Tatbestände des Völkermords (gewaltsame ... - sifaz
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sellen Ausgangspunkt jeglichen weiteren Rechts fixiert. Hannah Arendt schrieb dazu in ihrem<br />
Buch über den Eichmann-Prozess (1960-1962), dass „der Völkermord einen Angriff auf die<br />
menschliche Mannigfaltigkeit als solche darstellt, also auf ein Wesensmerkmal <strong>des</strong> Menschen,<br />
ohne das wir uns Dinge wie Menschheit oder Menschengeschlecht nicht einmal vorstellen<br />
können“. 5<br />
B. Rechtliches<br />
B. 1. Internationale und schweizerische Strafnormen betreffend Völkermord<br />
Die UNO-Konvention zur Behütung und Bestrafung <strong>des</strong> <strong>Völkermords</strong> ist von der Schweiz<br />
erst im Jahr 2000 ratifiziert worden, also sehr spät, etwa im Vergleich zu Deutschland (1955)<br />
oder selbst den USA (1988). Doch geschah dies immerhin noch vor dem UNO-Beitritt der<br />
Schweiz, der 2002 endlich eine Volksmehrheit fand.<br />
In Umsetzung <strong>des</strong> so spät ratifizierten Genozid-Übereinkommens wurde am 5. Dezember<br />
2000 der Tatbestand <strong>des</strong> <strong>Völkermords</strong> und <strong>des</strong>sen Unverjährbarkeit explizit ins schweizerische<br />
Strafgesetzbuch eingeschrieben, und zwar in <strong>des</strong>sen Artikel 264.<br />
Bereits 1996 war die Rassismus-Strafnorm Teil der schweizerischen Strafjustiz geworden. Sie<br />
definiert die Leugnung von Völkermord als Straftatbestand.<br />
Während das internationale Völkerrecht die Kodifizierung der Bestrafung von Völkermord<br />
und anderen unverjährbaren Verbrechen gegen die Menschlichkeit schon seit 1948 in eine<br />
Satzung brachte, wurden die entsprechenden Bestimmungen im Schweizer Justizwesen also<br />
erst viel später eingeführt. Es heisst in der Botschaft <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rats über die Änderung von<br />
Bun<strong>des</strong>gesetzen zur Umsetzung <strong>des</strong> Römer Statuts <strong>des</strong> Internationalen Strafgerichtshofs vom<br />
23. April 2008: „Nun sollen jene Gesetzesänderungen vorgenommen werden, die in der<br />
Schweiz eine effiziente, transparente und lückenlose Strafverfolgung der Verbrechen gegen<br />
die Menschlichkeit sowie der Kriegsverbrechen gewährleisten. Die Revision betrifft in erster<br />
Linie die Schaffung eines neuen Tatbestan<strong>des</strong> der Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie<br />
die detaillierte Definition der Kriegsverbrechen. Während Verbrechen gegen die Menschlichkeit<br />
im schweizerischen Strafrecht noch nicht kodifiziert und damit spezifisch strafbar<br />
sind, werden Kriegsverbrechen gegenwärtig im Militärstrafrecht durch einen Pauschalverweis<br />
auf das anwendbare Völkerrecht unter Strafe gestellt, was den heutigen Anforderungen an das<br />
strafrechtliche Legalitätsprinzip nicht mehr zu genügen vermag. Im Weiteren werden mit der<br />
Vorlage die Zuständigkeiten von Zivil- und Militärjustiz zur Durchführung von Strafverfahren<br />
wegen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen neu festgelegt.“<br />
Im Nationalrat wollte die SVP gar nicht erst auf die Vorlage eintreten. Deren Sprecher Pirmin<br />
Schwander hielt dies mit folgender Begründung für unnötig: „Wir [haben] in der Schweiz eine<br />
transparente und lückenlose Strafverfolgung gegen Völkermord und Kriegsverbrechen.<br />
Selbst der Tatbestand von Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist abgedeckt.“ 6<br />
Die Partei Christoph Blochers unterlag mit dieser Ansicht jedoch der Mehrheit. Aber auch<br />
seitens der Mehrheit wurde die Meinung vertreten, zur Bestrafung dieser Verbrechen wäre die<br />
schweizerische Gesetzgebung an sich schon jetzt im Stande. So sagte die Grüne Brigit Wyss:<br />
„Die durch das Römer Statut bezeichneten schwersten Straftaten waren und sind in unserem<br />
5 Hannah Arendt: Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität <strong>des</strong> Bösen. 1. Auflage München 1964,<br />
hier zitiert nach der 4. Auflage der Taschenbuch-Ausgabe München 2009, S.391.<br />
6 Protokoll <strong>des</strong> schweizerischen Nationalrats vom 3. März 2009<br />
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