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Kundtsches Rohr mit örtlicher Schallfeldabtastung durch ortsfeste ...

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<strong>Kundtsches</strong> <strong>Rohr</strong> <strong>mit</strong> <strong>örtlicher</strong> <strong>Schallfeldabtastung</strong> <strong>durch</strong> <strong>ortsfeste</strong> Mikrofone<br />

Thomas Dietrich, Ennes Sarradj<br />

TU Dresden, Institut für Akustik und Sprachkommunikation<br />

Einleitung<br />

In vielen Bereichen im Alltag, zum Beispiel bei der Lärmbekämpfung<br />

im Straßenverkehr, sind die Kenntnisse von Schallabsorptionsgrad<br />

und Wandimpedanz eines Materials sehr wichtig. Für die<br />

Bestimmung dieser Größen, unter senkrechtem Schalleinfall, wird<br />

das sogenannte Kundtsche <strong>Rohr</strong> genutzt.<br />

Ziel dieser Arbeit waren Aufbau und Erprobung eines Kundtschen<br />

<strong>Rohr</strong>es zur Messung von Wandimpedanz und Absorptionsgrad für<br />

den Frequenzbereich 200-1600 Hz, welches auf der Methode der<br />

örtlichen <strong>Schallfeldabtastung</strong> <strong>mit</strong> mehreren <strong>ortsfeste</strong>n Mikrofonen<br />

beruht.<br />

Stand der Technik zur Messung der Schallabsorption<br />

im <strong>Rohr</strong><br />

Stehwellenmethode<br />

Die Stehwellenmethode [1] ist eine einfache und zuverlässige<br />

Methode zur Messung von Wandimpedanz und Absorptionsgrad.<br />

Allerdings ist sie sehr zeitaufwendig, da die Messungen bei einzelnen<br />

Frequenzen erfolgen.<br />

Zwei-Mikrofon-Methode<br />

Bei der Zwei-Mikrofon-Methode [2] wird der Reflexionsfaktor aus<br />

der Bestimmung der Druckübertragungsfunktion zwischen den<br />

zwei Mikrofonen berechnet. Dabei ist die Messung problematisch,<br />

wenn der Abstand zwischen den Mikrofonen im Bereich der halben<br />

Wellenlänge liegt. Nachteilig bei dieser Methode sind außerdem<br />

die relativ hohen Anschaffungskosten für ein Messsystem dieser<br />

Art, da es unter anderem den Einsatz von Präzisionsmikrofonen<br />

erfordert, und die notwendige Korrektur um Amplituden- und<br />

Phasenfehlanpassungen zwischen den Mikrofonen zu verringern.<br />

Vielpunkt-Messmethode<br />

Die Vielpunkt-Messmethode [3] ist eine Erweiterung der Zwei-<br />

Mikrofon-Methode. Nachteilig bei ihr ist der Mehraufwand bei<br />

Verwendung von nur einem Mikrofon für die Messung an den<br />

verschiedenen Messpunkten.<br />

Methode der örtlichen <strong>Schallfeldabtastung</strong><br />

Bei der Methode der örtlichen <strong>Schallfeldabtastung</strong> werden die<br />

Schalldruckwerte im <strong>Rohr</strong> an n verschiedenen Messpunkten aufgenommen.<br />

Die stehenden<br />

Wellen<br />

werden aus den an<br />

den jeweiligen<br />

Mikrofonpositionen<br />

gemessenen Amplituden<br />

des Schalldrucks<br />

für diskrete<br />

Frequenzen mathematischrekon-<br />

Abbildung 1: Beispiel einer stehenden<br />

Welle <strong>mit</strong> Abtastpunkten. Die roten<br />

Punkte stellen Abtastpunkte entlang<br />

des <strong>Rohr</strong>es dar und die roten Kreise die<br />

zugehörigen Abtastwerte.<br />

struiert. Da<strong>durch</strong> ist<br />

es möglich, den<br />

Betrag und die<br />

Phase des Reflektionsfaktors<br />

sowie<br />

den Schalldruck der einfallenden Welle zu er<strong>mit</strong>teln.<br />

Der Gesamtschalldruck an einem Messpunkt x ist abhängig von der<br />

Wellenzahl, dem Schalldruck der einfallenden Welle sowie dem<br />

Betrag und der Phase des Reflexionsfaktors:<br />

~ 2<br />

p e<br />

e<br />

( x,<br />

k,<br />

~ p , r,<br />

γ ) = ~ p ⋅ r + 2 ⋅ r ⋅ (cos( 2 ⋅ k ⋅ x + γ )) + 1<br />

eq. 1<br />

Soweit außer dem Ort x auch die Frequenz f und so<strong>mit</strong> die Wellenzahl<br />

