />

� 1\r;:, ,(�\ ' Q)<br />

(;j,l:) \1 OJ<br />

�(�(:ft_ ,\hl<br />

100 %<br />

.D 100 %<br />

1-<br />

(.,(,·! '· > 0<br />

r·· '". U)<br />

'il'Y ,� .. ;rhi +-'<br />

, tr , I '' , �<br />

.<br />

I<br />

,<br />

Q)<br />

'\ ) " ,,<br />

�p �'" '<br />

0) :�c,�kr .D<br />

1 .,r ·; �.� m<br />

·� oo % l!) - .. � l · _. ; ;\<br />

iOO %<br />

rl<br />

l!)<br />

95 % 0<br />

1<br />

r'f( \\�<br />

(\��;1,<br />

p�;,r- u .. 'r·fl<br />

70<br />

� {! J"R".•'<br />

l '•/<br />

I ·��1{1 ,\.,. 4<br />

��'0:;.<br />

(�<br />

100 %<br />

95 );<br />

%<br />

l!)<br />

25 % r. ' \,<br />

{-iJ \_. �/ ',1{ 20 �.;<br />

_<br />

ll' 'i' ; '' ...c<br />

�/.fi" t .1:-::.:. " � ..<br />

tJf·!l'( I n!f�· } u<br />

\1: ,I Ji L., •'<br />

·I.<br />

1.1(' !; : ' t


179<br />

Ta belle 2: Verteilung der aus absterbenden Ästen isolierten Stämme auf die einzelnen<br />

Pilzklassen.<br />

Ta ble 2: Classification of the isola tes of dying branches according to individual<br />

fungal classes�<br />

4.3 Artenspektrum<br />

4.3.1 Artenspektrum der Hauptäste<br />

Pilzarten Isolierte Stämme<br />

ASCOMYCETEN 9 (26 %)<br />

DEUTEROMYCETEN<br />

Coelomyceten 7 (21%)<br />

Hyphomyceten 17 {50%)<br />

BASIDIOMYCETEN (3%l<br />

SUMME 34 (100%1<br />

ln Tabelle 2 sind alle Pilzarten bzw. Gattungsvertreter sowie die Häufigkeit des<br />

Auftretens in den verschiedenen Bereichen, getrennt nach Rinde, Holz und<br />

Gesamtbefall, aufgelistet. Die Zuordnung zu den einzelnen Bereichen wurde nach<br />

dem in Abbildung 2 dargestellten Muster wie fo lgt vorgenommen:<br />

* lebender Bereich: lsolate der Stellen 15, 25, 35, 45 cm im lebenden Bereich.<br />

* Übergangsbereich: lsolate des Übergangs lebendes/abgestorbenes Phloem<br />

sowie der Stellen 5 cm im lebenden und 5 cm im abgestorbenen Bereich.<br />

* abgestorbener Bereich: lsolate der Stellen 15, 25, 35, 45 cm im abgestorbenen<br />

Bereich.<br />

4.3.2 Artenspektrum der Seitenzweige<br />

Das Artenspektrum der Seitenzweige und die Häufigkeit des Auftretens in Abhängigkeit<br />

vom Zustand der Seitenzweige ist in Tabelle 4 dargestellt.<br />

4.3.3 Isolierungen von Pilzen aus abgestorbenen diesjährigen Trieben<br />

Wie aus Tabelle 5 ersichtlich, erwies sich Siro coccus strobilin us mit 70% als<br />

weitaus häufigster Pilz. Dieser, in der jüngeren phytopathologischen Literatur<br />

vorwiegend als Erreger eines Triebsterbens an jungen Fichten in Baumschulen<br />

bekannt, löst hier offenbar ein Absterben diesjähriger Triebe an Fichten aller<br />

Altersklassen aus.


180<br />

Tabelle 3: Häufigkeit (in %) der verschiedenen Pilzarten in den einzelnen Bereichen<br />

der Hauptäste.<br />

") T=Teleomorph, A=Anamorph (Name des Anamorph jeweils in Klammern unter dem<br />

des Teleamorph angegeben); K=anhand von Kulturmerkmalen bestimmt<br />

Ta ble 3: Frequency (in %) ot various kinds ot tungi in th e in dividual isola tion<br />

sections of the main branches.<br />

*J ln culture: T= teleomorph, A =anamorph (belo w the teleamorph the name of the<br />

corresponding anamorph is given in bracketsJ; K = determined by cultural features<br />

R =Rinde/bark, H = Holz/wood, G =gesamt/total<br />

Spezies oder Genus ") in<br />

Kultur<br />

ASCOMYCETEN:<br />

Desmazarie/la acicola Lib.<br />

( Verticicladium trifidum Preuss) A<br />

Mollisia cinerea<br />

(Bartsch ex Merat) Karst. K<br />

Mollisia sp. K/T<br />

Pezicula livida (Berk et Br.) Rehm<br />

(Cryptosporiopsis abietina Petrak) A<br />

Sordaria fimicola<br />

(Rob.) Ces. & de Not. T<br />

Xylaria sp. 1 A<br />

Xylaria sp. 2 A<br />

Xylaria sp. 3 A<br />

DEUTEROMYCETEN: Coelomyceten<br />

Diplodia sp.<br />

Comiculariella abietis Karst.<br />

Gelatinosporium sp.<br />

Macrophoma excefsa (Karst.)<br />

Berl. et Vogel<br />

Sclerophoma pith yophila (Corda)<br />

v. Höhn.<br />

Sirococcus sp.<br />

Hyphomyceten<br />

Acremonium sp.<br />

Geniculosporium sp. 1<br />

Geniculosporium sp. 2<br />

Nodulisporium sp. 1<br />

Penici/lium sp.<br />

Periconiella sp.<br />

Phialocephala sp.<br />

Vertici/lium sp.<br />

Trichoderma viride Pers. ex Gray<br />

Hefe sp. 1<br />

Hefe sp. 2<br />

Hefe sp. 3<br />

Hefe sp. 4<br />

BASIDIOMYCETEN<br />

Thanatephorus cucumeris (Frank) Donk<br />

(Rhizoctonia solani Kühn) A<br />

nicht spor. P. 1<br />

BAKTERIEN<br />

Lebender Bereich<br />

R H G<br />

13 3 8<br />

23 11<br />

20 10<br />

3 2<br />

8 4<br />

10 3 6<br />

13 6<br />

3 2<br />

5 3<br />

40 13 26<br />

3 2<br />

3 2<br />

3 2<br />

5 3<br />

Übergangsbereich Abgest. Bereich<br />

R H G R H G<br />

3 2 3<br />

10 5 10 13 11<br />

20 7 13 30 25 28<br />

23 20 22 20 20 20<br />

2 1<br />

10 2 6 5 3 4<br />

3 2<br />

5 2 3<br />

2 1<br />

5 3 4<br />

3 2<br />

3 10 7 5 3<br />

3 2<br />

15 2 B 3 2<br />

2 1<br />

10 3 7 15 5 10<br />

5 2 3<br />

3 3 3<br />

2 1<br />

18 2 10 3 5 4<br />

2 1<br />

2 1<br />

10 8 9 13 6<br />

2 1 3 5 4<br />

3 2 5 3<br />

2 2 2 3 2<br />

2 1 10 20 15


181<br />

Tabelle 4: Die Häufigkeit von Pilzarten (resp. Gattungsvertreter) an den Seitenästen<br />

unterschiedlichen Zustandes (symptomlose, absterbende und tote<br />

Zweige).<br />

*} T=Teleomorph, A=Anamorph (Name des Anamorph jeweils in Klammern unter dem<br />

des Teleamorph angegeben); K = anhand von Kulturmerkmalen bestimmt<br />

Table 4: Frequency of Fungi species (respectively genus} isolated from twigs with<br />

differen t conditions {twigs without symp toms, dying and dead twigs).<br />

"J ln culture: T = teleomorph, A = anamorph (belo w the teleamorph the name of the<br />

corresponding anamorph is given in bracketsJ; K = determined by cultural features<br />

SPECIES oder GENUS<br />

ASCOMYCETEN<br />

Coniochaeta /igniaria (Grev.) Massee<br />

Desmazeriella acicola Lib.<br />

( Verticicladium trifidum Preuss)<br />

Mollisia cinerea (Bartsch ex Merat) Karst.<br />

Mollisia sp.<br />

Pezicula livida (Berk et Br.) Rehm<br />

I Cryptosporiopsis abfetina Petraki<br />

Sordaria fimicola (Rob.) Ces. & de Not.<br />

Xylaria sp.1<br />

Xylaria sp. 2<br />

Xylaria sp. 3<br />

DEUTEROMYCETEN: Coelomyceten<br />

Cornicu/arie/la abietis Karst.<br />

Sclerophoma pithyophila (Corda) v. Höhn.<br />

Sirococcus strobilin us Preuss<br />

Sirococcus sp.<br />

Hyphomyceten<br />

Alternarie alternata (Fr.) Keissler<br />

Epicoccum purpuraseans<br />

Ehrenb. ex Schlecht<br />

Geniculosporium sp. 1<br />

Geniculosporium sp. 2<br />

Nodulisporium sp. 1<br />

Nodulisp orium sp. 2<br />

Periconia bysidoides Pers. ex Merat<br />

Periconiella sp.<br />

Phialocephala sp.<br />

Hefe sp. 1<br />

Hefe sp. 2<br />

Hefe sp. 3<br />

Hefe sp. 4<br />

BASIDIOMYCETEN<br />

Th anatephorus cucumeris (Frank) Donk<br />

(Rhizoctonia solani Kühn)<br />

nicht spor. P. 1<br />

") in<br />

Kultur<br />

T<br />

A<br />

K<br />

K/T<br />

A<br />

T<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

VORKOMMEN an:<br />

symptomlosen absterbenden toten<br />

Zweigen (%) Zweigen (%) Zweigen (%)<br />

3<br />

3<br />

7<br />

7<br />

3<br />

23<br />

17<br />

3<br />

3<br />

10<br />

3<br />

3<br />

3<br />

10<br />

20<br />

3<br />

3<br />

1<br />

6<br />

7<br />

9<br />

1<br />

23<br />

2<br />

1<br />

1<br />

1<br />

2<br />

27<br />

20<br />

3<br />

1<br />

2<br />

2<br />

2<br />

8<br />

14<br />

2<br />

3<br />

4<br />

3<br />

11<br />

14<br />

14<br />

10<br />

6<br />

9<br />

1<br />

7<br />

11<br />

1<br />

4<br />

1<br />

20<br />

11


182<br />

Tabeile 5: Isolierte Pilzarten und ihre Häufigkeit.<br />

Table 5: lsolated fungi and their frequency of occurrence.<br />

A=anamorph<br />

Pilzarten in Kultur Vorkommen<br />

bzw. in culture %<br />

Gattungsvertreter<br />

ASCOMYCETEN<br />

Xylaria sp. 1 A 7<br />

DEUTEROMYCETEN<br />

Coelomyceten:<br />

Sirococcus strobilinus Preuss A 70<br />

Sirococcus sp. A 3<br />

Hyphomyceten:<br />

Epicoccum purpuraseans Ehrenb. ex Schlecht A 10<br />

Geniculosporium sp. 1 A 7<br />

4.3.4 Fruchtkörper am Probenmaterial<br />

Bei der Durchsicht des Probenmaterials konnte auf den Knospen eines Baumes ein<br />

massives Auftreten von Fruchtkörpern des Pilzes Gemmamyces piceae beobachtet<br />

werden. Dieser Pilz verursacht ein Absterben der Knospen und als Folge<br />

davon Verzweigungsanomalien. Fruchtkörper am abgestorbenen Material wurden<br />

nicht berücksichtigt.<br />

4.3.5 Verteilung der häufigsten Pilze<br />

An den Hauptästen traten Geniculosporium sp. 1, Macrophoma excelsa, Molfisia<br />

cinerea, Mollisia sp., Pezicula /ivida, Phia/ocephala sp. und Siro coccus sp. am<br />

häufigsten auf.<br />

An den Seitenästen erwies sich Xylaria sp. 1 neben Geniculosporium sp. 1, Molfisia<br />

cinerea, Mollisia sp., Pezicula livida, Phialocepha/a sp. und Siro coccus sp. als<br />

häufigster Pilz.<br />

Phialocephala sp. konnte mit Abstand am häufigsten aus dem lebenden Bereich<br />

der Hauptäste isoliert werden (40% aus Rinde, 13% aus Holz). Sein Anteil im<br />

abgestorbenen Bereich beträgt hingegen nur rund 4%. Er kann daher als obligater<br />

Endophyt angesehen werden. ..<br />

Sirococcus sp. wurde an den Hauptästen vorwiegend aus der Rinde des Ubergangsbereiches<br />

(15 %) und der Rinde des lebenden Bereiches (1 0%) isoliert. An<br />

den Seitenzweigen trat dieser Pilz nach Xylaria sp. 1 am zweithäufigsten auf. So<br />

konnte er aus 17% der lebenden Zweige, aus 27% der absterbenden Zweige und<br />

aus 9% der toten Zweige isoliert werden.


183<br />

Mollisia cinerea war an den Hauptästen im lebenden Bereich und im Übergangsbereich<br />

vorwiegend in der Rinde, im abgestorbenen Bereich gleich häufig in Rinde<br />

und Holz zu finden.<br />

Mo!lisia sp. trat an den Hauptästen in allen drei Bereichen der Rinde auf, wobei<br />

eine geringe Zunahme im abgestorbenen Bereich (30%) gegenüber _den anderen<br />

Bereichen (rund 20%) zu bemerken war. Im Holz konnte er nur im Ubergangsbereich<br />

(7%) und verstärkt im abgestorbenen Bereich (25%) nachgewiesen werden.<br />

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Seitenzweigen. Der Anteil dieses Pilzes betrug<br />

bei den toten Zweigen 14%, bei den anderen 7%.<br />

Ähnliche Verteilungsmuster, wie für MOI!isia sp. oben angeführt, ergaben sich<br />

auch für Geniculosporium sp. 1 und Peziculajivida. Beide konnten an Hauptästen<br />

im lebenden Bereich nur aus der Rinde, im Ubergangsbereich bzw. im abgestorbenen<br />

Teil sowohl aus der Rinde als auch aus dem Holz isoliert werden. Bemerkenswert<br />

ist das häufige Auftreten von Geniculosporium sp. 1 an absterbenden<br />

Zweigen (20%} gegenüber dem an lebenden bzw. toten Zweigen (rund 1 0%).<br />

Pezicula livida, die in der Kultur ihre Nebenfruchtform Cryp tosporiopsis abietina<br />

ausbildete, war an den Hauptästen im lebenden Bereich zu 20% in der Rinde, im<br />

Übergangsbereich und im abgestorbenen Bereich zu je rund 20% in Rinde und<br />

Holz vertreten.<br />

Macrophoma excelsa konnte nur an Hauptästen aus dem Übergangsbereich, wo<br />

dieser Pilz vermehrt im Holz (1 0%) auftritt, und aus dem abgestorbenen Bereich<br />

isoliert werden.<br />

Sclerophoma pithyophila trat zu einem geringen Prozentsatz im abgestorbenen<br />

Bereich der Hauptäste und an absterbenden und toten Zweigen auf.<br />

Xylaria sp. 1 war, wie schon vorher erwähnt, der häufigste Besiedler von Zweigen.<br />

Der Pilz konnte aus 23% der lebenden und absterbenden und aus 10% der<br />

toten Zweige isoliert werden. An .. den Hauptästen konnte Xylaria sp. 1 nur :zu<br />

einem geringen Prozentsatz im Ubergangsbereich und im abgestorbenen Teil<br />

beobachtet werden.<br />

Neben Xylaria sp. 1 konnten noch zwei weitere Arten dieser Gattung isoliert werden.<br />

Ihr Anteil war jedoch sehr gering. Auch ist es sehr wahrscheinlich, daß<br />

einige der isolierten Genieufosparia und Nodulisp oria Anamorphe von Xylariaceae<br />

sind .<br />

Neben den oben angeführten Pilzen konnten an den absterbenden Ästen noch<br />

verschiedene Stämme von Hefepilzen vermehrt beobachtet werden. Sie besiedelten<br />

alle Bereiche mit Ausnahme des Holzes lebender Teile der Hauptäste.<br />

5 DISKUSSION<br />

Wie Untersuchungen zeigten, können viele Pilze auch über einen längeren Zeitraum<br />

hinweg als Endophyten im Wirtsbaum leben, ohne sichtbare Symptome zu<br />

verursachen (Petrini et al., 1979}. Kommt es jedoch aufgrund abiotischer oder<br />

biotischer Ursachen zur Schwächung der Wirtspflanze, kann es bei manchen<br />

Endophyten zur Umwandlung von der kommensalen Symbiose zur parasitischen<br />

Lebensweise kommen (luginbühl u. Müller, 1980; Sieber u. Hugenthobler, 1987).


184<br />

Ein Vertreter dieser Gruppe ist Sirococcus strobilinus. Wie die Untersuchung<br />

zeigte, kann dieser Pilz als Auslöser des Absterbens diesjähriger Triebe im Revier<br />

Sonnenwald betrachtet werden. in den letzten Jahren ist in verschiedenen Teilen<br />

Österreichs ein vermehrtes pathogenes Auftreten von S. strobilin us an Fichte,<br />

vorwiegend in Jungwuchs und Dickungen, zu beobachten. Gründe dafür sind keine<br />

bekannt. Dieser Pilz wurde erstmals 1890 von Hartig als Sep toria parasitica<br />

beschrieben, wobei der Autor angibt, daß diese Art vorwiegend in Baumschulen<br />

und Kulturen an Picea abies und Picea sitchensis auftritt. ln den darauffolgenden<br />

Dezennien berichteten Hartig ( 1 893) und Rudolf ( 1 898; 1912) von einer Kalamität<br />

dieses Schaderregers in ganz Deutschland. Betroffen waren Fichten aller Altersklassen.<br />

Es war auch ein Absterben der Wipfel zu beobachten. Mehrjähriger intensiver<br />

Befall verursachte ein nesterweises Absterben der Bäume und in der Folge<br />

große Bestandeslücken. Baudisch ( 1903) berichtete vom Auftreten dieses Pilzes<br />

im nordwestlichen Mähren in Fichtendickungen und Fichtenstangenorten. Im Gebiet<br />

des Dobratsch in Kärnten trat um 1940 ein Trieb- und Wipfelsterben an Fichtenaltbeständen<br />

auf, das durch S. strobilinus verursacht wurde (Steiner, 1940). ln<br />

der jüngeren Literatur wird S. strobilinus als Krankheitsereger, der vorwiegend<br />

Sämlinge und Jungpflanzen einiger Picea- und Pinusarten befällt, gesehen.<br />

(Schneider u. Paetzholdt, 1964; lllingworth, 1973; Redfern, 1973; Sutherland et<br />

al., 1981; Butin, 1989).<br />

Der vorliegende Krankheitsverlauf entspricht weitgehend den in der Literatur<br />

bereits beschriebenen (Hartig, 1890; 1893; Rudolf, 1898; 1912; Steiner, 1940).<br />

Der Beginn der Erkrankung äußert sich in einer bräunlichen Verfärbung der Nadeln<br />

in der Mitte oder am Grund der diesjährigen Triebe. Anschließend kommt es zur<br />

Krümmung der Triebspitze, die dann schlaff nach unten hängt. Mit fortschreitender<br />

Erkrankung trocknen die Triebe ein und verlieren ihre Nadeln. Lediglich an der<br />

nach unten gebogenen zusammengeschrumpften Triebspitze bleiben die toten<br />

Nadeln noch längere Zeit haften. An den abgestorbenen Trieben und den Nadeln<br />

der Triebspitze entwickeln sich im Laufe des Sommers bzw. im nächsten Frühjahr<br />

dunkelbraune Fruchtkörper, aus denen bei feuchtem Wetter die Sporen in Form<br />

weißer Tröpfchen oder Ranken nach außen treten. Die Sporen sind zweizellig,<br />

farblos, spindeiförmig und durchschnittlich 12 x 3 J1 groß. Im Anfangstadium<br />

erinnern die Symptome an Frostschäden, jedoch kommt es bei Spätfrösten zum<br />

völligen Absterben der Maitriebe, wodurch diese dann ihrer ganzen Länge nach<br />

schlaff nach unten hängen. Außerdem treten Frostschädigungen vorwiegend an<br />

exponierten Lagen und an vielen Trieben gleichzeitig auf. Die Befallssymptome<br />

von S. strobilinus beginnen an einzelnen Zweigen und Ästen und breiten sich<br />

dann auf die ganze Krone aus. Der Pilz kann in die Spitze des vorjährigen Triebes<br />

einwachsen und diesen Teil des Zweiges ebenfalls zum Absterben bringen. Der<br />

Baum versucht diesen Verlust an Grünmasse durch Anlage von Adventivtrieben<br />

an der Basis der Seitenäste zu kompensieren. Bei hohem Infektionsdruck wird<br />

auch der neugebildete Adventivtrieb befallen und zum Absterben gebracht. Mehrjähriger<br />

intensiver Befall kann daher zum Absterben von Zweigen und Astteilen<br />

führen. Untersuchungen zeigten, daß rund 80% der Nettophotosyntheseleistung


185<br />

von diesjährigen bzw. ein- und zweijährigen Nadeln erbracht wird (Ciark, 1961)<br />

(Abb. 5). Es ist daher anzunehmen, daß ein langjähriger intensiver Befall dieses<br />

Krankheitserregers eine starke physiologische Schwächung bis hin zum Absterben<br />

des Baumes zur Folge haben kann.<br />

35<br />

34<br />

32<br />

30<br />

28<br />

26<br />

24<br />

22<br />

20<br />

\8<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

0<br />

Mai Juni Juli August September Oktober<br />

Abbildung 5: Geschätzte Beiträge der einzelnen Nadeljahrgänge einer Fichte zur<br />

Photosynthese (nach Clark, 1961 ).<br />

Fig ure 5: Estimated contributions of the spruce needles of the corresponding<br />

annua/ shoots to photosynthesis (according to Clark, 1961}.<br />

Einen Hinweis auf die Virulenz dieses Krankheitserregers geben die zahlreichen<br />

positiven Infektionsversuche an verschiedenen Koniferenarten (Hartig, 1890;<br />

1893; Steiner, 1940; Funk, 1972; O'Brien, 1973; Redfern, 1973; Smith, 1973;<br />

Magasi et al., 1975; Wall u. Magasi, 1976). So berichtet z.B. Hartig (1B93), daß<br />

schon ein "Aussäen" von Konidien auf diesjährige Triebe eine Infektion bewirkt.<br />

Außer Picea abies und Picea sitchensis erwiesen sich Picea pungens und Pinus<br />

contorta als besonders anfällig (Schneider u. Paethholdt, 1964; l!lingworth, 1973;<br />

Red fern, 1973; Sutherland et al., 1981; Butin, 1989). Untersuchungen an Pin us<br />

con torta (lllingworth, 1973) zeigten, daß zwischen den einzelnen Provenienzen<br />

große Unterschiede in der Anfälligkeit bestehen. Schneider u. Paetzholdt (1964)<br />

berichten über Beobachtungen von Ruzicka (1938), die den Schluß zulassen, daß<br />

dies auch auf Picea abies zutrifft.


186<br />

Weiters zeigte sich ein gehäuftes Auftreten von aus der Literatur bekannten<br />

Schwächeparasiten. Bemerkenswert ist vor allem die hohe Infektionsrate der<br />

lebenden Rinde im Bereich der Hauptäste durch normalerweise saprophytisch<br />

lebende Arten wie Pezicula livida, Mollisia cinerea oder Phialocephala sp ..<br />

Pezicula livida gehört mit seiner Nebenfruchtform Cryptosporiopsis abietin a zu<br />

den häufigsten Pilzarten, die sich auf absterbenden oder toten Fichtenästen entwickeln<br />

(Butin u. Kowalski, 1990). Auch in der vorliegenden Unters uchung konnte<br />

P. livida am häufigsten aus den absterbenden Ästen und Zweigen isoliert werden.<br />

Bemerkenswert ist vor allem, daß sie Hauptästen im lebenden Bereich nur in<br />

der Rinde, im Ü bergangsbereich, aber schon fast ebensooft in Rinde und Holz auftritt.<br />

Dies zeigt, daß der Pilz das Holzgewebe schon im absterbenden Bereich<br />

besiedeln kann. Auch konnten zwei verschiedene Stämme dieses Pilzes beobachtet<br />

werden. Der eine bildet ein weißlich bis blaßbraunes, am Rand der Kultur ins<br />

Grünliche gehende, wolliges Luftmycel aus und fruktifiziert reichlich in 2-3 mm<br />

großen Perithezien. Der andere bildet ein dunkelgrau bis braunes wolliges Luftmycel<br />

und fruktifiziert in sehr kleinen und wenigen Fruchtkörpern eher spärlich. An<br />

Hand der lichtmikroskopischen Untersuchungen konnte in der Sporengröße und<br />

der Sporenform kein Unterschied festgestellt werden. Deutliche Unterschiede im<br />

Auftreten ergaben sich nur im abgestorbenen Bereich der Äste, wo der Stamm<br />

mit dem dunkelgrau bis braunen Mycel aus 20%, der andere nur aus 7% der Proben<br />

isoliert werden konnte. Inwieweit Unterschiede in der Virulenz gegeben sind,<br />

müßte durch Infektionsversuche geklärt werden. Ob die lmmissionsbelastung, wie<br />

sie im Untersuchungsgebiet vorliegt, auch die Anfälligkeit der Bäume beeinflußt,<br />

wie es Kowalski ( 1982) vermutet, müßte ebenfalls an Hand von Laboruntersuchungen<br />

geklärt werden. Das vorliegende Ergebnis kann als Unterstützung dieser<br />

Vermutung gewertet werden.<br />

Mollisia cinerea ist ebenfalls ein weitverbreiteter Pilz mit sowohl endophytischer<br />

als auch saprophytischer Lebensweise. Butin u. Kowalski ( 1990) konnten M. cinerea<br />

ebenfalls aus der Rinde lebender bzw. aus Rinde und Holz abgestorbener Fichtenzweige<br />

isolieren. Im Unterschied zu P. livida kann dieser Pilz jedoch absterbendes<br />

Holzgewebe nicht so schnell erschließen.<br />

Phialocepha!a sp. trat am häufigsten in Rinde und Holz des lebenden Bereiches<br />

der Hauptäste bzw. an lebenden Seitenästen auf. Butin u. Kowalski (1983 a; bl<br />

konnten diesen Pilz als häufigsten Besiedler von Holz abgestorbener Buchen- und<br />

Eichenäste nachweisen. Laboruntersuchungen der o.a. Autoren ergaben, daß der<br />

Pilz sterilisierte Buchenholzklötzchen relativ rasch durchwachsen kann, wobei<br />

hauptsächlich das Lignin angegriffen wird. Ein Hinweis auf die starke enzymatische<br />

Tätigkeit ergibt sich aus dem Bavendamm-Test, bei dem sich eine starke<br />

Verfärbung des Testmediums zeigte. Warum dieser als Saprophyt bekannte Pilz<br />

hier überwiegend lebendes Pflanzengewebe besiedelt und welche physiologischen<br />

Auswirkungen dies für den Baum hat - z.B. leichtere Erschließbarkeit für andere


187<br />

Pilze bei vorangegangenem Ligninabbau - müßte durch näherere Untersuchungen<br />

geklärt werden.<br />

Bei Sirococcus sp., den ich vorwiegend aus absterbenden Zweigen und aus dem<br />

Übergangsbereich lebendes/totes Phloem der Hauptäste isolieren konnte, dürfte<br />

es sich um Siro coccus myrtilli (Feltg.) Petr. handeln. Butin (1986) und Mack<br />

(1989) konnten diesen Pilz als Endophyten in Fichtennadeln nachweisen. Nähere<br />

Untersuchungen (Butin, 1986) ergaben, daß S. myrtilli die Fichte nur als Nebenwirt<br />

besiedelt und auf Vaccinium myrtillus aber auch auf Ca/luna vulgaris fruktifiziert.<br />

Derselbe Autor ordnet diesen Pilz als Anamorph der Ascomycetengattung<br />

Godronia Moug. u. Lev. zu.<br />

Auffallend ist auch das massive Auftreten von Xylaria sp. 1 an den Zweigen. Die<br />

Xylariaceae sind einerseits als Endophyten, andererseits als Saprophyten auf<br />

abgestorbenem, z.T. am Boden liegendem Holz, wo sie auch ihr Teleamorphstadium<br />

ausbilden, bekannt. Als Endophyten scheinen sie ein breites Wirtsspektrum<br />

zu besitzen. So konnten Vertreter dieser Gattung z.B. aus Nadeln verschiedener<br />

Koniferen {Carroll et al., 1977; Mack, 1989) und aus Blättern und Knospen von<br />

Quercus petraea (Halmschlager, 1991) isoliert werden. Jedoch ist mir keine<br />

Untersuchung bekannt, in welcher ein so massives Auftreten von Xylariaceae an<br />

lebenden bzw. absterbenden Fichtenzweigen beobachtet werden konnte. Ihre<br />

Fähigkeit, Zellulose und Lignin abzubauen, läßt die Vermutung zu, daß die<br />

Xylariaceae an Abbauvorgängen innerhalb des lebenden pflanzlichen Gewebes<br />

und damit an Prozessen der Alterung bzw. des Blatt- oder Nadelfalles beteiligt<br />

sind (Petrini, 1984).<br />

Macrophoma excelsa ist insofern von Bedeutung, da dieser Pilz hauptsächlich aus<br />

dem Ü bergangsbereich abgestorbenes/totes Phloem isoliert werden konnte. Bei<br />

diesem Pilz sind die Virulenz und die Taxonomie noch nicht eindeutig geklärt. Es<br />

wäre aber denkbar, daß dieser Pilz am Absterbeprozeß beteiligt ist.<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß als Ursache des Absterbens von<br />

Zweigen und Ästen ein Faktorenkomplex anzusehen ist, in dem Pilzinfektionen<br />

v.a. durch Siro coccus strobilinus eine entscheidende Rolle bei der Symptomausprägung<br />

spielen.<br />

6 LITERATUR<br />

ARX J. A. VON, 1970: A revision of the fungi classified as Gloeosporium. Bibliotheca Mycologica,<br />

Cramer J., New York, 203.<br />

BREITENBACH J. u. F. KRÄNZLIN, 1 984: Pilze der Schweiz I, Ascomyceten. 2 nd ed., Mycologische<br />

Gesellschaft, Luzern, 313.<br />

BUTIN H., 1986: Endophytische Pilze in grünen Nadeln der Fichte (Picea abies Karst.). Z. Mycol.<br />

52(2): 335-345.


188<br />

BUTIN H., 1989: Krankheiten der Wald- und Parkbäume. Diagnose-Biologie-Bekämpfung. Georg<br />

Thieme Verlag, 2nd Ed., Stuttgart, New York, 216.<br />

BUTIN H. u. T. KOWALSKI, T. 1983: Die natürliche Astreinigung und ihre biologischen Voraussetzungen.<br />

a} Die Pilzflora der Buche (Fagus sylvatica). Eur. J. For. Path. 13: 322-334.<br />

BUTIN H. u. T. KOWALSKI, 1983: Die natürliche Astreinigung und ihre biologischen Voraussetzungen.<br />

b) Die Pilzflora der Stieleiche (Quercus robur L.), Eur. J. For. Path. 13: 428-439.<br />

BUTIN H. u. T. KOWALSKI, 1990: Die natürliche Astreinigung und ihre biologischen Voraussetzungen.<br />

V. Die Pilzflora von Fichte, Kiefer und Lärche. Eur. J. For. Path. 20: 44-54.<br />

CAROLL F.E., E. MÜLLER and B.C. SUTTON, 1976/77: Preliminary studies on the incidence of<br />

needle endophytes in some European conifers. Sydowia 29: 87-103.<br />

CLARK J., 1961 : Photosynthesis and Respiration in White Spruce and Balsam Fir. Syracuse University,<br />

Syracuse, New York.<br />

DENNIS R.W.G., 1981: British Ascomycetes. Cramer J., 2nd Ed., Vaduz, 585.<br />

DOMSCH K.H., W. GAMS and T.H. ANDERSON, 1980: Compendium of soil fungi I, II. Academic<br />

Press, 2 nd Ed., London, 859.<br />

ELLIS M.B., 1971: Dematiaceous Hyphomycetes. Kew, Commonwealth Mycological Institute, 608.<br />

ELLIS M.B., 1976: More dematiaceous Hyphomycetes. Kew, Commonwealth Mycological Institute,<br />

2 nd ed., 507.<br />

ELLIS M.B. and J.P. ELLIS, 1987: Microfungi on land plants. Croom Helm, 2 nd ed., London, Sydney,<br />

818.<br />

FUNK A., 1981: Parasitic Microfungi of Western Trees. Can. For. Serv., Pac. For. Res. Cent. BC-X-<br />

222: 190.<br />

HALMSCHLAGER E., 1991: Endophytische Pilze in Blättern, Zweigen und Knospen der Traubeneiche<br />

(Quercus petraea [Matt.] Lieb.). Diss., Univ. Bodenkultur Wien, 107.<br />

HARTIG R., 1890: Eine Krankheit der Fichtentriebe. Zeitschr. Forst- u. Jagdwes. 22: 667-670.<br />

HARTIG R., 1893: Septoria parasitica in älteren Fichtenbeständen. Forstl.-naturwiss. Zeitschr. 2:<br />

357-359.<br />

ILLINGWORTH K., 1973: Variation in susceptibility of Iodgapoie pine provenances to Sirococcus<br />

blight. Can. J. For. Res. 3: 585-589.<br />

KOWALSKI T., 1982: Vorkommen von Pilzen in durch Luftverunreinigung geschädigten Wäldern im<br />

Oberschlesischen und Krakauer Industriegebiet. VIII. Mykoflora von Larix decidua an einem<br />

Standort mit mittlerer lmmissionsbelastung. Eur. J. For. Path. 12: 262-272.<br />

LUGJNBÜHL M. u. E. MÜLLER, 1980: Endophytische Pilze in den oberirdischen Organen von vier<br />

gemeinsam an gleichen Standorten wachsenden Pflanzen. Sydowia 33: 185-210.<br />

MACK P., 1989: Endophytische Pilze in Fichtennadeln. Diss., Forstwirtschaft!. Fakultät Univ. München,<br />

124.<br />

MAGASI L.P., S.A. MANLEY and R.E. WALL, 1975: Sirococcus strobilinus, a new disaase of<br />

spruce seedlings in Maritime nurseries. Plant Dis. Reptr. 59: 664.<br />

O'BRIEN J.T., 1973: Sirococcus shoot blight of red pine. Plant Dis. Reptr. 57: 246-247.<br />

PETRINI 0., 1984: Zur Ö kologie und Verbreitung endophytischer Pilze. Habil., ETH Zürich, 209.<br />

PETRINI 0., 1986: Taxonomy of endophytic fungi of aerial plant tissues. ln: FOKKEMA N.J. and J.<br />

VAN DEN HEUVEL (eds.}, Microbiology of the Phyllosphere. University Press, London, Cambridge,<br />

1 75-1 87.<br />

PETRINI 0., E. MÜLLER u. M. LUGINBÜHL, 1979: Pilze als Endophyten von grünen Pflanzen.<br />

Naturwiss. 66: 262-263.<br />

RACK K. u. H. BUTIN, 1984: Experimenteller Nachweis nadelbewohnender Pilze bei Koniferen. Eur.<br />

J. For. Path. 14: 302-310.<br />

REDFERN D.B., 1973: Sirococcus strobl'lin us. For. Comm. London, Rep. For. Res., 100-101.<br />

RUDOLPH, 189 8: Vortrag über die Pilzkrankheit Septoria parasitica. Forstl.-naturwiss. Zeitschr. 7:<br />

265-273.<br />

RUDOLPH, 1912: Beiträge zur Kenntnis der sogenannten Sep toria-Krankheit der Fichte. Naturwiss.<br />

Zeitschr. f. Land- und Forstw. 10: 41 1-415.<br />

SCHNEIDER R. u. M. PAETZHOLDT, 1964: Ascochyta piniperda als Erreger eines Triebsterbans an<br />

Blaufichten in Baumschulen. Nachrichtenbl. Deut. Pflanzenschutzd. (Braunschweig) 16: 73-75.<br />

SIEBER T. u. C. HUG ENTHOBLER, 1987: Endophytische Pilze in Blättern und Ästen gesunder und<br />

geschädigter Buchen (Fagus sylvatica L.). Eur. J. For. Path. 17: 41 1-425.


189<br />

SIVANESAN A., 1984: The bitunicate ascomycetes and their anamorphs. Cramer J., Vaduz, 70 1.<br />

SMITH R.S. Jr., 1973: Sirococcus tip dieback of Pin us spp. in California forest nurseries. Plant<br />

Dis. Reptr. 57: 69-73.<br />

STEINER H., 1940: Die Triebkrankheit der Fichte. Der Deutsche Forstwirt 22: 353-354.<br />

SUTHERLAND J.R., W. LOCK u. S.H. FARRIS, 1981 : Sirococcus blight: a seed-borne disease of<br />

container-grown spruce seedlings in Coastal British Columbia forest nurseries. Can. J. Bot. 59:<br />

559-562.<br />

SUTTON B.C., 1980: The Coelomycetes. Fungi imperfecti with pyncidia, acervuli and stromata.<br />

Commonwealth Mycological Institute, Kew, 696.<br />

VAJNA L., 1986: Branch canker and dieback of sessile oak (Quercus petraea in Hungary caused<br />

by Diplodia mutila. I. ldentification of the pathogen. Eur. J. For. Path. 16: 223-229.<br />

WALL R.E. and L.P. MAGASI, 1976: Environmental factors affecting Siroccocus shoot blight of<br />

black spruce. Can. J. For. Res. 6: 448-452.


190<br />

ANHANG<br />

Siro coccus - Triebsterben<br />

Ast mit Symptomen des Zweig- und Aststerbens


191<br />

HERANZIEHUNG VON BAUMMERKMALEN ZUR ABSCHÄTZUNG DER<br />

BEFAllSDISPOSITION DER FICHTE <strong>FÜR</strong> RINDENBRÜTENDE BORKENKÄFER<br />

APPLICA T/ON OF TREE CHA RA CTERISTICS <strong>FOR</strong> INDICA TION<br />

OF THE SUSCEPT/8/LITY OF NORWA Y SPRUCE TO A TTA CK OF<br />

PHL OEM FEEDING BA RK BEETLES<br />

* ** ***<br />

Peter BAIER , Silvia K!KUTA und Heim: liCK<br />

*<br />

Institut für Forstentomologie, Forstpathologie und Forstschutz<br />

**<br />

Institut für Botanik<br />

***<br />

Institut für Waldökologie<br />

Universität für Bodenku ltur Wien, Gregor Mendei-Straße 33, A - 1180 Wien<br />

SUMMARY<br />

The defense reaction of 1 05 Norway spruce of different vigour to artificial attacks of lps<br />

typographus (L.) were analyzed in three different areas (Schöneben, Glein, Wieselburg). Characters<br />

of the defence reaction were related to biometric and growth parameters, anatomical and<br />

biochemical quality of the bark and water status of the tree. The structural properties of the<br />

periderm, which were correlated with anatomical changes of the resin duct system, were<br />

important for the potential capability to resist bark beetles. The defence reaction was not<br />

significantly correlated with stress symptoms. Only extrem weakned trees showed a decrease of<br />

resistance. ln early summer the attack rate of the beetles was less and the rate of defense by<br />

primary resin flow was !arger because the amount of starch in phloem was increased and the<br />

water status was better. Brood experiments in the Iabaratory with lps typographus on spruce Iogs<br />

showed, especially for trees from Glein and Wieselburg, a lower rate of reproduction on damaged<br />

trees. The tree-vigour-index proved to be a good indicator for the nutritional quality of the phloem.<br />

Cerrelations between amounts of starch and nitrogen in the phloem and the breeding success indicate<br />

specific demands of lps typographus on phloem quality. Seasonal changes of phloem quality<br />

resulted in differences in the rate of reproduction. Cerrelations within the tree parameters and the<br />

diversity of these parameters between the three aeras resulted in site specific advises for the<br />

susceptibility of Norway spruce.<br />

KEYWORDS: Norway spruce, Picea abies (Karst.), phloem feeder, Scolytidae, lps typographus (L.),<br />

susceptibility, hast resistance, forest decline, tree vigour, waterstatus, bark anatomy,<br />

host tree quality.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Zur Untersuchung der Befallsdisposition der Fichte wurden in drei Gebieten (Schöneben, Glein,<br />

Wieselburgl an 105 Fichten unterschiedlicher Vitalität lps typographus (L.l zwangsangesiedelt und<br />

die Abwehrreaktion analysiert. Die Charakteristik der Abwehr wurde in Beziehung gesetzt zu biometrisch-wachstumskundlichen,<br />

rindenanatomischen, -chemischen und wasserhaushaltsrelevanten<br />

Parametern. Als wesentliches Merkmal zur Indikation der potentiellen Abwehrfähigkeit kann die Art<br />

der Peridermbildung und die damit verbundenen Änderungen hinsichtlich des Harzkanalsystems<br />

herangezogen werden. Die Abwehr war von Streßsymptomen weitestgehend unbeeinflußt. Erst bei<br />

extremer Schwächung des Baumes war ein Versagen der Abwehr zu registrieren. Geringere Einbohraktivität<br />

und vermehrt passive Abwehr durch Harzfluß korrelierte mit erhöhtem Stärkegehalt<br />

und günstigerem Wasserstatus im Frühsommer. Bruttauglichkeitstests mit lps typographus an Fichtenstammstücken<br />

im Labor zeigten für Glein und Wieselburg eine Reduktion der Brutleistung an<br />

geschädigten Fichten, wobei der tree-vigour-lndex als Indikator für die Brutbaumqualität herangezogen<br />

werden kann. Zusammenhänge zwischen Stärke- bzw. Stickstoffgehalt im Bast und der<br />

Brutleistung zeigten spezifische Ansprüche von lp s typographus an die Bastqualität, wobei auch<br />

eine jahreszeitlich differenzierte Brutleistung festzustellen war. Anhand der Zusammenhänge der<br />

Forstliche Schriftenreihe, Universität für Bodenkultur Wien, Bd. 7, 1994.<br />

ÖGWEB (Ös terr. Ges. f. Waldökosystemforschung und experimentelle Baumforschung) ISBN 3-900865-06-X.


