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VOLKER VON WIRTH<br />

Vogel-<br />

GU TIERRATGEBER<br />

Plus<br />

GU-Leser<br />

SERVICE<br />

spinnen


R<br />

Faszinierende Urtiere<br />

Vogelspinnen im Terrarium – das ist ein Blick in eine geheimnisvolle,<br />

exotische Welt, der jedem offensteht, denn die urtümlichen Tiere<br />

sind äußerst pflegeleicht. Lassen Sie sich, bevor Sie sich für eine<br />

bestimmte Spinne entscheiden, von diesem GU-Ratgeber inspirieren,<br />

und lernen Sie die Besonderheiten der verschiedenen Arten kennen.<br />

Praxiswissen kompakt: Autor Volker von Wirth weiß genau, welche<br />

Informationen Sie brauchen, damit es Ihren Vogelspinnen rundum<br />

gut geht. Hier finden Sie alles Wichtige über Auswahl und Kauf, das<br />

richtige Terrarium und Fütterung. Außerdem erfahren Sie, wie Nachzuchten<br />

garantiert gelingen.<br />

Auf einen Blick: Welche körperlichen Merkmale eine Vogelspinne<br />

auszeichnen und mit welchen Sinnesleistungen diese urtümlichen<br />

Tiere ihre Umwelt erobern, erfahren Sie auf speziellen Bild-Text-Seiten.<br />

Die 10 GU-Erfolgstipps: Damit sich Ihre Tiere garantiert wohlfühlen,<br />

gibt es die unverzichtbaren 10 GU-Erfolgstipps → hintere Klappe.<br />

Der GU-Leserservice: Suchen Sie weiteren Rat zum Thema?<br />

Wir helfen Ihnen gerne und beantworten Ihre Fragen → Seite 64.<br />

Verstehen Sie die Spinnensprache? Der Verhaltensdolmetscher in<br />

diesem Ratgeber unterstützt Sie dabei – einfach umblättern!