k des eingespeisten Signals bekannt sind, erhält man eine<br />

Formel <strong>mit</strong> drei Unbekannten. Durch die Betrachtung des Schalldrucks<br />

an n Punkten (n>3) lässt sich ein nichtlineares überbestimmtes<br />

Gleichungssystem aus n Gleichungen und den drei Unbekannten<br />

r, γ und p e aufstellen:<br />

~ p ( x , k,<br />

~ p , r,<br />

γ ) = ~ p ⋅<br />

1<br />

1<br />

M<br />

~ p ( x , k,<br />

~ p , r,<br />

γ ) = ~ p ⋅<br />

n<br />

n<br />

e<br />

e<br />

e<br />

e<br />

r<br />

2<br />

+ 2 ⋅ r ⋅ (cos( 2 ⋅ k ⋅ x + γ )) + 1<br />

2<br />

r + 2 ⋅ r ⋅ (cos( 2 ⋅ k ⋅ x + γ )) + 1<br />

1<br />

n<br />

eq. 2<br />

Eine mathematische Lösung dieses Gleichungssystems bietet die<br />

Methode der kleinsten Quadrate. Dabei werden die drei unbekannten<br />

Parameter <strong>durch</strong> Minimierung der quadratischen Summe bestimmt.<br />

Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass für die Berechnung der<br />

Parameter nur die Amplitude des Schalldruckes benötigt wird und<br />

so<strong>mit</strong> Korrekturen der Phasenfehlanpassungen der einzelnen Mikrofone<br />

entfallen.<br />

Varianten der Mikrofonanordnung<br />

Die Anzahl der Mikrofone für die Messung wurde (auch wegen der<br />

vorhandenen Messtechnik) auf acht festgelegt.<br />

Zur Bestimmung einer günstigen Positionierung der Mikrofone auf<br />

dem Messrohr wurden Anordnungsvarianten <strong>mit</strong>:<br />

1. nichtlinear ansteigendem Abstand zwischen den Mikrofonen<br />

2. linear ansteigendem Abstand zwischen den Mikrofonen<br />

3. gleichem Abstand zwischen den Mikrofonen<br />

erstellt und ihre Eignung für das Messsystem überprüft.<br />

x8<br />

Mikrofonabstände<br />

X7 X6 X5 X4 X3 X2 X1<br />

x<br />

x7 x6<br />

x5<br />

4 x3<br />

Mikrofonpositionen<br />

x2<br />

<strong>Rohr</strong>abschluss<br />

x1<br />

x=0<br />

Abbildung 2: Mikrofonpositionen und –abstände in Bezug auf<br />

den <strong>Rohr</strong>abschluss<br />

Die Untersuchung dieser erstellten Anordnungsvarianten erfolgte<br />

<strong>mit</strong> MATLAB. Dazu wurde ein Skript geschrieben (vgl. Abbildung<br />

3), das die Messung simulierte und so Rückschlüsse auf die Eignung<br />

der Anordnungen erlaubte. (Der Kern dieses Skriptes wird<br />

auch für die Messaufgabe genutzt.)<br />

x


Als günstig erwies sich eine Anordnung <strong>mit</strong> nichtlinear ansteigendem<br />

Abstand. Diese wurde für das Messsystem verwendet.<br />

Simulation und Messaufgabe<br />

Vorgabe der Messwerte<br />

Addition des<br />

Fehlerwertes<br />

Berechnung der gesuchten Größen r, γ und<br />

pe <strong>durch</strong> die Methode der kleinsten<br />

Quadrate <strong>mit</strong> MATLAB<br />

Vergleich der<br />

berechneten <strong>mit</strong> den<br />

vorgegebenen Werten<br />

<strong>durch</strong> Bildung der<br />

Differenz<br />

Aufsuchen des<br />

Maximalwertes, bzw.<br />

Bildung des<br />

Mittelwertes<br />

Abbildung 3: Blockbilder der MATLAB-Skripte<br />

Einlesen der<br />

gespeicherten<br />

Messdaten<br />

Berechnung von<br />

Schallabsorptionsgrad<br />

und Wandimpedanz<br />

Darstellen der<br />

Ergebnisse in<br />

Diagrammen<br />

Das Messsystem<br />

Das Messsystem besteht aus dem Signalgenerator, dem Messrohr<br />

<strong>mit</strong> dem Lautsprecher, den acht Messmikrofonen und dem Probenhalter,<br />