192<br />

Baumparameter untereinander und deren Diversität zwischen den Untersuchungsgebieten konnten<br />

gebietsspezifische Hinweise zur Indikation der Befallsdisposition der Fichte abgeleitet werden.<br />

STICHWÖRTER: Fichte, Picea abies (Karst.), Rindenbrüter, Scolytidae, lps typographus (L.),<br />

Befallsdisposition, Baumresistenz, Waldschäden, Baumvitalität, Wasserhaushalt,<br />

Rindenanatomie, Wirtsbaumqualität.<br />

1 EINLEITUNG<br />

Massenauftreten von Waldschädlingen werden im Allgemeinen mit vorangegangenen<br />

Streßsituationen und internen Belastungsfolgen der Wirtsbäume in Verbindung<br />

gebracht. Insbesondere für die rindenbrütenden Borkenkäferarten wird vermutet,<br />

daß diese sehr eng an spezifische physiologische Schwächungszustände<br />

des Wirtsbaumes gebunden sind und deren Massenauftreten zumeist eine Folge<br />

prädisponierender Streßbelastungen des Wirtsbaumes ist. Ein Baum gilt als<br />

befallsdisponiert, wenn der Befall zu einer erfolgreichen Entwicklung der Borkenkäferbrut<br />

führt. Auslösendes Moment für den Befall ist zweifellos die olfaktorische<br />

Primärattraktion der brutbereiten Käfer durch wirtsbaumbürtige, flüchtige Duftstoffe.<br />

Dafü r müssen aber seitens des Wirtsbaumes bestimmte Bedingungen<br />

erfüllt sein, die man mit dem Begriff Befallsdispositionsfähigkeit beschreibt<br />

(WIENER, 1988). Die Befallsdispositionsfähigkeit des Baumes als potentielle<br />

Befallsgefährd ung desselben, entscheidet darüber, ob bei Eintritt eines spezifischen<br />

Schadereignisses (Windwurf, Blitzschlag, Trockenstress etc.) der Baum in<br />

den Zustand der Befallsdisponiertheit übergeführt wird, und damit möglicherweise<br />

jene Handlungskette ausgelöst wird, die über die Primärattraktion zur Landung der<br />

Käfer, zur Ü berwindung der Abwehrmechanismen und letztendlich zum Bruterfolg<br />

führt. Als wesentliches Merkmal zur Beurteilung der Befallsdispositionsfähigkeit<br />

der Fichte wird die Charakteristik der Abwehr selbst bewertet (Wiener, 1988).<br />

Bei der Brutbaumbesiedelung sind die Borkenkäfer besonderen Abwehrmechanismen<br />

der Wirtspflanze ausgesetzt (passive Abwehr durch primären Harzfluß aus<br />

den Harzkanälen; aktive Abwehr durch Bildung von Wundreaktion, (d.h. sekundäre,<br />

stressmetabolische Harzbildung) (Kraemer, 1953; Berryman, 1969; Christiansen<br />

und Horntvedt, 1983; Hain et al., 1983). Das Auftreten "neuartiger<br />

Waldschäden" und der damit verbundene allgemeine Vitalitätsverfall der Fichte<br />

läßt mittelbare Effekte auf die Pflanzenfresser-Wirtsbaum-Beziehung erwarten<br />

(Baltensweiler, 1985; Führer, 1985; 1988). Die genauere Kenntnis relevanter<br />

pflanzlicher Eigenschaften (morphologische, anatomische, biochemischen<br />

Zustandsgrößen) und deren temporärer, regionaler und innerartlicher Divers ität<br />

und Variabilität, sowie deren Interaktion mit unterschiedlichen Belastungssituationen<br />

soll es ermöglichen, die epidemiologische Wertigkeit eines Baumes oder<br />

Baumbestandes zu diagnostizieren und mögliche Gefahrenmomente auf fundierter<br />

Basis zu prognostizieren. Für die Beurteilung der Befallsdispositionsfähigkeit der<br />

Fichte gegenüber lp s typographus (L.) ist neben der Feststellung der aktuellen<br />

Abwehrbereitschaft auch die epidemiologisch besonders bedeutsame ernährungsphysiologische<br />

Qualität des Fichtenbastes heranzuziehen. Letztere beinflußt die


193<br />

Mortalität und physiologische Kondition der Nachfolgegeneration und damit die<br />

Abundanz und Aggressiviät der Rindenbrüterpopulation.<br />

Die Untersuchungen von Wiener (1988) im Rahmen der FIW zur Indikation der<br />

Befallsdispositionsfähigkeit der Fichte gegenüber lp s typographus erhärteten die<br />

vermuteten Zusammenhänge zwischen immissionsbedingten Kronenschädigungen<br />

und der Abwehrreaktion stehender Fichten gegenüber lps typographus, wobei die<br />

kausalen Zusammenhänge zwischen Kronenzustand und Befallsdisposition der<br />

Fichte nur in Ansätzen geklärt werden konnten. Aufbauend auf den Arbeiten von<br />

Wiener (1988) sollen durch interdisziplinäre Zusammenarbeit die Zusammenhänge<br />

zwischen Kronenverlichtung und Befallsdisposition im Detail weiter verfolgt und<br />

durch begleitende Messung von Wasserhaushaltsparametern, sowie wachstumskundlicher,<br />

biometrischer, rindenanatomischer und biochemisch-physiologischer<br />

Parameter untermauert werden. Ziel ist es, relativ leicht erhebbare Baumkenngrössen<br />

zu erarbeiten, die eine Prognose der Befallsgefährung erlauben, um in weiterer<br />

Folge Empfehlungen für waldbauliche, waldhygienische und betriebliche Maßnahmen<br />

ableiten zu können.<br />

2 MATERIAL UND METHODE<br />

2.1 Untersuchungsgebiete, Untersuchungszeitpunkt und Auswahl der Versuchs­<br />

· bäume<br />

Die Untersuchungen zur Befallsdisposition der Fichte erfolgten an insgesamt 105<br />

Altfichten in Schöneben (45 Bäume), Glein (40 Bäume) und Wieselburg (20<br />

Bäume), wobei für die Auswahl der Versuchsbäume neben sozialer Stellung<br />

(vorherrschend bis herrschend) die Baumdimension und standörtliche Bedingungen<br />

sowie der visuell anschätzbare Kronenzustand das wesentlichste Kriterium<br />

darstellte . Je Untersuchungsgebiet wurde die Hälfte der ausgewählten Bäume im<br />

Frühsommer (Juni-Juli) respektive im Spätsommer (August-September) bearbeitet.<br />

2.2 IPS-Test im Freiland und im Labor<br />

Am stehenden Baum wurden je 20 Brutpärchen (1 Männchen/1 Weibchen) von<br />

lp s typographus mittels Kapselzwinger zwangsangesiedelt. Fünf Ansatzringe mit<br />

je vier Kapselzwingern (Abstand der Ringe: 20 cm) wurden unter Berücksichtigung<br />

der Exposition in 5-6 m Stammhöhe montiert. Nach einer Woche wurden<br />

Ansätze ohne Einbohrerfolg mit frischen Käfern nachbesetzt, nach vierwöchiger<br />

Versuchsdauer wurden die Einbohrungen noch am stehenden Baum analysiert.<br />

Die Fällung und Beprobung der Versuchsbäume erfolgte jeweils etwa fünf<br />

Wochen nach Ansatz der Käfer.


194<br />

Für Bruttauglichkeitstests im Labor wurde nach der Fällung aus dem mittleren<br />

Kronendrittel ein 1,2 m langes Stammstück entnommen und im Labor mit 20 fps<br />

typographus-Pärchen besetzt. Die Brutstämme wurden vor Beginn des Jungkäferschlupfes<br />

in Photoeklektoren gegeben. Die Anzahl der schlüpfenden Jungkäfer<br />

wurde wöchentlich kontrolliert und deren Trockengewicht bestimmt. Nach Beendigung<br />

des Schlüpfens wurde die Ausbildung der Brutbilder analysiert.<br />

2.3 Erhobene Baumparameter<br />

Die in Zusammenarbeit mit dem Institut für Waldwachstumsforschung und dem<br />

Institut für Botanik an den stehenden bzw. gefällten Bäumen erhobenen Parameter<br />

lassen sich zu folgenden Gruppen zusammenfassen:<br />

* visuelle Kronenzustandscharakteristik: Ansprachen nach Waldzustandsinventur<br />

und nach Wiener ( 1 988)<br />

* wachstumskundlich-biometrische Parameter: allgemeine Baumkenngrößen<br />

(Alter; Kronenlänge etc.); Gesamtnadeltrockenmasse und Benadelungsindizes;<br />

Kreisflächenzuwachs und tree-vigour-lndex<br />

* rindenanatomisch-strukturelle Parameter: Rinden-, Phloem- und Leitphloemdikke;<br />

Harzkanaldichte und -breite; Peridermtyp<br />

* wasserhaushaltsrelevante Parameter: osmotisches Potential der Nadeln; Emboliehäufigkeit<br />

und hydraulische Leitfähigkeit von Zweigen; Konditiometermessungen<br />

* pflanzenphysiologisch-biochemische Parameter: Gesamtstick-stoff- und Stärkegehalt<br />

3 ERGEBNISSE<br />

3.1 Ergebnisse des lps-Tests<br />

Die Einbohrerfolge der zwangsangesiedelten Käfer wurden nach folgenden Einbohrstufen<br />

klassifiziert:<br />

* Einbohrstufe X (XR): kein Einbohrversuch<br />

* Einbohrstufe 1 (ER): Käfer bohren oberflächlich in der toten Borke, eine Reaktion<br />

des Baumes ist nicht erkennbar<br />

* Einbohrstufe 2 (ZR): Käfer bohren bis in obere Schichten des lebenden Bastes<br />

und werden durch starken Harzfluß abgewehrt (passive Abwehr)<br />

* Einbohrstufe 3 (DR): Käfer bohren tief in den lebenden Bast; Bildung von Brutanlagen<br />

(Rammelkammer, Muttergang, Einischen) die in weiterer Folge durch<br />

Entstehung einer Wundreaktion gestoppt werden (aktive Abwehr) oder zu einer<br />

erfolgreichen Brutentwicklung führen


195<br />

Die Analyse der !PS-Test-Ergebnisse zeigte folgende prinzipiellen Zusammenhänge:<br />

* Die Anzahl der Einbohrungen in den lebenden Bast (Stufe 3) nimmt mit zunehmender<br />

Gesamteinbohrrate (=Summe Einbohrstufe 2 und 3) zu.<br />

* Bei geringer Einbohrrate domi niert die "passive Abwehr"; bei hoher Einbohrrate<br />

können sowohl viele verharzte Einbohrungen als auch viele Einbohrungen in<br />

den lebenden Bast (Abwehr durc h Wundreaktion oder positiver Bruterfolg) auftreten.<br />

* Mit zunehmender Gesamteinbohrrate und zunehmendem Anteil an der Einbohrstufe<br />

3 nimmt der Entwicklungsfortschritt der angelegten Brutbilder zu.<br />

Mittels Clusteranalyse konnten anhand der unterschiedlichen Anteile der verschiedenen<br />

Einbohrstufen und der Brutbildentwicklung bei erfolgreicher Einbohrung<br />

ins Phloem fünf verschiedene Abwehrreaktionstypen klassifiziert werden<br />

(Abb. 1 ) . Reaktionstyp 1 ist gekennzeichnet durch extrem niedrige Gesamteinbohrrate<br />

und überwiegend verharzte Einbohrungen. Bäume des Typs 2 besitzen<br />

mittlere Gesamteinbohrrate und dominierend Einbohrstufe 2; die des Typs 3 zeigen<br />

bereits mittlere bis hohe Gesamteinbohrrate, wobei Einbohrungen der Stufe 2<br />

und 3 etwa gleiche Teile einnehmen. Die Typen 4 und 5 haben extrem hohe<br />

Gesamteinbohrrate, wobei sie sich signifikant hinsichtlich der Einbohrstufe 2<br />

(resp. Einbohrstufe 3) unterscheiden.<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

%<br />

Gesamtein bohrrate<br />

Einbohrstufe 3<br />

F-�t\i F--- -7"'- --z: :�- -7 Einbohrstufe 2<br />

F-�=t F--- -,-'- -;:; ;: :;F- -/ EIn bo hrs tute 1<br />

0 JL--"f= ='-_L_- -"f= =-_L_- --'i=- -_L_- --'i=-_ _L_---'i=-<br />

-.-/ kein EIn bohr ve rs.<br />

2 3 4 5<br />

Reaktionstypen<br />

Abbildung 1: Durchschnittliche Anteile der verschiedenen Einbohrstufen für die<br />

klassifizierten Abwehrreaktionstypen.<br />

Fig ure 1: Average amounts of the differen t attack phases fo r the classifie d types<br />

of defense reaction.


196<br />

Korrelationsanalysen zwischen lps-Test-Ergebnissen und Kronenzustandsparameter<br />

bzw. Benadelungsindizes zeigen keine signifikanten Zusammenhänge. Die<br />

geschädigten Baumvarianten reagieren auf die zwangsangesiedelten Bäume in<br />

ähnlicher Weise wie visuell gesund erscheinend e Bäume. Die Verteilung der<br />

relativen Häufigkeit geschädigter und ungeschädigter Bäume (Plus- und Minusvarianten)<br />

in den verschiedenen Reaktionstypen zeigt keinen signifikanten Einfluß<br />

der Baumvariante, die Varianten sind annähernd zu gleichen Teilen in den Reaktionstypen<br />

präsent. Zwischen dem Kronenindex und dem Gefährdungsindex nach<br />

Wiener (1988) zeigt sich kein signifikanter Zusammenhang. Der Charakter der<br />

Abwehrreaktion (passiv-aktiv) ist also von der Verteilung der Schäden innerhalb<br />

der Krone und vom Ausmaß der Schädigung weitestgehend unabhängig. Auch<br />

zeigen die Korrelationen zwischen Zuwachsgrößen und lps-Testergebnissen keine<br />

unmittelbaren Zusammenhänge. Weder das Kreisflächenzuwachsprozent noch der<br />

aktuelle tree-vigour-lndex {=Quotient aus Kreisflächenzuwachs/Splintfläche) lassen<br />

eine Beeinflussung der Abwehrreaktionen erkennen. Eine Zuordnung der<br />

unterschiedlichen tree-vigour-lndex-Verläufe zu Gruppen mit ähnlichen Verläufen<br />

(Abb. 2) zeigt ebenfalls, daß die Unterschiede im Abwehrreaktionsmuster durch<br />

diese Gruppenbildung nicht erklärt werden kö nnen. Die tendenziell negativen<br />

Zusammenhänge zwischen der Anzahl der symptomlosen Nadeljahrgänge, Benadelungsindizes<br />

bzw. Zuwachsparametern und der Gesamteinbohrrate zeigen, daß<br />

erst bei entsprechend extremer Schädigung eine verminderte Resistenz (erhöhte<br />

Einbohrrate bei hohem Anteil an Einbohrungen in den lebenden Bast) zu verzeichnen<br />

ist.<br />

Wesentlichen Einfluß auf die Ausbildung der Reaktionsmuster haben standörtliche<br />

und temporäre Gegebenheiten. Für Schöneben ergibt sich eine deutliche Dominanz<br />

der untersuchten Bäume vom Revierteil Bärenstein in den Reaktionstypen 3<br />

bis 5, jene Ty pen also mit hoher Gesamteinbohrrate, wohingegen die Bäume vom<br />

Sulzberg in den Typen 1 und 2 (geringe Einbohrrate mit dominierender passiver<br />

Abwehr) präsent sind . Die Versuchsbäume in Kanalstraße und Oberhaag verteilen<br />

sich zufällig auf die verschiedenen Reaktionstypen. Besonders krass ist der standörtliche<br />

Unterschied im Untersuchungsgebiet Glein. Hier dominieren im Stadlmairwald<br />

die Reaktionstypen mit hoher Gesamteinbohrrate (Typen 4 und 5),<br />

wohingegen bei der Versuchsfläche Stangl die Typen 1 bis 3 überwiegen.<br />

Signifikanten Einfluß auf die Verteilung der Untersuchungsbäume in den Reaktionstypen<br />

zeigt auch der Untersuchungszeitpunkt. Bei den im Frühsommer (Juni<br />

und Juli) untersuchten Bäumen dominieren die Typen 1 und 2, bei den im Spätsommer<br />

(August und September) untersuchten Bäumen die Typen 3 bis 5. Dies<br />

deutet auf eine jahreszeitlich unterschiedliche Abwehrbereitschaft der Fichten hin,<br />

wobei Fichten im Frühsommer zur Flugzeit der Parentalgeneration generell eine<br />

erhöhte passive Abwehr zeigen.<br />

Signifikant negativ korreliert die Gesamteinbohrrate mit Parametern wie Kreis- und<br />

Splintfläche in Brusthöhe und dem Baumalter. Mit zunehmendem Baumalter und


197<br />

zunehmender Baumdimension verändert sich die Art der Bildung des Rindenabschlußgewebes,<br />

des Periderms. Hinsichtlich des Peridermtyps wurden folgende<br />

Kategorien unterschieden: Oberflächenperiderm (OP), erstmalige Bildung von<br />

Innenperiderm (FP), mehrere Folgeperiderme (FF), luxurierende Folgeperidermbildung<br />

(KF).<br />

tree-vigour-!ndex (%)<br />

Schöneben<br />

7r--- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --�<br />

181 182 183 184 185 186 187 188<br />

181 -190: Indexwerte 1981-1 990 I MW: Mittelwert 1 971-1980<br />

tree-vigour-lndex (%)<br />

Glein<br />

7,--- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --,<br />

182 - 191 : Indexwerte 1982 - 1991 / MW: Mittelwert 1 972-1 981<br />

189<br />

® s<br />

190<br />

Abbildung 2: Unterschiedliche Typen von tree-vigour-lndex-Verläufen für die<br />

Untersuchungsgebiete Schöneben und Glein.<br />

Figure 2: Different types of tree-vigo ur-index-trends fo r the areas Schöneben and<br />

Glein.


198<br />

Bäume mit Oberflächenperiderm dominieren im Typ 5 mit der höchsten durchschnittlichen<br />

Gesamteinbohrrate und den höchsten Anteilen mit Einbohrungen in<br />

den lebenden Bast. Bäume des Peridermtyps FF und KF dominieren in den Typen<br />

1 bis 2 mit den geringen Einbohrraten und überwiegend passiver Abwehr. Diese<br />

Abhängigkeit der lps-Test-Ergebnisse von rindenanatomisch-strukturreUen Eigenschaften<br />

läßt sich auch anhand des Verborkungsprozentes zeigen. Die Gesamteinbohrrate<br />

nimmt mit zunehmender Verborkung der Rinde ab. ln Abbildung 3 ist<br />

der Anteil des lebenden Phloems an der Gesamtrindendicke in den Reaktionstypen<br />

dargestellt, wobei sich die Reaktionstypen 5 und 4 signifikant vom Typ 1 unterscheiden.<br />

Mit Intensivierung der Peridermbildung ist eine Zunahme der Dichte und der Breite<br />

der radialen Harzkanäle im Phloem verbunden. Die Harzkanaldichte unterscheidet<br />

sich nicht signifikant zwischen den Plus- und Minusvarianten und auch nicht zwischen<br />

den Untersuchungsgebieten. Die Harzkanaldichte ist negativ korreliert mit<br />

der Anzahl der Einbohrungen in den lebenden Bast (r=-0,3106; p :;; 0,001) sowie<br />

mit der Gesamteinbohrrate (r = -0,2803, p :;; 0,01 ), aber positiv korreliert mit dem<br />

relativen Anteil der verharzten Einbohrungen an der Gesamteinbohrrate (r = 0,277,<br />

p :;; 0,01). Mit der strukturellen Veränderung der Rinde im Laufe des Dickenwachstums<br />

ist also auch eine funktionelle Veränderung hinsichtlich der Abwehrmechanismen<br />

verbunden.<br />

40<br />

rel. Anteil des Phloems (%)<br />

3%L=------1�4--------3.--------2�,--------,�.--------,3----�<br />

2 3 4 5<br />

Reaktionstypen<br />

Abbildung 3: Anteil des lebenden Phloems an der Gesamtrindendicke für die verschiedenen<br />

Reaktionstypen.<br />

Figure 3: Relative amount of living ph!oem for the different types of de fense<br />

reaction.<br />

Hinsichtlich der Wasserhaushaltsparameter zeigte sich, daß Bäume mit geringen<br />

Einbohrraten deutlich negativere osmotische Potentiale des Nadelpreßsaftes aufweisen<br />

als Bäume mit hohen Einbohrraten. Eine Ausnahme bilden dabei die


199<br />

Bäume in Wieselburg, bei denen dieser Zusammenhang genau umgekehrt ist. Das<br />

osmotische Potential ergab nur für Schöneben 1990 signifikante Unterschiede<br />

zwischen Plus- und Minusvarianten (ps0,05). Vielmehr zeigte das osmotische<br />

Potential jahreszeitliche (im Frühsommer weniger negativ als im Spätsommer) und<br />

standörtliche Abhängigkeiten (in Glein negativere Potentiale als in Schöneben und<br />

Wieselburg ) sowie revierspezifische Unterschiede. An Zweigen der Minusvarianten<br />

konnten signifikant niedrigere hydraulische Leitfähigkeiten aufgrund erhöhter<br />

Emboliehäufigkeit in den Gefäßen des Xylems festgestellt werden. Hinsichtlich der<br />

Splintfläche in Brusthöhe ergaben sich nur für die Glein signifikante Unterschiede<br />

zwischen Plus- und Minusbäumen. ln Schöneben und Wieselburg zeigten sich<br />

zwar etwas verringerte Splintflächen, aber keine signifikanten Unterschiede. Die<br />

Reduktion der Splintflächen in der Glein ist auf das extrem häufige Auftreten von<br />

Fäulen zurückzuführen, wobei eine Beeinträchtigung der Leitfunktion des Splints<br />

zu erwarten ist.<br />

Nach Shinozaki et al. ( 1 964) steht die Gesamtnadeltrockenmasse mit der Splintfläche<br />

im Schaft in einem Gleichgewicht ("pipe-model-theory"). Störungen dieses<br />

Gleichgewichtszustandes, die ihren Ausdruck im Benadelungsindex finden, müßten<br />

demnach symptomatisch für differenzierte Schädigungen des Baumes sein.<br />

Für die Glein ist der Zusammenhang zwischen Splintfläche und Nadelmasse sehr<br />

straff, die Verringerung der Splintfläche in Brusthöhe führt zu einer kontinuierlichen<br />

Reduktion der Nadeltrockenmasse, wohingegen für Schöneben der Zusammenhang<br />

weit weniger straff und die Abnahme der Nadelmasse nicht kontinuierlich<br />

mit Abnahme der Splintfläche sondern eher abrupt erfolgt (Abb. 4) . Diese<br />

abrupte Abnahme der Nadelmasse in Schöneben dürfte neben der schädigenden<br />

Einwirkung von Luftschadstoffen auch auf akute Kronenschädigungen (u.a. ehemalige<br />

Wipfelbrüche, Auftreten von Zweigpilzen) zurückzuführen sein.<br />

Symptomatisch für diese diffe renzierten Zusammenhänge scheint auch die unterschiedliche<br />

Häufigkeit bestimmter tree-vigour-lndex-Verlaufstypen zu sein. ln<br />

Schöneben sind Bäume mit kontinuierlich abfallendem Verlauf auf niedrigem<br />

Niveau we niger häufig als in der Glein.<br />

Ähnlich wie das osmotische Potential zeigt auch der Gesamtstickstoffgehalt der<br />

Nadeln bzw. des Bastes signifikante standörtliche Unterschiede. Für Schöneben<br />

und Wieselburg ergeben sich mittlere Gesamtstickstoffgehalte in den Nadeln der<br />

Oberkrone (1 . und 2. Nadeljahrgang) von 1,41 %, für die Glein nur 1 ,05%. Die<br />

Gesamteinbohrrate ist mit dem Gesamtstickstoffgehalt im Bast positiv korreliert.<br />

Die Verfügbarkeit von Reservestoffen, insbesondere Stärke als Energiespeicher<br />

und Ausgangsprodukt für die Harzbiosynthese in den Harzkanalepithelzellen<br />

(Cheniclet et al., 1988), dürfte für die Abwehrmechanismen von wesentlicher<br />

Bedeutung sein ( Christiansen und Ericsson, 1986). Der Stärkegehalt im Bast zeigt<br />

keine signifikanten Unterschiede zwischen Plus- und Minusvarianten, wobei<br />

jedoch für Minus- und Plusvarianten eine unterschiedliche jahreszeitliche Dynamik


200<br />

festzustellen ist. Zum Frühsommertermin ist der Stärkegehalt signifikant höher als<br />

im Spätsommer, wobei die Variabilität des Stärkegehalts bei den Min usvarianten<br />

innerhalb des jeweiligen Untersuchungszeitpunktes größer ist als bei den Plusvarianten,<br />

die Varianz zwischen den Untersuchungszeitpunkten ist jedoch bei den<br />

Plusvarianten höher als bei den Bäumen mit geschädigten Kronen. Für die untersuchten<br />

Bäume in Wieselburg zeigte sich, daß diese generell sehr geringe Mengen<br />

an Stärke im Bast deponiert haben ( < 1 ,0%), wobei dieser außergewöhnliche<br />

Zustand auf die extrem trockene und heiße Witterung im "Jahrhundertsommer"<br />

1992 zurückgeführt werden kann. Zusammenhänge zwischen dem Stärkegehalt<br />

und den Einbohrergebnissen zeigten, daß der erhöhte Stärkegehalt im Frühsommer<br />

eine erhöhte passive Abwehr bedingt. Sowohl in Schöneben als auch in der<br />

Glein ist der Anteil der Bäume mit dominierender passiver Abwehr und geringer<br />

Einbohrrate im Frühsommer höher als im Spätsommer bei vergleichsweise geringerem<br />

Stärkegehalt.<br />

Gesamtnadeltrockenmasse (kg)<br />

150 ,--- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -,<br />

125<br />

100<br />

0 250 500 750<br />

Splintfläche in Brusthöhe (cm2)<br />

"<br />

..<br />

O Glein<br />

Rsq = 0,6302<br />

" Schöneben<br />

Rsq = 0,3054<br />

1000 1250<br />

Abbildung 4: Zusammenhang zwischen Gesamtnadeltrockenmasse und der Splintfläche<br />

in Brusthöhe, getrennt für Schöneben und Glein.<br />

Fig ure 4: Gorrelation between need/e biomesse of the crown and the sap wood<br />

area at breastheigh t, separated for Schöneben and G!ein.<br />

3.2 Bruttauglichkeitstests im Labor<br />

Neben der aktuellen Abwehrbereitschaft des stehenden Baumes ist die ernährungsphysiologische<br />

Wertigkeit der Rinde für die Beurteilung der Befallsdispositionsfähigkeit<br />

von Bedeutung. Durch Ansetzversuche von lps typographus-Pärchen<br />

an Brutholz im Labor wurde die Bruttauglichkeit der Fichtenstämme<br />

qualitativ und quantitativ anhand der erhobenen Brutparameter (Anzahl erfolgreicher<br />

Brutbilder, Mutterganglänge, Jungkäfertrockengewicht) bestimmt.


201<br />

Für das Untersuchungsgebiet Schöneben ergaben sich keine signifikanten<br />

Zusammenhänge zwischen Bruterfolg und Benadelungs- bzw. Zuwachsparametern.<br />

Für die Gebiete Glein und Wieselburg wurde auch der Jungkäferschlupfverlauf<br />

bzw. die Schlupfrate (=Anzahl geschlüpfter Jung käfer/Woche/erfolgreichern<br />

Brutbildl untersucht. Dabei ergaben sich hinsichtlich der Schlupfrate signifikante<br />

Unterschiede zwischen Plus- und Minusvarianten (Abb. 5). Zusammenhänge zwischen<br />

Kronenzustands- bzw. Baumwachstumsparametern und der Schlupfrate<br />

zeigten, daß sowohl bei geringen als auch hohen Benadelungs- bzw. Zuwachswerten<br />

nur geringe Schlu pfraten auftreten. Bäume, bei denen hohe Schlupfraten<br />

erzielt werden konnten, liegen im mittleren "Vitalitätsbereich". ln Abbildung 6<br />

sind die mittleren Schlupfraten für die mittels Clusteranalyse für die Glein erhaltenen<br />

tree-vigour-lndex-Verlaufstypen dargestellt, wobei sich wiederum zeigt, daß<br />

sowohl bei Bäumen mit generell niedrigem Verlauf (Cluster 1 und 2), als auch bei<br />

extrem hohem tree-vigour-lndexverlauf (Cluster 5) geringe Schlupfraten auftreten.<br />

Nur bei den Gruppen mit mittlerem und hohem Indexverlauf (Cluster 3-4) treten<br />

hohe Schlupfraten auf.<br />

Schlupfrate<br />

4,0,--- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -,<br />

3,5<br />

1'<br />

1,0<br />

,5<br />

0,0<br />

N = 10 10<br />

Glein 1991<br />

10 9<br />

Glein 1992<br />

10 10<br />

Wieselburg 1992<br />

Abbildung 5: Anzahl geschlüpfter Jungkäfer/Woche/erfolgreichern Brutbild für<br />

Glein 1991/92 und Wieselburg 1992, getrennt nach Plus- und Minusvarianten.<br />

Fig ure 5: Number of emerged young beet/es per week and per successful brood<br />

fo r Gfein 199 1/92 and Wieselburg 1992, separated by damaged and<br />

undamaged trees.<br />

Jahreszeitliche Unterschiede im Bruterfolg zeigten sich sowohl für Schöneben als<br />

auch für die Glein, wobei die Anzahl der erfolgreichen Brutbilder, die Mutterganglänge,<br />

das Jungkäfertrockengewicht und die Schlupfrate im Spätsommer<br />

höher ist als im Frühsommer.


202<br />

Der Zusammenhang zwischen Stärkegehalt und Schlupfrate zeigt für die Bäume<br />

aus der Glein einen optimalen Bereich von etwa 4-8%, bei dem hohe Schlupfraten<br />

auftreten (Abb. 7). Der Gesamtstickstoffgehalt ist mit dem Jungkäfergewicht in<br />

Schöneben positiv korreliert. ln der Glein als auch in Wieselburg ist die<br />

Schlupfrate positiv korreliert mit dem Stickstoffgehalt.<br />

Glein 1991/1992<br />

Schlupfrate (Mittelwert)<br />

1,2 ,--- -- -- -- -- -- -- ----- -- -- -- -- -,<br />

tree-vigour-lndex-Ciuster<br />

Abbildung 6: Durchschnittliche Anzahl geschlüpfter Jungkäfer/Woche/erfolgreichern<br />

Brutbild nach tree-vigour-lndex-Verlaufstypen (Giein 1991 /92),<br />

Figure 6: Average number of emerged young beet/es per week and per successful<br />

brood by different types of tree-vigour-index- trends (Giein 199 1/92).<br />

Schlupfrate<br />

3,5.--- -- -- -- -- -- -- -- -- --,<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

,5<br />

0 "<br />

.. ..<br />

'<br />

"<br />

.. 0 ..<br />

"<br />

..<br />

..<br />

"<br />

0<br />

..<br />

0,0 iJi� "'<br />

0 2 4 6 8 10<br />

Stärkegehalt im Bast (mg/1 OOmg TS)<br />

Abbildung 7: Zusammenhang zwischen dem Stärkegehalt und der Anzahl<br />

geschlüpfter Jungkäfer/Woche/erfolgreichern Brutbild getrennt nach<br />

Untersuchungsjahr.<br />

Figure 7: Gorrelation between amount of starch in phloem and number of<br />

emerged young beet/es per week and per successful brood, separa ted<br />

by year of in vestigation.<br />

@<br />

@<br />

..


4 DISKUSSION<br />

203<br />

Nach Hain et al. (1983) läßt sich die Reaktion von Nadelhölzern auf Borkenkäferbefall<br />

zu folgenden Kriterien zusammenfassen:<br />

* Wundreinigung durch Harzausscheidung durch das Harzkanalsystem (passive<br />

Reaktion)<br />

* Begrenzung der Infektionsstelle durch Bildung einer Wundreaktionszone (aktive<br />

Reaktion)<br />

* Wundheilung durch Wundperidermbildung und durch lokale, vorzeitige Verkernung<br />

des infizierten Splintholzes<br />

Die Abwehr einbohrender Käfern erfolgt in erster Linie durch Ausfluß von bereits<br />

vorgebildetem und in speziellen Speicherorganen des Bastes deponiertem Harz.<br />

Die Speicherung des Harzes erfolgt einerseits in achsialen Harzgängen, die mit<br />

Harzblasen in Verbindung stehen, andererseits durch radiale Harzkanäle (Pollak,<br />

1993). Die Intensität des Harzflusses ist abhängig von der Dichte und der Größe<br />

der Harzkanäle, von der Viskosität, der Zusammensetzung und der Kristallisationsrate<br />

des Harzes, vom Harzdruck und der Temperatur (Hodges und Lorio, 1968;<br />

1971; Mason, 1969). Aktive Abwehr durch Wundreaktionszonenbildung ist die<br />

zweite Möglichkeit des Baumes zur Abwehr eines Borkenkäferangriffes. Voraussetzungen<br />

für die Fähigkeit des Baumes zur Bildung einer Wundreaktionszone sind<br />

das Vorhandensein von genügend Ausgangstoffen und Energiereserven (insb.<br />

Kohlenhydratel für die Produktion von Abwehrsubstanzen und das Funktionieren<br />

der Leitungsbahnen zum Stofftransport (Wright et aL, 1979; Christiansen und<br />

Ericsson, 1986; Christiansen et al., 1987).<br />

Die Analysen des !PS-Tests am stehenden Baum erlauben die Charakterisierung<br />

des momentanen Abwehrstatus des Baumes. Anhand der Anzahl der Einbohrversuche,<br />

der Art der Abwehr (passiv durch primären Harzfluß, aktiv durch Wundreaktion)<br />

und dem Einbohrerfolg (Ausbildung des Brutbildes) der zwangsangesiedelten<br />

Käferpärchen im IPS-Test konnten fünf verschiedene Abwehrreaktionstypen<br />

festgestellt werden. Bei geringer Gesamteinbohrrate dominiert die passive<br />

Abwehr. Mit zunehmender Einbohrrate nimmt einerseits der Anteil der Einbohrungen<br />

in den lebenden Bast (mit Abwehr durch Wundreaktion oder positivem Bruterfolg)<br />

zu, andererseits kann bei hoher Einbohrrate (hoher Einbohranreiz) auch die<br />

passive Abwehr dominieren. Mit zunehmender Anzahl an Einbohrungen in den<br />

lebenden Bast nimmt die Brutetablierung zu.<br />

Die diagnostische Beurteilung der Baumvitalität anhand von Kronenmerkmalen<br />

und Wachstumsparametern ergab für Bäume mit visuell erkennbaren Kronenschädigungen<br />

erwartungsgemäß signifikant niedrigere Werte hinsichtlich Wachstumsgrößen<br />

(Kreisflächenzuwachsprozent, Höhenzuwachstrend, tree-vigour-lndex,<br />

Leitphloemdicke) und Benadelungsparametern (Schätzwerte nach Wiener, 1988<br />

und Waldzustandsinventur, Benadelungsindizes nach Eckmüllner, 1988). Die<br />

Ergebnisse des !PS-Tests zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen den


204<br />

Baumvarianten. Die unterschiedlichen Reaktionstypen lassen sich anhand von<br />

Kronenzustands- und Wachstumsparametern nicht signifikant unterscheiden. Mit<br />

abnehmendem Benadelungsindex bzw. Benadelungswerten nach Wiener nimmt<br />

die Gesamteinbohrrate und der Anteil der Einbohrungen in den Bast nur tendentiell<br />

zu. Der Charakter der Abwehr (passiv-aktiv) ist daher in erster Linie unabhängig<br />

vom Schädigungsgrad. Erst bei extrem hohen Nadelverlusten ist eine merkliche<br />

Minderung des Widerstands (tendenziell erhöhter Anteil an aktiver Abwehr,<br />

höhere Einbohrraten) zu verzeichnen. Die Abwehrmechanismen bleiben, wie<br />

Schwenke (1985) vermutete, selbst bei offensichtlich stark geschädigten Bäumen<br />

noch intakt.<br />

Der Gehalt an Stärke im Bast als Energie- und Rohstoffreserve für die Bildung von<br />

Abwehrsubstanzen wird von vielen Autoren als wesentlich für die Abwehr von<br />

Borkenkäferangriffen erachtet (vgl. Christiansen und Ericsson, 1986; Matson et<br />

al., 1987). Zusammenhänge zwischen Stärkegehalt im Bast der untersuchten<br />

Bäume und Abwehrreaktionen zeigten eine mit der jahreszeitlichen Änderung des<br />

Stärkegehaltes gekoppelte Differenzierung des Abwehrstatus des Baumes. Erhöhter<br />

Stärkegehalt zu Beginn der Vegetationsperiode führt zu einer erhöhten Resistenz<br />

(erhöhter Anteil an passiver Abwehr und geringer Fortschritt der Brutbildanlage<br />

bei Einbohrungen in den lebenden Bast). Mit Abnahme des Stärkegehaltes<br />

während der Vegetationsperiode ist eine Minderung der Resistenz zu bemerken.<br />

Die Gesamtstickstoffgehalte im Bast und in den Nadeln zeigten signifika nte Unterschiede<br />

zwischen den Untersuchungsgebieten, wobei in der Glein die niedrigsten<br />

Werte auftraten. Mit der Gesamteinbohrrate korrelierte der Gesamtstickstoffgehalt<br />

tendenziell positiv. Bei Bäumen mit höherem Stickstoffgehalt im Bast war also ein<br />

erhöhter Anreiz zum Einbohren festzustellen.<br />

Dem Wasserhaushalt kommt in der Beurteilung der Befallsgefährdung der Fichte<br />

eine zentrale Bedeutung zu. Nach Schwenke ( 1987) ist der Zusammenbruch des<br />

Wasserhaushalts durch spezifische Schadereignisse ausschlaggeben für das Versagen<br />

der Abwehrmechanismen und den erfolgreichen Befall durch Borkenkäfer.<br />

Der Wasserhaushalt beeinflußt die Abwehr von Borkenkäfern einerseits über den<br />

Harzdruck und andererseits über den Transport von Energie- und Abwehrstoffen<br />

zur Bildung der Wundreaktionszone in Umgebung der lnfektionsstelle. Bei den<br />

Untersuchungen zum Wasserhaushalt der behandelten Probebäume konnte an<br />

Zweigen der Minusvarianten ein größerer Verlust an hydraulischer Leitfähigkeit<br />

beobachtet werden, d.h. in Zweigen der Minusvarianten sind im nativen Zustand<br />

mehr Embolien vorhanden als in Zweigen der Plusvarianten. Die Messungen des<br />

osmotischen Potentials der Nadelpreßsäfte zeigen keine deutlichen Unterschiede<br />

zwischen den Kronenzustandsvarianten. Osmotische Potentiale vieler Pflanzen<br />

werden durch länger andauernde Episoden des Wasserstresses abgesenkt. Offensichtlich<br />

ist dies aber für Bäume mit Symptomen der "neuartigen Waldschäden"<br />

nicht allgemein zutreffend. Auch scheint die Red uktion der Splintflächen im<br />

Schaft durch vorzeitige Verkernung nicht generell typisch für Bäume mit offen-


205<br />

sichtlichen Kronenschäden zu sein, die eine wesentliche Beeindrächtigung des<br />

Wasserhaushalts der geschädigten Bäume durch erhöhte Leitwiderstände im<br />

Schaft erwarten läßt (vgl. Richter et al., 1988). Nur für das Untersuchungsgebiet<br />

Glein konnten signifikante Unterschiede hinsichtlich der Splintanteile in Brusthöhe<br />

festgestellt werden, die auf sehr häufige Infektion durch Fäuleerreger zurückzuführen<br />

sind. Ja hreszeitliche Schwankungen des osmotischen Potentials (im Frühsommer<br />

weniger negative Potentiale als im Spätsommer) sind verbunden mit einer<br />

generell erhöhten Abwehrbereitschaft der Fichte im Frühsommer.<br />

Korrelationsanalysen zwischen allgemeinen Baumparametern und IPS-Testergebnissen<br />

zeigten eine signifikante Abhängigkeit der Gesamteinbohrate von der<br />

Baumdimension (Schaftquerschnittsfläche in Brusthöhe, Splintfläche, Kronenlänge,<br />

Baumhöhet und dem Baumalter, wobei diese Zusammenhänge durch die<br />

Änderung rindenanatomisch-struktureller Eigenschaften (Peridermtyp, Verborkungsprozent)<br />

und den damit einhergehenden Veränderungen hinsichtlich Harzkanaldichte<br />

und -breite erklärt werden können.<br />

Dies zeigt auch, daß die Charakterisierung der Abwehrmechanismen im !PS-Test<br />

(Zwangsansiedelung von lp s typographus in 5-6 m Stammhöhe) zur Beurteilung<br />

der Befallsdisposition nicht nur zeitlich eingeschränkt ist (jahreszeitliche und<br />

tageszeitliche Schwankungen), sondern auch intraindividuell differenziert betrachtet<br />

werden muß (funktionelle Änderung des Abwehrreaktionsmusters mit der<br />

Stammhöhe in Hinblick auf die Änderung der Peridermbildung mit fortschreitendem<br />

Dickenwachstum). Den IPS-Testergebnissen kommt daher nur eingeschränkte<br />

Bedeutung für die Indikation der Befallsdisposition zu, da sie zeitlich<br />

und baumindividuell spezifisch zu interpretieren sind. Auch ist aufgrund der<br />

Abhängig keit der Abwehrreaktion von rindenanatomisch-strukturellen Gegebenheiten<br />

ein hoher Anteil an Einbohrungen in den Bast mit Wundreaktionszonenbildung<br />

und initialer Brutbildanlage nicht in erster Linie mit der Baumvitalität sondern<br />

mit rindenstrukturell-anatomischen Merkmalen in Verbindung zu bringen.<br />

Über die ernährungsphysiologische Situation bastbrütender Borkenkäfer, insbesondere<br />

an Fichte, liegen noch wenig fundierte Informationen vor. Vielfach wird<br />

vermutet, daß "krä nkelnde" Fichten mit Nadelverlusten und Zuwachsrückgängen<br />

für lp s typographus kein taugliches Brutmaterial darstellen (Schwenke, 1985). Die<br />

Ü berprüfung der ernährungsphysiologischen Bastqualität der untersuchten Bäume<br />

mittels Testbruten an Stammstücken im Labor zeigte für Glein und Wieselburg<br />

signifikante Unterschiede zwischen den Baumvarianten hinsichtlich der Schlupfrate.<br />

Dabei ist auch ein jahreszeitlich unterschiedlicher Bruterfolg festzustellen (im<br />

Spätsommer höhere Schlupfrate und höheres Jungkäfertrockengewicht}. Ein Indikator<br />

für die Bruttauglichkeit ist der tree-vigour-lndex-Verlauf. Bäume mit kontinuierlich<br />

abnehmendem tree-vigour-lndex auf niedrigem Niveau ermöglichen lps<br />

typographus keinen positiven Bruterfolg. Der optimale Bereich für lp s typographus<br />

dürfte im mittleren bis hohen "Vitalitätsbereich" liegen, wobei auch bei Bäumen


206<br />

mit überdurchschnittlichen Benadelungs- bzw. Zuwachswerten bzw. tree-vigourlndex-Werten<br />

nur ein geringer Bruterfolg zu registrieren war.<br />

Mit dem Stärkegehalt im Bast zeigte sich zur Schlupfrate eine Optimumsbeziehung.<br />

Sowohl bei hohen als auch niedrigen Stärkegehalten war der Bruterfolg<br />

vermindert, wobei der geringere Bruterfolg im Frühsommer mit generell erhöhtem<br />

Stärkegehalt gegenüber dem Spätsommertermin verbunden war. Eine Zunahme<br />

der Schlupfrate zeigte sich mit Zunahme des Gesamtstickstoffgehaltes im Bast.<br />

Auch die Jungkäfertrockengewichte in Schöneben, Glein und Wieselburg korrelieren<br />

positiv mit dem Stickstoffgehalt.<br />

Verringerte Vitalität durch langzeitstreßbelastung führt zu einer deutlichen Verminderung<br />

der ernährungsphysiologischen Brutbaumqualität für lp s typographus,<br />

wobei der tree-vigour-lndex als spezifischer Indikator für die Differenzierung der<br />

Bastqualität herangezogen werden kann (vgl. Lindenthal, 1993). Das Resultat<br />

einer Langzeitstreßbelastung mit kontinuierlicher, allmählicher Abnahme der<br />

Baumvitalität (reduzierte Zuwachsleistung, veringerte Nadelmasse bei gleichzeitiger<br />

Reduktion der Splintfläche, geringe Gehalte an Stickstoff, Absenkung des<br />

osmotischen Potentials in den Nadeln) sind Bestände mit relativ resistenten, aber<br />

für lps typographus befallsdispositionsunfähigen Bäumen, die auch bei Abnahme<br />

der Resistenz (Verlust an aktiver und passiver Abwehrbereitschaft durch abrupte,<br />

irreversible Unterbrechung bzw. temporäre Schwächung des Wasser- und<br />

Stofftransportes) kein erhöhtes Risiko für eine Epidemie von lp s typographus darstellen<br />

(allgemeiner Attraktivitätsverlust; minimaler Befallserfolg). Jedoch dürfte in<br />

Gebieten mit generell ungünstigen standörtlichen Bedingungen und Langzeitstreßbelastung<br />

(Immissionen etc.) eine Substitution von /p s typographus durch andere<br />

anspruchslosere Rindenbrüterarten oder Arten mit größerer ökophysiologischer<br />

Amplitude erfolgen {Oppermann, 1985; Grodzki, 1992; lanz et al., 1993)<br />

5 LITERATUR<br />

BALTENSWEILER W., 1985: "Waldsterben": forest pests and air pollution. Z. ang. Ent. 99: 77-85.<br />

BERRYMAN A.A., 1969: Responses of Abies grandis to attack by Scolytus ventralis (Coleoptera:<br />

Scolytidae). Can. Ent. 101: 1 033-1041 .<br />

CHENICLET C., C. BERNARD-DAGON and G. PAULY, 1988: Terpene biosynthesis under pathological<br />

conditions. in: MATTSON W.J., J. LEVIEUX and C. BERNARD-DAGON, Mechanisms of<br />

woody plant defenses against insects; search for pattern. Springer Verlag, 117-130.<br />

CHRISTIANSEN E. and A. ERICSSON, 1986: Starch reserves in Picea abies in relation against a<br />

bark beetle transmitted blue-stain fungus, Ceratocystis polonica. Can. J. For. Res. 16: 78-83.<br />

CHRISTIANSEN E. and R. HORNTVEDT, 1983: Combined lps/Ceratocystis attack on Norway<br />

spruce and defensive mechanisms of the trees. Z. ang. Ent. 96: 110-1 18.<br />

CHRISTIANSEN E., R.H. WARING and A.A. BERRYMAN, 1987: Resistance of conifers to bark<br />

beetle attack: searching for general relationships. For. Ecol. Manage. 22: 89-106.<br />

ECKMÜLLNER 0., 1988: Zuwachsuntersuchungen an Fichte im Zusammenhang mit neuartigen<br />

Waldschäden. Diss., Univ. Bodenkultur Wien.<br />

FÜHRER E., 1985: Air pollution and the incidence of forest insect problems. Z. ang. Ent. 99: 67-<br />

73.


