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60 globalgame angler globalgame angler 61 - Marlin Fishing La ...

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LA GOMERA BLUE MARLIN BLUE MARLIN LA GOMERA<br />

EIN ANRUF AUS DER HEIMAT<br />

Als das Telefon klingelte und ich im Display<br />

die 386 am Anfang der Nummer sah,<br />

wusste ich, dass ich endlich mal wieder ein<br />

Telefongespräch in meiner slowenischen<br />

Muttersprache führen würde. Doch, noch<br />

wusste ich nicht, wer der Anrufer wohl war.<br />

Aber das konnte ich ja schnell herausfinden.<br />

Einen Knopfdruck später hörte ich eine<br />

altbekannte Stimme, die ich schon wirklich<br />

lange nicht mehr gehört hatte. „Na, du alter<br />

Fischdieb“, begrüßte ich den Anrufer.<br />

Bestimmt seit zwei Jahren hatte ich nichts<br />

mehr von Andrej gehört, dem in meiner<br />

Heimat für seine Erfolge beim Fang großer,<br />

sehr großer Marmoratas gleichermaßen bekannten<br />

wie berüchtigten und von vielen sogar<br />

geächteten Fliegenfischer. Andrej hatte<br />

sich früher tage-, ja manchmal wochenlang<br />

auf die <strong>La</strong>uer gelegt, um einen bestimmten<br />

Fisch zu fangen. Hat am Wasser geschlafen,<br />

den Fisch und dessen Verhalten von früh bis<br />

spät beobachtet und dann schließlich seine<br />

Fliege präsentiert. So hat Andrej zwar nicht<br />

alle riesigen marmorierten Forellen überlistet,<br />

auf die er es abgesehen hatte, aber<br />

die meisten. Und weil Erfolg immer Neider<br />

schafft, war Andrej nicht überall gleichermaßen<br />

beliebt. Ich aber mochte ihn immer,<br />

denn es gehört schon einiges dazu, sich seine<br />

Fische so hart zu erarbeiten, wie Andrej<br />

das getan hatte. Und jetzt hatte er wieder<br />

etwas Neues zu erzählen.<br />

Andrej war nun Teilhaber eine Bootes und<br />

machte gemeinsam mit seinem Partner Angelausfahrten<br />

in den Kanarischen Inseln. Ich<br />

müsse ihn unbedingt besuchen kommen,<br />

sagte er. Die Fischerei sei toll und ich hätte<br />

sehr gute Chancen, einen <strong>Marlin</strong> zu fangen.<br />

„Mit der Fliege?“ fragte ich. „Du kannst es<br />

versuchen, Mirjana. Aber die Fische hier<br />

sind wohl zu groß. Wir haben erstklassiges<br />

BIG GAME-Angelgerät an Bord“, gab Andrej<br />

mir zur Antwort. Hmmm... BIG GAME? Das<br />

ist wohl eher nichts für mich. Schließlich fische<br />

ich nur mit der Fliege und hatte zu dem<br />

Zeitpunkt, als Andrej mich zu den Kanaren<br />

einlud, noch überhaupt keine Berührungspunkte<br />

mit der schweren Fischerei.<br />

Es vergingen ein paar Wochen bis Andrej<br />

ein zweites Mal anrief und einen neuen Versuch<br />

unternahm, mich zum <strong>Marlin</strong>fischen zu<br />

überreden. Ich hatte die Sache schon fast<br />

vergessen, als Andrej mir begeistert von den<br />

Fängen der letzten Wochen vorschwärmte<br />

und damit doch irgendwie meinen Jagdtrieb<br />

weckte. Wieder fragte ich ihn, ob es<br />

denn auch Möglichkeiten zum Fliegenfischen<br />

gäbe. Als Andrej dann meinte, ich könnte<br />

doch einfach die Fliegenruten mitbringen<br />

und dann mal schauen, was damit möglich<br />

ist, hatte er mir eine Tür geöffnet. Durch die<br />

Der Hafen von Los<br />

Christianos auf Teneriffa.<br />

Hier legen die Fähren<br />

zur Nachbarinsel <strong>La</strong><br />

Gomera ab.<br />

Der Fred Olsen<br />

Express braucht<br />

knapp 40 Minuten<br />

von Teneriffa nach<br />

<strong>La</strong> Gomera.<br />

Passagiere, Autos, LKW, Container... hier<br />

wird alles verladen, was zwischen den Kanarischen<br />

Inseln hin und her transportiert werden<br />

muss.<br />

ich nur all zu gerne hindurch schritt. Hatte<br />

