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WIRBEL 23 | APRIL 2012<br />
Cardo Door schließt die Tore<br />
Gravierende Folgen <strong>für</strong> die WfbM<br />
Eine schöne Bescherung verpasste die<br />
Konzernleitung von Assa Abloy den rund<br />
170 Beschäftigten von Cardo Door Production<br />
kurz vor Weihnachten 2011. Der<br />
schwedische Mutterkonzern, der das<br />
Moosburger Traditionsunternehmen erst<br />
im April 2011 offi ziell übernommen hatte,<br />
teilte während einer Betriebsversammlung<br />
den völlig geschockten Mitarbeitern<br />
mit, dass die Produktion in Wang schon<br />
im Laufe des nächsten Jahres eingestellt<br />
werde und nach kostengünstigeren<br />
Standorten im Ausland verlegt werden<br />
soll. Punkt. Zurück blieb eine fassungslose<br />
Belegschaft mit Existenzängsten und<br />
Sorgen um die Zukunft, darunter auch einige<br />
<strong>Menschen</strong> mit Behinderung, die sich<br />
in dem Unternehmen bereits viele Jahre<br />
bewährt hatten.<br />
Billigproduktion statt<br />
individueller Qualitätsarbeit<br />
Begründet wurde das Vorhaben mit den<br />
unzureichenden Gewinnmargen von „nur“<br />
5 bis 7 Prozent. Die von Assa Abloy <strong>zum</strong><br />
Ziel gesetzten Gewinnspannen von 12 bis<br />
15 Prozent könnten hier niemals erreicht<br />
werden. Zudem stünden die erforderlichen<br />
Investitionen in den Standort Wang in keinem<br />
Verhältnis zu wesentlich moderner<br />
ausgestatteten aber weniger ausgelasteten<br />
Produktionsstätten im europäischen<br />
Ausland. Um Weltmarktführer auf dem<br />
Gebiet der Tortechnik zu werden setze<br />
der Großkonzern laut Aussagen der IG<br />
Metall künftig auf standardisierte Serienproduktion<br />
zu Discountpreisen anstatt auf<br />
individuelle Qualitätsarbeit, die bislang<br />
von vielen zufriedenen Cardo-Door-Kunden<br />
so geschätzt wurde.<br />
Erhebliche Folgen <strong>für</strong> die WfbM<br />
Auch die <strong>Erding</strong>er und Freisinger WfbM<br />
traf die Nachricht der geplanten Firmenschließung<br />
wie ein Schlag ins Gesicht.<br />
Denn bereits seit über 30 Jahren<br />
arbeiten die Werkstätten eng mit dem<br />
Traditionsunternehmen zusammen.<br />
Die Arbeiten ziehen sich durch nahezu<br />
alle Abteilungen und beschäftigen<br />
viele Mitarbeiter mit unterschiedlichen<br />
Behinderungsgraden einschließlich der<br />
Schwächsten. Somit konnte bislang rund<br />
ein Viertel des Rohgewinns der WfbM<br />
alleine durch das Auftragsvolumen der<br />
Firma Cardo Door erwirtschaftet werden<br />
– eine Kennzahl, die das Ausmaß der<br />
anstehenden Schließung anschaulich vor<br />
Augen führt.<br />
Zudem wurden viele Produktionsprozesse<br />
in den Werkstätten speziell auf die Anforderungen<br />
von Cardo Door ausgelegt<br />
und auf die individuellen Fähigkeiten der<br />
Mitarbeiter zugeschnitten, so dass auch<br />
<strong>Menschen</strong> mit schwersten Behinderungen<br />
in die Auftragsbearbeitung mit einbezogen<br />
werden konnten. Insbesondere <strong>für</strong><br />
diese Mitarbeiter künftig geeignete alternative<br />
Tätigkeiten zu fi nden stellt eine<br />
große Herausforderung dar.<br />
Ein nahtloser Übergang ist fraglich<br />
Zwar ist noch kein offi zieller Schließungstermin<br />
bekannt, doch die traurige<br />
Gewissheit wird wohl nicht mehr allzu<br />
lange auf sich warten lassen. Gerüchten<br />
zufolge soll die Produktion der Tore<br />
schon im dritten Quartal 2012 ins Ausland<br />
verlegt werden. Neukundenakquise hat<br />
nun in der WfbM höchste Priorität. Doch<br />
ein nahtloser Übergang wird trotz angestrengter<br />
Bemühungen in der Kürze der<br />
Zeit wohl kaum zu realisieren sein. „Wir<br />
sind intensiv auf der Suche nach neuen<br />
Auftraggebern, doch die Aufträge, die uns<br />
nun voraussichtlich wegbrechen, werden<br />
wir wohl kaum kompensieren können.“,<br />
äußert sich Geschäftsführer Albert Wittmann<br />
skeptisch.<br />
Abschied von den Kollegen<br />
Häufi g wird in den Medien von Insolvenzen<br />
und dem Schlucken von Traditionsunternehmen<br />
durch Großkonzerne berichtet.<br />
Der aktuelle Stand der Dinge hat Mitarbeitern<br />
und Personal der WfbM gleichsam<br />
ins Bewusstsein gerufen, dass sowas<br />
auch schnell mal vor der eigenen Haustür<br />
passieren kann. Zum Kummer über die<br />
wegfallenden Aufträge mischt sich insbesondere<br />
auch die Betroffenheit über den<br />
Verlust der Arbeitsplätze der freundlichen<br />
Kollegen in Wang. Diesen wurde zu allem<br />
Überfl uss kurz nach Bekanntgabe der<br />
Schließung auch noch per unpersönlicher<br />
E-Mail mitgeteilt, dass die anstehende<br />
Weihnachtsfeier nun ersatzlos gestrichen<br />
sei. Doch ist ein Treffen zwischen den<br />
Mitarbeitern der WfbM und den Kollegen<br />
von Cardo Door geplant, um sich gegenseitig<br />
<strong>für</strong> die langjährige gute Zusammenarbeit<br />
zu bedanken und um sich gebührend<br />
zu verabschieden – so wie sich das<br />
eben gehört!<br />
Stimmen der<br />
Mitarbeiter:<br />
ANDREA WELTER,<br />
REDAKTIONSBERATUNG<br />
Andreas Volkmer:<br />
„Diese Arbeit zu verlieren verändert<br />
den ganzen Tagesablauf und<br />
raubt mitunter die Strukturen. Aber<br />
es wird weitergehen!“<br />
André Beruda:<br />
„Durch den Wegfall von Cardo<br />
Door wird im momentanen Tagesablauf<br />
ein großer Teil fehlen. Ich<br />
hoffe, dass man das kompensieren<br />
kann damit keine Langeweile<br />
aufkommt.“<br />
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WIRBEL 23 | APRIL 2012