207<br />

FÜHRER E., 1988: Zur Epidemiologie von Schädlingspopulationen unter lmmissionseinfluß. ln:<br />

FÜHRER E. u. F. NEUHUBER !Hsg.), Waldst�rben in Österreich, Theorien, Tendenzen, Therapien,<br />

FIW-Symposium 1988, Univ Bodenkultur Wien, Bundesminist. Wiss. u. Forsch., Wien.<br />

GRODZKI W., 1992: lnfluence of air pollution on the menace by bark beetlas in spruce stands of<br />

Sudety Mts. in Poland. ln: Air pollution and interactions between organisms in forest ecosystems,<br />

271-275.<br />

HAIN F.P., W.D. MAWBY, S.P. COOK and F.H. ARTHUR, 1983: Host conifer reaction to stem<br />

invasion. Z. ang. Ent. 96: 247-256.<br />

HODGES J.D. and P.L. LORIO jr., 1968: Measurment of oleoresin exudation pressure in loblolly<br />

pine. Forest Sience 14: 75-76.<br />

KRAEMER G.D., 1953: Die kritischen Grenzen der Brutbaumdisposition für Borkenkäferbefall an<br />

Fichte !Picea abies L.). Z. ang. Ent. 34: 463-512.<br />

LANZ W., P. SKWARA, W. GRODZKI, 1993: Borkenkäferbefall immissionsgeschädigter Fichtenbestände<br />

in Schlesien. AFZ 13: 670-673.<br />

LINDENTHAL J., 1993: Zusammenhänge zwischen den Befallsspektren rinden- und holzbrütender<br />

Insekten an stehend abgestorbenen Fichten und der prämortalen Vitalitätsdynamik dieser<br />

Bäume. Diplomarb., Univ. Bodenkultur Wien.<br />

MASON R.R., 1969: A simple technique of measuring oleoresin exudation flow in Pines. Forest<br />

Sience 1 5: 56-57.<br />

MATSON P.A., F.P. HAIN and W. MAWBY, 1987: Indices of tree susceptibility to bark beetlas<br />

vary with silvicultural treatment in a Loblolly pine plantation. For. Ecol. Manage.22: 107-1 18.<br />

OPPERMANN T.A., 1985: Rinden- und holzbrütende Insekten an immissionsgeschädigten Fichten<br />

und Kiefern. Holz-Zentralblatt 111: 213-21 7.<br />

POLLAK P., 1993: Untersuchungen zum Harzkanalsystem und der Rinde der Fichte (Picea abies<br />

Karst.). Diplomarb., Univ. Bodenkultur Wien. ·<br />

RICHTER H., 0. ECKMÜLLNER u. R. EBERMANN, 1988: Zum Wasserhaushalt von Bäumen auf<br />

Schadstandorten. ln: FÜHRER E. u. F. NEUHUBER (Hsg.), Waldsterben in Österreich, Theorien,<br />

Tendenzen, Therapien, FIW-Symposium 1988, Univ. Bodenkultur Wien, Bundesminist. Wiss. u.<br />

Forsch., Wien, 139-1 50.<br />

SCHWENKE W., 1985: Beziehungen zwischen tierischen Schädlingen und Baumerkrankungen.<br />

Forstw. Cbl. 104: 220-225.<br />

SHINOZAKI K., K. YODA, K. HOZUMI and T. KIRA, 1964: A quantitative analysis of plant form -<br />

the pipe modal theory, I, II. Jap. J. Ecol. 14: 97-1 05, 133-139.<br />

WIENER L., 1988: Auswirkungen von Immissionseinflüssen auf die Populationsdynamik ausgewählter<br />

Stammschädlingsarten an Nadelbäumen. Diss., Univ. Bodenkultur Wien.<br />

WRIGHT L. C., A.A. BERRYMAN and S. GURUSIDDAIAH, 1979: Host resistance to the fir engraver<br />

beetle Scolytus ventralis (Coleoptera: Scolytidael: 4. Effect of defoliation on wound monoterpene<br />

and inner bark carbohydrate concentrations. Can. Ent. 11: 1255-1262.


208


209<br />

DIE GEMEINE FICHTENGESPINSTBlATTWESPE, CEPHA LCIA ABIE TIS l.<br />

(HYM., PAMPHIUIDAE), IM BÖHMERWALD: ZUR KENNTNIS DER<br />

VERURSACHUNG UND VERMEIDUNG VON GRADATIONEN<br />

THE FA LSE SPRUCE WEB WORM, CEPHALCIA ABIETIS L.<br />

(H YM., PA MPHIL IIDA E), IN THE BOHEMIA N <strong>FOR</strong>EST:<br />

TO WARDS CA USES AND A VOIDANCE OF EPIDEMICS<br />

Erwin FÜ HRER und Peter FISCHER<br />

Institut für Forstentomologie, Forstpathologie und Forstschutz<br />

Universität für Bodenkultur Wien, Hasenauerstraße 38, A - 1190 Wien<br />

SUMMARY<br />

Epidemics of Cephalcia abietis L. recently happened in Austria in the SE parts of the Bohemian<br />

Forest. On this occasion selected aspects of its epidemiology were studied, in order to develop<br />

methods of risk evaluation and risk prevention of this pest. These investigations were carried out<br />

in the framewerk of an interdisciplinary case study of FIW (Führer, 1993).<br />

lt was a rather moderate outbreak. Severe darnage was restricted to three isolated sites of about<br />

50 ha area each. The names of these plots are "Streuplatz", "Trautwald" and "Kochholz" (Fig. 1,<br />

Tab. 1 ) . Their topographical positions are 800 to 900 m altitude on the E-SE slope of the mount<br />

Bärenstein (1 077 m), leeward the dominating direction of wind during winter, which usually is<br />

deposing there rich snowfall. The forest sites are situated on granite and gneis bedrock poor of<br />

bases, thus inclining to severe soil acidification. The latter is also enhanced by past removal of litter<br />

for agricultural purposes and by past and present deposition of acid rain (Glatze!, 1991). The<br />

forest stands concerned . by the gradation were uniform stands of Norway spruce (Picea abies<br />

Karst. ), 60 to 100 years by age. ln general the features of the outbreak areas resembled those,<br />

where other epidemics of C. abietis had happened (Martinek, 1980; Schmutzenhofer, 1980;<br />

Pschorn-Walcher, 1982).<br />

The fluctuating part of the Cephalcia-population was running a three years' generation cycle<br />

(Tab. 2), as it was the case also in other middle European regions during the last decades<br />

(Schmutzenhofer, 1980; Eichhorn u. Pausch, 1986). Frequent occurrence of drought periods, as it<br />

had happened during the early seventies and early eighties, seem to start outbreak cycles in sites<br />

predisposed to epidemics of C. abietis . Drought may favour the insects' flight and oviposition<br />

during May and June, as weil as the survival of larvae during feeding the older needles in June to<br />

August. Drought also may check mortality factors working on the nymphs of C. abietis in forest<br />

soil, resting there for two to three years in the upper layers of mineral soil (Fig. 3).<br />

Diapausing nymphs situated in the soil frequently are suffering from high mortality, which has a<br />

special maximum during metamorphosis in fall and winter prior to emergence of the wasps. The<br />

entomophilic nematode, Steinernema kraussei, was found to contribute considerably to nymph<br />

mortality. Several causes of variation of nematode density and parasitization rate were tested<br />

(Figs. 4, 5), but the most striking factor influencing the nematode's efficiency as a nymph parasite<br />

was found to be soil acidity (Figs. 6, 7). pH-values below 4,0 are checking the invasive stage of<br />

the nematode to attack Cephalcia-nymphs. This situation can be repaired by amelioration treatment<br />

of soil, whlch elevates pH-values beyend 4,0 (Fig. 8, Tab. 5).<br />

Another important factor influencing population dynamics of C. abietis appears to be food quality<br />

of spruce needles. There are a couple of indications for negative effects of seriously stressed tree<br />

physiology to survival and growth of Cephalcia-larvae (Figs. 9, 10, 11). Trees seriously suffering<br />

from the "mountain yellowing of spruce", show a worse food quality to larvae than trees free of<br />

symptoms. Preliminary results indicate that fresh weight, which can be attained during deve!opment,<br />

is positively influenced by total nitrogen and thiol content of the needles. lt is negatively<br />

affected by stress, expressed in our preliminary index formula by total sulphur and ascorbate con-<br />

Forstliche Schriftenreihe, Universität für Bodenkultur Wien. Bd. 7, 1994.<br />

ÖGWEB (Österr. Ges. f. Waldökosystemforschung und experimentelle Baumforschung) ISBN 3-900865-06-X.


210<br />

centrations (Fig. 12, Tab. 6). Conclusions for applying these results for prediction of potential risks<br />

of Cephalcia outbreaks and for counteracting it by preventive forest protection are briefly discussed.<br />

KEYWORDS: Cephalcia abietis, Steinerneme kraussei, epidemics, climate, antagonists, food quality.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Im östlichen Teil der Böhmerwaldes {Forstamt Stift Schlägl, Mühlviertel, Oberösterreichl trat die<br />

Gemeine Fichtengespinstblattwespe in eine Massenvermehrung, die im Jahre 1986 ihren Höhepunkt<br />

hatte. Die Gradation spielte sich in Form mehrerer kleiner (ca 50 ha) Vermehrungsherde ab,<br />

auf denen es teilweise zu Kahlfraß kam. Aufgrund der topographischen und standörtlichen Gegebenheiten<br />

bestehen große Ähnlichkeiten zu anderen Gradationen dieses Insekts. Gradationsauslösende<br />

Faktoren werden zum Teil im Witterungsgeschehen vermutet, wonach Häufungen von Jahren<br />

mit ausgeprägten Trockenperioden während der Vegetationszeit großräumig den Anstoß zu<br />

sprunghaftem Populationswachstum der Gespinstblattwespe in gradationsdisponierten Fichtenbeständen<br />

geben dürften. Die kleinräumige Variabilität der Prädisposition führt zur Entstehung lokaler<br />

Vermehrungsherde. Als gradationsbegünstigende Dispositionsfaktoren im Untersuchungsgebiet<br />

werden der Zustand des Waldbodens und die physiologische Qualität der älteren Fichtennadel­<br />

Jahrgänge angesehen. Im Waldboden vollzieht sich während der zwei- bis dreijährigen Nymphenruhe<br />

eine für den Gradationsverlauf vermutlich entscheidende Mortalität der Nymphen, die hier vor<br />

allem durch den entomoparasitischen Nematoden, Steinernema kraussei, verursacht wurde. Da<br />

dieser Nymphenparasit bei Boden-pH-Werten


21 1<br />

bevorzugt stattfinden, flächenhaften Ausfall der Fichte verursachen (Jahn, 1976;<br />

Krol, 1987). Deshalb werden auch noch in jüngster Zeit Massenvermehrungen in<br />

kritischen Situationen mit chemischen Insektiziden kurativ behandelt (Eichhorn u.<br />

Pausch, 1986). Wenn solche Notlösungen aus umwelthygienischen Erwägungen<br />

grundsätzlich problematisch sind, so kommen sie in bestimmten Fällen (z.B. in<br />

Wasserschutzgebieten) überhaupt nicht in Betracht. Daher werden für potentiell<br />

gefährdete Waldgebiete geeignete Präventivmethoden gegen diesen Waldschädling<br />

dringend benötigt. Die Entwicklung solcher Verfahren setzt ausreichendes<br />

Kausalverständnis der Epidemiologie dieser Insektenart voraus.<br />

2 ERGEBNISSE<br />

2. 1 Zur Epidemiologie von C. abietis<br />

Massenvermehrungen von C. abietis wurden schon des öfteren studiert (Ut. s.<br />

Pschorn-Walcher, 1982). Das Insekt ist biologisch interessant und entwicklungsphysiologisch<br />

z.T. rätselhaft. Weil es detaillierten und experimentellen Untersuchungen<br />

schwer zugänglich ist, sind zahlreiche epidemiologisch wichtige Fragen<br />

noch offen. Am ehesten - wenn auch immer noch unzureichend - bekannt sind in<br />

der Beendigung einer Gradation (Retrogradation) maßgeblich beteiligte Faktoren.<br />

Wie Pschorn-Walcher ( 1982) zurecht feststellt, sind aber jene Faktoren, die eine<br />

Gradation auslösen, noch weitestgehend unbekannt. Gerade diese sollten wir<br />

jedoch kennen, wenn die Gradationsgefahr eingeschätzt werden soll und wenn<br />

spezifische Verfahren zur Minderung einer bestehenden Gefährdung entwickelt<br />

werden sollen. Unter diesem Aspekt wurden die Untersuchungen an C. abietis im<br />

Böhmerwald in Angriff genommen.<br />

Aus den wichtig erscheinenden Faktoren wählten wir zur Untersuchung solche<br />

aus, die auch aus waldökosystemarer und streßökologischer Perspektive wesentlich<br />

sind: das Substrat (Waldboden) und die Nahrungsqualität (Baumvitalität). Der<br />

streßökologische Blickwinkel drängt sich auf, nachdem C. abietis zu jenen Waldschädlingen<br />

gezählt wird, die vermutlich von den Schadstoffbelastungen der mitteleuropäischen<br />

Mittelgebirgswälder profitieren (Baltensweiler, 1985; Führer,<br />

1988). Außerdem waren die Voraussetzungen zur Bearbeitung dieser Aspekte<br />

durch die Möglichkeit einer interdisziplinären Forschungskooperation im Rahmen<br />

der "FIW-Fallstudie Mühlviertel" (Führer, 1993) sehr günstig.<br />

Im einzelnen interessierte einerseits die Frage, welche Prozesse im Waldboden<br />

während der mehrjährigen Nymphenruhe daselbst mortalitätswirksam sind und<br />

inwieweit der Bodenzustand auf sie Einfluß hat. ln den Retrogradationsphasen<br />

wurde wiederholt beträchtliche Nymphensterblichkeit konstatiert, ohne daß die<br />

Mortalitätsursache mit ausreichender Deutlichkeit erkennbar gewesen wäre<br />

(Eichhorn, 1990). Zum anderen waren mit hoher Wahrscheinlichkeit Effekte der


212<br />

Nahrung auf die Larvenentwicklung zu erwarten. Streßbedingte Veränderungen<br />

der Fichtennadeln - insbesondere im Zusammenhang mit Symptomen der neuartigen<br />

Waldschäden - sind verbreitet Gegenstand umfangreicher Untersuchungen<br />

(Keller, 1989; Tesche, 1989). Es wäre überraschend, blieben die vielfältigen physiologisch-chemischen<br />

Streßreaktionen der Pflanze ohne Einfluß auf die Futterqualität<br />

und damit auf die Larvenernährung (Heliövaara u. Väisänen, 1993; Benz,<br />

1974).<br />

Geht man von der klassischen Einteilung der abundanzdynamischen Faktoren aus,<br />

so wären neben dem Nahrungsfaktor Effekte von Witterungseinflüssen sowie die<br />

Wirkungen natürlicher Gegenspieler in Betracht zu ziehen. Auf letztere wird im<br />

Zusammenhang mit den im Waldboden wirksamen Mortalitätsfaktoren ausschnittweise,<br />

jedoch ausführlich einzugehen sein. Ü berlegungen bezüglich Witterungs-<br />

und Klimaeffekten können nur am Rande angestellt werden. Schließlich soll<br />

versucht werden, aus den gewonnenen Erkenntnissen wenigstens ansatzweise<br />

Maßnahmen des präventiven Waldschutzes gegen C. abietis abzuleiten.<br />

2.2 Die Gradation im Böhmerwald<br />

Die Gradation von C. abietis im Untersuchungsgebiet war mit insgesamt ca.<br />

150 ha Befallsfläche verhältnismäßig eng lokalisiert. Sie trug die wesentlichen Züge<br />

der Massenvermehrungen dieses Insekts, wie sie auch in der · Literatur beschrieben<br />

werden (Pschorn-Walcher, 1982). Die Befallsherde lagen in 800-900 m<br />

Seehöhe und betrafen 60- bis 1 OOjährige Fichtenbestände auf Silikatstandorten.<br />

Wie z.B. aus dem Waldviertel berichtet (Schmutzenhofer, 1980), entwickelten<br />

sich gleichzeitig mehrere kleine Befallsherde von maximal 50 ha Größe, die jedoch<br />

voneinander isoliert blieben. Die drei bedeutenderen Vermehrungsherde<br />

(Streuplatz, Trautwald, Kochholz) befanden sich östlich des Reviers Sonnenwald<br />

im Bereich des sanft geneigten Ostabfalles des Bärenstein (Abb. 1 ). Drei weitere,<br />

sich andeutende Vermehrungsherde (Moldaublick, Bärnloch, Rehberg) befanden<br />

sich weiter westwärts.<br />

Die unterschiedliche Befallsintensität der sechs festgestellten Befallsherde wird<br />

auch durch die durchschnittlichen Nymphen-Belagsdichten (Eonymphen, Pronymphen)<br />

im Boden belegt, die im Mai 1987 nach dem starken Schadfraß 1986 ermittelt<br />

wurden (Tab. 1 ). Pro m2 Bodenfläche fanden sich in den Beständen von<br />

Streuplatz, Trautwald und Kochholz, die teilweise Kahlfraß erlitten hatten, :zwischen<br />

1000 und 1830 Erd Iarven. Mit 526-600 Individuen1m2 Bodenfläche waren<br />

die Belagsdichten in den drei anderen Vermehrungsherden vergleichsweise niedrig,<br />

aber dennoch im kritischen Bereich. Zwischen diesen Befallsherden und im<br />

ganzen übrigen Bereich des Untersuchungsgebietes erschien die Population von<br />

C. abie tis nach okularen Eindrücken aus den Baumkronen höchstens etwas<br />

erhöht. Wie die Probegrabungen auf den im Revier Sonnenwald gelegenen FIW­<br />

Dauerbeobachtungsflächen S 1, S 2 und S 3 (Abb. 1) ergaben, waren die Belags-


213<br />

dichten im Boden auch bei relativer Nähe zu den Befallsherden mit 12-25 Nymphen<br />

pro m2 gering. Kontrollen der Belagsdichte im November 1990 auf sechs<br />

Standorten im Revier Sonnenwald und im Befallsgebiet Trautwald bestätigten das<br />

Bild von 1987 insofern, als die Werte der Latenzstandorte - so wie auch zuvor -<br />

nur etwa 1-5% der Werte aus den Gradationsflächen betrugen (Tab. 4).<br />

1 == Streuplatz<br />

2 = Trautwald<br />

3 = Kochholz<br />

4 = Mo ldaubl ick<br />

5 = Bärnloch<br />

6 = Rehberg<br />

0 �<br />

CSFR<br />

Cephalcia-Befallsgebiete<br />

[]] '�� ,,_<br />

' ' '<br />

- .<br />

'<br />

. '<br />

2 km<br />

t<br />

N<br />

I<br />

-,<br />

' '<br />

Moldaustausee<br />

_, .. J<br />

-,<br />

,. CSFR<br />

7 = Schöneben 1<br />

8 = Schöneben 2<br />

9 = Schöneben 3<br />

� w .. .. .. - ..<br />

Abbildung 1: Cepha/cia-Befallsgebiete ( 1-6) und FIW-Versuchsflächen (7-9) im<br />

Österreichischen Teil des Böhmerwaldes (Fischer, 1992).<br />

Figure 1: Sites of Cephalcia mass outbreaks (1-6} and FIW- experimenta! sites<br />

(7-9) in Austrian part of Bohemian Fo rest (Fischer, 1992).<br />

\ ... .. ... -


214<br />

Die räumlich relativ scharfe und quantitativ sehr deutliche Differenzierung zwischen<br />

Gradations- und Latenzbereichen sowie die enge Lokalisierung der Vermehrungsherde<br />

läßt auf eine kleinräumige Diversität der entscheidenden Verursachungsfaktoren<br />

schließen. Der Umstand, daß der bei C. abietis recht komplizierte<br />

Generationszyklus im gesamten Gebiet weitgehend synchron mit dominierender<br />

dreijähriger Generationsdauer zu verlaufen schien und daher auch die Dichtefluktuationen<br />

im Gradations- und Latenzgebiet einheitlich vonstatten ging, unterstreicht<br />

die räumliche Differenzierungsschärfe der gradationsrelevanten Verhältnisse.<br />

Sieht man vom höhenbedingten Topoklima und von der Altersklasse der<br />

Fichtenbestände ab, so kommen als differenzierende Ursachen theoretisch in<br />

Frage: Durch das Mesorelief des Geländes bedingte standortsklimatische Differenzen;<br />

Unterschiede des Bodenzustandes infolge Mesorelief, geologischem Untergrund,<br />

Pedogenese, Vegetations- und Nutzungsgeschichte oder Schadstoffdepositionen;<br />

unterschiedliche Qualität der Nahrungspflanze infolge Bodenzustand,<br />

Minera lstoffernährung, Mesoklima, Streßzuständen verschiedenster Ursache, Provenienz;<br />

lokale Hemmung wenig mobiler Gegenspieler durch Boden-, Bestandesklima-<br />

oder Vegetationsverhältnisse.<br />

Tabelle 1: Mittlere Belagsdichten und Schlüpfraten von Cephalcia-Nymphen im<br />

Mai 1987 in verschiedenen Befallsgebieten und in den FIW-Versuchsflächen<br />

(vgl. Abb. 1 l (Fischer, 1992).<br />

Ta ble 1: Average density of Cephalcia nymphs and pronymph ratio in May 1987<br />

in differen t mass outbreak sites and in the experimental FIW-sites S 1,<br />

S 2, S 3 (see also Fig. 1) (Fischer, 1992).<br />

Befallsgebiet Nymphen/rn" Schlüpfprozent<br />

outbreak site nymphs/m2 pronymphs %<br />

1 Streuplatz 1.478 3,09<br />

2 Trautwald 1.833 2,14<br />

3 Kochholz 996 0,77<br />

4 Moldaublick 526 0,89<br />

5 Bärnloch 588 1,85<br />

6 Rehberg 602 2,36<br />

7 FIW-S 1 25


215<br />

rationsdauer haben können (Eichhorn u. Pausch, 1986; Gruppe, 1993). ln den<br />

gradierenden Populationen dominiert häufig die dreijährige Dauer; so war es auch<br />

im Böhmerwald (Tab. 2).<br />

Tabelle 2: Die Fluktuation der Cepha/cia-Nymphen-Belagsdichte (la/m2) und der<br />

jeweiligen Pronymphenraten (Pron %) sowie der Abbaumzuwächse (plus<br />

La %) während der Jahre 1986 bis 1988 (Fischer, 1992).<br />

ln zwei verschiedenen Befallsgebieten 1 0 Grabungen pro Termin und Fläche<br />

Table 2: Fluctuations of Cephalcia-nymph densities (La/m2), the respective pro­<br />

nymphe ratios (Pron %} and the annual in take of dropping nymphs<br />

(plus La %) during 1986 to 1988 (Fischer, 1992).<br />

Jn two different mass outbreak sites fStreuplatz 219 edge; Trautwald coreJ, means of<br />

10 samples per date and site<br />

Streuplatz (Randzone) Trautwald !Kernzone)<br />

Zeit/time La/m2 Pron % plus La% Latm• Pron % plus La%<br />

Mai 1986 572 17,19 684 24,30<br />

Aug. 1986 118 180<br />

Okt. 1986 655 1,72 1705 6,97<br />

Mai 1987 580 0,30 1708 2,14<br />

Aug. 1987 0 0<br />

Okt. 1987 420 7,23 1168 9,23<br />

Mai 1988 445 3,80 890 3,32<br />

Aug. 1988 0 0<br />

Okt. 1988 418 54,00 520 54,60<br />

Vergleicht man die Jahre mit starkem Blattwespenfraß im Rahmen der rezenteren<br />

mitteleuropäischen Gradationen, so läßt sich ein überregionaler, zusammenhängender<br />

Dreijahreszyklus von 1970-1979 im Waldviertel, von 1976-1982 in Bayern<br />

(und in schwacher Ausprägung bis 1985 im Böhmerwald, Revierteil Streuplatz)<br />

verfolgen (Schmutzenhofer, 1980; Eichhorn u. Pausch, 1986). Zeitlich davon<br />

abgekoppelt, begann ein neuer Gradationszyklus im Untersuchungsgebiet im<br />

Jahre 1986 mit rasch abklingender Fraßintensität im Jahr 1989 (Fischer, 1992).<br />

ln den jeweils dazwischen liegenden Jahren waren Schlüpfrate und Larvenfraß<br />

gering (Tab. 2).<br />

Für großräumig synchrone Fluktuationen werden Großwetterlagen als initiierende<br />

Ursachen verantwortlich gemacht. C. abietis dürfte durch warm-trockene Witterung<br />

während der Flug- und Eiablageperiode (Mai/Juni) sowie der Fraßperiode<br />

(Juni-August) begünstigt werden (Pschorn-Walcher, 1982; Eichhorn, 1990). Solche<br />

Bedingungen sind hauptsächlich in Jahren mit ausgeprägten Trockenperioden<br />

während der Vegetationszeit zu erwarten. Aus Daten der Wetterstation Rohrbach<br />

(Mühlviertel) gibt Stohl (1993) eine Ü bersicht über die Verteilung von Trockenpe-


216<br />

rioden zwischen 1950 und 1992. Auch wenn die Übertragbarkeit dieser lokalen<br />

Befunde auf entfernter gelegene Massenwechselgebiete fraglich ist, so fallen<br />

doch Jahresfolgen mit Häufungen von Trockenperioden von 30- bis 70tägiger<br />

Dauer auf. Eine solche Häufung ist in den Jahren 1970-1976 zu verzeichnen, mit<br />

Extremen in 1970, 1973 und besonders 1976 (Höhepunkt der Gradation im<br />

Waldvierte I, Beginn in Bayern). Eine zweite Häufung 'liegt zwischen 1982 und<br />

1986 mit extremer Ausprägung 1986 {Höhepunkt der Gradation im Böhmerwald).<br />

Diese Übereinstimmungen sprechen sehr für die Bedeutung niederschlagsarmer<br />

Großwetterlagen in der Auslösung der Gradationen von C. abietis. Die dabei wirksamen<br />

Mechanismen bedürfen allerdings noch einer genaueren Prüfung, zumal die<br />

Witterungseffekte ja offensichtlich kleinräumig variieren. Jene differenzierenden<br />

Umstände müssen auf bestimmten Eigenschaften der Waldökosysteme selbst<br />

beruhen.<br />

Eine wesentliche Rolle dürfte das Topoklima in bezug auf die Menge und Dauer<br />

der winterlichen Schneelage spielen. Indizien dafür sind die folgenden Umstände:<br />

Gradationen ereignen sich hauptsächlich in Höhenstufen oberhalb 600 m; die<br />

Gradationsgebiete liegen vorzugsweise in niederschlagsreichen Regionen mit relativ<br />

ergiebigen Niederschlägen auch im Winter und daher relativ langer Schneelage<br />

(im Untersuchungsgebiet 100 bis 200 Tage); die gravierenden Vermehrungsherde<br />

von C. abietis im Untersuchungsgebiet befinden sich ausnahmslos in der nach NE,<br />

S und SE exponierten Leelage an der Ostflanke des Bärenstein, an der nach Reimoser<br />

u. Zandl (1993) relativ mächtige und lange andauernde Schneelagen auftreten;<br />

schließlich berichtet Jahn (1976), daß ungewöhnlich starkes Schwärmen<br />

der Blattwespen im Frühjahr nach besonders langer Schneelage zu beobachten<br />

ist. Der zu vermutende positive Effekt einer lange andauernden Schneelage<br />

könnte entweder darauf beruhen, daß durch sie der Wespenflug und die Eiablage<br />

hinausgezögert und damit in eine spätere und wärmere Frühlingsperiode verschoben<br />

oder die Pronymphen- und Puppenmortalität im Boden vermindert wird.<br />

2.3 Abundanzynamische Einflüsse im Waldboden<br />

Im bayerischen Gradationsgebiet registrierte Eichhorn ( 1990) beträchtliche Verluste<br />

der C. abietis-Populationen während des Aufenthaltes der Nymphen im Boden.<br />

Ähnliche Befunde erhielten wir auch im Untersuchungsgebiet (Tab. 3). Der Schluß<br />

liegt nahe, daß die im Boden wirkenden Mortalitätsfaktoren auf den Gradationsverlauf<br />

entscheidend Einfluß nehmen können. Angaben, die die Natur dieser Faktoren<br />

betreffen, sind bei Pschorn-Walcher ( 1 982), Eichhorn ( 1 990) und Führer u.<br />

Fischer ( 1991) zusammengestellt.<br />

Die Bodenverhältnisse sind durch das basenarme Grundgestein (Granite, Schiefergneise)<br />

und die Nutzungsgeschichte geprägt. Es handelt sich um mehr oder weniger<br />

grobskelettreiche, mittel- bis tiefgründige Podsoi-Braunerden mit Übergängen


217<br />

zu Pseudogley bis Stagnogley. Bodenchemische Kennzeichen sind äußerst geringe<br />

Basensättigung und fortgeschrittene Versauerung, örtlich bis hin zum Elsen-Pufferbereich<br />

(Bium, 1990). Abgesehen von der geologischen Ausgangslage stehen<br />

niedrige pH-Werte besonders mit intensiver Streunutzung in der Vergangenheit,<br />

teils mit der nicht standortsangepaßten, reinen Fichtenwirtschaft, teils mit Einträgen<br />

saurer Luftschadstoffe im Zusammenhang (Katzensteiner, 1992).<br />

Tabelle 3: Mortalität der Cephalcia-Nymphen während zweier Jahre (getrennt<br />

nach Sommer- und Winterperioden) auf den Befallsflächen Streuplatz<br />

und Trautwald (Fischer, 1992).<br />

Table 3: Mortality of Cephalcia nymphs within two years, differentiated in to<br />

Zeitraum<br />

period<br />

summer and win ter periods, on the outbreak sites Streuplatz and Tra ut­<br />

Mai - Okt.<br />

Okt. - Mai<br />

Total<br />

wald (Fischer, 1992).<br />

Streuplatz<br />

1986/1 987 1987/1 988<br />

80,7<br />

11,4<br />

92,1<br />

22,9<br />

< 1,0<br />

23,0<br />

Trautwald<br />

1986/1 987 1987/1 988<br />

95,8<br />


Häufigkeit I frequency<br />

218<br />

40�--- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -,<br />

30<br />

20<br />

PH<br />

Abbildung 2: Häufigkeitsverteilung der Boden-pH-Werte (in H20l aus den Cepha/cia-Befallsgebieten<br />

im östlichen Böhmerwald für das Jahr 1987; n = 179<br />

(Fischer, 1992).<br />

Figure 2: Fre quency (%) of pH-values (in H20) of soils recorded in mass Outbreak<br />

areas of C. abietis in 1987; n = 179 (Fischer, 1992).<br />

Wie Eichhorn (1990) unter Bezugnahme auf andere Autoren und aufgrund eigener<br />

Ermittlungen betont, kann die jährliche Nymphenmortalität im Boden zwischen<br />

60% und 33% betragen, wod urch nach dreijährigem Verbleib im Boden nur mehr<br />

ein geringer Teil des ursprünglichen Nymphenbelages zum Schlüpfen gelangt.<br />

Außer der hohen Nymphenmortalität beobachtete Eichhorn ( 1990) noch eine ausgeprägte<br />

Sterblichkeit während der Metamorphose. Sie führte zu baträchliehen<br />

Verlusten im Pronymphen- und Puppenstadium während der Zeit zwischen Ende<br />

September und dem folgenden Mai.<br />

Im Untersuchungsgebiet (Böhmerwa ld) wurden ebenfalls beträchtliche Sterblichkeitsraten<br />

der Nymphen festgestellt. Zwischen allgemeiner Nymphenmortalität<br />

und Metamorphosemortalität wurde nicht unterschieden, wohl aber zwischen den<br />

Sterblichkeitsraten im Sommer- und Winterhalbjahr (Tab. 3). Die Berechnung der<br />

Sommermortalität erfolgte unter Berücksichtigung der generationsbedingten<br />

Abgänge (Schlüpfrate) und Zugänge (Abbaumen) der Belagsdichte. Auffallend<br />

hoch war die Sommermortalität von 80-96% im Hauptfraßjahr 1986, im nachfolgenden<br />

Sommerhalbjahr lag sie bei 22-23%. Sehr geringe Mortalität konnte während<br />

der beiden untersuchten Winterhalbjahre (nach dem Hauptfraß) konstatiert<br />

werden, doch betrug sie in einem Fall immerhin 24%. Zwischen den Kontrollterminen<br />

Oktober und Mai registrierte Rückgänge der Pronymphenraten auf die


219<br />

Hälfte bis ein Sechstel (Tab. 2) könnten auf die von Eichhorn beschriebene<br />

Metamorphose-Mortalität zurückgeführt werden. Sie könnten theoretisch aber<br />

auch auf unkontrollierten Verlusten im Frühjahr, d.h. also auf einem systematischen<br />

Fehler beruhen, der im Falle einer weiteren Metamorphose entweder durch<br />

Schlüpfen der Wespen oder durch den unbemerkten Verlust der sehr leicht verletzbaren<br />

Puppen bei der Probegrabung bedingt sein könnte .<br />

Als eine wichtige Morta litätsursache bei den Nymphen von C. abietis im Boden<br />

konnte im Untersuchungsgebiet der entomoparasitische Nematode Steiemema<br />

kraussei ermittelt werden (Fischer u. Führer, 1990; Führer u. Fischer, 1991;<br />

Fischer, 1992). Diesem wird von Eichhorn (1990) {dort unter dem Synonym<br />

S. bibionis) geringe, von Mracek (1982) dagegen größere Bedeutung beigemessen.<br />

pH 3<br />

H20 % 0<br />

CA/m' 0<br />

SK/1 0<br />

,<br />

,<br />

,<br />

,<br />

I<br />

'<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

i<br />

I<br />

4<br />

50<br />

150<br />

50<br />

_ pH-Wert<br />

H20 %<br />

• CA/m'<br />

• SK/1<br />

Abbildung 3: Beispiel eines durchschnittlichen (n = 1 0) Bodenprofils (Trautwald,<br />

Oktober 1990) mit Vertikalverteilung der pH-Werte (in H20; volle Linie),<br />

des rel. Wassergehaltes (H20 %; gestrichelte Linie), der Belagsdichte<br />

der Cephalcia-Nymphen pro m2 (CA·m-2; helle Balken) sowie von Steinemema<br />

kraussei pro Liter (SK·I-1 ; dunkle Balken) (nach Flesch, 1993).<br />

Figure 3: Example of an average (n = 1 0) soil profile (Trautwald, Oct. 1990}<br />

5<br />

100<br />

300<br />

100<br />

sho wing the vertical distrib ution of pH-values (in H20; solid lin e), of<br />

relative water content {%H20; broken line), of density of Cepha/cia-<br />

2<br />

nymphs per m2 (CA ·m - ; brigh t bars) and of Steinemema kraussei per<br />

Iiter soil (SK·t 1 ; dark bars) (after Flesch, 1993).


220<br />

Tabelle 4: Durchschnittswerte (n = 1 0) des Boden-pH, der Nymphen-Belagsdichte<br />

(La/m2) und Antreffwahrscheinlichkeit (AW%) von C. abietis sowie der<br />

Dichte (Ne/1) und Antreffwahrscheinlichkeit von Steinernema kraussei,<br />

wie auch der Dichterelation Ne/1 : La/m2 (Ne/La-Rel) aus Befalls- und<br />

Latenzflächen (SW = Rev. Sonnenwald I aus den Jahren 1987 und 1990.<br />

abc: Werte mit verschiedener Kennzeichnung unterscheiden sich signifikant.<br />

Ta ble 4: Densities of Cephalcia nymp hs and Steinernema in different epidemic<br />

and endemic sites. Means of 10 samples; records in fall 1987 (year<br />

after culmination} and fall 1990 (retrograda tion).<br />

All sites except Streuplatz and Trautwald endemic conditions; SW= district Sonnenwald;<br />

pH values of soil (in H 2 0J: Cephalcia La!m•=nymphs!m •; Steinemama<br />

Ne/l=nematodes per Iiter; AW% =percentage of samples, where specimens were present;<br />

Ne/La-Re/= relation of Nematode:Cephalcia densities; abc =different letters in dicate<br />

significant difference, p < 0, 05<br />

Standort pH Cephalcia Steinemama Ne/La<br />

site La/m2 AW% Ne/1 AW% -Re I<br />

Jahr 1987<br />

Trautwald 1168,00 0,0 0,00<br />

Streuplatz 420,00 466,0 1 '11<br />

SW-FIW S 1 25,00 26,0 1,04<br />

SW-FIW S 2 12,00 1 1,0 0,92<br />

SW-FIW S 3 14,00 4,0 0,29<br />

Jahr 1990<br />

Trautw. 1 3,81 392,00c 100 17,6 70 0,04<br />

Trautw. 2 4,06 325,90c 100 43,4 80 0,13<br />

sw 93 3,86 3,75b 70 0,0 0 0,00<br />

SW 232 3,87 5,25b 70 0,6 10 0,1 1<br />

sw 235 3,86 14,50a 90 0,9 40 0,06<br />

SW 263 3,94 20,00a 100 3,2 30 0, 16<br />

sw 386 3,86 5,75b 90 2,9 40 0,50<br />

SW 394 3,95 7,25b 80 0,7 10 0,10<br />

Der Entwicklungszyklus dieses Nematoden vollzieht sich größtenteils in der Leibeshöhle<br />

des Wirtes (hier den Nymphen von C. abietis), in die er als "invasives"<br />

3. Larvenstadium über Körperöffnungen eindringt. Diese L3-Stadien hatten davor<br />

jene Wirte, in denen sie sich entwickelt hatten, verlassen und während ihrer<br />

freien Lebensweise im Boden den neuen Wirt aufgesucht. Die Nematoden sind<br />

daher eine Zeit lang dem Bodenmilieu ausgesetzt. Ihr Parasitismus in der Leibeshöhle<br />

des Wirtes umschließt alle übrigen Entwicklungsstadien des Nematoden und<br />

endet in der Regel für den Wirt tödlich. Die getöteten Nymphen unterliegen dann<br />

einer raschen bakteriellen Zersetzung und sind daher wenige Wochen nach erfolgter<br />

Parasitierung nicht mehr auffindbar. Frei im Boden lebende L3-Stadien des<br />

Nematoden lassen sich mittels der Ga//eria-trap-Methode (Mracek, 1980) aus den<br />

Erdproben isolieren. Über den Wirtekreis dieses Parasiten besteht noch weitge-


221<br />

hende Unklarheit .. Nach Untersuchungen von Flesch (1993) scheinen zumindest<br />

Blattwespenarten, wahrscheinlich auch im Boden befindliche Schmetterlingsraupen<br />

(siehe Gallerial hinzuzurechnen sein. Nähere Einzelheiten über die Lebensweise<br />

des Nematoden finden sich bei Fischer (1992).<br />

Das Vermehrungs- und Parasitierungspotential von S. kraussei ist bemerkenswert<br />

(Abb. 4). Aus einem einzelnen parasitierten Wirtsinsekt werden schließlich mehrere<br />

tausend invasive L3-Stadien freigesetzt. Bei 150 beträgt die Generationsdauer<br />

durchschnittlich 21 Tage, so daß im Laufe einer Vegetationsperiode zahlreiche<br />

neue Invasionswellen vonstatten gehen können. Die Parasitierungsrate der Nymphen<br />

schwankt in weiten Grenzen (0-30% bei Momentaufnahmen).<br />

Abbildung 4: Durchschnittliche Parasitierung<br />

(%) durch Steinemema<br />

kraussei in Abhängigkeit<br />

von den Wirtsdichteklassen<br />

(Cephalcia­<br />

Nymphen pro 0,25 m2) in<br />

verschiedenen Befallszonen<br />

des Gebietes Streuplatz<br />

(Fischer, 1992).<br />

n =50 Grabungen von Mai bis<br />

Sept. 1987<br />

Figure 4: Average ra te<br />

(and standard devia tion} of<br />

parasitiza tion (%) by Stei­<br />

nemema kraussei, in rela­<br />

tion to host density<br />

classes (C. abietis-n ymphs<br />

per 0, 25 m2) in different<br />

zones of in festation in out­<br />

break area Streuplatz<br />

(Fischer, 1992}.<br />

n =50, samples during May to<br />

Sept. 1 987<br />

Die Ursachen dafür sind vielfältig:<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

0-50 50-1 00 1 00-1 50 150-200<br />

Wirtsdichteklassen I host density classes<br />

* Die Parasitierungsrate erwies sich bis zu einer Nymphendichte von etwa<br />

600 Individuen1m2 positiv dichteabhängig; bei höherer Nymphendichte war<br />

keine Dichteabhängigkeit mehr nachweisbar (Abb. 4) . Bei Nymphen-Belagsdichten<br />

< 1 O/m2 tendiert die Nematodendichte ebenfalls gegen Null (Tab. 4).<br />

Allerdings kann die Dichte freier Nematodenstadien nicht als direktes Maß für<br />

die Parasitierungsrate dienen, wohl aber sagt sie etwas über das Parasitierungspotential<br />

aus.


222<br />

* Ein Einfluß des Metamorphosestadiums von C. abietis auf die Parasitierungsrate<br />

besteht insofern, als mit zunehmendem Pronymphen-Anteil in der Population<br />

die Parasitierungsrate signifikant ansteigt. Ü berdies zeigte sich im Experiment,<br />

daß Puppen von den Nematoden um ein Vielfaches schneller und häufiger<br />

parasitiert werden als Eonymphen (Fischer, 1992). Ein Zusammenhang mit der<br />

von Eichhorn ( 1 990) beschriebenen Metamorphosemortalität liegt nahe.<br />

* Die Vertikalverteilung der Nematoden im Bodenprofil folgt etwa dem im Abbildung<br />

3 dargestellten Beispiel (Fiesch, 1993). Während die räumliche Bindung<br />

an jene Bodenhorizonte, in denen die Cephalcia-Nymphen gelagert sind, nicht<br />

überrascht, erscheint die Präsenz der S. kraussei auch im Auflagehumus<br />

bemerkenswert. Dies könnte einerseits auf die Annahme auch von Wirtsarten<br />

hindeuten, die sich in der Humusauflage aufhalten, wie z.B. Fichten-Nematinen<br />

(Hym., Tenthredinidae) (Fiesch, 1993). Andererseits kann man auf eine<br />

gewisse Mobilität der invasiven Nematodenstadien in vertikaler Richtung<br />

schließen. ln horizontaler Richtung bre iteten sich nach punktueller Applikation<br />

in den Mineralboden die Nematoden bis zu einem Radius von ca 2 m aus<br />

(Fischer, 1992).<br />

* Die Parasitierungs- und Nematodendichte unterliegt auch einer saisonalen<br />

Dynamik mit einem Maximum im Frühherbst (Mracek, 1982; Fischer, 1992).<br />

Während der Sommermonate kann eine sehr deutliche Depression eintreten,<br />

besonders während anhaltender Trockenperioden (Abb. 5). Frei lebende Nematoden<br />

sind trockenheitsempfindlich.<br />

* Wesentlich für die Wirksamkeit der Nematoden ist auch das chemische Bodenmilieu.<br />

So sind die Parasitierungsraten abhängig vom pH-Wert des Bodens<br />

(Abb. 6). Mit abnehmendem Boden-pH unter pHH2o 4,0 sinkt das Parasitierungsprozent<br />

gegen Null. Laborexperimente belegten die Säuresensitivität des<br />

Nematoden, indem seine Aktivität und sein Erfolg bei der Wirtssuche bei Werten<br />

von pHH2o


350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

223<br />

May Jun. Jul. Aug. Sept. Oct.<br />

1986<br />

Dprecipitation (mm) -e-nymphs I 0,25qm ... nematodes per Iiter<br />

May Jun. Jul. Aug.<br />

1987<br />

Sept. Oct.<br />

DNiederschlag (mm} -&Nymphen I 0,25qm -ii-Nematoden pro Liter<br />

Abbildung 5: Dichte der Nematoden pro Liter und der parasitierten Cephalcia­<br />

Nymphen pro 0,25 m2 sowie Verteilung der Niederschläge während der<br />

Vegetationszeiten 1986 und 1987 im Befallsgebiet Streuplatz {Fischer,<br />

1992).<br />

Mittelwerte aus je 1 0 Grabungen pro Monat<br />

Figure 5: Density of nematodes per Iiter soil and of parasitized Cephalcia nymp hs<br />

per 0, 25 m2 in relation to monthly rain fall (in mm) during the seasons<br />

1986 and 1987 in th e outbreak area Streuplatz (Fischer, 1992).<br />

Density means of 10 samples per month


% Parasitierung I parasitization<br />

224<br />

3,1 - 3,3 3,4 -3,6 3.7 -3,9<br />

Boden I soil - pH<br />

44,0 -4,2 4,3 -4,5<br />

Abbildung 6: Die Parasitierungsraten von C. abietis-Nymphen durch S. kraussei<br />

bei verschiedenen Boden-pH-Werten (in H20) in der Randzone des Vermehrungsherdes<br />

Streuplatz in 1987 (Fischer, 1992) .<br />

Figure 6: Relationship between soil pH- values (in H20J and average parasitization<br />

3,5<br />

rates of Cephalcia nymphs by Steiemema kraussei in Streuplatz 1987<br />

(Fischer, 1992).<br />

Parasit-Wirt-Dichte-Verhältnis I parasite-host-density ratio<br />

3 J<br />

.. · ····· ················ ·············· ································ ······················ ········ ··············•···· ······ ·<br />

2,5<br />

3.1 -3 .3 a4 -36 a7 -a9 �0-�2<br />

Boden- I soil-pH<br />

4. 3-4.5<br />

Abbildung 7: Variation des Verhältnisses zwischen Parasitendichte (Nematoden<br />

pro Liter) und Wirtsdichte (Nymphen pro m2) in Abhängigkeit vom<br />

Boden-pH-Wert (Fischer, 1992).<br />

Figure 7: Varia tion of the parasite-host-density ratio in dependence on pH- value<br />

(in H20J of soi/ (nematode per Iiter; nymphs per m2) (Fischer, 1992).


