320.VK - 3194 - Regierung von Mittelfranken
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Vergabekammer Nordbayern Beschluss vom 11.02.2005<br />
<strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong> Az.: <strong>320.VK</strong> - <strong>3194</strong> - 55/04<br />
Leitsatz:<br />
Art. 19 BKR unterscheidet nicht zwischen der Art der Nebenangebote. Er ist deswegen<br />
auch auf kaufmännische Nebenangebote (hier: Pauschalpreisangebot) anzuwenden.<br />
Vollzug des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ( GWB ),<br />
der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge ( VgV )<br />
und der Bayer. Nachprüfungsverordnung ( BayNpV )<br />
Nachprüfungsantrag: ... ( Antragstellerin - ASt )<br />
Vergabestelle: ... ( Vergabestelle - VSt )<br />
Beigeladene: ...<br />
Bauvorhaben: ...<br />
Fachlos: Fliesen- und Plattenarbeiten<br />
Vergabeverfahren: Offenes Verfahren gem. § 3 a Nr. 1 Buchst. a VOB/A<br />
Die Vergabekammer Nordbayern bei der <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mittelfranken</strong> erlässt ohne mündliche<br />
Verhandlung am 11.02.2005 durch die Vorsitzende ..., den hauptamtlichen Beisitzer ... und den<br />
ehrenamtlichen Beisitzer ... folgenden<br />
B e s c h l u s s :<br />
1. Es wird festgestellt, dass die Durchführung des Vergabeverfahrens<br />
die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt.<br />
Die Vergabestelle wird verpflichtet, die Wertung unter Ausschluss<br />
des Pauschalangebots der Beigeladenen zu wiederholen.<br />
2. Die Vergabestelle trägt die Kosten des Verfahrens.<br />
3. Die Gebühr für dieses Verfahren beträgt x.xxx,-- €.<br />
Auslagen sind nicht angefallen.<br />
Die Vergabestelle ist <strong>von</strong> der Zahlung der Gebühr befreit.<br />
4. Die Beigeladene trägt ihre Aufwendungen selbst.
1.<br />
- 2 -<br />
S a c h v e r h a l t :<br />
Die VSt schrieb die Fliesen- und Plattenarbeiten für ... im Offenen Verfahren nach § 3 a Nr. 1<br />
VOB/A aus. Das Verfahren wurde im Amtsblatt der EU vom xx.xx.xxxx veröffentlicht.<br />
Nebenangebote waren nach Ziffer II.1.10 der Bekanntmachung zugelassen.<br />
In der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes sind unter Ziffer 5.3 der Preis und die Qualität<br />
als Zuschlagskriterien genannt.<br />
Nach Ziffer 15 der Zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführung <strong>von</strong> Bauleistungen<br />
(EVM (B) ZVB/E) sind die erbrachten Leistungen u.a. durch Aufmassblätter zu belegen. Bei<br />
Aufmaß und Abrechnung sind die Längen und Flächen mit zwei Stellen nach dem Komma,<br />
Rauminhalte und Gewichte mit drei Stellen nach dem Komma zu berechnen.<br />
2.<br />
24 Firmen haben Angebote abgegeben. Die Eröffnung der Angebote erfolgte am xx.xx.xxxx.<br />
Nach rechnerischer Prüfung lag das Hauptangebot der ASt mit xx.xxx,xx € brutto vor dem<br />
Hauptangebot der Beigeladenen, das mit xx.xxx,xx € brutto endete.<br />
In einem mit „Pauschalangebot“ überschriebenen Begleitschreiben bietet die Beigeladene an,<br />
das Gewerk Fliesen- und Plattenarbeiten wie im Leistungsverzeichnis beschrieben zu einem<br />
Pauschalfestpreis <strong>von</strong> brutto xx.xxx,- € auszuführen.<br />
3.<br />
Die VSt teilte im Schreiben vom 16.12.2004 der ASt mit, dass ihr Angebot nicht berücksichtigt<br />
werden soll. Es würde ein niedrigeres Nebenangebot vorliegen.<br />
Es sei beabsichtigt, den Zuschlag am 30.12.2004 auf das Angebot der Beigeladenen zu ertei-<br />
len.<br />
4.<br />
Mit ihrem Schreiben vom 20.12.2004 hat ASt gebeten, das für den Zuschlag vorgesehene Ne-<br />
benangebot offenzulegen.
