Handbuch gegen Arbeits-Zwang - Jungdemokraten
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Etienne Schneider<br />
gewerkschaftlich erkämpft und durch wohlfahrststaatliche<br />
Arrangements gesichert wurde, andererseits. Während<br />
diese historisch einmalige Konstellation innerhalb der<br />
kapitalistischen Produktionsweise bis in die 1960er Jahre<br />
hinein zuverlässige Wachstumsraten generierte, geriet der<br />
„konsumistische Zirkel“ spätestens Anfang der 1970er<br />
Jahre in die Krise: Was in Deutschland vielfach zunächst<br />
als Ende der „Rekonstruktionsperiode“ interpretiert<br />
wurde, korrespondierte weltweit mit einer rückläufigen<br />
Kapitalrentabilität und zunehmenden Überkapazitäten<br />
vieler Produktionszweige.<br />
In dieser Situation wurden vielfach – zunächst vor allem in<br />
England, den USA und Chile – Elemente neoliberaler Theorien<br />
aufgegriffen und zur Legitimierung drastischer Einschnitte<br />
in die Systeme sozialer Sicherung benutzt: die sinkende<br />
Kapitalrentabilität wurde einem Übermaß staatlicher<br />
Eingriffe in den Wirtschaftsprozess zugeschrieben, die<br />
die „reine Marktwirtschaft“ an ihrer Entfaltung hindere,<br />
die Menschen durch wohlfahrtsstaatliche Arrangements<br />
‚passiviere’ und insofern den Einzelnen in seiner Produktivität<br />
beschneide. An die Stelle gesellschaftlich organisierter<br />
sozialer Sicherheit trat zunehmend die Propagierung der<br />
Eigenverantwortlichkeit der Marktsubjekte, spiegelbildlich<br />
erschienen die Ausweitung von <strong>Arbeits</strong>losigkeit und<br />
zunehmende Prekarisierung von Erwerbsarbeit nicht mehr<br />
als gesellschaftlich induzierte Phänomene, sondern als<br />
individuelles Versagen.<br />
Viele Elemente dieser Deutung sozialer Widersprüche, die<br />
mensch als ‚individualisierende Logik’ bezeichnen könnte,<br />
setzen sich bis heute fort: Erwerbslosigkeit wird mit der<br />
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