225<br />

lungsexponierte Standorte in bezug auf die Wirkung von S. kraussei als Mortalitätsfaktor<br />

der Nymphen wenig Sicherheit zu bieten. Bodenversauerung als Dispositionsfaktor<br />

für Gradationen von C. abietis wird sich bei anhaltenden Einträgen<br />

saurer Luftverunreinigungen und bei Fortdauer der reinen Fichtenwaldbestockung<br />

vermutlich im lauf der Zeit verstärken. Andererseits bestehen Möglichkeiten, der<br />

Versauerung entgegenzuwirken bzw. sie durch Bodensanierungsmaßnahmen<br />

etwas zu kompensieren (Jandl u. Katzensteiner, 1992).<br />

Freilandversuche, die auf dieses Ziel ausgerichtet waren, brachten ermutigende<br />

Ergebnisse. Die zur Unterstützung der vorhandenen Nematodenpopulation ausgebrachten<br />

Bodenhilfsstoffe waren unter Bedachtnahme auf die in der Waldbodensanierung<br />

gemachten Erfahrungen ausgewählt worden (Tab. 5).<br />

Ta belle 5: Anlage eines Freilandversuchs zur Unterstützung der vorhandenen Steinernerna-Population<br />

mittels verschiedener Bodenbehandlungsvarianten.<br />

Düngemittel wurden trocken und von Hand oberflächlich aufgebracht (Ergebnisse siehe<br />

Abb. 8).<br />

Ta ble 5: Design of a field experiment for testing augmentation of in digenous Stei­<br />

nemema popula tions by soil treatment with different fertilizers.<br />

BIOMAG=magnesite product, BIOSOL =organic waste product; application of fertilizers<br />

dry and by hand on soil surface (results see Fig 8)<br />

Düngemittel kg/ha Fläche ha Datum d. Beh. Datum d. Kontrollen<br />

fertilizer area ha date of treat date of records<br />

unbehandelt 0,25 10.89, 05.90, 10.90, 05.91<br />

untreated<br />

Düngekalk 3000 0,25 11.89 10.89, 05.90, 10.90, 05.91<br />

lime<br />

BIOMAG K 2000 0,25 11.89 10.89, 05.90, 10.90, 05.91<br />

+ BIOSOL +2000<br />

BIOMAG S 2000 0,25 05.90 05.90, 10.90, 05.91<br />

Die Entwicklung der Nematodendichten sowie der Parasitierungsraten in den<br />

Monaten/Jahren nach der Ausbringung der Substanzen in trockener Form und in<br />

praxisüblichen Konzentrationen wurden durch Stichprobenahmen in entsprechenden<br />

Zeitintervallen ermittelt {Tab. 5, Abb. 8). Schon geringfügige Anhebung des<br />

Boden-pH-Wertes um wenige Zehntel Einheiten war mit signifikanten Steigerungen<br />

der Nematodendichte bzw. Parasitierungsprozente korreliert. Besonders wirksam<br />

erwiesen sich Düngekalk sowie die Kombination von BIOMAG K + BIOSOL<br />

Die positive Wirkung auf die Nematoden war noch im 2. Jahr nach der Bodenbehandlung<br />

nachweisbar. Es besteht daher grundsätzlich die Möglichkeit, durch<br />

Bodensanierungsmaßnahmen, die einen wenigstens leichten und nachhaltigen


226<br />

Neutralisationseffekt erzielen, in stark versauerten Fichtenwaldböden die Voraussetzungen<br />

für die Wirksamkeit der vorhandenen Nematodenpopulation zu verbessern.<br />

Bodensanierungsmaßnahmen sind daher geeignet, zur Stärkung der Dichteregulation<br />

von C. abietis rasch und wirksam beizutragen. Die lokale Massenfraisatzung<br />

von Nematoden mit dem Ziel, kleine Vermehrungsherde von C. abietis<br />

rasch auszuschalten, wäre als unterstützende Maßnahme aussichtsreich (Fischer,<br />

1992).<br />

C. abietis % Paras. I rate of paras .<br />

8 ,---------------------�---------------------------�<br />

6 -+- ················-·-·--· · ····· ··········-······· - ·· ···-·-····<br />

4 --j - ···-·········· ···-···-······ ······················· · ······-·-·-···· ····- ---·- ··················· · · · ·······-·- - · · ·-·-····················· --<br />

2 -+ ·-··· ····· - -···-·· ····························· ··-········ · ·····<br />

0<br />

Okt. 89 Mai 90 Okt. 90 Mai 91<br />

Bunbehandelt I untreated illTIJ Kalk I lime lill!!!<br />

BIOMAG-K + BIOSOL DBIOMAG-S<br />

Abbildung 8: Effekte von vier Bodenbehandlungs-Varianten auf die Parasitierung<br />

von C. abietis-Nymphen durch S. kraussei (Fischer et af., 1992).<br />

Behandlung im Nov. 1989; Mittelwerte aus 10 Grabungen pro Termin und Variante)<br />

Figure 8: Follo w-up effects of fo ur different soil treatments on Steinernema-para­<br />

sitization rates (%) in Cephalcia nymph populations (Fischer et al.,<br />

1992).<br />

Treatment in Nov. 1989; means of 10 samples per variant and date (see also Tab. 5)<br />

2.4 Der Massenwechselfaktor Nahrungsqualität<br />

Obwohl Eichhorn ( 1 990) der Nahrung als Massenwechselfaktor für C. abietis<br />

keine große Bedeutung beimißt, gaben doch Befunde aus den FIW-Versuchsflächen<br />

Anlaß, das Gegenteil zu vermuten. ln der Vegetationsperiode 1986 wurde<br />

auf den drei Flächen die Pronymphen-/Puppendichte im Mai vor dem Wespenschlupf<br />

und die Eonymphendichte im November (nach dem Abbaurnen der Nach-


227<br />

kommen) erhoben. Aus diesen Werten läßt sich der Vermehrungskoeffizient<br />

(VK = N2/N1 l der Population für jede Fläche errechnen. Er war sehr verschieden<br />

und betrug 4,46 auf S1, 10,67 auf S2 und 26,1 1 auf S3 (Abb. 9). Gegensinnig<br />

zur Rangfolge der VK verhielten sich die Mengen an Larvenkot, die während derselben<br />

Vermehrungs- und Fraßperiode auf den Kotfangtüchern gemessen wurden.<br />

Auf S1, der Fläche mit dem niedrigsten VK und den geringsten Eonymphen-Dichten<br />

im Herbst war während der Fraßzeit der Kotfall am stärksten; umgekehrt auf<br />

Fläche S3 mit dem höchsten VK von 26,1 1 und der höchsten Eonymphen-Dichte<br />

im Herbst war der Kotfall am geringsten (Abb. 9).<br />

40 �-�-----<br />

10<br />

0<br />

--�=== == == == == == == == == == =�- -- -- -- -,<br />

llli!I Pu/qm 5/86 �g Kot/qm<br />

Dla/qm 1 1/86<br />

S1 S2 S3<br />

Abbildung 9: Verhältnisse zwischen Puppendichte ( = Schlüpfrate im Mai 1986)<br />

(Pu/m2), Kotfall (g/m2) und Dichte abgebaumter Larven (La/m2) von<br />

C. abietis im August 1986 auf den drei FIW-Fiächen S 1, S 2, S 3 im<br />

Latenzgebiet (Fischer 1992).<br />

Figure 9: Relations between number of pupae (Pu/m 2) in May 1986, frass-drop<br />

(g/m 2) during summer 1986 and number of dropping mature larvae<br />

(L a/m2) in August 1986, per square meter each, in three FI W-sites S 1,<br />

S 2, S 3 outside the epidemic area {Fischer, 1992).<br />

Die vergleichende Kontrolle der Abbaumdichten erwachsener Larven (spätere<br />

Eonymphen) mittels Fangtrichtern sowie der Frischgewichte der Larven von je<br />

8 Bäumen auf den drei Flächen (n = 24) zeigte einen unerwarteten, signifikant<br />

positiven Zusammenhang zwischen der Dichte und dem Individualgewicht<br />

(r =0,6177***) (Abb. 10) (Fischer, 1992).


1,4<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

228<br />

C. abietis-Larven mittl. rel. FG I average rel. fresh weight<br />

"<br />

"<br />

illl<br />

illl<br />

illl<br />

illl<br />

,--- -- --,<br />

e Sl<br />

J. S2<br />

illl S3<br />

-regress .<br />

0,2 �1-,,-ro,-�-r, ' '1_, , "-,"_ ,-",-r., -r>-rTO,-r ; "-,,-,.,-"�<br />

0 5 10 15 20 25 30 35<br />

C. abietis mittlere Larvendichte I mean number of larvae<br />

Abbildung 10: Korrelation zwischen mittleren normalisierten Larvenfrischgewichten<br />

(Mittelwert = 1 ) und der mittleren Larvendichte pro Trichter und<br />

Baum bei je 8 untersuchten Bäumen der FIW-Fiächen S 1, S 2, S 3.<br />

(Fischer, 1992) .<br />

r=0,6177; p


229<br />

ger sein dürften als symptomlose Benadelung. Der Frage nach etwaigen Zusammenhängen<br />

zwischen dieser Erscheinung und dem Streß- oder Ernährungszustand<br />

des Wirtsbaumes wurde auf zweierlei Weise nachgegangen. Eine Abschätzung<br />

der Junglarvenmortalität (L1 -L3) erfolgte anhand befallener Probezweige aus 48<br />

Bäumen aus dem Revierteil Trautwald, von denen neben habituellen Merkmalen<br />

(Kronenverlichtung nach Pollanschütz et al., 1985) auch verschiedene nadelchemische<br />

Parameter erhoben wurden. Die Zweigproben wurden Anfang Juli 1989<br />

vorsichtig entnommen, so daß aus den bereits vorliegenden, jungen Gespinst­<br />

Nestern lebende und tote Larven sowie hängengebliebene Kopfkapselexuvien isoliert<br />

werden konnten. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Larven maximal das 3. Stadium<br />

erreicht. Je Baum wurden mindestens 20 Larvennester untersucht; aus den<br />

erhobenen Daten konnte die baumspezifische, ungefähre Junglarvenmortalität<br />

errechnet werden. Sie bewegte sich zwischen 5,2% und 53,9% und lag im<br />

Gesamtmittel bei 22,26% ( ± 1 1,3%). Eine lockere Beziehung zum Grad der Kronenverlichtung<br />

bestand insofern, als mit zunehmendem Verlichtungsgrad der<br />

Anteil von Bäumen zunahm, an denen Mortalitätswerte > 25% festgestellt worden<br />

waren (Abb. 11 ). Dies gibt Grund zu der Vermutung, daß sich die Futterqualität<br />

der Fichtenaltnadeln für die Junglarven mit zunehmender Kronenverlichtung<br />

verschlechtert. Diese Qualitätsdifferenzen könnten mit bestimmten Nadelinhaltstoffen<br />

(Stickstoff, Polyamine, Polyphenole, Rohfasergehalt) zusammenhängen<br />

{Führer et al., in Vorber.).<br />

Abbildung 11: Anteil von Baumindividuen mit<br />

niedriger (25%)<br />

Junglarven - Mortalität (JLMo) von<br />

C. abietis in den drei Kronenverlichtungsklassen<br />

(KVSt).<br />

Fig ure 11: Percen tage of trees within each cate­<br />

gory of cro wn thinning (KVSt) with<br />

mortality ra tes (JL Mo) < 5% and<br />

> 25 %, resp ectively, of young larvae of<br />

C. abietis.<br />

KVSt: 1 = nichtverl./non thinned, 2 =schwach<br />

verl.lslightly thinned, 3 =mittel verl.lmoderatly<br />

thinned, n Bäumein trees = 1 6 pro KVSVper<br />

category, total n = 48; date of record: July 1989<br />

So<br />

0<br />

JLMo<br />

< 1/4<br />

0<br />

tT;T;r,J<br />

l:.lllJ.<br />

Erste Erkenntnisse über den Einfluß von Nadeleigenschaften auf Wachstum bzw.<br />

Körpergewicht der Larven lieferten Nadelanalysen von 12 der 24 Probebäume auf<br />

den Versuchsflächen S 1 bis S 3, an denen im Jahre 1986 die Abbaumdichte und<br />

Larvengewichte bestimmt worden waren (Abb. 1 0). Für diesen Vergleich wurden<br />

die nadelchemischen Daten von der Probenahme am 1.7. bzw. 1.9.1986 herangezogen,<br />

einem Zeitpunkt, an dem die später gewogenen Larven bereits gefressen<br />

hatten und noch weiter fressen würden. Die in Tabelle 6 zusammengestellten


230<br />

Analysendaten sind Ergebnisse aus den Untersuchungen verschiedener, kooperativ<br />

beteiligter Arbeitsgruppen.<br />

Mit keinem der hier zusammengefaßten chemischen Nadelparameter korrelieren<br />

die Frischgewichte der abbaurnenden Larven. Eine gewisse Ausnahme bildet<br />

Gesamt-Stickstoff (N tot l , bei dem sich ein Trend zur positiven Korrelation mit dem<br />

Larvengewicht andeutet. Erst durch die Kombination mehrerer chemischer Kennwerte<br />

zeigte sich eine deutliche positive Beziehung zum Larven-Frischgewicht<br />

(Abb. 12).<br />

Tabelle 6: Abbaumdichten (La/m2) und Frischgewichte (mg FG) erwachsener<br />

Cephalcia-Larven sowie Nadelinhaltstoffe des 2. Nadeljahrganges (1985)<br />

und N-SH-S-ASC-Index von 12 Probebäumen der FIW-Fiächen S 1 ( 1 05-<br />

115), S 2 (202-210) und S 3 (303-310).<br />

N tot = Gesamtstickstoff, S tot = Gesamtschwefel, SH =wasserlösliche Thiole,<br />

ASC =Ascorbinsäure; 1) = Probenahme 1.07. 1986, Analysedaten von AG Glatze!;<br />

21 = Probenahme 1.09.1 986, Analysedaten von AG Grill (siehe auch Abb. 12)<br />

Ta ble 6: Dropping density (La/m2) and average fresh weights (mg FG) of mature<br />

Cephalcia larvae; chemical conten ts of 2 nd needle generation and N-SH­<br />

S-A SC index (see Fig. 12) of 12 trees in the FI W sites S 1, S 2, S 3.<br />

1} = Sampling date 1.07. 1986, data from AG Glatze!; 2J = Sampling date 1.09. 1986,<br />

data from AG Grill<br />

Baum Nr. Cephalcia 2. Nadeljahrgang/2 nd needle generation<br />

tree No. La/m2 mg FG N tot 1 l S tot 1 l SH 2) ASC 2) N-SH-S-ASC<br />

%TG %TG pM/g FG mg/g FG Index<br />

105 3,0 86,6 1 '1 07 ,096 ,17 1,40 1,818<br />

107 56,6 160,9 1,249 ,098 '18 1,21 2,175<br />

111 3,2 95,6 1,258 '113 ,28 1,27 2,988<br />

115 5,2 136,7 1,052 ,081 '18 1 '11 2,222<br />

202 20,6 143,7 1 '143 ,073 ,29 1,78 4,356<br />

205 12,0 121,8 1 '155 ,076 ,23 1,62 3,338<br />

206 44,0 180,6 1,433 ,099 ,56 3,42 7,759<br />

210 11,0 168,2 1,396 '108 ,43 1,77 5,379<br />

303 15,2 117 ,0 1,541 '102 ,22 0,79 3,245<br />

308 29,2 118,0 1,567 '112 ,27 1,75 3,602<br />

309 41,0 154,2 1,334 '106 ,28 1,32 3,396<br />

310 31,2 121,3 1,341 1103 '17 1,72 2,042<br />

Der hier errechnete "ernährungsphysiologische Nadelindex" (N-SH-S-ASC-Index)<br />

(NtofSH):Stot-10-1 Asc läßt darauf schließen, daß der Gesamt-N-Gehalt der Nadeln<br />

deren Futterqualität verbessert, der Gesamt-S-Gehalt sie eher verschlechtert. Die<br />

positive Wirkung der Thiole (SH) deutet darauf hin, daß organisch gebundener<br />

Schwefel für die Nahrungsqualität günstig ist, was den Schwefel-Stoffwechsel


231<br />

Abbildung 12: Zusammenhang zwischen<br />

dem N-SH-S-ASC-Nadelindex<br />

und dem Frischgewicht erwachsener<br />

Cepha!cia-Larven<br />

(mg FG) (siehe Tab. 6).<br />

Daten aus einjährigen Nadeln im Juli<br />

bzw. Sept. 1986 aus den FIW-<br />

Fiächen S 1 ,S 2, S 3<br />

Figure<br />

12: Gorrelation between mean<br />

fresh weights of mature<br />

Cephalcia larvae (mg FG)<br />

(field da ta) and the N-SH-S­<br />

ASC-needle index of thelr<br />

m g FG<br />

IBo<br />

1 6o<br />

14o<br />

1 20<br />

fo od, i. e. one year old 1 0 o<br />

needles taken in July and<br />

Sept. 1986 from the<br />

respective host trees in FI W-<br />

sites S 1, S 2, S 3 (see also<br />

Ta b. 6}.<br />

0<br />

I<br />

I<br />

I 0<br />

I<br />

I<br />

•<br />

I<br />

I<br />

. .<br />

I<br />

I<br />

2<br />

. '<br />

4 6 8<br />

N- SH -S-Asc-lndex<br />

N-SH-S-ASC - Nadelindex/needle index = IN to fSH·S to( 1 l-ASC· 10 -1 ; N tot• S tot<br />

in % TG/in %dryweight; SH!water soluble thiols in pM ·g -1 FG/in pM·g· 1 freshw.;<br />

ASC/ascorbic acid in mg·g -1 FG!Ji1 mg·g -1 freshw.<br />

des Baumes im Hinblick auf die Futterqualität der Nadeln interessant erscheinen<br />

läßt. Negative Wirkung auf die Nahrungsqualität scheint in gewissem Ausmaß<br />

auch der Ascorbat-Gehalt (Ase) auszuüben. Dies muß nicht unbedingt als physiologischer<br />

Ascorbat-Effekt verstanden werden. Da erhöhter Ascorbat-Gehalt als<br />

Indikator für pflanzlichen Streß angesehen wird (Grill et al., 1988), könnte die<br />

durch den Ascorbat-Wert ausgedrückte Qualitätsbestimmung der Nadeln auch<br />

stellvertretend für den Effekt eines allgemeinen Streßzustandes des Baumes stehen.<br />

Nach Gasch et al. (1988) scheint auch die Relation zwischen organisch<br />

gebundenem und anorganischem Schwefel in den Nadeln Aussagen über die physiologische<br />

Belastung des Baumes durch Schwefel zu erlauben. Auch in diesem<br />

Sinne deutet der N-SH-S-Asc-lndex auf eine die Nahrungsqualität mindernde Wirkung<br />

starker Streßzustände des Baumes. Diese Befunde werden durch Gewichtsund<br />

Analysendaten von anderen im Jahre 1989 im Trautwald beprobten Bäumen<br />

gestützt (Führer et al., in Vorb.).<br />

3 SCHLUSSBETRACHTUNG<br />

Gewichtige Indizien sprechen dafür, daß der Massenwechsel der Fichtengespinstblattwespe,<br />

Cephalcia abietis, einerseits als Reaktion auf regional- und topoklimatische<br />

Bedingungen zu verstehen ist, andererseits jedoch durch die Variation der<br />

Bodenverhältnisse und des physiologischen Zustandes der Wirtspflanze kleinräu-


232<br />

mig, aber entscheidend modifiziert wird . Dadurch kann es zur gleichzeitigen Entstehung<br />

von räumlich isolierten Vermehrungsherden kommen, die je nach der<br />

qualitativen Strukturierung der dazwischen liegenden Bereiche sowie in Abhängigkeit<br />

vom Fortdauern der Gradation zu großflächigen Befallsgebieten zusammenfließen<br />

können. Es erscheint daher wichtig, die wesentlichen Kennzeichen<br />

jener Standortseinheiten wahrzunehmen, die für die Entstehung lokaler Vermehrungsherde<br />

prädisponiert sind. Auf sie können sich dann einerseits Überwachung,<br />

Prävention und ggf. frühzeitige Bekämpfung konzentrieren; an ihnen kann sich<br />

andererseits die Waldbewirtschaftung i. S. einer Minderung des Schadrisikos<br />

orientieren.<br />

Zu sprunghaftem, in die Progradation überleitendem Populationswachstum von<br />

C. abietis, das den natürlichen Regulationsmechanismen entgleitet, können verschiedene<br />

Ursachen beitragen:<br />

* Zeitliches Zusammentreffen der Schlüpfphasen von Populationsteilen unterschiedlichen<br />

Generationszyklus (Pschorn-Walcher, 1982);<br />

* Häufung niederschlagsarmer Witterungsperioden, die eine hohe Überlebensrate<br />

der Adulten bei der Eiablage sowie der Larven am Baum ermöglicht, bzw. die<br />

durch thermische und chemische Aussc;:.haltung biotischer Mortalitätsfaktoren<br />

im Boden (Steinemema) auch eine hohe Uberlebensrate der Nymphen sichert;<br />

* Abrupte Bodenerwärmung nach langer Schneelage, die die Metamorphose und<br />

das Schlüpfen der Wespen synchronisiert. Dadurch zeitliche Einschränkung der<br />

Parasitierungsmöglichkeiten von S. kraussei an Puppen und unfertigen Imagines<br />

bei der Passage durch den Oberboden und Auflagehumus. Ebenso zeitliche Einschrä<br />

nkung der Trichogramma-Parasitierung an den Eiern (Martinek, 1980).<br />

Für Gradationen von C. abietis prädisponiert scheinen Standorte bzw. Fichtenbestände,<br />

die das Wirksamwerden der obigen Auslösefaktoren begünstigen sowie<br />

durch unzureichende Regulationsmechanismen dem weiteren Verlauf der Massenverme<br />

hrung nicht entgegenwirken können. Diesbezüglich sind wahrscheinlich folgende<br />

Eigenschaften von Bedeutung:<br />

* Topoklimatische Kennzeichnung durch relativ reiche und lange anhaltende<br />

Schneelage sowie gleichzeitige Wärmebegünstigung durch die Exposition;<br />

* Fortgeschrittene Bodenversauerung (pHH20-Werte im Oberboden


233<br />

Der obige Versuch, prädisponierende und gradationsauslösende Momente für<br />

C. abie tis zu umreißen, kann nur ein unvollständiges Bild von den Mechanismen<br />

geben, die massenwechselwirksam sein können. Ein noch genauer zu untersuchender<br />

Faktorenkomplex sind die Futtereigenschaften, ihre Wirkungen auf das<br />

Insekt und die Ursachen ihrer Variabilität. Ein weiterer, bezüglich seiner ökologischen<br />

Wurzeln noch wenig und nur ausschnittsweise bewertbarer Aspekt der<br />

Epidemiologie von C. abie tis ist der Gegenspieler-Komplex. Welche Umweltrequisiten<br />

über das Wirksamwerden der Ei- und Larvenparasiten sowie der Pathogene<br />

entscheiden, ist - wenn man von Steinernema kraussei absieht - nur sehr ungenügend<br />

bekannt.<br />

Die gegenwärtig verfügbaren Kriterien zur Beurteilung der Fichtenbestände bezüglich<br />

ihrer Gradationsgefährdung durch C. abietis müßten durch weitere Untersuchungen<br />

auf ihre Verläßlichkeit geprüft und nach Möglichkeit durch weitere<br />

Kenngrößen ergänzt werden. Soweit es sich aus den im Untersuchungsgebiet<br />

gewonnenen Erkenntnissen ableiten läßt, scheinen Fichtenbestände, deren Streßbelastung<br />

offensichtlich ist, für Massenvermehrungen der Fichtengespinstblattwespe<br />

bereits zu schlecht zu sein. Bei weniger extremen Auswirkungen atmogener<br />

und edaphischer Belastungen auf den Baumzustand, zugleich aber bei starken<br />

Versauerungstendenzen des Waldbodens dürften Gradationen dieses Insekts<br />

leichter möglich sein.<br />

Sind solche Bestände auch topoklimatisch gradationsdisponiert, so sollten sie<br />

einer sorgfältigen Überwachung unterzogen werden. Bodensanierungsmaßnahmen<br />

mit nachhaltiger Stabilisierung der Bodenversauerung könnten die Gradationsgefahr<br />

mindern. Ob dadurch die Futterqualität der Benadelung positiv oder negativ<br />

verändert wird, ist allerdings nicht bekannt. Treten erste kleine Vermehrungsherde<br />

in Erscheinung, so könnte man durch Massenfreisatzung des Nematoden Steinernema<br />

kraussei nach vorheriger, leichter pH-Anhebung mittels Bodenbehandlung<br />

C. abietis kleinrä umig biologisch bekämpfen (Fischer et al., 1992). Erste ermutigende<br />

Erfolge wurden auch durch die Anwendung von insektenpathogenen Pilzen<br />

gegen die abbaurnenden Larven erzielt (Schmied, 1991 ). Dieses Verfahren wie<br />

auch das Eingattern von Wildschweinen (1 Stück/ha), das im Untersuchungsgebiet<br />

erfolgreich getestet wurde, ist eher für die Behandlung kleiner Befallsflächen<br />

geeignet (Führer u. Fischer, 1992; Fischer, 1992).<br />

DANKSAGUNG<br />

Diese Studie wurde im Rahmen des Forschungsprogrammes der "Forschungsinitiative<br />

gegen das Waldsterben" (FIW) und eines assoziierten MAß-Projektes<br />

durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, Wien, finanziert.<br />

Dafür und für die freundliche Unterstützung der Arbeiten seitens des Forstamtes<br />

Stift Schlägl (0Fm Reininger) sei an dieser Stelle aufrichtig gedankt. Dank schulden<br />

wir auch den Kolleginnen und Kollegen der Arbeitsgruppen G. GLATZEL, Uni-


234<br />

versität für Bodenkultur Wien, und D. GRILL, Universität Graz, für die Überlassung<br />

der chemischen Nadelanalysedaten sowie für die sonstige konstruktive Zusammenarbeit.<br />

4 LITERATUR<br />

BALTENSWEILER W., 1985: "Waldsterben": forest pests and air pollution. Z. ang. Ent. 99: 77-85.<br />

BENZ G., 1974: Negative Rückkkoppelung durch Raum- und Nahrungskonkurrenz sowie zyklische<br />

Veränderung der Nahrungsgrundlage als Regelprinzip in der Populationsdynamik des Grauen<br />

Lärchenwicklers, Zeiraphera dli11ana (Guenee) (Lep., Tortricidae). Z. ang. Ent. 77: 353-357.<br />

BLUM W.E.H., S. GRALL, S. SCHWARZ u. W. WENZEL, 1986: Bodenkundliehe Basisuntersuchungen.<br />

FIW I, Endber., lnst. Bodenforschung u. Baugeologie, Univ. Bodenkultur Wien.<br />

EICHHORN 0., 1990: Untersuchungen über Fichtengespinstblattwespen Cephalcia spp. Panz.<br />

(Hym., Pamphi!iidae) 111. Populationsdynamische Faktoren und Gesamtschau. J. Appl. Ent.<br />

110: 321-345.<br />

EICHHORN 0. u. K.L. PA USCH, 1986: Untersuchungen über Fichtengespinstblattwespen Cephalcia<br />

spp. Panz. (Hym., Pamphiliidae) I. Zur Problematik des Generationszyklus von Cephalcia<br />

abietis L. J. Appl. Ent. 101: 101-1 11.<br />

FISCHER P., 1992: Die Große Fichtengespinstblattwespe Cephalcia abietis L. und ihr Antagonist<br />

Steinernema kraussei im südöstlichen Böhmerwald. Diss., formal- u. naturw. Fak., Univ. Wien.<br />

FISCHER P. u. E. FÜHRER, 1990: Effect of soil acidity on the entomophilic nematode Steinernema<br />

kraussei Steiner. Biol. Fert. Soils 9: 174-177.<br />

FISCHER P., E. FÜHRER u. R. WEG ENSTEINER, 1992: Biologische Bekämpfung luftschadstoffinduzierter<br />

Forstschädlingsvermehrungen: Großmaßstäblicher Wirkungsnachweis pestizidfreier Verfahren<br />

gegen die Fichtengespinstblattwespe. Forschungsber., lnst. Forstentomol., Forstpathol.,<br />

Forstschutz, Univ. Bodenkultur Wien.<br />

FLESCH P., 1993: Beiträge zur Ökologie des entomoparasitischen Nematoden Steinernema kraussei<br />

(Rhabditida). Diplomarb., lnst. Forstentomol., Forstpathol., Forstschutz, Univ. Bodenkultur<br />

Wien.<br />

FÜHRER E., 1988: Zur Epidemiologie von Schädlingspopulationen unter lmmissionseinfluß. ln:<br />

FÜHRER E. u. F. NEUHUBER (Hsg.), FIW-Symposium 1988, Waldsterben in Österreich - Theorien,<br />

Tendenzen, Therapien, Univ. Bodenkultur Wien, Bundesminist. Wiss. Forsch., Wien, 214-<br />

227.<br />

FÜHRER E., 1994: Forschungsinitiative gegen das Waldsterben - Programm FIW II: Von der Waldschadensforschung<br />

zur Waldökosystem-Sanierungsforschung. Forst. Schriftenr., ÖGWEB,<br />

Univ. Bodenkultur Wien, Bd. 7, 1-10.<br />

FÜHRER E. u. P. FISCHER, 1991 : Towards integrated control of Cephalcia abietis, a defoliator of<br />

Norway spruce in central Europe. lnt. Congr. Entomol. Vancouver, 1988. For. Ecol. Manage.<br />

39: 87-95.<br />

FÜHRER E., P. FISCHER, D. GRILL. and H. KÖNIGSHOFER: Food quality of stressed Norway<br />

spruce (Picea abies Karst.) to Cephalcia abietis L. (Hym., Pamphiliidae). ln Vorber.<br />

GASCH G., L. GRÜNHAGE, H.J. JÄGER u. K.F. WENTZEL, 1988: Das Verhältnis der<br />

Schwefelfraktionen in Fichtennadeln als Indikator für Immissionsbelastungen durch<br />

Schwefeldioxid. Angew. Botanik 62: 73-84.<br />

GLATZEL G., 1991 : The impact of historic land use and modern forestry on nutrient relations of<br />

Central European forest ecosystems. Fertilizer Research 27: 1-8.<br />

GRILL D., R. EBERMANN, M. GAILHOFER u. G. HALBWACHS, 1988: Reaktionen des<br />

Pflanzenstoffwechsels im Syndrom der "neuartigen" Waldschäden. ln: FÜHRER E. u. F. NEU­<br />

HUBER (Hsg.), FIW-Symposium 1988, Waldsterben in Österreich - Theorien, Tendenzen,<br />

Therapien, Univ. Bodenkultur Wien, Bundesminist. Wiss. Forsch., Wien, 166-1 86.<br />

GRUPPE A., 1993: Untersuchungen zur Entwicklungszeit der Erdlarven von Cephalcia abietis L.<br />

(Hym., Pamphiliidae) . J. Appl. Ent. 116: 487-493.<br />

HELIÖVAARA K. and R. VÄISÄNEN, 1993: lnsects and Pollution. CRC Press, Soca Raton, Ann<br />

Arbor, London, Tokyo, 393.


235<br />

JAHN E., 1976: Die Fichtengespinstblattwespe, Cephalcia abietis L., als gefährlicher Bestands- und<br />

Kulturschädling in Österreich. Anz. Schädlingskd., Pflanzenschutz, Umweltschutz 49: 145-<br />

149.<br />

JANDL R. u. K. KATZENSTEINER, 1992: Düngungsversuche mit Magnesitdüngern zu Fichte im<br />

Magnesiummangelgebiet Schöneben. ln: GLATZEL G., R. JANDL, M. SIEGHARDT u. H.<br />

HAGER (Hsg.). Magnesiummangel in mitteleuropäischen Waldökosystemen. Forst!. Schriftenr.,<br />

ÖGWEB, Univ.Bodenkultur Wien, Bd. 5, 152-1 61 .<br />

KATZENSTEINER K., 1992: Mineralstoffernährung, Bodenzustand und Baumvitalität in Fichtenwaldökosystemen<br />

des Böhmerwaldes. FIW-Forschungsber. 1992/1 , ÖGWEB, Univ. Bodenkultur<br />

Wien, 1-195.<br />

KELLER T., 1989: Oberirdische Wirkungen von Luftschadstoffen auf Bäume und Pflanzenteile:<br />

Neuere Ergebnisse. ln: SCHMIDT-VOGT, H., Die Fichte, Bd. 11/2, Parey, Hamburg, Berlin, 280-<br />

346.<br />

KROL A., 1987: Briefliche Mitteilung.<br />

MARTINEK V., 1980: Zum Problem der Übervermehrung der Gemeinen Fichtengespinstblattwespe<br />

(Cephalcia abietis l.) (Hym., Pamphiliidae) in Böhmen. Rozpravy CSAV, rada matem.prir.ved<br />

90 (4): 1-165.<br />

MATZNER E. u. E. THOMA, 1983: Auswirkungen eines saisonalen Versauerungsschubes im Sommer/Herbst<br />

1982 auf den chemischen Bodenzustand verschiedener Waldökosysteme. AFZ 38:<br />

677-683.<br />

MITTERBÖ CK F. u. E. FÜHRER, 1992: Entomologisch-pathologische Wa!dschadenserhebungen: 1.<br />

Untersuchungen an Fichte: Erhebungen des Kronenzustandes auf Dauerbeobachtungsflächen.<br />

MAB/FIW Bericht, lnst. Forstentomol., Forstpathol., Forstschutz, Univ. Bodenkultur Wien, 24.<br />

MRACEK Z., 1980: The use of "Ga/leria traps" for obtaining nematode parasites of insects in<br />

Czechoslovakia {Lepidoptera, Nematoda Steinernematidae). Acta entomologica bohemoslovaca<br />

77: 378-382.<br />

MRACEK Z., 1982: Horizontal distribution in soil and seasonal dynamics of the nematode Steinernema<br />

kraussei, a parasite of Cepha!cia abietis . J. Appl. Ent. 94: 110-1 12.<br />

POLLANSCHÜTZ J., 1985: Instruktion für die Feldarbeit der Waldzustandsinventur nach bundeseinheitlichen<br />

Richtlinien 1984-1988. Forst!. Bundesversuchsanst. Wien.<br />

PSCHORN-WALCHER H., 1982: Unterordnung Symphyta, Pflanzenwespen. ln: SCHWENKE, W.<br />

(Hsg.). Die Forstschädlinge Europas, Bd. 4, 4-196.<br />

REIMOSER F. u. J. ZANDL, 1993: Methodisches Grundkonzept für ein Expertensystem "Wildökologie-Waldverjüngung".<br />

FIW-Forschungsber. 1993/4, ÖGWEB, Univ. Bodenkultur Wien, 104.<br />

SCHMIED A., 1991 : Die Wirkung insektenpathogener Pilze auf die Fichtengespinstblattwespe,<br />

Cephalcia abietis L. (Hym., Pamphiliidae). Diplomarb., lnst. Forstentomol., Forstpathol., Forstschutz,<br />

Univ. Bodenkultur Wien.<br />

SCHMUTZENHOFER H., 1980: Site characteristics and mass outbreaks of Cephalcia abietis in<br />

Austria. ln: BEVAN, D. and J.T. STOAKLEY (eds.). Proc. IUFRO Conf. Dornoch, Scotland, 1-7<br />

Sept. 1980, For. Comm. Res. Devel, Pap. 135, 27-35.<br />

STOHL A. u. H. KROMP-KOLB, 1992: Ein meteorologischer Beitrag zur Klärung der Ursachen der<br />

neuartigen Waldschäden in Schöneben. FIW II: Fallstudie "Waldbewirtschaftungskonzepte in<br />

starkbelasteten Waldgebieten des Mühlviertels". Endber. FIW, Univ. Bodenkultur Wien.<br />

TESCHE M., 1989: Fichtensterben: Umweltstreß. ln: SCHMIDT-VOGT H. (Hsg.). Die Fichte. Bd.<br />

11/2, Hamburg, Berlin, 346-439.<br />

ULRICH 8., 1985: Natürliche und anthropogene Komponenten der Bodenversauerung. Mitt. Dtsch.<br />

Bodenkundl. Ges. 43 (1): 159-187.


236


237<br />

EXPERTENSYSTEM "WILDÖKOlOGIE - WAlDVERJÜNGUNG"<br />

EXPER T SYSTEM "GAME ECOL OGY - <strong>FOR</strong>EST REGENERA TION"<br />

friedrich REIMOSER<br />

Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ö kologie, Veterinärmedizinische<br />

Universität, Savoyenstraße 1, A - 1160 Wien<br />

SUMMARY<br />

Purpose of that expert system is the standardized data collection and evaluation of relevant indexes<br />

(indicators) for a more adaptive and integrative management of forest, ungulate game, and<br />

touristic land using as weil as a more objektive success control in forestry, hunting and Iandscape<br />

planning. The expert system is divided into two steps: a) registration and analysis of primary data<br />

(analytic part) and b) attaching importance to primary data and data connexion to get patterns of<br />

operativ indexes (synthetic part, interpretation). Indexes were created for evaluating habitat quality<br />

(see Fig. 1), browsing damage, predisposition of forest regeneration, status of regeneration and<br />

impact of deer, distribution of deer, and huntability of deer (synopsis of main indexes see Fig. 2).<br />

The results show a high degree of browsing darnage (caused by overabundance of roe deer)<br />

although the predisposition of forest regeneration is low owing to individual tree selection harvests<br />

and natural regeneration. 59% of the forest area necessary to regenerate are damaged by roe deer<br />

(Fig. 3, Schöneben). Darnage results from the intense selectiv browsing on admixed fir and<br />

deciduous trees, so that only the much less browsed spruce can grow up. Further problems to<br />

forest regeneration are weed/grass (25% of regeneration area), absent seed trees (13%), fraying<br />

darnage (8%), browsing by hare and mouse (6%) and Iack of light (2%); on 15% of area necessary<br />

to regenerate other (unknownl obstructions were located (maybe bad germination conditions).<br />

Required measures to prevent browsing damage:<br />

* More culling of roe deer (instead of till now 2,5 heads at least 5 heads per 100 ha) to reduce the<br />

deer abundance till game darnage is prevented<br />

* Strict interval hunting for optimizing cull success without high hunting pressure (to get less shy<br />

animals because hunting in natural regeneration forest is difficult)<br />

* Objective game darnage monitaring .(systematic centroll fences)<br />

* Either no one or a better winter feeding (with steering of roe deer to sites with low browsing<br />

darnage predisposition)<br />

* Technical protection (repellents) against browsing darnage (esp. fir in winter)<br />

* More thinning and tending of thickets to reduce the "overoptimal" hiding and thermal cover<br />

supply as weil as to get more food supply (for additional reducing the game darnage predisposition<br />

of the forest)<br />

* Spatial and temporal coordination of measures especially with forest sanitation projects<br />

KEYWORDS: lntegrated forest-game management, expert system, ungulate game, forest regeneration,<br />

browsing damage, game ecology.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Im Rahmen der FIW II wird ein Expertensystem "Wildökologie-Waldverjüngung" enwickelt, dessen<br />

methodische Konzeption hier skizziert wird. Ergebnisse aus dem Expertensystem und daraus abgeleitete<br />

Maßnahmen zur Verminderung der Wildschäden im Gebiet der Fallstudie 1 (Mühlviertel) sind<br />

zusammengefaßt (ausführliche Darstellung siehe Reimoser und Zandl 1993). Ein Strukturierungsvorschlag<br />

für eine Broschüre als praxisgeeignete Anleitung für Freilanderhebungen ist angefügt.<br />

STICHWÖRTER: Integrales Forst- und Wildmanagement, Expertensystem, Schalenwild, Waldverjüngung,<br />

Verbißschaden, Wildökologie.<br />

Forstliche Schriftenreihe, Universität für Bodenkultur Wien, Bd. 7, 1994.<br />

ÖGWEB IÖsterr. Ges. f. Waldökosystemforschung und experimentelle Baumforschung) ISBN 3-900B65-06-X.


