Wurzelbehandlung Informationsbrief
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<strong>Wurzelbehandlung</strong><br />
1<br />
DR. M. T. SEBASTIAN<br />
ZAHNARZT<br />
Die Technologie der <strong>Wurzelbehandlung</strong> zum Erhalt des Zahnes hat sich in den letzten Jahren<br />
entscheidend weiterentwickelt. Neue, hochflexible Instrumente aus Nickel-Titan, spezielle<br />
Versiegelungstechniken und der Einsatz von Mikroskopen hat die <strong>Wurzelbehandlung</strong> zu einer sehr<br />
sicheren Therapietechnik geführt.<br />
Mit diesem Artikel soll auch mit dem okkulten Vorurteil aufgeräumt werden, dass ein wurzelbehandelter<br />
Zahn ein „toter“ Zahn ist. Manchmal geht die Forderung soweit, dass prinzipiell wurzelbehandelte Zähne<br />
gezogen werden müssten.<br />
Was passiert, wenn der Nerv abstirbt?<br />
Der Zahnnerv befindet sich weit im Inneren eines Zahnes. Er ist geschützt umgeben von ausreichend<br />
Zahnhartsubstanz. Infolge Karies wandern Bakterien durch feine Kanälchen bis in den Zahnnerv und<br />
lösen dort eine Entzündung aus (Pulpitis = Nerventzündung).<br />
Wird die Karies rechtzeitig erkannt und entfernt, erholt sich in der Regel der Nerv wieder selbstständig<br />
von dieser Entzündung. Ist jedoch die Karies schon zu nahe am Nerv oder gar in den Nerv<br />
eingedrungen, wird der Nerv massiv mit Bakterien<br />
überschwemmt. Die Entzündung im Nerv kann so<br />
stark werden, dass sich der Nerv nicht mehr erholen<br />
kann und abstirbt. Dabei können sich die Bakterien<br />
im inneren Hohlraum des Zahnes sehr gut<br />
vermehren. Höchste Zeit mit einer<br />
<strong>Wurzelbehandlung</strong> zu beginnen, um schlimme<br />
Schmerzen zu vermeiden.<br />
Noch immer geistern okkulte Geschichten über die<br />
<strong>Wurzelbehandlung</strong> unter den Patienten umher. Es<br />
soll sich dabei um eine schmerzhafte und über<br />
mehrere Sitzungen erstreckende Behandlung<br />
handeln. Am Ende, so heißt es, muss der Zahn dann<br />
doch gezogen werden. Gelegentlich trifft man<br />
sogar noch auf die Meinung, dass ein „toter Zahn“,<br />
damit ist ein wurzelbehandelter Zahn gemeint, ein<br />
Störfeld ist und prinzipiell entfernt werden sollte.<br />
Alle diese Geschichten stammen noch aus der Zeit,<br />
in der eine <strong>Wurzelbehandlung</strong> nur eingeschränkt<br />
möglich war. Heute hingegen stehen uns<br />
Zahnärzten revolutionäre neue Techniken und Materialien zur Verfügung, die <strong>Wurzelbehandlung</strong> zu<br />
einer sicheren Routinebehandlung werden lassen.<br />
Weswegen kann ein Zahn auch ohne Nerv weiterleben?<br />
Der Zahnnerv hat nach Abschluss des Zahnwachstums eigentlich seine Hauptaufgabe erfüllt. Er dient<br />
vornehmlich der Ernährung des Zahnhartgewebes von innen her. Stirbt der Zahnnerv ab und muss er<br />
entfernt werden, kann der Zahn trotzdem ohne Probleme ein Leben lang erhalten bleiben. Der Grund<br />
dafür ist, dass das Zahnbett, das sich um die Zahnwurzel herum befindet, für den Erhalt des Zahnes<br />
verantwortlich ist und nicht der Zahnnerv. Das Zahnbett bleibt auch nach der Entfernung des Nervs<br />
erhalten und voll funktionsfähig. Also, eine <strong>Wurzelbehandlung</strong> ist kein „Beinbruch“ und der Erhalt des<br />
Zahnes ist nicht in Frage gestellt. Vorraussetzung dafür ist eine korrekt durchgeführte<br />
Wurzelkanalreinigung und Versiegelung.