Inhalt<br />

4 Faszination<br />

Vogelspinnen<br />

5 Spannend und pflegeleicht<br />

5 Artenvielfalt<br />

6 Verwandtschaft und Lebensräume<br />

8 Wie Vogelspinnen leben<br />

8 Fein gewebte Innenausstattung<br />

8 Nachts auf Beutefang<br />

9 Am liebsten daheim<br />

9 Einzelgänger<br />

9 Umgang mit dem Nachwuchs<br />

10 Wie alt werden Vogelspinnen?<br />

11 Große und kleine Feinde<br />

11 Experten-Tipp: Passen Vogelspinnen<br />

zu mir?<br />

12 Körperbau und Sinnesorgane<br />

13 Die Farbe der Spinnen<br />

14 Auf einen Blick: Anatomie und Sinne<br />

16 Vogelspinnen im Porträt<br />

22 Eine Vogelspinne<br />

zieht ein<br />

23 Grundsätzliche Überlegungen<br />

23 Geschützte Tiere<br />

24 Wo kaufe ich eine Vogelspinne?<br />

25 Spinnen- und Terrarienbörsen<br />

25 Spinnenzüchter<br />

25 Tipp: Vogelspinnen auf Reisen<br />

26 Die Wahl der richtigen Vogelspinne<br />

27 Fachbegriffe rund um Vogelspinnen<br />

28 Das maßgeschneiderte Terrarium<br />

28 Das Quarantäne-Terrarium<br />

29 Das Nymphen-Terrarium<br />

30 Das Zuhause für Bodenbewohner<br />

31 Terrarien-Checkliste<br />

32 Luxuswohnung für Baumbewohner<br />

34 Wohlfühlheim für Röhrenbewohner<br />

36 Das Einmaleins der Pflege<br />

37 Experten-Tipp: Kleiner Pflegeplan


38 Fit und gesund<br />

39 Aus der Haut fahren<br />

39 Wie kündigt sich eine Häutung an?<br />

39 So läuft die Häutung ab<br />

40 Wie Spinnen Beute machen<br />

41 Die Beute erkennen<br />

41 Die Beute ergreifen und verspeisen<br />

42 So füttern Sie Vogelspinnen<br />

43 Hygiene beim Füttern<br />

43 So fressen Vogelspinnen<br />

43 Checkliste Fütterung<br />

44 So gehen Sie mit Vogelspinnen um<br />

44 Drohen und Beißen<br />

45 Tut gut – Besser nicht<br />

46 Bombardieren mit Brennhaaren und Kot<br />

46 Spinnen auf die Hand nehmen<br />

48 Nachwuchs geplant<br />

48 Einen Partner finden<br />

50 Nachwuchs in Sicht<br />

50 Wann sind Spinnen geschlechtsreif?<br />

50 Die Paarung<br />

52 Eiablage und Jungenaufzucht<br />

54 Wenn die Spinne krank ist<br />

54 Verletzungen<br />

56 Parasiten<br />

57 Wie man eine Spinne betäubt<br />

58 Was tun, wenn …?<br />

58 Spinne entlaufen<br />

59 Urlaub geplant<br />

59 Bissunfall<br />

59 Experten-Tipp: Haustiere und<br />

Vogelspinnen<br />

Extras<br />

60 Register, Service, Impressum<br />

64 GU-Leserservice<br />

Umschlagklappen:<br />

Verhaltensdolmetscher<br />

SOS – was tun?<br />

Die 10 GU-Erfolgstipps


faszination vogelspinnen<br />

Körperbau und Sinnesorgane<br />

Der Vogelspinnenkörper ist in Vorderkörper (Prosoma)<br />

und Hinterkörper (Opisthosoma) gegliedert,<br />

die durch das Stielchen (Petiolus) verbunden sind.<br />

Durch den engen Petiolus verlaufen Verdauungs -<br />

organe und Teile der Nervenbahnen.<br />

Der Vorderkörper<br />

Das Prosoma trägt die vier Laufbeinpaare, die bein -<br />

artigen Taster (Pedipalpen) sowie die Beißwerk-<br />

12<br />

Tarsus<br />

Metatarsus<br />

Femur<br />

Coxa<br />

Trochanter<br />

Tibia<br />

Patella<br />

Fovea<br />

Hinterleib<br />

(Opisthosoma)<br />

Beißwerkzeug<br />

(Chelizeren)<br />

Taster<br />

Spinnwarzen<br />

Laufbeine<br />

Augenhügel<br />

Vorderleib<br />

(Prosoma)<br />

mit Poltidium<br />

zeuge (Chelizeren), die aus den Grundgliedern und<br />

den Klauen bestehen. In den Grundgliedern, bis<br />

in das Prosoma hinein, befinden sich die Giftdrüsen.<br />

Sie sind durch einen Kanal mit den Spitzen der<br />

Beißwerkzeuge verbunden, die seitlich eine kleine<br />

Öffnung haben. Bei einem Biss wird durch diese<br />

Öffnung das Gift in die Beute injiziert.<br />

Zwei starke Chitinplatten verstärken und schützen<br />

den Vorderleib: das Sternum an der Unterseite und<br />

das Peltidium an der Oberseite. Vorne am Peltidium<br />

befindet sich der Augenhügel, auf dem meist acht<br />

Punktaugen angeordnet sind, mit denen die Spinnen<br />

aber meist nur hell und dunkel unterscheiden<br />

können. In der Mitte des Peltidiums befindet sich<br />

eine läng liche Vertiefung, die Fovea, an der im<br />

Inneren ein großer Muskel angeheftet ist. Auch die<br />

kleinen Einbuch tungen des Sternums, die Stern -<br />

alsigillen, sind mit Muskeln verbunden.<br />

Ebenfalls im Vorderkörper befinden sich Nervenknoten,<br />

der Ober- und Unterschlund ganglion, die das<br />

zentrale Nervensystem der Spinne darstellen, sowie<br />

Nervenbahnen, Muskeln und Teile des Verdauungssystems.<br />

Rund um den Mund der Spinne, der einer<br />

Reuse gleicht, sind zahlreiche am Ende offene Ge -<br />

schmacks haare angeordnet. Durch die Öffnungen<br />

stellen die Spinnen fest, ob eine Beute ge nieß bar ist.<br />

Der Hinterkörper<br />

Im Opisthosoma befindet sich das längliche Herz,<br />

das die Haemolymphe (Blut-Lymph-Flüssigkeit) in<br />

Das Körperschema einer Vogelspinne in der Aufsicht<br />

am Beispiel der Art Brachypelma boehmei.