1 EINlEITUNG UND PROBlEMSTEllUNG<br />

238<br />

Zielvorgabe der FIW II ist es, aufgrund von bestehendem Expertenwissen und<br />

wissenschaftlichen Erkenntnissen möglichst anwendungsorientiert Problemlösungsansätze<br />

für die Praxis aufzuzeigen (vgl. Führer, 1990). !n der Fallstudie 1<br />

(Schöneben/OÖ) wurde das methodische Grundkonzept für ein Expertensystem<br />

"Wildöko!ogie - Waldverjüngung" vorgestellt und in seiner Anwendung auf die<br />

lokalen Verhältnisse abgestimmt (Reimoser u. Zandl, 1993). Im Zuge der weiteren<br />

Fallstudien der FIW II soll dieses Expertensystem weiterentwickelt und breiter<br />

anwendbar gemacht werden.<br />

Für den Forst- und Jagdbetrieb sollen durch die standardisierte Erhebung und<br />

Auswertung wild- und waldökologisch relevanter Kennwerte (Indikatoren) verbesserte<br />

Möglichkeiten für die Beurteilung der wald- und wildökologischen Ausgangslage,<br />

die gezielte Maßnahmensatzung gegen bestehende Wildschäden sowie<br />

für die Entwicklungsprognose und die Vorbeugung gegen Wildschäden geschaffen<br />

werden; ein oparationalisiertes Muster von Kennwerten soll eine objektivere Beurteilung<br />

der Sachlage ermöglichen. Im Falle periodischer Wiederholungserhebungen<br />

(regelmäßiges Monitoring, z.B. im Rahmen der Forsteinrichtung) sollen dann<br />

Zustands-eränderungen, Entwicklungstendenzen und die Effektivität durchgeführter<br />

Maßnahmen besser geprüft werden können (objektive Erfolgskontrolle).<br />

2 METHODIK<br />

Der Aufbau des entwickelten Expertensystems gliedert sich in zwei Schritte:<br />

Erhebung der Primärdaten (analytischer Teil, Erhebungsmethodik). Die Variablen<br />

für die Erhebung der Primärdaten sind so gewählt, daß zusätzlich zu den wildökologischen<br />

auch forstliche, insbesondere waldbauliche Informationen<br />

gewo nnen werden können.<br />

Gewichtung und Verknüpfung (Interpretation) der Primärdaten entsprechend dem<br />

gegenwärtig verfügbaren Erkenntnisstand über wald- und wildökologische<br />

Zusammenhänge (synthetischer Teil, Auswertungsmethodik).<br />

2. 1 Erhebung der Primärdaten<br />

Die Datenerhebung erfolgt mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen:<br />

* Stichprobenerhebung auf den Rasterpunkten der standortkundliehen Aufnahmen<br />

und der Forstinventur (Punktabstand 122 m): aufgenommen werden<br />

dabei die Randzonensituation und Sichtigkeit (Entfernung vom Rasterpunkt),<br />

der Wildökologische Bestandestyp, der Felsanteil, das Mesorelief, der<br />

Beschirmungsgrad, die Schichtung sowie die Baumarten (alle Merkmale auf<br />

Probeflächenradius 20 m), weiters auf Probeflächenradius 10 m der Begrünungsgrad,<br />

die Verjüngungsnotwendigkeit, die Standortseinheit (Verjüngungszieltyp),<br />

der Verjüngungszustand, die Verjüngungshemmnisse, die Schutzmaßnahmen,<br />

die Anzahl der Wildwechsel, Sitz- und Plätzstellen, Fegebäume,


239<br />

Bodenvegetation/Jungwuchs (Pflanzenart, Abundanz, Höhenklasse, Verbißgrad)<br />

sowie auf Probeflächenradius 3 m die Anzahl der Losungshaufen (Rehwild,<br />

Rotwild, Schwarzwild).<br />

* Weitere Erhebungen: Flächendeckende Kartierung der jagdlichen Reviereinrichtungen<br />

(Ansitzplätze, Fütterungen, Salzlecken) und der Störungslinien<br />

(Loipen, Wanderwege etc.); Fährtenkartierungen (Linientaxation, Reimoser<br />

1986a) im Winter bei Schneelage; Schneehöhenkartierung; Kartierung wildökologisch<br />

maßgeblicher Landschaftsunterschiede in der Umgebung des<br />

Untersuchungsgebietes; jagd- und forstbetriebliche Erhebungen (Abschußpläne<br />

und -Iisten, Betriebsplanung und -Organisation, bisherige Maßnahmendurchführung<br />

etc.).<br />

2.2 Gewichtung und Verknüpfung der Primärdaten<br />

Der Ablauf von der Erhebung der Primärdaten über die Berechnung der Kennwerte<br />

bis zur Zuordnung der Maßnahmen gliedert sich wie folgt:<br />

* Erstellung des vollständigen Variablensatzes (erhobene, daraus errechnete und<br />

bereits vorhandene Primärdaten)<br />

* Festlegung der Indexgrundlagen (Gewichtung der Primärdaten)<br />

* Berechnung der Indexe {Formell und anderen Kennzahlen<br />

* lndexverknüpfung (Erhöhung des Integrationsniveaus der Kennzahlen)<br />

* Indexbewertung (Typenbildung) hinsichtlich: Habitatqualität für Schalenwild,<br />

Wildschadenanfälligkeit des Waldes, Wildschäden, Wildverteilung, Bejagbarkeit<br />

des Wildes<br />

* Maßnahmenzuordnung (zu den Indextypen bzw. Kennwerten): Dabei werden<br />

aus dem bestehenden allgemeinen Maßnahmensystem (generelle Maßnahmenliste)<br />

die an Ort und Stelle erforderlichen Maßnahmen zugeordnet, in<br />

Abhängigkeit vom jeweiligen regionalen Muster der Kennwerte. Dabei wird vom<br />

gegenwärtigen Kenntnisstand über die Wirksamkeit der unterschiedlichen<br />

Maßnahmen unter verschiedenen Bedingungen ausgegangen. Eine objektive<br />

Erfolgskontrolle und sukzessive ortsangepaßte Maßnahmenoptimierung sollte<br />

durch ein regelmäßiges Monitaring (z.B. im Rahmen einer um wildökologische<br />

Parameter erweiterten Forsteinrichtung) erfolgen. Für den Vergleich müssen<br />

dabei die für die Kennwerte und Indexbildung erforderlichen Primärdaten stets<br />

nach gleichen Kriterien erhoben werden wie bei der Ersterhebung.<br />

Der vollständige Variablensatz (Primärdatensatz) ergibt sich aus den Daten der<br />

direkt erhobenen Va riablen (vgl. Kapitel 2. 1), den aus diesen Daten zusätzlich<br />

errechneten Variablen sowie den aus anderen Erhebungen (Forstinventur, standortkundliehe<br />

Erhebungen, GIS) bereits vorhandenen, für das Expertensystem relevanten<br />

Primärdaten.<br />

Anschließend folgen die Festlegung der Indexgrundlagen (Gewichtung der Primärdaten)<br />

und die Berechnung der Kennzahlen bzw. Indexe entsprechend den erstellten<br />

Regeln (Formeln) für die Verknüpfung der Primärdaten. Die Indexe können in<br />

der Regel Zahlenwerte zwischen 0 und 100 annehmen. Bei Kennzahlen der Habitatqualität<br />

bedeuten hohe Zahlenwerte eine für das Wild günstigere Situation im<br />

Hinblick auf das betreffende Habitatelement, geringere Werte signalisieren für das<br />

Wild ungünstige Bedingungen.


240<br />

Kennzahlen für die jahreszeitlich differenzierte Habitatqualität sind Feindschutz-,<br />

Klimaschutz-, Randzonen- und Wohnraumindex, Nahrungsangebot sowie Beunruhigungs-,<br />

Klima-, Gelände- und Umgebungsindexe. Als Beispiel sei hier der Klimaschutzindex<br />

(KSll ausgeführt. Dieser ergibt sich aus dem Gesamt-Beschirmungsgrad<br />

der Gehölzpflanzen in 1,3 m Höhe über dem Boden (BESG), dem Beschirmungsgrad<br />

für ausschließlich sommergrüne Arten in 1,3 m Höhe (BLHLA) und<br />

dem Mesorelieftyp (MERE). Anschließend sind Beispiele weiterer (vorläufiger)<br />

Habitatindexe graphisch dargestellt (Abb. 1).<br />

BEISPIEl: Klimaschutzindex (KSI)<br />

BESG:<br />

BLHLA:<br />

MERE:<br />

KSI:<br />

KSis:<br />

KSiw:<br />

KSiv:<br />

KSivs:<br />

KS!vw:<br />

Beschirmungsgrad Gehölzpflanzen in 1 ,3 m gesamt<br />

Beschirmungsgrad Sommergrüne in 1 ,3 m<br />

· Mesorelief<br />

Klimaschutzindex - gesamt (Vegetation u. Geländerelief) - Jahr<br />

Klimaschutzindex - gesamt - Sommer<br />

Klimaschutzindex - gesamt - Winter<br />

Klimaschutzindex - Vegetation - Jahr<br />

Klimaschutzindex - Vegetation - Sommer<br />

Klimaschutzindex - Vegetation - Winter<br />

100 � KSI � 0,33<br />

KSI = (KSiv + IMERE)/1 ,5 KSiv = IBESG - (IBLHLA " 0,5)<br />

KSis = IKSivs + IMERE)/1 ,5 KSivs = IBESG<br />

KSiw = (KSivw + IMEREl/1 ,5 KSivw = IBESG - IBLHLA<br />

IBESG (Beschirmungsgradindex)<br />

BESG mESG fii.r Wü d<br />

10 100<br />

9 100 sehr günstig<br />

8 100<br />

7 50<br />

6 50 günstig<br />

5 50<br />

4 25<br />

3 25<br />

2 12<br />

1 12<br />

11 1<br />

0 1<br />

mittel<br />

ungünstig<br />

sehr ungünstig


IBLHLA - Berechnung wie IBESG<br />

241<br />

IMERE (Mesoreliefindex)<br />

konvex 50<br />

2 intermediär 0<br />

3 konkav 25<br />

4 konvex/konkav 50<br />

Kennzahlen für die Wildschadenanfälligkeit des Waldes (WSA) werden durch<br />

lndexverknüpfung (Erhöhung des lntegrationsniveaus) ermittelt (Berechnung nur<br />

für Gebiete, nicht für einzelne StichprobepunkteL Folgende Kennwerte (jeweils für<br />

Sommer, Winter und Gesamt-Jahr) gehen in die Berechnung ein: der nahrungsunabhängige<br />

Besiedlungsanreiz (BA), der sich aus Feindschutz-, Klimaschutz- und<br />

Wohnraumindex ergibt, das Nahrungsangebot (NA), die Abundanz der Zielbaumarten<br />

sowie deren Anteil am Nahrungsangebot. Die Wildschadenanfälligkeit ergibt<br />

sich aus dem Verhältnis von Besied lungsanreiz zu verfügbarem Nahrungsangebot<br />

(WSA =BA/NA) sowie aus dem standortabhängigen Verjüngungsziel und dem<br />

Anteil der Zielbaumarten am Nahrungsangebot (vgl. z.B. Reimoser, 1986a;<br />

Gossow u. Reimoser, 1985; Reimoser u. Zandl, 1993).<br />

Den Kennzahlen für den Zustand der Waldverjüngung und die Beurteilung des<br />

Hemmfaktors "Wi!dverbiß" liegen folgende Kriterien bzw. Erhebungen (Definitionen<br />

in Reimoser u. Zandl, 1993) zugrunde:<br />

1. Verjüngungsnotwendige Waldfläche (Ausmaß)<br />

2. Verjüngungsnotwendige Waldfläche mit nicht ausreichender Verjüngung<br />

3. Verjüngungsnotwendige Waldfläche mit nicht ausreichender Verjüngung und<br />

Schalenwild als Hemmfaktor<br />

4. Verjüngungsnotwendige Waldfläche mit nicht ausreichender Verjüngung und<br />

nicht schalenwildbedingten Hemmfa ktoren (Hasen-/Nagetierverbiß, Lichtmangel,<br />

Verkrautung/Vergrasung, fehlende Samenbäume, Schneegleiten, Erosion,<br />

Beweidung durch Haustiere, Insekten, Sonstige - nicht direkt bestimmbare<br />

Hemmfaktoren)<br />

5. Abundanzen der Baumarten in der Verjüngung<br />

6. Verbißhäufigkeit (Verbißprozent) der Baumarten<br />

7. Verbißschutz


FSI<br />

100<br />

50<br />

50<br />

0<br />

0<br />

0<br />

FEINDSCHUTZINDEX (FSO<br />

50 100<br />

mittlere Sichtweite lml<br />

RANDZONENINDEX (RZNAO<br />

50<br />

100<br />

Entfernung !ml<br />

BEUNRUHIGUNGSINDlEX CIBUN}<br />

500 1000<br />

Entfernung Im)<br />

150<br />

150<br />

1500<br />

242<br />

XE<br />

BESCHIRMUNGBGRADINDEX<br />

IBESG UBESG}<br />

100<br />

50<br />

0 5 10<br />

Beschirmungsgrad I 1110)<br />

ISCHHM<br />

100<br />

50<br />

KliMAINDEX<br />

SCHNEIEHÖHENINDEX<br />

(ISCHHM)<br />

0 50 100<br />

Schneehöhe {cml<br />

I ME RE<br />

100<br />

MESOREI..IEFINDEX<br />

(IMERE)<br />

Abbildung 1: Beispiele von Habitatindexen (schematischer Kurvenverlauf für Rehwild).<br />

Figure 1: Examples of habitat in dexes (schematic graphs fo r roe deer}.<br />

FSI = Hiding cover index, RZNA I = Edge index, IBUN = Disturbance index,<br />

IBESG = Canopy density in dex, !SCHHM =Snow Ievei in dex, MERE = Mesorelief (terrainJ<br />

index


243<br />

Kennzahlen für die Wildverteilung und Bejagbarkeit des Wildes ergeben sich aus<br />

folgenden Kriterien:<br />

Wildstand/Wildverteilung:<br />

* Wildwechsel<br />

* Fährtendichte<br />

* Losungshaufen<br />

* Lagerstallen<br />

* Plätzstellen<br />

* Fegebäume<br />

Bejagbarkeit:<br />

* Anteil Nichtwaldflächen<br />

* Waldbauliche Betriebsform<br />

* Re!!3tion Deckungsreichet Äsungsreiche<br />

WOBTs (Stall-Trog-Effekt)<br />

* Feindschutz(Sichtschutz)<br />

* Relation Wohnraum/Feindschutz<br />

* Beunruhigung des Wildes<br />

* Klimatische Belange (insbes. Wind)<br />

* Begehbarkelt des Geländes für den Jäger<br />

* Jagdeinrichtungen (Ansitzplätze etc.l<br />

Aus den allgemeinen Schemata für potentielle Wildschadensursachen sowie für<br />

mögliche Maßnahmen zur Schadensminderung (Reimoser, 1986b; Reimoser u.<br />

Zandl, 1993) können schließlich - ausgehend von den sich im Expertensystem<br />

ergebenden Kennzahlen - die vor Ort maßgeblichen Problemursachen systematisch<br />

abgeschätzt und die erforderlichen Maßnahmen gezielt abgeleitet und in weiterer<br />

Folge durch ein entsprechendes periodisches Monitaring auf ihre Wirksamkeit<br />

überprüft werden.<br />

3 ERGEBNISSE (ZUSAMMENFASSUNG)<br />

Im Revier Sonnenwald wurden vier wildökologisch unterschiedliche Gebiete (1-<br />

Staatsgrenze, 2-Moldaublick, 3-Roßtauscherberg, 4-Bärenstein) untersucht<br />

(ausführliche Darstellung in Reimoser u. Zandl, 1993).<br />

3.1 Ausgangslage (Kennzahlen - Expertensystem)<br />

3.1.1 Zustand der Waldverjüngung, Wildschäden und Wildschadenanfälligkeit<br />

des Waldes<br />

Insgesamt sind 77% der verjüngungsnotwendigen Waldfläche nicht ausreichend<br />

verjüngt; zwischen den 4 Gebieten bestehen erhebliche Unterschiede (1 =54%,<br />

2=63%, 3=94%, 4=88%). Auf 6% der Verjüngungsfläche mangelt es an der<br />

erforderlichen Stammzahl, auf 44% an den erforderlichen Mischbaumarten Tanne<br />

und/oder Laubholz und auf 27% an Mischung und StammzahL Die dafür maßgeblichen<br />

Hemmfaktoren sind vor allem Schalenwildverbiß (auf 59% der verjüngungsnotwendigen<br />

Waldfläche), weiters Vergrasung (25%), fehlende Samenbäume<br />

(13%), Fegeschäden (8%), Hasen- und Mausverbiß (6%) und Lichtmangel<br />

(2%); auf 15% der mangelhaft verjüngten Fläche waren andere (unbekannte)<br />

Hemmfaktoren (evtl. Keimbedingungen) wirksam. Somit ist insgesamt mehr als


244<br />

die Hälfte der verjüngungsnotwendigen Waldfläche durch Rehwild (Rotwild<br />

kommt nur spärlich vor) untragbar geschädigt (Gebiet 1 =41 %, 2=52%,<br />

3=92%, 4=44%). Die Schädigung entsteht vor allem durch den selektiven Verbiß<br />

und Ausfall der Mischbaumarten Tanne und Laubholz (Baumartenentmischung).<br />

Die natürliche Verjüngung der Fichte wird hingegen - abgesehen von<br />

einigen kleinflächigen Konzentrationspunkten - in ihrer Entwicklung durch Schalenwild<br />

nicht beeinträchtigt. Monokulturen aus Fichte wären also ohne nennenswerte<br />

Verbißprobleme möglich. Zur Erhaltung der Produktionskraft des Bodens<br />

sowie der Gesundheit und Stabilität der Waldbestände und zur nachhaltigen<br />

Sanierung bereits geschädigter Waldbereiche ist allerdings der Aufbau standortgemäßer<br />

Mischwälder unter Einbeziehung von Tanne und Laubbaumarten (v.a.<br />

Buche, Bergahorn} die wichtigste Voraussetzung.<br />

Die Wildschadenanfälligkeit hinsichtlich der Relation von Besiedlungsanreiz des<br />

Waldes zu verfügbarem Nahrungsangebot ist - bedingt durch die waldbauliche<br />

Betriebsform der Zielstärkennutzung mit natürlicher Waldverjüngung - mit einem<br />

Mittelwert von 1,54 gering, differiert jedoch stark zwischen den vier Gebieten<br />

(1 =1,93, 2=1,67, 3=1,80, 4=0,90) und wird in Gebiet 1 vom dort z.T. anderen<br />

Verjüngungsziel (z.T. Fichten-Reinbestand auf Anmoorböden) stark modifiziert<br />

(vermindert).<br />

3.1.2 Verbißhäufigkeit der Hauptbaumarten<br />

Unabhängig von Verjüngungsziel und Wildschadenbeurteilung wurde der Verbißgrad<br />

(die Verbißhäufigkeitl festgestellt. Fichte weist nur auf 2,4% ihrer Verjüngungsfläche<br />

über 50% Terminaltriebverbiß auf, Rotbuche hingegen auf 55,2%,<br />

Tanne sogar auf 84,8% und Eberesche auf 96,7% (bei der Beurteilung des Verbißgrades<br />

wurde der Verbiß an zwei Triebjahrgängen - 1989 und 1990 - berücksichtigt).<br />

Tanne wird fast ausschließlich an verholzten Trieben im Herbst und Winter,<br />

Laubholz während des ganzen Jahres verbissen. Die Verbißhäufigkeit zeigt<br />

zunehmende Tendenz.<br />

3.1 .3 Habitatqualität und Wildverteilung<br />

Entsprechend der unterschiedlichen Habitatqualität (Klima, Geländeform, Feindund<br />

Klimaschutz, Wohnraum, verfügbares Nahrungsangebot, Beunruhigungsfaktoren)<br />

ergeben sich in den 4 Gebieten unterschiedliche Wilddichten. Wichtigste<br />

Habitatfaktoren für die Rehverteilung im Untersuchungsgebiet sind im Winter das<br />

Biotopklima (Schneehöhe und Sonneneinstrahlung, die insbesondere von Seehöhe,<br />

Exposition und Neigung abhängen) und der Standort der Wildfütterungen,<br />

im Sommer die Vegetationsstruktur und Beunruhigungsfaktoren. Der Fährtendichteindex<br />

(Winter) liegt im Gebiet 3 am höchsten (4, 90), gefolgt von Gebiet 1<br />

(2, 17), Gebiet 2 (0,63) und Gebiet 4 (0,20). Das Außmaß der Wildschäden hängt


245<br />

nur teilweise von der Wilddichte ab, weil die Wildschadendisposition der 4<br />

Gebiete erheblich differiert (unterschiedliche Verjüngungsziele und Biotopbelastbarkeit).<br />

3.1.4 Hauptursachen der Wildschäden<br />

Trotz der insgesamt relativ hohen Verbißbelastbarkeit des Waldes (v.a. infolge<br />

des großflächigen Nahrungsangebotes - Bodenbegrünung 57%, Heidelbeerfläche<br />

21% - und der stammzahlreichen Naturverjüngung) existiert ein stark überhöhter<br />

Rehwildbestand, der im deckungsreichen Gelände schwierig bejagbar ist. Weitere<br />

Ursachen sind Fütterungsfehler sowie ein hoher Besiedlungsanreiz durch zahlreiche<br />

randlinienwirksame Rückegassen und Wege. Die touristische Beunruhigung ist<br />

relativ gering (Schilanglauf und Schlittenhunde auf einigen Wegen, Wanderer); die<br />

waldbauliche Betriebsform (Zielstärkennutzung, natürliche Waldverjüngungl ist<br />

wildökologisch günstig (geringe Wildschadenanfälligkeit), teilweise besteht jedoch<br />

ein Mangel an Samenbaumarten (Tanne, laubholz).<br />

3.1.5 Synopsis der Kennzahlen<br />

Die Rangfolge der Rehwilddichte in den 4 Gebieten (vgl. Abbildung 2 u. Tabelle 1)<br />

entspricht dem nahrungsunabhängigen Besiedlungsanreiz des Biotops {inklusive<br />

Randlinienwirkung) und verläuft weitgehend konträr zum vorhandenen Nahrungsangebot<br />

(ohne Fütterung). Ein ähnlicher Zusammenhang konnte in einem montanen<br />

Gebirgsrevier der Koralpe näher untersucht werden (vgl. Reimoser, 1986a).<br />

Bei Berücksichtigung der Winterfütterung ergibt sich ein stärkerer Zusammenhang<br />

zwischen Wilddichte und (fütterungsbedingtem) Nahrungsangebot, wobei sich<br />

allerdings die Lage der Fütterungen eher nach der vorhandenen Wildverteilung<br />

richtet und nicht zu einer prinzipiell veränderten Wildverteilung geführt haben<br />

dürfte (graduelle Veränderungen der Rehwilddichte - bedingt durch Winterfütterung<br />

- sind im Untersuchungsgebiet aber wahrscheinlich gegeben).<br />

Das Ausmaß des Verbißschadens hängt von Verbißdruck des Wildes (v.a. Wilddichte),<br />

von der Wildschadenanfälligkeit des Waldes (v.a. von der Relation<br />

Besiedlunsanreiz zu Nahrungsangebot) und dem waidbaulichen Verjüngungsziel<br />

ab. Bei vergleichbarem Verjüngungsziel (Mischwald) treten die größten Verbißschäden<br />

erwartungsgemäß in jenen Gebieten auf, die eine vergleichsweise hohe<br />

Wildschadenanfälligkeit und eine hohe Wilddichte aufweisen (Gebiete 3 und 1 ).<br />

Ohne vergleichbares Verjüngungsziel würde Gebiet 1 den geringsten Anteil verbißgeschädigter<br />

Verjüngungsflächen aufweisen, weil sich dieses Gebiet durch<br />

seinen geringen Mischwaldanteil erheblich von den anderen Gebieten unterscheidet<br />

und beim weniger anspruchsvollen Verjüngungsziel "Fichte-rein" Verbißschäden<br />

im Untersuchungsgebiet kaum auftreten. Der starke Einfluß unterschiedlicher<br />

Verjüngungsziele auf das mögliche Ausmaß von Verbißbelastung und Verbißscha-


246<br />

den spiegelt sich auch im mittleren Verbißgrad wider: Ohne Fichte (nur Mischbaumarten)<br />

liegt der Verbißgrad in Gebiet 1 an 1. Stelle, mit Fichte (alle Baumarten)<br />

aber an letzter Stelle (Abbildung 2, Tabelle 1 }.<br />

Tabelle 1 : Rangfolge der 4 Gebiete für wichtige Kennzahlen (Synopsis).<br />

Table 1: Rank order of the 4 regions to main in dexes (synopsis, s. Fig. 2}.<br />

SYNOPSIS GEBIET I GEBIET 2 GEBIET 3 GEBIET 4<br />

Kennzahlen<br />

Rehwilddichte 2 3 I 4<br />

Randlinien 1 3 2 4<br />

Besiedlungsanreiz (nahrungsunsbhängig) 3 2 1 4<br />

Nahrungsangebot 4 2 3 1<br />

Wildschadenanfälligkeit 1 3 2 4<br />

Verbißschaden (gesamt) 4 2 1 3<br />

Verbißschaden (Mischwald) 2 3 1 4<br />

Verbißgrad alle Baumarten (VGX) 4 2 1 3<br />

Verbißgrad Mischbaumarten (VGXOF) I 4 2 3<br />

Winterfütterungsnähe 2 4 I 3<br />

a


Rang<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

2<br />

3<br />

4<br />

2<br />

3<br />

4<br />

247<br />

SYNOPSIS<br />

GEBIET 1<br />

GEBIET 2<br />

GEBIET 3<br />

GEBIET 4<br />

Abbildung 2: Rangfolge der 4 Gebiete für wichtige Kennzahlen.<br />

(höchster Wert = Rang 1 bzw. lange Säule, geringster Wert = Rang 4 bzw. kurze<br />

Säule); VGX= Verbißgrad-Mittel !mit Abundanz/Dominanz gewichtetes Mittel aller<br />

Baumarten), VGXOF = Verbißgrad-Mittel ohne Fichte<br />

Figure 2: Rank order of the 4 regions to main in dexes.<br />

{synopsis; highest quantity =rank 1 flong column), lowest quantity=rank 4 (short<br />

columnJ; Indexes from left to right: roe deer density, edge Situation, habitat<br />

attractivness (settling stimulus), food supply, predisposition of forest to game damage,<br />

bro wsing darnage total, browsing darnage mixed forest, browsing frequency all tree<br />

species (in cluding spruce), browsing frequency admixed tree species fwithout spruce),<br />

nearness of winter feeding station, disturbance, snow Ievel, huntability


248<br />

Gebiet 1 ist am relativ leichtesten bejagbar, wodurch in diesem Gebiet hinsichtlich<br />

der Abschußdurchführung für die Anpassung der Höhe des Rehwildbestandes an<br />

die (schadensabhängige) Biotoptragfähigkeit am wenigsten Probleme zu erwarten<br />

sind. ln Gebiet 3 sind Verbesserungen der Bejagungsmöglichkeit dringender erforderlich.<br />

Zur generellen qualitativen Einordnung der Kennwerte siehe Kapitel 4<br />

(Diskussion - Beurteilung der Kennzahlen).<br />

3.2 Zielvorgabe (leitbildfestlegung)<br />

Die Beurteilung der Kennzahlen und Ergebnisse des Expertensystems hängt letztlich<br />

von den gesetzlichen Rahmenbedingungen und der Zielsetzung des Grundeigentümers<br />

(des Betriebes) ab. Aus dem Vergleich der angestrebten Ziele mit dem<br />

vorgefundenen IST-Zustand sowie der Feststellung der Ursachen eines nicht<br />

befriedigenden SOLL-IST-Vergleichs resultiert die Auswahl der Maßnahmen (vgl.<br />

Kapitel 2.2.). So stellen sich z.B. die grundsätzlichen Fragen, ob der Betrieb ein<br />

wirtschaftliches Ziel verfolgt oder nicht und ob der Wald Priorität vor dem Wild<br />

hat oder umgekehrt. Weiters ist von entscheidender Bedeutung, ob sich das Verjüngungsziel<br />

für den Wald generell auf lediglich eine Baumart {Fichte) beschränkt<br />

oder ob auf Mischwaldstandorten ein standortgemäßer Mischwald aus Fichte,<br />

Tanne und Laubholz oder aus Fichte und Tanne erforderlich ist. Für das Untersuchungsgebiet<br />

wird davon ausgegangen, daß ein wirtschaftliches Ziel hinsichtlich<br />

der Waldnutzung besteht und daß sowohl ein gesunder, stabiler Wald mit nachhaltig<br />

optimalen Produktionsbedingungen als auch ein gesunder, bejagbarer<br />

Schalenwildbestand erhalten werden sollen. Wenn die Produktionskraft des<br />

Bodens sowie Gesundheit und Stabilität der Waldbestände erhalten und bereits<br />

geschädigte Waldbereiche nachhaltig saniert werden sollen, so ergibt sich daraus<br />

im Hinblick auf das Verjüngungsziel, daß eine standortgemäße Mischwaldverjüngung<br />

gewährleistet sein muß. Daran sind sowohl die forstlichen als auch die jagdlichen<br />

Maßnahmen zu orientieren.<br />

3.3 Erforderliche Maßnahmen<br />

* Sukzessive Anhebung (anfangs um mindestens 1 00%) des derzeit sehr geringen<br />

Rehwildabschusses (von derzeit knapp 2,5 Stück auf zunächst mindestens<br />

5 Stück je 100 ha) bis zum Rückgang der Verbißschäden<br />

* Konsequente lntervallbejagung (jeweils mehrere Wochen der absoluten Jagdruhe<br />

zwischen kurzen und intensiven Bejagungsphasen - Minimierung der jagdlichen<br />

Beunruhigung und effiziente Abschußerfüllung)<br />

* Verhinderung einer Zunahme des Rotwildbestandes durch scharfe Bejagung<br />

(auch in den Anrainerbetrieben)<br />

* Objektives Wildschadenmonitaring (Verbiß-Kontrollzaunnetz etc.)<br />

* Schaffung von Bejagungsflächen (Wildwiesen, Schußschneisen etc.)<br />

* Entweder keine oder eine bessere, d.h. qualitativ und quantitativ ausreichende<br />

Winterfütterung an geeigneten Standorten (Wildlenkung so, daß das Rehwild<br />

von Verjüngungssanierungsgebieten abgelenkt wird); rotwildsichere Einzäunung<br />

sämtlicher Rehwildfütterungen


249<br />

* Preßholz (Tanne, Laubbaumarten) möglichst im Herbst/Winter fällen<br />

* Verbißschutz an Mischbaumarten (insbes. Terminaltrieb der Tanne)<br />

* Nötigenfalls vorübergehend kleinflächige Schutzzäunung (reh- und rotwildsicher)<br />

* Vermehrte Durchforstung und Dickungspflege zur Reduzierung von "überoptimalem"<br />

Deckungsangebot und zur Verbesserung des Nahrungsangebotes (Verminderung<br />

der Wildschadenanfälligkeit)<br />

* Räumliche und zeitliche Maßnahmenabstimmung mit Verjüngungs-Sanierungsprojekten<br />

sowie mit den Nachbarrevieren (möglichst auch jenseits der Grenze<br />

zu Tschechien)<br />

Vorbeugung gegen Wildschäden:<br />

Die beiden Variablen Standortstyp und topographische Einheit sind wesentliche<br />

diagnostische Merkmale zur Einordnung einer Fläche hinsichlieh ihrer Zielbestokkung<br />

und ihrer potentiellen Gefährdung hinsichtlich Eintrag, Gefährd ung von<br />

Quellschüttungen (Gründigkeit im Standortstyp enthalten) und Windwurfrisiko<br />

(Sterba et al., 1993). Auch für die potentielle Gefährdung durch Wildverbiß sind<br />

die Variablen Standortstyp und topographische Einheit wesentliche diagnostische<br />

Merkmale. Allerdings kommen hier noch Merkmale der Waldtextur und -struktur<br />

hinzu (wildökologischer Bestandestyp, Randlinien etc.). Außerdem kann die Wirksamkeit<br />

dieser Merkmale durch Maßnahmen der Wildlenkung (Fütterungsstandorte,<br />

Verteilung des Jagddruckes) und touristische Beunruhigung des Wildes stark<br />

überlagert werden. Aus dem Standortstyp ergibt sich das Verjüngungsziel (bei reiner<br />

Fichte geringe Wildschadenanfälligkeit), aus der Topographie ergibt sich auch<br />

die für die Wildverteilung maßgebliche klimatische Situation des Standortes<br />

(schneereiche Hochplateaulagen weniger verbißgefährdet), aus Waldtextur und<br />

-struktur ergeben sich Wohnraumeignung, Deckungsangebot, vegetationsbedingter<br />

Besiedlungsanreiz und Nahrungsangebot für das Wild (hohe Wildschadenanfälligkeit<br />

bei starkem nahrungsunabhängigen Besiedlungsanreiz und gleichzeitig<br />

geringem Nahrungsangebot). Da die vorgeschlagenen Maßnahmen auf größeren<br />

Flächen wirksam sind, ist es für eine grobe Einschätzung der Sanierungsnotwendigkeit<br />

ausreichend, drei Fälle zu unterscheiden:<br />

1 . in den schneereichen Hochlagen mit geringem Besiedlungsanreiz für Rehe im<br />

Winter bedarf es derzeit keiner Wildstandsreduzierung, wenn nicht durch<br />

Fütterung in diesem Gebiet eine zu hohe Wilddichte bewirkt wird .<br />

2. Dort, wo Wilddichte und Wildverbiß aufgrund von Fütterungen zu hoch sind,<br />

ist eine Waldsanierung ohne intensive Verbißschutzmaßnahmen (Zaun) oder<br />

Auflassen der Fütterung und scharfe Bejagung nicht möglich.<br />

3. Dort, wo aufgrund der aktuellen Gegebenheiten die Schalenwildpopulation<br />

großräumig zu hoch ist, müssen die oben angeführten Maßnahmen gesetzt<br />

werden.


4 DISKUSSION<br />

4.1 "Dynamische" Konzeption<br />

250<br />

Das Expertensystem soll laufend weiterentwickelt werden (dynamische Konzeption).<br />

Die Aussagekraft des Kennzahlensystems (lndikatorensystems) ist aufgrund<br />

der vorerst spärlichen räumlichen und zeitlichen Vergleichsmöglichkeiten noch<br />

relativ gering. Je mehr verschiedene Untersuchungsgebiete mit dem gleichen Verfahren<br />

analysiert und je öfter diese Gebiete im Zuge eines regelmäßigen Monitarings<br />

vergleichbar erhoben werden, desto aussagekräftiger sollten diese Informationen<br />

werden (Vergleichsmöglichkeit der Kennwertemuster verschiedener Gebiete<br />

und Folgeerhebungen, "Reaktionen" der Kennwerte auf unterschiedliche Maßnahmen<br />

etc.). Mit zunehmender Vergleichsmöglichkeit und weiteren Erkenntnissen<br />

der Grundlagenforschung können die für das Kennzahlensystem relevanten<br />

Zusammenhänge immer präziser erkannt, die teilweise vorerst gutachterlieh<br />

gewählten Gewichtungen der Primärd aten überprüft und nötigenfalls modifiziert<br />

werden.<br />

Die Aussagekraft der Kennzahlen wird stets am Realitätsbezug zu messen sein.<br />

Nur wenn die aus dem Kennzahlenmuster (Mo nitoring) abgeleiteten Maßnahmen<br />

zur praktischen Problemlösung entscheidend beitragen, erfüllt das Expertensystem<br />

seinen Zweck. Die Vorteile des Systems ergeben sich aus seinem oparationalisierten<br />

Informationsgehalt für die Feststellung der jeweiligen wald- und wildökologischen<br />

Ausgangslage, die Erstellung von Entwicklungsprognosen, die<br />

gezielte ursachenbezogene Maßnahmensatzung und Schadensvorbeugung, die<br />

Erfolgskontrolle sowie für die Vergleichbarkeit mit anderen Gebieten.<br />

4.2 Schwachstelle "Datenqualität"<br />

Als Schwachstelle des Systems ist - wie bei Freilanderhebungen zu erwarten - die<br />

Erhebung der Primärdaten einzustufen. Diesbezüglich ergaben sich am Beginn der<br />

Fallstudie erhebliche Probleme. Die Qualität der von verschiedenen Aufnahmetrupps<br />

erhobenen Primärdaten stellte sich teilweise als unbefriedigend und<br />

schlecht vergleichbar heraus. Deshalb wurden die wildökologischen Daten nochmals<br />

von einer speziell eingeschulten Person erhoben. Durch diese Datenüberbestimmung<br />

konnten die unterschiedlich starken Abweichungen der Daten verschiedener<br />

Erhebungstrupps vom "Eichwert" festgestellt werden. Eine Analyse der<br />

Datenqualtät führen Sterba et al. (1993) im Projektteil "Koordination" durch.<br />

Aus den Erfahrungen im Hinblick auf die Gefahr der Ungenauigkeit der Datenerhebung<br />

ergeben sich vor allem folgende Konsequenzen: Nur präzise definierte<br />

Variable mit geringem subjektiven Ermessensspielraum bei der Erhebung sowie<br />

ein Mindestmaß an Gewissenhaftigkeit des Erhebungspersonals ermöglichen die


251<br />

Gewinnung einwandfreier Primärdaten mit ausreichender Genauigkeit. Auf eine<br />

gründliche Einschulung und Kontrolle der Erhebungstrupps darf nicht verzichtet<br />

werden. Ebenso hat sich als notwendig erwiesen, die EDV-Datenlisten anhand der<br />

Erhebungsformulare vollständig auf Eingabefehler zu überprüfen.<br />

Eine allgemein für die Praxis verfügbare Anleitung (Broschüre) für Freilanderhebungen<br />

sollte im Rahmen der FIW II erarbeitet werden. Etwa folgende Struktur<br />

wäre wünschenswert:<br />

1. ALLGEMEINER ERHEBUNGSSCHLÜ SSEL<br />

Erstellung eines integralen praxisbezogenen Erhebungsschlüssels mit praz1se<br />

definierten standortkundlichen, ertragskundlichen, waldbauliehen und wildökologischen<br />

Para metern<br />

2. SPEZIELLER ERHEBUNGSSCHLÜSSEL<br />

Hinweise für die örtliche Anpassung des allgemeinen Erhebungsschlüssels in<br />

Abhängigkeit von der jeweiligen Ausganslage und Zielsetzung; Beispiele von<br />

Erhebungsformularen<br />

3. DURCHFÜHRUNG DER ERHEBUNG<br />

Hinweise auf zu berücksichtigende Aspekte der erforderlichen Personalqualifikation,<br />

Organisation, Ausrüstung und Einschulung sowie auf verschiedene<br />

Erhebungsmöglichkeiten (terrestrisch, Luftbild, GIS)<br />

4. KONTROLLE<br />

a) Datenkontrolle<br />

b) Kontrolle der Arbeitstrupps<br />

* Referenzflächen und/oder<br />

* Supervisor<br />

Kontrollen evtl. zu Beginn, Mitte und Ende der Erhebungsphase (Trends systematischer<br />

Erhebungsfehler können dadurch rechnerisch ausgeglichen werden)<br />

4.3 "Absolute " qualitative Einordnung der Kennzahlen<br />

Aufg rund bisher verfügbarer Erkenntnisse und allgemein akzeptierter Zielvorgaben<br />

konnte eine vorläufige Beurteilungshilfe für die Einschätzung der quantifizierten<br />

Kennwerte im Hinblick auf ihre "absolute" qualitative Einordnung gegeben werden.<br />

Jede qualitative Beurteilung ist aber stets zielabhängig (vgl. Kapitel 3.2.).<br />

Diese Beurteilung ist nicht auf die Kennwerte einzelner Stichprobepunkte sondern<br />

auf einigermaßen homogene Gebiete von mindestens 100 Hektar Fläche zu beziehen.<br />

Nach Vorliegen von Kennwerten aus weiteren Untersuchungsgebieten können<br />

die Grenzwerte überprüft und nötigenfalls modifiziert werden. Als Beispiel<br />

sind nachstehend die Grenzwerte für die Habitatqualität (HO) angegeben (Tab. 2):<br />

Die HO für Rehwild (ganzjährig, ohne Berücksichtigung einer eventuellen Wildfütterung)<br />

ist gut, wenn im Sommer(So) und Winter(Wi) alle der Einstandskennzahlen<br />

(Feindschutzindex-FSI, Klimaschutzindex-KSI, Wohnraumindex-WRI, Randzonenindex-RZI)<br />

Werte > 40 aufweisen, das Nahrungsangebot (NA) im Sommer<br />

> 30, im Winter ohne Schnee > 20 und im Winter bei 30 cm Schnee > 10, der


252<br />

Beunruhigungsindex(BUI) im Sommer und Winter > 40, der Geländeindex(GLI)<br />

>40 und der Umgebung/Biotopänderungsindex(UGI) >40 sind (alle genannten<br />

Kriterien müssen gleichzeitig erfüllt sein).<br />

Die HO ist sehr gut, wenn im So und Wi alle der Einstandskennzahlen Werte > 60<br />

aufweisen, das NA im So > 40, im Wi ohne Schnee > 30 und im Wi bei 30 cm<br />

Schnee > 20, der BUI im So und Wi > 60, GU > 60 und der UGI-Biotopänderung<br />

> 60 sind; eine für Rehe sehr gute HO - aber auch eine hohe Wildschadendisposition<br />

des Waldes - entsteht relativ leicht bei kleinflächigem Kahlschlagbetrieb mit<br />

vorwiegend wintergrünen Baumarten.<br />

Ta belle 2: Vorläufige Grenzwerte für die "absolute" qualitative Einstufung von<br />

Kennzahlen der Habitatqualität (Abkürzungen im Text).<br />

Table 2: Preliminary limiting values for "absolute " qualitative ra ting of habitat<br />

indexes (roe deer).<br />

Kennzahlen<br />

Habitaqualität für Rehe<br />

gut sehr gut<br />

FSI > 40 > 60<br />

KSI > 40 > 60<br />

WRI > 40 > 60<br />

RZI > 40 > 60<br />

NAs > 30 > 40<br />

NAwos > 20 > 30<br />

NAw30 > 10 > 20<br />

BUI > 40 > 60<br />

GLI > 40 > 60<br />

UGI/Biotopänderung > 40 > 60<br />

Waldbauliche Betriebsform Kleinflächiger Kahlschlagbetrieb<br />

mit wintergrünen Baumarten


VerjungungSilOtwendige Waldfläche mit nicht ausreichender<br />

Verjüngung in % der gesamten Waldfläche<br />

ANR wfth deficient regeneration (DR) in % ol FA<br />

111 Ve�üngung fehlend i!l!Verjüngung mangelhaft<br />

Verjüngungsnotw. Waldfläche mil nicht ausreichender V�üngung<br />

und Schelenwild als HemmfaktOr in % der gesamten Waldfläche<br />

ANR with DR and deer as an obstruction (00) in % of FA<br />

253<br />

VerjiinQungsootwendige Waidfläche in % der gesamten Waldfläche<br />

Area necessary to reganerate (ANR) in % ol whole lolesl area (FA)<br />

Verjüngungsnotwendige Waldfläche mit nicht ausreichender<br />

Ve�üngung in % der v�üngungsnotwendigen Waldfläche<br />

ANR with DR in % ot ANR<br />

100 ,--- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -,<br />

I Regeneration absent !l! Regeneration deficient<br />

(but not absent)<br />

Verjüngungsnotw. Waldfläche mil nicht ausreichender Verjüngung<br />

und Schalenwild als Hemmfaktor in % der verj.notw. Waldfläche<br />

ANR wilh DR and 00 in % ol ANR<br />

Abbildung 3: Vergleich von Kennwerten der Waldverjüngung aus Gebieten mit<br />

überwiegend Naturverjüngung.<br />

Fig ure 3: Camparisan af farest regeneratian in dexes fram different forest regians<br />

in central Eurape with predominating natural regeneratian.


254<br />

4.4 Wildschadenvergleich mit anderen Untersuchungsgebieten<br />

Die maximale Ausdehnung der Fläche mit aktuellen Wildschäden an der Verjüngung<br />

entspricht der aktuell verjüngungsnotwendigen Waldfläche. Der Flächenanteil<br />

der verjüngungsnotwendigen Waldfläche an der Gesamtwaldfläche hängt<br />

stark von der waldbauliehen Betriebsform ab und ist in der Regel bei Kahlschlagbetrieb<br />

erheblich geringer als bei Naturverjüngungsbetrieb. Dadurch kann bei<br />

Naturverjüngung ein größerer Waldflächenanteil mit aktuellen Wildschäden an der<br />

Waldverjüngung auftreten. Die Schadensintensität ist allerdings bei Naturverjüngung<br />

oft wesentlich geringer als bei Kahlschlagaufforstung (Reimoser u. Zandl,<br />

1993). So konnte z.B. in Schöneben an der sich stammzahlreich (im " Ü berfluß")<br />

auf großer Fläche natürlich verjüngenden Fichte trotz Verbiß praktisch kein<br />

Schaden festgestellt werden, da genügend unverbissene Jungfichten für die weitere<br />

Waldentwicklung übrig bleiben. Wildschaden entsteht hier lediglich durch den<br />

starken Verbiß der relativ spärlicher vertretenen und verbißbeliebten Mischbaumarten<br />

Tanne und Laubholz.<br />

Im Vergleich mit den Verjüngungs-Kenndaten anderer Gebirgsbetriebe mit überwiegend<br />

Naturverjüngungsverfahren (Onderscheka u. Reimoser, 1988;<br />

Onderscheka et al., 1989; 1990) weist die Wildschadensfläche in Schöneben<br />

einen unterdurchschnittlich großen Anteil auf (vgl. Abbildung 3). Verjüngungsnotwendige<br />

Waldflächen mit sehr hoher Schadensintensität ("fehlende Verjüngung")<br />

kommen in Schöneben nicht vor, während sie in den anderen Gebieten - ohne Differenzierung<br />

nach Hemmfaktoren - erhebliche Flächenanteile einnehmen (v.a. im<br />

Schutzwaldbereich). ln den drei Vergleichsgebieten kommen Rot-, Gams- und<br />

Rehwild vor (Hochgebirge mit hohem Schutzwaldanteil), in Schöneben (Mittelgebirgscharakter,<br />

kaum Schutzwald) Rehwild und selten Rotwild.<br />

Nach der allgemeinen qualitativen Grobskalierung (Reimoser u. Zandl, 1993) sind<br />

die Verbißschäden im Fürstentum Liechtenstein (85% der verjüngungsnotwendigen<br />

Waldfläche wildbedingt nicht ausreichend verjüngt) als "sehr hoch" und<br />

in Nenzing/Vorarlberg (74%) bzw. im Schweizer Rätikonbereich (66%) als "hoch"<br />

(nahe der Grenze zu "sehr hoch") einzustufen; in Schöneben (59%) liegt der Verbißschaden<br />

ebenfalls im Bereich "hoch" (Bereich bis 50% entspricht "geringer bis<br />

mäßiger" Schaden, 51% bis 80% "hoher" und über 80% "sehr hoher" Schaden).<br />

4. 5 Übertragbarkeit der Ergebnisse<br />

Die Ergebnisse und Maßnahmenvorschläge sind im wesentlichen gut übertragbar<br />

auf Gebiete mit Verbißproblemen durch Rehwild im nördlichen Mühtviertel<br />

(Böhmerwald), insbesondere auf Gebiete mit einer Bewaldung auf über 60% der<br />

Fläche, überwiegend natürlicher Waldverjüngung und ohne nennenswerte Wildschäden<br />

durch Rotwild.