dem Analysator und einem PC <strong>mit</strong> dem Berechnungsprogramm<br />

für die akustischen Größen.<br />

Signalgenerator<br />

SG<br />

Messrohr<br />

<strong>mit</strong> Lautsprecher, Mikrofonen, Messprobe und Probenhalter<br />

Analysator<br />

8<br />

PC <strong>mit</strong><br />

Berechnungsprogramm<br />

Abbildung 4: Blockschaltbild des Messsystems<br />

Der 8-Kanalanalysator 2035 von B&K übernimmt sowohl die<br />

Generierung des Anregungssignals (Multisinus) als auch die<br />

Messwertaufnahme. Die aufgenommenen Messdaten werden gespeichert<br />

und im entsprechenden MATLAB-Skript weiterverarbeitet.<br />

Probemessungen<br />

Bereits nach ersten Messungen <strong>mit</strong> schallhartem Abschluss stellte<br />

sich heraus, dass der<br />

berechnete Reflexionsfaktor<br />

teilweise um<br />

10% und mehr vom<br />

theoretisch zu erwartenden<br />

Wert abwich.<br />

Ein Reflexionsfaktor<br />

von 1 und so<strong>mit</strong> ein<br />

Schallabsorptionsgrad<br />

von 0 trat nicht für den<br />

gesamten Frequenzbe-<br />

Abbildung 5: Betrag des Reflexionsfaktors<br />

(blau) und Schallabsorptionsgrad<br />

(rot) bei Messung <strong>mit</strong> schallhartem Abschluss <br />

reich ein. Die Ursache<br />

dafür konnte trotz<br />

zahlreicher Probemessungen<br />

<strong>mit</strong> veränderten<br />

Messbedingungen<br />

bisher noch nicht abschließend geklärt werden. In Abbildung 5 sind<br />

die Kurvenverläufe vom Betrag des Reflexionsfaktors und vom<br />

Absorptionsgrad einer Messung <strong>mit</strong> schallhartem Abschluss dargestellt.<br />

Abbildung 6: Gemessener Schallabsorptionsgrad<br />

der Schaumstoffprobe<br />

(schwarz) verglichen <strong>mit</strong> den Angaben<br />

des Herstellers (grün).<br />

Im Gegensatz zu den<br />

Messungen <strong>mit</strong> schallhartem<br />

Abschluss<br />

lieferte die Messung<br />

einer Schaumstoffprobe<br />

deutlich bessere Ergebnisse.<br />

Beim Vergleich<br />

<strong>mit</strong> den Herstellerangaben<br />

(vgl. Abbildung 6)<br />

lässt sich feststellen,<br />

dass der prinzipielle<br />

Verlauf der Absorptionsgradkurven<br />

im<br />

übereinstimmt.<br />

Fazit<br />

Das aufgebaute Messsystem ist prinzipiell dazu geeignet, den<br />

Schallabsorptionsgrad und die Wandimpedanz von Materialproben<br />

zu bestimmen. Die Probemessungen haben ergeben, dass vor allem<br />

zu hohe Pegel des Anregungssignals und auftretende <strong>Rohr</strong>resonanzen<br />

die Berechnungen von Absorptionsgrad und Wandimpedanz<br />

stärker beeinflussen. Speziell bei <strong>Rohr</strong>abschlüssen <strong>mit</strong> hohen Reflexionsfaktoren<br />

bzw. niedrigen Absorptionsgraden zeigten diese<br />

Faktoren ihren Einfluss auf die Messergebnisse.<br />

Eine Weiterentwicklung des Messsystems ist noch notwendig um<br />

gewährleisten zu können, dass es für die Messungen von Wandimpedanz<br />

und Absorptionsgrad unterschiedlichster Materialproben<br />

eingesetzt werden kann.<br />

Literatur<br />

[1] DIN EN ISO 10534-1: Verfahren <strong>mit</strong> Stehwellenverhältnis<br />

[2] DIN EN ISO 10534-2: Verfahren <strong>mit</strong> Übertragungsfunktion<br />

[3] Weber, M.: Vielpunkt-Messmethode für das Kundt’sche <strong>Rohr</strong>,<br />

Projektarbeit, Institut für Technische Akustik, Technische Universität<br />

Berlin, 1993

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