- 3 -<br />
Daraufhin hat die VSt am 20.12.2004 mitgeteilt, dass der Zuschlag auf ein Pauschalangebot der<br />
Beigeladenen mit der Summe <strong>von</strong> xx.xxx,-- € brutto beabsichtigt sei.<br />
5.<br />
Am 22.12.2004 hat die ASt die Vergabeentscheidung gegenüber der VSt gerügt.<br />
Ausgeschrieben gewesen sei die Vergabe eines Einheitspreisvertrages. Dieser könne nicht<br />
durch einen Pauschalvertrag ersetzt werden.<br />
Das ausgeschriebene Gewerk sei für eine Pauschalierung nicht geeignet, weil es nicht im Sinne<br />
<strong>von</strong> § 5 Nr. 1 Buchst. b VOB/A genau bestimmbar sei. Es würde sich um eine Sanierung han-<br />
deln. Die Anzahl der benötigten Regiestunden könne nicht vorab ermittelt werden, ebenso seien<br />
anhand der Grundrisspläne die tatsächlichen Mengen der zu verspachtelnden und zu verflie-<br />
senden Flächen nicht hinreichend genau errechenbar.<br />
6.<br />
Mit Fax vom 29.12.2004 beantragte die ASt ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten.<br />
7.<br />
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag mit Telefax am 29.12.2004 der VSt zugestellt<br />
und um Zusendung der Vergabeakten und Äußerung gebeten.<br />
8.<br />
Die VSt hat mit Schreiben vom 14.01.2005, eingegangen am 17.01.2005, die Vergabeakten<br />
vorgelegt.<br />
9.<br />
Die Firma X wurde am 20.01.2005 zum Verfahren beigeladen.<br />
10.<br />
Im Schreiben vom 25.01.2005 führt die Beigeladene aus, dass sie die Ausschreibungsmassen<br />
anhand <strong>von</strong> Plänen überprüft hätte. Ausführungsart und Umfang des streitgegenständlichen<br />
Gewerks sei genau bestimmt und beschrieben.<br />
Eine Vergütung mit einer Pauschalsumme hätte günstiger angeboten werden können, weil da-<br />
durch der zeitlich hohe Aufwand einer Abrechnung mit Werk- und Detailzeichnungen eingespart<br />
würde.<br />
11.
- 4 -<br />
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 25./26.01.2005 einer Entscheidung ohne mündliche<br />
Verhandlung zugestimmt.<br />
12.<br />
Die Vorsitzende hat am 31.01.2005 die Frist nach § 113 Abs. 1 GWB bis einschließlich<br />
25.02.2005 verlängert.<br />
1.<br />
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.<br />
B e g r ü n d u n g:<br />
a) Die Vergabekammer Nordbayern ist für das Nachprüfverfahren nach § 1 Abs. 2 und<br />
§ 2 Abs. 2 Satz 2 BayNpV sachlich und örtlich zuständig.<br />
b) Bei dem ausgeschriebenen Vertrag handelt es sich um einen öffentlichen Bauauftrag im<br />
Sinne <strong>von</strong> § 99 Abs. 3 GWB.<br />
c) Der Zuschlag an die Beigeladene wurde noch nicht erteilt ( § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB ).<br />
d) Die VSt ist den Auftraggebern zuzuordnen, welche gemäß § 98 Nr. 2 GWB in Verbin-<br />
dung mit § 6 VgV den 2. Abschnitt der VOB/A anzuwenden haben.<br />
e) Die Gesamtmaßnahme überschreitet den Schwellenwert <strong>von</strong> 5 Mio. € nach § 2 Nr. 4 VgV.<br />
Die veranschlagten Gesamtkosten für ... betragen x,x Mio. €.<br />
Das hier streitgegenständliche Gewerk Fliesen- und Plattenarbeiten mit einem Auftrags-<br />
wert <strong>von</strong> rd. xx.xxx € ist ein Fachlos dieser Gesamtmaßnahme. Die VSt ordnet dieses<br />
Los dem 80 % - Kontingent zu ( § 2 Nr. 7 VgV ). Dementsprechend hat sie die Aus-<br />
schreibung im Amtsblatt der EU bekannt gemacht. Damit ist der rechtliche Rahmen für<br />
eine Nachprüfung nach §§ 102 ff GWB festgelegt.<br />
f) Die ASt hat als beteiligte Bieterin ein Interesse am Auftrag und schlüssig dargetan, dass<br />
ihr durch die behauptete Rechtsverletzung ein Schaden entsteht bzw. zu entstehen droht<br />
( § 107 Abs. 2 GWB ).