5 LITERATUR<br />

255<br />

FÜHRER E., 1990: Forschungsprogramm 1990-1 994 (FIW II) Projektantrag. lnst. Forstentomologie<br />

und Forstschutz, Univ. Bodenkultur Wien.<br />

GOSSOW H., F. REIMOSER, 1985: Anmerkungen zum Zielkonflikt Wald - Wild - Weide - Tourismus.<br />

Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen 1 36 (11): 913-929.<br />

ONDERSCHEKA K., F. REIMOSER, 1988: Integrale Schalenwildbewirtschaftung in der Agrargemeinschaft<br />

Nenzing. Wildökologische Grundlagenstudie, Forschungsinst. Wildtierkunde und<br />

Ökologie, Vet.Med. Univ., Wien, 137.<br />

ONDERSCHEKA K., F. REIMOSER, F. TATARUCH, T. STEINECK, E. KLANSEK, F. VOELK, R. WIL­<br />

LING u. J. ZANDL, 1989: Integrale Schalenwildbewirtschaftung im Fürstentum liechtenstein<br />

unter besonderer Berücksichtigung landschaftsökologischer Zusammenhänge. Naturkundliche<br />

Forschung im Fürstentum Liechtenstein, Vaduz, Bd. 11, 265.<br />

ONDERSCHEKA K., F. REIMOSER, F. VOELK, F. TATARUCH, T. STEINECK, E. KLANSEK, I.<br />

VAVRA, R. WILLING u. J. ZANDL, 1990: Integrale Schalenwildhege im Rätikon (Herrschaft­<br />

Prättigau/Graubünden) unter besonderer Berücksichtigung der Walderhaltung. Grundlagenstudie<br />

i. Auftr. d. Regierung d. Kantons Graubünden, Chur, 366 ( + Anhang).<br />

REIMOSER F., 1986a: Wechselwirkungen zwischen Waldstruktur, Rehwildverteilung und Rehwildbejagbarkeit<br />

in Abhängigkeit von der waldbauliehen Betriebsform. Oiss., Univ. Bodenkultur<br />

Wien, VWGÖ, Wien, Bd. 28, 319.<br />

REIMOSER F., 1986b: Wild- und Waldsterben. Internationaler Holzmarkt 77 (19): 1- 6.<br />

REIMOSER F. u. J. ZANDL, 1993: Methodisches Grundkonzept für ein Expertensystem "Wildökologie-Waldverjüngung•,<br />

Anwendungsbeispiel FIW II - Fallstudie 1 (Schöneben/Oberösterreich).<br />

FIW-Forschungsber. 1993/4, ÖGWEB, Univ. Bodenkultur Wien, 104.<br />

STERBA H., M. MOSER, A. GÄRTNER, G. GLATZEL, K. KATZENSTEINER, E. FÜHRER, D. GRILL,<br />

E. STABENTHEINER, H. HAGER, M. WILLINGER, F. REIMOSER u. H. GOSSOW, 1993: Waldbewirtschaftungskonzepte<br />

in stark belasteten Waldgebieten des Mühlviertels, wissenschaftliche<br />

Koordination. Abschlußbericht Fallstudie 1 der FIW Ii (Projektteil: Koordination), lnst.<br />

Waldwachstumsforsch., Univ. Bodenkultur Wien, 49.


256


257<br />

SENSIBIUTÄTSANAl YSEN EINES EXPERTENSYSTEMS<br />

ZUR BESTANDESBEHANDlUNG<br />

SENS/8/LITY ANAL YSES OF AN EXPER TSYS TEM<br />

TO DETERMINE STAND TREA TMEN TS<br />

Otto ECKMÜllNER und Martin MOSER<br />

Institut für Waldwachstumsforschung, Universität für Bodenkultur Wien,<br />

Peter Jordanstraße 70, A - 1190 Wien<br />

SUMMARY<br />

After introducing the case study Schlägl including possib!e stand treatments the sense and objective<br />

of sensibility analyses for determining a practical working programme is exp!ained.<br />

The success of developed strategies depends on a clear formulated goal and the accuracy of the<br />

used input variables. For practical purposes the loca! distribution of treatments is important.<br />

Local sensibility analyses can be used either for determining the consequences of decisions or for a<br />

ranking in the urgencies. Consequently treatment areas with similar strategies can be selected and<br />

the financial and technical need for particular areas is predictible. Furthermore these sensibility<br />

analyses provide information concerning the necessarity and the Ievei of success about sceduled<br />

strategies.<br />

Finally three examples of possible decision criterias are presented. The first example showes possible<br />

problems for different kinds of fertilization and the related pH-value as a used variable for<br />

selecting stand treatments. Then that the sensibility of interactions between humus thickness and<br />

soil preparation is not appropriate for general recommandations because of the great impact of<br />

unpredictable local influences to the result. The final example - stand density versus thinning<br />

treatment - shows a stabile behaviour and is therefore suitable for determining the urgency of<br />

thinning treatments.<br />

KEYWORDS: Sensibilityanalyses, expertsystem, standtreatment.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Nach einer Vorstellung des Maßnahmenkataloges zur Bestandesbehandlung im Rahmen der Fallstudie<br />

Schlägl werden Sinnhaftigkeit und Prämissen für eine Sensibilitätsanalyse dargelegt.<br />

Neben Unsicherheiten in der Fragestellung, Bestimmungsgenauigkeiten von Eingangsvariablen und<br />

der Trefferwahrscheinlichkeit der daraus abgeleiteten Maßnahme kommt der räumlichen Verteilung<br />

für die konkrete, praktische Durchführung der Maßnahmen eine wesentliche Bedeutung zu. Die<br />

räumliche Sensibilitätsanalyse von Entscheidungskonsequenzen kann einerseits zur Festlegung von<br />

Dringlichkeiten dienen, andererseits aber auch zur Herleitung von Behandlungsblöcken, also Gebieten,<br />

die als Einheit einer Behandlung unterzogen werden und damit zu Planungszwecken verwendet<br />

werden.<br />

Letztlich relativieren solche Analysen aber auch die Notwendigkeit von Maßnahmen bezüglich der<br />

die Machbarkeitsfrage, sei dies nun aus finanziellen, organisatorischen, technischen oder anderen<br />

Gründen, so auch aus Dimensionsgründen: sind Maßnahmen nur auf einer sehr kleinen Fläche<br />

notwendig, stellt sich im Sinne einer Vielfaltserhaltung oder Rationalität aber die Frage, ob die<br />

Maßnahme wirklich durchzuführen ist. Sind hingegen Maßnahmen auf sehr großen Flächen notwendig,<br />

so bekommen ökonomische Fragen eine hohe Bedeutung, seien diese nun betriebs- oder<br />

volkswirtschaftlicher Natur.<br />

Beispielhaft wird dies an drei Entscheidungskriterien dargestellt. Anhand der Veränderung jenes pH­<br />

Wertes, unter dem Grobkalkung und Volldüngung bzw. Slow-Release-Düngung empfohlen wird,<br />

wird ein Beispiel für sehr große Sensibilität und räumlich starken Klumpungen, die sich aus der Herleitung<br />

des pH-Wertes aus den topographischen Einheiten erklären, aufgezeigt. Das zweite Beispiel,<br />

Humusmächtigkeit - Bodenverwundung, zeigt sensibles Verhalten und zufällige räumliche Vertei-<br />

Forstliche Schriftenreihe, Universität für Bodenkultur Wien, Bd. 7, 1994.<br />

6GWEB (6sterr. Ges. f. Waldökosystemforschung und experimentelle Baumforschung) ISBN 3-900865-06-X.


258<br />

lung, die soweit reicht, daß diese Maßnahme nicht einmal für ganze Bestände empfohlen werden<br />

kann, sondern kleinflächigst entschieden werden müßte. Das letzte Beispiel, Bestandesdichte -<br />

Durchforstung, zeigt weitgehend unsensibles Verhalten, ist jedoch gut geeignet, die Dringlichkeit<br />

von Durchforstungsmaßnahmen aufzuzeigen.<br />

STICHWÖRTER: Sensibilitätsanalyse, Expertensystem, Bestandesbehandlung.<br />

1 EINLEITUNG<br />

Für das nördliche Mühlviertel wurde im Rahmen dieser Fallstudie ein Katalog an<br />

Waldsanierungsmaßnahmen entwickelt. Unter verschiedenen Prämissen (Maßnahmen<br />

zur Hintanhaltung von Schäden durch das Schalenwild, "saubere Waldwirtschaft"<br />

zur Vorbeugung gegen Borkenkäfergradationen, Berücksichtigung der zu<br />

schützenden Moore etc.) wird mittels eines Flußdiagrammes die Angemessenheit<br />

von Waldsanierungsmaßnahmen ermittelt. Der Maßnahmenkatalog reicht von<br />

Durchforstung, über Entwässerung, Bodenverwundung, Einbringung von Laubhölzern<br />

bis zur Grobkalkung mit Volldüngung beziehungsweise Slow-Release-Düngung.<br />

Das Flußdiagramm (im Sinne eines Bestimmungsschlüssel) zur Ermittlung der<br />

Angemessenheit von Waldsanierungsmaßnahmen auf konkreten Flächen des<br />

nördlichen Mühlviertels ist in der Abbildung 1 dargestellt. Dabei sind die Entscheidungskriterien<br />

normal und die Maßnahmen fett und unterstrichen dargestellt. Jene<br />

drei Kriterien, die in der Folge als Beispiele für eine Sensibilitätsanalyse herangezogen<br />

werden, sind grau hinterlegt. Es handelt sich dabei um die Bestandesdichte<br />

(ab der eine Durchforstung erfolgen soll), um die Mächtigkeit der Rohhumusdecke<br />

(ab der Bodenverwundung erforderlich ist) und um den Grenz-pH-Wert (unter<br />

welchem Bodensanierung - Düngung erfolgen soll, soferne die Baumart Buche in<br />

der Zielbestockung aufscheint) . Alle anderen Entscheidungskriterien bleiben in diesen<br />

Beispielen unverändert. Eine genaue Beschreibung des Flußdiagrammes und<br />

der dazugehörigen Rahmenbedingungen bzw. für das ganze Revier durchzuführenden<br />

Maßnahmen zeigt Sterba (1993).<br />

2 GRUNDSÄTZLICHE Ü BERlEGUNGEN ZUR SENSIBI UTÄTSANAl YSE<br />

Unter Sensibilitätsanalyse versteht man die Quantifizierung von Veränderungen in<br />

komplexen Systemen, die durch Änderungen einzelner Systemgrößen verursacht<br />

werden. Solche Analysen sind unter folgenden Aspekten sinnvoll und notwendig:<br />

* Exaktheit der Abfrage:<br />

z. B.: Die Verjüngungsnotwendigkeit ist gegeben, wenn das Alter des Bestandes<br />

größer als 80 Jahre ist, hiebei handelt es sich um eine exakte Abfrage.<br />

Weniger exakt ist hingegen: Die Verjüngungsnotwendigkeit ist gegeben, wenn<br />

das Alter größer als 80-1 00 Jahre ist.


259<br />

Verjüngungsnotwendigkeit<br />

gegeben �<br />

9<br />

sekundärer<br />

Durc hforstung.<br />

Anmoorboden ?<br />

Düngung ---+<br />

frühestens<br />

5 Jahre später!� + Ja ne1n<br />

Nachziehen<br />

E<br />

"";;: ::<br />

.. W pH < 4.2?<br />

� (olo)<br />

:•�g •-<br />

Buche Ziel-in ·<br />

�Mg < 3%?<br />

·�?<br />

Bestand würdig,düngungsjüngung in od. spätestens Ver­<br />

20 Jahren nötig ?<br />

Gründigkeit $<br />

60 cm?<br />

><br />

�robkt �I ein I<br />

un d<br />

Volldiimi"ung !<br />

s ow re ease<br />

D"<br />

ungung ·<br />

I<br />

nein .rn --�<br />

Standortstyp frisch bis )"<br />

Naturverjüngung


egeneration<br />

""'"''' �<br />

_.secondary water<br />

!hinning.<br />

fertilization<br />

•""�"" r::: ::(log�ll' ?<br />

� '-f<br />

W2!ir<br />

d . pH < 4.2?<br />

1tc h es . 1<br />

beeohlo � cf ·�,:��<br />

-��<br />

hmmg<br />

�<br />

full fertilization I<br />

slow release<br />

fertiljzation !<br />

260<br />

"fresh" site class to soil<br />

�<br />

"moist" . . .<br />

1 � scanf1ca!ion .<br />

�<br />

.__<br />

maple in<br />

stocking goal !<br />

beech in<br />

� % ���:j: g<br />

site class soll . depth above<br />

" t" 60cm<br />

?<br />

"moist" 10<br />

bedrock ><br />

"'+<br />

$'<br />

'7111""'"<br />

GQj<br />

�<br />

Calamagrostis r( yes<br />

present and crown s!ow re!ease<br />

natural p�e regeneration ? �I �<br />

�<br />

:���:::::�og<br />

§Oi<br />

single plant protec!ion !<br />

� plantjng. top dressjng<br />

grass remoyal.<br />

single plant protec!ion !<br />

Figure 1.· Flo w-chart to determin e stand treatments.


261<br />

* Bestimmungsgenauigkeit der Eingangsvariable(n):<br />

z.B.: So liegt die Standardabweichung des Alters in einem Bestand bei ± 7 Jahren<br />

nach Sterba ( 1 984) .<br />

* Die Qualität im Sinne einer Treffergenauigkeit der daraus hergeleitenden Maßnahme:<br />

z.B.: So wird eine Verjüngungsnotwendigkeit nicht erst ab dem Alter von<br />

80 Jahren gegeben sein, sondern in jüngeren Beständen mit geringen Bestokkungsgraden<br />

auch schon früher. Andererseits muß die Frage der Verjüngungsnotwendigkeit<br />

sich am Verjüngungszeitraum orientieren.<br />

'<br />

Mittels Diskriminanzanalyse ließ sich für die vorliegende Fallstudie die Frage der<br />

Verjüngungsnotwendigkeit sehr eindeutig (90% richtige Zuordnung) formulieren.<br />

Das Entscheidungsschema ist in Abbildung 2 dargestellt. Da doch immerhin 10%<br />

der Fälle nicht richtig zugeordnet wurden, ergibt sich trotz der exakten Ausformulierung<br />

die Notwendigkeit einer Sensibilitätsanalyse.<br />

1<br />

BG > 0,6 BG < 0,6<br />

BG : Bestockungsgrad - degree of stocking<br />

Abbildung 2: Entscheidungsschema zur Festlegung der Verjüngungsnotwendigkeit.<br />

Figure 2: Decisionscheme to de termin e regeneration necessarity.<br />

Vor allem bei räumlich zuordenbaren Größen gewinnt die Sensibilitätsanalyse eine<br />

weitere Di mension. So lassen sich neben quantitativen und qualitativen Sensibilitätsanalysen,<br />

die zur Abschätzung der Größe bzw. der Art der Veränderung<br />

geeignet sind , auch solche über die räumliche Verteilung durchführen. Die Einbe-


262<br />

ziehung der räumlichen Verteilung hat für die praktische Beurteilungen folgende<br />

Konsequenzen:<br />

* Weist die räumliche Sensibilitätsanalyse auf eine mehr oder weniger zufällige<br />

Verteilung hin, so bedeuted das, daß die empfohlene Maßnahmen individuell<br />

für jede Teilfläche vor Ort entschieden werden.<br />

* Kommt es hingegen zu Klumpungen, so stellt sich folglich nicht mehr die Frage,<br />

wo diese Maßnahme zu setzen ist, sondern vielmehr wie stark oder mit welcher<br />

Dringlichkeit sie zu erfolgen hat.<br />

Um der Frage der räumlichen Verteilung nachzugehen, wurden zuerst geographische<br />

Informationssysteme (GIS) eingesetzt. Da sich aber seflr schnell herausstellte,<br />

daß diese Vorgangsweise zeitaufwendig und recht mühsam ist, wurde von<br />

Moser u. Eckmüllner (1993) ein Programm für diese Fallstudie entwickelt,<br />

welches sehr schnell und effizient auch sehr komplexe Sensibilitätsanalysen<br />

ermöglicht.<br />

3 BEISPIELE VON SENSIBI UTÄTSANAl YSEN ZUR FIW-FAllSTUDIE 1<br />

Im Folgenden soll an drei einfachen Beispielen die Ergebnisse von Sensibilitätsanalysen<br />

vorgestellt werden. Dabei wird jeweils nur eine Entscheidung untersucht.<br />

1. Beispiel: Änderung des Grenz-pH-Wertes, bei dessen Unterschreitung entweder<br />

Grobkalkung und Volldüngung oder in Abhängigkeit von der Gründigkeit Slow­<br />

Release-Düngung empfohlen wird .<br />

ln der Abbild ung 3 ist der Prozentsatz der zu behandelnden Fläche, bezogen auf<br />

die potentielle Fläche, also jene Fläche, auf der alle anderen Voraussetzungen<br />

(Verjüngungsnotwendigkeit, Buche in der Zielbestockung, usw.) erfüllt sind,<br />

dargestellt.<br />

Die quantitative Analyse zeigt eine sehr starke Reaktion auf Änderung des GrenzpH-Wertes.<br />

Betrachtet man die Art der Veränderung, so gelangt man zu dem<br />

Schluß, daß es sich um eine extrem sensible Variable handelt: eine Änderung des<br />

Grenz-pH-Wertes von 3,9 auf 4,4 verändert den betroffenen Flächenanteil von<br />

10% auf rund 90%. Betrachtet man die räumliche Verteilung, so zeigt sich auch<br />

eine ganz eindeutige, flächige Konzentration {Abb. 4). Der schrittweisen Änderung<br />

des Grenz-pH-Wertes entsprechen abgrenzbare Gebiete.<br />

Die praktische Bedeutung dieser Klumpungen findet man in der Möglichkeit,<br />

Düngemaßnahmen großflächig durchzuführen, also z. B. vom Flugzeug aus.<br />

Gegen diese Vorgangsweise sprechen aber zwei Gründe: einerseits ist bei Düngemitteleinsatz<br />

die Nitratauswaschung in das Grundwasser zu beachten. Dies stellt<br />

den großflächigen Einsatz mehr als nur in Frage. Andererseits muß der Frage der<br />

Bestimmungsgena uigkeit des pH-Wertes nachgegangen werden.


263<br />

% der möglichen Fläche % of potential ares<br />

100r--- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --�<br />

4,4 4,3 4,2<br />

pH-Wert<br />

pH- Va/ue<br />

Abbildung 3: Prozent der in Frage kommenden Fläche.<br />

Figure 3: Percent of potential area.<br />

4,1<br />

4,0 3,9<br />

Dies ist in diesem Fall wiederum recht einfach, da der pH-Wert nicht auf den einzelnen<br />

Probepunkten erhoben wurde, sondern nach Formeln von Katzensteiner<br />

(1992) über die topographischen Einheiten berechnet werden. Die pH-Wert-Verteilung<br />

ist in der Abbildung 5 dargestellt.<br />

Da die Reststreuung um diese Regression noch relativ groß ist, kann ein solches<br />

Ergebnis eher nur zur Festlegung der wichtigsten Gebiete dienen, wo ein Einsatz<br />

von Düngemitte ln zur Bodensanierung und zur Erreichung des Bestockungszieles<br />

besonders wahrscheinlich notwendig sein wird . Die letztendliche Entscheidung<br />

jedoch muß vor Ort getroffen werden.<br />

2. Beispiel: Humusmächtigkeit, ab der Bodenverwundung zur Erzielung von Verjüngung<br />

notwendig wird .<br />

ln den Abbildungen 6 und 7 ist der Prozentsatz der zu behandelnden Fläche,<br />

bezogen auf die potentielle Fläche, sowie die räumliche Verteilung dargestellt. Die<br />

quantitative Analyse zeigt hohe Sensibilität und eine progressive Zunahme der zu<br />

behandelnden Fläche mit abnehmendem Grenzwert für die Humusmächtigkeit. Die<br />

räumliche Verteilung weist auf keine Klumpungen hin. Demnach muß die Entscheid<br />

ung über diese Maßnahme vor Ort getroffen werden. Die Klumpungen sind<br />

sogar so gering, daß diese Maßnahme nicht einmal für ganze Bestände, sondern<br />

in diesem Revier nur kleinstflächig notwendig erscheint.


""'"<br />

""'"<br />

V<br />

:r:<br />

Cl.<br />

Abbildung 4: Verteilung der Probeflächen.<br />

Figure 4: Distrib ution of th e sampling plots.<br />

264<br />

0<br />

""'"<br />

V<br />

:r:<br />

Cl.<br />

N<br />

""'"<br />

V<br />

:r:<br />

Cl.


265<br />

pH = 4,20<br />

:::: :: 4,03<br />

p H = 4,33<br />

Abbildung 5: pH-Wert-Verteilung nach Katzensteiner (1992).<br />

Fig ure 5: Distribution of the pH- values from Ka tzensfeiner (1992).<br />

% der möglichen Fläche \II of potential sres<br />

100,--- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -,<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

>10 cm > 9 cm > 8 cm > 7 cm > 6 cm > 5 cm > 4 cm<br />

Humusmächtigkeit<br />

thickness of the humus layer<br />

Abbildung 6: Prozent der in Frage kommenden Fläche.<br />

Figure 6: Percent of potential area.


4 cm<br />

Abbildung 7: Verteilung der Probeflächen.<br />

Figure 7: Distrib ution of the sampling plots.<br />

3. Beispiel: Durchforstung<br />

266<br />

> 6 cm<br />

Die Dichtedefinition von Pollanschütz et al. ( 1 982) ist exakt definiert mit<br />

N/ha < 20.000/ho. Die Genauigkeiten der Eingangsvariablen betragen für die<br />

Oberhöhe (ho) ± 5% und für die Stammzahl je Hektar {N/ha) aus der Winkelzählprobe<br />

± 20-30%. Wie exakt die Konsequenz (Durchforstungsnotwendigkeit)<br />

daraus herleitbar ist, steht hier angesichts des sehr hohen Anteils an Wipfelbrüchen<br />

und Schneedruckschäden (in den letzten 30 Jahren fielen 45 % des Zuwachses<br />

an Schadholz durch Wind und Schnee an) außer Diskussion.


267<br />

Rein quantitative Beurteilung der Sensibiltät des Pollanschütz-Kriteriums von<br />

20.000/ho: Abbildung 8 zeigt so gut wie keine Änderungen der Fläche bei Änderung<br />

des Kriteriums um +/-10% (18.000/ho bzw. 22.000/ho) . Die Änderung der<br />

Fläche beträgt nur 3-7 %, die Reaktion ist also recht träge oder anders ausgedrückt,<br />

jene Bestände, die zu dicht sind, sind dies sehr deutlich. Selbst die Änderung<br />

um ± 50% ( 1 0.000/ho bzw. 30.000/ho) zieht lediglich eine Änderung von<br />

± 30% der Fläche nach sich.<br />

% der möglichen Flächen % of potential ares<br />

100.--- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -,<br />

0<br />

10000/ho 18000/ho 20000/ho 22000/ho<br />

Stammzahl - Oberhöhen - Relation<br />

tre es per ha - dominant heigh t - rela tio n<br />

Abbildung 8: Prozent der in Frage kommenden Fläche.<br />

Fig ure 8: Percen t of poten tial area.<br />

30000/ho<br />

So ließe sich aus dieser Analyse auf ein relativ stabiles System schließen. Wie<br />

sieht dazu jedoch die räumliche Analyse aus? Aus der Abbildung 9 erkennt man<br />

ziemlich deutlich zwei größere Gebiete, die als solche stabil bleiben, nur die<br />

Fläche innerhalb dieser zwei Gebiete ändert sich - im einen Gebiet kaum, im<br />

zweiten jedoch beträchtlich. Ein drittes größeres Gebiet reagiert hingegen sehr<br />

sensibel auf die Veränderung des Pollanschütz-Kriteriums - bei starker Änderung<br />

des Kriteriums verschwindet dieses Gebiet zur Gänze.<br />

Dies bedeutet, daß die vorher getroffene Aussage relativiert werden muß. Demnach<br />

gibt es einen Teil des Revieres, in dem unbedingt durchforstet werden muß,<br />

weil die Bestände viel zu dicht sind . Ein weiterer Gebietsteil scheint bereits durchforstet<br />

(oder gebrochen) worden zu sein, jedoch sind die Stammzahlen hier<br />

weiterhin zu hoch, während in einem dritten Teil die Stammzahlen offensichtlich


10 000/ho<br />

Abbildung 9: Verteilung der Probeflächen.<br />

Figure 9: Distrib ution of the samp/ing p/ots.<br />

268<br />

30 000/ho<br />

20 000/ho<br />

nicht sehr weit vom Grenzbereich liegen, sich also eine Durchforstungsnotwendigkeit<br />

für die Zukunft abzeichnet.<br />

4 FOlGERUNGEN<br />

Diese Beispiele sollten aufzeigen, daß Sensibilitätsanalysen geeignet sind, quantitativ<br />

wie auch die räumliche Verteilung betreffend Dringlichkeiten für Gebiete<br />

festzulegen, aber auch das Ausmaß, die Notwendigkeit beziehungsweise die<br />

Durchführbarkeit von Maßnahmen zu relativieren.


5 LITERATUR<br />

269<br />

KATZENSTEINER K., 1992: Relationship between decline symptoms, tree nutrition, chemical properties<br />

and general site parameters in the Bohemien Forest (Austria). FIW 11/1, Projektteil<br />

"Waldboden und Baumernährung", Zwischenber. 3, lnst. Waldökol., Univ. Bodenkultur Wien.<br />

MOSER M. u. 0. ECKMÜLLNER, 1993: Beschreibung des Programmes SCHLÄGL - ein Expertensystem<br />

für ein Waldbewirtschaftungskonzept. lnst. Waldwachstumsforsch., Univ. Bodenkultur<br />

Wien.<br />

POLLANSCHÜTZ J., H. ENK u. K. JOHANN, 1982: Auslesedurchforstung in Fichte. Seminarunterlagen<br />

Ottenstein/NÖ.<br />

STERBA H., 1993: Waldbewirtschaftungskonzepte in stark belasteten Gebieten des Böhmerwaldes<br />

- Versuch einer Synopse. Seminarunterlagen Ottenstein/NÖ .<br />

STERBA H., 1984: Methodische Unterschiede zwischen Bestandesinventuren und betrieblichen<br />

Stichprobeninventuren. Berichte Abt. Holzmaßkunde und lnventurfragen, lnst. Waldwachstumsforsch.,<br />

Univ. Bodenkultur Wien 6: 9- 16.


270


271<br />

WAlDBEWIRTSCHAFTUNGSKONZEPTE <strong>FÜR</strong> STARK BELASTETE WAlDGEBIETE<br />

DES MÜHl VIERTELS - SYNOPSE<br />

A <strong>FOR</strong>ESTRY MA NA GEMENT CONCEPT <strong>FOR</strong> HEA VIL Y LOADED <strong>FOR</strong>ESTS<br />

OF THE MÜHL VIERTEL - SYNOPSIS<br />

Hubert STERBA<br />

Institut für Waldwachstumsforschung, Universität für Bodenkultur Wien,<br />

Peter Jordanstraße 70, A -1190 Wien<br />

SUMMARY<br />

The case study concept of the Research Initiative against Forest Dieback !Führer, 19901 intends to<br />

inventory the environmental Ioads, stresses and dangers for a given region and to rate them in<br />

order to develop case specific concepts for the restoration of the forest ecosystems in these<br />

regions. This paper presents the synopsis of the first of these studies where five research teams<br />

had worked in the Austrian part of the Bohemian Massif.<br />

As early as 1983 signs of forest decline (needle Iosses and -yellowing) were observed. The main<br />

forest management concept in this region is one of natural regeneration avoiding clearcuts and frequently<br />

executing single tree harvesting. Therefore the failure of natural regeneration in several<br />

sites turned out to be a serious problern too. Additionally damages from Cephalcia abietis resulted<br />

in !arger gaps in old stands so that damages by winds had to be apprehended. After this the regeneration<br />

of the stands once more will be demanded but endangered by the observed failure of the<br />

natural regeneration.<br />

A screening of the Ioads, stresses and dangers and their underlying causes showed (Fig. 2):<br />

* Among the air pollutants NO x and presumably S0 2 could be excluded from playing an important<br />

role for the damages in this region. Only ozone was observed at a rather high Ievei. The physiological<br />

parameters (pigments and enzymesl of Grill !1 994) were interpreted as reactions to<br />

photo-oxidative processes although Havranek et al. ( 1 989) and many others found that even<br />

much higher ozone concentrations did not affect the photosynthesis of Norway spruce !Picea<br />

abies L. l provided that no interactions with other Ioads (acid rain or S0 2 l occurred.<br />

" Seil acidification and nutrient impoverishment was one of the most important factors affecting<br />

observed phenomena of needle yellowing and -lasses, failure of natural regeneration and even<br />

the Observation of high aluminum concentrations in the water of the surrounding creeks. Seil<br />

acidification is a campeund effect of a bedrock, poor in minerals especially magnesium and calcium,<br />

and of soil development during the holocene, of historical land uses such as litter collection,<br />

grazing in the forests, biernass removal for charcoal production for glass industry, later on<br />

!arge clear cuts followed by no afforestation or one with pure Norway spruce only, and last not<br />

least of the deposition of acids and precursors for acidification by rain, fog and hoar-frost.<br />

Magnesium deficiency is one of the most important reasons for needle yellowing of spruce. The<br />

acidification of soils reduces the rooting depth of spruce, thus increasing the risk of wind throw<br />

which in turn raises the danger of lps typographus outbreak. lt also increases the survival rate<br />

of Cephalcia abietis by injuring its parasite Steinernema kraussei. Probably nutrient deficiencies<br />

of the needles of Norway spruce also increase the dangar of fungi infections, especially by<br />

Sirococcus strobilinus.<br />

* A second, very important factor in the process of forest decline in this part of the Bohemian<br />

Massif is the tree species distribution which deviates strongly from the targets as they were<br />

recommended during the site survey and site mapping procedure in 1965-1 970. While 89% of<br />

the ranger district should have mixed conifer-broad-leaf-tree stands in fact only 46% are<br />

covered by this type of Stands and 46% are pure Norway spruce stands. This is partly due to<br />

former and recent forest management, enforced by soil acidification and partly to too high<br />

population density of roe-deer which in turn changes the tree species distribution in the natural<br />

regeneration by selective browsing. The predominance of pure spruce stands tagether with too<br />

Forstliche Schriftenreihe, Universität für Bodenkultur Wien, Bd. 7, 1994.<br />

6G WEB (6sterr. Ges. f. Waldökosystemforschung und experimentelle Baumforschung) ISBN 3-900865-06-X.


272<br />

high stand densities also increases the risk of snow breakage which in turn will be able to raise<br />

the probability of Pityogenes chalcographus outbreak.<br />

This inventory and risk rating - tagether with the results of several fertilization experiments led to<br />

the following case specific recommendations for a restoration concept:<br />

" To decrease the part of wet deposition within the process of soil acidification and direct air pollution<br />

on tree vitality, political actions to reduce emissions have to be taken. They cannot be<br />

substituted by the following soil amelioration measures because there are no experiences how<br />

Ieng the effects of these different fertilization methods will last under the conditions of further<br />

emissions.<br />

" To keep browsing under control and to enable natural regeneration of other tree species than<br />

Norway spruce the actual culling figures for roe-deer have to be doubled as Ieng until a monitaring<br />

shows that the appropriate species mixture, as it is given in the site specific regeneration<br />

target is able to survive.<br />

" Thinning in too dense young stands will decrease the risk of crown darnage and thus the risk of<br />

Pityogenes chalcographus outbreak. ln old stands where a !arger proportians of the trees show<br />

infections by Sirococcus strobilinus these trees have to be cut and the branches to be burnt .<br />

.. Seil amelioration by fertilization and/or soil preparation shall be done only in stands where natural<br />

regeneration is necessary or where it will be necessary within the next 20 years. lts application<br />

and its recipe (rough or slow release - fertilization) will depend on the site type and its condition<br />

(pH, %Mg as part of exchange capacity), the target regeneration mixture and the soil depth<br />

above bedrock (Fig. 3).<br />

" Sites with heavily acidified top soils, high grass competition in the understory and low crown<br />

coverage of the overstory mostly occur in the higher elevations. There probably single tree planting,<br />

fertilization and protection against browsing will be the only successful method of regeneration<br />

!Fig. 3).<br />

The data of the site mapping, those of the last forest inventory and other information stored in a<br />

GIS were used to estimate the areas where amelioration measures have to be set and to study<br />

their sensibility against changes of the decision criteria as they are given in the decision tree of<br />

figure 3.<br />

KEYWORDS: Forest decline, acidification, needle yellowing, restoration, expert system, multiple<br />

stress diagnosis.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Das Fallstudienkonzept der <strong>FOR</strong>SCHUNGSINITIA TI VE GEGEN DA S WA LDSTERBEN (Führer, 1994)<br />

beabsichtigt für ein jeweils gegebenes Gebiet und einen jeweils typischen Fall, eine multiple Streßund<br />

Belastungsdiagnose vorzunehmen. Darauf aufbauend, sind die diversen Belastungen des Waldökosystems<br />

zu gewichten und zu bewerten und als Folgerung jeweils fallspezifische Sanierungsmaßnahmen<br />

in Form eines Waldbewirtschaftungskonzeptes abzuleiten. Die vorliegende Arbeit stellt<br />

die Synopse der ersten Fallstudie vor, an der fünf Arbeitsgruppen im Österreichischen Teil des Böhmerwaldes<br />

gearbeitet haben.<br />

Schon seit 1983 wurden in diesem Gebiet Vitalitätsminderungen in den Beständen registriert. Da<br />

die meisten Betriebe dieses Raumes als Naturverjüngungsbetriebe gelten, im Betrieb des Stiftes<br />

Schlägl gleichzeitig unter strenger Vermeidung des Kahlschlages ausschließlich Einzelstarnmnutzung<br />

erfolgt, bereitet darüber hinaus das örtliche Ausbleiben der Naturverjüngung größere Sorgen.<br />

Eine Kalamität der Fichtengespinstblattwespe mit Kahlfraß läßt weiters Bestandesauflichtungen<br />

befürchten, die zu Windwürfen führen, nach denen die Naturverjüngung erst recht wieder ein<br />

Problem darstellt.<br />

Eine multiple Streß- und Gefahrendiagnose ergab:<br />

* NO x und wohl auch S0 2 kamen als allgemeine und wesentliche Verursacher der beobachteten<br />

Vitalitätsminderungen (Nadelverluste, Vergilbungen) eher nicht in Frage. Nur Ozon wurde während<br />

der ganzen Beobachtungszeit in relativ hohen Kenzantationen angetroffen. Die von Grill<br />

(1 994) vorgefundenen baumphysiologischen Muster (Pigmente und Enzyme) wurden von den<br />

Autoren als Weiser für photo-oxidative Prozesse an und in den Nadeln interpretiert. Havranek et<br />

al. (1989) und viele andere fanden jedoch, daß selbst bei wesentlich höheren Ozonkonzentrationen<br />

keine negativen Effekte hinsichtlich der Photosynthese der Fichte auftraten, es sei denn,<br />

daß Wechselwirkungen mit anderen Belastungen (saure Niederschläge, S0 2 l bestanden.


273<br />

* Bodenversauerung und daraus folgende Nährstoffverarmung wurde als einer der wichtigsten<br />

Faktoren ausgemacht, der die beobachteten Phänomene der Vitalitätsminderung, des Ausbleibans<br />

der Naturverjüngung und sogar erhöhter Aluminiumkonzentrationen in den umgebenden<br />

Bächen erklärt. Die Reversibilität dieser Merkmale in entsprechenden Düngungsversuchen kann<br />

als entsprechender Nachweis gewertet werden. Diese Bodenversauerung ist ein Summationseffekt<br />

des primär armen Ausgangsmaterials für die Bodenbildung (insbesondere Kalzium und<br />

Magnesium), der weiteren Verarmung im Zuge der holozänen Bodenbildung, der historischen<br />

Landnutzungen wie Streunutzung, Waldweide, Biomassenausträge für die umliegende Glashüt·<br />

tenindustrie, weiterer Austräge durch die Großkahlschläge und die Aufforstung mit reiner Fichte<br />

und nicht zuletzt des Eintrages von Säuren und Säurebildnern. Magnesiummangel ist eine mittlerweile<br />

bekannte Ursache für das Schadbild des Typs "montane Vergilbungen". Im Gefolge der<br />

Bodenversauerung verringert sich auch die potentielle Durchwurzelungstiefe für die Fichte. Das<br />

erhöht wiederum die Windwurfgefährung, die ihrerseits ein erhöhtes Risiko für Buchdruckerkalamitäten<br />

bedeutet. Im Wege einer Vitalitätsminderung des Parasiten Steinernema kraussei auf<br />

der Fichtengespinstblattwespe wird auch das Gradationsrisiko dieses Schadinsekts erhöht.<br />

Vermutlich disponieren Nährstoffmängel in den Nadeln der Fichte auch für deren Befall durch<br />

Sirococcus strobilin us, der dann vom Schadbild des "Fensters" in den Fichtenkronen bis zum<br />

Absterben größerer Kronenteile führen kann.<br />

* Als :zweiter wichtiger Schadfaktor stellte sich die Tatsache heraus, daß die aktuelle Baumartenverteilung<br />

wesentlich von der Zielbestockung, wie sie sich aus dem Standortskartierungsoperat<br />

ergibt, abweicht. Demnach sollten 89% der Fläche mit Nadel-Laub-Mischwäldern bestockt sein.<br />

Tatsächlich sind nur 46% der Fläche so bestockt, 46 weitere Prozent sind dagegen mit Fichtenreinbeständen<br />

bestockt. Dieser Sachverhalt ist auf die Waldbewirtschaftung, verstärkt durch die<br />

Wirkung von Bodenversauerung und selektivem Wildverbiß im Verjüngungsstadium, zurückzuführen.<br />

Jüngere, zu dichte Fichtenreinbestände erhöhen darüber hinaus die Schneebruchgefährdung<br />

und über das dabei anfallende Astmaterial die Gefahr von Kupferstechergradationen.<br />

Dieses Wirkungsgefüge von Belastungen und Gefährdungen ergibt dann zusammen mit den in verschiedenen<br />

Düngungsversuchen gefundenen Erkenntnissen das folgende Sanierungskonzept:<br />

* Die lmmissionsreduktion, die insbesondere in ihrem Beitrag zur Versauerung und Nährstoffverarmung<br />

notwendig ist, kann nur auf politischem Wege sichergestellt werden. Sie kann keineswegs<br />

durch die im Folgenden beschriebenen, waldbauliehen Maßnahmen ersetzt werden, weil<br />

noch zu wenig bekannt ist, wie lange die Wirkung von Sanierungsmaßnahmen unter fortgesetzten<br />

Immissionsbedingungen anhält.<br />

" Zur Hintenhaltung der Wildschäden als Folge des selektiven Verbisses sind die Abschußzahlen<br />

für das Rehwild und die Jagdmethode so zu ändern, bis die Dauerbeobachtung an Kontrollzäunen<br />

zeigt, daß die dem Standort entsprechende Verjüngung zu überleben vermag.<br />

* Durchforstungen in den zu dichten Beständen sollten das Schneebruchrisiko und die Gradationsgefahr<br />

für den Kupferstecher verringern. ln alten Beständen ist durch die Entnahme jener<br />

Bäume, die von Sirococcus strobilinus stark befallen sind, und durch das Verbrennen der Äste<br />

der Gefahr einer bestandesgefährdenden Epidemie vorzubeugen.<br />

" Bodensanierungsmaßnahmen sollten zur Zeit auf jene Bestände beschränkt werden, in denen<br />

Verjüngung zwar notwendig, aber nicht in der entsprechenden Menge und vor allem Zusammensetzung<br />

vorhanden ist. Die Art der Düngungsmaßnahmen muß sich nach dem Standortstyp,<br />

der Zielbestockung, dem Bodenzustand (pH, Mg-Sättigung) und der Gründigkeit richten<br />

(Abb. 3).<br />

" Standorte mit starker oberflächennaher Versauerung, starker Vergrasung unter Beständen stärkerer<br />

Auflichtung sind sinnvollerweise durch Pflanzung, Kopfdüngung und Einzelschutz gegen Verbiß<br />

zu verjüngen.<br />

Mit den Daten der Standortskarte, jenen der letzten Stichprobeninventur und einigen weiteren<br />

Informationen, die im geographischen Informationssystem abgespeichert sind, kann die Fläche, auf<br />

der die jeweiligen Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden müssen, abgeschätzt und hinsichtlich<br />

ihrer Sensibilität gegenüber der Festsetzung der Entscheidungskriterien (Abb. 3) untersucht<br />

werden.<br />

STICHWÖ RTER: Waldniedergang, Versauerung, Nade!vergilbung, Sanierung, Expertensystem, multiple<br />

Streßdiagnose.


1 EINLEITUNG<br />

274<br />

Die Idee und das Konzept der Fallstudien im Rahmen des zweiten Teiles der Forschungsinitiative<br />

gegen das Waldsterben hat Führer ( 1994) bereits vorgestellt. Im<br />

Folgenden soll nunmehr als Ergebnis gemeinsamer Diskussionen, Workshops im<br />

Rahmen der "Blauen Serie" und "Aushandlungen" im Sinne von Kratt (1994) aus<br />

den Ergebnissen der einzelnen Arbeitsgruppen und darüber hinaus insbesondere<br />

auch aus den betrieblichen Erhebungen im Rahmen der letzten forstlichen Stichprobeninventur<br />

1. eine fallspezifische Bewertung der Belastungen und Gefährdungen und<br />

2. ein Waldbewirtschaftungskonzept vorgestellt werden, das dieser fallspezifischen<br />

multiplen Streßdiagnose Rechnung trägt.<br />

2 DIE FAllSPEZI FISCHE BEWERTUNG DER GEFÄHRDUNGEN UND RISKEN<br />

Die Forstbetriebe im Oberösterreichischen Teil des Böhmerwaldes waren die<br />

ersten in Österreich, in denen erhebliche - angeblich neuartige - Waldschäden<br />

beobachtet, als Kronenverlichtungen und Nadelvergilbungen festgestellt und auch<br />

fiskalisch geltend gemacht wurden. Diese Beobachtungen führten einerseits zu<br />

einem Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen, in dem nach Erhebung der<br />

Kronenverlichtungen in Forstbetrieben Bonitätsminderungen in Form von<br />

Abschlägen vom Einheitswert geltend gemacht werden können, und andererseits<br />

zum Beginn des Aufbaus von Maßsystemen für Luftverunreinigungen durch die<br />

Oberösterreichische Landesregierung. Neben dem verstärkten Auftreten von Kronenverlichtungen<br />

und Nadelvergilbungen wurde auch - zumindest örtlich - das<br />

Ausbleiben der Naturverjüngung beklagt und seit 1985 eine Massenvermehrung<br />

der Fichtengespinstblattwespe (Cephalcia abietis l.) festgestellt. Aus den Schäden<br />

durch die Fichtengespinstblattwespe ergaben sich Auflichtungen in den Altbeständen<br />

durch die notwendig gewordene Nutzung stark geschädigter Bäume. ln<br />

der Folge wurden Windwürfe und -brüche befürchtet, die den Aufbau der nächsten<br />

Waldgeneration dringend nötig machten. Die vielfachen, nicht hinreichend<br />

ursächlich geklärten Verjüngungshemmnisse mußten diese notwendig gewordene<br />

Waldverjüngung jedoch als aussichtsloses Beginnen erscheinen lassen.<br />

Die fallspezifische Gefahrenbewertung hatte daher insbesondere unter dem<br />

Gesichtspunkt vorzugehen, daß aus ihr Abhilfemaßnahmen für die Verbesserung<br />

der Situation hinsichtlich der derzeit beobachtbaren Schäden abgeleitet werden<br />

sollten, aber auch hinsichtlich zu erwartender Gefahren, die nicht nur die heutigen<br />

Bestände betreffen.