Das Spinnspulenfeld auf der Genitalplatte<br />

zwischen den vorderen Lungen (hier als dunkler<br />

Punkt) ist typisch für subadulte Männchen.<br />

den offenen Blutkreislauf der Spinnen pumpt, so wie<br />

Teile des Verdauungssystems, die Ge schlechts orga -<br />

ne, die Lungen (Buchlungen) und die Spinndrüsen.<br />

Die Haut des Opisthosoma ist sehr dünn und dehnbar.<br />

Bei Stürzen aus größerer Höhe kann sie bei gut<br />

genährten Tieren schnell aufreißen. Der Hinterleib<br />

vieler neuweltlicher Vogelspinnen trägt Brennhaare,<br />

das sind Reizhaare, die die Spinnen mit den Hinterbeinen<br />

einem Angreifer entgegenbürsten können.<br />

Einige Arten schützen damit auch den Kokon. Am<br />

Ende des Hinterleibs befinden sich vier Spinn warzen,<br />

übersät mit kleinen Öffnungen, aus denen der in den<br />

Spinndrüsen hergestellte Spinnstoff austritt. Die hinteren<br />

Warzen sind deutlich länger als die vorderen.<br />

Die Beine<br />

Die Laufbeine bestehen aus sieben Segmenten, die<br />

durch dünne Gelenkhäute miteinander verbunden<br />

sind. Auf den Beinen befinden sich zahlreiche Haare,<br />

die den Vogelspinnen ihr pelziges Aussehen verleihen.<br />

Die meisten dieser Haare sind Sinnesorgane, mit<br />

An derselben Stelle auf der Genitalplatte zwischen<br />

den vorderen Lungen haben subadulte Weibchen<br />

lediglich normale Behaarung.<br />

denen die Spinnen Schwingungen der Luft und des<br />

Bodens wahrnehmen. Die Hinterbeine von neuweltlichen<br />

Arten besitzen kräftige Stacheln, mit denen die<br />

Spinnen die Brennhaare vom Hinterleib bürsten und<br />

während der Häutung das Zurückrutschen in die alte<br />

Haut verhindern. Auf den Coxen und Trochantern der<br />

Vorderbeine und auf den Coxen der Pedipalpen und<br />

den Außenseiten der Chelizeren besitzen zahlreiche<br />

Arten Strukturen aus verdickten oder stacheligen<br />

Haaren und Borsten, die bei einer Störung gegen -<br />

einandergerieben werden und ein zischendes oder<br />

knisterndes Ge räusch verursachen. Dieses Stridulationsgeräusch<br />

dient der Feindabwehr.<br />

Die Farbe der Spinnen<br />

Die Färbung der Tiere ist abhängig von der Lebensweise<br />

und dem Lebensraum. Dunkel gefärbte Tiere<br />

sind meist Waldbewohner oder leben in tiefen Röhren.<br />

Farbenfrohe Tiere dagegen findet man oft in<br />

Bäumen, wo sie ziemlich aktiv sind, oder auf stark<br />

strukturiertem Bodengrund.<br />

13


faszination vogelspinnen<br />

20<br />

Orphnaecus sp.<br />

Verbreitung Philippinen (Insel Panay) Lebensraum tropischer<br />

Regenwald, in Baumlöchern Körperlänge ca. 5 cm Haltung<br />

Boden grund aus Blumenerde-Sand-Gemisch, ständig feucht<br />

halten; keine Winterruhe nötig. Versteck aus aufrecht gestellter<br />

Kork- oder Bambusröhre. Bepflanzung ist optional. Verhalten<br />

Ist recht ruhig und zieht sich bei einer Störung eher zurück. Ver -<br />

teidigt sich, falls nötig, durch Drohen mit anschließendem Giftbiss.<br />

Ähnlich zu halten einige Chilobrachys-Arten, wie Chilo -<br />

brachys guanxiensis oder Chilobrachys hardwicki, die bisweilen<br />

auch in Bäumen leben.<br />

Phormingochilus everetti<br />

Verbreitung Westen von Borneo Lebensraum tropischer<br />

Regenwald; lebt in Baumlöchern Körperlänge ca. 6–7 cm<br />

Haltung Bodengrund aus Blumenerde-Sand-Gemisch, ständig<br />

feucht halten; keine Winterruhe nötig. Versteck aus aufrecht gestellter<br />

Kork- oder Bambusröhre. Bepflanzung ist optional. Verhalten<br />

Ist bisweilen nervös und leicht reizbar. Verteidigt sich<br />

bei einer Störung durch Drohen mit anschließendem Gift biss.<br />

Ähnlich zu halten Cyriopagopus schioedtei, Lampropelma violaceopes,<br />

Lampropelma nigerrimum und weitere Phormingochilus-<br />

Arten.<br />

Poecilotheria metallica<br />

Verbreitung Indien Lebensraum tropischer Regenwald, Bergregenwald<br />

und Trockenwald; lebt in Baumlöchern Körperlänge<br />

ca. 6–7 cm Haltung Bodengrund aus Blumenerde-Sand-Ge -<br />

misch; kann im Sommer etwas antrocknen, dann muss der Wassernapf<br />

aber immer gefüllt sein; keine Winterruhe nötig. Versteck<br />

aus aufrecht gestellter Kork- oder Bambusröhre anbieten. Be -<br />

pflanzung ist optio nal. Verhalten Ist bisweilen nervös und leicht<br />

reizbar. Verteidigt sich bei Störung durch Drohen mit anschlie -<br />

ßendem Giftbiss. Schöne bunte Art. Ähnlich zu halten weitere<br />

Poecilotheria-Arten.<br />

Die angegebene Körperlänge bezieht sich grundsätzlich auf Weibchen.<br />

Zur Giftigkeit der Vogelspinnen beachten Sie bitte die Hinweise auf S. 62.