- 5 -<br />
g) Die ASt hat die behauptete Rechtsverletzung am 22.12.2004 gegenüber der VSt unver-<br />
2.<br />
züglich gerügt ( § 107 Abs. 3 GWB ), nachdem ihr mit Schreiben vom 16.12.2004 die<br />
Nichtberücksichtigung ihres Angebotes mitgeteilt worden und am 20.12.2004 die Zu-<br />
schlagsentscheidung zugunsten der Beigeladenen begründet worden war.<br />
Der Antrag ist begründet.<br />
Die ASt wird in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt.<br />
Das Pauschalangebot der Beigeladenen ist <strong>von</strong> der Wertung auszuschließen.<br />
Die VSt ist zu verpflichten, die Angebotswertung erneut durchzuführen und das Ergebnis nach<br />
§ 13 VgV den Bietern mitzuteilen.<br />
Bei dem Pauschalpreisangebot der Beigeladenen handelt es sich um ein kaufmännisches Ne-<br />
benangebot.<br />
Bei Annahme eines pauschalierten Angebots resultiert ein Pauschalvertrag. Es weicht damit<br />
<strong>von</strong> dem in den Verdingungsunterlagen geforderten Einheitspreisvertrag ab. Bei einem Ein-<br />
heitspreisvertrag ist die Leistung nach Menge abzurechnen, die durch Maß, Gewicht oder<br />
Stückzahl aufgeschlüsselt ist. Dementsprechend fordert Ziffer 15 der Zusätzlichen Vertragsbe-<br />
dingungen, die erbrachten Leistungen durch Aufmassblätter zu belegen.<br />
Dieser Abrechnungsmodus ist bei einem Pauschalangebot nicht vorgesehen.<br />
Im streitgegenständlichen Vergabeverfahren können keine Nebenangebote bei der Wertung<br />
berücksichtigt werden, weil weder in der Bekanntmachung noch in den Verdingungsunterlagen<br />
Mindestanforderungen an Nebenangebote formuliert worden waren.<br />
Gemäß Art. 19 Abs. 1 BKR können die Auftraggeber bei Aufträgen, die nach dem Kriterium des<br />
wirtschaftlich günstigsten Angebots vergeben werden sollen, die <strong>von</strong> Bietern vorgelegten Ände-<br />
rungsvorschläge berücksichtigen, wenn diese den vom Auftraggeber festgelegten Mindestan-<br />
forderungen entsprechen. Die öffentlichen Auftraggeber erläutern in den Verdingungsunterlagen<br />
die Mindestanforderungen, die Änderungsvorschläge erfüllen müssen ( Art. 19 Abs. 2 BKR ).<br />
Aus diesem Wortlaut ergibt sich, dass der Auftraggeber Nebenangebote überhaupt nur dann<br />
einer wirtschaftlichen Wertung zuführen kann, wenn er die Mindestbedingungen für die Neben-<br />
angebote in den Verdingungsunterlagen festgelegt hat. Denn nur eine Erläuterung in den Ver-<br />
dingungsunterlagen ermöglicht den Bietern in gleicher Weise die Kenntnis <strong>von</strong> den Mindestan-<br />
forderungen, die ihre Änderungsvorschläge erfüllen müssen, um vom Auftraggeber berücksich-<br />
tigt werden zu können. Es geht dabei um eine Verpflichtung zur Transparenz, die die Beachtung
- 6 -<br />
des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Bieter gewährleisten soll ( BayObLG v. 22.06.2004<br />
Az. Verg 13/04 unter Verweis auf das Urteil des EuGH v. 16.10.2004 Az. C - 421/01 ).<br />
Art. 19 BKR unterscheidet nicht zwischen der Art der Nebenangebote. Er ist deswegen auch auf<br />