275<br />

2.1 Die im Untersuchungsgebiet auftretenden Gefahrenmomente<br />

Als Ursachen für solche Gefahren kamen - vorerst ohne Gewichtung - folgende<br />

Tatbestände in Frage:<br />

2.1 .1 Luftschadstoffe im engeren Sinne<br />

Unter diesen dürfte N02 im untersuchten Bereich als eher unbedeutend für Pflanzenschädigungen<br />

einzustufen sein (Stohl u. Kromp-Kolb, 1992). Die Immissionssituation<br />

bezüglich S02 und Staub wies einzelne Episoden kurzfristigerar Grenzwertüberschreitungen<br />

auf, die bis 1990 immer seltener und erst 1991 wieder<br />

häufiger wurden. Der eine im Untersuchungsgebiet vorhandene Bioindikatorpunkt<br />

der Forstlichen Bundesversuchsanstalt weist überdurchschnittlich hohe Schwefelkonzentrationen<br />

auf. Ein auf das ganze Gebiet durchschlagender S02-Einfluß als<br />

wesentlichste Ursache für die vorgefundenen Schadsymptome ließ sich jedoch<br />

auch aufgrund der streßphysiologischen Indikatoren (Grill, 1994) weitgehend ausschließen.<br />

Die Ozonkonzentrationen lagen dagegen die ganze Zeit über im kritischen Bereich.<br />

Diesbezüglich war keine Tendenz zu einem Anstieg oder Abfall der mittleren Konzentrationen<br />

zu erkennen. Auch die von Grill et al. (1992) formulierten physiologischen<br />

Muster werden zumindest an einem Teil der untersuchten Bäume, insbesondere<br />

am Hufberg, als Ausdruck photo-oxidativer Prozesse gewertet. Es ließen<br />

sich wiederholt ähnliche streßphysiologische Reaktionsmuster beobachten, wie<br />

sie in höheren Inversionszonen alpiner Gebiete zu finden sind, und wo eine Beteiligung<br />

oxidativer Komponenten an der Ausbildung von Schadsymptomen mit<br />

großer Wahrscheinlichkeit angenommen wird (Bermadinger et al., 1989; Grill et<br />

al., 1988; Rennenberg u. Reuther, 1991 ). Unterstützt werden diese Befunde<br />

durch Kammerversuche (open top) mit bekannten Schadgaskonzentrationen<br />

(Bermadinger et al., 1990; Mehlhorn et al., 1986). Allerdings waren diese streßphysiologischen<br />

Muster im Untersuchungsgebiet nicht so deutlich wie unter experimentellen<br />

Bedingungen.<br />

2.1.2 Nasse und okkulte Deposition<br />

Die jährlichen Einträge, gemessen unter dem Kronendach, lagen am Standort<br />

Schöneben in einem für mitteleuropäische Verhältnisse eher nur durchschnittlichen<br />

Bereich (Glatze! et al., 1988). Die Karte der S02- und N03-Einträge von<br />

Kovar und Puxbaum (1992) weist entlang des Böhmerwaldrückens ein für Österreichische<br />

Verhältnisse deutliches Maximum auf, das aber im Vergleich mit anderen<br />

europäischen Regionen in seiner absoluten Größe wieder nur in einem durchschnittlichen<br />

Bereich liegt. Allerdings ist ein deutlicher Gradient von den südwestexponierten<br />

luvlagen über die Hochlagenverebnung zu den nordostexponierten<br />

leelagen erkennbar (Glatze! et al., 1988; Katzensteiner, 1992b).


276<br />

Der gleiche Gradient läßt sich auch aus den Bleiakkumulationen in den obersten<br />

Bodenhorizonten als allgemeiner Immissionsindikator im Sinne Katzensteinars<br />

(1992b) ablesen.<br />

2.1 .3 Bodenversauerung im Zuge historischer Landnutzungen<br />

Pflanzen nehmen aus dem Boden weniger anorganische Anionen als Kationen auf.<br />

Jede Ernte von pflanzlicher Biomasse führt daher zu einer Bodenversauerung.<br />

Historische Landnutzungen wie Streunutzung, Waldweide, landwirtschaftliche<br />

Zwischennutzungen nach Brandrodung, Biomassenentzug für Glashütten und Biomassenexport<br />

und Nährstoffauswaschungen im Zuge der Großkahlschlagwirtschaft<br />

führten auf den Standorten des Österreichischen Böhmerwaldes zu Versauerungen,<br />

die mengenmäßig für das Revier Schwarzenberg von Scholl (1993)<br />

geschätzt werden konnten. Eine beginnende Entwicklung zum Besseren durch das<br />

Aufhören von Streunutzung und Waldweide und die Abkehr vom Kahlschlagbetrieb<br />

wurde offensichtlich durch Säureeinträge unterbrochen, und die Wiederbegründung<br />

der Bestände nach Kahlschlag mit reiner Fichte (78% Fichtenanteil im<br />

Revier Sonnenwald) verhinderte darüber hinaus das Nachschaffen von Kationen<br />

aus tiefer gelegenen Horizonten des Mineralbodens.<br />

2.1.4 Primäre Nährstoffarmut und Nährstoffimbalanzen der Böden<br />

Von den wesentlichsten Gesteinskomplexen des Untersuchungsgebietes fallen vor<br />

allem der Eisgarner- und der Sulzberggranit durch besondere Armut an Kalzium<br />

und Magnesium auf. Die holozäne Bodenentwicklung verlief dann auf pariglazial<br />

überprägten, alten Verwitterungsdecken, die arm an leicht verwitterbaren, primären<br />

Silikaten sind . Auf dem stark verfestigten Hanggrundschutt der höher gelegenen<br />

Kammlagen führte Nährstoffaustrag durch Hangwasserzüge zu extremer<br />

Basenverarmung und damit also schon primär, d.h. unabhängig von anthropogenen<br />

Eingriffen, zu sehr sauren Böden. Das ist vor allem in Hinblick auf die zusätzliche<br />

Versauerung infolge historischer Landnutzung und saurer Depositionen zu<br />

sehen (Katzensteiner, 1992b).<br />

2. 1 .5 Wind, Schnee und Eisanhang als Risikofaktoren<br />

Auf all jene Risikofaktoren, die zur Bodenversauerung beitragen, trifft das Schema<br />

der Streßaddition im Sinne von Führer ( 1 990) direkt zu und auf jene Risikofaktoren,<br />

die zu allgemeinen Streßreaktionen in den Bäumen führen (direkte Immission<br />

von Luftschadstoffen), im Wege von Wechselwirkungen und Synergismen. Das<br />

gilt für Windwürfe sowie Schnee- und Eisbrüche nur sehr bedingt.<br />

Eine allgemeine "Schwächung" von Bäumen ist mit deren Schnee- oder Windbruchrisiko<br />

insofern weitgehend unkorreliert, als "Kronenverlichtungen" und "Vergilbungen"<br />

das Bruchrisiko logischerweise nicht erhöhen kö nnen. An die Stelle<br />

der mehr oder minder stetigen Streßaddition tritt das diskrete Ereignis der


277<br />

abrupten Mortalität. Beobachtungen, daß infolge von Kronenverlichtungen auf<br />

dem Umweg über die so verringerte Möglichkeit zur Deposition von Schnee oder<br />

Eisanhang das Schneebruchrisiko vermindert würde, wurden weder durch Uteratu<br />

rangaben belegt, noch konnten aus der Ansprache von Wipfelbrüchen und Kronenverlichtungen<br />

oder aus den abteilungsweisen Schadholznutzungsmengen und<br />

den Kronenverlichtungen der Stichprobeninventur im Untersuchungsgebiet entsprechende<br />

Hinweise gewonnen werden. Im Gegenteil, es wurden offensichtlich<br />

Kronen mit gebrochenem Wipfel im Durchschnitt als stärker verlichtet erachtet.<br />

Ob dies nur ein Effekt der Tatsache ist, daß Bäume, deren Wipfel gebrochen sind,<br />

den Eindruck machen, als hätten sie eine stärker "verlichtete" Krone, oder ob<br />

tatsächlich die Benadelung wipfelgebrochener Bäume geringer ist, kann hier nicht<br />

entschieden werden. Die Möglichkeit, daß Bäume, deren Kronen nur zum Teil<br />

gebrochen wurden, sich danach wieder erholen, mag immerhin bei verlichteten<br />

Kronen etwas geringer sein (Reh, 1989).<br />

Zusammenhänge zwischen Windwurfgefährdung und Durchwu rzelungstiefe sind<br />

dagegen bekannt. Auswirkungen von Bodenversauerung auf die Durchwurzelungstiefe<br />

müßten also zumindest theoretisch auch das Windwurfrisiko erhöhen.<br />

Vo n den untersuchten Waldflächen ist jedoch anzunehmen, daß das Fehlen<br />

tiefer wurzelnder Baumarten (nur mehr 4% Tanne im Revier Sonnenwald) auf<br />

jenen Standorten, auf denen sie das Stützgerüst des Bestandes bilden sollten,<br />

eher die Ursache für ein gegenüber den natürlichen Verhältnissen erhöhtes Windwurfrisiko<br />

darstellt.<br />

Neben den wirtschaftlichen Einbußen, zu denen Windwürfe, -brüche und Schneebzw.<br />

Eisbrüche führen (immerhin fielen im Durchschnitt der letzten 30 Jahre 45%<br />

des Zuwachses als Schadholz an), haben die diesbezüglichen Risken auch<br />

wesentliche Auswirkungen auf die Gefahr von Borkenkäferkalamitäten. Daher war<br />

es wichtig festzustellen, daß sich die Schneebruchhäufigkeit der letzten 30 Jahre<br />

zu 21% durch Standortsfaktoren (insbesondere Seehöhe, topographische Einheit<br />

und Exposition) und zu immerhin ebenfalls 21% aus Bestandesstruktu rmerkmalen<br />

erklären ließ (Willinger, 1993). Letztere sind durch entsprechende Bestandespflege<br />

mittelfristig und durch Baumartenwahl langfristig beeinflußbar. Ungeklärt<br />

bleiben mußte allerdings der Einfluß der sicherlich verschiedenen Fichtenherkünfte,<br />

die im Zuge der Wiederaufforstungen nach der Großkahlschlagphase im<br />

19. Jahrhundert eher wahllos verwendet worden waren (Rachoy, 1971 ). Ein<br />

Zusammenhang zwischen Schneebruch- und Wipfelbruchhäufigkeit einerseits und<br />

den vermutlich genotypischen Kronenformen der Fichte (Kamm-, Bürsten- und<br />

Plattenfichte) andererseits ließ sich allerdings nicht feststellen, und andere Möglichkeiten,<br />

"Herkünfte" zu identifizieren, wurden nicht versucht. Das Windwurfbzw.<br />

-bruchrisiko ließ sich zu 29% aus Standortsfaktoren und nur zu 13% aus<br />

Bestandesmerkmalen erklären. Demgemäß sind hier die Möglichkeiten geringer, im<br />

Rahmen der Waldbewirtschaftung das Risiko zu mindern.


278<br />

Besonders schneebruch- und windwurfgefährdet sind gutwüchsige Bestände in<br />

tieferen Lagen. Bei Windwurf kommen noch nasse/anmoorige Standorte als<br />

besonders gefährdet dazu. Reliefbedingte Gefährdungsunterschiede (Hütte, 1967;<br />

Mitscherlich, 1971) konnten dagegen im Untersuchungsgebiet nicht<br />

nachgewiesen werden.<br />

2.1.6 Wildschäden<br />

Die Schälschäden sind im Untersuchungsgebiet zumindest zur Zeit noch "vernachlässigbar<br />

gering". Insgesamt wurden nur an 0,9% des Vorrates Schälschäden diagnostiziert.<br />

Auch in den am häufigsten geschälten Beständen der 2. und 3. Altersklasse<br />

sind nur 3% des Vorrates geschält (Wohlmacher, 1992).<br />

Wesentlich bedeutender gerade im Zusammenhang mit der Frage von Sanierungsmaßnahmen,<br />

die auf alle Fälle Auswirkungen auf die Baumartenzusammensetzung<br />

haben werden, sind die Schäden durch Wildverbiß. Insgesamt 59% der<br />

Flächen mit gegebener Verjüngungsnotwendigkeit im Untersuchungsgebiet sind<br />

durch Rehwild geschädigt (Reimoser, 1992). Die hier angesprochene Schädigung<br />

besteht hauptsächlich darin, daß die Baumartenmischung in der Naturverjüngung<br />

dem standörtlich definierten Verjüngungsziel, wie es aus der Standortskartierung<br />

des Institutes für Forstliche Standortsforschung (1971) abgeleitet wurde, nicht<br />

entspricht. Wäre als einziges Bestockungsziel reine Fichte gefordert, dann träten<br />

höchstens kleinflächig schalenwildbedingte Schäden an der Naturverjüngung auf.<br />

Die Baumartenzusammensetzung, wie sie in der Standortskartierung definiert<br />

wurde, ist jedoch vor allem auch unter dem Gesichtspunkt der im Forstgesetz<br />

geforderten "Erhaltung der Produktionskraft des Bodens" zu sehen. Wie die Ausführungen<br />

im Zusammenhang mit den historischen Landnutzungen zeigen, trägt<br />

der Mangel an Mischbaumarten zweifelsohne zur derzeitigen Situation der Bodenversauerung<br />

bei.<br />

Als wesentlichste Ursachen für die Schäden an der Waldverjüngung führt Reimoser<br />

( 1 992) an: "Trotz relativ hoher Verbißbelastbarkeit des Gebietes (großflächiges<br />

Nahrungsangebot und stammzahlreiche Naturverjüngungen) existiert ein stark<br />

überhöhter Rehwildbestand. Weitere Ursachen sind Fütterungsfehler, hoher<br />

Besiedlungsanreiz durch die zahlreichen randlinienwirksamen Rückegassen und<br />

Wege und der örtliche Mangel an Samenbäumen der Mischbaumarten."<br />

Das hier Gesagte gilt für den größeren Teil der Tieflagenreviere. ln den Hochlagen<br />

dagegen ist wegen der höheren Schneelage und länger anhaltenden Schneedekkendauer<br />

(natürlicher Schutz der Waldverjüngung durch Schnee, Schnee als<br />

Mobilitätsbehinderung für Schalenwild) sowie z.T auch wegen des bodenbedingt<br />

geringen Äsungsanreizes die Schalenwilddichte bzw. die Verbißbelastung der<br />

Vegetation nicht so hoch. Hier bedürfte es erst dann einer Wildstandsreduzierung,<br />

wenn durch dfe Errichtung von Winterfütterungen Wild in diesen Bereich gelenkt


279<br />

wird (höherer Besiedlungsanreiz) oder die Äsungsqualität im Sommer durch<br />

Bodenmeliorationen verbessert wird.<br />

2. 1. 7 Entomologische und phytopathologische Schadrisken<br />

Die wirtschaftlich wichtigsten Rindenbrüter benötigen als Brutsubstrat unterschiedlich<br />

stark physiologisch geschwächte Bäume (Bayer et al. 1994) . Aufgrund<br />

der beobachteten Kronenverlichtungen und -vergilbungen, die als Ausdruck physiologischer<br />

Schwächung gewertet werden, waren Gradationen mit erhöhter<br />

Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Die dominierenden Arten im Revier Sonnenwald<br />

waren der Buchdrucker und der Kupferstecher (und z.T. der Fichtenbock). Für<br />

beide Borkenkäferarten bieten die standortsklimatischen Verhältnisse der Höhenstufen<br />

des Untersuchungsgebietes die Möglichkeit, in durchschnittlichen Jahren<br />

eine volle Generation und eine teilweise zweite Generation zu absolvieren. Nur in<br />

extrem warmen Jahren vermag der Buchdrucker die zweite Generation zur Gänze<br />

abzuschließen. Damit wird in der Regel eine sprunghafte Massenvermehrung nicht<br />

zu erwarten sein. ln den seltenen Fällen dieser witterungsmäßigen Disposition für<br />

Gradationen ist durch die Schneebruchgefährdung eine standörtliche Abstufung<br />

des Risikos für den Kupferstecherbefall zu erwarten, weil das dabei anfallende<br />

Material mit schwächeren Dimensionen als Brutsubstrat gut geeignet ist. Wegen<br />

seiner weiteren ökologischen Amplitude ist der Kupferstecher in der Verursachung<br />

von Stehendbefall erfolgreicher und kann dann die Bäume für einen nachfolgenden<br />

Buchdruckerbefall konditionieren, für den seinerseits das bei Windwürfen und<br />

-brüchen anfallende stärkere Material als Brutsubstrat besser geeignet ist. Aus<br />

dem Kronenzustand stehender Fichten konnte jedoch bislang kein direkter Hinweis<br />

auf eine verringerte oder erhöhte Abwehrbereitschaft gegenüber dem Buchdrucker<br />

abgelesen werden (Baier u. Führer, 1992). Eine räumliche Abstufung des<br />

Befallsrisikos anhand der Windwurf- und Schneebruchwahrscheinlichkeiten ist<br />

jedoch nur für kurze Zeit von Bedeutung, weil die Borkenkäfer durch ihren hoch<br />

entwickelten Orientierungssinn auch entfernte Brutsubstrate leicht auffinden und<br />

durch ihre Vagilität auch größere Distanzen leicht überwinden können.<br />

Bezüglich der Fichtengespinstblattwespe liegt das Untersuchungsgebiet, das<br />

Revier Sonnenwald, zwischen einem - mittlerweile nicht mehr aktuellen - Gradationsgebiet<br />

im Osten (Streuplatz und Trautwald), in dem ca. 150 ha Fichtenaltbestä<br />

nde stark, z.T. bis zum Kahlfraß befallen waren, und westlich gelegenen Fichtenbeständen<br />

mit deutlich erhöhter Populationsdichte . Zwei Faktoren dürften das<br />

Gradationsrisiko dieses Schadinsekts beeinflussen: einmal die Nahrungsqualität<br />

der Fichtennadeln für die Larven der Gespinstblattwespe und zum anderen der<br />

Boden-pH, der mit dem Parasitierungsvermögen des Parasiten Steinemema kraussei<br />

positiv korreliert ist. Letzterer Zusammenhang ließ sich auch im Düngungsexperiment<br />

reproduzieren, in dem in der gedüngten Variante sowohl der Boden-pH<br />

höher als auch die Parasitierung der Cephalcia - Larven häufiger waren (Fischer u.<br />

Führer, 1990). Demnach wären also vor allem Fichtenalthölzer mit gut nährstoffversorgten<br />

Nadeln und niedrigen Boden-pH-Werten besonders gefährdet. Eine


280<br />

kanonische Korrelationsanalyse mit den Stickstoffgehalten im ersten und vierten<br />

Nadeljahrgang und den Boden pH-Werten auf der einen Seite und allgemeinen<br />

Standortsfaktoren auf der anderen zeigt, daß im Revier Sonnenwald ein solcher<br />

Faktor existiert, der 77% der Gesamtvarianz dieser Merkmale erklärt. Dieser Faktor<br />

ist positiv mit den Nadelstickstoffwerten und negativ mit dem Boden-pH korreliert.<br />

Die Standorte, die besonders hohe Werte dieses Faktors aufweisen, können<br />

als die seichtgründigen Standorte oder Waldmoore auf dem Bärensteinplateau<br />

bzw. auf den höher gelegenen Westabhängen des Bärensteins beschrieben werden.<br />

Deutlich unterdurchschnittliche Werte dieses Faktors und damit vermutlich<br />

geringeres Gradationsrisiko bezüglich der Fichtengespinstblattwespe haben die<br />

Standorte der Tallagen um Sonnenwald, tiefgründige Standorte und solche, auf<br />

denen keine Drahtschmiele (A vene/Ja flexuosa) vorkommt. Für diese kanonische<br />

Korrelationsanalyse wurden die Daten aus den eigentlichen Gradationsgebieten<br />

ausgespart, weil dort die Nährstoffkonzentrationen in den bereits geschädigten<br />

Nadeln vermutlich wenig repräsentativ für den Ernährungszustand der Bäume<br />

wa ren.<br />

Im Zuge eines Screenings der Mikropilze in kranken Kronenteilen konnten bisher<br />

36 verschiedene Arten, in der überwiegenden Anzahl Ascomyceten bzw. deren<br />

Anamorphe sowie Deuteromyceten, gefunden werden. Siro coccus strobilinus<br />

konnte als Verursacher des Absterbens einjähriger Triebe identifiziert werden<br />

(Neumüller, 1992). Mehrjähriger intensiver Befall kann auch zum Absterben von<br />

Ästen und ganzen Kronenteilen führen. Somit hat dieser Mikropilz vermutlich<br />

einen wesentlichen Anteil an jenem Kronenverlichtungstyp, der durch ein "Fenster"<br />

im oberen Kronenteil, aber unterhalb eines weitgehend normal benadelten<br />

Wipfels charakterisiert ist. Berichte über ein epidemisches Auftreten dieses Pilzes,<br />

das "das Zusammenbrechen ganzer Bestände befürchten ließ" , sind aus der Jahrhundertwende<br />

aus dem nahen Bayerischen Wald belegt (Neumüller, 1994). Die<br />

beiden Revierteile, in denen epidemisches Ast- und Zweigsterben beobachtet werden<br />

konnte, sind nach einer Diskriminanzanalyse charakterisiert durch ein Überwiegen<br />

von nicht zu lichten Altbeständen auf staunassen Standorten über Weinsbergar-Granit<br />

oder Schiefergneis ohne darübergelagerte Fließerden.<br />

2.2 Wechselwirkungen zwischen den Gefahrenmomenten<br />

Die folgende Darstellung der Wechselwirkungen zwischen den oben beschriebenen<br />

Gefahrenmomenten im Untersuchungsgebiet (Abb. 1) soll die fallspezifische<br />

Gefahrenbewertung vorbereiten.<br />

Luftschadstoffe im engeren Sinne, insbesondere Ozon und eventuell auch noch<br />

S02, mögen am beobachteten Schadbild örtlich durchaus beteiligt sein. Der physiologische<br />

Befund der Bäume im Düngungsversuch Bärenstein zeigt trotz der<br />

deutlichen Reaktion des Kronenzustandes und des Kreisflächenz uwachses auf die<br />

Düngung nach wie vor jene Muster, die für photo-oxidative Belastung sprechen


281<br />

(Grill et al.,1 992). Allerdings ist bezüglich dieser Parameter der Einfluß der Witterung<br />

von zwei aufeinanderfolgenden Jahren noch so stark, daß die lnterpretierbarkeit<br />

der Ergebnisse noch schwer fällt.<br />

Bezüglich der Photosynthese und der Biomassenzuwächse von Fichte war jedoch<br />

auch nur mit minimalen und von der Genetik auf der Stufe des Klons unterschiedlich<br />

stark abhängigen Effekten von deutlich erhöhten Ozonkonzentrationen<br />

zu rechnen (Havranek et al., 1989; Blank und Lutz, 1990; Thorton et al., 1990 und<br />

Wieser et al., 1991 ). Auch Kohunt et ai. (1990) und Cakmak und Marschner<br />

(1992) berichten, daß entsprechende Effekte nur in Wechselwirkung mit gleichzeitig<br />

sauren Depositionen oder Nährstoffmangel auftreten. Dies ist im Untersuchungsgebiet<br />

ja durchaus der Fall.<br />

Abbildung 1: Die Gefahrenmomente im Untersuchungsgebiet, schematisiert.<br />

Fig ure 1: ln terrelationships between th e dangers in the area of in vestigation.<br />

2.2.1 Der Faktorenkomplex Versauerung<br />

Der Faktorenkomplex "Versauerung" wird gerade im Untersuchungsgebiet ganz<br />

im Sinne des Summationseffektes auf dem Umweg über Ernährungsstörungen an<br />

der Fichte zu einem wesentlichen Auslöser der zu beobachtenden Kronenverlichtungen<br />

und -vergilbungen. "Aufsummiert" werden hier die Effekte des häufig<br />

basenarmen Ausgangssubstrates für die Bodenbildung, der Biomassenausträge im<br />

Zuge historischer Landnutzungen und die Auswirkung der Baumartenzusammensetzung<br />

mit ihrem weit über dem standörtlich Angemessenen liegenden Fichtenanteil<br />

sowie die saure Deposition in ihrer Abhängigkeit von den geomorphologi-


282<br />

sehen Gegebenheiten (Exposition, Neigung, Reliefformen, Seehöhe). Die von<br />

Ulrich (1983) postulierten und von Kazda (1990) auch für das Untersuchungsgebiet<br />

belegten, auf Trockenheit folgenden Entkoppelungen im lonenkreislauf, die zu<br />

Versauerungsschüben führen, scheinen nicht nur mit der üblichen Häufigkeit von<br />

Trockenperioden aufzutreten. ln den 25 Jahren seit der Standortskartierung hat<br />

sich die Häufigkeitsverteilung der Standortstypen deutlich zum Trockeneren verschoben.<br />

Der Anteil des Standortstyps "sehr frisch" hat sich im Revier Sonnenwald<br />

von 13 auf 29% zu lasten der feuchteren Standortstypen mehr als verdoppelt.<br />

Ein wesentlicher Bestandteil dieses Pfades von der Bodenversauerung zu den<br />

Kronenzustandsveränderungen dürfte im dadurch induzierten Magnesiummangel<br />

auf den schon primär an diesem Kation armen Substraten sein. Die zentrale Stellung<br />

dieses Schadfaktors im Untersuchungsgebiet kommt im hohen Anteil von<br />

Flächen mit Böden im Aluminium-Pufferbereich nach Ulrich ( 1985) von pH < 4, 2<br />

(57% des Revieres Sonnenwald) und einem Magnesiumbelag des Austauschers<br />


283<br />

zumindest über Boden-pH und Ernährungszustand der Fichtennadeln beeinflußt<br />

und beeinflußbar zu sein.<br />

� pH < 4,2<br />

-<br />

Mg < 3%<br />

� pH > 4,2<br />

Abbildung 2: Böden mit pH


284<br />

mindestens 20%, auf den anderen ( * *) mindestens 10% betragen. Mit der<br />

Häufigkeit der Standortstypen gewichtet, ergäben sich damit die Baumartenanteile,<br />

die in Tabelle 2 den bei der Stichprobeninventur vorgefundenen Anteilen<br />

(Wohlmacher, 1992) gegenübergestellt sind. Die Baumartenverteilung in den<br />

Altersklassen (Wohlmacher, 1992) zeigt darüber hinaus, daß der noch vorhandene<br />

Tannenanteil fast ausschließlich aus den Altbeständen stammt, in Zukunft also<br />

immer geringer werden wird, und das sonstige Laubholz offensichtlich mit zunehmendem<br />

Alter der Bestände verschwi ndet.<br />

Tabelle 1: "Natürliches" Vorkommen der Baumarten auf den Standortstypen des<br />

Revieres Sonnenwald (Institut für Forst!. Standortsforschung, 1971 ).<br />

Table 1: "Na tural" occurren ce of the tree species for the site types of the ranger<br />

Baum-<br />

arten<br />

tree<br />

dis trict Sonnenwald (Institut für Forstliche Standortsforschung, 1977).<br />

Standortstyp Site typ e<br />

Wald- An- Blockhalden an- sehr<br />

moor moor block-declivities moorig feucht frisch frisch<br />

swamp<br />

vety an- s.fr. frisch<br />

wet moorig vef}l fresh<br />

species wet fresh<br />

Fichte<br />

spruce<br />

Tanne<br />

fir<br />

Buche<br />

beech<br />

wet moist vety fresh<br />

fresh<br />

**** * **** * **** * **** * **** * **** * **** * **** * **** *<br />

**** * **** * ** **** * **** * **** *<br />

**** * **** * ** **** * **** *<br />

sonst. **** **** ****<br />

Laubholz<br />

other<br />

decid.<br />

trees


285<br />

Bei dem Abgehen des Betriebes von der Wirtschaftsform des Altersklassenwaldes<br />

würde das auf lange Sicht auch deren fast gänzliches Verschwinden bedeuten,<br />

wenn nicht Gegenmaßnahmen getroffen werden.<br />

Nun mögen die Unterschiede zwischen "Soll"- und "lst"-Bestockung bezüglich der<br />

Flächenanteile eher undramatisch erscheinen, handelt es sich doch bei allen<br />

Mischbaumarten auch in der "Sollbestockung" um eher geringe Flächenanteile.<br />

Wichtiger als diese über das ganze Revier aufsummierten Baumartenanteile sind<br />

jedoch die "Mischbestandsanteile" im Revier, denn theoretisch könnte die genau<br />

richtige Baumartenverteilung auch durch lauter Reinbestände mit unterschiedlichen<br />

Baumarten erreicht werden.<br />

Ta belle 2: Aktuelle Bestockung und Zielbestockung (Fiächenanteile in %).<br />

Table 2: Actual stocking and stocking goal (b y area %) .<br />

Ziel - aktuelle<br />

goal actual<br />

Baumart Bestockung<br />

tree species stocking<br />

Fichte spruce 68 79<br />

Tanne fir 18 4<br />

Buche beech 9 15<br />

sonst. Laubholz other dec. trees 5 2<br />

Die Tabelle 3 zeigt nun, daß die Probleme tatsächlich in einem dramatisch niedrigen<br />

Anteil von Nadei-Laubholz-Mischbeständen bestehen.<br />

Das Problem besteht also weniger im hohen Fichtenanteil und im geringen Laubholzanteil,<br />

sondern vielmehr im hohen Anteil von Fichten-Reinbeständen auf<br />

Kosten der Nadei-Laubholz-Mischbestände.<br />

Nun ist die Vorstellung der Zielbestockung ja nicht nur eine, die sich aus ästhetischen<br />

oder landschaftspflegerischen Gesichtspunkten ergibt, sondern eine solche,<br />

die sich an der Vorstellung der "Erhaltung der Produktionskraft des Bodens" in<br />

der Formulierung des Forstgesetzes orientiert. Der hohe Fichtenreinbestands­<br />

Anteil ist nicht nur Folge, sondern auch Mitursache der Bodenversauerung einer-


286<br />

seits durch die schlechte Zersetzbarkeit der Nadelstreu und anderseits durch die<br />

geringe Fähigkeit, tiefere Bodenhorizonte zu erschließen und von dort Mineralstoffe<br />

nachzuschaffen. Die Erschließung tieferer Bodenhorizonte durch Mischbaumarten,<br />

insbesondere Ta nne und Bergahorn, könnte auch die Windwurfgefährdung<br />

der Bestände wesentlich vermindern. Immerhin mußten in den letzten<br />

30 Jahren 20% des Zuwachses als Windwurf bzw. -bruchholz geerntet werden.<br />

Der große Windwurf 1957 erbrachte 150.000 fm Schadholz, das ist etwa der<br />

vierfache Jahreshiebsatz. Neben den dadurch entstehenden wirtschaftlichen<br />

Nachteilen durch erhöhte Ernte- und Bringungskosten, Preisverfall auf dem Holzmarkt<br />

und Ausformungsverluste durch hohen Bruchanteil werden auch noch weitere<br />

hohe Kosten dadurch verursacht, daß als Vorbeugung gegenüber Borkenkäfergradationen<br />

das Holz, unabhängig von der sonstigen betrieblichen Planung,<br />

rasch abgeführt werden muß. ln noch größerem Maße gilt dies für die Schneeund<br />

Eisbrüche. Auch ihr Anteil könnte durch eine entsprechend andere Bestokkung<br />

deutlich vermindert werd.en (Sterba u. Fleck, 1990) und damit der nötige<br />

Aufwand für Waldhygiene als Vorbeugung gegenüber KupferstecherbefalL<br />

Tabelle 3: Vergleich der Bestandesmischungstypen zwischen der Zielbestockung<br />

der Standortstypen und der aktuellen Verteilung in Prozent.<br />

Table 3: Th e stand types (b y species mix ture) from the goal of the site mapping<br />

compared with the actual percentages from the forest in ventory.<br />

Zielbestockung<br />

M i schungstyp Mixture type<br />

Fi-Rein- Fi-Ta- Nadel-Laub- Laubholz-<br />

bestände Misch- holz-Misch- Misch-<br />

bestände bestände bestände<br />

pure spruce-fir- conifer- deciduous<br />

spruce mixture decidous tree tree mixtures<br />

mixtures<br />

stocking goal 7 4 89 -<br />

aktuelle Bestockung<br />

actuaf stocking 46 5 46 3<br />

Die Ursachen für den heute hohen Anteil von Fichtenreinbeständen sind sicher<br />

zum größten Teil in den historischen Nutzungen im Zuge der großen Exploitationen<br />

und dann in der Zeit der Großkahlschläge zu suchen; nach diesen wurde ausschließlich<br />

mit Fichte aufgeforstet, und eine Anreicherung mit Tanne und Buche<br />

im Wege der Naturverjüngung fand zum Teil aus Gründen bereits vorhanderer<br />

Bodendegradationen, zum Teil aus lichtökologischen Gründen nicht statt. Daß


287<br />

auch im heutigen Naturverjüngungsbetrieb sich Tanne und Buche viel zu wenig<br />

verjüngen, liegt neben einem Mangel an Samenbäumen in den Altbeständen auch<br />

am sauren Milieu des Oberbodens (vor allem für Buche) und zu einem<br />

beachtlichen Teil aber auch am selektiven Verbiß durch Rehwild.<br />

2.3 Die wichtigsten Schadfaktoren des Untersuchungsgebietes<br />

Zusammenfassend scheinen also die gravierendsten Schadfaktoren im Untersuchungsgebiet<br />

folgende zu sein:<br />

1. Die Bodenversauerung und die durch sie verursachten Ernährungsstörungen<br />

der Fichte. Die Bodenversauerung ist das Ergebnis der Summenwirkung<br />

+ des häufig primär armen (besonders Kalzium und Magnesium) Ausgangsmaterials<br />

für die Bodenbildung,<br />

+ der historischen Landnutzungen und<br />

+ der Depositionen von Säuren und Säurebildnern.<br />

Außer an den entsprechenden Ernährungsstörungen ist die Bodenversauerung<br />

vermutlich auch zu einem gewissen Teil am Gradationsrisiko der Fichtengespinstblattwespe<br />

beteiligt.<br />

2. Die historischen landnutzungen, die auch direkt den hohen rezenten Anteil an<br />

Fichtenreinbeständen verursachten, tragen über diese nochmals zur Bodenversauerung<br />

bei.<br />

3. Hohe Schalenwildpopulationen, die es auf großen Revierteilen unmöglich<br />

machen, die in der Zielbestockung definierte Baumartenmischung im Wege der<br />

Naturverjüngung zu erreichen.<br />

4. Windwürfe und -brüche, die ihrerseits durch die Baumartenzusammensetzung<br />

und im Wege der nur flachgründig möglichen Durchwurzelung auch von den<br />

Bodendegradationen mitverursacht werden. Sie erhöhen außerdem das Gradationsrisiko<br />

für den Buchdrucker.<br />

5. Schnee- und Eisbrüche, die zum einen als Folge der Baumartenzusammensetzung<br />

und möglicherweise ungeeigneter Fichtenherkünfte, zum anderen aufgrund<br />

bestehender Bestandesstrukturen in jüngeren Beständen häufiger auftreten,<br />

als dies nötig wäre. Das bei diesen Schadereignissen anfallende Material<br />

hebt wieder das Risiko für Kupferstechergradationen, die ihrerseits stehende<br />

Bäume für den anschließenden Buchdruckerbefall konditionieren kö nnen.<br />

6. Infektionen durch den Zweigpilz Sirococcus strobilinus, die besonders in dichteren<br />

Altbeständen 9.uf staunassen Standorten epidemisch auftreten und hier<br />

das Absterben von Asten und Kronenteilen verursachen. Diese Primärschäden<br />

ziehen - vor allem wenn sie in der Lichtkrone auftreten - Folgeschäden oder<br />

direkt das Absterben von Bäumen nach sich.<br />

3 DAS FALLSPEZIFISCHE SANIERUNGSKONZEPT<br />

Eine Sanierung dieser Situation hätte einmal bei Maßnahmen zur Verminderung<br />

bzw. Verhinderung der fortschreitenden Bodenversauerung und zum anderen bei<br />

Maßnahmen zur Regelung der Mischbaumartenanteile anzusetzen. Letzteres ist zu


288<br />

einem Teil als Bodensanierungsmaßnahme, zum anderen Teil aber auch als Maßnahme<br />

zur Förderung der Bestandesstabilität gegenüber Wind, Schnee und Eis zu<br />

sehen und damit gleichzeitig zur Minderung des Gradationsrisikos von Rindenbrütern.<br />

Ein Sanierungskonzept ist vorerst am Standortspotential zu orientieren, dann an<br />

der Abweichung des Zustandes von diesem Potential und letztlich an den technischen,<br />

den ökonomischen und sozial verträglichen Möglichkeiten eines Maßnahmenpaketes.<br />

Das Standortspotential des Projektgebietes läßt sich am besten<br />

durch die Standortstypen beschreiben, wie sie im Rahmen der Standortskartierung<br />

1971 ausgeschieden worden waren {Katzensteiner, 1992b). Die Ausscheidung<br />

der Standortstypen orientierte sich hauptsächlich am Wasserhaushalt der<br />

Böden, der Mächtigkeit und dem Grad der hydromorphen Prägung des Humushorizontes,<br />

der Gründigkeit und dem Vorhandensein von Blockhalden.<br />

Die Bedeutung dieser Standortstypen hinsichtlich der Zielbestockung ging schon<br />

aus Tabelle 1 hervor. Darüber hinaus stellen die Standortstypen gemeinsam mit<br />

ihren Degradationsstufen in Wechselwirkung mit der Topographie eine geeignete<br />

Klassifizierung hinsichtlich der Pufferkapazität gegenüber Säuren und Säurebildnern,<br />

vor allem Stickstoffverbindungen dar. Aus diesem Grund schied Katzensteiner<br />

(1992b) auch noch topographische Einheiten aus. Diese topographischen<br />

Einheiten sind durch eine typische Verteilung der Standortstypen und durch das<br />

Auftreten verschiedener Varianten der gleichen Standortstypen {Formulierung: "in<br />

höheren Lagen" in der Typenbeschreibung) charakterisiert. Durch die verschiedene<br />

Exposition bzw. Abgeschirmtheit gegenüber einströmenden Winden charakterisieren<br />

sie aber auch die Eintragssituation und - wie sich nach den Untersuchungen<br />

von Willinger { 1993) ergab - auch die Schneebruch- und Windwurfgefährdung.<br />

Durch die unterschiedliche Siedlungsnähe und historische Zugänglichkeit<br />

könnten in diesen topographischen Einheiten auch unterschiedliche Belastungen<br />

durch historische Nutzungen zum Ausdruck kommen. Jedenfalls kommt ihnen<br />

bezüglich der Einordnung einer Fläche hinsichtlich ihrer Belastbarkeit, hinsichtlich<br />

ihrer Sanierungsnotwendigkeit und -möglichkeit wesentliche Bedeutung zu. Es<br />

ließen sich daher auch die beiden entscheidenden Kriterien, Boden-pH und<br />

Magnesiumsättigung, in Abhängigkeit von diesen beiden Klassifikationsvariablen,<br />

Standortstyp und to pographische Einheit, wie folgt darstellen (Katzensteiner,<br />

1992a).<br />

3.1 Bodensanierung und Behebung der Ernährungsstörungen der Fichte<br />

Die Ergebnisse der bisherigen Sanierungsversuche im Hinblick auf die Bodenversauerung<br />

und die Ernährungsstörungen der Fichte sind bei Katzensteiner ( 1992a;<br />

1992b) und Katzensteiner et al. ( 1 993) insofern zusammengefaßt, als bei der<br />

Revitalisierung bestehender Bestände nicht nur der Erfolg der jeweiligen Düngung<br />

hinsichtlich des Verschwindans der Vergilbung und der positiven Zuwachsreaktion


289<br />

zu berücksichtigen sei. Auch die Folgen der Düngung hinsichtlich der Mineralisierungsraten<br />

und der Bodenmikrobiologie sind zu beachten: So muß zu starke<br />

Nitratmobilisierung überhaupt vermieden werden. Mäßige und kurzfristige Nitratmobilisierung<br />

wäre nur auf tiefgründigen Standorten und außerhalb eines eventuell<br />

vorliegenden Quellschutzgebietes tolerierbar. Es ist daher die Art der Düngung<br />

(Grobkalk und Volldüngung oder "slow-release" - Düngung) auf den Standort<br />

abzustimmen. Darüber hinaus sei Walddüngung nur wenig sinnvoll, wenn keine<br />

begleitenden oder nachfolgenden waldbauliehen Maßnahmen (Beimischung tieferwurzelnder<br />

Baumarten) gesetzt würden, da die Böden unter sekundären Fichtenbeständen<br />

durch den Effekt der versauernd wirkenden Fichtenstreu von oben<br />

her wieder versauern.<br />

Bezüglich des Problemkreises Waldverjüngung kann nach Katzensteiner ( 1992a<br />

und b) wie folgt zusammengefaßt werden:<br />

1. Auf stark vergrasten Flächen (vor allem Calamogrostis villosaJ ist eine Naturverjüngung<br />

nur über lange Zeiträume möglich. Erst eine Grasbekämpfung durch<br />

Bodenbearbeitung ermöglicht ein ausreichendes Sämlingsaufkommen.<br />

2. Biotische Faktoren wie Tierfraß (Schalenwild, Vögel, Mäuse, Rüsselkäfer) sind<br />

in der ersten Phase der Keimung und des Sämlingstadiums stärker schädigend<br />

als ungünstige bodenchemische Verhältnisse.<br />

3. Pflanzung mit Kopf- oder Pflanzlochdüngung und Bekämpfung der Kon kurrenzvegetation<br />

ist auf vergrasten Problemstandorten das rationellste Verjüngungsverfahren.<br />

4. Auf stark versauerten Böden (sekundäre Fichten- und Fichten-Kiefernwälder)<br />

sind Sanierungsmaßnahmen über eine geänderte Baumartengarnitur alleine nur<br />

bedingt möglich, da ohne pH-Wert-Stabilisierung eine Bucheneinbringung nicht<br />

möglich ist.<br />

3.2 Vorbeugung gegen und Verminderung der Wildschäden<br />

Die oben beschriebenen beiden Variablen, Standortstyp und topographische Einheit,<br />

sind also wesentliche diagnostische Merkmale zur Einordnung einer Fläche<br />

hinsichtlich ihrer Zielbestockung und ihrer potentiellen Gefährdung, betreffend<br />

Eintrag, Gefährdung von Quellschüttungen (Gründigkeit ist im Standortstyp enthalten)<br />

und Windwurfrisiko.<br />

Auch für die potentielle Gefährdung durch Wildverbiß sind die Variablen Standortstyp<br />

und topographische Einheit entscheidende diagnostische Merkmale. Allerdings<br />

kommen hier noch wesentliche Merkmale der Waldtextur und -struktur hinzu<br />

(wildökologischer Bestandestyp, Randlinien etc). Außerdem kann die Wirksamkeit<br />

dieser Merkmale durch Maßnahmen der Wildlenkung (Fütterungsstandorte,<br />

Verteilung des Jagddruckes) und touristische Beunruhigung des Wildes stark<br />

überlagert werden. Aus dem Standortstyp ergibt sich das Verjüngungsziel {bei rei-


290<br />

ner Fichte geringe Wildschadensanfälligkeit), aus der Topographie ergibt sich<br />

auch die für die Wildverteilung maßgebliche klimatische Situation des Standortes<br />

(schneereiche Hochplateaulagen sind weniger verbißgefährdet), aus Waldtextur<br />

und -Struktur ergeben sich Wohnraumeignung, Deckungsangebot, vegetationsbedingter<br />

Besiedlungsanreiz und Nahrungsangebot für das Wild (hohe Wildschadensanfälligkeit<br />

bei starkem nahrungsunabhängigen Besiedlungsanreiz und gleichzeitig<br />

geringem Nahrungsangebot). Da die von Reimoser (1992) vorgeschlagenen Maßnahmen<br />

auf größeren Flächen wirksam sind, ist es für eine grobe Einschätzung<br />

der Sanierungsnotwendigkeiten ausreichend, drei Fälle zu unterscheiden:<br />

1. ln den schneereichen Ho .9hlagen mit z.T. auch aufgrund der schlechten Bodenbedingungen<br />

geringem Asungsanreiz im Winter (Calamagrostis vi/losa) bedarf<br />

es dann keiner Wildstandsred uzierung, wenn nicht durch Fütterung für eine zu<br />

hohe Wilddichte gesorgt wurde.<br />

2. Dort, wo Wildbestand und Wildverbiß aufgrund von Fütterungen zu hoch sind,<br />

ist jede Sanierung ohne Zaun oder Auflassen der Fütterung und scharfe Bejagung<br />

sinnlos.<br />

3. Dort, wo aufgrund der aktuellen Gegebenheiten die Schalenwildpopulation zu<br />

hoch ist, müssen die folgenden Maßnahmen gesetzt werden:<br />

* Wirksame Anhebung (anfangs um mindestens 100 %) des Rehwildabschusses<br />

in Form konsequenter lntervallbejagung mit kurzen aber intensiven Bejagungsphasen<br />

* Verhinderung einer weiteren Zunahme des Rotwildes durch scharfe Bejagung<br />

(auch in den Anrainerbetrieben)<br />

* Schaffung von Bejagungsflächen (kleine Wiesen und Wildäcker mit anschliessenden<br />

Bestandesrändern möglichst unters.�hiedlicher Bestandesklassen<br />

auf möglichst früh ausapernden Standorten, Asungsflächen und Schußschneisen)<br />

* Entweder keine oder aber eine bessere, d.h. qualitativ und quantitativ ausreichende<br />

Winterfütterung mit dem Ziel, daß das Rehwild von Standorten abgelenkt<br />

wird, auf denen gerade Verjüngungssanierungsprojekte durchgeführt<br />

werden. Rotwildsichere Einzäunung der Rehwildfütterungen<br />

* Praßholzfällungen im Winter<br />

* Verbißschutz an Mischbaumarten (insbesondere Terminaltrieb der Tanne)<br />

* Nötigenfalls vorübergehend kleinflächige Schutzzäunungen<br />

* Vermehrte Durchforstung und Dickungspflege zur Reduzierung von "überoptimalem"<br />

Deckungsangebot und zur Verbesserung des Nahrungsangebotes<br />

(Verminderung der Wildschadensanfälligkeit)<br />

Dabei sind diese Maßnahmen räumlich und zeitlich mit den Verjüngungs-Sanierungsprojekten<br />

sowie mit den Nachbarrevieren (teils auch jenseits der Staatsgrenze,<br />

soweit dies möglich ist) abzustimmen.<br />

ln Gebieten wie dem Hufberg, wo zur Zeit z.T. auch wegen der geringen Äsungsqualität<br />

keine Schalenwildprobleme bestehen, ist jedoch zu bedenken, daß nach<br />

dem Greifen einer Bodensanierung die niedere Vegetation in einer Art und Weise<br />

reagieren wird , daß ein erhöhter Äsungsanreiz gegeben ist und einer Ü berhöhung<br />

der Schalenwildpopulation deshalb entsprechend vorgebeugt werden muß. Allerdings<br />

wird nach Sicherung der Verjüngung ein höherer Wildstand tragbar sein.