Avicularia avicularia<br />

Heteroscodra maculata<br />

Vogelspinnen im Porträt<br />

Verbreitung Mittelamerika bis Brasilien Lebensraum tropi -<br />

scher Regenwald; bisweilen in Häusern; dreht große Blätter zu<br />

Röhren Körperlänge ca. 5 cm Haltung Bo dengrund aus Blumenerde-Sand-Gemisch,<br />

ständig feucht halten; keine Winterruhe<br />

nötig. Bepflanzung mit Ficus pumila, Epipremnum aureum (Efeu -<br />

tute) oder kleinblättrigen Philodendron-Arten empfehlenswert<br />

Verhalten Sehr ruhige Art, verteidigt sich auch bei Störung kaum.<br />

Streckt dem Angreifer den Hinterleib entgegen, von dem bei Berührung<br />

leicht Reizhaare abbrechen. Verteidigt sich bisweilen<br />

durch Kotspritzen. Ähnlich zu halten weitere Avicularia-Arten.<br />

Psalmopoeus irminia<br />

Verbreitung Nordvenezuela Lebensraum tropischer Regenwald;<br />

lebt in Baumlöchern und hinter abgeplatzter Baumrinde<br />

Körperlänge ca. 7 cm Haltung Bodengrund aus Blumenerde-<br />

Sand-Gemisch, ständig feucht halten; keine Winterruhe nötig.<br />

Versteck aus aufrecht gestellter Kork- oder Bambusröhre. Bepflanzung<br />

ist optional. Verhalten Sehr schnelle Art. Ist bisweilen nervös<br />

und leicht reizbar. Verteidigt sich bei Störung durch Drohen<br />

mit anschließendem Giftbiss. Ähnlich zu halten Psalmo poeus<br />

cambridgei, Psalmopoeus reduncus und weitere Psalmo poeus- und<br />

Tapinauchenius-Arten.<br />

Verbreitung Westafrika Lebensraum tropischer Regenwald,<br />

Bergregenwald und Trockenwald; in Baumlöchern Körperlänge<br />

ca. 6–7 cm Haltung Bodengrund aus Blumenerde-Sand-Ge -<br />

misch; kann im Sommer etwas antrocknen, dann muss der Wassernapf<br />

aber immer gefüllt sein; keine Winterruhe nötig. Versteck<br />

aus aufrecht gestellter Kork- oder Bambusröhre. Bepflanzung ist<br />

optional. Verhalten Ist bisweilen nervös und reizbar. Verteidigt<br />

sich bei Störung durch Drohen mit anschließendem Giftbiss. Sehr<br />

schöne bunte Art mit verdickten Hinterbei nen. Ähn lich zu halten<br />

Heteroscodra crassipes und Stromatopelma calceatum.<br />

verteidigt sich bombardierend verteidigt sich mit Giftbiss<br />

21


Luxuswohnung für Baumbewohner<br />

Alle Vogelspinnen, die auf oder in Bäumen oder<br />

Sträuchern leben, sind Baumbewohner. Viele von<br />

ihnen findet man in Astlöchern oder Aushöhlungen<br />

in den unteren Baumstammbereichen, wie Arten<br />

der Gattung Poecilotheria, Heteroscodra oder Psalmopoeus.<br />

Andere, wie manche Angehörige der<br />

Gattungen Chilobrachys oder Avicularia, bauen Ge -<br />

spinströhren zwischen Astgabeln oder drehen Blätter<br />

zu einer Röhre zusammen, die sie dann von innen<br />

mit Gespinst auskleiden. Baumbewohnende<br />

Vogelspinnen leben in den meisten tropischen<br />

32<br />

und subtropischen Wäldern, lediglich in den Re -<br />

genwäldern Nordaustraliens und Neuguineas sind<br />

sie nicht bekannt. Sie bevorzugen eine hohe Luftfeuchtigkeit<br />

von 70 bis 90%.<br />

Terrarientyp Bei der Ter rarienwahl ist die kletternde<br />

Lebensweise der Tiere zu berücksichtigen.<br />

Wählen Sie deshalb ein ausreichend hohes Terrarium.<br />

Für baumbewohnende Vogelspinnen werden<br />

im Zoofachhandel Terrarien mit Falltürscheiben angeboten<br />

(➝ Seite 30). Sie sind meist in Standardgröße<br />

von 20 20 30 cm (L B H) erhältlich.