ich doch dringend ein paar Tage Auszeit von<br />

der Arbeit der letzten Wochen verdient. Also<br />

sagte ich Andrej zu und kümmerte mich um<br />

einen Flug von Düsseldorf nach Teneriffa<br />

Süd in der ersten Augustwoche.<br />

REISE ZUR VULKANINSEL<br />

Am ersten August stieg ich um viertel vor<br />

elf in den Flieger, mit dem CONDOR mich<br />

für knapp 420 Euro von Düsseldorf nach Teneriffa<br />

und vier Tage später wieder zurück<br />

bringen sollte. Nach knapp vier Stunden<br />

Flugzeit sah ich zum ersten Mal in meinem<br />

Leben die Insel Teneriffa. Von meinem Fensterplatz<br />

aus blickte ich auf die Insel hinunter,<br />

von der mir meine Bekannten neidvoll vorgeschwärmt<br />

hatten. So schön sei es da, wo<br />

ich hinfliegen würde. Ein richtiges Urlaubsparadies.<br />

Doch ich erblickte nur braunes<br />

Ödland mitten im tiefblauen Meer. Und dann<br />

diese gewaltigen Ansammlungen heller Gebäude,<br />

großer Hotelkomplexe auf einem<br />

Haufen. Ich hatte mir das Urlaubsparadies<br />

ganz anders vorgestellt. Bald darauf bestieg<br />

ich ein Taxi und ließ mich nach Los Christianos<br />

fahren, einer Hafenstadt im Süden von<br />

Teneriffa, wo ich an Bord einer Fähre meine<br />

Reise zu meinem Endziel fortsetzen wollte.<br />

Während der Taxifahrt korrigierte sich mein<br />

erster Eindruck von Teneriffa. Blühender Liguster,<br />

Palmen und Akazien zauberten bunte<br />

Schönheit in die karge Wüstenlandschaft.<br />

Und die sauberen Häuser und ungezählten<br />

schnuckeligen Restaurants an den Uferstraßen<br />

der kleinen Ortschaften ließen doch ein<br />

wohliges Urlaubsgefühl aufkommen.<br />

Zwei Fähren verbinden Teneriffa mit der<br />

nächsten Insel <strong>La</strong> Gomera. Beide Schiffe<br />

sind große Autofähren. Die kleinere heißt<br />

„Volcan de Taburiente“ und die größere trägt<br />

den stolzen Namen „Benchijigua-Express“.<br />

Heute Abend fuhr nur noch die große Fähre<br />

nach <strong>La</strong> Gomera und so stand ich um 19:00<br />

Uhr mit einem leckeren Milchkaffee von der<br />

Schiffsbar auf dem Sonnendeck im Heck des<br />

gewaltigen Katamarans. Die „Benchijigua-<br />

Express“ ist das größte von fünf Fährschiffen<br />

der Fred Olsen Express Linie. Sie ist über<br />

120 Meter lang und erreicht mit bis zu 1.350<br />

Passagieren und 400 Automobilen an Bord<br />

eine unglaubliche Spitzengeschwindigkeit<br />

von über 40 Knoten. Der Fahrtwind blies<br />

mir durch die Haare, es war warm, es war<br />

Urlaub. Als wir die Hafeneinfahrt hinter und<br />

gelassen hatten und über das offene Meer<br />

rasten, wurde es trotz der Größe des Schiffes<br />

ganz schön schaukelig. Weiße Schaumkronen<br />

zierten die Wellen und ich fragte<br />

mich, ob die geplanten drei Angelausfahrten<br />

bei diesen Bedingungen überhaupt stattfinden<br />

können.<br />

Nach einem zweiten Milchkaffee und insgesamt<br />

knappen vierzig Minuten Hochgeschwindigkeitsfahrt<br />

erreichten wir den Hafen<br />

von San Sebastian. <strong>La</strong> Gomera gefiel mir<br />

auf den ersten Blick. Das verträumte Örtchen<br />

San Sebastian schmiegte sich an die<br />

Hänge eines hohen Bergs. Hier war alles viel<br />

grüner als auf Teneriffa. Und von großen Hotelanlagen<br />

war nichts zu sehen. Am Anleger<br />

im Hafen erblickte ich einen durchtrainierten<br />

Kerl mit kahlgeschorenem Kopf und cooler<br />

Sonnenbrille. Andrej wartete also tatsächlich<br />

wie versprochen auf mich, nahm mir<br />

mein Gepäck ab und führte mich durch den<br />

kleinen Hafen, entlang der Strandpromenade<br />

und durch die Gassen des malerischen<br />

Örtchens namens San Sebastian zu meiner<br />

Unterkunft. Er hatte ein kleines, sauberes<br />