291<br />

3.3 Vorkehrungen gegen phytopathologische und entomologische Risken<br />

Um eine weitere Ausbreitung des Siro coccus - Befalles hintanzuhalten, müßten<br />

stark befallene Bäume entnommen und die abgestorbenen Triebe und Äste vor<br />

der Fruchtkörperbildung des Pilzes sorgfältig vernichtet we rden.<br />

Hinsichtlich der Gefahr von Rindenbrütergradationen nach Windbruch, -wurf,<br />

Schnee- oder Eisbruch sind das derzeit übliche, sorgfältige, rasche und saubere<br />

Aufarbeiten des Schadholzes und die Einrichtung von Fangbäumen die einzigen,<br />

wenn auch vermutlich hinreichenden Vo rbeugungsmaßnahmen.<br />

3.4 Das Gesamtsanierungskonzept<br />

Die folgende Abbildung 3 stellt nun die Überlegungen zur Waldsanierung unter<br />

den folgenden Prämissen zusammen:<br />

1. Die Maßnahmen zur Hifl�anhaltung der Schäden durch Schalenwild sind sofort<br />

in Angriff zu nehmen. Uber ein objektives Monitaring der Wildschäden (Verbißkontrollsystem)<br />

kann bestimmt werden, wa nn jene soweit gegriffen haben,<br />

daß Zäunungen und/oder Einzelschutz an der Verjüngung unterbleiben kann.<br />

2. Die "saubere Waldwirtschaft" zur Vorbeugung von Gradationen nach Schadholzanfällen<br />

durch Wind, Schnee und Eis werden mit der gleichen Sorgfalt wie<br />

bisher vollzogen.<br />

3. Maßnahmen zur Eindämmung des Siro coccus - Befalles sind sofort einzuleiten<br />

und in den Folgejahren konsequent fortzuführen.<br />

4. Die von Dunzendorfer (1974) als "zu schützend" angeführten Moore und deren<br />

hydrologische Einzugsgebiete werden aus der Bewirtschaftung herausgenommen.<br />

ln jenem Bereich, in dem Düngungs-, Bodenbearbeitungs- oder<br />

Entwässerungsmaßnahmen diese Moore beeinflussen würden, sollen daher<br />

auch keine solchen Maßnahmen zur Anwendung kommen.<br />

5. Die Verminderung des beträchtlichen Anteils saurer Depositionen und von Luftschadstoffen<br />

an den Vitalitätsverlusten in den Beständen und an der Bodenversauerung<br />

ist durch emissionsmindernde Maßnahmen auf politischem Wege<br />

sicherzustellen und liegt, gerade weil es sich um Fernemissionen handelt,<br />

außerhalb des direkten Einflußbereiches der betroffenen Forstbetriebe. Da<br />

bezüglich der nötigen Einsatzdauer und des möglichen Wirkungszeitraumes der<br />

im Folgenden beschriebenen Sanierungsmaßnahmen Erfahrungen weitgehend<br />

fehlen, können diese unter keinen Umständen als Ersatz für Emissionsminderungen<br />

verstanden und gefordert werden.<br />

6. Als vorerst nicht sanierungsbed ürftig gelten jene Bestände, in denen eine ausreichende,<br />

d .h. auch hinsichtlich der Baumartenkombination der Zielbestokkung,<br />

bereits entsprechende Naturverjüngung vorhanden ist.


ungung<br />

292<br />

Verjüngungsnotwendigkeit<br />

� gegeben�<br />

r mächtige<br />

sl� ":;"�<br />

Durchforstung. D<br />

�<br />

..<br />

t�<br />

se un arer<br />

frühestens Anmoorboden ?<br />

5 Jahre später! . �<br />

Standortstyp<br />

.. ?� 8 o d sn-<br />

frisch bis<br />

verwundung<br />

fe<br />

ucht<br />

Nachziehen . r<br />

. . .·<br />

·<br />

-�<br />

der<br />

Entwä;.;;runas-<br />

P +<br />

Ja<br />

< · · :u�h�<br />

gr b<br />

ä<br />

be�?<br />

lnpiJ T Ziel- � Mg < 3% ?<br />

� P<br />

t<br />

•.<br />

Mg < 3% ? � Ziel-<br />

�be�ng ?<br />

Bestand<br />

J;"Jf)<br />

düngungswürdig,<br />

od. Ver-<br />

jüngung in spätestens<br />

20 nölig ?<br />

Standort<br />

f euc ht b' IS<br />

naß ?<br />

Cal�!;osHs<br />

.. G run d' 1g k e1 't<br />

> 60 cm ? ·<br />

Ja )J.rJii<br />

Volld�ung !<br />

Dungunq '<br />

(>f<br />

/"""<br />

1 ::obkalkung<br />

und<br />

Naturverjüngung<br />

Volldüngung !<br />

möglich�<br />

+ Ja<br />

Bodenye rwu ndung.<br />

Einzelschutz !<br />

k d''<br />

.. ·. e �<br />

.•. '<br />

H 4 2 ? H 4 2 ? Bergahorn in<br />

.<br />

· � =<br />

Ja<br />

Zielbestockung<br />

- � Buche in<br />

u . Auflichtung slow release<br />

Kunstverjüngyng. Einzel­<br />

düngung oder Flächendüngung<br />

Aussicheln. Einzelschutz !<br />

Abbildung 3: Flußdiagramm zur Ermittlung von Sanierungsmaßnahmen im nördlichen<br />

Mühlviertel.


� necessa1y �<br />

293<br />

regeneration<br />

r thick raw .<br />

�s� humus<br />

�and too ?<br />

thinning.<br />

fertilization secondary water<br />

ealll�:; � rea!S�Iog+lls ?<br />

.<br />

repair<br />

ditches !<br />

go·� r<br />

beech ln �<br />

pH < 4.2 ?<br />

stocking � Mg < 3% ?<br />

fertilization profitable<br />

or natural regeneration<br />

within 20 years<br />

necessary ?<br />

$<br />

soil depth above<br />

bedrock > 60cm<br />

7'�<br />

liming<br />

ä!1.9. d<br />

full fertilization<br />

slow release<br />

t er rr 1 128 r Ion · '<br />

lay�<br />

site class<br />

"fresh" to . .<br />

+ yes<br />

11ffi01St .<br />

•. II �<br />

.<br />

scanftcat!On !<br />

2 ?<br />

soil<br />

maple in<br />

p+ ���::h �:al<br />

:t%<br />

site class<br />

"meist" to<br />

"wet" ?<br />

C$J<br />

Calamagrostis<br />

� �:.tl:g<br />

soil depth above<br />

bedrock > 60cm<br />

present and crown slow release<br />

!ei:•:Fo/llization<br />

natural regeneration<br />

p.=:e ?<br />

�<br />

11<br />

� Tng<br />

and<br />

fu ll fertilization<br />

soll smlficatlon<br />

T single pl ant protection !<br />

pl anting. top dressing<br />

grass re moval.<br />

single pl ant protection !<br />

Figure 3: Decision-tree to determine measures for stand- and soil amelioration in<br />

the northern Mühlviertel.<br />

I


294<br />

· Zuerst wird festgestellt, ob es sich um Bestände handelt, in denen die Notwendigkeit<br />

der Verjüngung besteht. Dies wird in älteren und schon aufgelichteten<br />

Beständen meist der Fall sein. Ist in einem solchen Bestand nicht nur die Notwendigkeit<br />

der Verjüngung gegeben, sondern diese auch schon ausreichend · vorhanden,<br />

dann besteht (siehe oben) derzeit kein Sanierungsbedarf. Ist die Naturverjüngung<br />

nicht oder nicht ausreichend vorhanden, dann ist im Falle einer mächtigen<br />

Rohhumusdecke (Richtwert 10 cm) vorerst eine Bodenverwundung vorzunehmen.<br />

Auf den Standortstypen "frisch" bis "feucht" im Sinne der obigen Beschreibung<br />

ist auf alle Fälle der Bergahorn wegen seiner Fähigkeit, tiefere Bodenhorizonte zu<br />

erschließen, so in die Zielbestockung aufzunehmen, daß der Flächenanteil von<br />

Ahorn und Buche gemeinsam mindestens 30% beträgt. Dann ist zu prüfen, ob<br />

sich der Boden im AI-Pufferbereich befindet (pH


295<br />

gigkeit vom pH-Wert und der Magnesiumsättigung die Notwendigkeit von Bodenmeliorationsmaßnahmen<br />

zu prüfen.<br />

Ob diese Maßnahmen dann allerdings tatsächlich realisiert werden sollen, hängt in<br />

den jüngeren Beständen davon ab, ob sie einer späteren Verjüngung in absehbarer<br />

Zeit (20 Jahre) oder dem Bestand selbst zugute kommen. Letzteres trifft dann<br />

zu, wenn die Schaftqualität des stockenden Bestandes (Schaftgüte, nur geringer<br />

Anteil an Wipfelbrüchen, Schäl-, Ernte- oder Rückeschäden) einen entsprechenden<br />

monetären Wert des vermehrten Velumszuwachses verspricht. Ansonsten<br />

wäre es sinnvoller, die Bodensanierungsmaßnahmen auf die Zeit des Verjüngungsstadiums<br />

zu verschieben.<br />

Aufgrund der im Zuge der Datenqualitätsstudie gefundenen Unsicherheiten<br />

(Maser, 1993) beim Zusammenspielen von Daten unterschiedlicher Herkunft ist<br />

die Darstellung von Flächen hinsichtlich der zu planenden Maßnahmen mittels<br />

geographischer Informationssysteme nur dann einigermaßen sinnvoll, wenn die<br />

Zuordnungsfehler zufällig sind. Es kann also mit solchen Karten nicht die konkrete<br />

Fläche im Gelände aufgesucht werden, um an ihr die Sanierungsmaßnahmen zu<br />

setzen. Wohl aber kann die Verteilung der nötigen Maßnahmen im Revier und der<br />

Umfang der Sanierungsmaßnahmen grob abgeschätzt werden.<br />

Zum Zeichnen solcher Karten müssen auch noch einige der in Abbildung 3 angeführten<br />

Abfragen genauer quantifiziert werden. Gerade diese Quantifizierung hat<br />

auch einen gewissen "gutachterliehen Spielraum". Das Vorgehen kann dazu verwendet<br />

werden, um abzuschätzen, welche Folgen bestimmte Annahmen haben<br />

und welche Genauigkeit den zugrundeliegemden flächenbezogenen Daten hinsichtlich<br />

der Schätzung des Sanierungsumfanges zukommt (Eckmüllner und<br />

Maser, 1994). Solche "gutachterlieh" festgesetzten Grenzen sind etwa schon der<br />

pH von 4,2, die Magnesiumsättigung von 3%, die Gründigkeitsgrenze von 60 cm<br />

oder die Dicke der Rohhumusdecke, ab der eine Bodenverwundung angebracht ist<br />

(10 cm). Ähnliches gilt in dieser Darstellung auch für die die Feststellung der<br />

"Verjüngungsnotwendigkeit" und die Beurteilung, ob die Naturverjüngung "ausreichend<br />

hinsichtlich Stammzahl und Mischung" ist. Die Beurteilung dieser beiden<br />

Fragestellungen wurde nicht flächendeckend im Revier, sondern nur in den vier<br />

von Reimoser ( 1 992) untersuchten Gebieten vorgenommen. Die Umlegung auf<br />

das ganze Revier mußte daher mittels statistischer Verfahren (Diskriminanzanalysen)<br />

mit einer Trefferwahrscheinlichkeit von 70 - 80% geschehen. Ähnliches gilt<br />

für die pH-Werte und die Magnesiumsättigung insofern, als auch diese Werte in<br />

ihrer Umlegung auf die ganze Fläche mittels der hochaggregierten Variablen<br />

"Standortstyp" und "topographische Einheit" mittels der Funktionen von Katzensteiner<br />

(1994) erfolgte.


4 LITERATUR<br />

296<br />

ABETZ P., 1974: Zur Standraumregulierung in Mischbeständen und Auswahl von Zukunftsbäumen.<br />

AFZ 29: 871-873.<br />

BAI ER P. u. E. FÜHRER, 1992: Abschlußbericht zum Projektteil "Biotische Schäden. FIW 11/1, lnst.<br />

Forstentomol., Forstpathol. u. Forstschutz, Univ. Bodenkultur Wien.<br />

BA IER P., S. KIKUTA u. H. LICK, 1994: Heranziehung von Baummerkmalen zur Abschätzung der<br />

Befallsdisposition der Fichte für rindenbrütende Borkenkäfer. Forst. Schriftenr. Univ.<br />

Bodenkultur Wien, ÖGWEB, Bd. 7, 191-207.<br />

BERMADINGER E., D. GRILL u. H. GUTTENBERGER, 1989: Thiole, Ascorbinsäure, Pigmente und<br />

Epikutikularwachse in Fichtennadeln aus dem Höhenprofil "Zillertal". Phyton (Austria) 29(3):<br />

163-185.<br />

BERMADINGER E., H. GUTTENBERGER u. D. GRILL, 1990: Physiology of young Norway spruce.<br />

Environmental Pollution 68: 319-330.<br />

BLANK L.W. and H. LUTZ (Eds.), 1990: Tree exposure experiment in closed chambers. Environmental<br />

Pollution 64 (34): 189-395.<br />

BUTZ I., 1993: Schriftliche Mitteilung.<br />

CAKMAK I. and H. MARSCHNER, 1992: Magnesium deficiency and high light intensity enhance<br />

activities of superoxid dismutase, ascorbate peroxidase, and glutathione reductase in bean<br />

leaves. Plant Physiol. 98: 1222-1227.<br />

DUNZENDORFER W., 1974: Pflanzensoziologie der Wälder und Moore des Oberösterreichischen<br />

Böhmerwaldes. Trauner Verlag, Linz, 110.<br />

ECKMÜLLNER 0., 1988: Zuwachsuntersuchungen an Fichte im Zusammenhang mit neuartigen<br />

Waldschäden. Diss., Univ. Bodenkultur Wien, 129.<br />

ECKMÜLLNER 0. u. M. MOSER, 1994: Sensibilitätsanalyse eines Expertensystems zur Bestandesbehandlung.<br />

Forst. Schriftenr. Univ. Bodenkultur Wien, ÖGWEB, Bd. 7, 257-269.<br />

FISCHER P. and E. FÜHRER, 1990: Effect of soil acidity on the entomophilic nematode<br />

Steinernema kraussei Steiner. Biol. Fertil. Soils 9: 174-1 77.<br />

FÜHRER E., 1990: Forest decline in central Europe: Additional aspects of its cause. For. Ecol.<br />

Manage. 37: 249-257.<br />

FÜHRER E., 1994: Forschungsinitiative gegen das Waldsterben Programm FIW II: Von der Waldschadensforschung<br />

zur Waldökosystem - Sanierungsforschung. Forst. Schriftenr. Univ. Bodenkultur<br />

Wien, ÖGWEB, Bd . 7, 1-10.<br />

GLATZEL G., K. KATZENSTEINER, M. KAZDA, M. KÜHNERT, G. MARKART u. D. STÖHR, 1988:<br />

Eintrag atmosphärischer Spurenstoffe in Österreichische Wälder; Ergebnisse aus vier Jahren<br />

Depositionsmessung. ln: FÜHRER E. u. F. NEUHUBER (Hsg.), FIW-Symposium 1988, Waidsterben<br />

in Österreich, Theorien, Tendenzen, Therapien, 27. u. 28. Okt. 1988, Univ. Bodenkultur<br />

Wien. Bundesminist. Wiss. Forsch., Wien, 60-72.<br />

GRILL D., M. TAUSZ, E. BERMADINGER-STABENTHEINER, M. EDL, M. GAILHOFER, G. HALB­<br />

WACHS, W. HAVRANEK, H. KROMP-KOLB, M. MÜLLER, C. NEMETZ, L. PUCHINGER, W.<br />

RUPPERT, U. SCARDELLI, A. STOHL, K. WAG NER, G, WI ESER, R. WIMMER und G. ZELLNIG,<br />

1994: Die physiologische und biochemische Bioindikation und ihre Anwendung am Beispiel der<br />

Fallstudie Schöneben. Forst. Schriftenr. Univ. Bodenkultur Wien, ÖGWEB, Bd. 7, 123-145.<br />

GRILL D., T. KERN, E. BERMADINGER u. H.J. JÄGER, 1988: Physiologische Reaktionen von Fichten<br />

in lnversionszonen. GSF-Bericht 1 7: 391-399.<br />

GRILL D., U. SCARDELLI u. E. BERMADINGER-STABENTHEINER, 1992: Biochemisch - physiologische<br />

Untersuchungen. ln: Endbericht zu FIW II: Fallstudie 1, Bd. 3, lnst. Pflanzenphysiol.,<br />

Univ. Graz.<br />

HAVRANEK W.M., G. WIESER and M. BODNER, 1989: Ozone fumigation of Norway Spruce at<br />

timberline. Ann. Sei. For. 46: 581-585.<br />

HÜTTE P., 1967: Die standörtlichen Voraussetzungen der Sturmschäden. Fw.Cbl. 86: 276-295.<br />

INSTITUT <strong>FÜR</strong> <strong>FOR</strong>S<strong>TLICHE</strong> STANDORTS<strong>FOR</strong>SCHUNG, 1971 : Standortskartierung der Reviere<br />

nördlich der Großen Mühl des Forstbetriebes des Stiftes Schlägl, Revier Obernhof. Wien, 115.


297<br />

KATZENSTEINER K., 1992a: Relationship between decline symptoms, tree nutrition, chemical properties<br />

and generar site parameters in the Bohemian Forest {Austria). Zwischenbericht 3 des<br />

Projektteils "Waldboden und Baumernährung", FIW 11/1 , lnst. Waldökologie, Univ. Bodenku!t�,Jr<br />

Wien.<br />

KATZENSTEINER K., 1992b: Mineralstoffernährung, Bodenzustand und Baumvitalität in Fichtenwaldökosystemen<br />

des Böhmerwaldes. FIW - Forschungsber. 1992/1, ÖGWEB, Univ. Bodenkultur<br />

Wien, 195.<br />

KATZENSTEINER K., 1994: Mineralstoffernährung und Bodenzustand in Fichtenwaldökosystemen<br />

des Böhmerwaldes (Oberösterreich). Forst. Schriftenr. Univ. Bodenkultur Wien, ÖGWEB, Bd. 7,<br />

57-66.<br />

KATZENSTEINER K., G. GLATZEL, 0. HORAK, R. JANDL u. A. WESSELY, 1993: Waldbewirtschaftungskonzepte<br />

Böhmische Masse - Bodenzustand und Baumernährung. FIW-Forschungsber.<br />

1993/2, ÖGWEB, Univ. Bodenkultur Wien, 1-15.<br />

KATZENSTEINER K., G. GLATZEL, M. KAZDA and H. STERBA, 1992: Effects of air pollutants on<br />

mineral nutrition of Norway spruce and revitalization of declining stands in Austria. Water, Air<br />

and Soil Pollution 61 : 309-322.<br />

KAZDA M., 1990: Zusammenhang zwischen Nährstoffeintrag, Bodenwasserchemismus und Baumernährung<br />

in drei Fichtenbeständen im Böhmerwald, Oberösterreich. Forst. Schriftenr. Univ.<br />

Bodenkultur Wien, ÖGWEB, Bd. 3, 144.<br />

KOHUNT R.J., J.A. LA URENCE, R.G. AMUNDSON, R.M. RABA and J.J. MELKONIAN, 1990:<br />

Effects of ozone and acidic precipitation on the growth and photosynthesis of red spruce after<br />

two years of exposure. Water-, Air- and Seil-Pollution 51 (3-4): 277-286.<br />

KOVAR A. u. H. PUXBAUM, 1992: Nasse Deposition im Ostalpenraum. Bayer. Staatsmin. f. Landesentwicklung<br />

und Umweltfragen, 22.<br />

KROTT M., 1994: Strategien interdisziplinärer Umweltforschung. Lehrstück Waldschadensforschung.<br />

Böhlau-Verlag, Wien (im Druck).<br />

MEHLHORN H., G. SEUFERT, A. SCHMIDT and K.J. KUNERT, 1986: Effect of S0 2 and 0 3 on<br />

productions of antioxidants in conifers. Plant Physiol. 82: 336-338.<br />

MITSCHERLieH G., 1971: Wald, Wachstum und Umwelt. ln: Waldklima und Wasserhaushalt, Bd.<br />

2, J.D. Sauerländer, Frankfurt/M., 365.<br />

MOSER M., 1993: Umlegung diverser Stichprobenergebnisse auf die Revierfläche. FIW-Forschungsber.<br />

1993/2, ÖGWEB, Univ. Bodenkultur Wien, 91-1 08.<br />

MÜLDER D., 1990: Nur Individuenauswahl oder auch Gruppenauswahl? Schriftenr. Forstl. Fak.<br />

Univ. Göttingen 96.<br />

NEUMÜLLER A., 1992: Phytopathologische Untersuchungen zum Zweig- und Aststerben der Fichte<br />

in Schöneben. Diplomarb., Univ. Bodenkultur Wien.<br />

NEUMÜLLER A., 1994: Beteiligung von Pilzen am Zweig- und Aststerben der Fichte im Revier Sonnenwald<br />

{Böhmerwald). Forst. Schriftenr. Univ. Bodenkultur Wien, ÖGWEB, Bd. 7, 171-190.<br />

POLLANSCHÜTZ J., 1980: Erfahrungen aus der Schneebruchkatastrophe 1979. AFZ 91 : 123-1 25.<br />

RACHOY W. , 1971: Die waldbauliche Entwicklung in den Wäldern des Prämonstratenser Chorherrenstiftes<br />

Schlägt im oberen Mühlviertel. Cbl. f. d. Ges. Forstw. 88: 26-51.<br />

REH M., 1989: Zuwachsentwicklung in vom Schnee gebrochenen Beständen. Diplomarb., Univ.<br />

Bodenkultur Wien.<br />

REIMOSER F., 1992: Berichte zum Projektteil: "Wildschäden" FIW 11/1, lnst. Wldtierkunde u. Ökologie,<br />

Vet.med. Univ., Wien.<br />

RENNENBERG H. u. M. Reuther, 1991 : Eintrag, Umwandlung und Wirkung von Luftschadstoffen in<br />

Bergwaldökosystemen der Alpenregion. GSF-Bericht 26: 15-40.<br />

SCHOLL T., 1993: Historische Landnutzung in den Wäldern des Stiftes Schlägt. FIW-Forschungsber.<br />

1993/2, ÖGWEB, Univ. Bodenkultur Wien, 54-63.<br />

STERBA H. u. W. FLECK, 1990: Aus Stichproben hergeleitete flächenbezogene Riskenabschätzung<br />

im Österreichischen Böhmerwald. Poster, Tagung d. Ökosystemforschungszentren, 24.-<br />

26.10.1990.<br />

STOHL A. u. H. KROMP-KOLB, 1992: Ein meteorologischer Beitrag zur Klärung der Ursachen der<br />

neuartigen Waldschäden in Schöneben. ln: Endbericht zu FlW II, Fallstudie 1, Bd. 3.


298<br />

THORTON F.C., P.A. PIER and C. MCDUFFIE, 1990, Response of growth, photosynthesis and<br />

mineral nutrition of red spruce in ozone and acidic cloud deposition, Environmental and Experimental<br />

Botany 30 (3): 313-323.<br />

ULRICH 8., 1983: A concept of forest ecosystem stability and acid deposition as driving force for<br />

destabilization. ln: ULRICH B. and J. PANKRATH (eds.), Effects of Accumulation of Air<br />

Pollutants in Forest Ecosystems. D. Reidel Publ. Camp., Dortrecht/Boston/London, 1-29.<br />

WIESER G., M. WEIH and W.M. HAVRANEK, 1991: Ozone fumigation in the sun crown of Norway<br />

spruce. in: REUTHER M. et al. (eds.), Waldschadensforschung im östlichen Mitteleuropa und in<br />

Bayern. GSF-Bericht 24: 567-573.<br />

WILLINGER M., 1993: Schneebruch- und Windwurfschäden im Österreichischen Teil des Böhmerwaldes<br />

in den Jahren 1959-1 990 und ihre standörtlichen und klimatologischen Ursachen.<br />

Diplomarb., Univ. Bodenkultur Wien.<br />

WOHLMACHER J., 1992: Zusammenfassende und vergleichende Auswertung der forstlichen<br />

Stichprobeninventuren für den gesamten Forstbetrieb des Prämonstratenser Chorherren Stiftes<br />

Schlägl. Diplomarb., Univ. Bodenkultur Wien.


299<br />

FOlGERUNGEN AUS DER FIW-FAllSTUDIE 1 AUS DER SICHT<br />

DER ÖR<strong>TLICHE</strong>N WIRTSCHAFTSFÜHRUNG<br />

CONCL USIONS FROM THE FI W-CA SE-STUD Y 1<br />

IN THE POINT OF VIEW OF THE MA NA GEMENT<br />

Johannes WOHLMACHER<br />

Forstverwaltung des Prämonstratenser Chorherrenstiftes Schlägl<br />

A - 4160 Aigen - Schlägl<br />

SUMMARY<br />

The forests of the "Stift Schlägl" comprise 5530 ha. Since 40 years the management system is<br />

one of single tree harvesting rather than clear cutting.<br />

Three main points of the case study need to be answered by managerial actions:<br />

1 . The species mixture of the stands has to be changed in order to approach the target mixture<br />

given by site types.<br />

2. Wildlife management has to be changed in order to allow the growth of the mixed generation.<br />

3. Soil restoration will have to be set about fertilization.<br />

From table 1 it can be seen that planting with deciduous trees has already increased by much<br />

since 1990. The shooting of roe deer increased only by about 1 0% during the same time but the<br />

number of the feedings has been reduced from 25 to 5. The interval hunting has not yet been<br />

realized but experiments with this way of hunting will be started.<br />

Fertilization measures are too expensive to be done in more than only marginal parts of those<br />

places where they were needed. Since an area of 345,5 ha has been declared "protection forest"<br />

by the Forest Service, public funding of the soil restoration measures should be emphasized.<br />

KEYWORDS: Forest management, rehabilitation of forests, concepts, actions.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Die Wälder des Stiftes Schlägl umfassen eine Holzbodenfläche von 5530 ha. Seit 40 Jahren wurde<br />

die Kahlschlagwirtschaft durch einen Einzelstammnutzungsbetrieb ersetzt.<br />

Drei Ergebnisse der FIW-Fa!lstudie erforderten praktische Umsetzung:<br />

1. Die Baumartenmischung sollte sich der Zielbestockung, wie sie standortstypenweise ausgewiesen<br />

ist, annähern.<br />

2. Die Wildbewirtschaftung und die Jagd haben das Fortkommen der Verjüngung in der entsprechenden<br />

Mischung zuzulassen.<br />

3. Die Waldbodensanierung erfordert Düngemaßnahmen.<br />

Aus Tabelle 1 ist ersichtlich, daß der Laubholzanteil in der Pflanzung seit 1990 erheblich zugenommen<br />

hat. Die Abschußzahlen bei Reh wurden nur sehr mäßig angehoben. Dafür wurde die Anzahl<br />

der Fütterungen von 25 auf 5 reduziert. Die lntervallbejagung wurde noch nicht in Angriff genommen,<br />

Versuche dazu werden überlegt.<br />

Die Düngemaßnahmen sind zu teuer, um auf einem größeren Anteil jener Fläche durchgeführt zu<br />

werden, auf der dies erforderlich wäre. Da mittlerweile etwa 345,5 ha des Betriebes zum Schutzwald<br />

erklärt worden sind, wird mit einer öffentlichen Unterstützung der Bodensanierungsarbeiten<br />

gerechnet.<br />

STICHWÖRTER: Waldbewirtschaftung, Sanierungskonzepte, Sanierungsmaßnahmen.<br />

Forstliche Schriftenreihe, Universität für Bodenkultur Wien, Bd. 7, 1994.<br />

ÖGWEB (Österr. Ges. f. Waldökosystemforschung und experimentelle Baumforschung) ISBN 3-900865-06-X.


1 EINLEITUNG<br />

300<br />

Wie geht ein Forstbetrieb mit zehnjähriger Forschung um, und wie werden die<br />

Ergebnisse umgesetzt? Nicht nur an den Universitäten und Forschungszentren<br />

wird intensiv nachgedacht, auch die Praxis kennt ein Nachdenken und sich Wundern.<br />

Das forstliche Herz beginnt sich zunächst einmal zu regen, wenn die wertvollen<br />

Stammbloche zerschnitten werden, um daraus Stammscheiben zu gewinnen.<br />

Solches Vorgehen paßt nicht in die gewohnten Denkschemata eines<br />

Försters, obwohl, von gewohnten Denkschemata zu sprechen, dies auf die<br />

Förster des Stiftes Schlägl gar nicht so richtig zutrifft. Mußten sie doch unter der<br />

Führung von Oberforstmeister Reininger das Umdenken lernen: weg vom Altersklassenwald,<br />

hin zum "Naturnahen Zielstärkenbetrieb".<br />

2 ORGANISATION DES <strong>FOR</strong>STBETRIEBES<br />

Der Forstbetrieb des Stiftes Schlägl hat im Gebiet des Böhmerwaldes eine<br />

Holzbodenfläche von 5530 ha. Diese Fläche ist in vier Reviereinheiten gegliedert<br />

und umfaßt die Reviere Schwarzenberg, Holzschlag, Sonnenwald und Oberhaag.<br />

Das Revier Angerhäuser gehört zum Revier Schwarzenberg.<br />

Organisatorisch kann folgende Gliederung angegeben werden:<br />

ein Oberforstmeister und ein Forstassistent<br />

ein Förster für die Materialverrechnung<br />

ein Förster für die Forsteinrichtung<br />

sowie zwei Kanzleikräfte<br />

ln den Revieren arbeiten drei Förster und zwei Forstwarte. Diesen stehen zwischen<br />

elf und fünf Forstarbeitern zur Verfügung, sodaß mit den Kraftfahrern im<br />

Forstbetrieb 39 Forstfacharbeiter sowie drei Kulturfrauen angestellt sind.<br />

Besonders ausgebaut ist der Fuhrpark, der mit zwei Planierra upen, einer<br />

Laderaupe, einem Kettenbagger, einem Schreitbagger, einem Grader und einem<br />

LKW noch an die Zeiten der Forstaufschließung erinnert. Dazu kommen noch zwei<br />

Holzzüge. Der Maschinenpark erscheint für einen Forstbetrieb übertrieben groß zu<br />

sein. Gleichzeitig ist damit aber für die Zuku nft noch die Möglichkeit von Rationalisierungsmaßnahmen<br />

gegeben.<br />

Die Reviere sind in jeweils sechs Pflegeblöcke unterteilt, sodaß nie auf der ganzen<br />

Fläche gearbeitet werden muß.


301<br />

3 EINFlUSS DER FIW-<strong>FOR</strong>SCHUNGSTÄTIGKEITEN AUf DEN <strong>FOR</strong>STBETRIEB<br />

Welche Folgerungen zieht ein Forstbetrieb aus der FIW Studie, was wird konkret<br />

getan?<br />

3. 1 Aufforstungen<br />

Einen ersten Ansatzpunkt zu den in jüngster Zeit getätigten Anpflanzungen gibt<br />

die sogenannte Pflanzenabgabe (Tab. 1). Aus dieser Übersicht läßt sich erkennen,<br />

daß in den letzten Jahren dem Laubholz besondere Aufmerksamkeit geschenkt<br />

wurde und auch weiterhin wird . Die Anzahl der Fichtentopfpflanzen hängt mit den<br />

Schutzwaldsanierungsversuchen im Bereich des Hufberges im Revier Schwarzenberg<br />

zusammen. Diesbezüglich folgen weiter unten nähere Erläuterungen.<br />

Aus den Berichten und Forschungsergebnissen wurde immer wieder deutlich, daß<br />

gerade beim Laubholz die entsprechenden Mutterbäume fehlen, sodaß jenes nur<br />

über Kunstverjüngung eingebracht werden kann. Um dieses Vorhaben nicht von<br />

vorne herein zum Scheitern zu verurteilen, werden entsprechende Flächen auch<br />

eingezäunt oder die Pflanzen mit Einzelschutz versehen. Speziell auf das Revier<br />

Sonnenwald bezogen, wird auf ca 45 ha die Tanne mit Einzelschutz versehen, auf<br />

weiteren 300 ha kommt sie bereits ohne Schutzmaßnahmen.<br />

Tabelle 1: Pflanzenabgabe der Jahre 1990 bis 1993 in Stück.<br />

Table 1: Tree plan ting in piece during the years 1990- 1 993.<br />

Baumartltree species 1990 1991<br />

Fichte/Norway spruce 9200 6225<br />

Fichte Topf/N.spruce paperpot 1150 120<br />

Tanne/fir 950<br />

Ahorn/maple 50 250<br />

Nadelholz Fi, Ta/conifers 10740 6275<br />

Fichte Topf/N.spruce paperpot 1150 120<br />

Laubho!z/leafwood 825 3250<br />

1992 1993<br />

4625 9460<br />

1050 2000<br />

150<br />

1960 1525<br />

5625 7550<br />

1050 3700<br />

5160 3430


3.2 Jagd<br />

302<br />

Die Wirkungen des Verbisses und seine waldbauliche Selektionswirkung sind dem<br />

Forstbetrieb bekannt. Die jagdliche Bewirtschaftung unterteilt sich je ca. zur<br />

Hälfte in Pacht- und Regiejagden.<br />

Aus den Abschußzahlen (Tab. 2) ersieht man den be - sonderen jagdlichen Druck<br />

auf das weibliche Rehwild, der vor allem dadurch gewähleistet wird, daß bereits<br />

im Juni mit dem Schmalreh-Abschuß begonnen wird . Durch das einwandfreie<br />

Funktionieren der Regiejagd ist dies auch für die Zukunft gewährleistet.<br />

Als Gradmesser für die Planung und Durchführung des Abschusses wird vor allem<br />

der Tannenverbiß herangezogen.<br />

Im Revier Sonnenwald wurden die Rehwildfütterungen von 25 auf 5 reduziert und<br />

in tiefere Lagen verlegt. Vor 15 Jahren wurde noch versucht, das Rotwild zu füttern,<br />

aber nach einem sprunghaften Ansteigen der Schälschäden in Fütterungsnähe<br />

wurde dies sofort wieder eingestellt.<br />

ln dem Naturverjüngungsbetrieb erweist sich die Erhaltung bzw. -Schaffung von<br />

Jagdflächen als notwendig. Dies wird durch die Revierföster aufmerksam verfolgt.<br />

Die noch bestehenden Waldwiesen werden wieder einmal jährlich gemäht und<br />

stehen damit als Jagd- und Äsungsflächen zur Verfügung.<br />

Tabelle 2: Abschußzahlen für Reh- und Rotwild der Jahre 1990 bis 1992.<br />

Table 2: Sh ooting figures for roe deer and deer during the years 1990- 1 992.<br />

1990 1991 1992<br />

Abschuß Rehwild/shooting roe deer 289 323 322<br />

Männlich ges.lmale 121 1 30 122<br />

Weiblich ges./female 168 193 200<br />

Abschuß pro 1 00 ha/per 100 ha 3,8 4,2 4,2<br />

Abschuß pro 1 00 ha max./max. per 100 ha 7,4 9,5 9,6<br />

Abschuß pro 1 00 ha min./min. per 100 ha 2,3 1,6 2,2<br />

Abschuß Rotwild/shooting deer 31 25 22<br />

I


303<br />

Die von Reimoser vorgeschlagene Intervalljagd wird zur Zeit noch nicht betrieben.<br />

Ansätze dazu sind aber bereits gegeben und werden weiter verfolgt.<br />

3.3 Möglichkeiten und Grenzen von Sanierungsmaßnahmen seitens des Forstbe­<br />

triebes<br />

Neben der Einbringung von Laubholz - natürlich an dafür geeigneten Standorten -<br />

und einer Umorientierung in der Jagd wurden durch die Forschungsberichte noch<br />

weitere Sanierungsmaßnahmen vorgeschlagen.<br />

Als erstes sei davon die Düngung erwähnt. Diese Sanierungsmaßnahme kann sich<br />

unser Forstbetrieb schon aus Kostengründen höchstens kleinflächig erlauben. Insgesamt<br />

dürften im Stiftswald ca. 2500 ha düngungswürdig sein. Die dadurch entstehenden<br />

Kosten sind für den Betrieb allein finanziell nicht tragbar.<br />

Die Vorbeugung gegen Käferbefall geschieht durch die Vorlage von Fangbäumen,<br />

vor allem an den bekannten Schadherden. Waren es 1992 ca. 380 Fangbäume,<br />

so wurden 1993 durch die angekündigte und befürchtete Käferkatastrophe 817<br />

Fangbäume vorgelegt. Hier ist auch noch anzumerken, daß im angrenzenden<br />

Nationalpark "Bayrischer Wald" keine Käferbekämpfung stattfindet. Mit der Vorlage<br />

von Fangbäumen ist auch die rasche Aufarbeitung von Schadholz zu erwähnen,<br />

die im Sinne der Waldhygiene gut funktioniert.<br />

Mit diesem etwas Überblick soll gezeigt werden, daß die in den Revieren des<br />

Stiftes Schlägl stattfindenden Forschungen und Untersuchungen nicht sang- und<br />

klanglos vorübergehen. Die Untersuchungen dauerten jetzt :zehn Jahre, für die<br />

Umsetzung muß auch dem Betrieb einige Zeit gewährt werden.<br />

Es ist der Forstverwaltung voll bewußt, daß in der Vergangenheit Fehler gemacht<br />

und durch so manche Nutzungsart wie etwa durch die Streunutzung dem Boden<br />

wertvolle Nährstoffe entzogen wurden. Trotz dieser Eingriffe konnte der Wald gut<br />

weiterleben. Zu einer rapiden Verschlechterung des Gesundheitszustandes dieser<br />

Wälder kam es aber erst durch das Auftreten von Immissionen. ln diesem Zusammenhang<br />

sei vor allem Herrn Professor Glatzel für seine Anregung gedankt, daß<br />

hier durchaus auch die öffentliche Hand einen Beitrag leisten sollte.<br />

Den ersten Ansatz für eine derartige Unterstützung sollte das Sanierungsprojekt<br />

im Bereiche des Hufberges bilden, das Vertreter des Landes, des Ministeriums<br />

und der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich aufgrund des extrem schlechten<br />

Zustandes dieser Wälder für äußerst dringlich und unterstützungswürdig<br />

erachteten. Am 17. September 1992 fand gemeinsam mit der Forstbehörde eine<br />

Begehung des Zwieselkammes statt. Im Zuge dieser Begehung wurde überlegt, ob<br />

es nicht sinnvoll wäre, dieses Gebiet als Schutzwald auszuscheiden. Mit 26. Jänner<br />

1993 wurde der Antrag auf Schutzwaldfeststellung an die Forstbehörde


304<br />

gestellt. Bereits am 8. Februar 1994 erging der Bescheid an das Stift Schlägl, in<br />

dem festgestellt wurde, daß die beantragten Flächen in der KG Schwarzenberg im<br />

Sinne des Forstgesetzes Schutzwald sind {Rechtsgrundlage: § 23 Abs . 1 in Verbindung<br />

mit den § § 21 und 22 des Forstgesetzes 1975). Die Fläche des Schutzwaldes<br />

beträgt nun 345,5 ha.<br />

Was hoffnungsvoll begann, ist mittlerweile zum Stillstand gekommen. Ein Zug,<br />

der zum Abfahren bereit war, wurde gestoppt, noch bevor er sich in Bewegung<br />

setzen konnte. Dies mag ein Beispiel dafür sein, wie Forstbetriebe, vor allem aber<br />

auch Förster, die sich mit Engagement und persönlichem Einsatz um die Erhaltung<br />

des Waldes kümmern, an für sie nicht verstehbare Grenzen stoßen. Wenn das<br />

Forstgesetz vorschreibt, daß der Waldeigentümer den Schutzwald entsprechend<br />

den örtlichen Verhältnissen jeweils so zu behandeln hat, daß seine Erhaltung als<br />

möglichst stabiler, dem Standort entsprechender Bewuchs mit kräftigem innerem<br />

Gefüge bei rechtzeitiger Erneuerung zu gewährleisten ist, dann kann sich ein<br />

öffentliches Interesse daran, das sich auch in finanziellen Mitteln ausdrückt, nicht<br />

einzig und allein auf einige auserwählte Bundesländer südlich der Donau<br />

erstrecken. Seitens des Betriebes wird aber weiterhin an diesem Schutzwaldprojekt<br />

gearbeitet werden.<br />

Abschließend danke ich im Namen des Forstbetriebes Stift Schlägl allen an der<br />

FIW Beteiligten für die in unseren Wäldern durchgeführten Forschungen. Für die<br />

Zukunft kann ich versichern, daß der Betrieb Stift Schlägl weiterhin für Forschungsvorhaben<br />

ein sehr offenes Ohr haben wird und sich auch bemühen wird,<br />

die gewonnenen Erkenntnisse in die Wirklichkeit umzusetzen. Daß dabei die<br />

wirtschaftliche Komponente manches langsamer gehen läßt, soll niemanden entmutigen.<br />

Das Gespräch zwischen Wissenschaft und Praxis ist weiterhin zu<br />

pflegen,<br />

DENN WISSENSCHAFT OHNE PRAXIS IST BODENlOS,<br />

UND PRAXIS OHNE WISSENSCHAFT IST KOPFLOS.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!