kaufmännische Nebenangebote anzuwenden. Das BayObLG hat selbst bei der Wertung <strong>von</strong><br />
Skontoabschlägen angeregt, bereits in der Vergabebekanntmachung oder in den Verdingungs-<br />
unterlagen die Mindestbedingungen zu erläutern, um als Preisnachlass berücksichtigt werden<br />
zu können ( BayObLG 09.09.2004 Verg 18/04 ).<br />
Die VSt hat weder in der Bekanntmachung noch in den Verdingungsunterlagen Anforderungen<br />
an Nebenangebote und deren Wertung formuliert.<br />
Unter Ziffer II.1.10 der Vergabebekanntmachung ist lediglich angekündigt, dass Nebenangebote<br />
berücksichtigt werden sollen. In Ziffer 4.2 der Bewerbungsbedingungen wird zwar <strong>von</strong> den Ne-<br />
benangeboten gefordert, dass sie alle Leistungen umfassen müssen, die zu einer einwandfreien<br />
Ausführung der Bauleistung erforderlich sind. Diese allgemeine Forderung ist jedoch keine kon-<br />
krete Vorgabe, welchen Mindestbedingungen die Nebenangebote entsprechen müssen.<br />
Aus den Verdingungsunterlagen konnten die Bieter nicht erkennen, dass die VSt eine Pau-<br />
schalvergütung statt der vorgegebenen Abrechnung nach Einheitspreisen zulassen würde.<br />
Eine nachträgliche Abkehr <strong>von</strong> der verlangten detaillierten Abrechnung wäre mit dem Transpa-<br />
renz- und Wettbewerbsgrundsatz des § 97 Abs. 1 GWB nicht vereinbar. Wie die Beigeladene<br />
selbst in ihrer Stellungnahme vom 25.01.2005 ausführt, konnte sie ihr Pauschalangebot deshalb<br />
preisgünstiger anbieten, weil für die Erstellung der Abrechnung der zeitlich hohe Aufwand für<br />
die Aufmasse nicht mehr anfällt. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass bei einem Pauschal-<br />
vertrag auch die anderen Bieter die Fliesen- und Plattenarbeiten kostengünstiger angeboten<br />
hätten.<br />
Der Auftrag soll auch auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erteilt werden. In der Aufforde-<br />
rung zur Angebotsabgabe ist neben dem Preis auch die Qualität als Zuschlagskriterium ge-<br />
nannt.<br />
3.<br />
Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB, da die VSt unterlegen ist.<br />
Die Höhe der Gebühr ist nach § 128 Abs. 2 GWB festzusetzen.<br />
Im Hinblick auf die streitgegenständliche Auftragssumme <strong>von</strong> xx.xxx,-- € brutto ist entspre-<br />
chend § 128 Abs. 2 GWB <strong>von</strong> einer Mindestgebühr <strong>von</strong> x.xxx,-- € auszugehen.
- 7 -<br />
Da das Nachprüfungsverfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte,<br />
liegt ein geringerer personeller Aufwand vor. Die Gebühr wird daher um xxx,- € auf x.xxx,- €<br />
reduziert.<br />
Die VSt ist nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 VwKostG <strong>von</strong> der Zahlung der Gebühr befreit.<br />
Der geleistete Kostenvorschuss in Höhe <strong>von</strong> 2.500,- € wird nach Bestandskraft dieses Be-<br />
schlusses an die ASt zurücküberwiesen.<br />
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:<br />
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