Die baumbewohnende Heteroscodra maculata aus<br />

Afrika lauert an ihrem Unterschlupf auf Beute. Die<br />

Gespinstfäden erleichtern das Registrieren der Beute.<br />

Die Einrichtung<br />

Das Terrarium für Baumbewohner benötigt einen<br />

Bodengrund aus handelsüblicher Blumenerde, die<br />

immer etwas feucht gehalten werden muss. Zusätzlich<br />

sollten Sie das Terrarium täglich kurz mit entkalktem<br />

Wasser aus einem Zerstäuber aussprühen.<br />

Dies erhöht die Luftfeuchtigkeit, was der Spinne<br />

und besonders den Pflanzen zugutekommt. Dennoch<br />

sollte ein Wassernapf nicht fehlen. Eine aufrecht<br />

stehende gebogene Korkröhre oder ein Stück<br />

Bambusstamm als Unterschlupf ist ebenfalls Pflicht.<br />

Pflanzen Künstliche oder echte Pflanzen, wie der<br />

in der Terraristik gerne verwendete Kletterficus<br />

(Ficus pumila) oder kleinere Bromelien können die<br />

Einrichtung vervollständigen. Gerade Bromelien<br />

werden von einigen Avicularia-Arten gerne als Versteck<br />

angenommen. Avicularia minatrix zieht sich<br />

bei Gefahr sogar in die wassergefüllten Trichter<br />

dieser Pflanzen zurück. Sie können die Pflanzen<br />

direkt in den Bodengrund setzen, allerdings sollten<br />

Sie darauf achten, dass dieser mindestens 4 bis<br />

5 cm hoch ist. Oder Sie bringen die Pflanzen samt<br />

Topf ins Terrarium ein. Unästhetische Kunststofftöpfe<br />

können Sie mit Moos oder Rinde verkleiden.<br />

Licht und Wärme Zur Beheizung und Beleuchtung<br />

verwendet man eine passende Leucht einheit, die<br />

im oberen Terrarienbereich für Lufttemperaturen<br />

von 22 bis 28°C sorgt. Besonders wichtig ist die Be-<br />

Das Terrarium für Baumbewohner sollte ausreichend<br />

hoch sein, damit die Spinnen klettern können.<br />

Luxuswohnung für Baumbewohner<br />

leuchtung, wenn man echte Pflanzen in das Terrarium<br />

gepflanzt hat. Das Terrarium darf niemals dem<br />

direkten Sonnenlicht ausgesetzt werden, da das<br />

Be cken sonst in kürzester Zeit überhitzt ist, was unweigerlich<br />

zum Tod der Vogelspinne führen würde.<br />

Vergesellschaftung Obwohl auch die meisten<br />

baumbewohnenden Vogelspinnen sehr intolerant<br />

gegen über anderen Vogelspinnen sind, gibt es<br />

gerade bei diesen einige Arten, die zu mehreren<br />

Exemplaren gehalten werden können, wie Poecilotheria<br />

subfusca oder Avicularia minatrix. Achten Sie<br />

aber darauf, dass es sich bei den gemeinschaftlich<br />

gehaltenen Exemplaren um einen Familienverband<br />

handelt, denn in Gruppen aus sich fremden Tieren<br />

kann es auch zu Kannibalismus kommen.<br />

33


fit und gesund<br />

Bombardieren mit Brennhaaren und Kot<br />

Neuweltliche Vogelspinnen haben eine äußerst<br />

eigentümliche Art der Verteidigung entwickelt. Sie<br />