Appartement mit Wohnzimmer, Küche, Bad<br />

und Schlafzimmer in einem preiswerten Hotel<br />

mitten im Ort für mich reserviert. Wir luden<br />

mein Gepäck ab, machten noch einige<br />

Besorgungen in einem Supermarkt und verabredeten<br />

uns zum Abendessen.<br />

CAPTAINS DINNER MIT TONY<br />

So lernte ich, nachdem ich mich von der<br />

Anreise ein wenig erholt und frisch gemacht<br />

hatte, beim Dinner Andrejs Freund und Geschäftspartner<br />

Tony Norman kennen. Ein<br />

von Wind und Wetter gegerbter Kapitän,<br />

der trotz seiner 72 Jahre eine erstaunliche<br />

Jugendlichkeit und Fröhlichkeit ausstrahlte.<br />

Mit einem breiten Grinsen begrüßte er mich<br />

und sofort mochte ich seinen charmanten<br />

Humor. Tony stammt aus Neuseeland, wo<br />

er seit frühester Kindheit mit dem Meeresfischen<br />

vertraut war. Als Big Game Kapitän<br />

hat er dort und lange Zeit in Mittelamerika<br />

gearbeitet, bevor es ihn zunächst nach<br />

England und schließlich auf die Kanaren verschlug.<br />

Nun arbeitete er seit fast zwei Jahren<br />

mit Andrej zusammen und beide brachten<br />

Angler aus aller Welt an Bord ihrer 31<br />

Fuß Bertram auf den Atlantik hinaus und in<br />

Kontakt mit großen, starken Meeresfischen.<br />

Unser Gespräch beim Dinner war hoch interessant<br />

und drehte sich natürlich hauptsächlich<br />

um die bevorstehende Fischerei.<br />

Immer wieder wollte ich wissen, ob denn<br />

Chancen bestünden, einen <strong>Marlin</strong> mit der<br />

Fliege zu fangen. Tony nahm mir mit den<br />

folgenden Sätzen dann endgültig alle Illusionen:<br />

„Wenn hier ein <strong>Marlin</strong> mit 400 Pfund<br />

gefangen wird, dann freut man sich, aber<br />

es ist nichts besonderes. Ein <strong>Marlin</strong> mit 500<br />

Pfund ist ein „nice fish“. Einer mit <strong>60</strong>0 Pfund<br />

ist ein „really nice fish“. Bei über 700 Pfund<br />

spricht man von einem „good fish“. Und ab<br />

800 Pfund wird es interessant.“ Ich hatte<br />

verstanden. Die meisten <strong>Marlin</strong>e der Kanaren<br />

sind einfach viel zu groß, um sie mit der<br />

Blick auf die kleine<br />

Hafenstadt San Sebastian<br />

und ein Big Game Boot auf<br />

seiner Fahrt in die Marina<br />

von <strong>La</strong> Gomera.<br />

Fliegenrute bezwingen zu können. Nach einem<br />

letzten Glas Wein verabschiedeten wir<br />

uns und beschlossen, morgen um 10:00 Uhr<br />

den Hafen zu verlassen.<br />

BIG-GAME CRASH-KURS<br />

Natürlich kam ich, wie immer, ein paar Minuten<br />

zu spät. Andrej und Tony hatten die<br />

Zeit genutzt, um Proviant für die Ausfahrt<br />

vorzubereiten und waren gerade dabei,<br />

das Angelgerät und die Bertram herzurichten,<br />

als ich über die Steganlage zum Boot<br />

wanderte. Gleich würde meine aller erste<br />

Ausfahrt zum Hochseefischen beginnen.<br />

Ich muss zugeben, ich war ein wenig nervös.<br />

Meine Welt sind die Flüsse und Seen,<br />

und was das Fliegenfischen im Salzwasser<br />

betrifft, so hatte ich bis dato zwar schon<br />

öfter in den Flats auf Bonefish, Permit und<br />

Tarpon gefischt, aber auf dem richtig tiefen,<br />

dunkelblauen Meer war ich noch nie zuvor<br />

gewesen.<br />

Andrej nahm mir meine Angelausrüstung<br />

ab und half mir dabei, die Fliegenruten einsatzbereit<br />

zu machen. Ich hatte eine 8-er,<br />

eine 12-er und eine 16-er Fliegenrute dabei,<br />

denn Andrej hatte mir ja gesagt, ich<br />

solle die Sachen ruhig mitbringen. Doch<br />

langsam wurde mir klar, dass er dies wirklich<br />

nur gesagt hatte, damit ich überhaupt<br />

nach <strong>La</strong> Gomera komme. Er und Tony hat-<br />

62 GLOBAL GAME ANGLER GLOBAL GAME ANGLER 63

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