Reinigung des Wurzelkanalsystems<br />
Der Nervkanal ist nicht ein glattes,<br />
gerades „Rohr“. Das wäre schön und<br />
würde die <strong>Wurzelbehandlung</strong> erheblich<br />
vereinfachen. Auch wenn auf einem<br />
Röntgenbild nur ein Wurzelkanal<br />
erkennbar ist, besteht der Wurzelkanal<br />
aus einem umfangreichen und sehr weit<br />
verzweigten Netz von unzähligen<br />
kleineren und auch größeren Kanälen.<br />
Das Ziel einer jeden <strong>Wurzelbehandlung</strong><br />
muss sein, um dieses verzweigte<br />
Kanalsystem perfekt von allen Bakterien<br />
und Ablagerungen zu befreien.<br />
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DR. M. T. SEBASTIAN<br />
ZAHNARZT<br />
Darin liegt auch die große Schwierigkeit. Die Wurzelkanalinstrumente können nur den zentralen Kanal<br />
erreichen, in die Seitenkanäle kommen diese groben Instrumente nicht hinein. Nur mit geeigneten<br />
Spüllösungen ist es möglich, die kleineren Seitenkanäle zu reinigen. Damit aber diese Spülflüssigkeit<br />
überhaupt an diese Kanälchen herankommt, muss der zentrale Kanal mit den Instrumenten<br />
ausreichend erweitert werden.<br />
Die Wurzelkanalinstrumente sind deswegen heute aus einer Nickel – Titan Legierung gefertigt und<br />
haben eine sehr spezielle Form.<br />
Der entscheidende Arbeitsschritt bei einer Wurzelkanalbehandlung ist folglich die perfekte Reinigung<br />
des Kanalsystems. Dies geschieht in folgendem Arbeitsablauf:<br />
1. Um den Zahn herum wird ein Dichtgummi gelegt.<br />
2. Es muss ein direkter geradliniger Zugang zu den Wurzelkanälen geschaffen werden.<br />
3. Die Kanäle müssen unter einer Lupenbrille oder besser einem Mikroskop aufgesucht werden<br />
4. Die Kanäle müssen in Ihrer Länge exakt bestimmt werden.<br />
5. Die Kanäle müssen sequentiell erweitert werden, um der Spülflüssigkeit ausreichend Raum zu<br />
geben.<br />
Der Einsatz von stark vergrößernden Sehhilfen ist für diese Behandlung nach internationalen Richtlinien<br />
unerlässlich geworden.<br />
Versiegeln des Kanalsystems<br />
Nach der Reinigung wir das Kanalsystem dicht versiegelt. Es kommen dazu gummielastische Versiegler<br />
zum Einsatz. Dieses Guttapercha hat sich über viele Jahrzehnte als äußerst verträglich erwiesen. Das<br />
Guttapercha wird soweit erwärmt, dass es eine plastische Phase einnimmt und dadurch unter „Druck“<br />
in die kleinen Seitenkanälchen gepresst werden kann. Dabei ist es sozusagen ein „Markenzeichen“,<br />
wenn geringfügig Material über die Wurzelöffnungen austritt. Diese garantieren den sicheren Verschluss<br />
des Kanals.
3<br />
DR. M. T. SEBASTIAN<br />
ZAHNARZT<br />
Ist eine Wurzelfüllung geglückt, ist es sogar möglich, dass sich die bereits im Knochen gebildete<br />
Entzündung wieder selbstständig zurückbildet, da es keine Bakterien mehr im Innenraum es<br />
Nervholraumes gibt, die über die Wurzelspitze in den Knochen austreten können. Häufig wird bei diesen<br />
im Röntgenbild zu sehenden Knochenauflösungen um die Wurzelspitze herum behauptet, dass<br />
deswegen eine Wurzelspitzenresektion notwendig ist<br />
(Abschneiden der Wurzelspitze). Doch wenn der<br />
Wurzelkanal nicht gereinigt und dicht versiegelt werden<br />
kann, ist nur eine Frage der Zeit, bis sich die<br />
Knochenentzündung wieder bilden wird.<br />
Was Sie unbedingt beachten sollten<br />
Die zeitgemäße Wurzelkanalreinigung und Versiegelung<br />
ist eine sehr erfolgssichere Therapie geworden. Die<br />
Behandlung garantiert dem Patienten neben dem<br />
Erfolg auch viel Komfort während der Behandlung.<br />
Dennoch benötigt die Behandlung sehr viel Zeit. Die<br />
Behandlung eines Backenzahnes (im Durchschnitt 4 – 5 Kanäle) dauert ca. 2 –3 Stunden, wenn keine<br />
Komplikationen dazwischen kommen. Es handelt sich um diffizile Handarbeit, deren Qualität sich im<br />
Zeitaufwand bemisst.<br />
Damit ist diese Behandlung heute nur zu einem geringen Teil mit den Gebühren einer gesetzlichen<br />
Krankenkasse abgedeckt, da deren Leistungsbeschreibungen älter als 30 Jahre ist und den heutigen<br />
Aufwand nicht mehr berücksichtigt.<br />
Retrograde <strong>Wurzelbehandlung</strong>en<br />
In sehr seltenen Fällen kann es vorkommen, dass eine <strong>Wurzelbehandlung</strong> nicht durch den Zahn hindurch<br />
(=orthograd) durchgeführt werden kann. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn ein Wurzelkanal nicht<br />
auffindbar ist, oder durch irgend etwas so verlegt ist, dass er nicht gängig gemacht werden kann. In der<br />
Vergangenheit wurden in solchen Fällen eine „Wurzelspitzenresektion“ durchgeführt. Dabei wurde mit<br />
einem chirurgischen Eingriff die Wurzelspitze abgeschnitten. Diese Methode ist heute ersetzt durch die<br />
sogenannte „retrograde <strong>Wurzelbehandlung</strong>“. Dies ist ein mikrochirurgischer Eingriff unter dem<br />
Mikroskop, der von der Rückseite her die Wurzelkanäle aufsucht, reinigt und versiegelt.<br />
Durch den mikrochirurgischen Eingriff ist die Wunde extrem klein und die Beschwerden für den Patienten<br />
minimal im Vergleich zur herkömmlichen Wurzelspitzenresektion.