schleudern bei einer Störung durch schnelles und<br />

kräftiges Reiben der Hinterbeine über die Obersei -<br />

te des Opisthosomas einem Feind eine Wolke von<br />

Brennhaaren entgegen. Dieses »Bombardieren«<br />

verursacht einen unangenehmen Juckreiz beziehungsweise<br />

ein Brennen auf der Haut und auf den<br />

Schleimhäuten. Gelangen die Brennhaare in die<br />

Augen, ist nicht selten eine Bindehautentzündung<br />

die Folge. Die Haare besitzen feine Widerhaken,<br />

bohren sich damit in die Haut und können kaum<br />

entfernt werden. Erst nach einigen Stunden lässt<br />

der Juckreiz oder das Brennen nach. Allzu neugierige<br />

Kleinsäuger, Primaten oder auch Waschbären<br />

lassen schnell von einer Vogelspinne ab, nachdem<br />

diese ihnen eine Ladung Brennhaare entgegengeschleudert<br />

hat. Bei den Störenfrieden führt das zu<br />

einer Schwellung der Nasenschleimhäute und so -<br />

mit zu einer stark triefenden Nase oder zu einer<br />

Entzündung der Augen. Angeblich soll beim Men-<br />

46<br />

schen das Einreiben der betroffenen Stelle mit<br />

Vaseline Linderung verschaffen. Das Bombardieren<br />

mit Brennhaaren ist der erste Schritt der Verteidigung.<br />

Sollte der Angreifer dadurch immer noch<br />

nicht abgeschreckt sein, gehen die sogenannten<br />

Bombardierspinnen in die Verteidigungsstellung<br />

über und beißen letztendlich, wie andere Vogel -<br />

spinnen auch, kräftig zu.<br />

Baumbewohnende Vogelspinnen haben eine ebenfalls<br />

wirkungsvolle Verteidigungstechnik: Sie vertreiben<br />

ihre Feinde durch einen gezielten Strahl Kot.<br />

Spinnen auf die Hand nehmen<br />

Aufgrund ihrer ruhigen und lauernden Lebensweise<br />

brauchen Vogelspinnen keinerlei Auslauf ins Zimmer<br />

oder in den Garten. Im Gegenteil, dies würde<br />

erheblichen Stress für das Tier bedeuten. Dennoch<br />

kann man gelegentlich den Wunsch haben, die<br />

Spinne auch einmal aus dem Terrarium herauszunehmen<br />

und anzufassen, sei es, weil man fühlen<br />

will, wie sich eine Vogelspinne anfühlt, oder weil<br />

man das Geschlecht eines subadulten Tieres be -<br />

stimmen möchte. Auch im Rahmen einer Vogelspinnenvorführung<br />

oder eines Vortrags vor Schulkindern<br />

kann es sinnvoll sein, eine Vogelspinne auf<br />

die Hand zu setzen. Dazu nimmt man sie mit einem<br />

Spezialgriff auf. Hat man eine Vogelspinne vor sich,<br />

die sich üblicherweise durch Giftbiss verteidigt,<br />

soll te man besser vorher an einer ruhigen Art geübt<br />

haben. Zahme Tiere kann man vorsichtig auf die<br />

geöffnete Hand nehmen. Beim Anheben der Spinnen<br />

ist stets darauf zu achten, dass sie nicht von<br />

Das Einfangen bzw. Hineinschieben in eine<br />

Heimchendose ist die sicherste Methode, um<br />

eine Vogelspinne aufzunehmen.


der Hand herunterfallen. Gerade große und<br />

schwere Arten ziehen sich dabei oftmals tödliche<br />

Verletzungen zu. Bei einem Sturz aus größerer<br />

Höhe reißt häufig das Opisthosoma auf, eine Verletzung,<br />

die selten heilt, sondern meist zum Tod<br />

führt. Das Einfangen der Vogelspinne mithilfe<br />

einer Heimchendose ist deshalb die sicherste<br />

Methode. Die offene Dose wird dabei senkrecht<br />

So gehen Sie mit Vogelspinnen um<br />

vor die Spinne platziert. Dann schiebt man das Tier<br />

mit dem Deckel in die Dose. Geht die Vogelspinne<br />

dabei jedoch in Verteidigungsstellung, kann man<br />

die Dose auch über sie stülpen und den Deckel unter<br />

die Dose schieben. So wird die Spinne gefahrlos<br />

in die Dose befördert. Beim Verschließen der Dose<br />

muss man unbedingt darauf achten, dass keine Extremitäten<br />

der Vogelspinne eingeklemmt werden.<br />

1 PINZETTE Möchte man die Vogelspinne auf Distanz halten,<br />

nimmt man sie am besten mit einer Pinzette hoch. Dafür greift<br />

man den Vorderkörper etwa auf Höhe der Fovea. Man muss jedoch<br />

äußerst vorsichtig sein, um die Spinne nicht zu quetschen, denn<br />

zu starker Druck auf den Vorderleib kann zu Verletzungen und<br />

Rissen im Peltidium führen.<br />

2 SPEZIALGRIFF Möchte man eine Vogelspinne mit der Hand<br />

heben, aber nicht das Risiko eingehen, gebissen zu werden, kommt<br />

der Spezialgriff zum Einsatz. Man packt die Spinne mit Daumen<br />

und Ringfinger zwischen dem zweiten und dritten Beinpaar und<br />

fixiert den Vorderkörper durch leichten Druck mit dem Zeige finger<br />

auf das Peltidium. In diesem Griff ist die Spinne wehrlos.<br />

3 AUF DIE HAND NEHMEN Gerade ruhige und zahme Vogelspinnen<br />

kann man auf die offene Hand bugsieren und so z. B.<br />

Zuschauern präsentieren. Man hält die offene flache Hand vor<br />

die Spinne und schiebt diese mit der anderen Hand oder einem<br />

Ge genstand vorsichtig, aber bestimmt hinauf. Hat sie in der Mitte<br />

der Hand Platz genommen, kann man sie vorsichtig anheben.<br />

47


fit und gesund<br />

Brummen führt. Ist das Weibchen in Paarungsstimmung,<br />

erwidert es das Trommeln, indem es sich<br />

mit den Vorderbeinen trommelnd auf das Männchen<br />

zu bewegt. Sobald sich die Tiere berühren,<br />

geht alles recht schnell.<br />

Begattung Das Männchen stemmt das Weibchen<br />

hoch, um darunterzukriechen. Das Weibchen ist<br />

ihm dabei behilflich, indem es sich ein wenig hochdrückt.<br />

Sogleich führt das Männchen seine Bulben<br />

abwechselnd in die Geschlechtsöffnung des Weibchens<br />

an der Unterseite des Opisthosomas ein und<br />

gibt sein Sperma ab.<br />

Trennung Das Männchen entfernt sich nach der<br />

Spermaabgabe schnell und klettert beispielsweise<br />

an einem Baumstamm hoch. Das Weibchen stellt<br />

ihm unter Umständen nach, kann das viel leichtere<br />

Männchen aber kaum erreichen, wenn es irgendwo<br />

hochklettert. Das Weibchen begibt sich dann wieder<br />

in seinen Unterschlupf, während das Männchen<br />

52<br />

Die kleine Nymphe fühlt sich in ihrem Spiderling-<br />

Terrarium wohl, muss allerdings in ein größeres<br />

Terrarium umziehen, wenn sie größer wird.<br />

ein vorübergehendes Versteck sucht, um neue<br />

Kräfte zu sammeln und gegebenenfalls die Bulben<br />

wieder mit Sperma zu füllen. Anschließend macht<br />

es sich wieder auf die Suche nach einem paarungsbereiten<br />

Weibchen.<br />

Eiablage und Jungenaufzucht<br />

Nach der Paarung reifen in den nächsten Wochen<br />

und Monaten in den Ovarien des Weibchens die<br />

Eier heran. In der Zeit versucht es, so viel Beute wie<br />

möglich zu machen, damit es ausreichend Energie<br />

für die Reifung möglichst vieler Eier und die an -<br />

strengende Betreuung des Nachwuchses hat. Zum<br />

Ende der natürlichen Regen- oder Winterzeit verschließt<br />

das Weibchen seinen Unterschlupf von innen<br />

und spinnt ein tellerartiges dichtes Gewebe auf<br />

den Boden. Auf dieses Gewebe legt es die Eier ab.<br />

Während die Eier den Körper verlassen, werden sie<br />

mit dem Sperma des Männchens befruchtet, das in<br />

den Samentaschen gespeichert war.<br />

Kokon Nach der Eiablage webt das Weibchen viele<br />

Schichten Spinnseide über die Eier, bis ein runder<br />

Kokon entstanden ist. Den Kokon schiebt es unter<br />

den Vor derkörper und bewacht ihn die nächsten<br />

Wochen, während in den Eiern die Spinnen heranreifen.<br />

Nach einigen Wochen schlüpfen die Spinnen<br />

aus den Eiern im Kokon. Diese Prälarven sehen aus<br />

wie Eier mit Beinen, weil sie ein sehr großes, mit<br />

Dotter gefülltes Opisthosoma haben. Etwa drei Wo -<br />

chen später häuten sich die Prälarven ins Larvenstadium.<br />

Jetzt sehen die Kleinen schon wie Spinnen<br />

aus, aber die kräftige Behaarung fehlt ihnen noch.<br />

Wieder zwei bis drei Wochen später häuten sich die<br />

Larven in das erste Nymphenstadium und sind voll<br />

ausgereifte kleine Spinnen.<br />

Jungspinnen Jetzt öffnet die Mutter den Kokon,<br />

und die Jungtiere verteilen sich im Unterschlupf,


Dieses Weibchen der bunten Zwergvogelspinne Cyriocosmus ritae bewacht ihren Kokon. Die<br />

ersten Nymphen sind bereits herausgekommen und haben sich im Unterschlupf der Mutter verteilt.<br />

Die meisten Tiere verweilen gewöhnlich aber noch eine ganze Weile in dem schützenden Kokon.<br />

bleiben aber immer in deren Nähe. Bei einigen<br />

Ar ten, etwa aus der Gattung Hysterocrates, fängt die<br />

Mutter Beute, die sie den Kleinen zum Fressen hinlegt<br />

und sich dann zurückzieht. In der Natur verlassen<br />

die Jungspinnen nach einiger Zeit den Bau der<br />

Mutter, verteilen sich in der Nähe und führen ihr<br />

eigenes Leben. In der Terrarienhaltung werden die<br />

Nymphen bzw. Spiderlinge, sobald sie aus dem<br />

Kokon geschlüpft sind, eingesammelt. Hierfür fängt<br />

man die Mutter mithilfe einer Heimchendose ein<br />

(➝ Seite 47), damit man die kleinen Nymphen<br />

gefahrlos mit einer Pinzette oder einem Pinsel<br />

herausholen und in die vorbereiteten Spiderling-<br />

Terrarien (➝ Seite 29) einsetzen kann. Da Sie<br />

wohl allein schon aus Platzgründen kaum die<br />

Möglichkeit haben werden, Hunderte von Jung -<br />

spinnen aufzuziehen, können Sie diese auf Terrarienbörsen<br />

oder auf Anzeigenseiten im Internet<br />

(➝ Service, Seite 62) anderen Vogelspinnenhaltern<br />

zum Verkauf oder Tausch anbieten.<br />

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SOS – was tun?<br />

Häutungsprobleme<br />

problem Die Vogelspinne bleibt bei der<br />

Häutung mit einem Bein in der alten Haut<br />

ste cken. das könnte helfen Betäuben<br />

Sie die Spinne mit Kohlendioxid und versuchen<br />

Sie das Bein freizulegen, indem Sie<br />

die alte Haut mit einer Schere oder einem<br />

Skalpell vorsichtig abschneiden.<br />

Kahler Hinterleib<br />

problem Die Vogelspinne<br />

hat auf dem<br />

Hinterleib eine »Glatze«.<br />

das könnte helfen Die<br />

Glatze entsteht, wenn die Spinne zur Verteidigung<br />

oder zum Bespicken des Kokons<br />

ihre Brennhaare von der Oberseite des<br />

Opisthosomas bürstet. Die Haare werden<br />

bei der nächsten Häutung regeneriert. Kurz<br />

vor der Häutung wird die Glatze dunkler.<br />

Platznot bei der Paarung<br />

problem Im Röhrenbewohner-Terrarium ist<br />

nicht genug Platz für eine Verpaarung. das<br />

könnte helfen Schneiden Sie in eine große<br />

Plastikdose mit Deckel eine Öffnung in<br />

den Boden, die der Öffnung des Terrariums<br />

entspricht. Diese Dose stellen Sie mit dem<br />

Männchen darin auf das offene Terrarium.<br />

Parasitenbefall<br />

problem Auf der Spinne<br />

laufen im Mundbereich, zwischen<br />

den Beißwerkzeugen und/<br />

oder auf dem Peltidium kleine weißliche<br />

oder gelbliche Tiere herum. das<br />

könnte helfen Es handelt sich dabei<br />

wahrscheinlich um Milben. In der Regel<br />

sind sie nicht gefährlich, sie ernähren sich<br />

von Nahrungsresten, die im Mundbereich<br />

der Spinne hängen bleiben. Sollten die<br />

Milben aber überhandnehmen, können sie<br />

der Spinne schaden und sollten entfernt<br />

werden. Dafür betäubt man die Spinne mit<br />

Kohlendioxid und sammelt die Milben mit<br />

einem Wattestäbchen oder einem Pinsel<br />

ab und lässt sie auf ein Stück Küchenpapier<br />

oder ein Papiertaschentuch fallen, das man<br />

anschließend in der Toilette entsorgt.<br />

Todesstarre<br />

problem Die Spinne<br />

liegt mit unter den Körper<br />

gezogenen Beinen<br />

und verschrumpeltem Hinterleib<br />

fast regungslos im Terrarium. das könnte<br />

helfen Offenbar leidet die Spinne an massivem<br />

Wassermangel und liegt schon in der<br />

Todesstarre. Stellen Sie einen flachen Wassernapf<br />

in das Terrarium, und legen Sie die<br />

Spinne mit dem Vorderkörper hinein.


Faszination auf acht Beinen! Vogelspinnen<br />

sind Wesen aus unbekannten Welten voller Exotik: Ob braun,<br />

rot oder blau, gestreift oder gefleckt, die unzähligen Arten sind<br />

die Schmuckstücke in jedem Terrarium und machen eine<br />

Auswahl oft schwer. In diesem GU Tierratgeber werden die<br />

schönsten Baum-, Boden- und Röhrenbewohner mit ihren<br />

individuellen Lebensräumen vorgestellt. Zusätzlich erhalten<br />

Sie alle wichtigen Informationen rund um Haltung, Pflege,<br />

Ernährung und Gesundheit. Anleitungen und praktische Tipps<br />

zur Terrarieneinrichtung, Ausstattung und Wartung garantieren<br />

einen gelungenen Start in die Spinnenhaltung.<br />

WG 424 Hobbytierhaltung<br />

ISBN 978-3-8338-2151-6<br />

www.gu.de<br />

PEFC/04-32-0928<br />

€ 7,99 [D]<br />

€ 8,30 [A]

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